ununausbleiblich wäre, auseinanderfallen zu lassen.
passiert, daß
Weg einschlagen, den der Entwurf uns bietet?
wir die
ZE1n H
assung hält er 1“ modernen Anschauung stand. für Süddeutschland bezeichnet er einen erheblichen Fortschritt,
das haben Sachverständige in den letzten Tagen bestätigt. Was bedeuten dagegen die Angriffe, welche die Opposition gegen jeden einzelnen Paragtaphen gemacht hat! Bei § 6 gab sich ein sozialdemokratischer Abgeordneter die Mühe, zu erklären, daß man das Waffenverbot beseitigen müsse, weil sonst jeder Gendarm mit der Pickelhaube jedem ö . in die Rocktasche greifen und nach Waffen süchen könnte. Es ist Ihnen (zu den Sozialdemokraten) gar nicht so Ernst mit Ihrer Opposition. Sie sind nur mit halbem Herzen dabei. Wie oh wären Sie, wenn das Gesetz glücklich unter wäre! ir können es nicht verantworten, daß dies Gesetz scheitert, namentlich denen gegenüber, die heute unter recht un⸗ ünstigen Zuständen, ja zum Teil unter einer Rechtlosigkeit leiden. ir nehmen mit dem § 7 wie mit einigen anderen Bestimmungen einiges Unerwünschte gern genug in den Kauf, weil wir Linksliberalen fühlen, wie wichtig die Annahme des Gesetzes für die Weiterentwick⸗ lung des linken Flügels der Liberalen sein muß. Vor Jahresfrist haben wir innerhalb und anferhalb des Hers uns zusammen⸗ geschlossen, und darauf ist, behaupte nicht ohne einen inneren Zusammenhang, der Entwurf uns zugegangen. Wir betrachten das als ein Verdienst des Liberalismus. Dieser Entwurf hat uns etwas gebracht, was das deutsche Volk und der Deutsche Reichstag verlangt haben, solange das Deutsche Reich überhaupt existiert. Wenn die Reichsregierung nun nach drei Jahrzehnten ein Entgegenkommen zeigt, darf man das nicht leicht nehmen. Wir haben nicht die Absicht, unsere Organisation, wie es Gewiß, das muß hier festgestellt werden. Wir wollen auf der Bahn weitergehen, auf der wir uns bisher bewegt haben, und deshalb wollen wit den ver⸗ bündeten Regierungen weder einen Grund, noch einen Vorwand geben, uns auszuschalten, zurückzustellen und auf die Seite zu schieben zu Gunsten anderer. Nun wird natürlich der Vorwurf gegen uns gerichtet, daß wir unsere Prinzipien verletzt haben. Wir lesen dies seit 14 Tagen so reichlich in den Zeitungen, daß uns etwas fehlen würde, wenn wir es nicht mehr hörten. Dieser Vorwurf ist ein billiges, wirksames und daher be⸗ liebtes Schlagwort. Jeder von uns, der im politischen Leben praktisch tätig ist, weiß, daß bei jedem von Zeit zu Zeit die Stunde wieder⸗ kommt, in der er sich sagen muß, daß die mechanische oder rein logische Durchführung eines bestimmten Programmsatzes bis in die allerletzte Konsequenz zu Erscheinungen und Resultaten führt, die einfach unerträglich sind, wo man der Sache, der man dient und der man nützen will, schadet, wenn man zu einseitig ist. Es kann auch noch wie hier hinzukommen, daß man durch die Uebertreibung des NPrinzips gerade denjenigen einen direkten Schaden zufügt, denen das Prinzip zu gute kommen soll. Für die Regelung der prinzipiellen Frag⸗ handelte es sich nicht darum, ob wir den fremdsprachlichen Bervoölkerungsteilen ihre Muttersprache geben sollen. Das haben wir bei unseren Beratungen herausgefunden, daß wir den Glaubenssatz unterschreiben können, daß im Deutschen Reiche unter allen Umständen in allen öffentlichen Versammlungen jeder Sprache genau dasselbe Recht zustehen muß wie der deutschen. Ich kann mir aber den Fall sehr gut vorstellen, wo eine Nation im Interesse der Selbsterhaltung ge⸗ zwungen sein kann, hier nicht diese schrankenlose Freiheit walten zu lassen. (Lebhafter Beifall und stürmischer Widerspruch; Lärm.) Haben Sie sich doch nicht 88 Als ob im ganzen politischen Leben noch nie jemand vor eine so schwierige Entscheidung gestellt worden wäre, wo er nicht von der Starrheit der Prinzipien hätte abweichen müssen. Das passiert sogar bei den Sozialdemokraten, natürlich nicht hier im Hause. Die Art, wie die Sozialdemokraten sich hier an den parlamentarischen Arbeiten beteiligen, schützt sie allerdings vor der⸗ artigen unangenehmen Entscheidungen, aber wenn sie hinauskommen in die Landtage und die Kommunalverwaltungen, wo kämen sie da hin, wenn sie in jedem Fall die letzte Konsequenz eines allgemeinen pro⸗ grammatischen Satzes ziehen wollten! Sie würden dem Fluch der Lächerlichkeit anheimfallen. Freilich, wenn den Sozialdemokraten es sie von einem Prinzip abweichen, dann heißt es, der gesunde Menschenverstand und die Vernunft haben gesiegt, wenn es 3 aber uns passiert, dann nennt man es Volksverrat. Nun ist es doch offensichtlich, daß man an die Durchführung eines allgemeinen Rechts in der Sprachenfrage auf dem Boden dieses Gesetzes überhaupt nicht herantreten kann, denn dies ist aufgebaut auf dem Grundsatz der Möglichkeit der polizeilichen Ueber⸗ wachung. Das hat sogar heute der Abg. Spahn ausdrücklich zugegeben. Die Ueberwachungsmöglichkeit ist “ zweifellos verschieden, je nachdem es sich um den rrauch der deut⸗ schen oder einer fremden Sprache handelt. In letztem Falle müssen sich Schwieriakeiten ergeben, die zu der Unmöglichkeit der Ueberwachung führen können. Nun wären wir Süddeutschen bereit gewesen, die Sache so zu fixieren, daß man nur bestimmt hätte, wenn eine Versammlung überwacht werden kann, ist es gut, wenn nicht, findet sie eben ohne Ueberwachung statt. Gleiches Recht wäre das aber nicht, und die Herren in Norddeutschland waren in dieser Be⸗ ziehung viel gerechter. Sie haben gesagt, wenn schon, denn schon; wenn einmal die Versammlungen unter polizeiliche Ueberwachung gestellt werden sollen, müssen es die fremdsprachlichen auch, und wenn dies ohne weiteres nicht möglich ist, so muß man es möglich machen. Sie haben auch hinzugefügt — und das hat etwas Bestechendes —, jedenfalls müssen die fremdsprachlichen Versammlungen nicht schlechter gestellt werden als die in deutscher Sprache. (Zurufe: Nicht besser!) Oder nicht besser; es läuft auf dasselbe hinaus. Wir haben den Versuch gemacht, hier mit einer Verlängerung der Anzeigefrist zu helfen. Es hat sich aber herausgestellt, daß man diese aanze Frage nicht im Wege einer glatten Gesetzesbestimmung regeln kann, sondern, daß man sie auflösen muß durch Verwaltungs⸗ mmaßregeln, die eine gewisse Beweglichkeit in sich tragen. Es spielen aber für uns andere Gesichtspunkte mit. In Süddeutschland hat man in den letzten Wochen die ideale Seite der Sache zu sehr in den Vordergrund gedrängt, so klar liegen die polnischen Ver⸗ 5b nicht, wie man sich das in Süddeutschland vorstellt. Die Verschiedenheit der Nationalität und Sprache hat Widerstände und Gruppierungen geschaffen, die nicht durch Erwägungen beseitigt werden können. Wer trägt, will ich nicht untersuchen. Mir liegt nichts ferner, als für die preußische Polenpolitik einzutreten. Wir haben nichts damit zu schaffen. Aber ich habe auch die Polen eine Lanze zu brechen, denn die meinen doch, daß sie zwar
die gleichen Rechte beanspruchen können, sind sich aber nicht der
gleichen Pflichten hewußt.
