können, mehr als täglich drei der Personenbeförderung dienende Züge in jeder Richtung zu fahren. Nach Ablauf des fünfjährigen Zeitraums ist der Unternehmer pflichtet, nach Bestimmung der staatlichen Aufsichtsbehörde eine größere Anzahl der Personenbeförderung dienender Züge täglich in jeder Richtung zu fahren und eine der vierten Wagenklasse der Staatsbahnen entsprechende Wagenklasse in die für die Personen⸗ beförderung bestimmten Züge einzustellen.
2) Der Unternehmer ist verpflichtet, das jeweilig auf den preußischen Staatseisenbahnen bestehende Tarifsystem anzunehmen und überhaupt hinsichtlich der Einrichtung und Berechnung der Tarife die für die preußischen Staatseisenbahnen jeweilig bestebenden allgemeinen Grundsätze zu befolgen, soweit solches von dem Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten für erforderlich erachtet wird.
Mit dieser Maßgabe bleibt innerhalb des in Artikel VIII der Konzessionsurkunde vom 20. Mai 1904 festgesetzten fünsjährigen Zeit⸗ raums dem Unternehmer die Bestimmung der Preise sowohl für den Personen⸗ als für den Güterverkehr überlassen. Für die Folgezeit unterliegt die Feststellung und die Abänderung des Tarifs der Ge⸗ nehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde. In betreff des Güter⸗ verkehrs werden jedoch nach Ablauf jenes fünfjährigen Zeitraums, so lange das Gesamtunternehmen nach dem Ermessen der Aufsichts⸗ behörde vorwiegend von nur örtlicher Bedeutung ist, wiederkehrend von fünf zu fünf Jahren Höchsttarifsätze für die einzelnen Güter⸗ klassen unter Berücksichtigung der finanziellen Lage des Unternehmens von dem Minister der öffentlichen Arbeiten festgestellt. Dem Unter⸗ nehmer bleibt überlassen, nach Maßaabe der reichs⸗ und äb lichen Vorschriften und unter Beachtung der im vorhergehenden Ab⸗ schnitt bezeichneten allgemeinen Grundsätze innerhalb der Grenzen dieser Höchstsätze die d9 für die Tarifklassen nach eigenem Er⸗ messen festzusetzen und Erhöhungen wie Ermäßigungen der Tarif⸗ klassensätze ohne besondere Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorzu⸗ nehmen. her
Der durch Artikel VIII 2 der Konzessionsurkunde vom 20. Mai 1904 auf 200 000 ℳ bestimmte Höchstbetrag des Spezialreservefonds wird auf 250 000 ℳ festgesetzt.
8 VIII.
Gegenwärtige Urkunde soll in Gemäßheit des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) durch das Amtsblatt der Re⸗ gierung zu Cöln veröffentlicht und eine Ausfertigung derselben der Gesellschaft ausgehändigt werden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. 8
ESegeben Berlin im Schloß, den 8. Januar 1908.
85 (L. S.) o“ Fürst von Bülow. von Bethmann Hollweg. von Tixpitz. Freiherr von Rheinbaben. von Einem. Delbrück. Beseler. Breitenbach. von Arnim. von Moltke. Holle.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Titel Hegemeister ist folgenden Förstern im Regierungs⸗ bezirk Königsberg verliehen worden: Haäausendorf in Kleingertlauken, Oberförsterei Gertlauken, Marquardt in Grenz, Oberförsterei Fritzen, 2 2 on in Neplecken, Oberförsterei Kobbelbude, chmidt in Elonskrug, Oberförsterei Kobbelbude, Sesse in Peremtinen, Oberförsterei Gertlauken.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalan gelegenheiten.
Der Professor Dr. Georg Kahbzéffmeyer ist zum Lehrer für Arabische Dialekte am Serb ar für Orientalische Sprachen in Berlin ernannt worden.”
