amten zu ; der Gedanke 84 zwar damals auf starken Wider⸗ stand, ist aber jedenfalls diskutabel und muß jetzt einer neuen Er⸗ wägung unterworfen werden. Im Beschwerde⸗ und Aufsichtswesen könnten vielleicht auch Erleichterungen geschaffen werden; die Be⸗ 8 e. im Dienstaufsichtswege kann aber nicht entbehrt werden, weil onst der Minister als oberste Beschwerdeinstanz in Fortfall käme. An ktiver Aufsicht geschieht ja zweifellos manchmal des Guten zu viel; ier wäre eine weise Beschränkung am Platze. Den Gemeinden egenüber ist diese Aufsicht sonst aber dringend nötig, schon um se zu weiser Sparsamkeit anzuhalten. Die Kreisbehörden aben dieselbe Veranlassung, den Mahnungen des Finanzministers i dieser Richtung zu folgen. Ihr altes Ansehen können die Land⸗ äte aber allgemein nur zurückgewinnen, wenn es gelingt, sie von arteipolitischer Betätigung zurückzudrängen. Herr von Zedlitz meinte, es werde ihnen dieser Vorwurf zu Unrecht gemacht, es gebe bei uns keine politischen Beamten im französischen Sinne. Leider kann ich dieser Meinung nach der Geschichte und nach meinen eigenen Er⸗ fahrungen nicht beipflichten. Herr Gyßling hat ja schon Material dafür beigebracht. Herr von Zedlitz meint, die Situation des Landrats als Vertrauensmannes der Kreisangehörigen bringe es von elbst mit sich, daß er auch ihr politischer Vertrauensmann ei; wir meinen, der Landrat habe sich um die veneben Ge⸗ innung der einzelnen nicht zu kümmern; wir meinen, daß gerade ie Stellung als Vertrauensmann ihm nach dieser Seite eine gewisse Beschränkung auferlegt. Der Ministerpräsident hat uns ja Aus⸗ icht gemacht, daß die nächsten Wahlen nicht von der Regierung beeinflußt werden sollen; ich ersuche ihn, dafür zu sorgen, da iese Meinung der Regierung bei allen Beamten, namentlich au bei denen der inneren Verwaltung, bekannt und beachtet wird. Mit der Anstellung der Kreisassistenten, wie sie im gegenwärtigen Etat sich findet, geht ein alter Wunsch meiner Partei in Erfüllung. Um meiner Volksvertreterpflicht zu genügen, habe ich bei dieser Gelegenheit noch auf ein Vorkommnis hinzuweisen, das in Kosel sehr böses Blut gemacht hat. Die Militärverwaltung hat den dortigen alten Exerzierplatz verkauft, ohne den Verkauf öffentlich auszuschreiben. Die Sache ist im Reichstag zur Sprache gekommen, und der Vertreter des Kriegsministers hat dort geantwortet, es seien nach Auskunft des Landrats keine anderen Käufer in Frage gekommen, es habe auf dem Plafe auch die Unterhaltung eines Wasserlaufes gelastet. Diese Darstellung ist objektiv unrichtig; es hatten sich andere Reflektanten gemeldet, die dicht an dem Platze wohnten und schon seit Jahren Teile des Platzes gepachtet hatten. In der Budget⸗ kommissson ist von dem Unterstaatssekretär erklärt worden, der Platz habe nicht an Polen verkauft werden dürfen. Die Leute, die hier in Fraße kommen, sprechen ebenso gut Deutsch wie Polnisch und sind Katholiken; wo gibt es denn eine Bestimmung, nach der an Polen nicht verkauft werden darf? Die Landräte haben bei dem Musterungs⸗ eschäft, bei der Führung der Stammrollen mitzuwirken; sie sollten es ch hbier angelegen sein lassen, von Strafbefehlen, die die Betroffenen “ mit Kosten belasten, nach Möglichkeit Abstand zu nehmen. In erschlesien sollten die Landräte ihren Einfluß auf⸗ bieten, um bei Wegeanlagen die Gutsbezirke den Gemeinden gegenüber zu einer mehr entgegenkommenden Haltung zu veranlassen. 8
Minister des Innern von Moltke:
Meine Herren! In der Debatte nimmt einen breiten Raum ein die Stellung der Beamten zu öffentlichen Fragen. Ich kann nur wiederholen, was ich schon im Anschluß an die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten ausgesprochen habe. Ich bin durchaus gewillt, für die Objektivität der Beamten bei der laufenden Verwaltung und bei den Wahlen einzutreten. Ich halte mich aber verpflichtet, meine Beamten in Schutz zu nehmen gegen Vorwürfe, die nicht von vorn⸗ herein begründet erscheinen und sich lediglich auf Zeitungsnachrichten stützen. Ich habe in allen hier vorgebrachten Fällen versprochen, die nötige Untersuchung einzuleiten und, wo dazu Veranlassung vorliegt, auch Abhilfe zu schaffen. Meiner Auffassung nach ist die Sachlichkeit und die Gerechtigkeit die Grundlage des guten Glaubens, welchen unsere Verwaltungsbeamten von alters her genießen, und ich will ihn erhalten; dafür werde ich stets eintreten. Das will ich auch tun gegenüber den Wünschen, die gestern von verschiedenen Seiten an mich herangetreten sind.
Ich will es tun gegenüber den Polen (Bravol), unseren preußischen Staatsangehörigen polnischer Zunge. Soweit sie sich unseren Gesetzen fügen, werde ich ihnen keine Drangsalierung bereiten. (Bravol)
Ich spreche das auch nochmals aus gegenüber den schweren Vor⸗ würfen, die gestern Herr Roeren gegen die Behörden im Rheinland ausgesprochen hat. Ich habe mich schon gestern dazu bereit erklärt, da ich durchaus wünsche, daß jede Drangsalierung unterbleibt und daß ich ihr entgegentreten würde. (Bravo!)
