1907 / 136 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Jun 1907 18:00:01 GMT) scan diff

5 Millionen für die mittleren Beamten, macht in Summa 13 Millionen Makrk, und da wir im Etat außerdem bereits 23 Millionen hatten, so werden durch den Etat für 1907 nicht weniger wie 36 Millionen für die Beamten zur Verfügung gestellt. (Hört, hört! rechts.) Wie da der Herr Abgeordnete Werner von stiefmütterlicher Behandlung der Beamten in Preußen sprechen kann, ist mir einfach unerfindlich. (Sehr richtig! rechts.) Dann hat der Herr Abg. Werner einige Wege angegeben, wie man noch weitere Mittel beschaffen könne. Was der Bahnhofs⸗ 1 ausbau in Cassel mit der Beschaffung von Mitteln für die Auf⸗ besserung der Beamten zu tun hat, meine Herren, ich glaube, daß wird Privatgeheimnis des Herrn Abg. Werner sein (Heiterkeit); wenigstens mir ist es nicht verständlich geworden. Ich sehe ferner davon ab, auf die vollkommen schiefe Darstellung einzugehen betreffend die Ueberschüsse der Eisenbahnen. Nur in einem Punkte kann ich Herrn Abg. Werner Recht geben, nämlich in dem Wunsche, die Diutare, soweit sie verheiratet sind, zu berücksichtigen. Meine Herren, nach dem Kompromißantrage werden alle Diätare, soweit sie verheiratet sind, berücksichtigt werden, und darüber freue ich mich besonders, daß die alten Militäranwärter, die sich noch in diätarischem Verhältnis befinden, berücksichtigt werden können. (Bravo! rechts.)

1 Meine Herren, ich habe mich über die Anträge Gyßling und Kölle eingehend früher geäußert. Ich habe die finanziellen, ich habe die sachlichen Bedenken dagegen hervorgehoben und kann sie heute nur noochmal betonen. Ich kann ferner nochmals erklären, daß ich dem Kompromißantrage zustimme, und bin gern bereit, auch die Erklärung abzugeben, die der Herr Abg. Friedberg eben von mir gewünscht hat. Der Herr Abg. Friedberg hatte einen Antrag gestellt, wonach der Ergänzungsetat noch einen weiteren materiellen Inhalt in der Richtung bekommen sollte, welche Kategorien von mittleren Beamten aus diesem 5 Millionenfonds berücksichtigt werden sollten. Es sollten nach seinem Vorschlage und der Herr Referent v. Savigny hatte die Güte, das auch schon anzuführen alle die⸗ jenigen mittleren Beamten berücksichtigt werden, deren Gehälter am

1. Juni 1907 den Höchstbetrag des Gehalts der Unterbeamten nicht überstiegen. Ich hatte dagegen erstens das Bedenken, dem auch der Herr Abg. Friedberg Rechnung tragen wollte, daß nicht ausgeschlossen waren die Beamten, welche bereits durch den Etat für 1907 berück⸗ sichtigt waren. Ich hatte aber ferner das Bedenken, daß die Fassung „mittlere Beamte, deren Gehälter am 1. Juni den Höchstbetrag der Unterbeamten nicht übersteigen,“ einigermaßen zweideutig ist. Wie der Herr Abg. Friedberg schon sagte, ist im allgemeinen die Höchst⸗ grenze der Unterbeamten 1900 bis 2000 Es gibt aber einige ganz wenige vereinzelte Kategorien von Unterbeamten, die darüber hinaus⸗ gehen. Wonach sollten wir uns richten, nach der Regel, daß die Grenze 1900 oder 2000 ist oder nach den wenigen Ausnahmefällen? Vor allem hatte ich das Bedenken, daß der Antrag des Herrn Abg. Fried⸗ berg dazu geführt haben würde, allen Beamten, auch den unver⸗

heirateten, unterhalb dieser Höchstgrenze diese Zulage zu geben. Ich glaube, es würde in den Kreisen der Beamtenschaft nicht verstanden worden sein, wenn man z. B. einem unverheirateten Zivilsuper⸗ numerar, der vielleicht im Elternhause lebt, also in einer durchaus Lgünstigen Situation ist, die Zulage gewährt hätte, einem verheirateten Beamten dagegen, der sich jenseit der Grenze befindet, nicht gewährt haben würde. Aber, wie Herr Dr. Friedberg ganz mit Recht sagt, ob die Sache in das Gesetz hineingearbeitet wird, oder nur nach den Direktiven, die er gegeben hat, verfahren wird, kommt, wie ich glaube, auf dasselbe hinaus. In dieser Beziehung bin ich in der Lage, dem Abg. Dr. Friedberg zu erklären, daß ich beim Staats⸗ ministerium dafür eintreten werde, daß den vneesentlichen Punkten seines Antrages gemäß verfahren wird. Als die wesentlichsten Punkte seines Antrages fasse ich zunächst auf, daß jeder der überhaupt zu berücksichtigenden mittleren Beumten 100 bekommt. Ich glaube, diesen Satz werden wir unter allen Umständen gewähren müssen. Wenn wir den Unterbeamten 100 geben, können wir die mittleren Beamten nicht mit einem geringeren Betrage abfinden. Ich glaube, das für meine Person zusagen zu können. Ebenso glaube ich, zusagen zu können, daß wir uns hinsichtlich der Kategorien von mittleren Beamten, die berücksichtigt werden sollen, der Grundtendenz des Antrages des Herrn Dr. Friedberg anschließen können, dahin gehend, daß zunächst alle diejenigen Kategorien berück⸗ sichtigt werden sollen, deren Gehaltssätze denen der Unterbeamten am nächsten kommen. Ich meine, wir müssen von unten auf vorwärts gehen, zunächst die mittleren Beamten berücksichtigen, die am geringsten besoldet sind, und dann so weit gehen, wie wir gehen können, wie die Mittel von 5 Millionen Mark es uns gestatten. Wir würden, ganz roh gegriffen, wenn wir jedem Beamten 100 geben, 50 000 Beamte mit Beihilfen von 100 bedenken können. Ich glaube, wir werden in der Höhe tatsächlich noch etwas weiter gehen können, wenn wir die unverheirateten Beamten ausschließen.

