1907 / 301 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Dec 1907 18:00:01 GMT) scan diff

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Bekanntmachung.

6 8 Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 G.⸗S. S. 152 wird hierdurch bekannt gemacht, daß das im Steuerjahr 1907 kommunalabgabepflichtige Rein⸗ einkommen der Reinickendorf⸗Liebenwalde⸗Groß⸗ Schönebecker Eisenbahn aus dem Betriebsjahre 1906 auf

126 700 festgesetzt worden ist,

Berlin, den 18. Dezember 1907. Der Königliche u“ och.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 19. Dezemher.

Seine Majestät der Kaiser und 6 hörten heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Präses der Artillerieprüfungskommission, des Kriegs⸗ ministers, des Chefs des Generalstabs der Armee und des Vertreters des Chefs des Militärkabinetts.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rechnungs⸗ wesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten ehth für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, die

vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justiz⸗

wesen sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr Sitzungen.

Der Kaiserliche Botschafter in Konstantinopel, Staats⸗ minister Freiherr elb von Bieberstein ist auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder üͤbernommen. h1“

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Luchs“ vorgestern in Canton eingetroffen. 11

Der ö „Prinz Eitel⸗Friedrich“ ist mit dem aus⸗

blösungstransport für die Marinefeld⸗

batterie Kiautschou an Bord gestern in Hongkong ein⸗

getroffen und an demselben Tage weitergegangen.

Hannover, 18. Dezember. In der heutigen Sitzung der Landessynode der evangelisch-⸗lutherischen Kirche der Provinz Hannover standen die Entwuͤrfe eines Pfarr⸗ besoldungsgesetzes, einer Ruhegehaltsordnung und der Witwen⸗ und Waisenfürsorge mit den dazu von der Kommission gestellten Anträgen zur ersten Lesung.

Die Beratung der einzelnen Paragraphen des ersten Gesetzent⸗ wurfs vollzog sich, nach dem Bericht des „Hannoverschen Couriers“, sehr schnell; sie galten als angenommen, wenn niemand dazu das

ort nahm. Ueber die beantragten Aenderungen berichtete im Namen der Kommission Pastor Gieseke. Eine Debatte setzte erst beim § 11 ein, und zwar wurde von der Kommission beantragt, im Abs. 6 die Bestimmung zu streichen, daß der Pfarrstelleninhaber die Kosten der Reparaturen zu tragen hat. Außerdem wurde dazu von der

Kommission folgende Resolution beantragt: 1 „Die Landessynode ersucht die Kirchenregierung, der nächsten ordentlichen Landessynode eine Vorlage zu machen, betreffend die Neuregelung der Bestimmungen über Beschaffenheit und Unter⸗ haltung der Dienstwohnung sowie über Herstellung und Unter⸗ haltung des Hausgartens der Geistlichen, insbesondere der Vor⸗ scetften was der Wohnungsinhaber und was die Gemeinde

zu leisten hat.“ Mit der Einfügung der Einfriedigung des Hausgartens wurde die Resolution sowie die beantragte Aenderung des § 11 Absatz 6 an⸗ nommen. Im § 17 der Vorlage wurde bestimmt, daß die für den andeskirchlichen 219 zu erhebende Umlage um jährlich ½ % der von den Mitgliedern der evangelisch⸗lutherischen Kirche der Provinz Hannover zu zahlenden Staatseinkommensteuer erhöht wird. Die Kommission beantragte, für die letzten Worte „ver⸗ anlagten Staatseinkommensteuer“ zu setzen, und dazu noch: Dabei ist das Ergebnis der Einkommensteuerveranlagung des vorauf⸗ egangenen Steuerjahres zu Grunde zu legen.“ Mit dieser Ab⸗ ,29 wurde § 17 angenommen. Im § 18, betr. die Gnadenzeit, wurde das Wort Erben abgeändert in „zum Genuß der Gnadenzeit berechtigten Hinterbliebenen“. Wie zum Gesetz wurden auch zu den Satzungen nur wenig Aenderungen beschlossen und dann beide Vor⸗ lagen . angenommen, und im Anschluß daran folgende 0

Resolution best en: esolution beschloss die Ermächtigung, die die

3 „Die Landessynode erklärt, 8* vporige Landessynode dem Königlichen Landeskonsistorium erteilt hat,

bis zu % der Einkommensteuer zur Gewährung von Erziehungs⸗

beihilfen an Geistliche zu erheben, mit dem Inkrafttreten des Pfarr⸗

bpbesoldungsgesetzes in Wegfall kommt.“

8 Hierauf folgte die erste Lesung des Entwurfs zur Ruhegehalts⸗ ordnung, die Superintendent Dr. Bückmann namens der Kom⸗ mission mit allgemeinen Bemerkungen einleitete. Zuerst wurden die

Satzungen beraten, die nur einige unerhebliche Aenderungen erfuhren;

das Gleiche geschah mit dem darauf beratenen Gesetzentwurf, dessen

wesentlichste Aenderung in dem Fortfall des letzten Teiles des § 15

vestand, der die Leistung von Pfarrbeiträgen und Pfründenabgaben etraf.

Nach der einstimmigen Annahme dieser Vorlagen folgte die erste

Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend A für Witwen

und Waisen der Geistlichen, wobei Superintendent Knoche die

geringfügigen Aenderungen der Kommission bei den Satzungen be⸗ gründete und einzelnes erläuterte. Den Gesetzentwurf ließ die Kom⸗ mission unverändert. Die Vorlage wurde dann auch von der Synode

einstimmig genehmigt. 1 6

Der Superintendent Dr. Bückmann begründete darauf folgende, von der Kommission beantragte Resolution, die dem Landeskonsistorium die Vollmacht geben soll, Ueberschüsse aus den Umlagen zur Be⸗

seitigung von Notständen zu verwenden: .

