1908 / 46 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

. Ich will nicht den Vorwurf erheben, daß die Richter und die Polizei aus Absicht, Bosheit oder Feindseligkeit die niederen Volksschichten anders behandeln, aber es wird doch in der Gesetzgebung noch heute zwischen Menschen erster und zweiter Klasse unterschieden. Man denke nur an die Wahlrechte kleiner Bundesstaaten, bei denen die Arbeiter als vngs ee betrachtet werden. Die Polenvorlage ist auch nicht geeignet, die Auffassung von einer bestehenden Rechtsgleichheit zu stützen. Es scheint manchmal, als ob die Minister lediglich ausführende Organe sind. Aus diesem Gesichtswinkel heraus betrachte ich auch den Erlaß des preußischen Mimtkters des Innern über den Aufenthaltszwang ländlicher Arbeiter. Dieser ist eine große Belästigung auch für die Landwirte, die keine Arbeiter haben erhalten können. Der Erlaß kann aber auch für die industriellen Arbeiter Konsequenzen haben. Wenn der Bund der Landwirte gegen die Landarbeiter vorgeht und ihnen Arbeits⸗ bedingungen diktiert, so ist alles in Ordnung, wenn aber die Land⸗ arbeiter sich gegen solches Vorgehen wehren, werden sie mit Gefängnis is zu einem Jahr bestraft. Das ist doch keine Rechtsgleichheit, das sind barbarische Bestimmungen. Aber auch die gewerblichen Arbeiter sind durch die Gesetzgebung vielfach schlechter gestellt als die Arbeit⸗ geber. In Breslau ist ein Arbeiter zu 3 Monaten Gefängnis ver⸗ urteilt, lediglich, weil er zu einem anderen sagte: „Wir werden uns in der Versammlung noch mit Ihnen beschäftigen.“ Auch bei der Staatsanwaltschaft herrschen außerordentlich verschiedene ungen. (Der Redner führt verschiedene Einzelfälle an.) Bei einem Streik in Bielefeld wurde sogar § 361 Strafgesetzbuch, betreffend die Unterhaltungspflicht gegenüber der Familie, herangezogen und ein Arbeiter auf Grund desselben zu 3 Wochen Haft verurteilt. Solche Fälle sind es, die den Glauben an eine Klassenjustiz aufkommen lassen und nähren. Mit solchen Richtersprüchen wird das Koalitions⸗ recht der Arbeiter in seinen Grundfesten erschüttert. Nun ist eine Vorlage zur Sicherung des Koalitionsrechts seinerzeit in Aussicht ge⸗ tellt worden; ich möchte um Auskunft ersuchen, ob und wann eine solche Vorlage an den Reichstag kommen wird. Das Recht der Tarif⸗ verträge muß festgelegt werden, wie es unsere Resolution und eine Resolution der Nationalliberalen fordert. Eine Illustration für die Notwendigkeit solcher Rechtsnormen ist die Auslegung, die der im Buchdruckgewerbe geschlossene Tarifvertrag gefunden hat. Obwohl § 4 dieses Vertrages, der den Unternehmerm zur Pflicht machte, nur im Verband deutscher Buchdrucker organisierte Gehilfen zu beschäftigen, aufgehoben worden ist, wird nach wie vor diese Beseitigung des § 4 gerade von großen Berliner Firmen, auch von solchen, die auch Reichstagsdrucksachen herstellen, ignoriert, die Firmen Sittenfeld, die Druckerei der „Norddeutschen Allgemeinen eitung“ stellen nur Verbandsmitglieder ein und weisen anderweitig organisierte Buchdrucker, so die Mitglieder des Gutenbergbundes zurück. Das geschieht entgegen ausdrücklicher Uebereinkunft. Solchen Vorkommnissen müßte ein Riegel vorgeschoben werden; wir wollen Koalitionsfreiheit, nicht Koalitionszwang!

Vizepräsident Dr. Paasche ruft nachträglich den Abg. Frank wegen des gegen den Abg. von Maltzan gebrauchten Ausdrucks schnoddrige Bemerkung zur Ordnung.

Von dem Abg. Ki vcz (Zent.) wird beantragt, unter Ablehnung des Antrags Bassermann den Reichskanzler zu ersuchen, mit tunlichster Beschleunigung eine Reform der Vorschriften über das Strafrecht, das Strafverfahren und den Strafvollzug in Beziehung auf jugendliche Personen in die Wege zu leiten.

cn- Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.): Der Abg. Basser⸗ mann sprach gestern von der Resolutionenflut, die allmählich Mode geworden sei. Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß es sehr gut wäre, wenn zwischen den Parteien eine Vereinbarung ge⸗ troffen würde, um diese Resolutionenflut für die Heaptt etwas einzudämmen Wir haben von Anfang an keinen Antrag gestellt, aber was soll man tun, wenn der Wettlauf einmal beginnt; da müssen auch die anderen diligentiam prästieren, den Wettlauf mit⸗ machen, und dann geht die Sache uferlos weiter. Wenn ich nun zu den einzelnen⸗Resolutionen Stellung nehmen darf, so muß ich ge⸗ stehen, daß die gestrige Erklärung des Staatssekretärs über die Resolution Albrecht und Genossen, betreffend die Gewährung von Diäten an Schöffen und Geschworene, mich nicht befriedigt hat. Er hat doch selbst zugestanden, daß die Sache reif wäre zu einer legis⸗ latorischen Ich bin auch kein so großer Optimist wie er, zu glauben, daß die Strafprozeßreform, auf die er in diesem Zusammenhang hinwies, so einfach und leicht wäre. Es wird hier wesentlich auf den Inhalt ankommen. Der Deutsche Reichstag und auch die Einzelstaaten haben schon seit langer Zeit diesen Wunsch ausgesprochen, und ich möchte bitten, doß endlich die Sache reichs⸗ Psezch geregelt wird. Was die Resolution, betreffend den