daß sie Deutsche sind, die tun sie nicht. Erst heute haben wir wieder das Wort von der großen polnisch⸗nationalen Bewegung gehört, gegen die nicht vorwärts gegangen werden könne. Diese Bewegung steht doch in einem frappanten Widerspruch zu dem nationalen Standpunkt, den wir unserseits einzunehmen haben. Diese Erwä mich verstehen, daß die preußische Feherunc⸗ zurzeit nicht gewillt ist, ihrerseits von den achtbehelfen, die ihr in diesem Kampfe zur Verfügung stehen, etwas aufzugeben. Dazu gehört, daß die preußische Regierung, solange ein Vereinsgesetz von Reichs wegen nicht zustande kommt, die Möglichkeit hat, die Sprachen⸗
Sie müssen sich auf den Boden stellen,
frage ebenso wie jeder Einzelstaat nach ihrem Ermessen zu regeln.
Die Möglichkeit
e. vollkommen ausgeschlossen. scheidung: wollen wir das ganze Gesetz fallen lassen oder den nicht zweifelhaft sein, uns für letzteres zu entscheiden. schiedene Anzeichen, namentlich die Enteignungsvorlage, scheinen mir doch darauf hinzuweisen, daß bei der preußischen Regierung und Volksvertretung jetzt ein anderer Wind weht. Deswegen können Regelung nicht Preußen überlassen. die Wohltaten b PBerceisben Bevölkerungsteilen sowohl
rganisationen mühselig gesichert jedenfalls nicht zuteil werden lassen.
1
wie den gewerkschaftlichen haben, den Betreffenden Das Schicksal der fremd⸗
“
sprachlichen Bevölkerung wird so unter der
allgemeine daran die Schuld
nicht die Absicht, für
zufällig Polnisch sprechen; das aber
gungen lassen es
Letzteres würde die wir in der Form von Ausnahmen den fremd⸗
mord zu üben!)
Herreschaft des Reichs⸗ gesetzes besser gestaltet als unter der eines Landesgesetzes. Ich freue
mich, noch heute eine Bestätigung für diese Auffassung in einem uns
von polnischer Seite zugegangenen Schriftstück erhalten zu haben, worin anerkannt wird, daß wir uns bemüht haben, Erleichterungen für die polnische Bevölkerung einzuführen. Ich verlange nicht, da uns auch hier dankbar ist, es wird mir genügen, wenn Sie über Jahr und Tag die Erklärung abgeben, daß Sie uns dankbar sind. Ich gebe zu, daß man verschiedener Meinung sein kann, aber wenn Sie anders denken, so folgt daraus doch noch nicht, daß wir anderen unrecht haben. So viel Recht beanspruchen wir doch auch, daß wir gerade so viel Urteil haben als unsere politischen Freunde, die anderer Ansicht sind. Trotz aller Bedenken, die zu überwinden uns außerordentlich schwer geworden ist, glauben wir der freiheitlichen Entwicklung des Deutschen Reiches und dem Volk einen Dienst zu leisten, wenn wir die Zustände der Rechtlosigkeit und Unfreiheit, die sich gerade auf diesem Gebiet noch durch ganz Deutschland leider hinziehen, durch unsere Zustimmung ein Ende für alle Zeiten machen.
Abg. Dr. Kolbe (Rp.): Es handelt sich hier um den wichtigsten Teil des 5 ver Uns ist vorgehalten worden, wir hätten Rückgratlosigkeit bewiesen, wir hätten zu viel zugegeben; es ist uns wiederholt geraten worden, lieber das ganze Gesetz preiszugeben, als es mit dem § 7 anzunehmen. Dieselben Vorwürfe sind der anderen Seite des Blocks gemacht worden, die Liberalen sind nur noch viel heftiger und ingrimmiger beschimpft und angegriffen worden. Anderseits haben sich sogar aus dem gegnerischen Lager Stimmen für dieses Kompromiß vernehmen lassen; so hat der frühere sozialdemokratische Abg. Peus außerordentliche Hoffnungen an das neue Reichsvereingsgesetz und die daraus zu erwartende Ent⸗ wicklung der Gewerkschaften geknüpft und diese Hoffnungen ge⸗ äußert zu einer Zeit, wo ihm das Kompromiß schon genau bekannt sein mußte. Das Zentrum sollte, was den Schutz der Muttersprache betrifft, nicht päpstlicher sein als der Papst; ich erinnere nochmals an eine bekannte Kundgebung Leos III. Die Polen haben ihrerseits, als sie die Macht hatten, sich keineswegs mit dem materiellen Inhalt unseres jetzigen § 7 zufrieden gegeben. Für die deutsche Ostmarkenbevölkerung muß der gesunde Egoismus Platz greifen, der allein die Möglichkeit verbürgt, sich zu behaupten. In dieser Beziehung engt uns das Kompromiß zwar ein, aber das Ziel wird auch so erreicht werden, und wir haben das Bewußtsein, dem Block, in dessen Zeichen wir gewählt, die Treue gehalten zu
aben.
