1908 / 66 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Mar 1908 18:00:01 GMT) scan diff

zu verhindern, ist von der Regierung nichts geschehen. Es wurde mir damals erwidert, ein Vergleich der stattstischen Zi sei nicht an⸗ gängig, weil die frühere Statistik keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Gerstensorten gemacht habe. Heute kann ich meine damaligen Ausführungen ergänzen. Für die Zeit vom 1. August 1907 bis zum 20 Februar 1908 beträgt die Mindereinnahme an Gerstenzoll rund 4 Millionen Mark. 1907 war allerdings eine besonders gute Gerstenernte, und der Bedarf an ausländischer Malzgerste daher nicht so groß. Aber auch die Futtermittel waren gut geraten. Daraus bge man schließen, daß auch der Bedarf an Futtermitteln aus dem Auslande nicht so groß gewesen ist. Die tik beweist aber, daß die Einfuhr von Futtergerste und von Mais zugenommen hat. Aus den statistischen Ziffern ist also unwiderleglich zu schließen, daß tat⸗ sächlich nach wie vor große Mengen Gerste zum Zoll von 1,30 ehen, die zweifellos dem Zollsatz von 4 unterstellt werden üßten. Gelegentlich metner früheren Ausführungen erklärte der Freiherr von Stengel, es sei von den Behörden nicht be⸗ obachtet, daß erhebliche Mengen billig verzollter Gerste als Malz⸗ gerste verarbeitet würden. der bayerischen Kammer erwiderte mir der anzminister: irgend welche verwertbaren Angaben für die 1— tung, bei den hayerischen Zollämtern nach weniger strengen dsätzen verfahren würde, seien trotz der Aufforderung der bayerischen Regierung nicht beigebracht. Es ist doch auffallend, daß die Mißstände einzig und

f b ein allein unseren Behörden nicht bekannt sind. Das ist mir ein Beweis, daß sie jede

Fühlung mit Handel und Verkehr verloren haben oder ihre Fühlung.

mit ihnen nicht auszunutzen verstehen. Es bringt mich dies immer mehr zu der Ueberzeugung, daß der Beamtenorganismus der Zoll⸗ verwaltung an einer großen Lücke leidet und einen Mangel an Männern aufweist, die praktische Verbindungen mit Handel und Wandel hinter sich haben, daß es an Kaufleuten fehlt, die bei den Untersuchungen zuzuziehen wären. Die Mitarbeit solcher kaufmännischen äfte wäre gerade im Reichsschatzamt von großem Wert. Wir können dei der Zollverwaltung die Juristen und Zolltechniker nicht entbehren, aber die kaufmännische Vorbildung müßte ebenfalls ge⸗ ordert werden. Daß den Abfertigungsbeamten über die etwaige von Futtergerste als Malzgerste nichts

verwunderlich; sie können es gar nicht

o notwendiger aber sind Vorschriften, die

ausreichende Sicherheit gegen Fehler und Mißbräuche ge⸗ währen. Ich kann he weitere Beispiele dafür beibringen, eine ie geri ie die jetzigen Vorschriften bieten. In einem Tag wird insbesondere ausgeführt, daß der deutsche

das Gesetz vielfach bewußt umgeht und diese Um⸗

von langer Hand vorbereitet. Die Folge der sehr verschiedenen

ung der Bestimmung in den einzelnen Bundesstaaten ist die,

1. B. infolge der scharfen Handhabung in Bayern, besonders in die Einfuhr zweifelhafter Gerste auf der Donau abgenommen daß diese mehr über Hamburg und die deutschen Zollhäfen

weil do ie Aussichten größer sind, daß als Malzgerste

durchgeht. In neuerer Zeit

8 gen, die Gerste nach Friedrichs⸗ dort ju verzollen und dann beispielsweise Die Zolldifferenz ist .

über verschwinden und der Im⸗ einen Nettoverdienst von 140 hat.

up t sich gerühmt, in kurzer Zeit 150 W. s auf Weise nach Müachen defördert zu haben; er hat dabei 83 000 ‧ℳ

und die Reichskasse hat 40 500 eingebüßt. Es ist von eite sch ausgesprochen worden, es möge die Re⸗ daß die Gerste, die zum Maljzkaffee von 1,30 eingeführt werde. Daraus Gerste zum Zollsatz von 1,30

worden

und iwar entgegen Bestimmungen. ungescheut

eingeführt worden Unterschleife —8

baben, wir wollen hier keine De⸗

es wird Sache der Verwaltung sein, darüber Was wir erfahren, kann in Gottes Namen erfahren. Welche Konsequenzen führt der

sich! Wenn ein Landwirt Gerste einführt idm auf Kosten des Reiches die Gerste ge⸗ kunft an diese Auslegung halten müssen.

nicht sichten des Gesetzes. Es i sei süddeutschen, bayerischen 1 1 1 gestellt worden, HvA Futtergerste zu vdon 4 zu ist an dieser Frage nur FLrne, Die B 8

damit die Färbung

endlich dem Gesetz Genüge

-

an hat unsere Resolution als einen Das ist unrichtig. vor zu 1,30 einführen, mag

18 8 1

2

2 6b

5

8 8

das Färben läßt das Korn voll-

8

n; 3

8. iü⸗

ist man nach meiner Information

des Färbens einzugehen, das Quetschen

Handelsfähigkeit. an aber die

Standpunkt stehen, daß sie vollwertige

ollsatze einführen wollen, so widerspricht

Desterreich hat ein Interesse daran, sich den

seine Geiste zu erhalten. Wenn Rußland zu

so wird ihm eine große Konkurrenz gemacht.

vertritt hier dieselben Interessen wie wir.

Everträgen wohl verträglich, daß die Gerste gefärbt die Behandlung der Gerste mit 5 1;

daß d verzögert und die Substanz

und in seiner Qualität her⸗

von den Kosten des Verfahrens. Wenn der

daß sämtliche Gerste zum Zoll von 1,30

wird, so steht dies im Widerspruch

einer gamzen Anzahl kleiner Müller in Westpreußen.

3

8 ’1

32₰

auch den Mangel, daß er keine Straf⸗

Der Staatssekretär von Stengel hat gesagt, daß

keine Strafbestimmungen beständen, und

vern Es sind

2 Strafen, sehr hohe Strafen erforderlich. Ich iu tun, was notwendig ist, um

Tor und Tür geöffnet ist.

aissefetär, alles

üejen Ucbeihürden ein Eade zu machen. Auch die füddeutschen Malt⸗

frürkarter Pnüber an der Sache ein Interesse, weil sie von den 7 tmn bedroht sind. Es handelt Her muct um die Interessen der Gerste bauenden Landwirt⸗

¹ ter kaufenden und verbr den Land⸗ A. - nite Gerste mamerflich

29 99

Miülieren geschärigt. Sünügend in sanitärer Beziehung. Möge

Ifen!