Meine Herren, ich kann das allerdings nur für meine Person erklären, denn da ich gestern abend um 10 Uhr die Budgetkommission verließ und heute morgen um 11 Uhr wieder im Hause war, war es mir nicht möglich, einen Beschluß des Staatsministeriums herbei⸗ zuführen. Ich glaube aber, das sagen zu können, daß ich bestimmt dafür eintreten werde, die Dinge so zu handhaben, wie der Herr Abg. Dr. Friedberg wünscht, und daß ich auch die Hoffnung hege, daß das Staatsministerium mir darin beitreten wird. Ich stütze diese Hoffnung auch auf die ganze Fassung des Nachtragsetats. In dem Nachtragsetat, wie er auf Grund des Kompromißvorschlages gestaltet worden ist, sind die Grundgedanken, die Herr Dr. Friedberg aus⸗ gedrückt hat, auch schon im wesentlichen enthalten. Auch dort heißt es: „Behufs Verwendung zu Gunsten der geringst besoldeten etats⸗ mäßigen und diätarisch beschäftigten mittleren Beamten.“ Also auch hier schon ist dispositiv im Etat ausgesprochen, daß die geringst be⸗ soldeten mittleren Beamten in erster Linie berücksichtigt werden sollen, und ich werde dafür eintreten, daß demgemäß verfahren wird.

Ich hoffe, daß diese Erklärung den Wünschen des Herrn Dr. Friedberg genügen wird. (Bravo!)

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Der Abg. Werner hat in seiner Rede die geschmackvolle Wendung gebraucht: als es sich darum gehandelt hätte, den Ministern Repräsentationsgelder zu gewähren, hätte man nicht nach einer Deckung gefragt. Solche Aeußerung darf man nicht unwidersprochen ins Land gehen Ich habe mich gefragt, ob denn der Minister des Innern über Nacht Neuwahlen 11652 hätte, sodaß mancher das Bedürfnis fühlte, sich seinen hlern in empfehlende Erinnerung zu bringen. Die Gehaltslage der Minister ist seit 1831 dieselbe gewesen; zweitens bilden die

räsentationsgelder keinen Teil ihres Gehaltes, sondern das Haus hat sie ihnen gewährt, damit sie ihren umfangreichen Repräsentationspflichten genügen können; drittens ist dieser Wunsch nach Gewährung der Repräsentationsgelder aus der Initiative des ganzen Hauses, aller Parteien, bervorgegangen. weil man es als eine gerechte Würdigung der Lage der inister erachtete.

Dann darf man doch nicht vergessen, daß wir uns in einer sehr guten befanden, s

und es sich damals um eine großartige

eamtenaufbesserung handelte. Ich glaube, das genügt, um die ge⸗ chmackvolle Wendung des Abg. Werner zu korrigieren. Im übrigen bitte ich Sie, die Vorlage, wie sie sich gestern in der Budget⸗ kommission gestaltet hat anzunehmen.

Abg. Gyßling (frs. Volksp.): Wir haben gegen die Repräsentations⸗ gelder für die Minister gestimmt, sodaß von einer Einmütigkeit des Dee nicht gesprochen werden kann. Ob der Abgeordnete von

rffa mit Recht gegen den Abg. Werner vorgegangen ist, erscheint mir zweifelhaft. Er hat gestern gesagt, daß die Konservativen die 5 Millionen nur bewilligen, weil sie ihr Interesse den Beamten bekunden wollten, das ich ihnen abgesprochen hatte. Ich glaube, mit Rücksicht auf diese Bemerkung war der starke Angriff gegen den Abg. Werner nicht am Platze. Im übrigen ist es nicht meine Aufgabe, den Abg. Werner zu verteidigen. (Abg. von Pappenheim: Sehr Sd; Ich freue mich, daß Herr von Pappenheim mit mir vollständig einer Meinung ist. ch kann nicht anerkennen, daß die Lage im Reich anders ist als in Preußen, dieselben Steuerzahler, die auch die Matrikularbeiträge iefern, bringen die Steuern auf, es ist völlig gleich, ob diese Be⸗ träge im Wege der Matrikularbeiträge oder der Steuern aufgebracht werden. Wir halten unseren Antrag, trotzdem er von der Kom⸗ mission abgelehnt ist, aufrecht und wünschen, eine Abstimmung über ihn herbeizuführen. Leider ist es nach der Geschäftsordnung nicht möglich, erst über unseren Antrag abzustimmen, weil zunächst über den Gesetz⸗ entwurf abgestimmt wird. Deswegen werden wir für die 5 Millionen stimmen, bitten aber, danach über unseren Antrag ahstimmen zu lasten damit niemand im Zweifel darüber ist, daß wir ihn trotz der Ablehnung für völlig gerechtfertigt halten. Ich bedauere, daß der Antrag Friedberg und der Antrag Kölle, die dem unseren am nächsten hae in der Budgetkommission zurückgezogen sind. Der Kompromißantrag schafft, ganz abgesehen von der ungenügenden Summe, einen Dispositionsfonds mit allen einem solchen anhaftenden Mängeln, er führt zu einer ungleichen Behandlung der Beamten und wird weitere Erregung, weitere Berufungen und weitere Unzufrieden⸗ heit hervorbringen. Aus politischen Gründen müssen wir die ungleiche Behandlung der Beamten im Reich und in Preußen aufs schärfste verurteilen. Wir begreifen nicht, wie derselbe Mann, der als Reichskanzler diese Teuerungszulagen bewilligt hat, dies als preußischer Ministerpräsident nicht tut und nicht einmal hier erscheint, um uns über seine Gründe aufzuklären. Kaum hatte der Finanzminister am Mittwoch erklärt, daß die altpreußische Tradition, die solide preußische Finanzwirtschaft es nicht gestatte, auch noch einen Pfennig mehr aufzuwenden, als der Nachtragsetat vorsah, da sprach Herr von Heydebrand mit ihm, es kam auch Herr von Loebell, und da sprangen die 5 Millionen aus dem Beutel heraus. Ich glaube, es wäre möglich gewesen, auch die restlichen Millionen dc8 heraus zu be⸗ kommen. Die preußischen Beamten sind in Minuslizitation gegeben, und da sind die 5 Millionen herausgekommen, das sind die alt⸗ preußischen Traditionen des jetzigen Finanzministers.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Es würde dem Herrn Reichskanzler gewiß von hohem Interesse gewesen sein, die Rede des Herrn Abg. Gyßling zu hören. Aber ich glaube, einen Anspruch hat er doch nicht; ich glaube, er kann dem Herrn Reichskanzler keinen Vorwurf machen, wenn er sich des Vergnügens beraubt, die Rede des Herrn Abg. Gyßling zu hören. (Zuruf bei den Freisinnigen: Andere haben doch auch geredet!)

