1908 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Ihre vorjährigen Beschlüsse haben, soweit sie dessen bedurften, die staatliche Genehmigung erhalten. Auch in diesem Jahre werden Sie sich vor wichtige Entschließungen gestellt sehen. Die König⸗ liche Staatsregierung wird Ihre Tätigkeit zwar nicht in An⸗ spruch nehmen; dagegen hat Ihnen der Provinzialausschuß eine stattliche Reihe von Vorlagen zu unterbreiten. Aus ihnen werden Sie erkennen, wie der Provinzialausschuß im Verein mit dem Herrn Landesdirektor F bestrebt ist, das Wohl der Provinz und seiner Angehörigen zu fördern, und sich in diesem Bestreben nicht da⸗ mit begnügt, die durch das Gesetz der Provinzialverwaltung gestellten Aufgaben zu erfüllen, sondern bereit ist, weitere Aufgaben freiwillig aufzunehmen und sie in einer dem allgemeinen Interesse dienenden Weise seinerseits zu lösen. Ich weise hierfür hin auf die vorge⸗ chlagene Errichtung einer Ruhegzhaltskasse und die Erweiterung der Brandenburgischen Witwen⸗ 8 Waisenversorgungsanstalt, wodurch die Kommunalverbände und sonstige Körperschaften in der Provinz eine erhebliche, sehr wünschenswerte Erleichterung in der Ver⸗ pflichtung der Pensionierung und Hinterbliebenenversorgung ihrer Beamten finden würden. Ich weise ferner hin auf die vorgeschlagene Revision der öffentlichen Sparkassen und Kommunalkassen durch rovinzialbeamte und die Einrichtung eines Pfandbriefamts für ädtische Hausgrundstücke. Sie werden mit einem solchen Vorgehen des Provinzialausschusses gewiß grundsätzlich einverstanden sein und ie einzelnen Vorschläge gern Fhrer 1g unterziehen. Das Wanderarbeitsstättengesez vom 29. Juni 1907 macht eine erneute Stellungnahme Ihrerseits zu dem Beschlusse des Provinziallandtags vom Jahre 1904 erforderlich, der nicht, wie dies Gesetz es tut, die Kreise sondern die Provinz zum Träger der Wanderarmenfürsorge gemacht und bereits zur Einrichtung einiger hierfür bestimmter Anstalten geführt hat. Von den übrigen Vorlagen des Provinzialausschusses ist als besonders wichtig hervorzuheben der Entwurf neuer Bestimmungen über die Gewährung von Chaussee⸗ bauprämien, womit an Ihre vorjährigen Beratungen über diese Frage angeknüpft wird. Vor allem aber wird Sie auch in diesem Jahre die Prüfung und Festsetzung des neuen Provinzialhaushaltsplanes be⸗ schäftigen, der, mit gewohnter Sorgfalt aufgestellt, ein höchst erfreu⸗ liches Bild von der umfassenden Wirksamkeit Ihrer Verwaltung gibt. Wenn ich, ohne damit das Ihnen sich eröffnende Arbeitsfeld ab⸗ zuschließen, noch erwähne, daß Sie mit Rücksicht auf den bevor⸗ stehenden Ablauf der Wahlperiode die für die Provinzialverwaltung wichtigste Wahl, die Wahl des Landesdirektors vorzunehmen haben, so werden Sie mit mir Ihre diesjährige Tagung als eine besonders bedeutungsvolle ansehen. Mit dem lebhaften Wunsche, daß sie für unsere Mark eine segensreiche sein möge, erkläre ich, indem ich Sie, hochgeehrte Herren, herzlichst willkommen heiße, kraft der mir erteilten Vollmacht hiermit die 34. Sitzungsperiode des Provinziallandtages der Provinz Brandenburg für eröffnet.

Hierauf wurden die Verhandlungen vom Alterspräsidenten

Kraatz eröffnet und, nachdem der Standesherr Graf von der Schulenburg⸗Liebrose zum Vorsitzenden gewählt war,

nach einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung begeistert ein⸗ ftimmte, weitergeführt.

8 Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Königlich sächsische Geheime Justizrat Dr. Mayer ist in Berlin angekommen.

Se 16. Februar. Der 40. Provinziallandtag der Provinz Posen wurde heute mittag nach vorauf⸗ gegangenem Gottesdienst durch den Königlichen Kommissar, Oberpräsidenten von Waldow, im Sitzungssaale des Stände⸗ hauses mit folgender Ansprache eröffnet:

Hochgeehrte Herren! Nachdem des Königs Maäjestät die Ein⸗ berufung des 40. Provinziallandtags der Provinz Posen auf den hbeutigen Tag Allerhöchst zu genehmigen geruht haben, habe ich die Ehre, Sie namens der Königlichen Staatsregierung bei Beginn Ihrer Arbeiten hier willkommen zu heißen.