„Das Landeskonsistorium wird ermächtigt, zur Leistung der aus den Kirchengesetzen erwachsenden Ausgaben den Mindestbetrag von

3 ¼ % der für die Mitglieder der evangelisch⸗lutherischen Kirche der

rovinz Hannover veranlagten Staatseinkommensteuer zu erheben. alls sich daraus nach Entrichtung der gesetzlichen Zahlungen und nach Reservierung des nach Abs. 1 des § 17 des Pfarrbesoldungs⸗ esetzes zu erhebenden ½ % Ueberschüsse ergeben, wird das Lanbeskonsistorium ferner ermächtigt, bis zum 31. Dezember 1911 einen von ihm unter Zustimmung des ständigen Ausschusses der Landessynode festzusetzenden jährlichen Betrag zur Beseitigung von Notständen zu verwenden, die in der äußeren Lage der ständigen

Föehchelfen und ihrer Hinterbliebenen sowie der emeritierten

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ters besonders dringend hervortreten.“

illigkeit i des las bef 822⁷ —5— 3 der hieraus sich ergebenden Vermehrung der Staatsausgaben

E11““

Die Resolution wurde nach kurzer Besprechung angenommen; desgleichen zwei Resolutionen, betreffend die Gewährung einer dem Geschäftsumfang entsprechenden Entschädigung an die Superintendenten und betreffend die Heranziehung derjenigen gewerblichen Unter⸗ nehmungen zu kirchlichen Beiträgen, durch die eine außergewöhnlich starke Vermehrung der Kirchengemeinden infolge Zuzugs von Arbeiterfamilien stattgefunden hat und erhebliche Aufwendungen für kirchliche Einrichtungen notwendig wurden. Daran schloß sich die Beratung und Annahme des Antrags Lauenstein, betreffend Er⸗ höhung der Diäten für die Mitglieder der Landessynode.

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen und die nächste auf heute angesetzt.

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Sachsen. b

Gestern abend faab h der mit Trauerschmuck hersehenen katholischen Hofkirche in Dresden die feierliche Beisetzung hrer Majestät der Königin⸗Witwe Carola statt. Im chiff der Kirche nahmen die Hof⸗ und Staatswürden⸗ träger, die Stände, Militärs und Abgesandte fremder Höfe sowie die Abordnungen der Städte 88 Um 6 Uhr erschien Seine Majestät der König mit den Prinzen und den Fürstlichkeiten und nahm zwischen Seiner König⸗ lichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, dem Vertreter Seiner Majestät des Kaisers, und Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog Karl, dem Vertreter Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph, Platz. Die Prinzefnen und Fürstinnen saßen in den Oratorien. Orgelklänge er⸗ öffneten, „W. T. B.“ zufolge, die Feier. Vom Chor erklang das Miserere und nach der Weihe der Leiche das Benedictus, worauf der Bischof D. Schäfer ein Gebet sprach. Unter Orgelklang senkte sich der Sarg langsam in die Tiefe, und durch das Gotteshaus ertönte das stimmungs⸗ volle „Zalve regina“. Während des feierlichen Gesanges begab sich der Oberhofmarschall von dem Bussche⸗Streithorst mit dem Pfarrer der katholischen Hofkirche in die Gruft und hier dem letzteren den Schlüssel zum Sarge aus. amit endete die Feier.

Die Erste Kammer hielt gestern eine kurze Sitzung ab, die sich zu einer Trauerkundgebung für die ver⸗ storbene Königin⸗Witwe gestaltete.

Der Präsident Graf Vitzthum von Eckstädt widmete, obiger Quelle zufolge, der Hohen Entschlafenen einen warmen Nachruf, deren Tod eine Lücke reiße⸗ die nicht nur die ihr Näherstehenden empfinden würden, sondern die sich auch fühlbar machen werde in allen Kreisen, nicht zuletzt in den Kreisen der Armen und Elenden, die eine Wohl⸗ täterin verlören, eine Königliche Wohltäterin, an deren Bahre auch die Vertreter des Landes schmerzerfüllt den Dank des ganzen Volkes niederlegen.

Darauf wurde die Sitzung abgebrochen und die nächste

auf heute anberaumt.

Oesterreich⸗Ungarn. b

Das österreichische Abgeordnetenhaus verhandelte gestern über die Dringlichkeitsanträge, betreffend die s ofortige Erledigung des Budgetprovisoriums sowie die so⸗ sortige Vornahme der ersten Lesung des Budgets für 1908.

Zur Begründung der eeet betonte der Abg. Dr. Chiari nach dem Bericht des „W. T. B.“ Unter Hinweis darauf, daß die wichtigsten Angelegenheiten auf dringlichem Wege erledigt werden müssen, die unbedingte Notwendigkeit einer Geschäftsordnungsreform sowie der Erledigung des ordentlichen Budgets, weil das Parlament nur auf diesem Wege zur Gesundung gelangen könne. Nachdem dann noch die Abgg. Hribar und Kreilmeir gesprochen hatten, wurde die Debatte geschlossen.

Das Haus nahm sodann mit überwiegender Majorität die Anträge an.

Das Herrenhaus sowie das Abgeordnetenhaus nahmen gestern abend die Delegationswahlen vor.

Im ungarischen Magnatenhause stand gestern das Ermächtigungsgesetz zur Beratung.

In der Debatte erklärte der Ministerpräsident Dr. Wekerle, laut Bericht des „W. T. B.“, gegenüber dem Abg. Tormisics Kroat) bezüglich der Beschwerden Kroatiens, seit dem Jahre 1887 (Fron die Kroaten bloß gefordert, daß auf den Staatsbahnen die kroatische Verkehr mit dem wendet werde. Die ungarische Regierung habe jedoch in der Dienstordnung größere ugeständnisse gemacht, nämlich daß alle Beamten der kroatischen inie der ungarischen Staatsbahnen der kroatischen Sprache mächtig sein müßten und daß fast ausschließlich kroatische Landeskinder angestellt werden sollten. Es sei bezüglich des Eisenbahnbaues den Forderungen der kroatischen wirtschaftlichen Inter⸗ essen gegenüber seitens der Regierung E mehr getan worden als für andere Landesteile. Wenn trotzdem eschwerden er⸗ hoben würden, so enthielten diese die schwerste Ungerechtigkeit Ungarn. Die Beschwerden seien nur so erklärlich, daß sie als Deck⸗ mantel für weitergehende unzulässige Bestrebungen dienten. Der Ministerpräsident schloß, indem er sagte: „Wir wollen mit Kroatien nach Recht und Gerechtigkeit verfahren und hoffen, daß wir schließlich zu einer Verständigung gelangen werden.“

8 Großbritannien und Irland.

er Kriegsminister Haldane erklärte gestern in einer in Hull über die geplante Heeresorganisation gehaltenen Rede, wie das „W. T. B.“ meldet, er sei der Meinung, daß niemand den Frieden unzweideutiger wünsche als der Deutsche Kaiser, der aber im die Starken gesichert sei, die Rüstungen zu Lande wie zu Wasser vermehre. Im weiteren Verlauf seiner Rede führte Haldane aus, es sei denkbar, daß ein feindliches Heer von 100 000 Mann durch Umgehung der englischen Flotte hialich auf dem Insel⸗ reich landen koͤnne. Wie würde es England ergehen, wenn seine reguläre Streitmacht noch in anderen Teilen der Welt

Sprache im Publikum ange⸗

stände! Es sollte einen Gegenwert von sieben Armeekorps im

Mutterlande haben. Das wären 300 000 Mann oder die drei⸗ fache Zahl der fremden Landungstruppen. .