Ich möchte bei der Gelegenheit auf einen Artikel der „Kölnischen Volkszeitung“ vom 27. Februar Bezug nehmen, der geschrieben ist vor meiner gestrigen Rede Darin wird ein friedlicher Ausgleich in den Kriegervereinsverhältnissen im Rheinland angebahnt, und ich kann diesen Artikel unter Hinweis auf den Schluß meiner gestrigen Rede nur mit Freuden begrüßen. (Beifall.)
Unterstaatssekretär Holtz erwidert dem Abg. Dr. Hager, daß bei dem Verkauf des Exerzierplatzes bei Kosel keine Be⸗ vorzugung des Großgrundbesitzes oder überhaupt einer be⸗ stimmten Persönlichkeit stattgefunden habe, und bemerkt: Die Intendantur des 6. Armeekorps fragte im November 1906 den Landrat, ob der Preis von 44 000 ℳ angemessen sei oder ob eine öffentliche Versteigerung zweckmäßig sei. Der Landrat erklärte mit Rücksicht darauf, daß der Platz im Hochwassergebiet liege, den Preis für angemessen. Die Stadt Kosel hat nur erheblich weniger für den
latz geben wollen. Bei der Gemeinde Reinschdorf, die auf den
latz reflektierte, handelt es sich nur um ganz kleine Leute, die hätten zusammenschießen müssen, um den Kaufpreis aufzubringen. Was das für die kleinen Besitzer bedeutet, weiß jeder, der in der Praxis ge⸗ standen hat. Die Leute wären unerhört belastet werden. Den Land⸗ rat trifft der Vorwurf eines dolosen Verhaltens in keiner Weise; auch davon ist keine Rede, daß ein Deutscher vor einem Polen bevorzugt sei. Ebensowenig handelt es sich bei dem Gutachten des Landrates des Kreises Kosel um die enansan eines Evangelischen vor einem Katholiken. Der Landrat ist selbst ein überzeugungstreuer, ernster Katholik. Und im übrigen entlipricht er durchaus den dortigen An⸗ forderungen, denn er hat alten, ererbten Grundbesitz im Kreise.
Abg. Bachmann (nl.) widerspricht den neulichen Ausführungen des Abg. Nielsen über die angeblichen schikanösen Drangsalierungen der dänischen Bevölkerung in Nordschleswig.
Abg. Dr. von Korn⸗Rudelsrorf: Der Abg. Gyßling hat von einer parteipolilischen Haltung der Landräte gesprochen. Meine politi⸗ schen Freunde wünschen nicht, daß der Landrat lediglich ein regierendes Organ ist. Er soll der Vertreter des Kreises sein; wir snd stolz auf die Männer unter den Landräten, welche auch einmal furchtlos der Königlichen Staatsregierung gegenübergetreten sind. Herr Gyßling scheint sich über Wahlbeeinflussungen durch die Landräte nur dann zu ereifern, wenn es sich nach seiner Meinung um kon⸗ servative Kandidaten handelt. Wenn, wie es im Kreise Striegau bei der Wahl des Abg. Hermes geschehen ist, ein Freisinniger als Wahl⸗ kandidat aufgestellt ist, scheint er nichts gegen solche angebliche Wahl⸗ beeinflussungen einzuwenden zu haben. Es ist wie beim unlauteren Wettbewerb.
Abg. Kölle (fraktionslos) plädiert dafür, daß die Landräte sich mehr Schreibkräfte halten können; sie sollten aber nicht etwas darein setzen, selbst das harmloseste Vergnügen zu versagen; er könne unge⸗ heuerliche Fälle dafür anführen, daß selbst Feste zur Hebung des patriotischen Empfindens verboten worden seien.
“
Abg. Rogalla von Bie berstein (kons.): Bezüglich der Verweige⸗ rung der freisinnigen Annonce in den Wehlauer Blättera ist es richtig, daß das dortige Kreisblatt nur amtliche Nachrichten bringt; aber auch Herr Gyßling bat recht, daß der Verleger des Kreisblatts und der Kreis⸗ zeitung dieselbe Person ist. Ich kann versichern, daß gerade der Land⸗ zat des Kreises Wehlau sich absolut reserviert verhalten hat. Die Erklärung liegt darin, daß der Verleger der beiden Zeitungen ein konservativer Mann ist. Herr Gyßling wollte keine Beweise dafür beibringen, daß die Landräte Parteipolitik treiben, weil es auf der Hand läge. Ich bedaure das und nehme die Landräte energisch gegen solche Behauptungen in Schutz.
Abg. Hanssen (Däne) erklärt, er koͤnne Dutzende von landrät⸗ lichen Verfügungen auf den Tisch des Hauses niederlegen, worin in ganz willkürlicher Weise Strafverfügungen angedroht worden seien, wenn jemand in Nordschleswig habe Turnunterricht erteilen wollen. Auf be⸗ wußte Unwahrheiten seien viele Nachrichten einer gewissen Presse zurück⸗ uführen, die von angeblichen Gutsankäufen im dänischen Interesse sprächen. Der Redner bedauert, daß das durch die Haltung des Ober⸗ präsidenten angebahnte Zusammenarbeiten der beiden Völker in Nord⸗ schleswig durch die Kritiklosigkeit dieser Presse wieder erschwert werde.