Abg. Graef⸗Weimar (wirtsch. Vgg.): Nach unserem Programm stehen wir selbstverständlich auf dem Boden, daß die Versammlungs⸗ sprache die deutsche sein muß. (Zurufe bei den Polen.) Sie können ja dafür gar kein Verständnis haben. Fürst Bismarck sagte, in natio⸗ nalen Dingen habe man Mittel anzuwenden, die man für nützlich und zweckmäßig halte, nicht aber sich von Sentimentalität leiten zu lassen. In den Fragen der Selbsterhaltung gehe Macht vor Recht, habe ich früher gesagt; ich will das jetzt dahin inter⸗ pretieren, daß in Gelbsterölkangsfragen oft Macht vor Recht gehen muß, namentlich dann, wenn wir die Angegriffenen sind und uns zur Wehr setzen müssen. Ein Naturrecht auf eine bestimmte Sprache in öffent⸗ lichen Versammlungen gibt es nicht. Der Appell an das Christentum hat mit dem Sprachenparagraphen gar nichts zu tun. (Die Einzel⸗ ausführungen des Redners über diesen Punkt gehen unter in dem wüsten Lärm, mit dem die polnischen Abgeordneten, die sich um die Rednertribüne geschart haben, ihn unterbrechen.) Das gute Prinzip des § 7 ist leider sehr durchlöchert worden, und auch durch die Ausnahme bezüglich der Wahlversammlungen. Gerade in den Wahlversammlungen werden doch die gefährlichsten Umtriebe gemacht. Diese Ausnahme ist gerade vom Standpunkt der Gerechtigkeit und Gleichheit aus aufs äußerste zu bedauern. Es ist hier ein durchaus schwächliches Kompromiß zustande ge⸗ kommen. Wenn wir ihm zustimmen, so geschieht es nur darum, weil wir dem Block nicht untreu werden wollen, weil wir immerhin auch von diesem § 7 eine Stärkung des Deutschtums erwarten gegenüber dem vordringenden Polentum. Die polnischen Abgeordneten sollten ihren Wählern die Achtung und den Respekt vor dem zustande ge⸗ kommenen Gesetz einzuflößen suchen, dann würden sie ihre Pflicht als Volksvertreter erst erfüllen.
Abg. Dr. Grégroire (wild ⸗liberal): Ich habe schon in der ersten Lesung ansg sahrt, daß ich in dem Gesetze bezw. im § 7 desselben einen Rückschritt gegenüber den bestehenden Bestimmungen in den Reichslanden erblicken müßte. Gerade die französisch sprechende Bevölkerung hätte in ihrer Loyalität eine solche rigorose Behandlung, wie sie in dem Sprachenverbot liegt, nicht verdient. Durch die Beratung des Entwurfs sind wir nun in unseren Hoffnungen auf Remedur enttäuscht worden; denn der jetzige Kom⸗ promißantrag zu § 7 bedeutet eben eine Verschlechterung für uns und ist für uns nicht akzeptabel. Daran ändern auch die mildernden Bestimmungen nichts, die in den § 7 aufgenommen sind; die daselbst statuierte Auswanderung hat für uns kaum Bedeutung, weil infolge der Einwanderung deutscher Elemente nur noch ein einziger Kreis, der Kreis Chaͤteau⸗Salins, über die 60 % verfügt. Daß hier eine schwere Beeinträchtigung unseres ganzen Versammlungs. und Vereins⸗ lebens namentlich für die fränzösisch sprechende Landbevölkerung droht, steht außer Frage. Der Unterstagatssekretär Mendel hat uns aller⸗ dings den Fortbestand der jetzigen Rechtslage versprochen; aber damit allein können wir uns nicht beruhigen, da wir gar nicht wissen, wann und wie dieses Versprechen in Erfüllung gehen wird. Es wäre vielleicht richtiger gewesen, diese Kautele für Elsaß⸗Lothringen gleich in das Reichsgesetz hineinzubringen; da dies nicht geschehen ist, so empfehlen wir Ihnen wenigstens die Annahme unserer Resolution, die zur Beruhigung in Elsaß⸗Lothringen beitragen wird. Wir Elsässer 85. weit entfernt, dem Zustandekommen dieses Gesetzes Schwierigkeiten zu machen, denn dies Gesetz bringt, das erkennen wir gern an, manche Fortschritte. Aber im Interesse der Kreise Lothringens, in denen meistens französisch gesprochen wird, müssen wir auf der Sprachfreiheit bestehen.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Beth⸗ mann Hollweg:
Sie werden begreifen, wenn ich in der gegenwärtigen Stunde nicht mehr ausführlich auf den § 7 eingehe und auch darauf ver⸗ zichte, in eine Polemik einzutreten mit denjenigen Herren, welche den § 7 angegriffen haben. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Etwas deutlicher!) Ich spreche, glaube ich, noch etwas deutlicher, wie es der Herr Abg. Heine neulich getan hat (Sehr richtig! links), aber ich
werde mir Mühe geben, meine Stimme, die leider heute etwas
indisponiert ist, mehr anzustrengen, sodaß ich, wenn Zwischenrufe ge⸗ macht werden, diese übertönen kann. Ich habe in der ersten Lesung
und danach in der Kommission, worüber der Kommissionsbericht aus⸗ führlich Auskunft gibt, die Gründe darzulegen versucht, aus denen die verbündeten Regierungen an der Regelung der Sprachenfrage nicht
vorbeikommen konnten, wenn sie das Recht der öffentlichen Ver⸗
eueeeu sammlungen regeln und dabei den tatsächlichen Umständen und dem
liche Sprachen gleichberechtigt sind, war angesi ts des Widerspruchs Charakter des Deutschen Reichs als eines Nationalstaats gerecht werden Wir stehen also vor der Ent⸗ eine um so ernstere ist, je lebhafter einzelne fremdsprachige Bevölkerungs⸗ Da konnte es uns
Ver⸗
wollten. Ich habe des weiteren darauf hingewiesen, daß diese Verpflichtung
teile des Deutschen Reichs diesem seinen nationalen Charakter be⸗ streiten und in allererster Linie die eigene fremde Nationalität zu pflegen bestrebt sind und nur das, was danach übrig bleibt, gezwungen und widerwillig dem Deutschtum zum Opfer bringen.
Meine Herren, umgekehrt ist das Verhältnis, das Deutsche geht voran, und das Fremde hat sich ihm anzupassen und einzufügen. (Sehr richtig! links und rechts. Zuruf von den Polen: Nationalen Selbst⸗ Meine Herren, die Kommission hat einen anderen
6 8
man
Weg für die Fassung des § 7 gewählt als es der Entwurf getan hatte, sie hat neben die Landeszentralbehörden, denen der Entwurf allein
die Bewilligung von Ausnahmen erteilen wollte, die Landesgesetz gebung gestellt und diese in der bekannten Weise
Fassung die Notwendigkeit der Bewilligung von Ausnahmen anerkannt
Diese Ausnahmen sind für die Teile mit überwiegend fremdsprachiger, alteingesessener Bevölkerung auf einen Zeitraum von 20 Jahren
fixiert worden. Meine Herren, ich betone die Regelung der Aus nahmen, weil diese Seite der Sache auch heute Gegnern des § 7 beiseite gelassen worden ist. in der ersten Lesung habe ich
möglichkeit macht, und wo gleichzeitig der Gebrauch des fremden
Idioms nicht zu dem ausdrücklichen Zwecke stattfindet, die Abkehr
vom deutschen Vaterlande zu vertiefen oder Bestrebungen zu fördern, welche dem Deutschen Reiche feindlich gesinnt sind.
