1908 / 84 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Apr 1908 18:00:01 GMT) scan diff

werden soll; die Arbeiten sind mit den Zensuren zu den Prüfungs⸗ akten zu nehmen.

Wenn die vier schriftlichen Arbeiten den Anforderungen nicht genügen, so ist die Prüfung nicht

1 se Fee G6 tunlichst bald nach der Beendigung riftlichen Prüfung

Zu einem Termine für die mündliche Prüfung sollen nicht mehr

als fünf Rechtskandidaten geladen werden.

Den Gegenstand der mündlichen Befragung bilden die Disziplinen des öffentlichen und Privatrechts und der Rechtsgeschichte sowie die Grundlagen der Staatswissenschaften.

Der Vorsitzende hat auf eine geeignete Fragestellung hinzuwirken; ob er sich an der mündlichen Befragung beteiligen will, bleibt seinem Ermessen überlassen.

Zu der mündlichen Prüfung sollen als Zuhörer Studierende der

Rechtswissenschaft und Rechtskandidaten in der Regel Zutrilt erhalten; die näheren Anordnungen erläßt der Vorsitzende. 8 Ein Kandidat, der den Termin für die mündliche Prüfung ver⸗ säumt, soll von dem Vorsitzenden in der Regel nicht vor Ablauf von drei bis sechs Monaten zu einem neuen Termine geladen werden. Bei zweimaliger Versäumnis gilt ee; Prüfung als nicht bestanden.

Die Frage, ob die Prüfung bestanden und im Bejahungsfall, ob sie „ausreichend“, „gut“ oder „mit Auszeichnung“ bestanden ist, wird nach dem Gesamtergebnisse der schriftlichen und der mündlichen Prüfung durch Stimmenmehrheit entschieden.

Bei Stimmengleichheit gibt der Vorsitzende den Ausschlag.

Die Prüfungskommission hat zu den Akten außer dem Gesamt⸗

ergebnisse der Prüfung zu vermerken:

a. das Ergebnis der Begutachtung der einzelnen schriftlichen Arbeiten,

b. die Gegenstände der mündlichen Prüfung,

c. das Ergebnis der mündlichen Prüfung, und zwar gesondert, einerseits für die privatrechtlichen Disziplinen, die Rechtsgeschichte, das Strafrecht und das Prozeßrecht, andererseits für die übrigen öffentlich⸗ rechtlichen Disziplinen sowie die Grundlagen der Staatswissenschaften.

Eine Prüfung, die in einem Zeitraume von zwei Jahren nach

der Zulassung des Rechtskandidaten nicht erledigt ist, gilt als nicht bestanden. 8

§ 11. Wer die Prütunß nicht bestanden hat, ist nach dem Ablauf eines auf sechs bis zwölf Monate zu bestimmenden Zeitraums auf seinen Antrag zu einer einmaligen Wiederholung der Prüfung zuzulassen, sofern er nachweist, daß er ein Halbjahr dem fortgesetzten Rechts⸗ studium an einer Universität gewidmet hat. Die Prüfungskommission ist ermächtigt, dem Rechtskandidaten diejenigen Fächer zu bezeichnen, deren wiederholtes Studium von ihm vor der nochmaligen Zulassung verlangt wird. 1 3 Die Prüfungskommission kann durch einstimmigen Beschluß das weitere Rechtsstudium an einer Universität oder die rechtswissenschaft⸗ liche Arbeit oder die drei unter Aufsicht zu fertigenden Arbeiten oder die mündliche Prüfung erlassen. Sie kann mehrere dieser Ver⸗ günstigungen zugleich 6 Ein Kandidat, der bei der Anfertigung der schriftlichen Prüfungs⸗

arbeiten sich eines Täuschungsversuchs schuldig gemacht oder die Ver⸗ sicherung der selbständigen Anfertigung (§§ 7, 33) nicht wahrheits⸗ emäß abgegeben hat, wird von der Prüfungskommission je nach dem

rrade der Verschuldung auf Zeit oder für immer von der Prüfung ausgeschlossen. Soll die Ausschließung für .gg Zeit als ein Jahr oder für immer erfolgen, so bedarf der Beschluß der Kommission der Bestätigung des Justizministers.

II. Die Vorschriften zu I treten am 1. August 1908 in Kraft.

III. Von Rechiskandidaten, die auf ein vor dem 1. August 1908 ein⸗ ereichtes Gesuch zur ersten juristischen Prüfung oder zu einer Wieder⸗ Süie. dieser Prüfung zugelassen werden, sind die unter Aufsicht zu fertigenden Arbeiten nicht zu erfordern. Das Gleiche gilt für Kandi⸗ daten, die nach dem 1. August 1908 zu einer der Prüfung zugelassen werden, wenn die Prüfung vor der Veröffentlichung 5 Verfügung nicht bestanden und die Wiederholung der Prüfung auf den schriftlichen oder den mündlichen Teil beschränkt ist. IV. Wird einem Rechtskandidaten, der nach der Veröffentlichung, aber vor dem Inkrafttreten dieser Verfügung die Prüfung nicht besteht, für den Fall der Wiederholung eine der im § 11 Abs. 2 zu b der Allgemeinen Verfügung vom 12. Juli 1904 bezeichneten Ver⸗ ünstigungen bewilligt, so können ihm zugleich die unter Aufsicht zu nenne Arbeiten erlassen werden.

Eine weitere allgemeine Verfügung des Justizministers vom 31. März 1908, betreffend die für die erste lar tese Prüfung zu entrichtende Gebühr, enthält nachstehende Bestimmungen:

§ 1. Die von jedem Kandidaten der ersten juristischen Prüfung zu er⸗ hebende Gebühr beträgt fünfundsiebzig Mark. R Gebühr ist alsbald nach der Zulassung zur Prüfung zu en en.

§ 2.