chutz der elektrischen Anlagen, anbetrifft, so sind bereits früher Klagen von der Elektrizitätsindustrie über das bestehende Gesetz laut geworden. Dieses Gesetz ist nach unserer Ueberzeugun unzureichend. Wir haben bereits 1900 darauf hingewiesen, 8 es das einzig Richtige wäre, wenn der Diebstahlsparagraph einfa auf diese Materie ausgedehnt werden würde. Jetzt ergibt sich, daß eine ganze Reihe von flagranten Diebstählen von elektrischer Kraft ungestraft vorkommen konnte. Was die Resolution über die Tarifverträge betrifft, so stehen wir diesen Friedens⸗ organisationen, wie man sie bezeichnet hat, auch sympathisch gegenüber. Es mag zwar unter Umständen zweifelhaft sein, ob die Sache zur Regelung bereits reif ist, ob die Schematisierung dieser Verträge bereits jetzt möglich ist, aber wir sind gern bereit, uns an der Lösung dieser überaus wichtigen sozialen Frage zu beteiligen, und wie werden beide Resolutionen auch unsererseits annehmen. Der Antrag der Sozialdemokratie bezüglich der Beseitigung des Zeugniszwanges ist eine alte liberale Forderung. Auch wir sind der Ueberzeugung, daß der Erlaß des Reichskanzlers zwar gut gemeint war, aber sehr wenig praktischen Wert hatte. Im Interesse weitester Kreise und vor allen Dingen der deutschen Presse muß mit dieser Bestimmung reiner Tisch gemacht werden. as die Zeugnisverweigerung der Abgeordneten betrifft, so hat der Abg. Gröber dafür plädiert, daß sie separat behandelt werde bei der Beratung des Etats des Reschstages. Wir würden aber dann die Sache dreimal intensiv behandeln müssen. Wir haben es bereits im vorigen Jahre getan beim Etat, werden es bei der Strafprozeßordnung tun, und nun foll es auch noch zum dritten Male geschehen. Ueber diese Frage ist sich die große Mehrheit des Reichstags in der Hauptsache boletändsg. einig. Wir bitten unseren Antrag anzunehmen, der uns besser erscheint als der sozialdemokratische. Es liegt kein politisches Bedürfnis vor, die Immunität auch auf die Vertretung kommunaler Körperschaften auszudehnen. Dem Abg. Varenhorst gegenüber stehen wir auf dem Standpunkt, daß ein Parlament, das nicht einmal Herr im eigenen Hause ist, von vornherein ein schwächliches Parlament ist und der nötigen Autorität entbehrt. Wir haben wahrhaftig allen Grund, diese Autorität des Reichstags, Ruhe und zu Aüßen, und auch der Präsident muß die Möglichkeit aben, das Recht des Reichstags gegen die Polizei unter allen Umständen zu wahren. as den Antrag der Sozialdemokratie auf Einführung weiterer Sondergerichte anlangt, so frage ich, wo sollen wir denn bleiben, wenn immer wieder neue Spezialgerichte kommen? Das muß schließlich mit einem großen moralischen Kater auf allen Seiten enden. Was wird nicht alles verlangt an Sondergerichten. Kaufmannsgerichte haben wir schon, nun werden auch noch Sondergerichte verlangt für Bureaugehilfen, ländliche Arbeitergerichte, Gesindegerichte, Patentgerichte, Frauengerichte, egeshertce. und zwar für literarische, musikalische, photographische, künstlerische Angelegenheiten. (Zuruf: Jugendgerichte!) awohl, alle möglichen Sondergerichte. Diese Zersprengung unseres ganzen Rechtswesens im Sinne uagserer alten Patrimontalgerichte machen wir nicht mit. Man klagt über die Weltfremdheit der deutschen Richter. Je breiter die Basis der Tätigkeit der deutschen Richter ist, desto größer wird ihr Wissen und ihre Tätigkeit sein, schränkt man aber fortgesetzt ihre Tätigkeit ein, so werden jene Klagen nicht verstummen. Ländliche Gerichte wären bei der Rechtlosigkeit der ländlichen Arbeiter geradezu ein Wahnsinn.

lichen Arbeiter zu Schöffen und Geschworenen machen und für ihre een Gleichstellung sorgen. Erst dann könnte man eventuell jenem Gedanken näher treten. Der Antrag des Zentrums wegen der Selbstbeköstigung und angemessenen Beschäftigung der Ge⸗ fangenen ist ebenfalls eine alte liberale Forderung. Das Buch des Architekten Feuth zeigt, welche geradezu russischen Zustände bei uns noch zum Teil in den Gefängnissen bestehen. Man hat diesen Mann geradezu gequält. Aber noch viel schlimmer ist die Behandlung der Frau. Diese völlig unschuldige arme Frau ist gleich einer ver⸗ verbrecherischen vorbestraften Dirne behandelt worden; und da muß jedem rechtlich denkenden Menschen geradezu Schamröte und Zornesröte ins Gesicht steigen. Selbst die Post hat die Wahrheit der Behauptungen des Verfassers bestätigt. Solche Fälle wirken eradezu aufreizend; sie sind das beste Agitationsmittel für die