Nun bin ich heute sowohl von dem Herrn Abg. Gans Edler Herr zu Putlitz wie auch von dem Herrn Abg. Hieber gefragt worden, wie es mit denjenigen fremdsprachigen Bevölkerungsteilen gehalten werden solle, bei denen diese Voraussetzungen zutreffen. Ich nehme keinen Anstand, zu erklären, daß die Landesregierungen, in deren Ge⸗ biet diese Bevölkerungsteile vorhanden sind, entschlossen sind, ihrerseits — sei es im Wege der Landesgesetzgebung, sei es durch eigene Anord⸗ nung — das Erforderliche zu veranlassen, um den vorgebrachten Wünschen derart zu entsprechen, daß jede Störung wohleingebürgerter Sitten und Gebräuche loyaler Bevölkerungsteile vermieden wird. (Bravo!)
Der Herr Abgeordnete Graef hat des weiteren auf die Gefahren hingewiesen, welche § 7 der christlich⸗sozialen Arbeiterbewegung schaffen könne. Auch hier halte ich mich zu der bestimmten Annahme für berechtigt, daß die Landesregierungen ihre Maßnahmen so treffen werden, daß, soweit die von dem Herrn Abgeordneten Graef be⸗ sonders umschriebenen Voraussetzungen für fremdsprachige Teile der Arbeiterschaft zutreffen (hört, hört! bei den Sozialdemokraten), diese durch eine ungeeignete Anwendung des § 7 in der Verfolgung gesetz⸗ licher Bestrebungen auf dem Gebiete der Regelung ihrer Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen nicht beeinträchtigt werden. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. — Bravo! bei der Wirtschaftlichen Ver⸗ einigung.)
Zum Schluß, meine Herren, eine Antwort auf die Anfrage des Herrn Abgeordneten Grégoire. Der Herr Abgeordnete Grégoire hat seinerseits darauf hingewiesen, daß im Landesausschuß in Straßburg seitens der Landesverwaltung die Erklärung abgegeben worden ist, daß, falls der § 7 des Gesetzes in der Fassung der Kom⸗ mission zur Annahme gelangen sollte, die Landesverwaltung von Elsaß⸗Lothringen die Absicht habe, durch den Erlaß eines Gesetzes den bisherigen Rechtszustand hinsichtlich des Gebrauches der französi⸗ schen Sprache in Versammlungen aufrechtzuerhalten. Der Herr Abg⸗ Grégoire hat Zweifel geäußert, ob, selbst wenn die Landesgesetzgebung von Elsaß⸗Lothringen dies zu tun beabsichtige, sie mit ihren Absichten durchdringen würde. Soweit bei der Gesetzgebung für Elsaß⸗ Lothringen die Reichsregierung beteiligt ist, kann ich erklären, daß die Reichsregierung diesem Vorhaben der Landesverwaltung von Elsaß⸗ Lothringen nichts in den Weg legen wird.
Des weiteren, meine Herren, hat der Herr Abg. Grégoire be⸗ fürchtet, daß in der Zwischenzeit bis zu dem Zustandekommen eines elsaß⸗lothringischen Landesgesetzes der starre Rechtszustand des § 7 eintreten würde, daß also in der Zwischenzeit der bisherige Zustand zu Ungunsten der französischen Sprache geändert sein würde. Meine Herren, der Entwurf trifft ja im § 7 Vorkehrungen dafür, daß neben der Landesgesetzgebung auch die Landeszentralbehörde Ausnahmen von dem Prinzipe zu bewilligen hat und bewilligen kann. Und ich kann keinen Zweifel hegen, daß die elsaß⸗lothringische Landes⸗ verwaltung, wenn sie, wie sie erklärt hat, bereit ist, auf dem Wege der Landesgesetzgebung vorzugehen, ebenso gewillt sein wird, für die Zwischenzeit im Wege der Anordnung der Landeszentralbehörde den⸗ jenigen Zustand herbeizuführen, den sie durch die Gesetzgebung nachher sanktionieren will.
Ich hoffe, daß meine wenigen und kurzen Ausführungen dazu bei⸗ tragen, die Bedeutung des § 7 nach verschiedenen Richtungen in das richtige Licht zu setzen, und damit dazu helfen werden, daß mit diesem Paragraphen das ganze Gesetz zur Verabschiedung gelangt. (Leb⸗ hafter Beifall rechts und links. Zischen bei den Polen.)
Bevollmächtigter zum Bundesrat für Sachsen Graf Vitzthum von Eckstädt: Auch die Königlich sächsische Regierung hat die Absicht, zu Gunsten der im Königreich Sachsen wohnhaften Wenden von den Befugnissen Gebrauch zu machen, die ihr nach § 7 zustehen, und Ausnahmen zu gestatten von der allgemeinen Regel des Absatzes 1.
Abg. Dr. Vonderscheer (Zentr.): Bei § 7 handelt es sich um ein Naturrecht, das bisher 50% und heilig gehalten ist. Der Abg. Graef aber sagte, dieses Naturrecht sei ein Ladenhüter und gehöre in den Papierkorb. Dieses Wort beweist, daß die Entschließungen aus denen heraus der § 7 zustande gekommen ist, zum Teil au Gehässigkeit, Leidenschaftlichkeit und Parteilichkeit zurückgehen. Dem
g. Payer rufe ich zu: qui s'excuse, s'accuse! Die liberale Partei ist gerichtet vor der Geschichte. In der Tiefe meines Herzens hat es mir weh getan, daß der Abg. Grégoire zugleich im Namen seines Kollegen Labroise sagte, die Stellungnahme der Lothringer gehe nicht so weit, daß sie schließlich nicht doch das ganze Gesetz mit dem § 7 genehmigen würden. Mein engeres Heimatland Elsaß⸗Lothringen wird durch den § 7 so sehr in Mitleidenschaft gezogen, daß mit ihm für mich das Gesetz steht und fällt. Tausende von Staatsbürgern werden in 82 Lothringen politisch mundtot gemacht werden. Darin liegt eine jä Zerstörung der Versöhnungspolitik, die sich allmählich Bahn ge⸗ brochen hat, es ist eine Maßnahme, die unser Volksempfinden schwer verletzen muß. Man wird unwillkürlich an die Zeiten zurückdenken, wo unter französischer Herrschaft die deutsche Muttersprache im Elsaß sich unbehelligt betätigen konnte, sie löst Empfindungen aus, die ein so mächtiges Reich wie das Deutsche nicht aufkommen lassen sollte. Weiter kommen die wirtschaftlichen und sozialen Gesichts⸗ punkte für uns in Betracht. Unsere Industrie beschäftigt einen sehr großen Prohentsaß französisch sprechender Arbeiter. Dem Staatssekretär danke sch herzli für seine Erklärungen, aber solche Erklärungen erfolgen d immer nur unter Vorbehalt und haben keine rechtsverbindliche Kraft; die Erfahrung bat gelehrt, daß sie manchmal nicht 19*% werden. Aber wenn selbst die Nach⸗ teile für Elsaß⸗Lothringen beseitigt würden, würde mich das nicht ab⸗ halten, gegen den § 7 zu stimmen. Die Entziehung des freien Ge⸗
brauchs der Muttersprache ist eine Gewaltmaßregel, zu der wir die Hand niemals bieten werden. 8
vinkuliert. Noch schärfer, wie es im Entwurf geschehen war, ist in der jetzigen
von den
Schon ausdrücklich anerkannt, daß Dispense da erteilt werden sollen und müssen, wo die absolute Un⸗ kenntnis der deutschen Sprache das Verhandeln in dieser zur Un-⸗
sen Fanatismus und die blinde Leidenschaftlichkeit gegen 6s Fuußersten Linken. Was der Abg. Legien vorgelesen hat, ist e Hdder „Frankfurter Zeitung“ mit der Unterschrift „L. Quidder. bodenlosere Leichtfertigkeit
zum Deut 2 83.