Dann hat der Abg. Gyßling mit einer Art Wegwerfung gesagt: Das sind die bewährten Finanztraditionen des preußischen Finanz⸗ ministers! Herr Abg. Gyßling, das überlassen Sie gütigst mir; das werde ich mit meinem Gewissen abmachen, und ich werde mich durch solche Vorwürfe von Ihnen in keiner Weise beirren lassen. Ich habe von vornherein den Standpunkt vertreten, daß wir 18 Millionen nicht aufbringen können, und habe mich von diesem Standpunkt nicht einen Augenblick abbringen lassen. Er hatte also nicht den geringsten Grund zu der Bemerkung, als ob ich meinen Standpunkt geändert habe. Ich habe von vornherein bereit gestellt, was ich konnte; und als sich die Möglichkeit bot, 5 Millionen bereit zu stellen nach den neueren Nachrichten über das Aufkommen aus der Einkommensteuer habe ich das getan. Aber ich habe von Anfang an den Standpunkt vertreten und festgehalten, daß 18 Millionen nicht zur Verfügung stehen. (Bravol rechts.)

Abg. Graf Moltke: Bei der jetzigen Geschäftslage des Hauses will ich auf eine ganze Reihe von Punkten, auch auf die Quotisierungs⸗ frage, nicht eingehen. Dagegen möchte ich mein Bedauern darüber aussprechen, daß über eine Frage von so außerordentlicher Wichtigkeit und Tragweite in einem wahren Automobiltempo entschieden wird. Ueberhaupt ist es nicht sachgemäß, in letzter Stunde nicht allein diese wichtige Vorlage, sondern auch Vorlagen von gleicher Be⸗ deutung, wie das Jagdgesetz, das Berggesetz und die Wegeordnun für Posen so über das Knie zu brechen. ‚Das ist eine parlamentarise unwürdige Behandlung, die künftig vermieden werden muß.

Abg. Broemel (frs. Vgg.): Es ist gar nicht verlangt worden, daß der Herr Reichskanzler und Ministerpräsident hierher komme, um sich die Gyßlingsche Rede anzuhören. Herr Gyßling hat nur darauf hingewiesen, daß der Zusammenhang dieser Vorlage mit der Reichspolitik dem Reichskanzler wohl hätte Veranlassung geben müssen, sich an diesen Verhandlungen zu beteiligen. Daß der Reichskanzler und Ministerpräsident sich von unseren Ver⸗ handlungen in der Weise fernhält, ist weder der Reichspolitik, noch der preußischen förderlich, und diese Meinung ist nicht nur in der freisinnigen Partei, fondern auch in weiten Kreisen dieses Hauses verbreitet. Der Zusammenhang zwischen Reich und Preußen in dieser Frage ist von keiner einzigen Seite bestritten worden, insbesondere nicht der enge Zusammenhang der einmaligen

ulagen aus den Gründen der Teuerung. Ob man im Reich die rage sachlich richtig behandelt hat oder nicht, ist eine andere Frage.

Abg. Herold (Zentr.): Der Abg. Dr. Friedberg hat ge⸗ sagt, in dem jetzigen Kompromißantrage wären nur die Gedanken zum Ausdruck gekommen, die seine politischen Freunde zuerst ausgesprochen hätten. Absolut u Von meinen politischen Freunden ist schon am 9. Januar 1907 der Antrag eingebracht worden, im Etatsjahr 1907 die mittleren und unteren Beamten zu be⸗ rücksichtigen. Es haben darüber Verhandlungen stattgefunden, und daraus hat sich der Nachtragsetat ergeben. Gerade dadurch, daß das Zentrum durch den Antrag von Savigny einen praktischen Weg ge⸗ funden hat, bei verhältnismäßig kleinen Mitteln in sehr umfangreichem Maße den Beamten zu helfen, ist es gelungen, nunmehr diese drei roßen Parteien zusammenzuführen und in Verbindung mit der in letzter Stunde noch die 5 Millionen für die mittleren Beamten zu erlangen. Es kann nicht davon die Rede sein, daß wir diesen Gedanken dem nationalliberalen Antrage entnommen hätten, denn der nationalliberale Antrag war undurch⸗ führbar, mit dem war nichts zu machen. Die Erfahrung hat das ja bestätigt. Man hat darauf hingewiesen, da jeder Dispositions⸗ fonds vom Uebel sei. Allein nur dadur ist etwas zu er⸗ reichen, sonst hätten die Beamten gar nichts bekommen.

entrum hat im Reichstage energisch beantragt, schon in den Etat elbst die erhöhten Mittel für die Beamtenbesoldung einzustellen. Wir wollten dadurch einen Zwang ausüben,

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habe i

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die Mittel zu gewähren, .

und ich glaube, wenn das Zentrum diesen Antrag nicht gestellt bz dann wäre seitens der verbündeten Regierungen überhaupt de Hätg lage nicht gekommen. Statt uns hier einen Voei⸗ Va⸗ machen, sollte sich die Fortschrittsvartei Uieber die Fragany, legen, warum sie nicht mit dafür gestimmt hat, daß in d. der selbst diese Mehrbewilligung bnneeg wurde, statt sich auf Ein Resolution zurückzuziehen. Im Abgeordnetenhause konnten wir 8 gleichen Weg nicht beschreiten. Die Staatsregierung ist doch

gleichberechtigter Faktor und hätte diesen Weg als unannehmba 3 zeichnet. Wir waren also gezwungen, eine Verständigung denh zuführen, und das ist uns gelungen. Mit dem Antrage Greit kann man wohl parteipolitische Propaganda machen, aber Beamten wollen Geld haben, und das bekommen sie durch uns 1 Antrag. Wir haben unser Ziel maßvoll und vorsichtig, aber dag Energie verfolgt, und für unseren Erfolg können uns die B 2

nur dankbar sein. 111q1““

Die Diskussion wird geschlossen.