Abg. Quehl (kons.): Dem Abg. Fischbeck hat wohl gestern bei seiner Besprechung der Jagdverpachtung im Kreise Grünberg nicht vollständiges Material vorgelegen, sonst wäre er wohl zu einem anderen Urteil gekommen. egen die Verpachtung der Jagd an den Schönaich hat der Rentier Kluge in Charlottenburg Ein⸗ pruch erhoben, aber Kreisausschuß und Bezirksausschuß haben sich auf den Standpunkt des Landrats gestellt. ir Fischbeck machte damit Stimmung, daß die kleinen Gemeinden Klage über zu geringe Wild⸗ schadenentschädigungen führen müßten. Es gibt wohl keine Ge⸗ meinde, die wegen zu geringer Entschädigung für Wildschaden nicht wenigstens noch Gemüse und Herbstfrüchte anbauen könnte. Solange Prinz Schönaich diese Jagd gehabt hat, ist nicht ein einziges Mal über zu geringen Wildschadenersatz geklagt worden, sondern die Ge⸗ meinden sind immer damit zufrieden gewesen. Nach dem Jagdgesetz wird der Zuschlag in der Regel an den Meistbietenden erteilt; wenn jedoch besondere Gründe gegen den Bieter vorliegen, hat der Landrat endgültig zu entscheiden. Nun ist ein Normalvertrag für Jagdverpachtungen aufgestellt worden, aber der Landrat des Kreises Grünberg hat den Gemeindevorstehern ausdrücklich erklärt, daß sie sich an diesen Vertrag nicht durchaus zu halten brauchten, sondern ihn abändern könnten. Das ist in diesem Fall vom Jagdvorsteher nicht geschehen. Die erwähnte Bestimmung in 8 4 des Jagdgesetzes bietet Gelegenheit, die Verantwortung auf den Landrat abzuwälzen, und daher machen die Gemeindevorsteher von dem Normalvertrag gern Gebrauch. Der Meistbietende war Prinz Schönaich⸗Carolath, nur aus besonderen Gründen konnte also ein anderer den Zuschlag erhalten. Solche Gründe liegen aber gegen den Prinzen Carolath nicht vor, er hat sich weder in jagdlicher Beziehung, noch sonst etwas zu schulden kommen lassen. Der Gemeindevorsteher hatte den Zuschlag dem Rentier Kluge in Charlottenburg erteilt. Prinz Carolath hat aber dagegen an den Landrat rekurriert. Wenn nicht in der Regel der Meistbietende den Zuschlag bekäme, würde das ganze Bieten doch eine Farce sein. Ich weiß nicht, ob der gern ee der Gastwirt ist, ein persönliches Interesse daran hatte, daß die Jagd nicht an den Prinzen Carolath kam, der nie bei ihm einkehrte, sondern an den Fremden aus Charlottenburg, von dem er vielleicht verdienen konnte; ich stelle das nur gls möglich hin. Mit demselben Recht, wie der Rentier Kluge, konnte sich Prinz Carolath verletzt fühlen, wenn ihm die Jagd nicht zu⸗ geschlagen wurde. Der Landrat hat ganz richtig und gewissenhaft ge⸗ handelt. Gegen den Einspruch entschied sowohl der Bezirksausschuß wie der Kreisausschuß ebenso wie der Landrat. Der Zweck der Jagd⸗ gesetzgebung ist doch nicht, alles Wild zu vertilgen, sondern wir wollen eine vernünftige Hegung und Pflege des Wildes. Es ist ebenso un⸗ richtig, zu viel Wild zu haben, wie das Wild vom Erdboden zu ver⸗ tilgen. Bei den Verhandlungen des Kreisausschusses hat sich heraus⸗ gestellt, daß der Rentier Kluge aus Charlottenburg schon zwei Jagden im Kreise Grünberg gehabt hatte. Sein Nachfolger erklärte aber im Kreisausschuß, daß, als er die Pacht übernahm, nicht ein Stück Wild mehr da war. Der Rentier Kluge hätte also selbst als Meistbietender die Jagd nicht bekommen dürfen, und der Landrat hätte gegen ihn entscheiden müssen, weil er sich nicht als Jagdheger bewiesen hatte, sondern gegen die Interessen der Jagd⸗ genossenschaft gehandelt hatte.
Abg. Gyßling (fr. Volksp.) widerspricht den Ausführungen der Abgg. von Korn und von Bieberstein. Er könne kein Wort von dem zurücknehmen, was er über die Landräte gesagt habe, wenn er auch annehmen wolle, daß sie nach bestem Wissen und Gewissen handelten.
Abg. Bachmann (nl.) hält seine Ausführungen gegenüber dem Abg. Hanssen aufrecht.
Abg. Dr. Müller⸗Berlin (fr. Volksp.): Die Gegensätze, die schon in der Bevölkerung bestehen, sollte man nicht noch verschärfen durch den Streit um den Wildschaden. Wenn Herr Quehl sagt, daß keine Gemeinde wegen zu geringer Wildschadenentschädigung nicht wenigstens noch Gemüse und Herbstfrüchte anbauen könnte, so könnte er sich vor den Toren von Glogau überzeugen, daß die Besitzer dort durch den jahrelangen Wildschaden veranlaßt sind, sich zu fragen, ob sie nicht lieber 2 sollten, anstatt den Kampf gegen das Wild des Herzogs Ernst Günther noch weiter fortzusetzen. In der Zeit umstürzlerischer Ideen sollte man nicht noch die konservative bäuerische Bevölkerung durch solchen Streit erregen. Wie denkt der Minister sich die Durchführung der Worte des Ministerpräsidenten über die Objektivität der Beamten bei den Wahlen? Der Minister⸗ präsident sagte, daß er der Meinung sei, daß volle Objektivität herrschen müsse. Sehr schön! In der Form, wie in der Form alles schön ist, was der Ministerpräsident sagt. Er sagte ferner, er habe schon von jeher in dieser Richtung mit seinen sämtlichen Kollegen ge⸗ wirkt. Wo waren aber bei den letzten Wahlen die Wahlbureaus gegen uns? Auf den Landratsämtern. Der Minister sollte nur einmal den Landrat von Klitzing in Sprottau oder andere befragen, er würde erfahren, wie die Beamten gegen uns Freisinnige agitiert haben. Es sind tatsächlich einzelne bürgerliche Parteien zum Gegenstand heftigster Angriffe von seiten der Behörden gemacht worden. Wenn der Liberalismus mehr Einfluß auf die Gesetzgebung gewinnen kann, wird der Deutsche wieder mehr Freude am Deutschtum finden. (Lachen rechts.) Die Zeit wird beweisen, ob ich recht habe oder Sie da drüben. Auf die Neutralität der Beamten im Wahlkampfe müssen wir das
rößte Gewicht legen, die Staatsbehörden haben dafür zu sorgen, daß bei den Wahlen die Stimmung der Bevölkerung klar zum Ausdruck kommt, denn darum ist uns die Konstitution verliehen worden, damit die Herrscher, die so schwer hören können, wenigstens auf diesem Wege hören, wie die Stimmung des Volkes ist. Sehen Sie sich nur das Ergebnis der Wahlen in Sagan⸗Sprottau an. Bei den Reichstage⸗ wahlen bin ich dort mit Leichtigkeit gewählt worden, bei der öffentlichen Landtagswahl ist es nur gelungen, 24 Wahlmänner aufzutreiben. Ich frage den Minister, wie er die Worte des Ministerpräsidenten zur Durch⸗ führung bringen will.