Die Verhandlungen Ihrer gegenwärtigen Tagung werden sich fast ausschließlich mit der Verwaltung der provinziellen Angelegen⸗ heiten beschäftigen. Der Schwerpunkt Ihrer Beratungen wird der Lösung der lang erwogenen Frage gelten, in welcher Weise eine zeitgemäße Dezentralisation der Selbstverwaltung auf dem so wichtigen Gebiete der Verkehrspflege unter ge⸗ rechter Abwägung der Haushaltsinteressen der Provinz und der einjelnen Stadt⸗ und Landkreise sowie ihrer Verkehrsbedürfnisse herbei⸗ geführt werden kann. In Ausführung des Beschlusses des 39. Pro⸗ vinziallandtags hat sich Ihr Provinzialausschuß nach eingehenden Vor⸗ verhandlungen über den Maßstab schlüssig gemacht, nach welchem Ihnen nunmehr die Verteilung der für die Uebernahme der Provinzialchausseen an die einzelnen Stadt⸗ und Landkreise zu zahlenden Jahresrenten vor⸗ geschlagen wird. Möchte es Ihren Beratungen gelingen, diese wichtige Frage zu einem Abschluß zu bringen, der in gleicher Weise der Förderung der Verkehrspflege, wie dem Ausbau der Selbst⸗ verwaltung der Kreisverbände dient. Von den übrigen Vorlagen wird als Hauptgegenstand der Provinzialetat für das Rechnungs⸗ jahr 1908 Ihr Interesse in Anspruch nehmen. Wenn es sich auch wiederum nicht hat ermöglichen lassen, das Gleichgewicht zwischen Ein⸗ nahmen und Ausgaben ohne Erhöhung der Provinzialumlage he zustellen, so werden Sie sich doch überzeugen, daß bei der Auf⸗ stellung des Voranschlags das Bestreben sorgfältiger Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Provinz obgewaltet hat. Zur Durch⸗ führung der in Aussicht genommenen Besoldungserhöhungen für die Beamten des provinzialständischen Verbandes, deren Bezüge entsprechend dem zu erwartenden Vorgehen des Reichs und des Staats Aufbesserung erfahren sollen, finden Sie einen angemessenen Pauschalssatz in den Voranschlag eingestellt. Bei Ihrer stets bewährten Fürsorge für die Beamten des Provinzialverbandes werden Sie diesem Vorschlage Ihre Zustimmung nicht versagen. Auch die erweiterte staatliche Fürsorge für die Pensionierung der unmittelbaren Staats⸗ beamten und für deren Witwen und Waisen läßt es geboten erscheinen, den provinzialständischen Beamten die gleichen Ver⸗ zuteil werden zu lassen. Zu diesem Zwecke wird ein Nachtrag zu der Ordnung über die dienstlichen Verhältnisse der provinzialständischen Beamten Ihrer Beschlußfassung unterbreitet. Aus dem gleichen Grunde wird Ihnen eine Ergänzung des Reglements der Witwen⸗ und Waisenkasse für die Gemeinde⸗ beamten der Provinz vorgeschlagen. Wie Sie aus dem Etat für das Provinzialmuseum entnehmen werden, soll im Lichthofe des Museums die Kolossalbüste weiland Seiner Majestät des Hochseligen Kaisers Friedrich Aufstellung finden. Das treue und dankbare Gedenken, welches die Provinz der erlauchten Person des verewigten Monarchen bewahrt, dessen Namen das Museum führen darf, findet dadurch einen erneuten sichtbaren Ausdruck. In der zuversichtlichen Hoffnung, daß Ihre Verhandlungen auch diesmal dem Wohle der Provinz dienen werden, beehre ich mich, Ihnen, hochverehrter Herr Landtagsmarschall, den Allerhöchsten Land⸗ tagsabschied vom 8. Februar d. J. und das Allerhöchste Propositions⸗ dekret von demselben Tage zu übergeben und erkläre kraft des mir rteilten Allerhöchsten Auftrages den 40. Provinziallandtag der Provinz Posen für eröffnet.

Der Landtagsmarschall, Majoratsbesitzer und Kammerherr Freiherr von Schlichting entgegnete hierauf:

Hochgeehrter Herr Landtagskommissarius! Nur zu einer kurzen Tagung sind wir vereint. In Anbetracht der großen Wichtigkeit zweier Vorlagen, die dringend ihrer Erledigung harren, haben Eure Exzellenz von Allerhöchster Stelle die Einberufung des 40. Provinzial⸗ landtags der Provinz Posen für heute beantragt. Schon seit einem Dezennium steht auf der Tagesordnung jedes Provinziallandtags die Frage der Uebergabe der Chausseen seitens der Provinz an die Kreise.

Der 39. Provinziallandtag hat Mittel zur Verfügung gestellt, um die Uebernahme für die Kreise zu ermöglichen, und hat den Provinzial⸗ ausschuß ersucht, in diesem Frühjahr präzise Vorschläge für die Uebernahme zu machen. Nachdem nun diese uns vorliegen, haben wir die Entscheidung zu treffen, ob eine zeitgemäße Dezentralisation der Selbstverwaltung auf dem für die Kreisverwaltungen wichtigsten Gebiet ihrer Tätigkeit, dem Wegewesen, für Provinz und Kreise gleich gangbare Wege findend, stattfinden oder ob ungeachtet der interessen unserer Provinz die bisherigen Zustände fortbestehen sollen. Den Staatsgesetzen vom 27. Mai 1907 folgend, haben wir zu entscheiden über die Maßnahmen, die notwendig sind, um die provinzialständischen Beamten in ihren Gehaltsbezügen, der Pension, der 8 für Witwen und Waisen den staatlichen Beamten derselben Kategorie gleich zu stellen. Bei der Einmütigkeit, mit der der Provinzialausschuß sich für die Besserung der finanziellen Stellung ausgesprochen hat, ist zu erhoffen, daß sich seinen Vorschlägen der 40. Provinziallandtag voll und ganz anschließen wird. Leider sind die finanziellen Verbältnisse unserer Provinz, wie auch Eure Exrzellenz die Güte hatten hervorzuheben, auch in diesem Jahre wieder ungünstig, sodaß trotz tatsächlicher Steigerung des Steuersolls es nicht zu umgehen war, die Provinzialsteuern zu er⸗ höhen. Wir sind damit auf dem Steuersatz von 25 % angelangt, dessen Ueberschreitung uns gesetzlich zwingen würde, unsern Etat der staatlichen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, wodurch der Provinz der Vorzug der freien Bewegung der Selbst⸗ verwaltung verloren gehen würde. Es ist darum mit Freuden zu be⸗ grüßen, daß unser hochverehrter Herr Landeshauptmann in einer uns vorliegenden Denkschrift an die Königliche Staatsregierung nach⸗ gewiesen hat, wie dringend notwendig eine Erhöhung der Dotations⸗ rente, die der Billigkeit entsprechen würde, für unsere Provinz ist. Die Ehrung des Andenkens Seiner Majestät des hochseligen Kaisers Friedrich durch Aufstellung einer Kolossalbüste Allerhöchst⸗ desselben im Kaiser Friedrich⸗Museum wird auch Sie, meine Herren Wsfeere wie alle Bewohner unserer Provinz mit hoher Freude erfüllen.

Und nun, meine Herren Mitstände, lassen Sie uns unsere Arbeit beginnen mit dem Gelöbnis der Treue und der Anhänglichkeit an Seine Majestät unseren Kaiser und König, indem wir uns in dem Ruf vereinen: Seine Majestät unser Allergnädigster Kaiser, König und Herr Wilhelm II. Hurra, hurra, hurra!

Die Versammlung stimmte in das von dem Marschall ausgebrachte Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König lebhaft ein. Hierauf wurden die Verhandlungen der dies⸗ jährigen Session eröffnet. .