Persönlich verwahrt sich der

Abg. Werner gegen die Auslegung, welche der Abg. von Er seinen Ausführungen über den Minister gegeben hat. Er ben nur gesagt, daß in einem Rechtsstaate jeder das Seine haben müse

Zur Geschäftsordnung bedauert der

Abg. Wiemer, daß ihm durch Schluß der Diskussion c Möglichkeit genommen sei, die unrichtige Darstellung des Abg. Heroh über die Vorgänge im Reichstage richtig zu stellen.

Abg. Dr. Friedberg: Der Abg. Herold hat mir vorgeworfen daß ich einen unbrauchbaren Antrag gcfteUt habe. Das Eigentümlic, ist, daß dieser unbrauchbare Antrag von dem Finanzminister der Sinne nach durchgeführt werden soll. Herr Herold hat ferm darauf hingewiesen, daß das Zentrum seinen Beamtenantrag früher eingebracht habe als wir. Der Zentrumsantrag ist vu 9. Januar, der unsrige bereits vom 8. Januar. Herr Herxcl hat viel beweisen wollen, und da ist ihm das Unglüt passiert, daß er nichts bewiefen hat. Daß der Kompromißantn einen Gedanken von uns ausführt, soll kein Vorwurf sein; ich wüt meinerseits vom Zentrum jeden Gedanken aufnehmen, wenn es nu öfter gute Gedanken hätte.

Abg. Gyßling: Auch unser Antrag ist vom 8. Januar datiet Wenn man uns aber parteipolitische Rücksichten bei unserem Antrag⸗ unterschiebt, so muß ich das als durchaus ungerechtfertigt zurückweisen

Nach einer kurzen Replik der Abgg. Herold und I.

riedberg wird der Nachtragsetat und das dazu gehörgs.

tatsgesetz ohne weitere Debatte im einzelnen und darauf in ganzen angenommen, der Antrag Gyßling wird abgelehnt und die zu dieser Sache eingegangenen Petitionen durch die g⸗ faßten Beschlüsse für erledigt erklärt.

Zur Beratung gelangt hierauf der vom Herrenhause in abgeäͤnderter Fassung zurückgelangte Gesetzentwurf, betreffend die Ausübung des Jagdrechts (mit der neuen Uebe schrift: Entwurf einer Jagdordnung). Das Herrenhau hat den Gesetzentwurf in einigen Punkten materiell geänden, außerdem aber das gescnmte in Geltung befindliche Jagd⸗ recht durch Zusammenstellung der bestehenden einzelna auf die Jagd bezüglichen Gesetze unter Hineinarbeitung da Bestimmungen der gegenwärtigen Vorlage kodifiziert. A. neue „Jagdordnung“ umfaßt Paragraphen. (Zu den 3 schlüssen des Herrenhauses liegen bereits sieben Amendement vor. Die Abgg. Dippe (nl.), Gyßling (frs. Volksp) Herold (Zemte9, oon Hennings (kons.) und Johannsen ffreikons.) beantragen Abänderungen zu den §§ 4, 7 und 12 Abg. Schulze⸗Pelkum (kons.) hatte Abänderung der §§.

17 vorgeschlagen.)

In der Generaldiskussion führt der Abg. von Pappenheim (kons.) aus: Bei der vorigen Hentaf bereits für einen großen Teil meiner Freunde erklärt, daß es sehr schön wäre, wenn es gelänge, eine Kodifikation de preußischen Jagdrechts festzustellen, durch die eine zuverläͤssige einheh liche Rechtsprechung zu erwarten wäre. Unsere Kommission hat sid dahin bemüht und eine solche Kodifikation der Vorlage angeschlossen und das Herrenhaus hat sogar durch die Kodifikation der Jagd ordnung die Vorlage ersetzt. Ich habe schon früher darauf h⸗ ewiesen, daß unsere Kommission damit weit über ihre Kompeteme e2 war. Das Herrenhaus ist aber noch viel wein gegangen, indem es die Regierungsvorlage ganz beseitigte und unte Peteiltgung der Regierung diese Jagdordnung an die Stelle seßt⸗ Ich weiß nicht, wie weit dazu eine Allerhöchste Ermächtigung vorlg⸗ Alle Gesetzentwürfe pflegen mit Allerhöchster Ermäͤchtigung n⸗ gebracht zu werden, so auch die Vorlage über die Ausübung des Jan rechts. Von einer Allerhöchsten Ermächtigung zur Vorlegung eina Jagdordnung ist mir nichts bekannt. Jetzt liegt nicht mehr are Vorlage der Regierung, sondern eine Originalvorlage des Hena⸗ hauses vor. enn man also Schwierigkeiten machen wolle⸗ so würde die Geschäftsordnung eine Menge Handhaben dazu biein Wenn ich mich aber davon überzeugen könnte, da tatsächlich eine n verräsfig⸗ und sachgemäße Kodifikation des Jagdrechts vorliegt, würde ich ihr gern zustimmen, doch dieser Beweis ist in keiner Weift erbracht worden. Es bestehen immer noch in den Relationen d einzelnen Paragraphen solche Unstimmigkeiten, daß d Kodifikahn eine gesunde und zuverlässige Grundlage für die Recht prechung nict ibt. Das müßte aber doch das Ziel sein, wenn weitere unliebsame Agitationen wegen des Jagdrechts beseitigt werden sollen. Due übereilte Kodifikation wird gerade Anlaß zu vielen Rechtsstrettg keiten geben. Das Bemühen ist anzuerkennen; aber bei unsera⸗ komplizierten jagdrechtlichen Bestimmungen war die Aufgabe eing Kodifikation in so kurzer Zeit nambsficg. Diese Form der Gesch⸗ ebung veranlaßt bei der großen ehrheit meiner Partei ernet edenken, und deshalb erhebe ich noch einmal meine warnene Stimme. Es soll hier eine ganz andere Gesetzesmaterie e— ledigt werden, ohne daß man vorher die nötigen Grundlage von der Regierung erhalten hat. Ich warne vor eine folchen übereilten Schritt. Namentlich erscheint meinen engene⸗ Landsleuten aus Hessen⸗Nassau diese Vorlage nicht annehmbar: Bh haben auf Hannover Rücksicht genommen und die dortigen berechtigte Eigentümlichkeiten anerkannt, uns haben Sie das aber verweigen Daß noch eine ganze Reihe von Unstimmigkeiten bestehen, die für de Rechtsprechung keine Grundlagen bieten, zeigen die neuen Abände rungsanträge, die auch erkennen lassen, mit welcher Schnelligten gearbeitet worden ist. Es wird z. B. geradezu verlangt, doß der Richter die Heimatsberechtigung des Flugwildes nachweist, 8 etwa einen Heimatschein einfordert. Durch solche Bestimmungen we dem subjektiven Ermessen des Richters ein weites Feld eingeranme⸗ Bei den Bestimmungen über den Jagdschein hat man 2 vergene⸗ daß die Provinz Hannover von der KX A. des Gesetzes Lr geschlossen ist; man wird sich also künftig einfach den Jaadschein 5 Hannover holen. (Zwischenruf des Abg. Gyßling.) Etz wird ja essant g Herr Gyßling, daß Sie als Vertreter der Mehrbheit Iir⸗ chtsstandpunkt über diesen Gegenstand aussprechen; Ihr Name src 2 unter den Anträgen (Zwischenruf des Abg. Gyßling), also —* annehmen, daß Sie sich vielleicht in Ihrer Art darüber ausdru 2 Ich habe im Auftrage der großen Mehrheit meiner Fraktion iu ün klären, daß wir die Vorlage in nichts verbessert finden und 88 einen neuen Rechtsboden für die Richtspechupg 96 erblicken 97 deshalb bitten, die Vorlage abzulehnen. Ich bitte, ier so vorfäbe vorzugehen, wie bei früheren Gesetzen. Diese Art der Gesetzgebu⸗ wird 71 bald wieder zu Aendexungen, zu neuen Agitationen und neu Kämpfen über das Jagdrecht führen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