Rußland. 2 1“

Ein an den Kriegsminister gerichtetes Kaiserliches Reskript führt, „W. T. B.“ fufolge aus, daß eine der 5 tsorgen des Kaisers die Festigung der Waffenmacht des iches ei und daß der Kaiser bereits eine Reihe von Maßnahmen zur erung der Existenzverhältnisse der gemeinen Soldaten angeordnet habe. Er erkenne jetzt an, daß auch eine Bess erung der materiellen Lage des Offizierkorps notwendig sei. Trotz der traurigen Ereignisse der vergangenen Jahre, die den Wohlstand des Reiches schädigten und schwere Opfer und die äußerste Anspannung der Finanzmittel erforderten, und trotz

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sei es unbedingt notwendig, die Offiziersgehälter vom 14. Ja⸗

tunnels durch den bisherigen Unternehmer beschlossen.

inblick darauf, daß der Frieden nur für 5. Januar 1908 bezahlt werden.

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nuar 1909 ab zu erhöhen.

. Auf der Tagesordnung der gestrigen Reichsrats⸗ sitzung stand der Antrag von 39 Mitgliedern, die Kurato rien für Volksnüchternheit abzuschaffen.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ vertraten die Antragsteller die Meinung, daß die Kuratorien die ihnen auferlegten Aufgaben nicht erfüllten. Die Behauptung, das russische Volk verbrauche jetzt weniger Alkohol als die Völker in Westeuropa, sei un⸗ richtig. Der Finanzminister bekämpfte den Antrag in längeren Ausführungen und erklärte, der Kampf gegen die Trunk⸗ sucht sei unbestreitbar notwendig. Er würde auf das wärmste alle Anträge begrüßen, die einen besseren Erfolg versprächen, als ihn die bestehenden Nüchternheitskuratorien erzielt hätten. Nicht deshalb sei die Bekämpfung des Alkoholismus schwerer, weil der Staat auf die Einnahmen aus dem Branntwein nicht verzichten könnte, sondern weil er durch die menschliche Natur veranlaßt werde. Die Frage, wie die Trunksucht zu bekämpfen sei, gehöre zu den schwierigsten und fast un⸗ lösbaren. Der Fiskus habe nie die Bekämpfung des Alkoholismus verhindert. Der Finanzminister bestritt kategorisch die Meinung, daß der Staat unbedingt der Einnahmen aus dem Branntwein benötige. Seit der Einführung des Branntweinmonopols habe die Regierung stets erklärt, daß ihr eine künstliche Erhöhung der Einnabmen aus dem Branntwein fernliege, die nur unter dem Einstuß anderer Erscheinungen, vornehmlich der Revolution, gewachsen seien.

Die Frist 68 den außerordentlichen Schutz ist in der Stadt und dem Gouvernement Moskau um sechs Monate verlängert, in der Stadt Nikolajew ist anstatt des Kriegs⸗ zustandes der außerordentliche Schutz erklärt worden. 1

Italien.

In der Deputiertenkammer stand Fe der Bericht der Kammerkommission über die Frage zur Beratung, ob in⸗ folge der durch Artikel 45 der Statuten gegebenen Garantien der ehemalige Minister Nasi in den Stand gesetzt werden solle, seine Pllichten als Deputierter auszuüben. Nach leb⸗ hafter Beratung wurde, wie das „W. T. B.“ meldet, in namentlicher Abstimmung mit 239 gegen 91 Stimmen bei 31 Stimmenthaltungen die von der Mehrheit der Kommission vorgeschlagene einfache Tagesordnung angenommen, womit der Auftrag zur en- Nasis als gesetzmäßig erklärt wird. Die Regierung enthielt sich der Abstimmung, da es sich um parlamentarische Vorrechte handelte.

Spanien. Der König empfing gestern den in Madrid eingetroffenen

französischen Gesandten in Tanger Regnault in Audienz. Die Deputiertenkammer hat, „W. T. B.“ zu⸗ budget genehmigt.

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Der Nationalrat hat gestern, meldet, das internationale Uebereinkommen über das Verbot der industriellen Nachtarbeit der Frauen und über das Verbot der Verwendung von weißem (gelbem) Phosphor in der Zündholzindustrie einstimmig genehmigt. Ferner hat der Nationalrat in Uebereinstimmung mit dem Ständerat den sofortigen Bau eines zweiten Simplon⸗

Die Pforte, suchte, bei den in Frage kommenden Balkanstaaten zu inter⸗ venieren, damit der von ihnen ausgehenden anden⸗ bewegung Einhalt geboten werde, erhielt, nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“, von den meisten Kabinetten den Rat, dem Vereesne selbst rücksichtslos ein Ende zu machen.

Serbien.

Die Skupschtina setzte gestern die Beratung über die Interpellation wegen der Ermordung der beiden Nova⸗

kowitsch fort. G Nach dem Bericht des „W. T. B“ verurteilten die Nationalisten

die Haltung der Regierung. Der Abg. Veljkowitsch erinnerte an die Geschichte der Dynastie Obrenowitsch, die durch eine Anhäufung von Loyalitätskundgebungen immer unpopuläter geworden und schließlich zu Grunde gegangen sei. Mögen solche Kundgebungen, sagte der Redner, wie jetzt die Errichtung des Karageorgfewilsch⸗ 2v und andere der jetzigen Dynastie nicht das gleiche Schicksal ereiten. Montenegro.

Die Skupschtina hat gestern, nach einer Meldung des

„W. T. B.“, den Handelsvertrag mit Deutschland

angenommen. Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphenkorre⸗

spondenzbureaus“ ist der montenegrinische Geschaͤftsträger in

Konstantinopel nicht abberufen und die diplomatischen Be⸗

ziehungen zwischen der Pforte und Montenegro sind

nicht, wie angenommen wurde, abgebrochen worbpben. Asien.