Beschränkt sich die Prüfung auf die mündliche Prüfung und einen Teil der schriftlichen Prüfung (die rechtswissenschaftliche Arbeit oder die drei unter Aufsicht zu fertigenden Arbeiten), so ist eine Gebühr von sechzig Mark zu entrichten. Beschränkt sich die Prüfung auf den schriftlichen oder auf den mündlichen Teil der Prüfung, so beträgt die Gebühr fünfzig Mark. Beschränkt sich die Prüfung auf einen Teil g. 11 Prüfung, so wird eine Gebühr von dreißig Mark erhoben.

Tritt der Kandidat von der Prüfung zurück, so finden für die L-e-,aeer der Gebühr die Vorschriften des Abs. 1 entsprechende An⸗ wendung.

§ 3.

Die Verfügung tritt am 1. August 1908 in Kraft.

Wird ein Kandidat zur ersten juristischen Prüfung oder zu einer Wisderboheg dieser Prüfung auf ein vor dem 1. August 1908 ein⸗ erreichtes Gesuch zugelassen, so sind für die Prüfungsgebühr die bis⸗ 55 Vorschriften maßgebend.

Den Scheckprotest und den Scheckprozeß betrifft eine allgemeine Verfügung des Justizministers vom 31. März 1908, die folgendes bestimmt:

I. Aus Anlaß des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 (Reichs⸗ gesetzblatt S. 71) wird die Geschäftsanweisung für die Gerichts⸗ vollzieher vom 1. Dezember 1899 dahin u daß im zweiten Abschnitt nach dem Unterabschnitt N und hinter dem 11. als § 96 a mit der Ueberschrift „V a. Scheckproteste“ folgende Vorschriften ein⸗ geschaltet werden: .

1) Außer dem Notar, dem Amtsrichter und dem Gerichtsschreiber ist auch der Gerichtsvollzieher zuständig, Scheckproteste aufzunehmen 16 Abs. 2 des Scheckgesetzes). Das hierbei vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren ergibt sich aus den Vorschriften des Scheckgesetzes, den darin näher bezeichneten Bestimmungen der Wechselordnung sowie aus dem Gesetze, betreffend die Wechselproteststunden, vom 1. Juni 1904 (Gesetzsamml. S. 73).

2) Der Scheckprotest dient zum Nachweise dafür, daß der Scheck rechtzeitig zur Zahlung vorgelegt und nicht eingelöst oder daß die Vorlegung vergeblich versucht worden ist. Als Zahlungsort gilt der bei dem Namen oder der des Bezogenen angegebene Ort und wenn eine solche Angabe fehlt, der Ausstellungsort. Der Scheck i

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bei Sicht zahlbar, die Vorlegungsfrist bestimmt sich bei den im Inland ausgestellten und zahlbaren Schecks nach § 11 Abs. 1 und 3 des SaSg⸗n und bei den im Ausland ausgestellten im In⸗ lande zahlbaren Schecks nach der Bekanntmachung des Herrn Reichs⸗ kanzlers vom 19. März 1908 (Reichsgesetzbl. S. 85 und § 11 Abs. 3 des Scheckgesetzes. Hinsichtlich der Uebertragbarkeit des Schecks durch Indossament bleibt zu beachten, ein auf eine Abschrift des Schecks gesetztes Indossament oder ein Indossament des Bezogenen unwirksam ist. Inwieweit eine Wechselstempelsteuer für den Scheck in Frage kommt, ergibt sich aus § 29 des Scheckgesetzes. Im übrigen finden die Vorschriften im § 94 Abs. 2, 5, 7 und 8, § 95 Abs. 1 Satz 1 und Schlußsatz, Abs. 3 bis 7, Abs. 8 zu a bis d, f, g und Abs. 9 bis 11 sintgemäße Anwendung.

II. Das vom Notar, von der Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts und vom Gerichtsvollzieher zu haltende Wechselprotestregister erhält fortan die Bezeichnung „Wechsel⸗ und Scheckprotestregister“ und dient auch zur Eintragung der beglaubigten Abschriften der Scheckproteste.

III. Die für die Berechnung der Gebühren und Auslagen in Ansehung der Aufnahme von Wechselprotesten maßgebenden Be⸗ stimmungen gelten auch für die Erhebung von Scheckprotesten.

IV. Dsie Vorschriften über die registermäßige und geschäftliche Behandlung der Wechselprotestaufträge gelten auch für Scheckprotest⸗ aufträge (vgl. z. B. § 17 Abs. 4, § 44 Abs. 4, § 49 Abs. 5 der Gerichtsvollzieherordnung, § 7 Abs. 4 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher, § 44 der Geschäftsordnung für die Gerichts⸗ schreibereien der Amtsgerichte).

V. Soweit die den Wechselprozeß betreffenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung auf Scheckprozesse G finden, sind Scheck⸗ prozesse auch in der Registerführung, Geschäftsstatistik usw. wie Wechselprozesse zu behandeln. 2

VI. Diese Verfügung tritt sofort in Kraft.

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Der Kaiserliche Botschafter in London, Wirkliche Geheime Rat Graf Wolff⸗Metternich hat einen ihm Allerhöchst be⸗ willigten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Botschaft von dem Botschaftsrat von Stumm geführt.

Der Kaiserliche Gesandte in Luxemburg von Jagow hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Kaiser⸗ lichen Gesandtschaft von dem nach Luxemburg entsandten Ersten Sekretär bei der Kaiserlichen Gesandtschaft in Bern, Legationsrat von Buch vertretungsweise geführt. 8

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Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. SS. „Fürst Bismarck“, „Leipzig“, „Niobe“ und „Arcona“ gestern in Yokohama eingetroffen.

M. S. Tiger“ ist Kiukiang Gangtses abgegangen.

1 In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ d Stch dec wird eine Zusammenstellung der

un z Berichtebzg * Vottschen Fruchtmärkten für den Monat M 8.9g llicht.