Stuatssefceiir bes Meicheschatzamis, Staatsminister Sydow:

Maeis Serren! Mahhem Füer am 6. Dezember 1906 der große Rendnuuf zeüschen dem Lighen Herrn Berredner und meinem Herrn

Lnaaxegünger Füier iüe jrzt eöcterte Fuage stattgefunden hat, und soweit das überhaupt zuläfsig ist, d. h. wenn der Verwender die Zoll⸗

nun Smei irg sasifurges Seliea bas Fir uns Baer der beiden ein⸗

so neit über die Frage zu gewinnen konnte; und

so groß,

beiden Herren Vorredner auch die Verwendung als Brenngerste, über⸗

In dem F V

itze und Säure habe

schte, mit Sand und Spreu ver⸗ s überschwemmt. Die Gerste

ans den Donaünhern in mnt 7 bcs 10, aus Rußland mit 10 bis Beftarnteilen vermischt. Unser deutscher Konsum

igt. Diese systematische

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ich kann Sie versichern: das war ein ziemlich saures Stück Arbeit für mich. (Sehr richtig!.) Das Ergebnis, zu dem ich gekommen bin, will ich mir erlauben Ihnen kurz vorzutragen.

Nach meiner Auffassung handelt es sich bei der Stellung der verbündeten Regierungen nicht so sehr um das, was für Produzenten oder Konsumenten wirtschaftlich wünschenswerk oder vom finanziellen Standpunkt aus begehrenswert wäre, sondern darum, welche rechtliche Möglichkeit die bestehenden Handelsverträge bei einer den Intentionen der Kontrahenten entsprechenden Auslegung lassen, auf die hier vor⸗ getragenen Wünsche einzugehen. Wie Ihnen bekannt, kommt da in erster Linie und hauptsächlich der Handelsvertrag mit Rußland in Frage.

Wenn ich mir nun die beiden Resolutionen und nur zu diesen zu sprechen ist meine Absicht daraufhin ansehe, wiewelt den darin geäußerten Wünschen ohne Zuwiderhandlung gegen diesen Hmndels⸗ vertrag entsprochen werden kann, so stoße ich zunächst bei dem ersten Wunsche, jede Gerste, die für Brauerei⸗ oder Brennzwecke geeignet ist, mit dem 4 ℳ⸗Zoll zu belegen, auf Bedenken. Die Anmerkung in dem russischen Handelsvertrag läßt den 4 ℳ⸗Zoll zu für Gerste, die in reinem, ungemischtem, grannenlosem Zustande 65 oder mehr kg Hektolitergewicht hat oder die mehr als 30 Gevichtsprozente Körner enthält, deren Gewicht 67 kg oder mehr beträgt. Sollte bei der Probeentnahme die Gerste nicht genügend gereinigt sein oder sollte bei der Entnahme der Körner nicht mit genügender Vorsicht verfahren sein, so wäre das ein Mißgriff, dem natürlich im Ausführungswege entgegengewirkt werden muß; wenn sich herausstellt, daß in der Be⸗ ziehung begründete Klagen vorliegen, so wird es meines Amtes sein, die verbündeten Regierungen, denen die Ausführung obliegt, darauf hinzuweisen, damit solche Mißgriffe nicht weiter vorkommen. Dahin⸗ gegen läßt der russische Handelsvertrag die Befugnis, Gerste, welche weniger als 65 kg wiegt, mit dem höheren Zoll zu belegen, nur dann zu, falls sich infolge der besonderen Beschaffenheit der zur Zoll⸗ abfertigung gestellten Sendung Zweifelsgründe hinsichtlich der Ver⸗ wendung der Gerste ergeben. Allerdings: es müssen besondere Eigen⸗ tümlichkeiten der Sendung sein; eine allgemeine Qualifikation etwa dahin, daß die Gerste zwischen 60 und 65 kg Gewicht hat, würde nicht ausreichen. Und zwar muß diese besondere Beschaffenheit Zweifel hinsichtlich ihres Verwendungszweckes lassen.

Nun besteht ja da latent eine große Meinungsverschiedenheit darüber, was unter „Verwendungszweck“ zu verstehen ist. Das hat sich hier bei der Erörterung vor 1 ¼ Jahren ergeben. Während mein Herr Amtsvorgänger den Verwendungszweck dahin präzisierte: die Gerste darf nicht als Braugerste verwendet werden —, haben die

haupt jede Verwendung außer als Futtergerste, hierunter verstanden. Die Gründe für die Auffassung der verbündeten Regierungen hat mein Herr Amtsvorgänger damals ausführlich dargelegt; er hat Ihnen auseinandergesetzt, daß die an den Vertragsverhandlungen beteiligten Ressorts übereinstimmend der Meinung sind, daß Gerste im Gewicht von weniger als 65 kg Hektolitergewicht, wenn sie lediglich als

Brenngerste verwendet werden soll, nach den Abmachungen mit Ruß⸗

land nicht habe unter den 4 ℳ⸗Zoll gestellt sein sollen. (Sehr richtig!) Nun muß ich sagen: das ist damals von erfahrenen Sachkennern, von

stattgefunden Männern, die den Vertragsverhandlungen nahestanden, hier dargelegt

die Namen der Herren zu nennen,

worden; demgegenüber sehe ich keine Möglichkeit für die verbündeten Regierungen, bei der Auslegung des Vertrags sich auf einen andern Standpunkt zu stellen die Antwort von Rußland würde einfach der Hinweis darauf sein, daß die entgegengesetzte Auffassung von hier offiziell anerkannt sei. Es wird sich also jeder, der namens der ver⸗ bündeten Regierungen hier zu sprechen die Ehre hat, jetzt und in Zu⸗

Wenn ich weiter den zweiten Punkt der Resolution Dr. Roesicke

ins Auge fasse, der die Denaturierung alter Gerste, die mit dem Zoll

m einem sehr g Teil B erliner Handelskammern und haben ebenfalls sich für die eeetn ene geschehe.