(Schluß aus der Ersten Beilage.) 8
Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.): Der Abg. Legien hat us einer Rede von mir in der bayerischen Abgeordnetenkammer Sätze tlesen, und wie immer, wenn hier etwas gegen mich vorgebracht wird, er⸗ önte im Zentrum lebhaftes Hört, hört!], das sich mitunter zu wilden tufen gesteigert hat. Diese verlesene Rede hat nur den einen Fehler, aß niemals auch nur ein Wort davon von mir gesprochen wurde. Der Kollege Legien war ehrlich genug, seinen Irrtum mit dem Aus⸗ ruck des Bedauerns soeben zurücknehmen zu wollen, und nicht gegen ün bringe ich diesen Vorwurf vor, in einer derartigen Weise gegen nich Stimmun machen zu wollen, sondern gegen den namenlosen Leicht⸗ un, mit dem Sie (zum Zentrum) darauf hineingefallen sind, auch gegen
auf der
n Artikel Eine 2 3 8 Ber e as. Sg G ch tikel der „Frankfurter Zeitung“ m a ede in der Ab⸗ nednetentammmer in München halten zu lassen, habe ich noch nicht erlebt. (Lärm; Glocke des Präsidenten. Präsident Graf zu Stol⸗ berg: Ich nehme an, daß Sie nicht einen der Abgeordneten gemeint haben. Anhaltende Lärm und Zurufe. Der Prä⸗ sident sucht sich durch Glockenzeichen Ruhe zu verschaffen.) Es sind icht die Normen dieses Gesetzes, die diesen geradezu fanatischen Groll zund Haß gegen uns veranlaßt haben, es ist dies nur durch die in letzter Zeit fortgesetzte geradezu wahnwitzige Preßhetze gegen uns erreicht. Die ilalbemotrattsche Presse, die doch päragogisch wirken will, hat wahrhafte Orgien des Fanatismus gefeiert. Der „Vorwärts“ sagt u. a., wir würden ausgehalten von der Börse, meine Partei sei ab⸗ hängig von einigen Geldgebern; und nun kommt die schönste Stelle. (Stürmische Heiterkeit, die minutenlang anhält. Der Präsident bittet um Ruhe.) Vom Kopf bis zur Zehe ist er zu verächtlich, um noch ein Gegenstand des Hasses sein zu können. Wenn man solche Schmutzereien liest, so muß man abgebrüht werden. Vorhin ertönte ein Zuruf, der eine infame Verleumdung unserer Partei in sich schloß, insofern er den von uns bereits zurückgewiesenen Vorwurf eines inneren Zusammenhanges zwischen⸗unserer Haltung zu diesem und dem Börsengesetz wiederholte. Wie wollen Sie denn verlangen, daß wir mit Ihnen noch wie mit ehrlichen Gegnern reden, wenn Sie uns derartiges fortwährend vorwerfen! Das ist der Ton, den neulich ein Flugblatt der Sozialdemokraten gegen uns anschlug, das u. a. schrieb: am moralischen Bankrott ist dieser Sippschaft nichts gelegen, aber an dem finanziellen Zusammenbruch; die Entziehung der klingenden Münze durch die Börse und die Banken fürchten sie, deshalb ver⸗ chachern sie Volksrechte. Das kann ich nicht anders denn als Infamie zeichnen. Es ist in dem Flugblatt dann noch eine Darstellung gegeben, wie der Freisinn zur Regierungspartei wurde. Wie das schehen ist? Das geschah am 13. Dezember 1906, als die aus⸗
e 2 Tee Iee Partei damals ihre Pflicht und Schuldigkeit nicht
tat. Daß mit solchen Vorwürfen gegen uns vorgegangen wird, ist eine Frivolitäat. Die Ausführungen meines engeren Landsmannes Schaedler waren nicht von der geringsten Sachkenntnis getrübt. Ich habe Mitleid mit dem bayerischen Gesandten. Die Rüge, die der Abg. Schrader dem bayerischen Vertreter gab, war mir verständlich. Wie konnte auch der bayerische Vertreter herkommen und diese schmähliche Blockfrucht auch noch loben! Die Sozialdemokratie kann uns übrigens am wenigsten Vor⸗ würfe machen, sie benahm sich in der Kommission viel polnischer als die Polen selbst. (Der Präsident bittet, auf Vorgänge in der Kommission nicht einzugehen.) Je besser das Gesetz wäre, um so rößer wäre die Wut unserer Gegner. Der „Vorwärts“ schrieb azu (Präsident Graf zu Stolberg: Ich bitte Sie, wenigstens die Vorgänge in der Kommission nicht mit der Presse in Verbindung zu bringen!) Gerade die Sozialdemokraten haben in der ersten Lesung sogenannte Kompromißanträge zum Fallen gebracht. Der Staats⸗ sekretär hat eine Erklärung abgegeben über die christlichen Arbeiter⸗ organisationen, die uns bedenklich erscheint. Er sprach von loyalen Bestrebungen usw. Solche kautschukartigen Auslegungen wollen wir nicht. Es ist gesagt worden, die liberale Partei sei ge⸗ richtet; wir warten ruhig das Urteil des liberalen Bürgertums ab. Wir wissen, daß Ihr Zorn, den Sie in den letzten Tagen gezeigt haben, der Zorn der betrübten Lohgerber ist. Wir wollen nach dem Willen der großen Mehrheit des deutschen Volkes (Lebhafter wiederholter Biderspruch), wir wollen ... (Erneuter Widerspruch und stürmisches Gelächter) etwas abwenden, was ein Unglück für das ganze deutsche Volk werden könnte.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Beth⸗ mann Hollweg:
Meine Herren! Aus den Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Müller⸗Meiningen entnehme ich, daß meine Antwort auf die Anfrage des Herrn Abg. Graef dahin mißverstanden worden ist, als ob ich dabei die gewerkschaftliche Bewegung nur der christlich⸗sozialen Organisationen im Auge gehabt hätte. Ich lege Wert darauf, daß sich in dieser Beziehung kein Irrtum festsetzt, und stelle ausdrücklich fest, daß ich meine Bemerkungen keineswegs auf die christlich⸗sozialen Arbeiterorganisationen und diese Teile der gewerkschaftlichen Bewegung beschränkt habe. (Bravo! links. Zuruf: Sondern?)