Die offizielle „Wiener Abendpost“ wiederholt den be⸗ kannten Wunsch des Kaisers Franz Joseph, sein Jubiläum nicht durch festliche Veranstaltungen, sondern ausschließlich durch gemeinnützige wohltätige Stiftungen zu feiern, und fordert die Gesellschaft auf, die Kräfte nicht durch einzelne Gaben und Unternehmungen zu zersplittern, vielmehr sich zur Schaffung eines großen bleibenden Werkes zu vereinigen. Auch der Ministerrat aeIfas sich mit der Angelegenheit und beschloß, eine umfassende Für⸗ sorgeaktion für Kinder als Ziel der ee zu empfehlen. Der Artikel zählt eine Reihe sozialer und humanitärer Aufgaben dieser Kinderfürsorgeaktion auf und fordert zum Zusammenwirken aller nationalen sozialen Kräfte unter weitestgehender Mitwirkung der Bevölkerung auf.

Die Ungarische Delegation hat vorgestern, laut Meldung des „W. T. B.“, in einer Plenarsitzung den Okku⸗ pationskredit angenommen und damit alle Vorlagen

erlepigt.

Der Ministerrat beschäftigte sich in seiner vorgestrigen Sitzung mit der in der Kammer stattgehabten Erörterung über die Einkommensteuer und einem angekündigten An⸗ trage, den Artikel 1 bis zur Beschlußfassung über andere Punkte der Vorlage zurückzustellen. Es wurde, nach einer Meldung des „W. T. B.“, beschlossen, dem Finanzminister die Leitung der Verhandlungen zu übertragen und ihm zu über⸗ lassen, ob er, je nach dem Verlaufe der Debatte, die Ver⸗ trauensfrage stellen wolle oder nicht.

Eine Note der Agence Havas besagt, daß die marokka⸗ nische Staatsbank vorgestern einmuͤtig beschlossen habe, El Mokri den von ihm verlangten Vorschuß von 2 ½ Millionen Francs zu gewähren, der ausschließlich zur Bezahlung des Soldes fuͤr die marokkanischen Garnisonen in den Häfen bestimmt ist. Dieser Beschluß ist gefaßt worden mit Rücksicht auf die Interessen der Fremden, die unter etwaigen lokalen Unruhen leiden könnten, falls die scherifischen Truppen keine Soldzahlungen erhielten. Die Staatsbank sorgt für die europäischen Interessen in Marokko, die sie zu ver⸗ treten hat, und hält es für ihre Pflicht, jeder Gefahr vor⸗

111416A6“*“

Das Abschiedsgesuch des Generalgouverneurs von Finn⸗

land, Gerhard, ist, „W. T. B.“ zufolge, bewilligt und zu

seinem Nachfolger der Kommandeur des 22. Armeekorps, General der Kavallerie Bekmann, ernannt worden.

Italien. J Die Deputiertenkammer hat vorgestern nach kurzer Verhandlung, wie das „W. T. B.“ meldet, die Regierungs⸗ vorlage über die in Benadir zu treffenden Maßnahmen an⸗ genommen.

Spanien. 18 1““

Das Ministerium des Aeußern veröffentlicht eine Note, in der die Gründe dargelegt werden, die zu der Besetzung von Mar Chica Anlaß gegeben haben, nämlich:

Die Nichtachtung des Vertrages von 1894 durch den Machsen, die Notwendigkeit, die feindlichen Riff. Stämme zu verhindern, inner⸗ halb der Grenzen des spanischen Territoriums ihre Streitigkeiten zum Austrag zu bringen, und vor allem die Notwendigkeit, dem Schmuggel an der Küste ein Ende zu bereiten.

Die Note wiederholt, W. T. B.“ zufolge, daß die Maß⸗ nahme eine provisorische sei und daß die spanische Regierung sie rückgängig machen werde, sobald der Machsen seinen Ver⸗ pflichtungen nachkomme.

Der König hat gestern nach einer Unterredung mit dem Kriegsminister über die Vorgänge in Mar Chica beschlossen, eine halbe Brigade Jäger nach Marokko zu schicken.

Portugal. Das Kabinett ist vorgestern, „W. T. B.“ zufolge, zum ersten Male im Beisein des Königs zusammengetreten, um die laufenden Geschäfte zu erledigen. Vorher empfing der

König verschiedene Deputationen, die aus der Provinz in Lissabon eingetroffen waren.

Das Justizministerium beschäftigt sich mit der Revision aller in der Diktaturperiode erlassenen Verordnungen.

Die Partei der Nationalisten hat beschlossen, alle früheren Abmachungen mit anderen Parteien rückgängig zu und an dem Beruhigungswerke der Regierung mitzu⸗ arbeiten.

Wie das „W. T. B.“ ferner meldet, hat die Regierung die Entsendung von 300 Mann der Lissaboner Garnison zur Verstärkung der eingeborenen Truppen in Guinea beschlossen, um die Unterdrückung der dort ausgebrochenen Unruhen zu beschleunigen.

Ueber die Frage der Befestigung der Alands⸗ Inseln veröffentlicht ein Mitarbeiter des „Matin“ eine Unterredung mit einer der berufensten schwedischen Persön⸗ lichkeiten, die, nach einer Meldung des „W. T. B.“, u. a. folgendes erklärt habe:

Schweden könne die mit Beunruhigung ansehen.

Befestigung der Alands⸗Inseln nur Falls die beteiligten Mächte die schwedische Regierung bezüglich der Aufhebung der Klausel des Pariser Vertrages über die Befestigung befragen sollten, würde die schwedische Regierung entschieden gegen einen solchen Plan Einspruch erheben. Die Zustimmung Schwedens könne auch nicht durch Kompensationen, z. B. durch einen Integritäts⸗ vertrag, wie etwa den norwegischen erreicht werden. Schweden wolle keinen solchen Vertrag und habe bereits ein diesbezügliches Anerbieten, das ihm von England zur Zeit der Verhandlungen mit Norwegen gemacht worden sei, abgelehnt.

Amerika. „Der Präsident der Republik Uruguay hat gestern die neue Kammer mit einer Botschaft eröffnet, in der er, „W. T. B.“ zufolge, auf die friedliche politische und die be⸗

ökonomische Lage hinwies. Der Präsident schätzt

28 Sfe. im laufenden Finanzjahre auf 400 000 Pfd. Sterl.

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Das englische Expeditionskorps gegen die Zakkakhels hat, wie der General Willcocks, „W. T. B.“* zufolge, meldet, vorgestern nach raschem Vormarsch durch den Khaibarpaß, über den nur Maultierpfade führen, Walai einen Ort im Bazartale, erreicht, wo es zu einem Zusammenstoß mit den Zakkakhels gekommen ist. Diese waren durch das unerwartete Erscheinen der Engländer H so über⸗ rascht worden, daß sie es verabsäumt hatten, eine sehr starke Stellung oberhalb Walai, die jetzt in den Händen der Eng⸗ länder ist, zu besetzen. Auf englischer Seite ist ein Mann tot, einer schwer verwundet.