chlagen, wollen aber gerne uns einem

von 1,30 belegt ist, vorschlägt, so kann ich auch das mit der An⸗ merkung zum russischen Handelsvertrag nicht gut in Einklang setzen. Da soll eben nur unter der Voraussetzung, daß sich aus besonderen Eigentümlichkeiten dieser Sendung Zweifel hinsichtlich des Ver⸗ wendungszweckes also nach der Auffassung der verbündeten Regie⸗ rungen ihrer Verwendung als Braugerste oder, was dem gleich steht, zu Malzfabrikaten ergeben, das Recht zur Denaturierung vorliegen

aber allgemein geht das nicht. Einen anderen Weg schlägt nun

die Resolution Speck vor. Diese hat, wenn ich einmal von dem

Unterschiede von Brenn⸗ und Braugerste absehe, den Zweck, zu ver⸗

hüten, daß eine Gerste nachträglich zu einem Zweck verwendet wird, der, wenn er bei der Einführung bekannt gewesen wäre, die Erhebung des höheren Zolls zur Folge gehabt hätte. Sie wendet sich also gegen ein Verfahren, das der Herr Vorredner als einen Verstoß gegen Treu und Glauben im Zollverkehr bezeichnet hat. Dieser Auffassung kann ich mich vollständig an⸗

schließen. Das Bestreben, durch Färden eines Teiles der Gerste zu

erreichen, daß Gerste, die den niedrigen Zoll gezahlt hat, nicht nach⸗ träglich zu Zwecken, die die Zahlung eines höheren Zolls erfordert hätten, gebraucht werden kann, ohne daß der Zollunterschied nachgezahlt wird, ist der Reichsfinanzverwaltung durchaus nicht unsympathisch. Die Schwierigkeiten bestehen nur darin, daß man kein Färbemittel nehmen darf, das nachher bei der Verwendung der Gerste als Nahrungs⸗ mittel für Menschen oder Tiere gesundbeitsschädlich ist. Darüber schweben Verhandlungen mit dem Reichsgesundheitsamt. Wir hoffen, zu einem solchen neutralen Färbemittel zu kommen, und würden durchaus bereit sein, einen Prozentsatz färben zu lassen. Mehr als einen Teil der eingehenden Gerste zu färben, würde schon aus prakti⸗ schen Gründen gar nicht möglich sein; es würde das bei den Zoll⸗ eingangsstellen nicht durchführbar sein.

Der weitere Antrag der Resolution Speck geht auf Ein⸗ führung von Strasbestimmungen für den Fall, daß Gerste, die dem niedrigen Zall unterlegen hat, nachträglich zu Mälzereizwecken

ich lasse augenklicklich dahingestellt, ob als Brangerste oder als Brenn⸗

gerste, verwendet wird. Innerhalb der durch den russischen Handels⸗ vertrag gezogenen Grenzen halte ich diesen Weg für gangbar. Es schweben augenblicklich im Reichsschatzamt Erwägungen nach dieser Richtung, also dabin, daß eine spätere Verwendung der mit 1,30 Zoll belegten Gerste za Brauzwecken unter Strafe gestellt werden soll,

behandlung gekannt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit nicht verkennen konnte. Um den Verbraucher darauf hinzuweisen, würde ein Färben der Ware ein zweckmäßiges Mittel sein. Ich halte es also für mög⸗ lich, den Wünschen insoweit entgegenzukommen, als sie dem russischen Fatas acheg

Wenn im übrigen der erste Herr Redner geglaubt hat, mir durch den Hinweis auf die große Einnahmequelle, die er mir eröffnet hat, eine Freude zu bereiten, so muß ich leider sagen: eine reine Freude war es nicht. (Bravo! und Heiterkeit.)

Abg. Fuhrmann (nl.): Wir stehen auf dem Standpunkte der Einbringer der Resolutionen Speck und Roesicke. Wir meinen in Uebepeinstimmung mit dem Grafen Posadowsky, daß alles, was nicht alz Futtergerste gelten kann, unter den Begriff „Malzgerste“ und unter den Viermarkzoll zu geg un sei. Die Frage hat durch das Kom⸗ promiß beim Zolltarif eine befriedigende Lösung gefunden; die damalz adoptierte Unterscheidung kann aber nur durchgeführt, und es kann den berechtigten Wünschen der Landwirtschaft nur Rechnung getragen werden, wenn den Intentionen der Interpellanten ents⸗ n wird wobei wir uns auf die Einzelheiten keineswegs festlegen.

Württembergischer E“ zum Bundesrat, Ministerialrat Schleehauf: Die bezüglich der Verzollung in Friedrichshafen ge⸗ machten Ausführungen könnten den Anschein erwecken, als ob dort nicht korrekt verfahren würde. Ich muß eine solche Auffassung entschieden zurückweisen. Nachdem der Abg. Speck im bayerischen Landtage die Sache zur Sprache gebracht hatte, haben wir Erhebungen angestellt, die sich auf die Zeit vom 1. März 1906 bis Anfang November 1907 erstrecken. In dieser Zeit sind in Friedrichshafen 202 Waggonladungen Gerste angekommen; davon wurden 32 als Malzgerste abgelassen, 170 als andere Gerste. Innerhalb des Jahres vom 1. März 1906 bis 28. Februar 1907 sind 72 Waggonladungen zu 1,30 Zoll abgefertigt worden, davon 22 ohne Unbrauchbarmachung, weil die Zollbehörde die Maßregel nicht für erforderlich erachtete, 17 ebenso ohne Unbrauchbarmachung, aber erst auf Grund des Gut⸗ achtens einer technischen Stelle. 33 Ladungen, also 46 %, sind, erst durch Ausschroten unbrauchbar gemacht, abgelassen worden. In Betreff der erst auf Grund eines Gutachtens abgelassenen Ladungen war das Gutachten der Berliner technischen Prüfungsstelle so über⸗ zeugend, daß man sich in München nachträglich der Tarifierung zu 1,30 angeschlossen hat. Auch die Behauptung, daß Gerste von München nach Friedrichshafen und dann wieder nach München zurückgebracht wurde, trifft im allgemeinen nicht zu; nur 4 von den 202 Waggonladungen haben diesen Weg zurückgenommen, alles übrige ist in Württemberg geblieben. Ich meine, damit den Vorwurf entkräftet zu haben, daß im Königreich Württemberg gegen die bestehenden Vorschriften verfahren werde.