wildes, der uns trotz der Kritik des Abg. von P. liche e9.he e zu bedeuten 1

gesetzt sind,

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. von Hennigs⸗Techlin (kons.): Auch jetzt noch stehen die⸗

jenigen Mitglieder meiner Fraktion, die für das Gesetz sind, auf dem

Standpunkt, daß die Bedenken dagegen so in die Wagschale fallen, daß

wir deswegen auch gegen die Bestimmungen sind, die wir an sich für

gut halten. Wir halten die Kodifikation für nützlich und werden sie an⸗ nehmen. Wir haben uns bemüht, so viel wie möglich den geäußerten

Bedenken entgegenzukommen, soweit der Zweck des Gesetzes es nur

möglich macht. Wenn wir heute auch noch den Antrag auf Ab⸗

änderung stellen, so hat uns dazu die Erwägung gezwungen, daß der Schutz gerade der kleinen Jagdbesitzer durch die Umwandlung des § 12 durch das Herrenhaus nicht mehr in dem Maße vorhanden st, wie wir ihn durchaus wünschen müssen. Ich schließe mit dem Wunsche, daß das Gesetz zustande kommt.

Abg. Schulze⸗Pelkum (kons.): Wir werden die Anträge Dippe „Gen. annehmen und insbesondere den Antrag wegen des Flug⸗ FSen⸗ eine erheb⸗

Auf der Wiederherstellung der

Bestimmung, daß auch Jagdbezirke unter 75 ha gebildet werden können für den Frall daß diese Bezirke erheblichem Wildschaden aus⸗

en wir bestehen. Denn gerade diese Bestimmung hat inen Teil meiner Freunde veranlaßt, das Gesetz zu akzeptieren.

Damit schließt die Generaldiskussion. Persönlich bemerkt der

Abg. Gyßling (fr. Volksp.): Dem Abg. von Pappenheim kann erklären, daß seine Rede mir zu einer sachlichen Entgegnung keine

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Peranlassung gibt und mich zu einer begeisterten Rede auch nicht be⸗

eistert hat. Es folgt die Spezialdiskussion. In § 4 soll bezüglich des Jagdrechts auf Wegen nach em Antrage Dippe u. Gen. eingeschaltet werden: „Befindet sich der Grenzweg aber im Eigentum des Inhabers eines angrenzenden Eigenjagdbezirks, so steht diesem das Jagdrecht auf dem ganzen Wege zu“; van

und bezüglich des Flugwildes soll an die Stelle der Herren⸗

ausfassung das Folgende treten:

„Das erlegte oder gefangene Flugwild muß, wenn es in den benachbarten Jagdbezirken heimisch ist, an die Inhaber der letzteren gegen Zahlung von Schußgeld werden. Bei Erteilung der Genehmigung ist darüber Bestimmung zu treffen, welche Flug⸗ wildarten erlegt werden dürfen, ob und an wen die Ablieferung des Flugwildes zu erfolgen hat, und welches Schußgeld dafür zu

entrichten ist.“ Abg. von Hennigs⸗Techlin: Ich gebe gern zu, daß die Ent⸗

scheidung der Jagdpolizeibehörden, die nach unserem Antrage darüber

Ein passender Ausdruck aber ist sehr schwer zu finden.

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das Flugwild zusteht, nicht leicht sein wird. Wir müssen mit dem Worte „heimisch“ nun einmal das Jagdrecht bereichern. Praktisch

entscheiden sollen, wem

6 wird die Sache sich wohl kaum schwer gestalten.