Afrika.

Nachdem die Pazifikation der Schaujastämme be⸗ 8 scheint, erwägt der General d'Amade, „W. T. B.“ zufolge, die Verteilung des Betrages der infolge der Nieder⸗ metzelung von Europäern beanspruchten de abtoenger auf die einzelnen Stämme.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen 103. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Dr. Nieber⸗ ding und der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke beiwohnten, wurde die Spezialberatung des Etats der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung fortgesetzt und die wiederholt vertagte Debatte beim ersten Ausgabetitel „Staatssekretärgehalt“ wieder aufgenommen.

„Abg. Wiedeberg (Zentr.): Die Tagegelder der Postboten be⸗ dürfen dringend einer Erhöhung; boffentlich wird der Staats sekretär ihre Forderung, die mir sehr berechtigt erscheint, bei der Be⸗ soldungsaufbesserungsvorlage berücksichtigen. Den Telegraphen⸗ arbeitern hat man endlich Arbeiterausschüsse zugewiesen, ein Fort⸗ schritt, den wir mit Freuden begrüßen. Ueber die Dauer der Arbeitszeit der Telegraphenarbeiter ist in dem betreffenden Erlaß direkt nichts gesagt; es läßt sich aber konstatieren, daß in letzter Zeit eine Verkürzung eingetreten ist. Auf diesem löblichen Wege muß aber fortgefahren und schließlich bis zur neunstündigen Arbeits⸗ zeit vorgedrungen werden. Was die Lohnverhältnisse be⸗ trifft, so bleiben auch da noch manche Wünsche der Tele⸗ graphenarbeiter unerfüllt, namentlich hinsichtlich der gleichen vobnzebelan Den gelernten Dachdeckern unter den Telegraphen⸗ arbeitern za

Lohn wie im Sommer, ein lobenswertes und sehr nachahmenswertes Beispiel. Die Telegraphenvorarbeiter klagen, daß sie bezüglich des Zehrgeldzuschlages hinter den gleichstehenden Arbeitern der Post⸗ verwaltung zurückstehen müssen. Es sollte so viel wie möglich dafür gesorgt werden, daß die Telegraphenarbeiter, die nur im Sommer Beschäftigung haben, auch den Winter hindurch beschäftigt werden.

Mit einer Herabsetzung des Lohnes für den Winter würden sie sich

einverstanden erklären. Eine weitere Klage richtet sich dagegen, daß die Telegraphenarbeiter bei ihrer festen Anstellung ein geringeres Gehalt bekommen, als sie vorher als Arbeiter bezogen haben. Die Anstellung der Vorarbeiter sollte an erleichterte Bedingungen ge⸗ knüpft werden. Für die Wahl der Arbeiterausschüsse ist das gebeime Verfahren vorgeschrieben. Da der Abg. Beck diese Bestimmung ge⸗ lobt hat, möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß er in vches⸗ Sinne auch auf seine Kollegen im Preußischen bgeordnetenhaus einwirkt und diese für die geheime Wahl gewinnt, die sie für die Bergarbeiter bekanntlich nicht zuge⸗ lassen haben. Die Auflösungsbefugnis der Behörde ist ja nicht ohne Bedenken, doch wollen wir die Entwicklung abwarten; hoffentlich wird auch dem Reichstage seinerzeit ein Bericht über die mit den Arbeiterausschofsen gemachten Erfahrungen zugeben, wie wir auch im allgemeinen eine etwas detaillierte Statistik über die Verhältnisse der Telegraphenarbeiter und Handwerker wünschen. Das am Sonnabend geäußerte Verlangen nach der deutschen Ein⸗ heitsmarke ist u. a. damit begründet worden, daß sich die Marken⸗ herstellung dann billiger stellen würde. Diese Verbilligung würde doch nur einen verschwindenden Betrag ausmachen. Meine bayerischen Parteifreunde sehen die Frage als eine politische an, und wir geben ihnen darin recht, daß sie an ihrer postalischen Selb⸗ ständigkeit festhalten. Der Vergleich, den der Abg. von Treuenfels zwischen den Fällen Schellenberg und Grandinger gezogen hat, hinkt sehr stark. Schellenberg war kein Postbeamter und hat mit seiner Wahl nicht gegen eine Dienstpflicht verstoßen. Grandinger ist ein im Dienste der katholischen Kirche stehender Geistlicher. Er hat auch für die religiöse Erziehung der Kinder zu sorgen und trägt dafür eine große Verantwortung; er verstößt mit seinem Verhalten gegen seine Dienstpflicht. Ich würde es mir als Gewerk⸗ schaftsvorsitzender auch sehr verbitten, wenn ein mir unterstellter Gewerkschaftsbeamter sich unterstehen wollte, gegen ordnungs⸗ mäßig gefaßte Beschlüsse der Gewerkschaft vorzugehen. So liegen die Dinge. Andererseits haiben auch die Konservativen

lt die Oberpostdirektion Cöln jetzt im Winter denselben

bemokraten gegen Virchow aufgefordert; Schellenberg auch nicht geklan. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (32. Stzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Ange⸗ segenheiten Dr. Holle beiwohnte, gelangte zunächst der

etwas anderes hat Dr.

Antrag der Abgg. Schiffer (nl.), Fischbeck (fr. Volksp.)

und Genossen zur Beratung, „die Königliche Staatsregierung um eine eingehende Auskunft zu

ersuchen- 8 1) über die Ergebnisse der letzten vom Herrn Handelsminister angestellten Untersuchung über die Vorbildung der Fort⸗

bildungsschüler, 2) über die Stellung des Herrn Unterrichtsministers zu diesen

Ergebnissen,

3) über die Maßnahmen zur Behebung der in diesen Er⸗ gebni zu Tage getretenen Mängel des Volksschul⸗ unterrichts“.