Abg. Delsor (b. k. F.): Im Namen der fraktionslosen Elsässer will ich mich auch gegen die Ausführungen des Florians von Elsaß⸗ Lothringen wenden. Der Antrag Hauß und Genossen, dem sich auch die Lothringer angeschlossen haben, ist im Landesausschuß einstimmig angenommen worden; es sind also alle Parteien dort darüber einig ewesen, daß der § 7 auch in der Kommissionsfassung eine Ver⸗ ümmerung unserer Volksrechte enthält und auch für die lothringische Bevölkerung unannehmbar ist. Der Abg. Grégoire hat ja selbst zugegeben, daß nur noch ein einzelner lothringischer Kreis von dem 9 erfaßt wird. Die Freigabe für Reichs⸗ und Landtagswahlen kann uns keineswegs entschädigen. Ein Landsmann des Dr. Grégoire hat im Landesausschusse hervorgehoben, nach der Annahme des Vereinsgesetzes sei man lediglich auf das Wohl⸗ wollen der Regierung in den Reichslanden angewiesen. Und damit will sich der Abg. Grégoire zufrieden geben und für den § 7 stimmen! Es ist ein durchaus ungenügender Trost für uns, wenn uns eine liberale Handhabung des Gesetzes versprochen wird. Auch die Fakultät der Landesgesetzgebung, weitere Ausnahmen zu gestatten, gewährt uns keine Garantie; der Wind, der heute weht, kann morgen anders wehen. Es würde auch nicht darauf ankommen, daß die be⸗ treffenden Orte zum französischen Sprachgebiet gehören, sondern darauf, daß der Regierungspräsident die Gemeinde als französischsprechende bezeichnet. Unser Kollege Labroise wohnt in Wuisse; dort spricht nur der Lehrer und zuglesch Gemeindeschreiber deutsch und der Abg. Labroise, und dieser wird mir nicht übelnehmen, wenn ich sage, er spricht Labroisisches Deutsch. Der Regierungspräsident hat aber diese Gemeinde als eine deutschsprechende bezeichnet. Es gibt Grundsätze, die Ehrenmänner nicht aufgeben, auch wenn sie dadurch Sondervorteile erreichen könnten. (Vizepräsident Dr. Paasche: Ich b⸗ voraus, daß Sie kein Mitglied des Hauses meinen! !) Noch 1857 wurden in der Universität Straßburg die meisten Kollegien 11“ “ 6
ite Beilage
zeiger und Berlin, Montag, den 6. Ax
deutsch gelesen; diese französische Toleranz empfehle ich der deutschen Regierung und dem Reichstage, sie werden mit einem Tropfen davon mehr erreichen als mit der ganzen Essigtonne des § 7.
Abg. Hanssen (Däne): Ich werde gegen den § 7 und gegen das ganze Gesetz stimmen. Der preußische Landtag hat schon so scharfe Ausnahmegesetze gegen die nichtdeutschen Bestandteile erlassen, daß auch ich glaube, er würde, wenn das deutsche “ scheitert, zu noch schärferen, noch drakonischeren übergehen; denno stimme ich gegen das Gesetz. Noch 1849 wurde allen nicht⸗ deutschsprechenden Volksstämmen in Deutschland der freie Gebrauch der uttersprache garantiert; in den Jahrzehnten seitdem sind wir immer weiter in Deutschland zurückgekommen, und heute ist eine unerträgliche Verschärfung der nationalen Gegensätze geschaffen worden, ohne daß damit dem Volke irgendwie genützt wörden wäre. Wollen Sie in der Kultur vorwärts kommen, so müssen Sie Freiheit, vorallem Sprachenfreiheit geben! Das Sprachenverbot soll für 2 Millionen Nichtdeutschredende erst nach 20 Jahren, für 2 ½ Millionen aber sofort eintreten. Sehr bedenklich ist, daß eine nichtdeutsche Sprache in Versammlungen nicht soll gebraucht werden können in Landesteilen, wo, wie in Schleswig, diese Sprache seit 1 ½ Jahrtausenden die Mutter⸗ sprache ist; welche Ungerechtigkeit, wenn da mit Strafe und Haft eingeschritten werden kann! Zur Abschwächung habe ich den Antra ein⸗ gebracht, um dessen Annahme ich Sie bitte, und der namentlich für die Gewerkschaften von großer Bedeutung sein wird. In der Nationalitätenunterdrückung sind wir nach dem Enteignungs⸗ und diesem Vereinsgesetz wirklich in der Welt voran. Weniger Bismarck und mehr Schiller, damit würde Deutschland besser fahren. 3
Abg. Brejski (Pole): Der Abg. Hieber behauptete, die Gegensätze in unserer Fraktion seien größer als im Block zwischen rechts und links. Das bestreite ich ihm mit vollem Recht; die Abgg. Fürst Radziwill und Korfanty stehen in sozialpolitischer Beztehung genau auf demselben Boden, und auch sonst kann von Gegensätzen keine Rede sein. Wenn uns jemand hilft, wenn jemand für unsere Sache, eintritt, so sind wir ihm dankbar; ob es Sozialdemokraten sind oder andere Parteien, ist ganz gleich. Wir haben ja aber von dem Abg. Graef gehört, daß Macht vor Recht geht. Wenn die Polen polnisch sprechen, dann ist das kein Mißbrauch der polnischen Sprache als politisches Kampfmittel. Ge⸗ rade die Blockparteien sind es, welche die polnische Sprache als politisches Kampfmittel mißbrauchen, indem in den Wahl⸗ kämpfen in Posen, Westpreußen und Oberschlesien polnische Flug⸗ blätter für ihre Parteiinteressen verbreiten lassen. Der Abg. Hieber hat sich über alles verbreitet, nur nicht über die Hauptsache. In Versammlungen soll nur deutsch gesprochen werden; kalso auch z. B. in populär⸗wissenschaftlichen Vorträgen. Hält in Posen beim Aus⸗ bruch einer Epidemie jemand einen öffentlichen polnischen Vortrag, um die Bevölkerung aufzuklären und Vorsichtsmaßregeln zu empfehlen, so wird er mit 300 ℳ bestraft. Damit treffen Sie doch nicht nur die Polen, sondern auch sich selbst. Für die Litauer, Masuren und Wenden, für die Franzosen in Lothringen sind Resolutionen und Anträge eingebracht; damit ist das p „ daß nur Deutsch gesprochen werden soll, durchbrochen. i die „polnische Gefahr“ glaubt im Ernst niemand, besonders diejenigen nicht, die am lautesten davon reden. Wenn die Möglichkeit angenommen wird, daß bei internationalen Verwicklungen