ozialdemokratie. Man merkt es dem ganzen Buch an, daß dieser vielgeprüfte Mann der Sozialdemokratie bereits verfallen ist. Die Resolution Heinze wegen einheitlicher Regelung des Straf⸗ vollzuges spricht ebenfalls eine alte liberale Forderung aus. Die Sache kostet natürlich viel Geld, aber sie ist ein wahres Kulturwerk, namentlich zum Besten der Jugendlichen. Der Fürst Bülow hat in seiner Blockrede vom 30. November 1907 gerade diesen Punkt besonders hervorgehoben. Es wäre sehr erfreulich, wenn sobald wie möglich eine Reform in diesem Sinne in die Wege geleitet würde. Scharf müssen wir uns gegen die Resolution des Kollegen von Liebert wegen der Deportation wenden. So aus dem Handgelenk kann eine solche Frage nicht gelöst werden; die Folgen einer derartigen Maß⸗ regel sind gar nicht abzusehen. Die Gefangenen zu Agrikulturzwecken nach Neupommern zu schicken, ist wirklich überflüssig; dazu würde auch die Lüneburger Heide, auch das preußische Pommern ge⸗ nügen. Eine Denkschrift kann man ja verlangen; aber der Ausgang wird, wie ich meine, ein negativer sein. Der neue Antrag Kirsch er⸗ leichtert uns die Zustimmung zu der Forderung, für die Jugendlichen ein besonderes Strafrecht, Strafverfahren und Strafvollzugsrecht zu erlassen. Die Hauptsache bleibt vor der Hand eine verständnisvolle Handhabung der bestehenden Strafbestimmungen; aber da hapert es ganz bedeutend. Wer denkt nicht an den Fall, wo ein Junge, der einem anderen eine Kindertrompete wegreißt, wegen Straßenraubes verurteilt wird! In einem anderen Falle sind Kinder, die, weil sie nicht auf die Straßen der Stadt gehen können, sich aufs Land hinaus be⸗ geben und, nachdem sie vorher einen Automaten zu bestehlen ver⸗ sucht haben, draußen aus einer Feldhütte ein paar wertlose junge Hunde stehlen, zu 4 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden, da nach dem Aus⸗ Piuche des Staatsanwalts einmal ein Exempel statuiert werden müßte. Die Jungen, die im ganzen Jahre kein Getreidefeld und keinen Wald sehen, die eingeschlossen sund in ihren erbärmlichen Straßen, müssen, wenn in keiner Weise für sie gesorgt wird, auf dumme Gedanken kommen. Es sind weiter nichts als Lausbubenstreiche, die so drakonisch von unseren Richtern bestraft werden. Im englischen Unterhause ist im Februar eine Bill eingebracht, die den nach meiner Meinung einzig richtigen Weg für unsere künftige Gesetz⸗ ebung verzeichnet. Danach sollen während der Untersuchungshaft Fugendliche nur in besonderen Anstalten, nie in Gefängnissen ge⸗ halten werden. Die Gefängnisstrafe wird für Personen unter 16 Jahren vollständig abgeschafft; sie werden nur an Besserungs⸗ anstalten überwiesen. Auf diese Art würde auch bei nns vorwärts zu kommen sein. Es ist geradezu ein Raubbau an der menschlichen Natur, wenn das Zusammenpferchen von Jugendlichen mit alten Verbrechern 2 weiter fortgeht. Ich möchte bitten, endlich von der administrativen edingten Begnadigung zur gesetzlich bedingten Verurteilung über⸗ zugehen, die wir seit Jahren anstreben. Die Vorstrafenregister sollten nach bestimmter Frist gelöscht und nicht die Zeugen durch Verlesung ihrer Vorstrafen moralisch und geschäftlich ruiniert werden, wie es jetzt immer wieder geschieht. Eine Reihe von Zu⸗ eistes zeigen mir, daß es sich hier um geradezu ergreifende orgänge handelt. In diesem Zusammenhange möchte ich auch auf die Grausamkeit aufmerksam machen, die in der Ausstellung von Geburtsurkunden vorehelicher durch nachträgliche Heirat legitimierter Kinder liegt. Auf diese Weise drückt man den Leuten das Brandmal der unehelichen Geburt für die Zeit ihres Lebens auf. Was ist es für eine Logik, daß, wenn jemand eine Stunde nach der Eheschließung der Eltern zur Welt kommt, er ein Vollbürger ist, wenn aber eine Stunde vorher, er in den Augen gewisser Behörden ein Paria ist; dem läuft die uneheliche Geburt Zeit seines Lebens nach. Hin⸗ sichtlich der Ausbildung der jungen Juristen kann ich auf eine Reihe höchst vernünftiger Verordnungen unseres bavperischen Justiz⸗ ministeriums hinweisen. Es unterstützt jetzt das Verfahren, daß die jungen Referendare in der Industrie und im Bankwesen be⸗ schäftigt werden und auf diese Art einen Blick für praktische Fragen bekommen. Ich halte dies für eine sehr gute Einrichtung, die auch anderen Justizverwaltungen zu empfehlen ist. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Staatsanwaltschaft in Deutschland sich einer steigenden Unpopularität erfreut. Meiner Auffassung nach hat auch der Fall Harden nicht gerade zu einer Vergrößerung des Ruhmes der antsenh . gedient. Ich hätte zwar allen Anlaß auf diese Sachen näher einzugehen, da merkoürdigerweise Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel bei der formalen Behandlung des Prozesses sich außer auf meinen verstorbenen Freund Lenzmann auch auf mich als Gewährsmann bezogen hat. Ich weiß nicht, welche Aeußerungen von mir der Oberstaatsanwalt im Auge hatte, bezweifle aber, daß der Tatbestand, der von mir vorgebrachten Fälle irgend⸗ wie mit dem im Moltke⸗Hardenprozeß in Vergleich zu setzen war. Ich halte auch die formale Behandlung der Sache geradezu für eine furistische Ungeheuerlichkeit. Bei der Besprechung dieses Falles hat er Reichskanzler in seiner Blockrede vom 30. November von der Be⸗ sFeegrhg des Wahrheitsbeweises bei Privatklagen gesprochen. Das st eins der gefährlichsten Schlagworte, die aus der Erregung über einen einzelnen Fall heraus leicht entstehen können. Was wäre aus dem Grafen Cuno Moltke geworden, wenn der Wahrheitsbeweis aus⸗ geschlossen gewesen wäre Das Verfahren bei unsern Gerichten, daß jedem Zeugen sein ganzes Vorleben bis auf die Kindesbeine nachgerechnet wird, daß er moralisch nackt dem Gerichte vorgeführt wird, ist ein Unfug sondergleichen. Hier muß ein großer Takt vorausgesetzt werden, und viel⸗ leicht kann auch das Reichsgericht mit seiner Judikatur etwas nachhelfen. Nachdem hier wiederholt von der lex Heinze gesprochen ist, will auch ich mich, einer alten Liebhaberei folgend, mit einigen Worten dieser interessanten Materie zuwenden. Ich vermisse eigentlich den Kollegen Roeren und seine Rede über die Sittlichkeit, die er bereits im Ab⸗ geordnetenhause gehalten hat. Das konzentrische Treiben in den Landesparlamenten ist auch mir äußerst verdächtig; es ist eine Stimmungmache, die mehr an das Gemüt als die Kenntnis des Gesetzes appelliert. J8 betone von neuem, daß ich mit meinen poli⸗ tischen -See; der schärfste Feind des literarischen Zelotentums bin. Ich habe auch in Wort und Schrift auf die schweren Sünden hingewiesen, die ein Teil unserer Presse durch die Ausschlachtung Femisen Prozesse auf sich nimmt. Aber darüber kann kein weifel bestehen, daß in unserer 1gwc bung und der Judikatur unseres Reichsgerichts es wahrhaftig nicht liegt, wenn der elendeste Schmutz sich tagtäglich noch immer vor uns breit macht. Ich verwahre mir mein Material, das ich seit Jahren auf⸗ speichere, für die Zeit, wo die Reden vom Reden zu Taten übergehen, um eine lex Heinze⸗Debatte zu provezieren. Aber neben dem vielen Schmutz, den wir gern mit bekämpfen, steht ein finsterer, asketischer, geradezu pathologischer Zug der Prüderie. Ich will gar nicht von den Verstümmelungen sprechen, die in einer Reihe von Städten an Denkmälern vorgenommen wurden, was aber soll man sagen, wenn jetzt sogar das Sturmlaufen gegen das Baden der Jugend in Brausebädern losgeht. as findet man in den Kreisen, die so oft 1e tben, daß sie die Sittlich⸗ keit und deren Vertretung in Erbpacht genommen hätten, für Auf⸗ fassungen über die Sittlichkeit und die Art und Weise, wie man die Unsittlichkeit bekämpfen müsse. In einem Flugblatt, dessen Inhalt auch durch die Presse gegangen ist, wird als die Quelle alles sittlichen Uebels die laszive Damentoilette und