Abg. Schiffer (.I.): Der Antrag ist in der Hauptsache die Wiederaufnahme einer Aktion, die wir schon im beshes Jahre be⸗ gonnen haben. Wir verlangten damals von der Regierung eine Denkschrift über die Materie. Der Antrag wurde unvermutet schnell, ohne daß eine eingehendere Behandlung möglich gewesen wäre, einer Kommission überwiesen; um heute einen solchen Vorgang nicht abermals zu erleben, 52 ich schon jetzt die Verweisung unseres Antrags an eine Kommission, bitte aber, über diese Frage der weiteren geschäftlichen Behandlung erst nach Schluß der materiellen Diekussion abstimmen zu lassen. Im vorigen Jahre ist der Antrag ohne jede Förmlichkeit in der Kommission begraben worden, „und Roß und Reiter sah man niemals wieder“. Was hisher, etwa vor einem Jahre, amtlich über die Ergebnisse jener Enquete verlautete, scheint immerhin an dem vorhandenen Material an Fartltangshlen eine Kritik allerschärfster Art darzustellen; die Bearbeitung des Materials ist inzwischen jedenfalls beendet worden, und wir haben das größte Interesse daran, die definitiven Ergebnisse kennen zu lernen; ganz besonders wird es uns darauf an⸗ kommen, die Stellung des Kultusministers dazu zu erfahren. Es be⸗ steht anscheinend zwischen den beiden Ministerien des Handels und des Kultus in dieser Frah⸗ insofern eine gewisse Spannung, als sie bei der Bearbeitung dieser Angelegenheit nicht Hand in Hand gearbeitet haben, als bei der ersten Enquete das Kultus⸗ ministerium vielleicht ganz übergangen worden ist. Eigentlich sollte doch das Fortbildungsschulwesen dem Kultusressort unterstellt sein, da es sich nicht um Ausbildung für gesonderte Berufszweige, sondern um die Erweiterung der allgemeinen Volksbildung handelt. Der Kultusminister wird nun vielleicht Bedenken gegen das Resultat der Untersuchungen haben, da es sich bloß um Stichproben handelt; in der Tat aber besteht namentlich in gewerblichen Kreisen ein ge⸗ wisser Verdacht, daß im Volksschulunterricht nicht alles so ist, wie es sein sollte; insbesondere stellen sich Mängel der Vorbildung bei den kaufmännischen Lehrlingen heraus. Es möchte also doch zu fragen sein, ob es nicht an n ist, die seit mehr als 30 Jahren be⸗ stehenden „Allgemeinen Bestimmungen“, die als veraltet erscheinen, zu modernisieren. Der Geographieunterricht ist ganz besonders unzulänglich. Es muß geprüft werden, ob nicht dem vorherrschenden Verbalismus energisch zu Leibe gegangen werden müßte. Dabei werden aber die äußeren Momente nicht übergangen werden dürfen, wie sie sich in der Ueberfüllung der Klassen, in den weiten Schulwegen und in anderem ausprägen. Gewisse Paradeleistungen einzelner Schulen geben kein zutreffendes Bild von dem Zustand der Gesamtheit. Es handelt sich hier um ein sehr schwieriges, aber auch sehr bedeutsames Problem; denn wir als Volk der Denker haben die Pflicht und stehen vor der ernsten, bitteren Notwendigkeit unausgesetzten Fortschritts. Ich schließe mit dem Wunsche, F. die Untersuchung dieses Problems un⸗ beschadet ihrer Gründlichkeit so rasch fortschreiten möge, daß wir noch in dieser Tagung zu einem Beschlusse kommen.

Hierauf nimmt der Minister der e Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten Dr. Holle das Wort. An der Debatte beteiligten sich bis zum Schluß des Blattes noch die Abgg. von Ditfurth (kons.) und Kesternich (Zentr.).

Nr. 8 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, heraus.⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 15. d. M., has folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 14 Februar 1908, betr. den Eisenbahntöchterhort; vom 14. Fe⸗ bruar 1908, betr. Unfallverhütungsvorschriften; vom 14. Februar 1908, betr. Aenderung des Namens des Brandversicherungsvereins Deutscher Eisenbahnbediensteten. Nachrichten. .

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Kraftdroschkenführer Berlins und der Umgegend hielten, nach der „Voss. Ztg.“, eine Versammlung ab, um zu der ge⸗ planten gesetzlichen Regelung des Automobilverkehrs Stellung zu nehmen. Es wurde beschlossen, den gesetzgebenden Körperschaften folgende Forderungen unter eingehender Begründung zu unterbreiten: Er⸗ richtung von Fahr⸗ und Fachschulen durch Staat und Kommune mit paritätischer Leitung und Verwaltung; Verbot sämtlicher Privat⸗ Chauffeurschulen; Anstellung von Fachleuten zur Ueberwachung des Verkehrs, speziell des Automobilverkehrs unter besonderer Berück⸗ sichtigung von Ingenieuren und erprobten Kraftwagenführern; Fest⸗ setzung der Höchstgeschwindigkeit in verkehrsreichen Eegenden auf 20 km die Stunde; Anbringung eines Geschwindigkeitsmessers, der es ermöglicht, daß die jeden Tag zurückgelegten Fahrten noch nach längerer Zeit nachgewiesen werden können; Einführung der täglichen acht⸗ stündigen Normalarbeitszeit und völlige Beseitigung des Prämien⸗ und Prozentlohnsystems.

Die ausständigen Gasarbeiter Mailands (vgl. Nr. 40 d. Bl.) nahmen, wie die „Voss. Ztg.“ erfährt, in der Nacht zum Sonnabend die Arbeit wieder auf, behielten sich aber eine neuerliche Streikerklärung vor, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. .

In der Amsterdamer Diamantindustrie sind, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, zur Zeit 4500 von den 8000 Arbeitern arbeitslos. Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Löhne und der Preise für geschliffene Diamanten, die jetzt durch die Arbeitslosigkeit 8 werden, wird zwischen dem Juweliersverein und dem

iamantarbeiterbund über die etwaige 1he Arbeitseinstellung in der Brillantbranche verhandelt, welche drei Viertel der Diamant⸗ industrie umfaßt. Obwohl noch kein Beschluß gefaßt worden ist, scheint eine grundsätzliche Einigung wahrscheinlich.