3 HiegherTeas Sachsen.

Seine Majestät der König Friedrig „W. T. B.“ zufolge, heute vormitta lichen Hoheit der Prinzessin getroffen.

In der Zweiten Kammer brachte bei der Beratung des Kapitels 97 des ordentlichen Etats, betreffend katholische Kirchen⸗ und Wohltätigkeitsanstalten, der nationalliberale Abgeordnete Dr. Vogel zur Sprache, daß die evpangelische Bevölkerung in Sachsen es mit Beunruhigung empfinde, daß die Zahl der Katholiken in Sachsen ständig zunehme.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ wies der Redner darauf hin, daß in Sachsen nach der weesefimestsüse s weder neue Klöster er⸗ richtet, noch jemals irgendwelche geistliche Orden oder Kongregationen zugelassen werden dürften, führte dann eine große Anzahl einzelner

älle an und erklärte, er halte es für die Pflicht der

ammer, die den Eid auf die Verfassung geleistet habe, und nicht minder für die Pflicht der Regierung, die Einhaltung der Verfassung und des Kirchengesetzes zu überwachen und die eschilderten Verhältnisse eingehend zu prüfen sowie das Ergebnis hrer Prüfung dem Hause mitzuteilen. Der Kultusminister Dr. Beck erwiderte, daß er von den Verhältnissen, auf die der Vorredner hingewiesen, keine Kenntnis habe. Die Gesuche um Zulassung der⸗ artiger Stiftungen seien in allen Fällen streng nach der Verfassungs⸗ urkunde und nach dem Gesetz behandelt worden.

Baden.

88 weiten Kammer wurde der Minister des Auswärtigen Freiherr von Marschall gestern abend von den Nationalliberalen wegen des Staatsvertrages zwischen Baden und der Schweiz, betreffend die Grenz⸗ verlegung bei Leopoldshöhe, interpelliert.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Minister, die Regierung habe geglaubt, daß die Zustimmung der badischen Landstände zu dem Staatsvertrage nicht erforderlich sei und zwar deshalb, weil es der bisherigen Uebung entspreche, Grenzregulierungen von geringer n, nicht zum Gegenstand einer Vorlage an den Landtag zu machen. enn aber das Haus wünsche, Staats⸗ verträge künftighin dem Landtag vorgelegt werden sollen, so sei die Regierung hierzu gern bereit. In der Diskussion erklärten sich alle Redner von der Antwort der Regierung be⸗ friedigt. Der Abg. Obkircher regte an, daß der in Rede stehende Staatsvertrag dem Landtag nicht nur zur Kenntnisnahme, wie es der Minister zugesagt habe, sondern auch zur nachträglichen Zustimmung vorgelegt, und daß ein Gesetzentwurf eingebracht werde, der ausdrücklich festlege, daß die badischen Feses⸗ auch auf das ein⸗ getauschte Gebiet Anwendung finden. Der Minister bemerkte, daß diese Anregung erwogen werden solle.

gestern von Hankau nach

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mit Ihrer König⸗ nna in Dresden ein⸗

Oesterreich⸗Ungarn. Das österreichische au⸗ setzte in der

gestrigen Sitzung die Verhandlungen über den Dringlichkeits⸗ antrag Pogacnik, betreffend das Rekrutenkontingent, fort.

Großbritannien und Irland.

Die Regierung hat, dem „Reuterschen Bureau“ zufalge. auf die Nachricht von dem Angriff aufständischer Araber auf den englischen Dampfer „Blosse Lynch“ (siehe Asien) den britischen Botschafter in Konstantinopel sogleich

telegraphisch angewiesen, von der türkischen Regierung die

Bestrafung der Schuldigen zu verlangen, und darauf die Versicherung erhalten, daß die Türkei alles tun werde, dem Verlangen zu entsprechen und die Schifffahrt auf dem Tigris zu sichern.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses gab der Kanzler der Schatzkammer die Abdankung des Ministerpräsidenten Campbell Bannerman amtlich bekannt und führte, „W. T. B.“ zufolge, aus:

Es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um den großen Eigen⸗ schaften des verehrten und angesehenen leitenden Staatsmanns in passender Weise Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, oder sich über seine dem Staate geleisteten glänzenden Dienste näher auszulassen. In den Annalen der ee. Geschichte gebe es keinen Mann, der nach langen Jahren, in denen er im dichtesten politischen Streit⸗ getümmel gestanden habe, das höchste Amt der Krone unter allge⸗ meinerer Beliebtheit und mit größeren Verdiensten niedergelegt habe. becen; schlug hierauf vor, daß sich das Haus bis zum 14. d. M.

age. .

Der Abg. Balfour schloß sich den Ausführungen des Ministers an und brachte das lebhafte Mitgefühl der Oppo⸗ sition zum Ausdruck. Alsdann vertagte sich das Haus bis

In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer

wurde ein Ergänzungskredit von 21 ½ Millionen 8* Abhilfe der Ueberschwemmungsschäden im Süden des Landes bewilligt. Hierauf richtete der Abg. Jaurês an die Regierung eine Interpellation uüͤber innere Politik und die Ausführung des Reformprogramms.