„Niach Konsularberichten aus Erzerum sind bisher über 130 Mohammedaner, die dem Türkischen Komitee angehören, verhaftet worden. Weitere Verhaftungen und Verbannungen nach Erzingjau stehen bevor.

Afrika. Der Korrespondent des „Matin“ meldet aus Tanger, daß

die den Beni Snassen auferlegte Kriegskontribution 850 000 Fr. betrage; ein Drittel der Kontribution solle bis

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Die letzte Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie im laufenden Jahre brachte, wie immer, den Ver⸗ waltungsbericht über das zu Ende gehende Jahr, aus dem sich ein befriedigender Fortgang in der Entwicklung der Gesellschaft in ihrer weitverzweigten Tätigkeit ergab. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder

Mittgglieder 119. Es schloß sich, von Profe

trägt z. Z. 570, die der Ehrenmitglieder 21, der korrespondierenden Ftract . 3 h . ffor Dr. Hans Virchow erstattet, der Bericht über die Rudolf Virchow⸗Stiftung für das Jahr 1907 an. Auch dieser Bericht zeigte eine vielseitig nützliche, den Satzungen der Stiftung entsprechende Betätigung⸗ Im Vordergrunde des Interesses steht z. Z. noch die Erforschung der Einhornhöhle bei Scharzfeld am Harz. Es schwindet in⸗ dessen je länger desto mehr die Hoffnung auf belangreiche prähistorische

unde. Einmal glaubte man, in einer Bronzefibel ein erstes Fund⸗ tück der Art vor sich zu haben, am selben Tage wurde aber gans in der Nähe auch eine Tonpfeife gefunden, die unzweifelhaft beweist, daß von oben be,w. außen noch in jüngerer Zeit verschiedene Dinge in die

öhle hineingelangt sind. Von fraglichem wissenschaftlichen Wert nd auch vier teilweise geknickte Menschenschädel, die im

folge, in ihrer gestrigen Sitzung endgültig das Marine⸗

wie das „W. T. B.“

die kürzlich die europäischen Kabinette er⸗

groͤßeren,

üder Zeitfolge

e des Jahres herausgefördert wurden. Unter solchen Um⸗ baten erweist sich die Höhle immer mehr nur als ein inter⸗ essantes geologisches Prohlem. Das hat Unterhandlungen mit der eologischen Landesanstalt nahegelegt, die voraussichtlich das Ergebnis haben werden, daß von dieser Seite die Untersuchung der Höhle zu Ende geführt wird. Viel erfolgreicher für die voörgeschichtliche

orschung waren u. a. die im Auftrage der Stiftung im ägyptischen Ferclunn angestellten Gräberforschungen von Abusa el Melig. Pbotographische Abbildungen einer großen Anzahl dort ge⸗ fundener Schädel erweckten viel ö. Vom Innern der Scharz⸗ felder Höhle wurden zwei große Lichtbilder gezeigt. Durch den or⸗ teenden, Professor Dr. Lissauer gelangten dann noch briefliche Mit teilungen

mehrerer Forschungsreisender, darunter interessante ethnographische und anthropologische Berichte aus dem Bismarck⸗Archipel zur Verlesung, denen Professor von Luschan Erläuterungen folgen ließ. Aus Schwäbisch⸗Hall wurde über Gräberfunde aus sehr alter Zeit be⸗ richtet, die darauf hindeuten, daß hier, an einer Salzfundstätte, sehr frühzeitig eine Ansiedelung bestanden hat eine im Grunde sehr verständliche und durch viele Analoga in allen Teilen der Erde be⸗ stätigte Sache. Von Dr. Hubert Schmidt wurden zwei Mitteilungen über neuere keramische Funde gemacht: In Draschwitz bei Grimma fand man, der neolithischen Zeit angehörig, viele bandkeramische Scherben, die an sich nichts besonders Bemerkenswertes bieten bis auf eine höchst merkwürdige Scherbe, das Randstück eines Napfes, das deutlich die plastische Darstellung eines menschlichen Gesichtes, Nase, Mund und sehr große Aug⸗ äpfel zeigt. Das ist auf germanischem Boden erst der zweite Fall plastischer Nachbildung des menschlichen Gesichts durch prähistorische Keramik, um so bemerkenswerter, als die Keramil anderer Vertreter vorgeschichtlicher Zeit, z. B. der Peruaner, aus⸗ giebigen Gebrauch von der Nachbildung des Menschen macht. Ein zweiter Fund von allgemeinem Interesse ist in Ponzig bei Bukarest gemacht worden: Eine Reihe von Gräbern, die, aus der ockerstellung der Skelette und aus Grabfunden zu schließen, der Bronzezeit an⸗ gehören. Die in ziemlicher Anzahl vorgefundenen keramischen Bei⸗ gaben zeigen Aehnlichkeit mit der Terramadrekeramik Oberitaliens, doch auch manche originale Züge, so z. B. Becher mit schräg an⸗ gelegten Henkeln.