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe zu Berlin sprach am verflossenen Mittwoch der Professor Dr. Richard Graul, Direktor des Kunstgewerbemuseums zu Leipzig, über alte und neue Por⸗ jellanplastik. Eine reiche Ausstellung von figürlichen Porzellanen, auf Einladung des Vorstandes veranstaltet von den Königlichen Ma⸗ nufakturen zu Berlin, Meißen, Nymphenburg und Kopenhagen sowie von der Firma Bing u. Groͤndahl (durch E. Kayser), begleitete die Ausführungen des Vortragenden, die im wesentlichen im folgenden gipfelten: Die Porzellanplastik des achtzehnten Jahrhunderts ist ein Glanzpunkt der deutschen Kunst, der gleichwertig neben andere ähn⸗ liche, zum Beispiel die italienische Bronzekunst der Renaissance, tritt. Im Gegensatze zu ihrem Vorbilde, dem ostastatischen Porzellan, das wesentlich sich nur dekorativ bewegt, pflegen schon die ersten im Porzellan

(anmal im zweiten Berliner Wahlkreise zur Wahl des Sozial⸗

tätigen deutschen Künmstler die figürliche Plastik. So ganz besonders Kändler in Meißen und seine Nachfolger. Es erscheint auch kaum ein anderes Material so geeignet wie das Porzellan, dem kapriziösen, feinen Sinne des ausgehenden WBarocks und des Rokokos zu folgen. Damit ist das für uns zuge sch ein wertvolles Dokument für die Geschichte der racht, der Sitte und derr Lebensführung im achtzehnten Jahrhundert ge⸗ worden. Bis in die Deutte des achtzehnten Jahrhunderts hinein behält Meißen unbestritten die F ührung in der figürlichen Porzellanplastikund alle die anderen, nach ihmm gegründeten Porzellanfabriken, wie zum Bei⸗ spiel Wien, Höchst, Frankenthal, Ludwigsburg, Nymphenburg ver⸗ mögen ihm nicht ganz den Rang abzulaufen, so Vortreffliches sie auch leisten und so geschickt sie auch einzelne Gebiete besonders pflegen. Dagegen übPbt Seoͤvres mit seinen Biskuitporzellanen großen Einfluß auf Deutschland in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts aus, und der etwas feminine Charakter der figürlichen Porze lane dieser französischen Staatsmanufaktur trägt auch in die dem üschen Porzellanfiguren etwas Süßliches hinein. Mit der Herrschaft des Klassizismus im Beginn des neunzehnten Jahrhunderts geht die Porzellanplastik zurück, und nur einzelne Manufakturen, wie zum Beispiel Berlin mit seinen Biskuit⸗ statuetten leisten selbst in jener Zeit noch künstlerisch Beachtens⸗ wertes. Im allgemernnen aber sinkt das künstlerische Niveau der figürlichen Porzellane ;3 die zahlreich aufkommenden kleineren Fabriken Thüringens und in Franken richten ihr Hauptaugenmerk auf den Handelswert ihrer figürlichen Erzeugnisse und nicht auf deren künstlerischen. Auch Die führenden Staatsmanufakturen gelangten allmählich beinahe in das gleiche Fahrwasser. Mit dem Wieder⸗ aufleben der historischern Stile in den siebziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts kehrte marz allerdings zu-dem alten Barock und den Rokoko⸗ figuren und deren Richtꝛzurnag energisch zurück, aber es wollte im allgemeinen zu künstlerisch bemerkenswerten Fortschritten nicht kommen. Diese wurden vielmehr erst durch den japanischen Einfluß ausgelöst, der sich in den achtzi ger Jahren einstellte und der zu Beginn der neunziger Jahre die zu Kopenhagen zu ihren bekannten figürlichen rzeugnissen führte. Kopen⸗ hagen nahm sich die TDierwelt seiner Umgebung und das schlichte Familienleben des Tages zum Vorbilde. Und indem es seine plastischen Gebilde nicht, wie das achtzehnte Jahrhundert, mit Muffel⸗ farben (also über der SGlasur), sondern mit Scharffeuerfarben (also unter der Glasur) tömnte, führte es einen ganz neuen Stil des figür⸗ lichen Porzellans herbei. Diesen Anregungen folgten 1 u. Gröndahl in Kopenhagen sehr Dald, während die großen deutschen Staats⸗ manufakturen wie MeiSen, Berlin und Nymphenburg sich mit Recht zunächst etwas zurückhielten und erst, nachdem die Bewegung sich ab⸗ geklärt hatte, ihr folgtern und unter der Führung hervorragender Künstler neue Bahnen von dieser Grundlage aus beschritten. Sowohl Meißen als Berlin hatten in ihrer Ausstellung neben derartigen neueren Erzeugnissen auch noch neue Ausformungen alter Modelle aus⸗ gestellt, die auch ganz kan alten Sinne bemalt waren, sodaß die Zu⸗ hörerschaft, die den Saal bis auf den letzten Platz füllte, Gelegenheit hatte, an vortrefflichern Stücken die Richtung der alten Porzellan⸗ plastik mit der neuexen zu vergleichen. Für diese neuere Porzellan⸗ plastik lieferten dann die Ausstellungen von Nymphenburg, Kopen⸗ hagen und Bing und Sroöndahl noch weiteres Vergleichsmaterial in Fülle. Sehr erfreulich war, daß all den vielen Ausstellungsstücken der Name des entwerfenden Künstlers beigefügt war, sodaß auch dadurch den Besucherm: Gelegenheit zur Bereicherung ihrer Kenntnisse gegeben wurde.

Das Königliche Institut für Meereskunde, Georgen⸗ straße 34 36, veranstaltet in der kommenden Woche, Abends 8 Uhr, folgende öffentliche, Herren und Damen zugängliche Vorträge: Am Dienstag spricht der Professor Gottsche⸗Hamburg über „Die Geschichte der Elbemündung“; am Freitag Dr. Roloff⸗Berlin über „Die französische Foolbonialpolitik vor der Revolution und in der modernen Küee-e. Ein Taßkarten sind von 12 bis 2 Uhr Mittags und an den Vortragsaben den selbst von 6 Uhr ab zum Preise von 25 in der Geschäftssftelle des Instituts zu haben. Der für Donnerstag angesetzte Wortrag des Regierungsrats Zoepfl⸗Berlin über „Südamerika im eltwerkehr“ findet wegen Behinderung des Vor⸗ tragenden in diesem Wünter nicht statt.