Nach dem Bericht des „W. T. Regierung vor, sie habe keine der in ihrem Programm enthaltenen Reformen ausgeführt und sogar einige von den schon vor der jetzigen Legislaturperiode beschlossenen zu veröffentlichen, unterlassen. Der Mmnisterpräsident Clemenceau erwiderte, die Regierung habe das Trennungsgesetz trotz des empfindlichen Widerstandes aus⸗ geführt. Der Rückkauf der Westbahn sei auf dem besten Wege, dank den Bemühungen der Regierung, die übrigens dem Senat keine Befehle erteilen könne. Die Regierung sei auch bemüht gewesen, das Gesetz über den wöchentlichen Ruhetag auszu⸗ führen und die Lage der Eisenbahnangestellten zu verbessern. Wenn die Kammer weniger reden wollte, könnte sie mehr Reformen zustande bringen, z. B. die Einkommensteuer, für deren Annahme das Kabinett solidarisch eintrete. Die Beratung über den Rückkauf der Westbahn werde im Senat nach den Osterferien beginnen, wobei das Kabinett die Vertrauensfrage stellen werde. Die Regierung werde auch das Ein⸗ kommensteuergesetz alsbald nach der Genehmigung durch die Kammer im Senat verteidigen. Clemenceau suchte im weiteren Verlauf seiner Rede nachzuweisen, welche Gefahr man liefe, wenn man ein gemäßigtes Ministerium zur Regierung kommen ließe, und daß man um jeden Preis die Reaktion vermeiden müsse. Der Abg. Jaurès sprach darauf von nüuem gegen die Aussperrung auf den Bauten und ver⸗ sicherte, daß der Haß des Sozialismus eine Gefahr für die Regierung und für die Republik sein würde.

Die Kammer nahm mit 319 gegen 86 Stimmen eine

Tagesordnung an, in der sie der v“ ihr Vertrauen erklärt und der Zuversicht Ausdruck gibt, daß die Regierung

den Rückkauf der Westbahn, die Altersversicherung der Arbeiter und die Einkommensteuer zur Durchführung bringen und sich

dabei einzig und allein auf die Mehrheit stützen werde, die diese Reformen wünsche. v 8 Der Großherzog und die Großherzogin

Hessen sind, „W. T. B.“ zufolge, gestern abend von Zarskoje Sselo nach Moskau abgereist.

Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ veröffent⸗

.“ warf der Interpellant der

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licht jetzt den Wortlaut der Antwort der Sh 8 e fur

Regierung 8 die englischen Reformvorschläg Mazedonien, mitgeteilt worden ist. Vom „W. T. B.“ wort noch folgendes hervorgehoben: Rußland stimmt völlig mit der englischen Auffassung von der moralischen Verantwortung der Großmächte für die Beruhigung Mazedoniens überein und betont gleichfalls die Notwendigkeit energischer Maßregeln. Bezüglich der Gendarmeriefrage bedauert Rußland, von dem englischen Standpunkt abweichen zu 952q obwohl es die Notwendigkeit gewisser Reformen anerkenne. Vor allem müsse die Stellung des die Gendarmerieorganisation leitenden Generals ver⸗ bessert werden. Durch die Teilnahme dieses Generals an der Finanz⸗ kommission werde ein Zusammenwirken der Behörden er⸗ möglicht. Die russische Regierung sei mit einer möglichst großen Verstärkung der Gendarmerie einverstanden. Die die Gendarmerie betreffende Aufgabe müßte der Finanzkommission auferlegt werden, die auch das Reglement für die Gendarmerie auszuarbeiten habe. Bei der gegenwärtigen Lage sei eine wesentliche Verminderung der türkischen Truppen in den drei Wilajets kaum möglich. Bezüglich des Instituts der Landwache weist das Memorandum darauf hin, daß die türkische Regierung selbst dessen Nützlichkeit anerkannt habe. Die er⸗ wähnten Maßregeln stellten das Minimum dar, gemeinden Sicherheit gegen kleinere währen. Größere Banden müßten durch Truppen bekämpft werden. Dem englischen Vorschlage bezüglich Ernennung eines maze⸗ donischen Generalgouverneurs stimme Rußland im Prinzip zwar zu, doch habe der FAH Aussicht auf einstimmige Billigung der Mächte, noch auf Annahme durch den Sultan. Dasselbe Ziel sei durch eine Erweiterung der Befugnisse des jetzigen Generalinspektors erreichbar. Die Stellung des letzteren müsse auf eine Frist verlängert werden, die zwischen den Mächten und dem Sultan zu vereinbaren sei und nicht kürzer als die Frist des dreiprozentigen Zoll⸗ zuschlags bemessen werden sollte. Bezüglich der Finanz⸗ kommission werde dem englischen Vorschlag zugestimmt. Durch den Uebertritt der Zivilagenten in türkische Dienste werde das Prinzip der Souveränetät des Sultans aufrechterhalten und die Tätigkeit der Finanzkommission erleichtert. Die Kommission könne dergestalt die Kontrolle des Gerichtswesens im Rahmen der öster⸗ reichisch⸗ungarischen und russischen Vorschläge ausüben. Die Gleich⸗ stellung aller sechs Mächte habe prinzipiell bereits bei der Organisation der Gendarmerie bestanden. Das Einverständnis der Pforte sei er⸗ forderlich, um den deutschen, französischen, englischen und italienischen Delegierten gleiche Rechte wie dem russischen und öster⸗ reichisch⸗ ungarischen Delegierten zu verschaffen. Die kommission könne dergestalt eine Polizeiorgane mit Hilfe der Instruktionsoffiziere durchführen zeitig mit Genehmigung der Pforte auf ein Zusammenarbeiten der türkischen Truppen mit den Zivilbehörden zur Bekämpfung der Banden einwirken und die Organisation der Landwache mitfördern. Angesichts des aufrichtigen Wunsches der Mächte, zum Wohl der Völkerschaften der drei Wilajets beizutragen, und der Notwendigkeit praktischer Maß⸗ regeln zur Erreichung dieses Zieles hofft die russische Regierung, daß

der einstimmige Wunsch der Mächte unverzüglich die gegenwärtige

Lage verändern werde, auf deren bedenkliche Seiten und Gefährlichkeit

die britische Regierung bereits hingewiesen habe. In der gestrigen Sitzung über den Gesetzentwurf des Ministeriums, betreffend den Bau der Amureisenbahn, verhandelt.