Der § 4 wird mit dem Antrage Dippe u. Gen. an⸗

genommen. Zu § 7 (gemeinschaftliche Jagdbezirke) beantragt Abg. Schulze⸗Pelkum die Wiederherstellung des vom Abgeordneten⸗

hause gestrichenen Absatzes, wonach ausnahmsweise die Bildun

eines Jagdbezirks auch unter 75 ha Areal zulässig sein soll,

etzt ist.

wenn dieser erheblichem Wildschaden aus § 7 folgenden

Die Abgg. Dippe u. Gen. wollen dem Absatz hinzufügen: . Grundflächen, welche von einem über 750 ha im Zusammenhang großen Wald, der eine einzige Besitzung bildet, zu mindestens 90 % begrenzt werden, müssen dem Eigenjagdbezirk, zu dem dieser Wald gehört, auf Verlangen seines Inhabers gn⸗ geschlossen werden. Dieses Verlangen ist spätestens bis zum Ab⸗ lauf der Auslegungsfrist der Pachtbedingungen beim Ja dvorsteher anzumelden. orstehende Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die umschlossenen Flächen wenigstens 75 ha im Zusammen⸗ hang groß sind oder wenn nach ihrer Abtrennung die übrigbleibenden Flächen des Gemeinde⸗(Guts⸗) Bezirks 75 ha nicht mehr um⸗ fassen würden.“ bg. von Hennigs⸗Techlin: Bei den Verhandlungen über das Gesetz hat sich eine große Unstimmigkeit herausgestellt, indem man auf der einen Seite die Enklaven als Jagdgelände beseitigen will und auf der anderen Seite Enklaven, die heute schon den Nachbarn gegeben sind, diesen wieder entziehen will. Es sind das diejenigen Enklaven, die man mit dem vulgären Ausdruck „Zungen“ bezeichnet und die von dem Gesetz von 1850 nur erfaßt wurden, wenn der um⸗ schließende Jagdbezirk mindestens 3000 Morgen groß war. Im Herren⸗ hause haben sich die meisten Herren und auch die Königliche Staatsregierung mit unserem Antrage im Grundsatz einverstanden er⸗ klärt, 2 sich aber wohl in der Eile über die Form nicht einigen können. Wir haben gestern versucht, eine Form zu finden, die an⸗ nehmbar erscheint, um die Bestimmung des Gesetzes von 1850 wieder in das neue Gesetz hineinzubringen, nur haben wir anstatt des Ausdrucks „größtenteils“ gelcßt „90 %. Auf diese Weise wird man feststellen können, was zum Begriff dieser Enklaven gehört.

Der Antrag Schulze⸗Pelkum wird abgelehnt, der Antra Dippe u. Gen. angenommen und in dieser Fassung der b 8

§ 12 lautet nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses:

„Werden Grundflächen eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks zu⸗ sammengelegt, so gelten sie als dessen Teile.

Der Anschluß an einen Eigenjagdbezirk erfolgt pachtweise nach dem Werte der Jagdnutzung. Der Wert ist nach den Grundsätzen einer pfleglichen Behandlung der Jagd zu ermitteln.

Der Preisermittlung sind mindestens die Pachtpreise benach⸗ barter Jagdbezirke unter Berücksichtigung der besonderen jagd⸗ lichen Verhältnisse der zu verpachtenden Grundflächen zu Grunde

zu legen.“ Absatz hatte das Herrenhaus gestrichen; die

Den letzten 2sah Birs und Gen. beantragen die Wiederherstellung.

g. von Hennigs⸗LTechlin bemerkt zur Begründung dieses Antrags, daß die alte Fassung wiederhergestellt werden müsse, weil sie einen Schutz der kleinen Jagdbesitzer gewährleiste. Nach der Fassung des würde die Entschädigung nur nach den Jagderträgnissen

wedigh ird mit dem Antrag Dippe angenommen 3 12 t dem Antra imen. n; den Beschlüssen des

Im übrigen wird der Entwur 1 Herrenhauses ohne weitere Debatte angenommen und schließlich im ganzen genehmigt. 88

Das Haus wendet sich jetzt zur Beratung des Initiativ⸗ antrages der Abgg. Linz und Gen. (Zentr.) )

„Die Regierung um Vorlage eines Gesetzentwurfs zu ersuchen, durch welchen die Landgemeindeordnung für die Rhein⸗ provinz einer Neuregelung unterzogen wird.

Dazu haben die Abgg. Schulze⸗Pelkum, Friedberg und von Zedlitz das Amendement eingebracht, den Antrag

in folgender Fassung anzunehmen:

‚die Regierung zu ersuchen, in Erwägung darüber einzutreten, inwieweit die Abänderung einzelner Bestimmungen der Landgemeinde⸗ ordnung für die Rheinprovinz geboten ist.“

Abg. Linz (Zentr.) führt aus, daß die rheinische Landgemeinde⸗ ordnung bezüglich der Freiheit der Selbstverwaltung den rheinischen Gemeinden noch vieles verwehrt, was die Gemeinden in den alten Provinzen längst besitzen. In eingehender Darlegung gibt der Redner eine Uebersicht der nach seiner Ansicht besonders reformbedürftigen Vorschriften dieser Landgemeindeordnung. Die Möglichkeit, daß in Zusammenlegungsfragen die man elnde Zustimmung der einzelnen Gemeinden durch die Selbstverwaltungsbehörde er⸗ setzt werden könne, fehlt für die Rheinprovinz. Ebenso sei das Virilstimmrecht in den Repräsentanzen der Landbürger⸗ meistereien durchaus nicht mehr in der bisherigen Weise haltbar.