Direktor im Reichsschatzamt Kühn ergänzt die Ausführungen des Staatssekretärs durch Besprechung einzelner gegen die Auslegung und Ausführung der Tarifbestimmungen erhobener Beschwerden. Be⸗ züglich der Auslegung werde es im allgemeinen sehr schwer sein, eine Uebereinstimmung zwischen den einzelnen Faktoren zu erzielen. Was die Ausführung der Bestimmungen anlange, so sei die Verwaltung bemüht, Zuwiderhandlungen zu verhindern, resp. Remedur zu schaffen. Wollte man alle aus dem Auslande eingehende Gerste mit einem Viermarkzoll belegen oder denaturieren, so würde das gegen den russischen Handelsvertrag verstoßen. Es sei behauptet worden, daß die deutsche Landwirtschaft durch den Gerstenimport besonders ge⸗ schädigt worden sei. Die Statistik zeige jedoch, daß die Einfuhr von Malz⸗ und Futtergerste im Durchschnitt der letzten Jahre nicht erheblich abweiche von der Einfuhr vor 1902. Jedenfalls sei diese Sache noch nicht so weit geklärt, um eine end⸗ gültige Entscheidung über die Wirkung des Zolltarifs zu treffen. Was die Beschwerden gegen die Beamten betreffe, die entgegen den Bestimmungen des Gesetzes Gerste vielfach zu dem niedrigeren Satze einließen, die nachher tatsächlich zu Brauzwecken verwendet werde, so seien auch schon von anderer Seite solche Beschwerden erhoben worden, aber niemals in so bestimmter Form, daß die Be hörden ein Verfahren hätten einleiten können. So set z. B. behauptet worden, daß in einer rheinischen Malzfabrik zum Zollsatze von 1,30 ein⸗ geführte Gerste zur Malzfabrikation verwandt worden sei. Es habe sich jedoch herausgestellt, daß diese Behauptung unzutreffend sei. In dem Bestreben, Unterschleife durch irgendwelches Verfahren zu ver⸗ meiden, stehe die Verwaltung ganz auf dem Boden der Resolution, doch sei die Sache noch nicht vollständig aufgeklärt, namentlich was das Färben der Gerste betreffe.

bg. Carstens (fr. Volksp.) erklärt, seine Fraktion sei durch die Ausführungen des Staatssekretärs befriedigt, wenn sie auch nicht ent⸗ zückt von ihnen sei. Wenn die einzelnen Orzane der Zollämter erklärten, es sei ein offenes Geheimnis, daß Zollhinterziehungen statt⸗ fänden, so ergebe sich doch daraus die Norwendigkeit, etwas schärfer aufzupassen. Die Behörden seien aber auch von den Schikanen gegen die Importeure keineswegs frei gewesen. Einem Importeur sei in Hamburg vom Hauptzollamt die Zollabfertigung verweigert worden, weil er neben seimem Hauptgeschäft noch eine Mälzerei gehabt hätte. Man habe verlangt, daß die Verzollung in Elmshorn vorgenommen werden solle, was nebenbei ein Unsinn sei, da sich doch an dem Ein⸗ wand hinsichtlich der Mälzerei dadurch nichts geändert hätte. Die Importeure würden, um Schwierigkeiten zu vermeiden, dazu übergehen, vorwiegend leichte Gerste einzuführen, und man würde ein minderwertiges Produkt bekommen. Eine Er⸗ höhung des Maiszolls auf 3 sollte doch allen billigen Ansprüchen genügen. Die Resolutionen bezweckten tatsächlich nichts anderes, als die Brenngerste zu versteuern und der Futter⸗ gerste einen höheren Preis zu sichern, um so die deutschen Vieh⸗ züchter und die Fleischkonsumenten zu schädigen. Es würde eine wesentliche Schädigung von Schiffahrt und Handel eintreten, auch die Mälzereien, die ihre Produkte an die Brennereien ver⸗ kauften, würden, da letztere die von ihnen zum Einmaischen ver⸗ wendete Gerste von 50 auf 25 % reduzieren könnten, um die Hälfte ihres Absatzes geschädigt. 6 Brennereien zu, deren Fabrikation wesentlich verteuert würde, ohne daß sie ihrerseits die Preise erhöhen könnten. Auch die Hefe würde verteuert werden, und die Bäckereien würden wiederum die Mehr⸗ belastung auf die Konsumenten abwälzen. Den Vertretern der verbündeten Regierungen stimme er vollkommen darin zu, daß eine Erhöhung der Malzgerste einfach einen Verstoß gegen die Handelsverträge bedeuten würde. Der Redner bezieht sich auf Ausführungen des Reichskanzlers, des Grafen Posadowsky und des früheren Landwirtschaftsministers von Podbielski. Bei veränderter Auslegung der Handelsverträge würden die anderen Staaten zu wirtschaftlichen Gegenmaßregeln geführt. Wenn sich die Notwendigkeit herausstelle, würde es sich empfehlen, daß die Händler den Brauereien und Mälzereien den Nachweis über die Verzollung führen müßten. Das wäre ein wirksames Mittel gegen Be⸗ trügereien. Eine generelle Denaturierung widerspreche den Handels⸗ verträgen. Man könne nicht vorschlagen, wenn man über⸗ haupt kein Denaturierungsmittel wisse. Er bitte, beide Resolutionen abzulehnen. 4

Abg. Dr. Südekum (Soz.): An Gründlichkeit fehlt es dieser tatsächlich pro nihilo stattfindenden Debatte nicht; trotzdem für den Augenblick absolut nichts zu erreichen ist, widmet man der Sache einen ganzen, Sitzungstag und läßt sogar die so dringend geltend gemachte Rücksicht auf die rechtzeitige Fertigstellung des Etats außer acht. Die Anstrengungen der Befürworter der Resolutionen und der hinter ihnen stehenden Parteien haben keinen anderen Zweck, als die Gerste zu verteuern, indem man möglichst die ganze nach Deutschland im⸗ portierte Gerste zu dem Satz von 4 verzollt. In Wirklichkeit be⸗ trägt der Gerstezoll 1,30 ℳ, und nur besonders qualifizierte Gerste soll 4 Zoll tragen; um so schärfer müssen die Versuche der agrarischen Seite, uns einen Viermarkzoll aufzuzwingen, zurückgewiesen werden. Schon früher trug man uns hier unheimliche Geschichten von Zoll⸗ defraudanten vor; die Vertreter der Regierungen führten diese Be⸗ hauptung auf ihr Nichts zurück, und heute ist den entsprechenden Mitteilungen des Abg. Speck dasselbe Schicksal widerfahren. Der Abg. Speck scheint das Opfer eines sehr phantasiereichen Gewährsmannes ge⸗ worden zu sein. .Roesicke spielte sich heute als den Förderer der Reichsfinanzen vor; was ein richtiger Agrarier ist, der tritt unter allen möglichen Vermummungen vor, bald als Patriot, bald als Sbrze des Reichsfistus usw. Der Abg. Ror sicke sollte doch, wenn ihm die Re finanzen so am Herzen liegen, sich die Reform der Branntweinsteuer vornehmen, aber da versagt er prompt. Da aber gibt es Millionen