Die Referenten der Wegebaukommission und der Reichs⸗ verteidigungskommission unterstützten, Vorlage, jedoch behauptete der die Ei

erstgenannte, enbahn

eren wesentlicher Inhalt bereits am 28. März wird aus der Ant⸗

Wum den Land⸗ Bandenüberfälle zu ge⸗

bessere Kontrolle der örtlichen gleicha

der Reichsduma wurde

obiger Quelle sg ihe die 8

infolge wiederholter

ihren Ausgangspunkt notwendigerweise in Kuhenga und

wie das Ministerium verlange, in Nertschinck haben. Gegen diese Auffassung polemisierte der Verkehrsminister in längerer Rede und wies auf die Wichtigkeit des Bahnbaus für die Hebung der Kultur und des materiellen Wohl⸗ standes der Beyölkerung sowie für die Kolonisation des Amurgebiets hin. Der Gehilfe des Kriegsministers hob die strategische Bedeutung der Amurbahn für den ganzen fernen Osten hervor. Beide Redner betonten zum Schluß, daß die Duma durch die Annahme der Gesetzesvorlage einen Akt großer Staatsweisheit vollbringen und gleichzeitig die Interessen der im fernen Osten wohnenden Stammes⸗ genossen wahrnehmen würde. Der Abg. Lerow (Progressist) erklärte, daß er gegen die Gesetzesvorlage sei. Die angeführten Daten über die Naturreichtümer des Amurgebiets halte er für unbewiesen und daher den Erfolg des Bahnbaus für problematisch. Der Abg. Graf Uwarow (Oktobrist) führte aus, er stehe auf dem Stand⸗ punkte, daß das Amurgebiet als Territorium Rußlands jedenfalls ver⸗ teidigt und in jeder Hinsicht gehoben werden müsse. Das sei aber nur durch den Bahnbau möglich. Der Abg. Schingarew (Kadett) wies darauf hin, daß die finanzielle Lage Rußlands eine derartige Aufgabe verbiete. Der Abg. Bobrinsky (gemäßigte Rechte) ver⸗ teidigte die Gesetzesvorlage vom strategischen, nationalen und wirt⸗

schaftlichen Standpunkte.

Darauf wurde die Sitzung auf übermorgen vertagt.

Im finnischen Landtage verlas gestern abend der Landtagssekretär die Allerhöchste Urkunde über die Auflösung des Landtages. Nach der Verlesung erklärte der Präsident den Landtag fuͤr geschlossen.

8 Italien. Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem Deutschen Kaiser

und der Kaiserlichen Familie an Bord ist mit den Be⸗ leitschiffen, „W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag von Mies na in Palermo eingetroffen. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten Tittoni hat, der „Agenzia Stefani“ zufolge, vom Gouver⸗ neur des italienischen Somalilandes folgendes Tele⸗ gramm erhalten: Mogadiscio, 25. März. Segre ist am 19. März mit 59 Askaris, von denen 20 aus dem Gefecht von Berdali zurückgekehrt waren, in Brava angekommen und hat die ganze durchzogene Gegend ruhig gefunden. Zwischen Merca und Mognadiscio ist die Lage unverändert. Die Auf⸗ ständischen sind eingeschüchtert. In der Küstengegend herrscht voll⸗

kommene Ruhe. ; Portugal.

Die Deputiertenkammer einschließlich der Vertreter der Kolonien wird sich, nach einer Depesche des „W. T. B.“, folgendermaßen zusammensetzen: Regeneratoren 62, Pro⸗

rgfisten 59, Unabhängige 17, Nationalisten 2, Republikaner 5, Fr ancisten 3, dissidierende Progressisten 7 Sitze. .

Gestern ist es wieder anläßlich der Wahlen in ver⸗ schiedenen Bezirken der Hauptstadt zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen der Menge und der be⸗ waffneten Macht gekommen, bei denen drei Personen getötet und mehrere verletzt worden sind.

b . Schweiz.

Der Nationalrat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, nach viertägiger Debatte mit 82 gegen 53 Stimmen beschlossen, dem durch Volksabstimmung geforderten Verbot von Fabrikation, Einfuhr, Durchfuhr und Verkauf des Absinthlikörs zuzustimmen.

GriechenlanddT.

In der Deputiertenkammer wurde der Minister⸗ präsident Theotokis gestern über die auswärtige Politik, besonders in Hinsicht auf die Türkei, interpelliert.

In Beantwortung der Anfrage erklärte der Ministerpräsident, W. T. B.“ zufolge, er glaube, die Pforte werde die Rechte Griechenlands in bezug auf die Küstenschiffahrt anerkennen, wenn nicht, werde er sie zu wahren wissen. Was die Verbesserung der griechisch⸗türkischen Bahnverbindungen an⸗ lange, so hoffe er auf die Zustimmung der Türkei. Von der Ausdehnung der Reformen auf die ganze europäische Türkei, ins⸗ besondere auf Epirus glaube er, daß dies den griechischen Inter⸗ essen entgegenstehe. Die Bedeutung der Rechte des Hellenentums in Mazedonien sei jetzt bekannt. Griechenland müsse nur seine Streit⸗ kräfte vermehren und sich der Sympathien der Mächte zu vergewissern suchen. Es gehe nicht an, daß Volk und Presse die Bemühungen der Regierung in diesem Sinne hinderten, denn die mazedonische Frage werde 18 den Mächten nach ihren Interessen und ihren Sympathien geregelt.

Serbien.