Abg. Quehl (kons): Wenn Herr Müller mir vorwirft, daß ich die Bevölkerungskreise untereinander so war es doch gerade sein Fenen Fischbeck, der diesen Streit in die Debatte warf. Sein
orwurf, daß wir Unzufriedenheit ins Volk tragen, richtet sich also gegen seinen 189 Fischbeck. Ich habe nur richtiggestellt, was Herr Fischbeck nach ungenügendem Material vorgebracht hat. Herr Müller sagt, ich möchte mich bei Glogau umseben, ich bin aber gar nicht in der Lage, auf den 23 Dörfern dort Umschau zu halten. Wenn ich auch zugeben könnte, daß einmal eine ganze Ernte durch Wildschaden bedroht wird, so würde doch eben nur Ge⸗ müse und Herbstfrüchte in Mitleidenschaft gezogen. Auf die Wahl⸗ rede des Abg. Müller gehe ich nicht ein, der Minister hat sich ja wiederholt darüber geäußert. Auch wir wollen gleiches Recht fuͤr
Nach einigen persönlichen Bemerkungen der nb Dr. ager, Dr. Ruülker⸗ Berhn und Quehl werden 2 Be⸗ oldungen der Landräte bewilligt. der Kreissekretäre und der neu n der Kreisassistenten liegt eine Petition von Bureaugehilfen um Uebernahme der landrätlichen Bureau 2„ in das Staatsbeamtenverhältnis vor. Berichterstatter Abg. von Pappenheim beantragt namens der Budgeikommission, die Petition durch Bewilligung des Etatstitels für erledigt zu erklären. 8 . Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.) fragt an, was mit den Angestellten der Landratsämter geschehen solle, die nicht unter den Begriff „ältere landrätliche Gehilfen“ fielen und die deshalb voraus⸗ sichtlich bei der Besetzung der jetzt neu eingerichteten 100 Kreis⸗ assistentenstellen nicht in Betracht kommen würden.
Der Titel wird bewilligt, die Petition wird nach dem Kommissionsantrag für erledigt erklärt.
Bei dem Kapitel „Polizeiverwaltung in Berlin“
bemerkt
Abg. Schulze⸗Pelkum (kons.): Vor drei Jahren haben meine E.- e. bereits Beschwerde geführt über das Treiben der omosexuellen Prostitution in Berlin. Der damalige Minister Freiherr von Hammerstein hat erklärt, daß er das Treiben tief verabscheut. Die Mißstände auf diesem Gebiete haben sich außerordentlich ver⸗ schlechtert, und ich bitte, alles zu lun, damit dies aufhört. Nach dem „Berliner Tageblatt“ vom 25. November v. J., elnem Blatt, welches doch von dem Verdachte frei ist, der Sozialdemekratie etwas Unangenehmes sagen zu wollen (Oho⸗Rufe links) — an Liebedienerei und würdeloser Kriecherei gegenüber der Sozialdemokratie leisten sich ja die liberalen Blätter noch manches —, also nach dem „Berliner Tageblatt“ ist im Herbst vorigen Jahres in der Pankstraße in Berlin im Hause des sozialdemokratischen Gastwirts und Stadt⸗ verordneten Kerfin ein großes Legr Waffen und Schriften russischer Revolutionäre entdeckt worden. Es hat sich herausgestellt, daß un⸗ zweifelhaft ein Zusammenhang zwischen der russisch⸗revolutionären Bewegung und der Berliner Sozialdemokratie bestand. Das stelle ich ausdrücklich für diejenigen fest, die in der benttgen Sozial⸗ demokratie immer nur eine Arbeiterpartei sehen und die immer schon in alle möglichen Zustände geraten, wenn hier ein Wort gegen die Sozialdemokraten gesagt wird. Ich frage den Minister erstens, was an dieser Mitteilung über die Auffindung eines Waffenlagers wahr ist, und zweitens, was gegen die russischrevolutionäre Bewegung hier geschehen ist. Wir sind der Meinung, daß eine entsprechende Aenderung unserer Strafgesetzgebung notwendig ist, wenn die bestehenden Bestimmungen dagegen nicht ausreichen. Gegenüber aller Gefühlsduselei muß daran festgehalten werden, daß die Ruhe und Sicherheit unserer Bevölkerung so zu schützen ist, daß unser Vaterland nicht wie die Schweiz zu einem Aryl für ausländische politische Verbrecher wird.
Miinister des Innern von Moltke:
Meine Herren! Was die erste Anfrage betrifft, die der Herr Abg. Schulze⸗Pelkum an mich gerichtet hat, nämlich ob etwas geschehen ist, um dem Unwesen der Homosexuellen entgegenzutreten, so kann ich nur bestätigen, daß sämtliche Polizeiorgane sich bemühen und Sorgfalt üben, um diesem dunkeln Gewerbe auf die Spur zu kommen und es möglichst unschädlich zu machen.
Was die Frage nach den Anarchisten angeht, die der Herr Ab⸗ geordnete gestellt hat, so sind im Laufe der letzten Zeit vier Fälle eingetreten, die die Aufmerksamkeit der Oeffentlichkeit auf sich gezogen haben. Ich habe es auch für durchaus richtig gehalten, daß die Polizei ganz offen Nachrichten über die Sache in die Blätter brachte, um weitere Schichten der Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, was auf diesem Gebiete bei uns in Berlin vorgeht. Im allgemeinen darf ich daher wohl annehmen, daß die Fälle bekannt sind; ich will sie aber kurz wiederholen.