Die russische Manm mutexpedition, die den an der Mündung des Janaflusses in Siirien entdeckten Mammutkadaver bergen soll, tritt, nachdem das russ sche Finanzministerium die erforderlichen Mittel bewilligt hat, dieser Dage ihre Reise an. Sie besteht, wie die „St. Petersb. Ztg.“ zmitteilt, aus dem Geologen K. A. Wolosso⸗ witsch und dem Zoglggen E. W. Pfizenmayer. Jener, der das Janadelta schon als Teilnehmer an der Polarfahrt Baron Tolls bereist hat, ist mit der Untersuchung des Fundorts und seiner Umgebung sowie der Lagerungsverhältnisse des Mammuts betrant. E. W. Pfizernranagyer übernimmt die zoologische Untersuchung, insbesondere der inge weide des Mammuts, die, nach den Tele⸗ grammen aus Jakuts k, vollkommen erhalten sein sollen. Er war bereits Mitglied der letzten erfolgreichen Mammut⸗ expedition an die Frglyma, deren Ergebnisse: das vollständige Skelett, die ausgestomofte Haut und zahlreiche Weichteile eines jungen Mammutbullemns, jetzt die größte Sehenswürdigkeit des Zoologischen Museum S der russischen Akademie bilden. Die Reise der Expeditinnn geht, nach Verlassen der Sibirischen Bahn bei Irkutsk, über Jakutsk und Werchojansk nach Ustjansk, von wo der Fundort etma 300 Werst entfernt liegt. Die größere 3000 Werst betragernrde Strecke Irkutsk— Jakutsk wird mit Pferdeschlitten, die 2800 Werst lange Strecke von Jakutsk über Ustiansk zum Fundort mit Renntierschlitten zurückgelegt werden. Diese gewaltige Schlittenfahrt von 5800 Werst hofft die Expedition in etwa 2 onaten zu erledigen, wobei ihr im Interesse einer möglichsten Beschleumigung die weitgehendste Unterstützung der örtlichen Behörden gem⸗KZhrt werden wird. Nach Untersuchung, Aus⸗ grabung und Bergung des Mammuts beabsichtigt die Expedition den Transport während des Monats Mai noch auf Schlitten durch die nordische Moostundra mach dem 1000 Werst entfernten Bulun an der Lena zu bewerkstelligen, von wo aus dann im Sommer auf dem Wasserwege Irkuts k und die Bahn ohne Schwierigkeit erreicht werden kann.

Theater und Musik.

u Neues Schauspielhausbs. 8

Eine liebenswürdige und durchaus nicht schaurige Gespenster⸗ geschichte liegt dem Ph Anntastischen Lustspiel „Die Dame mit den ilien“ von Rudol f resber zu Grunde, das am Sonnabend

im Schauspielhause arnr ollendorfplatz den Beifall einer zahlreichen uhörerschaft fand. Diree bekannte Ueberlieferung von der Weißen

die zu mitternächtlicher Stunde in manchem alten

S umgeht, wüürd hier in Beziehung zu einer zarten Liebesepisode gebracht, die sich am Hofe irgend eines Duodez⸗ fürsten um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts abspielt. Etwas von dem anmutigen Get Endel der Rokokozeit lebt in Presbers zierlich wie auf Stöckelschuhen einherschreitenden Versen wieder auf. Manches nachdenkliche und kluge Wort aber und manche scharf geprägte tiefe und beherzigenswerte Sentemns erscheint in solcher Umrahmung nicht minder zeitgemäß; denn auch unter Zopf und Puder, und unter den Schnürleibchen und geblümten Seidenwesten dachten und empfanden Menschenhirme und »Herzen nicht anders als bheute. Die Spukgestalt der Weißen Frau steht im Mittelpunkt der Handlung. Sie hat sich just in dem Augenblick wieder gezeigt, da der alte Fürst im Begriff stand, seine Enkelin dem Prinzen Erwin zu verloben. Fürst und Hof sind darin einig, daß die Erscheinung eine Warnung sei, oam diesem Vorhaben abzustehen. Aber der rinz, der die Prinzessürn aufrichtig liebt, will nicht um eines Ge⸗

penstes und HirngesPirrstes willen weichen. Er will dem Spuk nachspüren, und läßt sich den Schlüssel zu dem verschlossenen Lieblings⸗

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gemach der verstorbenen Fürstin geben, wohin, wie der wachthabend Offizier versichert, das Gespenst seit einiger Zeit täglich um Mitter⸗ nacht sich begibt. In Gemeinschaft mit seinem Kammerdiener durch⸗ wacht er dort die Nacht. Hier ist er Zeuge eines seltsamen Schau⸗ spiels: der Geist der verstorbenen, ihrer Enkelin (seiner Braut) auf fallend gleichenden Fürstin betritt Punkt 12 Uhr das Gemach, bald darauf öffnet sich eine verborgene Tür in der Wand und ein anderer Jenseitsbewohner tritt ein, ein spanischer Marquis, zu dem die fromm und unnahbar geltende Fürstin zu Lebzeiten heimlich zarte Be ziehungen unterhielt. Sie plaudern und scherzen, tanzen zu den Weisen eines geisterhaften Orchesters ein zierliches Menuett, und die Fürsti weist dann auf ein Geheimfach hin, wo sie ihre Liebesbriefe verwahrte. Da schlägt's Eins, der Spuk verschwindet. Aber daß das, was er sah, kein Traumgesicht gewesen, wird dem Prinzen ohne weiteres klar, als er die Liebesbriefe der Verstorbenen an der bezeich neten Stelle findet. Der Besitz dieses dem alten Fürsten sehr pein⸗- lichen Geheimnisses sichert ihm die Hand der Prinzessin. Die Briefe aber, von denen nur er und der Fürst Kenntnis haben, werden aus Pietät für die Verstorbene verbrannt. Unter Halms Regie bot die Aufführung, die durch ein flotteres Spieltemp. und einige Kürzungen noch gewinnen dürfte, eine Reihe sehr reizvoller szenischer Bilder. Besonders gut war die mit humorvollem Gruseln eingeleitete Spukszene veranschaulicht, bei der ein von Bogumil Zepler vertontes (leider von Fräulein Goericke sehr schlecht gesungenes) Liedchen und das von demselben Komponisten stammende, zierliche enuett die Stimmung förderten. Ueber die Geister geschichte selbst kann man denken, wie man will, dem Dichter wir man die Kühnheit als Recht zugestehen müssen, ein Motiv, das in der Tragödie („Hamlet“, „Die Ahnfrau“ u. a) oft genug verwendet wurde, auch einmal zum Gegenstand eines Lustspiels zu machen. JI den Hauptrollen zeichneten sich Harry Walden als Prinz, Ernst Arndt in der Leporellorolle seines Kammerdieners, Adolf Klein als alter Fürst und Klara Goericke als Prinzessin aus. Lebhafter Beifall rief nach den Aktschlüssen mit den Darstellern auch den anwesenden Dichter mehrmals hervor. b Residenztheater. Das Residenztheater hat dem übermütigen dreiaktigen Schwank „Bibi“, der am Freitag seine 25. Wiederholung erlebte, einen Ein⸗ akter: „Der selige Octave“ von Mirande und Géroule (deutsch von Hans Hansen) hinzugefügt, der den kurzweiligen Abend noch um ein lustiges Stücklein verlängert. Es handelt sich um den nicht sehr geschmackvollen Scherz, daß einer sich tot stellt, um die Ge spräche der ihn Umgebenden zu belauschen. Die diskrete Darstellung Richard Alexanders half aber über alle Bedenken leicht hinweg und erweckte fröhliche Heiterkeit. Zu erwähnen ist noch, daß in „Bibi“ Fräulein Gregowicz die früher von Fräulein Dewal gespielte Rolle der jungen Frau übernommen hat und am Freitag mit Anmut und Schelmerei durchführte. Im übrigen war die Besetzung die gleiche wie bei de Erstaufführung und der Erfolg nicht minder stark.