Abg. Busch (Zentr.): Die rheinische Landgemeindeordnung ist in der Tat veraltet; sie setzt sich zusammen aus den Resten der Land⸗ gemeindeordnung von 1845, aus dem Gesetz vom 15. Mai 1856 und der Kreisordnung vom 30. Mai 1887. Das Virilstimmrecht muß be⸗ seitigt werden. In diesem Sinne hat sich auch der rheinische Bauern⸗ verein, der durchweg aus kleinen Besitzern besteht, ausgesprochen. Der Minister des Innern hat durch Erlaß vom 20. August 1905 eine Prüfung veranlaßt, nach welcher Richtung eine Aenderung des Privilegs der Meistbegüterten zu erstreben sei, und es würde inter⸗ essant sein, zu eFrhr welches de een. diese Prüfung gehabt hat. chon ein verhältnismäßig geringer Be 8 genügt für eine Virilstimme. Zu welchen Folgerungen das führt, das zeigt das Beispiel von Hamborn, das 31 Meistbegüterte und 27 Gewählte hat. Wir müssen auch eine bessere Regelung der Stellung der Gemeindebeamten, auch der Bürgermeister, in Betracht ziehen. Namentlich muß, wie auch die rheinischen Landbürger⸗ meister jetzt wünschen, eine andere Vorbildung und eine Fachprüfung ür die Bürgermeister verlangt werden. Das würde im Staaksinteresse selbst liegen. erner ordern wir statt der Ernennung die Wahl der Bürgermeister. Das bißchen Selbst⸗ muß erhalten bleiben, daß vorher hört, Vertreter eine Gemeinde wünscht. Ferner müssen wir Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit für die Bürger⸗ meister fordern. Wir haben gerade in der Rheinprovinz oft Klagen über die Vielregiererei der Buͤrgermeister gehört, aber die Ursachen liegen tiefer; der Bürgermeister gibt zwar den Namen für viele An⸗ ordnungen her, aber die eigentliche Verantwortung dafür hat er nicht. Die Stellung dieser Beamten ist nach verschiedenen Richtungen der vne gs bedürftig. Dank dem Entgegenkommen des Ministers und des Oberpräsidenten hat allerdings die Frage des Urlaubs der Landbürgermeister eine Regelung gefunden. Auch ihre Pensions⸗ verhältnisse sind geregelt worden. Dagegen müssen noch die Disziplinar⸗ verhältnisse der Gemeindeempfänger anders geregelt werden.

Abg. Schulze⸗Pelkum (kons.): Meine politischen Freunde er⸗ kennen durchaus an, daß die Landgemeindeordnung für die Rheinprovinz in manchen grundlegenden Verfassungsfragen einer Verbesserung bedarf. Dahin gehören auch einzelne der von den Vorrednern erwähnten Punkte, namentlich bezüglich der Virilstimmen und des Verhältnisses der Beamten. Aber in diesem Augenblicke sind wir nicht in der Lage, zu allen von den Vorrednern vorgetragenen einzelnen Punkten Stellung zu nehmen. Dies kann nur erfolgen auf Grund von Vorschlägen der Staatsregierung, und die liegen nicht vor. Ich bitte Sie deshalb, den Wünschen der Antragsteller dadurch Rechnung zu tragen, daß Sie unseren Antrag annehmen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Auch meine politischen Freunde erkennen an, daß die EE1. für die Rheinprovinz in manchen Beziehungen der Reform bedürftig ist. Aber die Form des An⸗ trages, die das Zentrum gewählt hat, könnte zu der Auffassung führen, als ob es sich um eine gänzliche Neugestaltung der Land⸗ gemeindeordnung in der Rheinprovinz handelt. Dafür scheint uns ein Bedürfnis nicht im vollen Maße vorzuliegen. Deshalb haben wir mit anderen Parteien eine Form gesucht, in der diesen Wünschen Rechnung zu tragen ist. Jedenfalls ist die Sache noch nicht klargestellt, und wir können ihr erst näher treten, wenn bestimmte Vor⸗ schläge der Staatsregierung vorliegen.

Minister des Innern Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Ich würde dem parlamentarischen Brauche zuwiderhandeln, wenn ich gegenüber dem vorliegenden Initiativantrage aus diesem Hause schon heute irgendwelche bindende Erklärung ab⸗ geben wollte. Ich bin dazu außerstande und will nur zu einigen Punkten, welche der Herr Abg. Linz besprochen hat, meine persönliche Stellung darlegen. Wie die beiden letzten Herren Vorredner muß ich dabei darauf verzichten, auf alle Einzelheiten einzugehen, die zur Be⸗ gründung des Antrags vorgebracht worden sind.

Wie ich bereits bei einer früheren Gelegenheit gegenüber den Aeußerungen des Herrn Abg. Heckenroth und des Herrn Abg. von Böttinger hervorgehoben habe, so bin ich auch heute geneigt, an⸗ zuerkennen, daß das Institut der Meistbegüterten, wenn auch nicht überall in der Rheinprovinz, so doch zweifellos in einer größeren An⸗ zahl von Gemeinden, diejenige soziale Bedeutung verloren hat, welche ihm ursprünglich beiwohnte. Durch den Wandel in unsern Grund⸗ und Gebäudesteuerverhältnissen, durch die Aenderungen, welche in allen Besitz⸗, Erwerbs⸗ und sozialen Verhältnissen eingetreten sind, ist vielfach der berechtigte Einfluß, den das Institut der Meistbegüterten dem stabilen Grundbesitz sichern sollte, übergegangen auf einen nicht gleichartig stabilen Hausbesitz, auf fluktuierende Elemente, und es ist mir mweifel· haft, ob bei diesem Wandel der Verhältnisse das Institut in unver⸗ aänderter Weise aufrecht erhalten werden kann. Ich glaube also, daß in diesem Punkt ein Bedürfnis nach einer Reform anzuerkennen sein möchte.

In enger Verbindung hiermit steht die Frage, ob es nicht geboten ist, die Gemeinde⸗ und Bürgermeistereivertretungen vor der ergänzenden Beschlußfassung der Kreisausschüsse in höherem Grade in denlenigen Fällen zu sichern, wo die ergänzende Beschlußfassung des Kreis⸗ ausschusses eintritt, weil der Gemeinderat oder die Bürgermeisterei⸗ versammlung wegen des Ausbleibens von Meistbegüterten deschluß⸗ unfähig oder verhandlungsunfähig gewesen ist.

Die von dem Abg. Linz des weiteren erörterten Fragen der Ge⸗ meindebezirksveränderungen, der Führung der Gemeinderolle, der Nicht⸗ öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen usw. will ich hien hn einzelnen nicht erörtern; es wohnt ihnen, vielleicht abgesehen von der Frage der Bezirksveränderungen, melnes Dafürhaltens keine augschlaggedende Bedeutung bei.