Den Vortrag des Abends, der von einer großen Anzahl ausgezeichneter Lichtbilder begleitet war, hielt der Professor Dr. Eduard Seler über die archäologischen Ergebnisse seiner letzten Reise nach Mexiko: Der Vortragende war im vorigen Jahre Vertreter der Anthro⸗ pologischen Gesellschaft auf dem Amerikanischen Kongreß in Quebec (Canada) und hatte außerdem die Aufforderung erhalten, eine Ab⸗ teilung Geologen Teilnehmer am Internationalen Geologen⸗ Kongreß in Mexiko nach den Ruinen von Mitla zu führen. Pro⸗ fessor Seler hatte beschlossen, daran eine neue Studienreise zu knüpfen, und sich dazu vom Minister ein Jahr Urlaub erbeten. In Gesellschaft seiner (ihn auf allen Forschungsreisenden begleitenden) Gattin landete, aus Deutschland kommend, Professor Seler am 6. August in New York, war erst ein paar Tage bei Professor Boas am Lake George und fuhr dann in einer Tour nach Darxaca, hier am 13. August eintreffend, von wo er die Geologen nach Mitla führte. Nachdem diesem Versprechen genügt, kehrte Professor Seler, die Ver⸗ einigten Staaten kreuzend, zurück und traf pünktlich in Quebec ein, um vom 10.—15. September am Kongreß teilzunehmen. Nach dessen Beendigung reiste Professor Seler mit den Herren Dorsey (Chicago), Hadden (Oxford) und Ehrenreich nach Oklahoma und besuchte in deren Begleitung Arapaho, Pawnee, Osages ꝛc. (Ueber diese E pedition hat vor einigen Monaten Professor Ehrenreich der Gesells aft für Anthropologie ausführlich berichtet.) Danach trennte man sich. Professor Ehrenreich fuhr gleich nach Mexiko weiter und später nach Professor Seler und Frau gingen erst nach Albuquerque Neu⸗Mexiko) und zu den Dörfern der Hopi oder Moqui in Arizona, zu den Cliff dwellings (Felswohnungen) bei Flagstaff und an den Grand Canyon, danach zurück nach El Paso Chilmahua und auf der mexikanischen Zentraleisenbahn bis Zacatecas. Die erzreiche Berggruppe von Zacatecas erhebt sich ziemlich isoliert, rings umgeben von den Steppen, die für das nördli e Meriko charakteristisch sind. Nur im Süden und Südwesten reihen sich Bergzüge an, die Täler einschließen, deren Waͤsser dem Rio Grande de antiago zu⸗ fließen (der im Tal von Toluca entspringt, den See von Chapala durchfließt und, nicht weit an Guadalajara vorbei, den Stillen Ozean errelcht wo er nördlich von San Blas mündet). Die Gegenden wurden den Spaniern bekannt durch die Eroberungszüge Naüo de Gurmans (1529 1531) und seines Unterkapitäns Chirinos. Dieser gelangte mit seiner Truppe an den Ort, wo heute die Berg⸗ mannstadt Zacatecas steht, wurde von den halb nomadischen, von Eicheln und Wildbret sich ernährenden Zacateca („Leute der Grassteppe“) wohl aufgenommen und weitergeleitet. Dabei gelangte er am ersten Tage nach einer auf dem Berge gelegenen, verlassenen Stadt, die er Tuitlan nennen hörte. Es ist dies dieselbe Stadt, die man heute Ruinas de la Quemada nennt, nach dem Namen der Hacienda (des Landgutes), in deren Gebiet Berg und Ruinen liegen. Es ist das obere Stück des Tales des Rio de Juchspila, der don

acatecas nach Süden fließt und unterhalb Juchipila in den Rio Prande de Santiago mündet. In diesem oberen Teil führt der Fluß heute noch den Namen Rio Tuitlan. Die Rutnen liegen auf einem Berge, der ziemlich nahe dem Flusse sich isoliert aus dem Tale erhebt. Er wird in der Gegend einfach „Cerro de los Edificios“ d. i. „Berg der Bauten“ genannt. Nach dem Besuch dieser Ruine fuhr professor Seler nach der Landes⸗ hauptstadt und von dort nach Oaxaca, das südöstlich in der ichtung auf den Busen von gelegen, seit 13 14 Jahren Bahnverbindung mit Mexiko hat. Dort wurden Pferde angekauft und auf dem alten Reitwege ein Ausflug gemacht, der durch das Tal des Rio de las Vueltas über Cuicatlan, Quiotepec, Teotitlan del Camino und Cozcatlan zur Eisenbahn⸗ station Tehuacan zurückführte. Man besuchte, fleißig Alter⸗ fümer sammelnd, auf Sgng Wege eine Anzahl Ruinen (Atlatlanhia, Cerro colorado bei Cuicatlan, Quiotepec, Teotitlan und Cozcatlan). Die bedeutendsten aller dieser Ruinen sind die von Quiotepec. Sie liegen auf einem Berge, der gerade den Winkel füllt zwischen dem von Norden kommenden Rio Salado und dem von Süden strömenden Flusse von Cuicatlan, der weither kommt und vor Cuicatlan den Rio de las Vueltas aufgenommen hat Beide Flüsse mußten die Pferde der Reisenden durchschwimmen, ehe e nach Cuscatlan kamen. Die vereinigten Flüsse (Rio Salado und luß von Cuicatlan) durchbrechen das hohe Gebirge im Osten und bilden nachher den großen Strom Tapaloapan, der sich südlich von Vera Cruz in den Mexikanischen Meerbusen ergießt. Die wunderbaren Bauwerke auf dem Berge von Quiotepec sind wahrscheinlich ein altes Heiligtum des mexlkanlschen Regen⸗ pttes Tlaloc, denn Quiotepec ist eigentlich Quiauthepec, d. 1. erg des Regens, d. i. des Regengottes. Dem mexikanischen Regen⸗ sötte wurden mit Vorliebe grüne Steinperlen geopfert, die als Ab⸗ lder des Regens und des von ihm zu bewirkenden Grüns des flanzen⸗ wuchses galten und zugleich ein Sinnbild der Fruchtbarkelt waren. olche Perlen und Figürchen aus grünem Ton sind in der Tat uf dem Berge Quiotepec in großen Mengen gefunden worden. Die sarte Testatlan del commo und Cozcatlan waren den Reisenden chon von ihrer allerersten Reise her als Fundplaͤtze schön bemalter Configuren bekannt. Auch vest konnte deren wieder eine Anzahl Feeh. u. a. eine Figur des Regengottes mit einem Fasse r Nase. x. Von der Eisenbahnstation Tehuacan ging es zunächst auf einer Feauleselbahn nach Esperanza und von hier aus auf der großen Vera neu⸗Cisenbahn (Ferrocarril Mexicano) nach Cordoba Weeslon der saffeepflanzungen), in dessen Nähe das Indianerdorf Amatlan einen niehungspunkt bildet, den man sich nicht entgehen lassen wollte. lohe eigentuͤmlichen Trachten der ber lassen den kurzen Besu nend erscheinen. Um es hier gleich, wenn auch außerhal der Reiseerlebnisse, zu Alaßien Cordoba war auch Monate spater Ziel der Reisenden, die bei dieser Gelegenheit Chocaman, Huatusco und die Hacsenda El

rador besuchten, letztere bereits in der dritten Generation Eigen⸗ tum der im Lande hochgeachteten deutschen Familie Sartorius. Bei jenem ersten Besuch wurde noch zwischen Cordoba und Vera Cruz der Ort der. („am Flusse“) besucht, wo die Landstraße nach Vera Cruz in hohem Bogen einen in tiefer Schlucht dahin⸗ brausenden Fluß überbrückt. In der Nähe ist ein berühmter kleiner, auch von der Eisenbahn aus sichtbarer Wasserfall und ihm gegenüber wurde in jüngster Zeit eine Tropfsteinhöhle entdeckt, in der auch Alter⸗ tümer gefunden worden sind.