In der Skupschtina erklärte gestern der Führer der Jungradikalen Stojanowitsch, daß die Jungradikalen es älle von Verfassungs⸗ und Gesetzesver⸗ letzung für ihre Pflicht erachteten, die im Jahre 1907 einge⸗ stellte Obstruktion wieder aufzunehmen. Der Redner ver⸗ wies unter anderem auf die Ermordung der beiden Nowako⸗ witsch und auf den Handelsvertrag mit Oesterreich⸗Ungarn, der für Serbien ungünstig sei, und trat schließlich für Neu⸗ wahlen zur Skupschtina ein. Nachdem noch mehrere andere Redner für Neuwahlen eingetreten waren, erklärte, „W. T. B.“ zufolge, der Ministerpräsident Paschitsch:

Die Auflösung des Parlaments stehe nur dem König und der Majorität zu. Die von der Opposition aufgestellte Theorie kehre sich segen den Parlamentarismus. In keinem Staate sei die freie Wahl -eeg gesichert, wie in Serbien. Ueber Febler der Regierung habe

nur der König oder die Majorität zu entscheiden. Die reaktionäre

Theorie, die früher von oben vertreten worden sei, würde jetzt von unten unterstützt. Das Prestige Serbiens im Auslande sei gestiegen. Der Ministerpräsident weiter gegen das Verhalten der Opposition und verwies darauf, daß die Regierung die Angelegenheit Novakowitsch den Gerichten überlassen habe. Die Regierung sei ver⸗ pflichtet, gegen die von der Opposition aufgestellte Theorie zu kämpfen.

Bulgarien. 8

Der Fürst Ferbinans und die Fürstin trafen gestern nachmittag in Sofia ein und hielten ihren festlichen Einzug in die Stadt. Am Bahnhof waren, „W. T. B.“ zufolge, die Chefs der diplomatischen Missionen, die Minister und andere ende Persönlichkeiten zum Empfange erschienen. Auf

Bahnsteig war eine Ehrenkompagnie aufmarschiert. An dem vor dem Bahnhof errichteten Triumphbogen reichten die städtischen Behörden den Fürftichketten Salz und Brot dar. Die Offiziere der Garnison bildeten vor dem Palais, die Truppen in den Straßen Spalier. Das in den prächtig eschmückten Straßen zusammengeströmte Publikum begrüßte ie fürstlichen Herrschaften mit lebhaften Kundgebungen.

Amerika. 1] Das amerikanische Repräsentantenhaus hat, einer

Depesche des „W. T. B.“ zufolge gestern den Gesetzentwurf, betreffend die Haftpflicht der Ar eitgeber, genehmigt.

Asien.

Unter den Araberstämmen im Amaradistrikt ist ein Aufstand ausgebrochen. Wie das „W. T. B.“ meldet, erhielt in der Nähe eines türkischen Lagers unweit der Stadt Amara am Donnerstag voriger Woche der englische Dampfer „Blosse Lynch“, der den Tigris von Bagdad her 811 zweimal von den Aufständischen heftiges Gewehrfeuer, durch das zwei Passagiere getötet und mehrere verwundet wurden. Ein türkischer Regierungsdampfer, der bei dem Lager stationiert war, begleitete den „Blosse Lynch“ auf der gefährdeten Strecke und erwiderte das Feuer der Araber.

Afrika. LE1464“ LEE11“ 88 8

Aus Casablanca wird, „W. T. B.“ zufolge, gemeldet,

daß zwei Mahallas des Gegensultans Mulay Hafid

Settat und Zauia el Mokri besetzt haben. Es ist nun⸗

mehr das dritte Mal, daß die Truppen Mulay Hafids das von den Franzosen geräumte Settat besetzen.

Parlamentarische Nachrichten. 8

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags, des Herrenhauses und des Hauses der Abgeord⸗ neten befinden sich in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.

In der heutigen 142. Sitzung des Reichstags, welcher der Minister fuͤr Handel und Gewerbe Delbrück bei⸗ wohnte, stand der Entwurf einer Novelle zum Börsen⸗ ges en von 1896 zur 2. Beratung.

ie XV. Kommission hat durch den Abg. Dr. Weberinl.)

einen umfangreichen Bericht erstatten lassen. In der zweiten Lesung der Kommission sind die Beschlüsse erster Lesung svemen wie materiell von Grund aus umgestaltet worden; der den Beratungen zweiter Lesung zu Grunde gelegte Antrag det . Mitglieder ist im wesentlichen zur Annahme elangt.

8 Auf Vorschlag des Präsidenten wurde die Beratung des Art. I der Vorlage bis zur Erledigung der Art. II— IV. zurückgestellt. 8 b

Artikel II enthält die in Abschnitt III des Börsengesetzes beabsichtigten Aenderungen. § 36 Abs. 1 soll nach den Kom⸗ missionsvorschlägen folgende Fassung erhalten:

„Die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel erfolgt an jeder Börse d.” eine Kommission (Zulassungsstelle), von deren Mitgliedern mindestens die Hälfte“ (Vorlage ein Drittel) aus Personen bestehen muß, die sich nicht berufsmäßig am Börsenhandel mit Wertpapieren heteiligen“.

Abg. Dr. Spahn (SZentr.) fragt, aus welchen Personen die Zu⸗ lassungsstelle ausgewählt werden solle. 1

Geheimer Regierungsrat Dr. Göppert: Die Frage, von wem die Mitglieder der Zulassungestelle zu wählen sind, wird in Zukunft, wie auch jetzt, durch die Börsenordnungen geregelt werden. Es wird Sache der Landesregierung sein, die Börsenordnungen dauernd zu kon⸗ trollieren, ob durch sie genügende Garantie dafür geboten wird, daß die Vorschriften des § 36 innegehalten werden.

8* weiteren Bemerkungen des Abg. Dr. Semler (nl.) wurde Art. II nach den Kommissionsvorschlägen angenommen.