sich andere Mächte der Polen annehmen könnten, so ist diese Möglichkeit nicht von uns geschaffen, dann besteht die Polengefahr nicht in uns durch uns, sondern sie besteht auf internationalem Gebiet. Wenn die Polen nicht mehr so loyal sein sollten wie früher, so liegt dies lediglich an der Polenpolitik der Regierung. Sie können sich in die veränderte Lage nicht so leicht hineinfinden. Die preußische Regierung setzt mit ihrer schlechten Behandlung der Polen nur die grausame Politik der Kreuzritter in meiner Heimat West⸗ preußen fort. 1870/71 ließ man die Polen in Ruhe, kaum aber war der Krieg zu Ende, da kam der Kulturkampf und mit ihm der Kampf gegen die Polen. (Vizepräsident Kaempf: Ich bitte Sie, doch zu § 7 zu sprechen!) Der Sprachenparagraph wird mit der polnischen Gefahr begründet; ich wollte zeigen, daß von einer solchen Gefahr nicht die Rede ist. Der Redner fährt in seinen historischen Betrachtungen fort, worauf er abermals vom Präsidenten zweimal zur Sache gerufen und auf die Geschäftsordnungsfolgen aufmerksam gemacht wird. Er fordert Haus und Regierung auf, den § 7 ganz fallen zu lassen, event. den Unterantrag seiner Partei anzunehmen. Man solle nicht den Eigensinn und Starrsinn der Regierung über⸗ schätzen und ruhig den Kommissionsantrag ablehnen.
Abg. Hue (Soz.): Ich be⸗ reiße den Unmut des Abg. Müller⸗Meiningen über die Verwechslung nicht, die dem Kollegen Legien passiert ist. Jeder liberale Mann sollte froh sein, wenn ihm solche freiheitlich⸗demokratischen An⸗ schauungen in den Mund gelegt werden. In der Beurteilung dieses Gesetzes, insbesondere des § 7, steht die große Mehrheit der Süd⸗ deutschen, der Süddeutschen Volkspartei, auf unserer Seite. Der Abg. Payer hat also nicht gegen uns, sondern gegen seine eigenen Freunde gesprochen. Ich bestreite entschieden, daß es sich bei dem § 7 um eine nationale Existenzfrage handelt. Wie kann man davon sprechen bei 5 bis 6 Millionen fremdsprachlicher Bürger gegenüber einer Gesamt⸗ bevölkerung von über 60 Millionen! Die chauvinistische Hetze Fgen eine kleine Minderheit ist kein Nationalismus mehr. ines solchen Chauvinismus sollte sich jeder Deutsche schämen. In England, Frankeich, Oesterreich usw. habe ich ungestört in meiner Muttersprache über die gewerkschaftliche Bewegung sprechen dürfen. Daß § 7 sich nur gegen die Polen richtet, geht aus den Ausnahmen hervor, die man zu Gunsten der Masuren, Litauer, Wenden, Elsässer und Wallonen machen will. Ich kann
mich mit solchen Ausnahmen nicht einverstanden erklären. Macht soll hier vor Recht gehen. Wie verträgt sich das mit den Lehren Christi? Wenn Macht vor Recht geht, dann muß auch der Glaube an den Ernst derer schwinden, die immer das Christentum im Munde führen. Ueber das Verhalten des Abg. Müller⸗Meiningen zu dieser Vorlage haben sich nicht etwa bloß die sozialdemokratischen Blätter abfällig ausgesprochen, sondern auch eine Reihe liberaler Blätter. (Der Redner zitiert verschiedene solcher Preßäußerungen. Vizepräsident Dr. Paasche ersucht den Redner, mit seinem Nachbarn keine Zwiegespräche zu führen, kürzer würde die Verhandlung dadurch nicht.) Interessanter aber jedenfalls. Daß das Zentrum mit uns in dieser Frage zusammenstimmt, ist die Schuld der freisinnigen rteien. Ich will Sie verschonen mit außerordentlich scharfen Aeußerungen freisinniger Arbeiter, weil es mit der Gesundheit meines Freundes Müller⸗Meiningen schlecht steht. Ich erinnere nur an Aeußerungen, die in Bochum gefallen sind. Gelten die freisinnigen Wähler draußen im Lande gar nichts mehr für Sie? Eine solche Autokratie der Gewählten entspricht auch nicht dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht! Der § 7 trifft im Grunde gar nicht die Polen, dazu enthält er viel zu viel Aus⸗ nahmen, auch nicht die Ostmarken, sondern die Westmarken, so Rheinland und Westfalen, speziell das Ruhrgebiet, wo man dieses Gesetz dem bisherigen Zustand vorzieht, auch auf christlich⸗ nationaler Seite. Das Schicksal dieses Gesetzes hängt von wenigen Stimmen ab, es wäre einfach ungöͤglich, wenn wir bei den letzten Wahlen nicht 36. Mandake verloren hätten. Diesmal sind die Arbeiter noch einmal auf den Leim gehüpft, ob sie es noch ein anderes Mal tun werden, bezweifle ich. Die deutsche Arbeiterschaft, insbesondere die freien Gewer
schaften, werden an der Sozialdemokratie ihre treueste Hilfe
Königlich Preußisch
finden. Ist es richtig, frage ich den Vertreter der Regierung, daß der Reichskanzler einer Arbeiterdeputation gesagt hat: Dieser Paragraph ist nicht von der Regierung gewünscht, sondern von den rheinisch⸗westfälischen Großindustriellen? Behrens als Führer der Deputation könnte uns Auskunft geben, was der Reichskanzler gesagt hat, außerdem ist der Abg. Wiedeberg hier, auf den sich die „Germania“ gestützt hat, und der eee bee gewesen ist. Ich bebaupte positiv, de ess Paragraph auf Bestellung des Zentralverbandes deutscher Industrieller gemacht worden ist. Die Freisinnigen sind über die Entstehung dieses Paragraphen falsch unter⸗ richtet worden. Wie steht es damit, Herr. Staatssekretär? Ledig⸗ lich das westdeutsche Industriegebiet wird durch diesen Paragraphen unter Ausnahme gestellt. § 7 ist nur die Fortsetzung der preußischen Polenpolitik. Schon 1896 waren 42 % der gesamten Arbeiter⸗ bevölkerung in den westlichen Industriebezirken aus dem Osten, ja in einzelnen Bezirken waren es 48, 50 und 58 %. Dieser Paragraph macht es uns unmöglich, auf jene Arbeiter so einzuwirken, wie es im Interesse der öffentlichen Ruhe und Ordnung not⸗ wendig ist. Durch § 7 werden die Leidenschaften der einheimischen Bevölkerung des Westens aufs gesteigert und die fremde Bevölkerung von der einheimischen separiert werden. Weshalbh ist es uns seinerzeit gelungen, beim Kohlenstreik die Ruhe aufrecht zu er⸗ halten? Weil behördlicherseits unseren Versammlungen kein Hemmnis bereitet wurde, sonst wäre der Streik nicht unblutig verlaufen. Die Regierung ist in der Hand der Syndikatsherren; sie muß ihnen bei diesem Gesetz willfährig sein. Wenn der Abg. Naumann die schönen Gedanken seiner großen sozialen Rede in die Tat umsetzen will, dann darf er uns nicht die Fesseln dieses Paragraphen anlegen; wer für den