Das gleiche treffe für die gewerblichen,

zu ersparen, und das Reichsfinanzinteresse würde ganz anders ewahrt werden als durch die Verteuerung der Futtermittel.

undernehmen aber mußte die Stellungnahme des Vertreters der Nationalliberalen. Denn als der Abg. Fuhrmann sprach, hatte der Staats⸗ ekretär des Reichsschatzamts bereits dargetan, daß die Resolution oesicke eine flagrante Verletzung des russischen Handels⸗ vertrages bedeuten würde. Der . Fuhrmann hat nicht die Spur eines Versuches gemacht, den Schatzsekretär zu widerlegen, sondern er empfahl kurz und bündig die Annahme beider Resolutionen, auch der Resolution Roesicke! Entweder hat der Abg. Fuhr⸗ mann die Sache nicht ganz genau, studiert, oder er glaubte hier einen Gerstenblock zustande zu bringen, wieder einmal mit einer agrarischen Mehrheit zu demonstrieren. Auch die Vorschläge der Resolution Speck scheinen uns schon sehr bedenklich. Die Kanipulationen mit dem Färben usw. können den Charakter der ein⸗ eführten Waren sehr verändern und ihre Verwendbarkeit ein⸗ schränken. Dadurch kann unter Umständen eine Verletzung der Be⸗ stimmungen der abgeschlossenen Handelsverträge gefunden werden; mindestens wird zu verlangen sein, daß solche Manipulationen in den Handelsverträgen selbst einen Anhalt finden. Wir stimmen gegen beide Resolutionen.

Abg. Dr. Varenhorst (Rp.): Der Zustand, daß die Zölle und Verbrauchssteuern von den Einzelstaaten für Rechnung des Reiches erhoben werden, führt tatsächlich zu einer Belastung des Reiches zum Vorteil der Einzelstaten, indem es einen erheblichen Ausfall an Einnahmen erleidet, ganz abgeseben davon, 8 die gleichmäßige Hand⸗ habung der zoll⸗ und steuerlichen Maßnahmen schon wegen der Mannig⸗ faltigkeit der einzelstaatlichen Einrichtungen und der verschiedenartigen Ausbildung der Zollbeamten keineswegs gewährleistet ist. Der deutsche Zollverein ist nächstens 75 Jahre alt; dennoch herrscht noch heute auf dem Gebiete der Vorbildung der Zoll. und Steuerbeamten, wie in ihren Gehaltsverhältnissen eine außerordentliche Buntscheckigkeit. Da sollte der neue Reichsschatzsekretär Reformen anbahnen. Die Grenzaufseher speziell haben einen sehr schweren und äußerst verant⸗ wortungsvollen Dienst, der die Anforderungen, die sonst an Unter⸗ beamte gestellt werden, sehr stark übersteigt.

1 Sctaatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:

Ich erkenne gern an, daß eine möglichst eingehende und gründliche Durchbildung der Zollbeamten wünschenswert ist. Aber dem Wunsche, die Zollbeamten zu Reichsbeamten zu machen, steht der Artikel 36 der Verfassung entgegen, wonach die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern jedem Bundesstaate zusteht. Bekanntlich werden die Bundesstaaten durch Pauschquanten für die ihnen daraus ent⸗ stehenden Kosten entschädigt, und danach muß auch der Erlaß der einzelnen Vorschriften über Ausbildung Sache der Bundesstaaten bleiben. Das Reich ist nicht befugt, eine unmittelbare Einwirkung darauf auszuüben.

Abg. Reese (nl.) führt aus, daß auch die Denaturierung die Brennereien nicht veranlassen werde, zur Braugerste überzugehen, sie würden dann vielmehr auf die deutsche Futtergerste zurückgreifen. Anderseits müsse im Interesse der mittleren und kleinen Landwirtschaft jede Erschwerung oder Verteuerung des Bezuges von Futtermitteln vermieden werden. Die Umgehung gesetzlicher Vorschriften sei nicht zu billigen, die Denaturierungsfrage sei aber noch nicht gelöst. Das Färben känne ungünstige Wirkungen haben, das Vieh fresse viel⸗ leicht die Gerste nicht, oder die gefärbte Gerste sei ihm schädlich. Jedenfalls dürfe durch das Denaturierungsmittel der Handel und Verkehr in Gerste nicht erschwert und das Fabrikat im Werte nicht herabgesetzt werden. 1

Abg. Speck (Zentr.): Ich habe durchaus nicht gesagt, daß ich die gesamte Gerste zum Viermarkzoll eingeführt sehen möchte. Hält es der Vorredner für richtig, daß unsere Landwirte durch das schlechte Zeug, welches der Gerste aus Rußland beigemischt wird, geschädigt werden? Es scheint mir, daß er überhaupt keine Kontrolle haben will, sondern alle Gerste zu 1,30 einführen will. Der Abg. Südekum sollte nicht päpstlicher sein als der Papst, nämlich der Staatssekretär, der eine prozentuale Färbung für ausführbar erklärt hat. Die Er⸗ klärung des württembergischen Vertreters ist mit meinen Informationen sehr wohl verträglich. Ist es denn nicht möglich, daß die Wagen nicht doch über Ulm nach München gegangen sind? Meine Informationen stützen sich auf einen Gerstenmann, der in Württemberg eine führende Rolle spielt. Die Preßhefebrennereien können sich über eine Notlage nicht beschweren, sie bleiben mit ihren Preisen auf derselben Höhe, obwohl der Zoll jetzt nur 1,70 beträgt. Wundern muß ich mich über die Haltung der nationalliberalen Partei. Ich bin neugierig, wie sie schließlich stimmen wird. Der Abg. Paasche stellt sich ja auf den Boden meiner Resolution. Der Abg. Fuhrmann fand die Antwort des Staatssekretärs nicht befriedigend; ich muß im Namen meiner dem Staatssekretär meinen Dank aussprechen für seine Er⸗ lärungen. Wir werden nun hoffentlich ein gutes Stück vorwärts kommen.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Reese wird die Resolution Roesicke in Nr. 1 gegen die Linke angenommen, in Nr. 2 abgelehnt, weil auch das Zentrum dagegen stimmt. Die Resolution Speck wird gegen die Stimmen der Linken angenommen. 8

Die Einnahmen aus den Zöllen 704 Millionen werden genehmigt, ebenso ohne Debatte der Etatsanschlag der Ein⸗ nahme aus der Tabaksteuer und Zigarettensteuer, Zuckersteuer. S9.n

Bei den Einnahmen aus der Salzsteuer weist der

Abg. Dr. Paasche (nl.) darauf hin, daß von interessierter Seite gewänscht worden sei, daß die Steuerbehörde bei der Zollabfertigung der Kaltdungsalze weniger rigoros verfahre. Die Abfertigung sollte im Interesse der Landwirte möglichst erleichtert werden, vielleicht in der Weise, daß der Ortsvorsteher die Bescheinigung gebe, daß die Kalisalze nur zu Dungzwecken verwendet werden.