Es begann mit dem Fall Trofimoff. Er betrifft eine Versamm⸗ sammlung, die geheim gehalten war, von der Polizei aufgehoben wurde und zu dem Ergebnis geführt hat, daß zahlreiche Ausweisungen er⸗
Bei den 8 6,N geschaffenen 100 Stellen
folgten und daß der Genannte wegen Geheimbünbelei bestraft und
ausgewiesen wurde.
Es folgte aus diesem Fall heraus der zweite, betreffend einen ge⸗ wissen Mirsky, in dessen Koffer ganz erhebliche Mengen von Spreng⸗ stoffen und Werkzeugen gefunden waren. dem Sprengstoffgesetz und hat vor dem Schwurgericht gestanden. Die Verhandlungen haben aber abgebrochen werden müssen, weil seine Vernehmungsfähigkeit zweifelhaft wurde, und darüber erst Feststellungen angeordnet worden sind.
Der dritte Fall war die Aufhebung einer geheimen Versammlung in Charlottenburg, zu welcher, wie zweifellos festgestellt ist, Mitglieder der russischen sozial⸗revolutionären Partei Tags zuvor in Berlin ein⸗ getroffen waren und an der Versammlung teilnehmen wollten. Hier sind Polizeistrafen und Ausweisungen erfolgt.
Endlich ist zu erwähnen der Fall, von dem der Herr Abgeordnete sprach: der Waffenfund bei dem früheren sozialdemokratischen Abge⸗ ordneten Kerfin. Ich muß bestätigen: die Mitteilungen, die der Herr Abgeordnete über den konkreten Fall verlas, treffen zu. Es ist mir
vor einigen Tagen die Nachricht zugegangen, daß die Staatsanwalt⸗
schaft eine strafrechtliche Verfolgung bestimmter Personen nicht hat einleiten können. (Hört, hört! rechts.) Es kann lediglich die Ein⸗ ziehung der aufgefunden Druckschriften und Waffen im objektiven Ver⸗ fahren nach §§ 40, 47 des Strafgesetzbuchs erfolgen. Die Unter⸗ suchung hat in allen diesen Fällen ergeben, daß ein Teil der hiesigen russischen Emigranten, also Flüchtlinge aus Rußland, die von unserer Gastfreiheit Gebrauch machen, sich mit sozial⸗revolutionären Be⸗ strebungen der terroristischen Richtung befaßt. Diese Feststellungen
dürften genügen, um Sie m versichern, daß die Polizei mit allen ihr
zu Gebote stehenden Mitteln den Betreffenden auf die Spur zu kommen und sie zu fassen sucht, wo sie kann. Es ist in allen diesen
Fällen seitens der Kriminalpolizei wirklich mit großem Geschick ein⸗
gegriffen. Sie hat der Bewegung, die von auswärts hier hinein⸗ getragen ist und hier ihren Unterschlupf gesucht hatte, einen wirksamen Schlag versetzt. (Bravol rechts.)
Abg. Dr. von Böttinger 2 bittet, daß die polizeilichen Be⸗ stimmungen über den Straßenverkehr in den Großstädten, besondert in Berlin, strenger durchgeführt werden.
„Abg. Kirs 8 (Zentr.) bedauert es, daß die Presse in Berlin an⸗ scheinend durch eine etwas enge Liierung mit der Polizei in der Lage 8 unnötige Sensationsnachrichten in das Publikum zu tragen. Das sei z. B. der Fall gewesen bei dem Zusammenbruch des Bank⸗ hauses Friedberg, bei der Ermordung des Försters in Rahnsdorf und bei der Erpressungsgeschichte mit der Niederlegung von 150000 ℳ am Richard Wagner⸗Denkmal. Möge der Wechsel im Polizeipräsidiun e daß diese zu enge Liierung der Presse mit der Polizei au 1 —
alle, wir wollen aber, daß auch uns dieses Recht bleibt. 1 Darauf wird die Deba 8 1
8
Er wurde angeklagt aus
Abg. Strosser (kons.): Die Statistik über die zu verfolgenden Ver⸗ brechen und die Resultate der Strafverfolgung muß übersichtlicher estaltet werden. Nach derselben sind 1907 14 sogenannte schwere Fle nicht abgeschlossen worden. Diese Zehl ist nach meiner einung zu groß, aber vielleicht liegt hier nur ein Mangel in der Statistik vor. Ich habe mir sagen lassen, daß unsere Kriminal⸗ politzei mit Schreibwerk zu sehr überlastet ist; mit Aktenstößen entdeckt man keine Verbrecher. Es wird überhaupt viel zu viel bei der Kriminalpolizei nach Schema F verfahren. ⸗Stellen Sie sich z. B. vor, daß es einem Kriminalbeamten gelungen ist, die Spur eines Verbrechers zu verfolgen, und daß er bei der Verfolgung mit dem —— noch eine lange Abrechnung machen muß, um zu bezahlen, während der Verbrecher entwischt! Der Hauptfehler liegt darin, daß die Kriminalpelizet nicht auf einzelne Betirke verteilt ist, andernfalls könnte sie genügende und schnelle Fühlung mit dem Publikum halten. Aber solange Kriminalpolizei und Revier⸗ polizei nicht zusammenarbeiten, werden immer solche Fälle möglich sein, wie mit dem entflohenen Kompagnon des Bankiers Friedberg, Bohn, wo eine Frau auf dem zuständigen Polizeibureau gemeldet hatte: Bohn packt seine Sachen, ihr aber gesagt wurde: das ist nicht unsere Sache, gehen Sie zum Polizeipräsidenten, das ist Sache der Kriminalpolizei; nachdem dann die Frau stundenlang auf Suche war, und ein Kriminalbeamter endlich kam, da war Bohn fort, denn er hatte natürlich nicht so lange gewartet, bis die Kriminal⸗ polizei so weit war. Unter allen Umständen müssen sich Revier⸗ polizei und Kriminalpolizei besser in die Hände arbeiten; die Kriminal⸗ polizei muß in die einzelnen Bezirke verlegt werden; muß die Stellung der Kriminalkommissare mehr gehoben werden. Abg. Gpßling (fr. Volksp.): In bezug auf die Zahl der un⸗ entdeckten Kriminalverbrechen hat der Minister in der Kommission die interessante Tatsache erwähnt, daß man sich in Berlin darauf beruft, daß dieses Verhältnis in London und Paris besser sei als in Berlin, und daß man sich in und