Was würden die Beisitzer dabei für eine Rolle spielen. Erst müssen wir Freiheit des Vereins⸗ und Versammlungsrechs schaffen, die länd⸗

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die Kostümnacktheit bezeichnet und auseinandergesetzt, daß leider

Gottes in der letzten Zeit von einer Zensur der Balltoiletten

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gar keine Rede mehr sei. Es wird dort weiter gesagt, daß sich auch in katholischen Kreisen diese Modekrankheit ausgebreitet hat und auch hier das Wort gilt: Je ausgezogener, desto anziehender. Eine derartige Prüderie wirkt geradezu verwirrend und abstumpfend. Die Polizei im Leben der Kunst i6 eine erbarmungswürdige, lächer⸗ liche Figur von seher gewesen, ebenso wie der Phederasore sie wird es auch ewig bleiben. Die ganze Bewegung beruht auf der Ueber⸗ schätzung der Bedeutung einiger strafgesetzlicher Bestimmungen. Sie sprechen soviel von der Hebung der Sittlichkeit, aber was tun Sie, was tun die deutschen Regierungen Positives, um die Sittlichkeit zu heben? Blutwenig! Der Abg. Frank hat vollständig recht, bezüglich der körperlichen Ausbildung wird viel zu wenig etan von der Regierung. Erst vor einigen Tagen mußte der 2 Kriegsminister dem bayerischen Kultusminister erklären, daß für die körperliche Ausbildung besonders zwischen dem 13. und 17. Jahre in den einzelnen Bundesstaaten noch viel zu wenig geschieht. In der ganzen Welt hält man die Verbreitung guter Literatur und Kunst für das beste Mittel gegen die Ausbreitung der Unsittlichkeit. Da der Staat in Deutschland bezüglich der künstlerischen und literarischen Bildung der Massen beinahe voll⸗ ständig versagt hat, weil er sich so oft selbst desavouiert, fanden sich Tausende gebildeter Leute, um diese Unterlassungssünde des Staates wett zu machen. Man hat ungefähr eine halbe Million Bücher verbreitet. Natürlich kann eine solche Bibliothek auch nicht an den rößten Werken der Naturwissenschaften vorübergehen. Nun ge⸗ schicht das Ungeheuerliche, daß aus pietistischer Borniertheit, anders kann es absolut nicht nennen, der geistige Durst der Massen und seine Befriedigung in jeder Beziehung tadellos reglementiert werden soll, wie der Minister des Geistes in Preußen sich ausgedrückt hat. Man schämt sich nicht vor dem In⸗ und Ausland, einen staatlichen Index von Modernisten aufzustellen, auf dem Namen, wie Haeckel und Strauß stehen. Das ist ein Akt staatlicher Tartüfferie. Ich erinnere nur an die Vorbereitung des Seminaristen auf die Kommunion durch die Lektüre des Faust und das Verfahren gegen die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung. Ob Studt oder Holle, schwarz ist der Kopf bis auf die Wolle. Gleiche Brüder, gleiche Kappen. Wir können ohne weiteres unseren bayerischen Kultusminister gegen den preußischen austauschen. (Zuruf des Abg. Gröber.) Auf diesem Gebiete der Kulturpolitik, Herr Kollege Gröber, gibt es für uns kein Kompromiß. Das Verhalten des zweiten größten deutschen Bundesstaates zeigt uns die großen Gefahren für das Reich. Das möchte eine nette Reform des Reichsstrafgesetz⸗ buches werden, die aus solchem Schwartzkopffschen Geiste kommt. Das ist der Geist der lex Heinze, aber auch der seligen Umsturz⸗ vorlage von 1892. Vom Geiste ÜUhlands, Fichtes und Lessings war in den letzten Tagen im preugischen Abgeordnetenhause verflucht wenig zu spüren. Es bestätigt sich eben, daß in diesen Kulturfragen der Liberalismus ganz allein auf sich selbst angewiesen ist. Hier heißt es für den Gesamtliberalismus, die Augen aufmachen und diejenigen modern denkenden konservativen Elemente beizeiten warnen, Herr Kollege von Oldenburg, die nicht gewillt sind, sich als Vorspann des Klerikalismus verwenden zu lassen. Sie besorgen lediglich die Ge⸗ schäfte des Klerikalismus mit einer derartigen blinden Orthodoxie und einem derartigen Zelotismus (Huhu! im Zentrum). Diese tierischen Laute bin ich aus der bayerischen Abgeordnetenkammer schon gewöhnt. Hier handelt es sich um Gegensätze in der Weltanschauung, den Schutz der wissenschaftlichen Freiheit und vor allem, das zeigen die Verhandlungen im bayerischen und preußischen Abgeordnetenhause, um die Emanzipation des Staates aus der übermächtigen Gewalt der Kirche. In diesen großen kulturellen Fragen wird der Liberalismus den Kampf rücksichtslos und zu jeder Zeit unbedingt aufnehmen in dem Bewußtsein, daß dieser Kampf zum Segen des ganzen deutschen Bürgertums und seiner freiheitlichen Entwicklung ist.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Das letzte Thema des Herrn Vorredners berühre ich nicht, es hat für das Reichsjustizamt keine aktuelle Bedeutung. (Sehr richtig! Heiterkeit rechts.) Dagegen möchte ich auf einige Ausführungen des Herrn Vorredners eingehen, welche den Strasvollzug betreffen. Der Herr Vorredner hat uns, wie früher und an und für sich ganz mit Recht, seine Ansichten über die Notwendigkeit des Strasvollzugs hier dargelegt und hat bei dieser Gelegenheit auch einen Fall aus dem preußischen Strafvollzug erwähnt, von dem aus er einige recht un⸗ günstige Schlaglichter auf die Strafvollstreckung in Preußen fallen zu lassen versuchte. Diese seine Ausführungen beruhen, wie ich glaube, auf tatsächlich nicht zutreffenden Voraussetzungen und sind auch un⸗ gerecht in den Folgerungen, die der Herr Abgeordnete daran geknüpft hat. Ich muß leider, um die Behörden, die hier beteiligt sind und denen vom Herrn Vorredner Vorwürfe gemacht wurden, zu entlasten, auf gewisse persönliche Verhältnisse eingehen, obwohl es mir unangenehm ist, denn ich muß dabei Dinge berühren, die für die Beteiligten in der Oeffentlichkeit besser ungesagt blieben.