In Vera Cru schifften sich die Reisenden nach Progreso, der eea von Merida de Yucatan, ein. Sie 9. auf einer Düne, andeinwärts folgen Mangrovesümpfe, weiterhin ausgedehnte Hennegueen⸗ (Sisal) Pflanzungen und Buschwald. Das Land ist flach wie ein Brett und bietet bis zur Hauptstadt Merida wenig Abwechslung. Von Merida aus wurden noch einmal die herrlichen Ruinen von Umal besucht und die 1903 auf der vorigen Pucatanreise angelegte Sammlung von Fegerher dieser wunderbarsten aller Ruinen der Welt um eine

nzahl neuer Aufnahmen vervollständigt, darunter das berühmte „Haus des v.nn—. Auch gelang es, unter beschwerlichem Eindringen in den dichten Buschwald, das einzige in Uxmal vorhandene, mit Hieroglyphen bedeckte Stück, einen Rundpfeiler, aufzufinden und abzu⸗ klatschen. Von Uxmal führte die Reise weiter zu den nicht minder berühmten, im Osten der Halbinsel gelegenen Ruinen von Chich' én Itzaà. In der Cella des veeeg; der dort auf der Ostmauer des großen Ballspielplatzes sich erhebt, befinden sich sehr merkwürdige Fresken, die Miß Breton in mehrmonatiger, mühevoller Arbeit abskizziert hat, und auf der Rückseite, am Fuße der Mauer, ein Saal, dessen Wände und Bedachung ganz mit bemalten Reliefs bedeckt sind. (Farbige Photographie Te nach Lumidreschem Verfahren, von der Photographischen Lehranstalt des Lette⸗Vereins angefertigt, wurden vorgezeigt.) Professor Seler hat bereits nach seiner ersten Bekanntschaft mit ihnen an diesen Reliefs und ihren Figuren den Nachweis geführt, daß die Erbauer dieser Monumente kein Maya⸗Volk, sondern Stamm⸗ verwandte der Mexikaner gewesen sein müssen. (Vergl. seine Abhand⸗ lung „Quetzalconatl⸗Kukulcan in Pucatan“.) Diesmal wandte er seine besondere Aufmerksamkeit dem am Nordende des Ballspielplatzes gelegenen Tempel zu, dessen Wände und Säulen vollständig mit Reliefs bedeckt sind, die noch niemals veröffentlicht wurden. Es konnten mit Erfolg Abklatsche von den Säulen und dem größten Teil der Wand angefertigt werden.

Weiterhin wurden die Ruinen von Akt besucht, dessen Bauwerke Ppramiden und ein großer, auf erhöhter Terrasse gelegener Pfeiler⸗ saal ganz abweichend von dem sonst in Yucatan üblichen Stil aus gewaltigen Steinblöcken aufgeführt sind. Von dem schon auf halbem Wege nach Campeche zu gelegenen Orte Hecelchakan aus wurde die bewaldete Ebene von Pcalumkin besucht und dort eine Menge von Bauwerken, darunter ein auf beiden Seiten von kleinen Tempeln begrenzter Hof, photographisch aufgenommen. Auch war es wiederum möglich, in dem einen dieser Tempel eine Anzahl Hieroglyphen⸗ bänder, schön und scharf skulpiert und eigentümlichen Stils, sowie ein Figurenrelief abzuklatschen. Für die auf den arbeitsreichen Tag folgende Nacht war man auf den Unterschlupf in einer kleinen Stroh⸗ hütte angewiesen, die von Maisbauern zu gelegentlichem Schutz vor Regen hier errichtet war. Bei deren Aufsuchen wurden noch die an⸗ scheinend bisher völlig unbekannten Trümmer eines gestürzten Tempels entdeckt, unter ihnen viele Reliefs und Hüeroqlvphensteime Leider konnte deren Aufarbeitung aus Mangel an maschinellen Vorrichtungen nicht in Angriff genommen werden. Um den Aufenthalt auf der an archäologischen Schätzen so überreichen Halbinsel Yucatan nach Mög⸗ lichkeit auszunutzen, wurde endlich noch die nur eine kleine Strecke von Merida entfernte Stadt Acanceh besucht, wo ganz vor kurzem Bauwerke mit Gemächern, deren Wände mit leider nur in Resten vorhandenen Hieroglyphen bemalt waren, sowie eine merkwürdige Stuckfassade auf⸗ edeckt worden sind. Die letztere, sehr eigenartigen Stils, der in sheckte bisher noch nirgends angetroffen worden ist, konnte von den