London darauf beruft, daß es in Berlin besser stände. In Charlottenburg ist die Zahl der Sicher⸗ heitsbeamten noch immer ungenügend. Kürzlich wurde in der Nacht ein Mädchen, das von einem Konzert nach Hause ging, an ihrer Haustür von einem Strolch überfallen, niedergeworfen und schwer verletzt und konnte keinen polizeilichen 2,* finden. de Witt (Zentr.): Im letzten Jahre ist für die Mordtaten der Kroaten im westfälischen Industriebezirk die Strafe der Tat sehr chnell auf dem Fuße gefolgt; Polizei und Gericht haben hier sehr chnell gearbeitet. Aber der ö. Tatbestand macht doch eine Be⸗ sprechung notwendig, um den Minister zu bitten, die Selese e gen die ausländischen Arbeiter strenger anzuwenden. Es hat eraus⸗ stellt, daß bei einem früheren Aufenthalt in der Kolonie ffnungstal die ausländischen Arbeiter Gelegenheit hatten, sich die pfer auszuwählen, die ihnen Gewinn versprachen. Die kroatischen Arbeiter zerfallen in zwei Kategorien, die einen sind fleißige Ar⸗ beiter, die anderen sind Verbrecher, die immer mit dem Messer und Revolver umherlaufen. Ich erhebe gegen die Behörden keinen Vor⸗ wurf, aber die Schwurgerichtsverhandlungen gegen die Kroaten sollten doch zu großer Vor und Vorbeugungsmaßnahmen ermahnen. Es ist ja nicht schwer, die ausländischen Arbeiter los zu werden. Wenn man weiß, daß solche Arbeiter vor keinem Verbrechen zurückschrecken, so sollte man nicht eine milde Zurückhaltung üben, sondern sie über die Grenze jagen, daß die — stieben. Gegen die ausländischen Verbrecher sollte man die 15 geradezu schließen. Gewiß braucht die Industrie auch die ausländischen Arbeiter, aber über das Interesse der einzelnen Industriellen geht das Interesse der Sicherheit des Landes. Unter den Arbeitern die entsprechende Auswahl zu treffen, sollte nicht schwer sein. Wenn wirklich einmal ein Unschuldiger darunter mit leiden muß, so muß uns darüber das Wort des Eng⸗ länders tröften: right or wrong, my country. Es wäre erfreulich, wenn e ezah erklären könnte, daß er bereits schärfere Maßregeln erwogen e.
Unterstaatssekretär Holtz: An der Bekämpfung dieser Mißstände haben sich die Arbeitgeber beteiligt; sie haben dadurch Abhilfe heschafft, daß sie diese Leute sofort aus der Arbeit entlassen haben.
ist kontrolliert worden, ob die Arbeiter über die Grenze gegangen
d, und wo das nicht der Fall war, sind sie ausgewiesen worden.
er Minister steht ganz im Sinne des Vorredners auf dem Stand⸗ punkt, daß gegenüber diesen Gewalttätigkeiten und Verbrechen nichts anderes nützen kann. In dem betreffenden Bezirk besteht eine Ver⸗ ordnung gegen das unbefugte Waffentragen, und ihre Befolgung wird streng kontrolliert. Die neuen Bestimmungen über die Inlands⸗ legitimation der ausländischen Arbeiter werden uns die Möglichkeit eben, uns diese Leute in bezug auf ihr Vorleben, ihre Herkunft und hre ganze Persönlichkeit etwas näher anzusehen. Es kann kein Zweifel sein, daß wenn diese Maßnahmen versagen, gegen die ausländischen Arbeiter strengere Maßnahmen erwogen werden müssen, weil es undenkbar und unzulässig ist, daß wir uns von die hier ihr Geld verdienen, derartige Straftaten gefallen lassen.
Beim Kapitel der Polizeiverwaltung in den Pro⸗ vinzen bemerkt
Berichterstatter Abg. von Pappenheim, daß die Zahl der Gendarmen nicht genüge, und daß die Verwaltung sich durch die Ver⸗ mehrung der Schutzmannschaften nicht davon abgalten lassen dürfe, auch die Gendarmen zu vermehren.
Abg. Eckert (freikons.): Auf die Polizeikostenfrage gehe ich nicht ein, da das Gesetz darüber sich in der Kommission befindet. Für die Polizeibeamten in der Provinz ist eine Gehaltsverbesserung erforderlich, ich werde mich darüber bei Beratung der Besoldungsvorlage eingehend äußern und will jetzt nur darauf hinweisen, daß eine Gleichstellung der Beamten in der Provinz mit denen in Berlin durchaus notwendig ist Die Regierung hat im vorigen Jahre eine Gleichstellung der Poltzei⸗ sekretäre und Kommissare mit den gleichen Lamten in Berlin damit abgelehnt, daß die Beamten in Herlin anzusehen seien wie die Beamten einer zr. Die Polizeikommissare in der Provinz haben aber dieselbe Tätigkeit wie die Polizeileutnants in Berlin, auch ihre Plellschaftliche Stellung ist dieselbe.
von Wenden (kons.): Ich freue mich, daß auf dem Gebiete des Tierschutzwesens Besserung erzielt ist, und daß die Regierung dieser Frage Aufmerksamkeit entgegenbringt. Im Reichstage ist die Notwendigkeit schärferer Strafbestimmungen betont worden. Der nister des Innern hat in einem Erlaß eine bessere Anweisung der olizeibeamten in bezug auf den Tierschutz veranlaßt. In eimstadt besteht eine solche Anweisung an die Schutzmannschaft chon seit längerer Zeit. Der Handelsminister hat sich auch der ferde in den Berfeerken angenommen. Das neue Vogelschutzgesetz m Reiche haben alle Tierfreunde mit großer Freude begrüßt. Wir müssen auf diesem Gebiete aber endlich einen Schritt weiter kommen, seit einem Menschenalter haben wir eine Zunahme der Roheit und der Gleichgültigkeit in der Behandlung der Tiere zu bemerken. Bei der Strafgesetzreform ist zunächst eine Verschärfung der Strafen not⸗ wendig, aber auch der Minister muß mit Verwaltungsmaßregeln vor⸗ gehen, er wird dafür Verständnis in der Bevölkerung finden.