Bei den Einnahmen aus der Maischbottichsteuer hebt der

Abg. Erzberger (Zentr.) hervor, daß die jetzige Regulierung der Bottichsteuer den Brennern ein ganz unverdientes Geschenk in den Schoß werfe. Die Brenner bezahlen nur eine Steuer von 12 ₰, während sie eine Rückvergütung von 16 % erhalten. Bei der jebigen Finanzlage müsse das als ein öffentlicher Skandal bezeichnet werden.

Die Einnahmen aus der Branntweinsteuer werden be⸗ willigt und ohne Debatte die aus der Schaumweinsteuer.

Bei der Brausteuer und Uebergangsabgaben von Bier weist der „Abg. Kaempf (fr. Volksp.) darauf hin, daß infolge der Aus⸗ führungsb stimmungen des Bundesrats, wonach der Zusatz von Zucker bei obergärigen Bieren steuerfrei bleibt, in Berlin sich mehrere Weißbierbrauereien etabliert haben, eine neue Industrie, die nicht wie die anderen Brauereien mehr Malz, sondern zu einem großen Teil Zucker verwendet und infolgedessen eine geringere Brausteuer jahlt. Ich bin durchaus ein Freund der freien Konkurrenz, aber in diesem vn ist erst künstlich durch die Ausführungen des Bundesrats eine onkurrenz geschaffen worden. Die alten Berliner Weißbierbrauereien erleiden einen erheblichen Schaden, sodaß eine ganze Reihe von ihnen bereits eingegangen ist, andere so schlecht rentieren, daß ihr Ver⸗ schwinden zu erwarten steht. Man muß allerdings zugeben, daß auf Grund dieser Bestimmungen des Bundesrats sich eine neue Industrie Fr, er. hat, deren Interessen Berücksichtigung erfordern, aber es er⸗ scheint mir doch notwendig, daß der Staatssekretär in Erwägung zieht, ob es nicht an der Zeit ist, auch bei den obergärigen Zucker zu besteuern.

ieren den

8

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:

Die Bestimmung, wonach der Bundesrat befugt ist, bei den Brauereien obergäriger Biere den Zucker von der Brausteuer freizu⸗ lassen, ist, wenn ich mich nicht irre, bei der letzten Lesung des Brau⸗ steuergesetzes aus der Mitte dieses hohen Hauses eingefügt worden. Es sind an uns auch Beschwerden in dem gleichen Sinne, wie sie der Herr Vorredner hier geltend gemacht hat, seitens der Berliner Weiß⸗ bierbrauereien gelangt. Wenn die darin hervorgehobenen Tatsachen sich als richtig erweisen, so ist in der Tat eine Verschiebung zu Un⸗ gunsten der Konkurrenzfähligkeit eines bestimmten Teiles der Brauerei⸗ industrie infolge davon eingetreten, daß der Bundesrat von der ihm erteilten Befugnis Gebrauch gemacht hat. Ich zweifle, ob das in der Absicht des Bundesrats und auch dieses hohen Hauses liegt. Ich bin also bereit, die Frage von neuem zu prüfen und gegebenenfalls die Frage dem Bundesrat erneut vorzulegen.

Die Brausteuer und Uebergang sabgabe von Bier wird genehmigt, ebenso, ohne Debatte, die aus dem Spiel⸗ kartenstempel und die Wechselstempelsteuer.] .

Bei den Reichsstempelabgaben, und zwar zu den Einnahmen aus den Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge liegt die oben mitgeteilte Resolution vor.

Abg. Fritzen⸗Rees (Zentr.): In den westlichen Grenzgebieten hat der ausländische Automobilverkehr besonders aus Holland gegen früber erheblich nachgelassen. Dadurch werden eine ganze Reihe von Ge⸗ werbetreibenden getroffen, bei denen keine Einkäufe mehr gemacht werden. Von den verbündeten Regierungen wurde anerkannt, daß eine Abänderung der Bestimmungen über die Besteuerung ausländischer Automobile unbedingt eintreten müßte. In diesem Falle darf aber die Steuer die Inlandsätze nicht übersteigen, sonst würden die ausländischen Automobilbesitzer das als eine Ungerechtigkeit empfinden.

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:

Was den ersten Punkt der Resolution angeht, so sind die Er⸗ mittlungen im Gange, um die Zahl der Pferdekräfte in einer zuver⸗ lässigeren Weise als bisher festzustellen. Die Angelegenheit schwebt augenblicklich bei der dem Reichsschatzamt beigegebenen Technischen Versuchsanstalt.

Was den zweiten Punkt, den Greazverkehr von Kraftfahrzeugen betrifft, so kann ich mit den letzten Worten des Herrn Vorredners nur einverstanden sein. Die Sache ist in der Bearbeitung. Ich hoffe, es wird möglich sein, noch vor Beginn der Reisezeit Vorschläge zu Bestimmungen zu machen, welche den Grenzverkehr der Kraftfahr⸗ zeuge erleichtern. Insbesondere wird dabei auch eine anderweltige Be⸗ messung der Dauer der Steuerkarten für die ausländischen Kraftfahr⸗ zeuge in Frage kommen. (Bravo!)

Die Resolution der Kommission wird angenommen.

Ohne Debatte passieren die Einnahmen aus der Tantiemesteuer, Erbschaftssteuer und statistischen Gebühr.

Es folgt der Etat des Reichsschatzamts. Hierzu liegt vor die schon am 21. Januar eingebrachte Resolutton Ortel (nl.) auf Ahänderung des Münzgesetzes von 1873 dahin, daß als Nickelmünze auch ein Fünfundzwanzigpfennigstück eingeführt wird, und daß auf der Ruͤckseite statt des Reichs⸗ adlers auch ein anderes Hoheitszeichen angebracht werden kann.