Aber im Interesse der Behörden, die in dem Falle tätig gewesen sind, bin ich genötigt dazu; der Herr Vorredner hat mich dazu ge⸗ zwungen. Es handelt sich um den Fall des Architekten Feuth. Wenn Sie die Akten dieses Falles zu lesen Gelegenheit hätten, würden Sie vermutlich an der Entwicklung des ganzen Verfahrens vor Gericht und der Polizei sehr wenig Interesse nehmen; aber es ist damals eine recht interessant geschriebene, romanhaft aufgeputzte Broschüre er⸗“ schienen, die den Fall Feuth illustriert und so darstellt, als wenn die armen unschuldigen Feuthschen Eheleute schrecklich schlecht von den Behörden behandelt worden wären, die unschuldige Frau insbesondere, die niemandem etwas zuleide getan hätte, dennoch verhaftet wurde ohne Grund, die schlecht behandelt wurde von der Polizei, und schließ⸗ lich von dem Gerichte freigesprochen wurde von der gegen sie er⸗ hobenen Anklage, derart, daß auch nicht der Schimmer eines Verdachts gegen sie bestehen blieb.

Gestatten Sie mir, Ihnen die Persönlichkeiten, die durch die Broschüre sich selbst vor der Oeffentlichket produziert haben, akten⸗ mäßig vorzuführen. Der Architekt Feuth war in Vermögensverfall ge⸗ raten, er hatte bereits, bevor die hier berührten Vorgänge sich ab⸗ spielten, den Offenbarungseid geleistet, er kaufte dennoch eine Villa in Kolonie Grunewald, ließ aber als Eigentümerin dieser Villa seine Ehefrau eintragen. Es dauerte nicht lange, dann fanden in dieser Villa zahlreiche Pfändungen statt, wie das ja nach den Vorgängen leicht erklärlich ist. In der Zeit vor dem Februar 1906 hatte der Ge⸗ richtsvollzieher jeden Tag eine oder mehrere Pfändungen bei dem Feuthschen Ehepaare vorzunehmen. Während des Februar 1906 sollten gepfändete Möbel und sonstige Gegenstände aus der Villa abge⸗ holt werden, der Gerichtsvollzieher erschien mit dem Möbelwagen, fand aber die Villa verschlossen, auf Klingeln und Klopfen wurde nicht geöffnet, und der Gerichtsvollzieher war genötigt mit Hilfe eines Schlossers sich den Zutritt zu der Villa, in der die gepfändeten Gegenstände sich vorher befanden, zu verschaffen. Da stellte sich heraus, daß zunächst niemand in dem Hause zu finden war, schließlich entdeckte man beide Eheleute in einem Versteck, den Ehemann in

(Schluß in der Zweiten Beilage.) 8

Beilage d Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1908

zum Deutschen Reichsanzeiger un

Berlin, Sonnabend, den 22. Februar

zukommen, die gesetzlichen Bestimmungen reichen auch nach einer Auskunft des Berliner Polizeipräsidiums nicht aus. Diese Erklärung des Polizeipräsidiums müffe dem Reichstage die Frage nahe legen, ob hier nicht etwas geschehen müsse. ziehung nicht etwa

ansehen dürfen. Für die Zukunft wird aber auch die Strafprozeß⸗ ordnung Einschränkungen bringen, die den oft vorgekommenen und, wie ich anerkenne, mit Recht beklagten Uebelständen abhelfen sollen. Ich kann auch in dieser Beziehung die Herren nur auf die Straf⸗ prozeßordnung vertrösten, von der, wie ich wiederhole, zu hoffen ist, daß sie in kurzer Zeit zur allgemeinen Kenntnis gelangen wird.

(Schluß aus der Ersten Beilage.

Er beziehe sich in di Selbst die eine Abhilfe.

aar aber in dieser Weise ermittelt wurde, zeigte Sachen, auch die gepfändeten, aus der Villa ver⸗ Ueber den Verbleib verweigerte der Ehemann die Bald darauf stellten mehrere Gläubiger Strafantrag Auch eine Anzeige

Während das Ehep sich, daß sämtliche

schwunden waren.

bloß auf konservative Zeitungen. liberalen Berlitter Neuesten Nachrichten verlangen Der Deutsche Gastwirtsverband habe eine Aenderung des § 811 der die Gastwirte gegenüber anderen Persogen Entschädigung für Schaden bei Krawallen Das deutsche Volk verdiene ein besseres Recht, ein Recht, t und brauchbar sei und-seinen Wünschen entspreche. * Ich bitte um Entschuldigung

Z.⸗P.⸗O. gewünscht,

en Pfandbruchs und strafbaren Eigennutzes. differenziert,

Urkundenfälschung lief ein. Im Vernehmungstermin vorsteher, der die ersten Ermittlungen leitete, erschien un, der vor dem Amtsvorsteher wie sich weiterhin heitswidrig angab, daß seine Schwiegermutter unter fändeten Möbel nach Bern gereist und ihn und Diese Erklärung

inz zu Schönaich⸗Carolath (nl.): Die Gesellschaft für Volksbildung ist hier mehrfach in die Debatte ge⸗ Präsidenten, daß er mir außer lötzlich ist von der Regie⸗ Verfügung

Mitglied der Versammlung n und Bücher von ihr zu beziehen. Verfügung ist, ohne daß ihr die geringste Zusicherung irgend wäre, zurückgezogen worden. ft der Fall erledigt. bgeordnetenhause und die Erklärung hat zunächst Um diese Ver⸗

wegen schwerer vor dem Amts nur der Ehema ergab wahr Mitnahme der gep ihre Tochter, wurde von ihm auch

welches gu Abg. Göring (SZentr.): vals Handwerker zum Justizetat das Wort nehme. daß ich diesmal meine Aus Sache gerufen zu werden.

der sozialen Gese geschehen; es mu Die Gefängnisarbeit muß kretär kann in diesem Sinne au einwirken, da ihm der Stra werkskammern, insbesondere die von Liegnitz, schen Justizminister gewandt und gegen die Gefängnisarbeit erbeten. auch vom Handwerkertag in Eis Fraktion hatte durch den Abg, Erzberger im Reichsta zunächst eine Wirkung der bisher erlassenen Vorschr hebungen stattgefunden, Bei Arbeitslöhnen von 58 Gefangenen nicht konkurrieren. enthält die uns zugegangene Strafanstalten das freie Spie unternehmertums walten? diese Annahme. Nach den herrschenden Grundsätzen ist anzunehmen, daß die Gefängnisse zu Fabriken für die Großbe Alle Standesamtsregister z. B.