Im Königlichen Opernhause findet morgen abend eine Aufführung von Richard Wagners „Walküre“ statt. In den Haupt⸗ rollen sind die Damen Plaichinger, Hiedler, Götze sowie die Herren Kraus, Bachmann und Knüpfer beschäftigt. Dirigent ist der Kapell meister von Strauß. b

Im Königlichen Schaufpielhause wird morgen Ernst von Wildenbruchs Schauspiel „Die Rabensteinerin“, mit Fräulei Wachner in der Titelrolle, aufgeführt. In den anderen Hauptrollen sind die Herren Matkowsky, Kraußneck, Staegemann, Patry, Pohl und die Damen von Arnauld und Butze beschäftigt. 8

Oskar Straus' „Walzertraum“ bleibt auch fernerhin auf dem Spielplan des Theaters des Westens. Nächsten Sonntag wir Nachmittags „Die lustige Witwe“, mit Marie Ottmann in der Tite rolle, wiederholt. 1 8

Im Neuen Theater wird auch in dieser Woche alltäglich das Bernsteinsche Schauspiel „Simson“, mit Ferdinand Bonn in der Hauptrolle, aufgeführt.

Im Lustspielhause bleibt auch in dieser Woche „Panne von Richard Skowronnek, das in Kürze zum 50. Male wiederholt wird, allabendlich in der Besetzung der Erstaufführung auf dem Spiel * Nächsten Sonntag wird Nachmittags „Ein toller Einfall“ ge⸗ geben. 8.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Schauspielhauf wird das Schauspiel „Meister Joseph“ von Eberhard König am heutigen Montag, am Donnerstag, Freitag und Sonnabend aufge⸗ führt. Morgen (7 ½ Uhr) wird „Kriemhilds Rache“ („Die Nibelungen“ 3. Teil) und am Mittwoch „Der gehörnte Siegfried“ und „Sieg⸗ frieds Tod“ (1. und 2. Teil) aufgeführt. Am Sonntag, den 23. d. M. geht Oskar Blumenthals und Gustav Kadelburgs dreiaktiges Lustspie „Der blinde Passagier“ in Szene. Für nächsten Sonntag ist Nach⸗ mittags Lessings „Nathan der Weise“ angesetzt.

Im Thaliatheater bleibt die Posse „Immer oben auf!“, mi Alexander Girardi in der Rolle des Wiener Hausverwalters, auch fernerhin auf dem Spielplan.

Friedrich Kayßler hat von der Direktion des Deutschen Theaters einen Urlaub erhalten, um in der nächsten Neuheit des Hebbeltheaters, Julius Babs tragischer Komödie „Der Andere“, eine Hauptrolle zu spielen, desgleichen Frau Fehdmer von der Direktion 8 des Neuen Schauspielhauses.

Die Rezitatorin Gertrud von Theatersaal der Königlichen ochschule für Musik morgen einen Vortragsabend, der unter dem Titel „Aus dem Leben des Kindes“ nur Dichtungen bringen wird, die dem Dasein der Kleinen abgelauscht sind. Das Programm enthält u. a., mit Bewilligung Gerhard Hauptmanns, Bruchstücke aus „Hanneles Himmel fahrt“; ferner Prosa von Gustav Frenssen, Gustav af Geyerstam und Franziska Mann. Die Verskunst wird vertreten durch A. von Chamisso, Carmen Sylva, Rudolf Presber, Reuter, Willibald Gunther und Albert Sergel. .

da en⸗Vethacke gibt

Die Aufnahmeprüfung für die Marie Seebach⸗Schule des Königlichen Schauspielhauses zu Berlin findet Montag, den 9. März 1908, Vormittags 11 Uhr, im Königlichen Schauspielhause statt. Die Marie Seebach⸗Schule gewährt hervor⸗ ragend begabten Herren und Damen im Alter von 16 bis 21 Jahren unentgeltliche Ausbildung für den Schauspielberuf. Anmeldungen sind sofort an das Direktorium der Marie Seebach⸗Schule des König⸗ lichen Schauspielhauses zu Berlin NW. 7, Dorotheenstr. 2, zu richten.

Die Konzertdirektion Hermann Wolff kündigt für diese Woche folgende Konzerte usw. an: Dienstag: Saal Bechstein: Konzert von Elsa Launhardt⸗Arnoldi (Gesang) und Ernst Hoffzimmer Klavier); Beethovensaal: Liederabend von Thea Huldenfeldt, am Klavier:

ritz Lindemann; Singakademie: V. Abonnementskonzert des Waldemar

eyer. Quartetts, Mitwirkende: Klara Erler, Ernst Breest, Willy Lang, Willibald Wagner und Heinz Beyer; Klindworth⸗Scharwenka⸗ Saal: Konzert von Erna Klein (Klavier), Mitwirkung: Elsa Ruegger (Violoncello); Theatersaal der Kgl. Hochschule für Musik: „Dichtungen aus dem Leben des Kindes“, vorgetragen von WGertrud von Hagen⸗Vethacke; Philharmonie: populäres Konzert des Philharmonischen Orchesters Dr. Ernst Kun⸗ wald. Mittwoch: al Bechstein: I. Kammermusik. abend des Zimmer⸗Streichquartetts aus Brüssel (Albert Zimmer, Georges Ryken, Louis Baroven und Emile Doehaerd); Beethoden⸗ saal: III. Liederabend von Franz Naval, Kaiserlicher und Königlicher Kammersänger, am Klavier: Otto Bake; Blüthnersaal: Loewe⸗Abend von Otto Süße, am Klavier: Bruno Hinze⸗Reinhold; Philharmogie: populäres Konzert des Philharmonischen Orchesters, irigent: Di. Ernst Kunwald. Donnerstag: Saal Bechstein: Klapierabend von Blanche Selva; Beethovensaal: Konzert von Aldo Antonietti (Violine) und Mary Gray (Gesang), am Klavier: Coenraad VB. Bos;

Singakademie: Klavierabend von Oskar Springfeld, Mitwirkung“