Abg. Ortel (nl.): Der Staatssekretär des Reichsamts des Innern hat sich seinerzeit unserer Resolution insofern günstig gegenüber⸗ gestellt, als er die Regelung dieser Frage bei der Münznovelle in Aus⸗ sicht stellte. Man hat gegen unseren Vorschlag eingewendet, daß das Fünfundzwanzigpfennigstuͤck nicht in das Dezimalsystem sich einordne und die Münzeinheit durchbreche. Diese Einwände sind nicht stich⸗ haltig. Das Fünfundzwanzigpfennigstück würde den Verkehr wesentlich erleichtern. Das Bedürfnis nach einem Teilstück zwischen dem Zehn⸗ und dem Fünfzigpfennigstück wurde schon in den siebziger Jahren an⸗ erkannt; es standen ihm damals nur münztechnische Bedenken entgegen. In Wuͤrttemberg und Bayern fürchtet man mit Unrecht, daß das, was jetzt 20 kostet, künftig 25 kosten würde. Es könnte auch eine Verschiebung nach unten eintreten. Ich bitte Sie also, den ersten Teil unserer Resolution anzunehmen. Der zweite Teil ist aus künstlerischen otiven entsprungen. Die jetzige deutsche Münze stehe im allgemeinen nicht auf der Höhe der Kunst. Eine Ausnahme macht das schön geprägte hessische Zwei⸗ markstück. Der Ausdruck „Hoheitszeichen“ in unserem Antrag ist vielleicht nicht ganz glücklich gewählt. Es kommt uns darauf an, mit unserem Antrag die Medailleurkunst zu würdigen. Das Reichsschatz⸗ amt sollte dem Gedanken näher treten, eine allgemeine deutsche Münzsammlung einzurichten. Dasselbe, was von unserem Wertgeld gilt, trifft auch bei den neuen Kassenscheinen zu; sie sind unschön und geschmacklos.

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Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:

Meine Herren! Vielleicht trägt es zur Verkürzung der Debatte bei, wenn ich mitteile, daß der Bundesrat gegenwärtig mit einer kleinen Novelle zum Münzgesetz befaßt ist, in der auch die Frage der Einführung des 25⸗Pfennigstücks Erledigung findet. (Hört! hört! links; bravol rechts.)

Bei der Beratung dieser Vorlage wird sich dann auch wohl Gelegenheit finden, auf alle Wünsche, die ästhetische Gestaltung der Reichsmünzen betreffend, weiter einzugehen. (Sehr richtig!)

Was die neuen Kassenscheine betrifft, so ist ein dünnes, aber gegenüber dem früheren festeres Papier genommen. Man hat dünnes Papier gewählt, weil dies in gewisser Hinsicht die Fälschung erschwert.

Was den Geschmack bei den Zeichnungen betrifft, so trage ich Bedenken, in eine Debatte darüber einzutreten. Ich fürchte, darüber würde schwer Einigkeit zu erzielen sein. Es gilt da der alte Satz: der eine erdachts', der andere verlachl's; was macht's!

Abg. Kirsch (Zentr.) spricht sich gegen den Gedanken der Anlegung

einer Münzsammlung aus. ie Fünfundzwanzigpfennigstücke würden nach seiner Meinung dasselbe Schicksal haben wie die 1886 ein⸗ eführten Zwanzigpfennigstücke, auch würden wahrscheinlich die jetzigen Preise von 21, 22 usw. Pfennig nicht auf 20 herabgesetzt, sondern auf 25 erhöht werden. Der Ausdruck Hoheitszeichen sei eigentlich nicht richtig, es sei nur der Reichsadler, in Amerika das Freiheitsbanner, aber das Deutsche Reich würde wohl nicht imstande sein, eine Feicz. Frei⸗ heitsflagge aufzurichten, nachdem die Enteignungsvorlage in Preußen angenommen sei. Eher könnte man eine Freiheitsberaubungsflagge aufrichten. Er hätte lieber gesehen, wenn der Aba. Ortel seinen An⸗ trag verzehnfacht und die Ausprägung eines 2,50⸗Markstückes verlangt hätte. Alle trauerten doch dem Taler nach, die ihn hatten und die ihn nicht hatten. Vor allem wünsche er, daß man das Reich mit durchlochten Münzen verschonen möge.

Abg. Dr. Potthoff 88 Vgg.): Wir lehnen den Antrag Ortel für a6t ab und werden die angekündigte Vorlage abwarten. Be⸗ züglich der Besoldungsreform halten wir auch heute noch eine Vor⸗ lage für dringend notwendig, auch mit Rücksicht auf die monarchischen Gefühle der Beamtenschaft, denn an einem Kaiserwort soll man nicht drehen und deuteln. Zwischen den Arbeitern und den nicht angestellten Handwerkern, Hilfskräften, Stenographen bis hinauf E studierten Architekten wird in der Praxis der Reichs⸗

ehörden, bei denen jene beschäftigt sind, z. B. bei den

militärischen Instituten, gar kein Uaterschied gemacht, was für die letztgenannte Kategorie schwere Nachteile im Gefolge hat. Die Anstellungsbedingungen im Privatdienstvertrage sollten möglichst beschränkt, die Ueberführung der Betreffenden in etats⸗ mäßige Stellen unter bestimmte Normen gebracht werden. Die gleichen nachteiligen Wirkungen sind durch die vorjährigen Beschlüsse des Hauses über die Gewährung einer Teuerungszulage erzeugt worden. Die Hilfsbeamten des Reichstages ohne Beamteneigenschaft wollte der Reichstag voriges Jahr ausdrücklich mit dieser Zulage bedenken und hat diesen Standpunkt auch jetzt wieder eingenommen; Beweis genug, daß der Reichstag dieselbe freundliche Stellung auch gegenüber den entsprechenden Hilfskräften in den anderen Reichsbehörden ein⸗ nehmen würde. Zu den Ausfällen, die der Abg. Pauli⸗Potsdam bei einer früheren Gelegenheit hier im Hause gemacht hat, weil ich in einem in Spandau gehaltenen Vortrage auf diese Unklarheit in den Beschlüssen des Reichstages hingewiesen hatte, fehlt jede Berechtigung. Das Reichsschatzamt sollte sich mit dem Reichsjustizamt in Ver⸗ bindung setzen, um die gesetzliche Grenze zwischen beiden Kategorien genauer zu firieren. Die Gehaltsaufbesserungen, die einige Gruppen dieser Hilfsbeamten ohne Beamtenqualität auf wiederholtes Drängen des Hauses endlich erhalten“ haben, sind außerordentlich Pring; von einer den jetzigen Teuerungsverhältnissen entsprechenden Aufbesserung kann gar keine Rede sein, vielmehr könnte man eher darin eine direkte Brüskierung des Reichstages sehen, nachdem dieser nicht weniger als sechsmal an die verbündeten Regierungen mit dahin⸗ gehenden Resolutionen „herangetreten war. Eine derartige Renitenz der verbündeten Regierungen kann das Vertrauen zu ihnen nicht ver⸗

mehren.