eisenden gezeichnet und photographiert werden. Es sind lauter Tier⸗ figuren, die hier nebeneinander und in zwei Reihen, einer oberen und unteren, aufgebaut sind. Noch wurde vom Hafenort Campeche an der Westküste der e aus mit einem Segelboot den weiter füdlich von der Küste gelegenen Orten Sihoo Tlaya und Champotön ein Besuch gemacht. Letzterer Platz war in alter Zeit hervor⸗ wichtig; denn auf einer Klippe vor der Mündung des * soll sich der Tempel Quetzalconatl⸗Kukuulcan befunden haben. er Ort mochte dem Volke besonders heilig 65 sein; denn im Lande Pucatan ist ein Fluß eine gar seltene Er Ücheinung, weil im zer⸗ klüfteten Kalk des Untergrundes alles Wasser unnerirdisch fließt. Die Reisenden hatten in dieser für sie neuen Region eine Anzahl von Steindenkmälern zu finden gehofft, von deren Vorhandensein ihnen er⸗ zählt worden war. olche waren aber leider schon entweder zerstört und verwittert oder als brauchbares Baumaterial zum Neubau von Fabriken zur Hanfbereitung (Hennequen oder Sisal⸗Hanf) ver⸗ wandt worden. Ursprünglich bestand die Absicht, von ampoton über Tabacco linge der Küste nach Vera Cruz zurück⸗ zukehren. Der schlechten Verbindungen halber mußte dieser Plan aufgegeben und von Progreso aus der Dampfer quer über den Golf benutzt werden. Von Vera Cruz 4 eine Bahn nahe der Küste nach Puerto de Alvarado, wo ein uslaß aus den Lagunen, welche die Wasser verschiedener Faffe sammeln, das Meer erreicht. Dort wurde ein Flußdampfer bestiegen, mit diesem mnächst die Lagune, an der Hinterseite der Düne entlang, und dann der schon er⸗ wähnte Fluß Tapaloapan aufwärts befahren. Das Ziel war Al onso Lazaro, das nach einer wenig abwechselungsreichen Fahrt, die sich durch enge, von Wald und niederem Weideland eingefaßte, vom Nebenflusse Rio San Juan abzweigende Kanäle wand, endlich erreicht wurde. Alonso Lazaro ist der Ausgangspunkt für die Ueberlandreise nach dem Tabakdistrikte von San Andres Tuxtla. Bei den Ranchos (Einzelgehöften), die man auf dem Wege passiert, gewahrt man in größerer oder geringerer Entfernung von der Straße, an den Abhängen des Vulkans von Tuxtla und im Walde vereinzelte merkwürdige Steinbilder. So bei Tres Zapotes, das zu der Hacienda Huepapan gehört, einen 5,20 m im Umfang und 2,05 m vom Scheitel bis zum Kinn messenden Steinkopf, der vielleicht zu einer noch tief im Waldboden steckenden Figur gehört. An der anderen Seite des Vulkans und in größerer Nähe des Berges liegt der Ort Santiago Tuxtla, dessen Häuser einen klaren Bergbach umsäumen, der weiter oben einen schönen sen bildet. Dieser wie die anderen Flüsse des Gebietes ießen dem Rio San Juan zu, als Nebenfluß des Tapaloapan oben schon genannt. Etwas weiterhin erreicht man San Andres Tuxtla, das eigentliche Zentrum des Tabakbaues, der ebenso durch den vulkanischen Boden wie durch das heiße, regenreiche Klima gefördert ist. Zu einem großen Teil sind die sehr ausgedehnten Pflanzungen in deutschen 7 das Produkt wird an Güte dem Havannakraut nicht nachstehend erachtet. Tuxtla heißt eigentlich Tochtlan, d. i. „Ort des Kaninchens“. Das Kaninchen galt den alten Mexikanern als ein 7 Tier, denn, während wir einen Mann im Monde sehen, ahen sie darin ein Kaninchen und erhoben den bescheidenen Nager unter die und diese wieder galten in Mexiko, wie überall in der lt, wenn auch in der ahweichendsten Form dieses uralten Aberglaubens, als Freunde und Förderer der Vegetation und erfreuten 8 deshalb in dem üppigen und fruchtbaren Lande eines besonderen Kultus. Den Beleg dafür, daß er sich in Tochtlan an einer Kultusstätte der Mondgotker befinde, fand Professor Seler in drei großen Steinköpfen, die Kaninchen darstellen und nicht welt von einem großen künstlichen Hügel am Wege lagen. Die Reisenden fanden dort in den zwei 122 Besitzern, den Herren Volkering und Hirsch gehörigen Fihen Constancia, freundliche Aufnahme und haben von dort aug auf den Terrains der Fincas Ellmaham und Matacapam, wo sich eine große Menge künstlicher Hüee befinden, Ausgrabungen versucht. Die Gegend ist reich an Jandschaftlichen Reizen. Es wurden besucht: der schöͤne Kraterser. die ung encantanda, der malerische Wasserfall von am und der

n schoönere und grohartigere von Yeipantli (drel Streifen) dei omoapam. Der den Yeipantlifall dildende Nla ist der Abfluß des ees von Catemaco, der auch desucht wurde. Die d ist reich an merkwürdigen Tonaltertümern, die etwas Verwandtschaft mit den

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„der Gegend von Campeche bekunden, von denen das Museum für Völkerkunde eine schöne Auswahl in der von Adolf Bastian erworbenen Sammlung Jimero besitzt. Aber auch inter⸗ essante Steindenkmäler kommen vor. So wurde bei Comoapam eine 43 cm lange, auf dem Bauche liegende Figur mit ei enartiger Frisur und ungewöhnlich langen Ohren gefunden, und auf dem Terrain der ,17 Mata Catenela, oberhalb des Sees von Camaco, außer Stein⸗ öpfen verschiedener Art viereckige Werkstücke mit einer Art Fries von . die eine Uebereinstimmung mit der Ornamentierung von Teotihuacan zeigen. Manche dieser Stücke erinnerten fast an A fuih 4

„Von diesem landschaftlich und archäologisch gleich anziehenden Stück Erde aus begaben sich die Reisenden über Vera Cruz zurück nach n” wo sie im Hause Stein ihr Hauptquartier hatten, und dann nach der Hauptstadt Mexiko, um einem ehrenvollen, Professor Seler von der mexikanischen Regierung erteilten Auftrage zu genügen, die archäologischen Sammlungen des Nationalmuseums zu ordnen.

Die Ausführung dieses 518 bannte die Reisenden zunächst an die Hauptstadt; doch fand sich Zeit, von da aus die Ruinen vo Teotihuacan 5 besuchen, einem alten, schon zur Zeit der Ankunft de Spanier verlassenen und in Trümmer liegenden Kulturzentrum, w aber noch heute die beiden großen Pyramiden der Sonne und des Mondes aufragen und von der letzteren ausgehend eine breite, von