Hierauf wurden die Art. III, IIIa und IV gemeinsam diskutiert. B

Artikel 3 enthält eine neue Fassung des Abschnitts IV des Boörsengesetzes Bceferrmincägine Vorlage §§ 48 bis 63, Kommissionsvorschläge bis 68). Das Börsenregister wird aufgehoben, das Börsentermingeschäft in Getreide und Erzeugnissen der Getreidemüllerei bleibt verboten; Börsentermingeschäfte in Anteilen von Bergwerks⸗ und Fabrikunternehmungen sind nur mit Ge⸗ nehmigung des Bundesrats zulässig. Die neuen Vorschriften, betreffend den Börsenterminhandel, sollen aber keine An⸗ wendung finden auf den Kauf oder die sonstige Anschaffung von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidemüllerei, wenn der Abschluß nach Geschäftsbedingungen erfolgt, die der Bundesrat genehmigt hat und als Vertragschließende nur beteiligt sind: 1) Erzeuger oder Verarbeiter von Waren derselben Art wie die, welche den Gegenstand des Geschäfts bilden, oder 2) solche Kaufleute oder eingetragene Genossen⸗ schaften, zu deren Geschäftsbetrieb der Ankauf, der Verkauf oder die Beleihung von Getreide oder Erzeugnissen der Ge⸗ treidemüllerei gehört. G

Im allgemeinen sollen Zörsentermingeschafte, die den neuen Vorschriften entsprechen, verbindlich sein, wenn auf beiden Seiten als Vertragschließende Kaufleute, die in das

andelsregister eingetragen sind oder deren Eintragung nach 9 36 des Handelsgesetzbuches nicht erforderlich ist, oder ein⸗ getragene Genossenschaften beteiligt sind. Die Vorlage schreibt noch weiter vor:

„Handwerker sowie Personen, deren Gewerbebetrieb über den Umfang des Kleingewerbes nicht hinausgeht, gehören, auch wenn sie in das Handelsregister eingetragen sind, nicht zu den Kaufleuten im Sinne dieser Vorschrift.“

Die Kommission hat diesen Passus gestrichen. Ein An⸗ trag der wirtschaftlichen Vereinigung (Dr. Böhme und Gen.) will ihn in folgender Fassung wiederherstellen:

„Personen, deren Gewerbebetrieb über den Umfang des Klein⸗ gewerbes nicht hinausgeht, gehören, auch wenn sie in das Handels⸗ register eingetragen sind, nicht zu den Kaufleuten im Sinne dieser

Vorschrift.“

Nach § 52 der Kommissionsbeschlüsse hat die zu be⸗ stellende Sicherheit die gesetzliche Wirkung nur, wenn die Sicherheit aus Geld oder aus Wertpapieren, die einen Kurs⸗ wert haben, besteht. (Nach der Vorlage durfte sie auch aus Waren bestehen.) 8

Art. IIIa fügt als Abschnitt IVa in das Börsengesetz eine Reihe von Vorschriften über das Ordnungsstraf⸗ verfahren ein (§§ 69 74).

In Art. IV wird Gefängnisstrafe und Geldstrafe bis zu 10 000 demjenigen angedroht, der aus verbotenen Börsentermingeschäͤften in Getreide oder Müllereierzeug⸗ nissen ein Gewerbe macht, nachdem er zur Zahtung einer Ordnungsstrafe verurteilt ist, und darauf aber⸗ mals wegen eines solchen verbotenen Termingeschäftes rechtskräftig verurteilt worden ist, ebenso demjenigen, der in gewinnsüchtiger Absicht, um den Preis von Getreide oder den genannten de. hv im Widerspruch mit der durch die all⸗ gemeine Marktlage gegebenen Entwicklung zu beeinflussen, ver⸗ botene eermgingescheft macht.

(Schluß des Blattes.)

Auf der Tagesordnung für die heutige (70.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der enaaer minister Freiherr von Rheinbaben und der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten Dr.

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Holle beiwohnten, stand zunächst die zweite Beratung des Nachtragsetats für 1908 (Teuerungszulage).

Nach den Kommissionsbeschlüssen erhalten aus dem schon in den Etat für 1908 für die Eehs zaen der Beamten⸗ besoldungen eingestellten Fonds von 77 Millionen Mark die Unterbeamten einmalige Zulagen von 100 ℳ, die Kanz⸗ leibeamten, Zeichner und mittleren Beamten solche von 150 Die Begrenzung der Regierungsvorlage bei den mittleren Beamten bis zum Gehaltssatze von 4200 hat die Kom⸗ mission gestrichen, jedoch diejenigen mittleren Beamten aus⸗ geschlossen, welche den Wohnun sgelbzuschuß höherer Be⸗ amten beziehen. Ausgeschlossen sin ferner diejenigen Be⸗ amten, welche bereits im Etat für 1907 eine dauernde Gehaltserhöhung erfahren haben; doch sollen sie, wenn diese Erhöhung hinter dem Betrage der einmaligen Zulage zurückbleibt, den Unterschiedsbetrag als Zulage erhalten. Die sämtlichen einmaligen Zulagen sollen auf die demnächst mit rückwirkender Kraßt vom 1. April 1908 an in Aussicht genommenen Aufbesserungen angerechnet werden.

Die Volksschullehrer. eine einmalige Zlage von 150 ℳ, die Lehrerinnen eine solche von 125 (nach der Regierungsvorlage: 100 ℳ), wenn sie ein Grund⸗ gehalt bis 1200 bezw. 900 haben. Die Kom⸗ mission hat hier die Beschränkung auf die Schul⸗ verbände bis zu 25 Schulstellen gestrichen, dagegen folgenden Zusatz gemacht: „Beträgt das Grundgehalt der Lehrer mehr als 1200 ℳ, aber weniger als 1350 ℳ, das der Lehrerinnen mehr als 900 ℳ, aber weniger als 1025 ℳ, so ist die Zulage in Höhe des Betrages zu gewähren um welchen das Grundgehalt bei Lehrern unter 1350 ℳ, bei Lehrerinnen unter 1025 bleibt.“

Endlich werden 1 820 000 als Stellenzulagen für Eisenbahnbeamte ausgeworfen.