wodurch die chädigt werden. daß auf die

Verbreitung von zogen worden. Ich danke dem der Reihe das Wort gegeben hat. rung in Liegnitz, Kirchen⸗ und ergangen, in der gewarnt wird,

Beiträge an sie zu gebe

führungen werde machen können, 1 Soll das Handwerk nicht das Aschenbrödel

so muß etwas mehr für dasselbe sionen der Behörde mehr berücksichtigt eingeschränkt werden, der S f die bundesstaatliche Verwaltung fvollzug untersteht. Verschiedene Hand⸗ haben sich an den preußi⸗ Schutz des Handwerks Neuerdings sind diese Klagen enach zum Ausdruck gekommen. eine Resolution

seine Frau, plötzlich verlassen habe. schriftlich an den Amtsvorsteher eingegeben, und r beging er dabei die Unvorsichtigkeit, die Erklärung aus der Villa die vorher bereits zwangsweise geöffnet worden war und in der sich überhaupt niemand mehr befand. Nach diesem dramatischen Eingang fanden dann noch verschiedene Beschwerden und Anzeigen wegen Betrugs und anderer Rechtswidrigkeiten statt. Darauf wurden die Leute, deren Wohnung nicht zu ermitteln war, von der Straße weg verhaftet.

Meine Herren, wenn man eine Behörde in Versuchung führen will, jemanden zu verhaften ohne ausreichenden Grund, dann kann man es wirklich nicht besser anstellen, als es diese Leute getan haben! Sehr richtig!)

Ich glaube, wenn dieser nüchterne Tatbestand der Broschüre, die die Eheleute zur Illustrierung ihres Geschicks veröffentlichten, voraus⸗ chickt worden wäre, dann hätte die Schrift kaum den Anklang ge⸗ vermöge ihrer anziehenden Darstellung gefunden hat, den Leuten seine Nun ist eins richtig, und das ist zu bedauern. Bei der Behandlung der Frau im Gefängnis sind Regel⸗ widrigkeiten vorgekommen kleiner Art, wie sie in jedem großen Gefängnis vorkommen können —, durch Verschulden wesentlich des Diese Regelwidrigkeiten sind gerügt worden, und die Aussichtsbehörde hat das Nötige getan, um hier Ab⸗ hilfe zu schaffen.

Aber ich glaube, meine Herren, aus dem Falle, hier aktenmäßig vorgetragen habe, wird niemand den Schluß herleiten können, daß unsere Strafvollzugseinrichtungen einer gesetzlichen Ver⸗ Es handelt sich hier um Regelwidrigkeiten, die immer auch unter dem schönsten Gesetz vorkommen werden; denn es sind Menschlichkeiten, die nicht in den Vorschriften des Gesetzes beruhen, Natur der beteiligten Beamten zurückzuführen sind. Dagegen ist der Fall wieder geeignet, die Mitglieder des hohen Hauses zu warnen vor solchen zu ihrer Kenntnis gelangenden Darstellungen mit An⸗ klagen gegen die Behörden unter romanhaftem Aufputz und besonders interessanter Einkleidung. Gewöhrnlich ist der Hintergrund ganz anders beschaffen. Dieser Fall zeigt wieder, wie vorsichtig man sein muß, wenn man, um die Behörden zu beschuldigen, die von den Betei⸗ ligten erzählten Dinge hier vorbringt. Die liegen eben meist anders, und zwar dann regelmäßig zu Lasten derjenigen, die der Oeffentlichkeit wahrheitswidrig ihre Mitteilungen machen, wie das das Feuthsche Ehepaar getan hat. Sie werden unter diesen Umständen Nachsicht mit den Beamten und den Behörden haben, die von dem Herrn Vor⸗ redner in seinen Ausführungen getadelt worden sind und kleinere Ver⸗ sehen sich allerdings haben zu Schulden kommen lassen.

Was den Strafvollzug selbst betrifft, so habe ich in früheren Jahren verschiedentlich Gelegenheit gehabt anzuerkennen, daß eine ge⸗ setzliche Regelung des Strafvollzugs im Reiche nötig ist. Ich habe mich früher solange das Strafensystem unseres künftigen neuen Strafrechts nicht mit einiger Sicherheit zu übersehen ist, wir außer Stande seien, an die Ausarbeitung eines solchen Gesetzes zu gehen. Dem. vor allem müssen wir doch wissen, welche Strafarten und Strafeinrichtungen in Zukunft unsere Gesetzgebung vorsehen wird. In dieser Beziehung sind wir nun ein Stück weiter gelangt. fertig, der Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches wird im Sommer fertig gestellt, natürlich in erster Lesung, aber doch so weit, daß wir darüber orientiert sind, mit welchen Faktoren wir bei einem Straf⸗ vollzuggesetz in Zukunft zu rechnen haben; und wir können unter diesen Umständen in Aussicht nehmen, sobald wir von den Ausführungsarbeiten, Denkschriften, Begründungen usw. für den Entwurf der Strasprozeß⸗ ordnung entlastet sind, auch an die Ausarbeitung eines Strasvollzug⸗ gesetzes zu gehen. Ich glaube, damit wird den Wünschen des Herrn Vorredners einstweilen entsprochen sein.

Ich kann aber nur wiederholen, das Strafvollzugsgesetz wird alle die Fälle von Unregelmäßigkeiten im Strafvollzug, die hier im Laufe der Jahre zur Sprache gekommen sind, nicht für die Zukunft ver⸗ hindern können; denn alles, was wir bei der Erörterung solcher Un⸗ regelmäßigkeiten regelmäßig haben feststellen können, lag nicht in den Vorschriften, sondern in den Personen, die berufen waren, die Vor⸗ schriften zu handhaben; und Personen, die nach dieser Beziehung un⸗ zulänglich sind, wird es unter dem besten Gesetze auch noch in Zukunft

welcher Art gegeben worden⸗ war zunächst für die Gesellscha die Debatten im preußischen des Kultusministers. wir hätten uns verständigt. . zu kritisieren, müßte man doch diese Verständigung Rede von gewissen beanstandeten stehen gar nicht im Nachdem der

Nun kamen heraus zu datieren, Der Kultusminister Das ist richtig.