Ich beschränke mich zum Schluß darauf, einige Wonte über die Bürgermeister zu sagen. Herr Abg. Linz hat über die Kouflikte ge⸗ klagt, welche dadurch entstehen, daß der Bürgermeister auf der einen Seite staatliche und auf der andern Selte kommunals Geschäfte wahr⸗

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zunehmen habe, oder über die Möglichkeit von Konflikten, welche aus dieser Verbindung entstehen. Meine Herren, diese Verbindung regimineller und kommunaler Befugnisse in einer Persönlichkeit ist keine Eigentümlichkeit der Verfassung der Rheinprovinz; wir haben sie im ganzen Staate und ich erblicke gerade in dieser Verbindung einen großen Vorzug unserer Institutionen. (Sehr richtig!) Denn ich bin der Ansicht, daß da⸗ durch, daß den staatlichen Beamten kommunale Befugnisse über⸗ tragen sind, die staatliche Verwaltung vor bureaukratischer Viel⸗ regiererei bewahrt wird, und daß auf der andern Seite die Betrauung der kommunalen Beamten mit staatlichen Befugnissen die kommunale Verwaltung mit dem Gefühl der Verantwortung für größere staatliche Pflichten erfüllt.

Wenn nun bezüglich der Bestallung der Bürgermeister in der Rheinprovinz von zweien der Herren Vorredner gewünscht worden ist, das jetzige Ernennungssystem durch das Wahlsystem zu ersetzen, so bin ich nicht in der Lage, diesem Gedanken zu folgen. (Bravo!) Meine Herren, die Bürgermeistereiverfassung mit ihrer Ernennung der Bürgermeister ist eine Einrichtung der Rheinprovinz, welche auf eine Geschichte von mehr als 100 Jahren zurückblickt. Auf Grund dieser Einrichtung hat sich eine Lokalverwaltung von einer Vortreff⸗ lichkeit entwickelt, die für viele Provinzen als Muster dienen kann. Ich würde es für außerordentlich bedenklich halten, in eine Einrichtung, die sich praktisch so gut bewährt hat, einzugreifen, solange nicht die äußerste Not es fordert in sie einzugreifen nur zuliebe eines Prinzips, des Prinzips der Wahl der Beamten, wie wir es, worauf der Herr Abg. Linz ausdrücklich hingewiesen hat, in anderen Provinzen haben. Der Vergleich mit anderen Provinzen trifft in dieser Beziehung nicht zu. Der Herr Abg. Linz hat selber sehr ausführlich und über⸗ zeugend dargetan, daß die rheinische Lokalverwaltung gerade mit ihrer Bürgermeistereiverfassung ein Unikum darstellt, das den Verhältnissen in anderen Provinzen überhaupt nicht an die Seite gestellt werden kann. Deshalb kann auch bezüglich der Wahl der Bürgermeister auf Analogien in anderen Provinzen hingewiesen werden. Dem Gedanken der Wahl der Bürgermeister könnte man, wie ich wiederhole, nur dann nahetreten, wenn die gegenwärtigen Verhältnisse zu großen und unerträglichen Mißständen geführt hätten. Daß solche Mißstände aber nicht vorliegen, ist meine Ueberzeugung, und das Gegenteil habe ich auch aus den Ausführungen des Herrn Abg. Linz nicht entnehmen können.

Meine Herren, in beschränktem Umfange bin ich wenn ich auf alle einzelnen berührten Fragen nicht eingehe, so bedeutet das nicht, daß ich bei allen die Berechtigung der Reformwünsche verneine in beschränktem Umfange bin ich in der Lage, einer Reform der rheinischen Landgemeindeordnung näherzutreten. Wenn das hohe Haus, diesem Gedanken folgend, den Antrag Linz, in der Fassung des Antrages Schulze⸗Pelkum⸗Dr. Friedberg⸗Freiherr von Zedlitz annimmt, so würde ich mich mit einem solchen Beschlusse einverstanden erklären können. In gewissem Sinne folgt er den An⸗ ordnungen, die ich bereits durch die Aufforderung an die Provinzial⸗ behörden getroffen habe, für die Reform einzelner Bestimmungen der rheinischen Landgemeindeordnung, konkrete Vorschläge zu machen. Ich möchte Ihnen also empfehlen, den Antrag der Herren Schulze⸗ Pelkum, Freiherrn von Zedlitz und Dr. Friedberg anzunehmen. (Bravo!)

Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch (kons.): Nach den Ausführungen des Ministers, denen ich mich auf der ganzen Linie an⸗ schließe, kann ich mich darauf beschränken, Ihnen die Annahme des Antrages zu empfehlen, den ich gemeinschaftlich mit den Abgg. Schulze⸗Pelkum und Friedberg gestellt habe. 8 88

Damit schließt die Diskussion.

Nach einem Schlußwort des Antragstellers Abg. Linz gelangt der Antrag Schulze⸗Pelkum u. Gen. zur An⸗

nahme.

Das Haus erledigt darauf noch ohne Dehatte eine lange Reihe von Petitionen, über die schriftlicher Bericht er⸗ stattet ist und wozu Wortmeldungen nicht vorliegen.

Die Petition des Verbandes deutscher Müller zu Berlin um Aufhebung einer Anordnung, wonach eine Reihe von Staatsanstalten ihren Bedarf an Mühlenerzeugnissen hdei der Scehandlungsmuühle in Bromberg zu decker, hat, wird der Ragierung zur Berücksichttgung überwiesen. A„nn ͤeeenden 8

Ueber die Petition des Vorstandes des Bundes deutscher Steilen⸗ vermittler zu Berlin, betreffend die in Aussicht genommenen gesetz⸗ lichen Maßnahmen gegen das Stellenvermittlergewerbe, über die Petition des Reichsderbandes deutscher Gastwirkschaftsverbände zu Berlin um Aufhebung der indirekten Steuern auf die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betriebe der Gastwirtschaft. Schankwirt⸗ schaft oder des Kleinhandels mit Branntwein und Spiritus⸗ sowie um Aufhebung oder Einschränkung der Schankbetriebssteuer geht das Haus zur Tagesordnung über. 8

Die Petition des deutschen Werkmeisterderhandes zr Düsseldork um Anpassung der Vorschriften des dber das Dienst⸗ verhältnis der technischen Angestellten im Berghau am dir Grwerho⸗ ordnung überweist das Haus der Rezierung zur Berückichtgung.

v Schluß nach 4 ¾½ Uhr. Nächste Siczung Sommubend 11 Uhr. (Petitionen; Anträge aus dem Haufs. Veratung eimnu aus dem Herrendause zurückgelangender Voriagen.)

1 Statistik und Volkewirrdschuft.

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