ausfundamenten eingefaßte Straße, die sogenannte Totenstraße camino de los muertos) in die T. Gebirgswelt hinausführt. m Auftrage der Landesregierung führt hier, nun schon im zweiten Jahre, der Generalinspektor und Konservator der mexikanischen Alter⸗ tümer, Leopoldo Batres Ausgrabungen aus. Er hat jetzt zum ersten Male die Pyramide der Sonne so weit freigelegt, daß ihr merkwürdiger Aufbau, die Uebermantelung, die in einander folgenden Zeiten aus⸗ Ferset worden sind, und die mancherlei An⸗ und Nebenbauten sicht⸗ ar geworden sind. Und er hat auch die Hausruinen zu den Setten der vr; aufzugraben begonnen, wobet in lebhaften Farben ausgeführte Wandmalereien, Blumen⸗ und Blattmuster zeigend, zu⸗ 1 gekommen sind (Professor Seler schaltete hier die farbige Wieder⸗ sa e eines Aquarells dieser Wandmalerei nach dem Lumtdreschen Ver⸗ ahren ein, das in der photographischen Lehranstalt des Lette⸗Vereins ergestellt worden ist). Der längere Aufenthalt in der andeshauptstadt, zu dem Professor Seler aus den an⸗ eführten Gründen genötigt sah, gab ihm Gelegenheit, auch die mgebungen Mexikos etwas näher kennen zu lernen das Fischer⸗ * leben am großen Salzwassersee, die Chinampas, die sogenannten schwimmenden Gärten im Süßwassersee von Forbimilco, der durch eine Kette kleiner Vulkane vom Salzwassersee getrennt ist, endlich den herrlichen Wald, der noch auf weite Strecken die das Hochtal von Mexiko umgebenden Höhen bedeckt. Vor allem aber nützte Professor Seler seine Zeit gründlich aus, um die öffentlichen und privaten Sammlungen der Hauptstadt zu studieren und von vielen interessanten Stücken farbige Abbildungen zu machen. Diese haben dem Vortragenden erlaub v2 Auditorium mit Ife des Lumisreschen, im Lette⸗Verein geschickt gehandhabten erfahrens eine Reihe farbiger Bilder vorzuführen, u. a. von Gefäßen von Teotilmacan, von Jalapazco, vom Distrikt Ehalco im Tal von Mexiko und von Cholula sowie von einigen der schönen, bunt bemalten Räucherlöffel und anderen Tonwaren, die bei den Kana⸗ lisationsarbeiten im Boden der alten Stadt Meriko selbst gefunden worden sind; endlich von einigen Prachtstücken der Sammlung, die vor Jahren von Charnay auf einem hoch oben am Popocatepetl gelegenen Gräberfelde ausgegraben worden sind und jetzt dem mexikanischen Nationalmuseum angehören. erkunft und Bedeutung einiger Ornamente wurden von ofessor Seler eingehend erläutert, das einstmalige Vorkommen des Gürteltieres und der Beutelratte im Lande in der Form und Ver⸗ zierung von Femgefchen wahrscheinlich gemacht und zum Schluß noch an wenigen kleinen Tonreliefs Feveigt. daß das Bild der Federschlange mur Bezeichnung des Monats Anwendung fand.

Der Vortrag von Professor Seler fand wie alle seit Jahren von diesem eifrigen und erfolgreichen Forscher der Gesellschaft für Anthro⸗ ologte übermittelten Ergebnisse seiner eindringenden und gründlichen

——— auf einem noch allzuwenig bekannten Gebiet den leb⸗ haftesten Dank der Versammlung, dem der Vorsitzende noch in warmen Worten befonders Ausdruck gab.

Unlängst haben die beiden bekannten Celebesforscher Paul und Fritz Sarasin aus Basel in der Nähe von Aesch (Baselland) beim sog. Köpflifels, ein neusteinzeitliches Massengrab untersucht. Sie fanden, nach der „Voss. Ztg.“, eine aus Felsplatten aufgebaute Grabkammer auf der Spitze eines Grabhügels, bon der sie annehmen, daß die künstliche Felswohnung der Toten frei stand. Die zahlreichen Reste von Gerippen waren sehr verwittert und in Unordnung, sodaß nicht festzustellen war, in welcher Lage die Toten begraben waren. Da die Grabanlage offenbar für die Umgebung ge⸗ meinsam gewesen sein 89 so wurden wohl jeweilen bei einer Neubestattung die alten Gerippe beiseite geschoben und der neue Ankömmling hineingelegt. Es wurden mindestens 25 Bestattete, Männer, Frauen und Kinder, festgestellt. Aus den wenigen Beigaben Messern, Pfeilspitzen, Hammerstein, Tierzahngehängen) und der ganzen

nlage zu schließen, stammt das Grab wohl aus der Steinzeit (nach S. Müller Schluß des 3. . a das Grab im n von Osten nach Westen gerichtet ist, bringt Paul Sarasin den Bestattungsort mit der Sonne in Beziehung; er hält es für wahr⸗ scheinlich, daß schon der Mensch in der neuen Steinzeit dem Tages⸗ gestirn seine Verehrung zollte.

Ueber die Beobachtungen des Vogelfluges veröffentlicht Dr. Thienemann, Leiter der Vogelwarte in Rossitten, neue Beobachtungen. Dr. Thienemann meint, daß viele unserer Vögel be⸗ trächtlich weiter wandern, als man bisher annahm. Z. B. wurde eine von den am 4. Oktober 1906 von der Vogelwarte aufgelassenen Nebelkrähen am 8. November 1906 bei Solesmes im nördlichen Frankreich im Gebiete der Dambre vlgesa Gezeichnete Lach⸗ möwen wurden in Posen, Mähren und 22 Oberitalien ge⸗ tötet. Im September 1906 ließ man Heringsmöwen auf der Vogelwarte auffliegen, diese wurden kurz —2 auf der Halbinsel Hela gefangen. Bemerkenswert ist, daß zwei zu gleicher Zeit hinaus⸗ Psch⸗ te Lachmöwen zusammen an der Donau wiedergefunden wurden. e Tiere hatten 18 also auf dem langen Flug nicht getrennt. Weiter beobachtete Dr. Thienemann in diesem Winter bei uns die der Sperbereule, eines nordischen Vogels, und das Vor⸗ ommen der Ringelgans. 1“

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Die landwirtschaftliche Akademie Bonn⸗Po dorf wird im laufenden Winterhalbjahr (1907/08) nach vo Festellung von insgesamt 489 (478) Studierenden von 463 (466) ordentlichen Hörern und 26 (12) Hospitanten. Unter den ordentlichen Hörern befinden sich: Studierende der veranecef 154 (143), Studierende der Geodäsie und e. 2. 309 (323 Die entsprechenden Zahlen des letzten Sommerseme Vergleich in Klammern beigefügt.

8 Berkehrsanstalten.

Der Zentralverein für Hebung der deutschen Fluß⸗ und Kanalschiffahrt hielt gestern abend im preußischen Ab⸗ eordnetenhause zu Berlin eine öffentliche Sitzung ab, der auch Seine Köns liche Hoheit der von e Ehren⸗ mitglied des Zentralvereins, beiwohnte. orsitzende des Nre Geheimer Justizrat Dr. 9 Krause, den Prinzen uͤdwig begrüßt und den Vertretern der preußischen und der bayerif 8

sters sind zum

achdem der

ee. erung für ihr 6.— gedankt hatte, hielt der vortragende Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Geheime Oberbaurat Dr.⸗Ing. Sympher einen Vor⸗