Minister des Innern von Moltke: Meine Herren! Da der Herr Vorredner ganz besonderen Wert
darauf legt, daß vom Regierungstisch ein Erklärung erfolge, so kann
ger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Montag, den 2. März
1908.
ich versichern, daß ich seine Anregungen dankbar und gern entgegen⸗ genommen habe und den Bestrebungen, die er im Herzen trägt, sehr gern Nachdruck verleihen würde. Ich habe das, glaube ich, auch
dazu habe, diese Bestrebungen weiter zu fördern.
Abg. von Bülow⸗Homburg (nl.) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Poße E der nassauischen Landbürgermeister durch enstgeschäfte, die sie wesentlich im Ehrenamte wahrnähmen und die sie vielfach verhinderten, ihrem Berufe als Landwirt nachzugehen. Sie wünschten daher eine höhere Entschädigung und möchten Voll⸗ bürgermeister werden. „Der Redner befürwortet diesen Wunsch mit dem Hinweis, daß die Landgemeindeordnung nicht entgegenstehe. Abg. Blell (fr. Volksep.) wendet sich gegen die Vorschrift über das Verhängen der Schaufenster an Feiertagen.
Abg. Dr. Faßbender (Zentr.) weist darauf hin, daß im Regie⸗ rungsbezirk Cöln zwei Polizeiverordnungen von 1854 und 1896 über Schankbetrieb beständen; die erstere verbiete die Verabreichung von den
eistigen Getränken in Wirtshäusern außer an Reisende während des uptgottesdienstes, die letztere gestatte den Gastwirten den unbe⸗ chränkten Ausschank von Wein und Bier vom Faß an Sonn⸗ und eesttagen. Er bitte den Minister, um eine Erklärung, was unter diesem Ausschank vom Faß zu verstehen sei, und was nach dem Erlaß der zweiten Verfügung von der ersteren überhaupt noch übrig sei.
Unterstaatssekretär Holtz erwidert, daß die Verordnung von 1854 den Schutz der Sonntagsordnung bezwecke und lediglich das Geräusch durch den Schankverkehr während der Gottesdienststunden verhindern wolle. Die andere Verfügung regele die handelsgewerblichen Be⸗ ziehungen der Gastwirte, d. h. den Verkehr nicht in der Schenke, sondern nach außen. Der Regierungspräsident habe sich schon bereit erklärt, die Verfügung durch die Einfügung der Worte „Verkauf über die Straße“ zu deklarieren. . —
Abg. Kirsch (Zentr.): Polizeiverordnungen bedürfen in den Ge⸗ meinden der Genehmigung des Gemeindevorstehers. In den Gemeinden im Westen, wo keine Magistratsverfassung besteht, ist der Bürgermeister nun zugleich Polizeiverwalter; als solcher erläßt er trotzdem Polizei⸗ verordnungen mit dem Bemerken, daß der Bürgermeister sein Ein⸗ verständnis erklärt habe. Es sollte aus der Bürgervertretung ein kleiner Ausschuß gebildet werden, der den Bürgermeister berät, wenn er eine Polizeiverordnung erlassen will.
Abg. Linz (Zentr.) bringt den Fall zur Sprache, daß in Biebrich ein vom Irrenarzt für gemeingefährlich erklärter Geisteskranker, der einen Mord begangen habe und in eine Anstalt gebracht werden müßte, frei auf der Straße herumlaufe. Der Redner verurteilt ferner den kolossalen Bierkonsum in den rheinischen Städten und wünscht -ve für den Bierverlag nach Analogie der Schank⸗ onzession.
Abg. Gyßling (fr. Volksp.) bittet um Vermehrung der 855 männer in Königsberg zur Erhöhung der Sicherheit und im Interesse der Beamten, die jetzt niemals einen ganzen freien Sonntag hätten.
Deas Kapitel wird bewilligt. Niach 4 Uhr wird die weitere Beratung auf Montag, 11 Uhr, vertagt (außerdem Etat der Seehandlung und Petitionen).
Es waren vorhanden Pferde
Maulesel 2 282 435 934 2417 37 2653 6s66 2 2 808 41uꝑ=”: 2 923 627 2 927 484 2 964 408 3 018 443 3 041 805
Rinder
8 639 514 8 737 641 9 871 521 10 552 672 10 876 972 10 405 769 11 156 133 11 646 908 11 996 804
im Jahre und
8 784 6 446 4 355
4 674
6 385
Es vermehrten (+) oder verminderten (—) sich von 1906 auf 1907 “
dadurch bewiesen, daß ich Belehrungen der Polizeiorgane über die Bestimmungen zum Schutz der Tiere offiziell bei den Regierungen angeordnet habe, und ich werde gern bereit sein, soweit ich Gelegenheit
Etatistik und Volkswirtschaft.
3 vorläufigen Ergebnisse der Viehzählung vom 2. jember 1907 und der Ermittelung der Hausschlachtungen für den preußischen Staat.