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:

Meine Herren! Ich möchte zunächst die Deduktion nicht un⸗ widersprochen lassen, die der Herr Vorredner in bezug auf Gleich⸗ behandlung der im Vertragsverhältnis stehenden Angestellten und der Beamten im dienstpragmatischen Sinne hier vorgetragen hat. Es ist immer daran festgehalten worden und muß auch daran festgehalten werden, daß zwischen beiden Kategorien ein wesentlicher Unterschied besteht. Während die Beamten im dienstpragmatischen Sinne sich mit ihrer ganzen Tätigkeit, sozusagen mit ihrem ganzen Leben in den Dienst des Staates stellen, sich der straffen Disziplin unterwerfen und auch einseitig das Verhältnis zum Staat nicht lösen können, sind die im Vertragsverhältnis stehenden Persönlichkeiten viel freier, ganz anders gestellt; sie haben ihr Verhältnis zum Staat durch wechsel. seitige Vereinbarung geregelt, können aus diesem Verhältnis im Wege der Kündigung heraus, können auch über ihre Vergütungssätze mit ihm paktieren. Daß innerhalb der verschiedenen Kategorien dieser im Vertragsverhältnis stehenden Personen große Unterschiede bestehen, ist darum gar nicht zu bezweifeln. Aber dem Bestreben, nun die Rechte dieser im Vertragsverhältnis stehenden Persönlichkeiten denen der Beamten in jeder Beziehung gleichzustellen, kann ich nur wider⸗ sprechen.

Die Aufbesserung der nicht im Beamtenverhältnis im eigentlichen Sinne stehenden Personen gehört auch gar nicht in die Besoldungs⸗ aufbesserungsvorlage; das ist eine Frage, die, kann für sich geregelt werden und soll auch für sich geregelt werden, und deshalb haben au diese Persönlichkeiten mit der Teuerungszulage nichts zu tun und werden darum auch in diesem Jahre so wenig damit zu tun haben wie im vorigen Jahre. Es steht nicht das geringste im Wege, w die Vergütungen unzureichend sind, sie unabhängig von der Besoldungs reform und von der Teuerungszulage anderweitig festzustellen. Da ist aber nicht Sache des Reichzschatzamts, sondern Sache der beteiligten Ressorts, und ich kann nur anheimgeben, sich an die beteiligten Ressorts bezw. Ressortschefs zu wenden. 8

Dann ist der Herr Vorredner zum Schluß auf einen Vorgang, die Annahme einer Resolution eingegangen, die beim Reichsamt des Innern gestellt war und dort angenommen worden ist. Das gehört also nicht zum Etat des Reichsschatzamts; auf die Sache kann ich hie nicht eingehen, darüber werden wir an anderer Stelle zu reden haben Aber sehr bestimmt muß ich der Auffassung widersprechen, die er zum Schluß kundtat, als ob darin, daß die verbündeten Regierungen einer von diesem hohen Hause wiederholt angenommenen Resolution nich stattgeben, eine Rücksichtslosigkeit zu finden sei. Das verschieb doch meines Erachtens das Verhältnis, das nach der Reichsverfassung die verbündeten Regierungen auf der einen Seite und der Reichstag auf der andern Seite zu einander haben. (Sehr richtig! rechts.) So wenig dies hohe Haus anerkennen würde, daß, wenn eine Regierungs⸗ vorlage 2-, 3⸗, 4 mal abgelehnt ist und dann noch wieder eingebracht 8 würde, die Regierung das Recht hätte, zu sagen, wir müssen soviel Achtung vom Reichstage verlangen, daß er die Vorlage nicht zum fünften Male ablehnt, so wenig darf man den verbündeten Regierungen wenn sie sachlich anderer Meinung sind und einer wiederholten Reso⸗ lution nicht stattgeben, den Vorwurf machen, daß es ihnen an Rück⸗ sicht gegen dieses hohe Haus fehlt.

Abg. Bruhn (d. Rfp.) erklärt die Bestrebungen, die darauf ab⸗ zielen, den sämtlichen Zoll⸗ und Steuerbeamten eine möglichst gleich⸗ mäßige Vor⸗ und Durchbildung zuteil werden zu lassen, für durchaus berechtigt. Vor einigen Jahren habe der Abg. Speck im⸗Reichstage behauptet, die bayerischen Zollbeamten seien besser vorgebildet als die preußischen. Es müsse aber anerkannt werden, daß namentlich seit dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs die preußische Regierung viel getan habe, um ihr Personal besser ausbilden zu lassen Ferner befür⸗ wortet der Redner die Berücksichtigung der von den Militäranwärtern neuerdings geäußerten bescheidenen Wünsche. Die Beunruhigung in der Beamtenwelt wegen der ausgebliebenen Besoldungsaufbesserungs⸗

vorlage könne nur beschwichtigt werden, wenn wenigstens die Teuerungs⸗ zulagen so ausgestaltet werden, daß sie annehmbar sind.

Direktor im Peichsschatzamt Kühn: Der Forderung, die 3 erhebungen zur Reichssache zur machen, steht Art. 36 der Verfassung entgegen. In den einzelnen Bundesstaaten wird eine Einheitlichkeit 52. or⸗ und Ausbildung der Beamten allmählich herbeigeführt werden.

Unterstaatssekretär im Reichsschatzamt Twele: Die Anrechnung der Militärdienstzeit auf das Besoldungsdienstalter ist eine Frage, deren Wichtigkeit überall und auch bei uns voll gewürdigt wird. Die Militäranwärter sind aber selbst noch nicht ganz klar und einig über das, was sie fordern sollen. Das Reichsschatzamt hat die Arbeiten zur Regelung der Frage abermals aufgenommen, diese Arbeiten haben sich zu positiven Vorschlägen verdichtet, welche jetzt den anderen Ressorts vorliegen. 8

Abg. von Strombeck (Zentr.) bittet im Gegensatz zu seinem Parteifreunde Kirsch um Annahme der Resolution Ortel.

Abg. Dr. Arendt verzichtet nach der Erklärung des Staats⸗ senre sg. 8 eine Novelle zum Münzgesetz in Aussicht stehe, aufs Wort.

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Ez ist stets behauptet worden, daß bei Zubilliaung von Veteranenbeihilfen und dergleichen niemals der politische Standpunkt in Betracht gezogen werde. Dem entsprechen aber die ausführeden Behörden der Einzelstaaten nicht immer. Vor mir liegt eine Urkunde, die ziemlich das Stärkste an Handlungsweise contra legem leistet. Ein Schreiben des Stellvertrekers des Land⸗ rats des Kreises Apenrade an den Amtsvorsteher ersucht um Fest⸗ stellung, ob ein um Unterstützung nachsuchender Staatsbürger den