Die Kommission beantragt ferner, den Antrag der Abgg. Bachmann (nl.) und Genossen auf Gewährung einer Zulage (bei höheren Beamten von 10 Prozent, bei mittleren Beamten von 12,5 Prozent, bei Unterbeamten von 15 Prozent des Gehalts) abzulehnen und zu beschließen, die Regierung 1] suchen, die Vorlagen wegen Erhöhung der Bezüge der Geist⸗ lichen dem Landtage noch in dieser Session zugehen zu lassen.

Es nahm zunächst der Finanzminister Freiherr von Rhein⸗ baben und nach diesem der Minister der geistlichen, Unter⸗ richts⸗ und Medizinalangelegenheiten Dr. Holle das Wort, deren Reden morgen im Wortlaut werden wiedergegeben werden. An der weiteren Debatte beteiligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Dr. von Heydebrand und der Lasa Lonsh Dr. Friedberg (nl.), Dr. von Savigny (SZentr.), Dr. Müller (fr. Volksp.) und Freiherr von Fedch und Neukirch (freikons.).

Bei der am 1. d. M. im 1. Hannoverschen Wahl⸗ kreis vorgenommenen Reichstagsstichwahl sind nach amt⸗ lichen Ermittelungen 21 787 Stimmen abgegeben worden. Es haben Fegter (frs. Vgg.) 12 687, Groeneveld (deutsch⸗soziah) 9015 Stimmen erhalten. Zersplittert sind 85 Stimmen ge⸗ wesen. Fegter ist somit gewählt.

Nr. 27 des „Zentralblatts der Bauverwaltung', heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 4. d. M., hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 25. März 1908, betr. die Verwendung von Kohlenschlacke zur Herstellung von Beton. Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Dienstwohngebäude hessische Forstbeamte. Gleislage in Kurven. Vermischtes: Preisbewerbung um Vorbilder für einen Bebauungsplan im Guts⸗ bezirk Stolpe bei Berlin. Wettbewerb um Entwürfe für eine Mädchenmittelschule in Bielefeld. Wettbewerb um Entwürfe zu einer Synagoge und einer Religionsschule der jüdischen Gemeinde in Berlin. Pylopalfußboden. Patente und Gebrauchsmuster.

Knunst und Wissenschaft.

Ueber eine größere Anzahl von Neuerwerbungen der König⸗ lichen Museen berichtet die Aprilnummer der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen“, in der zugleich die hervor⸗ ragendsten Stücke in Abbildungen vorgeführt werden.

Für das Kaiser Friedrich⸗Museum wurde u. a. ein Relief in Lindenholz erworben, das aus Bayern stammt und in allegorischer Art die Liebe darstellt. Einem bestimmten Meister läßt sich das gut erhaltene Relief nicht zuschreiben. Dürers Monogramm und die Jahreszahl 1511 sind erst später aus betrügerischer Absicht ein⸗ geschnitten.

Das Museum für Völkerkunde hat eine sehr wertvolle, von Professor Krämer mitgebrachte Sammlung von Gegenständen von den Karolinen erworben. Dort herrscht vielfach die Sitte, die Häuser mit reichem Schnitzwerk zu verzieren, in dem Szenen aus der Ge⸗ schichte, aus Sagen und Märchen der Inseln dargestellt werden. Professor Krämer hat ein derartiges Haus in Pelau erworben. Was alles durch diese Schnitzereien dargestellt wird, mag folgende Geschichte zeigen, die das Giebelfeld eines Hauses in Bildern erzählt: Auf der kleinen Riffinsel Ngiptall bei Melegéyok an der Ostseite der großen Insel Babeldäop lebte eine arme Witwe, namens Milat. Ihr wirklicher Sohn hatte sie verlassen, als er heiratete; aber sie hatte einen Adoptivsohn, der sich aus einem zufällig von ihr gefundenen Ei entwickelt hatte. Dieser Junge sah, als er heranwuchs, daß die andern Leute im Dorfe häufig Fische aßen, während es bei seiner Adoptiv⸗ mutter nur Taro (Brotfrucht) gab. Da regte sich seine dämonische Natur, er schwamm ins Meer hinaus, tauchte unter die Insel, und genau unter den Brotfruchtbaum, der vor dem Hause seiner Mutter stand. Dann höhlte er den Baumstamm von unten her aus und ebenso die Aeste, sodaß jede große Welle

ische in die Höhlung hineinwarf, die vor dem Hause der armen

itwe niederfielen. So lebten die beiden eine Zeitlang im Ueberfluß, bis die bösen Nachbarn neidisch wurden und den Baum umhauen wollten. Aber ehe sie das vollbracht hatten, ergoß sich so viel Wasser aus dem Baum, daß die ganze Insel unterging und alle Bewohner ertranken. Nur die Witwe entkam auf einem Flosse, auf das sie der dankbare Pflegesohn gesetzt hatte; sie wurde dann zur Stammutter der heutigen Ben ner von Pelau.

Auf einem Balken im Innern des Hauses ist die Geschichte vom Fisch und von dem Einsiedlerkrebs dargestellt: Ein Fisch fragte die Krebse: „Warum sitzt ihr immer still, während ich zu meinem Essen immer hin und her eilen muß?“ „Wir laufen eben rascher als du“, sagten die Krebse. Da lachte der Fisch und sagte: „Wir wollen morgen ein Wettrennen machen“. So n. xes. Die Krebse hatten aber verabredet, sich abzulösen. Als der Fisch srece Fedolt sch. 1.e ab⸗

neiden un pran Verzweiflung garegolöng, wobei er 82 einem Baume stecken blieb. So finden wir auch auf den Karolinen das Motiv des Wettlaufs, genau wie in

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