Auf Beschluß des Bundesrats wurde am 2. Dezember 1907 die siebente vr ee rer.] vorgenommen. Die Vorbereitung, Durch⸗ führung und Aufbereitung der Zählung war, wie bei allen Wehzählungen und den meisten anderen Erhebungen, nicht Sache des Reiches, sondern der einzelnen Bundesstaaten, insbesondere der landesstatistischen Zentral⸗ stellen. Die neue Zählung unterschied sich in mehreren wesentlichen Punkten von den früheren. Vor allem erfolgte sie auf Antrag des preußischen Statistischen Landesamts zum ersten Male im ganzen Reiche nach Haushaltungen, während früher regelmäßig nach Gehöften gezählt wurde. Der Unterschied liegt kurz darin, daß jetzt der einzelne Viehbesitzer oder Viehhalter gefragt wurde, wieviel Stück Vieh er habe, während früher der Geböftbe tzer oder Ver⸗ walter anzugeben hatte, wieviel Stück Vieh sich im ehöfte befanden, gleichviel, auf wie viele Haushaltungen sich das so ermittelte Vieh verteilte. Man erfährt also durch das neue Verfahren Genaueres über die Besitzverhältnisse, was bei der bisherigen summarischen Angabe des Viehstandes nicht möglich war. Diese Seite der Er⸗ hebung kommt jedoch erst bei der endgültigen Aufbereitung der Ergeb⸗ nisse zur Geltung, da es erst dann möglich ist, die hierfür notwendige besondere Auszählung des Viehstandes nach Haushaltungen vorzunehmen. Für die vorläufigen Ergebnisse hat das neue Verfahren nur den Vor⸗ teil, daß es höchstwahrscheinlich zu einer genaueren Ermittlung des . Viehstandes überhaupt geführt hat. Zahlenmäßig beweisen läßt sich das nicht, weil wir nicht 88 inwieweit die frühere summarische Aufnahme des Viehstandes Ungenauigkeiten veranlaßt hat. Verschiedene Anzeichen während der Aufbereitung der gegenwärtig vorliegenden Ergebnisse, ja schon während des Ganges der Erhebung bei den Ortsbehörden lassen aber den berechtigten Schluß zu, daß durch das neue Verfahren eine größere Zuverlässigkeit der ganzen Zählung gewährleistet worden ist. Das ließ sich auch von vornherein erwarten; denn der einzelne Vieh⸗ besitzer ist natürlich eher in der Lage, genaue Angaben über Umfang und Zusammensetzung seines Viehstandes zu machen, als det Gehöft⸗ 2 besitzer oder Verwalter, der häufig selbst gar kein Vieh hat. 1
Wichtig ist ferner besonders, daß mit dieser Viehzählung eine Ermittlung der sogenannten Hausschlachtungen verbunden worden ist. Dies geschah allerdings schon gelegentlich der letzten Reichs⸗ viehzählung vom Jahre 1904. Wie bedeutsam eine derartige Schlachtungszählung für die Kenntnis des beeer; der Bevölkerung ist, liegt auf der Hand; Voraussetzung dabei ist aller⸗ auf Zuverlässigkeit Zeit noch
dings, daß die erhaltenen len auch Anspru erheben können. Wie weit dies der Fall ist, läßt sich zur
endgültigen Ergebnisses beurteilt werden können. Man darf nicht übersehen, daß die Bevölkerung an die Zählung der Haus. schlachtungen noch nicht so gewöhnt ist wie an die des Viehbestandes, daß sich daher bei der Schlachtungszählung viel leichter Miß⸗ verständnisse, die später aufgeklärt werden müssen, eingeschlichen haben können als bei der Viebzäblung. Die Erhebung des Jahres 1904 hat dies gelehrt. Im übrigen hat die neue Zählung fast genau den gleichen Umfang gehabt wie die des Jahres 1900; sie war also eine solche „großen“ Umfanges. Abweichungen betreffen nur Einzelheiten bezüglich der Unterabteilungen der Viehgattungen, kommen also für das vorläufige Ergebnis noch nicht Frage.
*) Ohne Perlhühner 38 482 876, ohne Trut⸗ und Perlhühner 38 214 768.
Nicht gezählt, wie im Jahre 1900 ges wurden diesmal die I1“ behen,
Bienenstöcke
1 459 055 1 238 040 2 253 861 1 548 256
Schafe
19 666 794 14 752 328 10 109 594 7 859 096 7 001 518 5 917 698 5 660 529 5 435 053 5 398 460
Federvieh
4 294 926 5 819 136 7 725 601 9 390 231 10 966 921 12 749 998 12 563 899 15 355 959 . 15 070 311 1 528 103.
8
1 481 461 1 680 686 1 964 130 2 164 425 2 051 560
2116 360
36 472 202 *) 38 575 360
ö von 1906 auf 1907
die Pferde die
A. im Staate. + 23 362 B. in den Provinzen. Ost 1 632
eußen Westpreußen.. 1 516 Stadtkreis Berlin “
Brandenburg 5
6 195 3 146 81
2 476 2 542 2 988 598
1 136 38
um
1S8
80 ₰
¶ — 8 +
S5o
SHS.o
8282S88
H+rrIr
nnover. estfalen en⸗Nassau Rheinland.. Hohenzollern
—₰
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+ + + + + + + — 29 ——
SSSPEEES 25828 — 90 o☛
von 1 906 auf 1907
Maultiere und
44 13³ 18 17
10
die Rinder
um Stück 349 896
19 588 27 178 3 502 11 526 25 189 44 983 44 309 15 439 56 803 34 773 17 224 21 969 34 866 449
8
82
+ +
8
9
S 888 .‿ 202
do
8— 8888
6 3
—
S nS.— 288
— 1 SHg 0—
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8 2. 98* —2900,— — 80
8* S0 bo bo. †.— be
8039
+ +α’r
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S 0 —
von 1900, auf 1907
die Schafe 8 um Stück v. H im Staate 36 593 B. in den rovinzen. stpreußen. Westpreußen Stadtkreis Berlin.. Brandenburg ommern.. osen.
Seblen⸗ . eswig⸗ Hölstein 18 Hannover.. Westfalen.. ssen⸗ Nassau
24 706 2 043
5 616 612 17 267 7 366 12 287 5 277
9 741 7 662 5 209 13 969
+
† —₰2
22
+
OS.,92 022 &ARS
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2 564 1“
II4†14ꝙ T†II*†! 11+1* IIIc†
heinland..
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—₰
das Federvieh die Bienenstöcke um Stück v. H. um Stück v. H.
+ 8 202 696 20 153
£ 2 8
601 002 457 420
9 449 876 047 441 134 662 590 756 475 634 947
629 774 978 509 881 898 343 722 936 177
12 450
1 599 1 186
27
11 231 1 252 8 052 19 516 4 218
18 042
8 410
— 12 168 1 059 — 22 940
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nicht feststellen, sondern wird erst nach beendigter Aufbereitung des