Presse war die

ellschaft (Zuruf des Abg. Gröber). eingebracht, Wort gegeben hat, müssen Sie mich schon bis zu

(Fortdauernder Lärm im

ist von dem Abg. Dr. che gebracht worden, und ich erachte es Schönaich⸗Carolath

Katalog der Ges⸗

räsident mir da haben nun E

zum Teil befriedigen bis 70 für den Tag, wie sie können die Ueber diesen Punkt und andere wichtige Punkte Denkschrift nichts.

Herr Kollege Gröber. die uns aber

Vizepräsident Kämpf: Müller⸗Meiningen zur Spra für selbstverständlich, Gelegenheit geg des Hauses;

Soll etwa in den I der Kräfte zum Nutzen des Groß⸗ spricht entschieden für

daß dem Abg. Prinzen zu ird, zu antworten. Das entspricht den Geboten ch erteile daher nach wir vor dem Abg. Prinz chönaich das Wort. I

bg. Gröber ers Kämpf erteilt es ihm.

Die Statistik

triebe umgewandelt werden in Straf⸗

und Buchbinder Die bestehenden Grundsätze müssen bestehenden freien der Gefängnisse mehr Rücksicht ge⸗ nommen wird. In den Grundsätzen für die Gefängnisarbeit steht auch, daß die freie Arbeit nicht unterboten werden wird aber nicht verfahren, Lohnsätze beweisen. arbeit wünschen wir ja nicht,

ucht zur Geschäftsordnung ums Wort. „Der m. Die Bemerkungen des Abg. dem Lärm für die Tribüne verloren; darauf meldet Mugdan (fr. Volksp.) zum Wort, erhält daß auch der Abg. Dr. Frank den F g von Volkebildung erwähnt habe. f: Die Bemerkung des Abg. Mugdan be⸗ ;ich gebe daher nach wie vor das Wort dem ich⸗Carolath. Schönaich⸗Carolath versucht weiter zu aber, da die Unterbrechungen des Zentrums allmählich Gehör zu ver⸗ enannten Bücher und fährt

funden, den sie und vermutlich hätte dann auch der Herr Vorredner

Sympathien nicht zugewandt.

Vizepräsident Gröber gehen in sich auch der Abg. Dr. es und weist darauf hin, Gesellschaft zur Verbreitun

Vizepräsident Käm p stätigt meine Auffassung Abg. Prinzen zu Sch

sprechen, vermag si sortdauern, Er wiederholt, da n den Katalogen der Gese dann fort:

herausgegeben

Buchdrucker empfindlich ge dahin geändert werden,

werksbetriebe in der Nähe

angeführten Eine gänzliche Beseitigung der Gefängnis⸗ schon aus erzieherischen Rücksichten Die Arbeitskraft der Gefangenen darf aber nicht ausgenutzt werden, um der freien Arbeit Konkurrenz zu machen. dürfen keine langfrist werden, der Maschinenbe und die Handarbeit durchgeführt keine Maschinendiener sein. vollstreckung und schädigt den hochachtbaren Stand d Weiter verlangen wir eine Einschränkung der Arbei Die Gefangenen sollten sich mehr in freier Luft bei Kanalbauten usw. beschäftigt werden Es handelt

weiblichen Aufsichtspersonals.

nur sehr langsam und die in der Presse schaft gar nicht exist einem Nebenkatalog, der vorigen J

worden ist und versuchsweise är⸗ wissenschaftliche

Mit den Unternehmern den Anstalten abgeschlossen trieb in den Strafanstalten muß beseitigt die Gefangenen dürfen, derspricht dem Zweck der Straf⸗ nd der Handwerker. tszeit der Ge⸗

den ich Ihnen

igen Verträge von

bestimmt ist Wanderbibliotheken, Wir haben viele Tausende von Volksbiblio⸗ inige 20 Wanderbibliotheken. Volksbibliotheken niemand nicht von uns versandt, sondern bei u

besserung bedürften. sind diese

Bücher enthalten.

Wir drängen Der Minister

Auswahl der Ich kann nicht einsehen, Vorstand vorwerfen kann, een. Die genannten Bücher plaren gefordert worden; daß die Nachfrage nach diesen Büchern doch nicht so e man vielleicht annehmen könnte. für die Sitzung des Zentralausschusses der Ge⸗ Montag einberufen habe, vor. Es braucht Vertrauen zu der Gesellschaft zu verlieren. 8 wird wie

die Mängel der individuellen

oder mit Arbeiten, die dem Veredelungsverkehr dienen.

F der deutschen Landwirtschaft neulich uns darüber. deutschen Arbeiter⸗ Unterstützung verdient auch das deutsche k wegen seiner großen Bedeutung für die Zukunft in seinem ampfe mit der Großindustrie.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Mieeie Herren! Es ist für uns eine besondere Genugtuung, zu sehen, daß der Inhalt der Denkschrift über das Gefängniswesen, die im vorigen Jahre dem Reichstage vorgelegt wurde, und die uns viel mehr Mühe, Zeit und Arbeit gekostet hat, als Sie vielleicht glauben (Zurufe: Glauben wir!), mit solchem Interesse hier im Hause verfolgt wird, wie die Ausführungen des Herrn Vorredners es ergeben. Aber ich habe doch einige Besorgnisse, ob die Denkschrift nicht den Herrn Vorredner auch zu mancherlei Mißverständnissen über die wirklichen Verhältnisse und infolgedessen zu unrichtigen Urteilen über die Intentionen der Regierungen und der Gefängnisverwaltungen ver⸗

ins bestellt.

den Index er hat die

Bücher lediglich mir selbst überlassen.

wie man nun der Gesellschaft und ihrem siger Weise nachgegeben hab in zwei bis sieben Exem

des Innern seine Unterstützung zugesagt, wir Unterstützung gönne i

d sie unzuläs Aber eine ebensolche

von uns nur das beweist, groß ist, wi behalte ich mir

Nähere Mitteilungen

niemand das Gesellschaft

übernommen reichgesegneten Andenkens;

Geiste fortführen, unbekümmert um s⸗ noch einen Reichszuschuß. er Lektüre; zu einem T sonst würden uns unsere Wir verteilen gute, patriotische Bücher, Kaiser, Fürst und Vaterland, Mit solchen Angriffen treibt man ozialdemokratie. Der Abg. Frank hat mir Abg. Stadthagen mit dem Vornamen angeredet ich habe nicht gewußt, daß das Im übrigen sehe ich gar cch Ludolf anredet. ich machte hier Unterschiede zwischen geordneten. Von einem so hoch gebildeten rank hätte ich solchen Vorwurf nicht er⸗ niemand einen Vorwurf wegen seiner Kon⸗ dneten der bürgerlichen Parteien muß aber er drei Stunden lang die Der Abg. Frank sagte, das ehren⸗ solle im Vorwärts zummer ist das Urteil sondern nur eine von Stadthagen selbst ver⸗ Aber in Band VI der Entscheidungen des Ehren⸗ Rechtsanwalte ist es abgedruckt, und auf Grund ch alle meine Behauptungen aufrecht, buch für den Reichstag in Widers ist verurteilt wegen Verschleierung eines zu hoher Gebührenerhebung. kurz die Ansicht vertreten, daß ein Mann, igenen Standesgenossen wegen so schwerer icht berufen ist, den deutschen