7 stimmt, nimmt den Gewerkschaften das Leben, der unterstützt die Macht der Kapitalisten.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Beth⸗ mann Hollweg:
Meine Herren! Der Herr Abg. Hue hat von einer angeblichen Aeußerung des Reichskanzlers zu einer Deputation des christlich⸗ nationalen Arbeiterkongresses über die Enzstehung des § 7 gesprochen. Diese angebliche Aeußerung ist schon früher durch die Blätter ge⸗ gangen und infolgedessen bereits im Dezember vorigen Jahres in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ ausdrücklich dementiert worden. Ein gleiches Dementi ist von einem Teilnehmer an der Deputation, dem Herrn Abg. Behrens, unter Zustimmung aller Teilnehmer durch die Presse veröffentlicht worden. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Wird bestritten!) Diese Veröffentlichung des Herrn Abg. Behrens werde ich mir erlauben zu verlesen. (Wiederholte Zurufe.) — Ich kann ja nur mitteilen, was der Herr Abg. Behrens in seiner Veröffentlichung hat erklären lassen. —
Zum § 7 des Vereinsgesetzentwurfs geht uns folgende Er⸗ klärung zu:
Gegenüber den Presseerörterungen über den § 7 des Vereins⸗ gesetzentwurfs erkläre ich namens der Mitglieder der Deputation des zweiten deutschen Arbeiterkongresses, die am 24. Oktober 1907 in Klein⸗Flottbeck vom Reichskanzler empfangen worden ist, daß der Reichskanzler bei dieser Gelegenheit die ihm unterschobene Aeußerung, der § 7 sei auf Veranlassung der der nationalliberalen Partei nahe⸗ stehenden rheinisch⸗westfälischen Industriellen in den Entwurf hinein⸗ gekommen, weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach getan hat.
(Hört! hört! bei den Nationalliberalen.) Die Meldung, ein Mitglied der Deputation habe eine diesbezügliche Mitteilung in die Presse gelangen lassen oder veranlaßt, beruht auf Unwahrheit.
8 Franz Behrens, Mitglied des Reichstags. (Hört! hört! rechts und bei den Nationalliberalen.)
Des weiteren hat Herr Hue sich darüber gewundert, daß, nachdem von einer Seite und dann demnächst auch von ihm selber die Be⸗ hauptung aufgestellt war, der § 7 sei eine bestellte Arbeit des Zentral⸗ verbandes der Industriellen, ich dieser Behauptung nicht widersprochen hätte. Nun, meine Herren, ich habe in der ersten Lesung und heute wiederum auseinandergesetzt, aus welchen Gründen die verbündeten Regierungen den § 7 in den Entwurf aufgenommen hätten. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Nachträglich!) — Nein, nicht nachträglich. Meine Herren, ich bin selber Verfasser des Gesetzentwurfs im Reichs⸗ amt des Innern gewesen. (Vielfache Zurufe aus der Mitte: Oh!) Ich habe daran mitgearbeitet; denn ein Entwurf, der im Reichsamt des Innern ausgearbeitet wird, wird von der Verantwortung des Chefs dieses Reichsamts getragen, und ich selber habe aus den Gründen, die ich hier in voller Ehrlichkeit und Offenheit angegeben habe, die Notwendigkeit erkannt, die Sprachenfrage zu regeln. Das habe ich bei der ersten Lesung erklärt, das wiederhole ich jetzt in diesem Moment. (Bravol rechts.) Wenn aber der Herr Abg. Hue durchaus ein Dementi darüber haben will, daß der § 7 bestellte Arbeit des Zentralverbandes deutscher Industrieller oder bestellte Arbeit irgend eines anderen sei, so erteile ich dieses Dementi. Diese Behauptung ist eine Fabel. (Bravol rechts.)
Abg. Korfanty (Pole): Der Reichskanzler hat an die Depu⸗ tatio2 ge sbatüs die Worte gerichtet, es sei nicht die Abfichr der Regierung gewesen, diesen Paragraphen in den Entwurf aufzunehmen; § 7 sei auf ausdrücklichen Wunsch der so⸗ genannten nationalen . insbesondere der Nationalliberalen, in den Entwurf aufgenommen werden. Das hat einer der Teilnehmer der Deputation aus dem Munde des Reichskanzlers gehört und ist bereit, das öffentlich zu bestätigen. Auch bei der Knappschaftsnovelle in Preußen hatte die Regierung die geheime Wahl vorgeschlagen, aber die Nationalliberalen beriefen sich auf die großpolnische Gefahr in Oberschlesien, um die öffentliche Wahl durchzusetzen. (In seinen weiteren Ausführungen über die „polnische Gefahr“ wird der Redner wiederholt vom Vize⸗ präsidenten Dr. Paasche auf den Gegenstand zurückverwiesen, worauf er zuletzt mit der Bemerkung erwidert, er überlasse das ÜUrteil über dieses Verfahren des Präsidenten dem Hause und der Geschichte. Vizepräsident Dr. Paasche ruft den Redner für diese neuferung zur Oednung.) Die Freisinnigen und Demokraten haben sich ja nach ihren heutigen Ausführungen über die Polen und die e Polenpolitik 7 so weit nach rechts entwickelt, da e den Nationalliberalen verzweifelt 18 seg. Es hat mir in der Seele weh getan, heute einen Mann wie Pavyer eine solche Rede reden zu hören. Die heutigen Demokraten kommen mir, verglichen mit ihren Vorgängern von 1848, vor wie Demokraten im Schlaf⸗ rock, in ntoffeln und mit der Zipfelmütze. Wer wie der Abg. Müller⸗Meiningen von Fortschritt des Entwurfs gegenüber dem