Rfp.) protestiert gegen die schweren Vorwürfe, akatistischen“ Richtern in den Die Gewährung von Diäten müsse so bald wie irgend möglich Tat⸗ n einheitlicher Regelung des öchst dringliche Forderung auf, Köpenick allein

Gesellschaft bezieht weder einen Staat Unser Volk hungert und dürstet nach dies tätchen⸗Verein können wir ni Freunde im Lande verlassen. wir pflegen die Liebe zu in einem freiheitlichen Sinne. unsere Freunde l

Abg. Freiherr von vorgeworfen, daß ich den Al Ich habe das zweimal getan, der Sitte des Hauses entspricht. keinen Schaden darin, der Abg. Frank behauptet, en und adligen Ab Manne wie dem Abg. Ich mache au fessi Einem Abgeor schließlich die Galle überlaufen, deutsche Justiz so an gerichtliche Urteil gege abgedruckt sein. nicht abgedruckt, faßte Darstellung. gerichts deutscher desselben halte i daß seine Angabe im Hand mit den Tatsachen. Tatbestandes und wegen möchte ich noch der von seinen e ig ausgestoßen ist, n oral zu predi

cht herabsinken,

ediglich in das Lager der S

zurückziehen Maltzan (dkons.):

nur immer

Meine Herren, für die verbündeten Regierungen und für die einzelnen Gefängnisverwaltungen kann es ja kein dringenderes Interesse geben, als die Beschästigung der Gefangenen in den einzelnen An⸗ stalten so einzurichten, daß die freie Arbeit und insbesondere die Handwerkerarbeit

daß man mi

Die Strafprozeßordnung ist Anstaltsbetrieb

Einschränkungen vorzunehmen, Anerkennung Arbeit tätigen Kreise gewinnen, kann ja den Verwaltungen nur An⸗ erkennung bringen und willkommen sein. Aber, meine Herren, das erste Gebot für die Gefängnisse ist: Arbeit muß da sein, der Ge⸗ fangene muß arbeiten. Das gehört zu seiner Gesundheit, das gehört zu seiner Erziehung, und es wäre geradezu unmenschlich, wenn man den Leuten nicht ihre Arbeit geben wollte. Da ist denn nichts anderes zu machen, als diejenigen Arbeitsbetriebe für die Beschäftigung aus⸗ zuwählen, die in geschlossenen Räumen überhaupt sich verwerten lassen.

Nun hat der Herr Abgeordnete sich daran gestoßen, daß die Denk⸗ schrift meint, es soll nutzbringende Tätigkeit in den Gefängnissen statt⸗ finden. Ja, soll denn die Tätigkeit, die den Gefangenen überwiesen wird, überhaupt keinen Nutzen bringen? Soll denn die Arbeit, die von den Gefangenen verrichtet wird, etwa wieder vernichtet werden? Wenn Sie eine Arbeitstätigkeit haben wollen, die nachher verwertet werden kann, so muß sie so eingerichtet werden, daß sie auch Nutzen bringt. Selbst der Gefangene muß das Bewußtsein von diesem Wert seiner Arbeit haben. Darin liegt ein moralischer Gewinn für seine Erziehung⸗ Wenn es nach dem Wunsche des Herrn Vorredners gehen sollte, dann dürften keine maschinellen Einrichtungen getroffen werden in den Ge⸗ fängnissen, es müßte nur Handarbeit in den Gefängnissen gestattet werden. Ja, meine Herren, damit würde man gerade die in Freiheit geübte einfache Handwerkerarbeit Durch die maschinellen Einrichtungen wird ja zum Teil die Möglichkeit gegeben, die Betriebe in den Anstalten auf solche Produktionen hin⸗ zuführen, welche den Betrieb der Handwerkerkreise nicht berühren. Wollten wir alle maschinelle Arbeit aus den Anstalten entfernen, dann

gen davon in sehr nachteiliger Weise für die freien

greifen hört. in den Abg. Stadthagen n ihm genannten

insbesondere, pruch steht

Im übrigen

sche Abg. Seyda den „h polnischen Landesteilen gemach an Schöffen und Geschworene Die Resolution we Strafvollzuges werfe ebenfalls e Hauptmanns von er Strafvollzug modernisiert werde. Geisteszustandes U nicht gegen das Gesetz verstoßen worden. § 81 dahin, daß unter öffentlichen Irren⸗ ter Aufsicht des Staates stehende An⸗ Das Irrenwesen und das Strafgesetzbuch dahin, chen Fällen zu bestrafen sei. Mit Recht habe ervorgehoben, daß gleiches Recht für alle vor⸗ Ansehen des Glaubens, Standes und der In manchem könne er, Müller⸗Meiningen ein⸗ schwer bei⸗

die der polni

Meine Herren, gestatten Sie mir, an diese Ausführungen noch eine Bemerkung über die Strafregister anzuknüpfen, die ja auch der Herr Vorredner berührt hat, in einer Weise, die ich vielfach als Es ist richtig, daß die Einrichtung d die Behörden leicht verleitet,

der Fall des daß endlich d Gutachtens

Aber er interpretiere den anstalten staatliche oder un stalten zu versteh reformiert werden, wie der Stehler in sol der Abg. von Maltzan h handen sein müsse; Nationalität müssen die Ge

zutreffend anerkennen kann. unserer Strafregister die Beamten un mehr Gebrauch von dem Inhalt derselben zu machen, als im einzelnen Fall durch das Bedürfnis der tatsächlichen Feststellungen nötig ist. In welcher Weise wir in dieser bessernde Ein wirkung üben können, handlungen zwischen dem preußischen Reichsjustizverw altung; und ich hoffe, es w ergeben, das wir einstweilen und zunächst als

müsse überhaupt

daß der Hehler am allerempfindlichsten treffen.

Beziehung auf die Praxis eine das unterliegt gegenwärtig Ver⸗ Herrn Justizminister und der ird sich daraus ein Resultat eine befriedigende Löͤsung

richte entscheiden. Blockbruder Dr. Schandschriften sei