Dem Rektor der Klosterschule in Roßleben Dr. Hermann Schmidt und dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität zu Breslau Dr. Alfred Pillet ist das Prädikat Professor beigelegt worden. v1“
“
Abgereist
Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister der 1A64“ Breitenbach, mit Urlaub nach Wies⸗ baden. 1
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungs⸗ urkunde, betreffend ine Anleihe der Stadt Emden, veröffentlicht.
Preußen. Berlin, 10. April.
In der am 9. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats⸗ sekretärs des Innern Dr. von Bethmann Hollweg ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf des Vereinsgesetzes und dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderung des Börsengesetzes, in der
vom Reichstage beschlossenen Fassung die Zustimmung eceerteilt. Annahme fanden ferner der Entwurf eines 2 betreffend die Stempelabgabe von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge ausländischer Besitzer, und die Vorlage, 297 Aenderungen der Schiffsvermessungsordnung und der Vorschriften über die Vermessung der Schiffe für die Fahrt durch den Suezkanal. Zugestimmt wurde dem Entwurf von Bestimmungen, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung elektrischer Akkumulatoren aus Blei oder Bleiverbindungen, und der Vorlage, betreffend den Ent⸗ wurf einer Bekanntmachung über die Beschäftigung von Arbeiterinnen in Konservenfabriken. Mit der Ueberweisung der am 11. Juli 1905 im Haag unterzeichneten Abkommen über das internationale Privatrecht, des Abkommens mit Groß⸗ britannien, betreffend die gegenseitige Anerkennung der Identitätszeichen an den von Handlungsreisenden eingeführten 9ee und einiger anderer Vorlagen an die zu⸗ ständigen Ausschüsse erklärte die Versammlung sich einver⸗ standen. Schließlich wurde über mehr ZTöu1.*“* 8 Nr. 1 des siebenten Jahrgangs der „Veröffent⸗ lichungen des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privat⸗ versicherung“ vom 1. April 1908 enthält ein Rund⸗ schreiben des Amtes, welches den Schutz der in Stahl⸗
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kammerfächern von Banken verwahrten Bestand⸗ teile des Prämienreservefonds gegen etwaige Pfand⸗ oder 11 der Bank bezweckt. In dem Rundschreiben wird ersucht, von den Banken eine Verzichts⸗ erklärung nach einem vorgeschriebenen Muster zu verlangen.
Mitteilungen über Zulassungen zum Geschäfts⸗ betriebe, Genehmigungen von SeslchftsPan. und Bestandsveränderungen und über ie Bestellung von Hauptbevollmächtigten für ausländische Gesell⸗ schaften schließen sich dem Rundschreiben an. 18
Von den sodann wiedergegebenen 3 Beschlüssen behandelt der erste einen auf Antrag des Versicherungsnehmers bei Ab⸗ lauf des ersten Versicherungsjahres erfolgte Umwandlung einer lebenslänglichen Todesfallversicherung in eine solche von abgekürzter Dauer. Das Amt ver⸗ trat der Versicherungsgesellschaft gegenüber den Stand⸗
punkt, daß es bei einer solchen Abänderung angezeigt sei,
ein Verfahren zu wählen, bei welchem der Wert der Ein⸗ zahlungen für die begonnene Versicherung erhalten bleibt. Durch den zweiten Beschluß wurde einer ausländischen Ver⸗ sicherungsgesellschaft, die bisher für ihr deutsches Geschäft bei der Aufstellung des Rechnungsabschlusses die Grundsätze des
261 Nr. 1 des Handelsgesetzbuches befolgt hatte, aus der Erwägung heraus, daß es für jedes Versicherungs⸗ unternehmen nur eine einheitliche Bilanz geben kann, nachgelassen, die für die Bewertung der Wertpapiere in der heimischen Bilanz maßgebenden, von dem deutschen Rechte abweichenden Bestimmungen auch in der deutschen Ausgabe des Rechnungsabschlusses anzuwenden. Der dritte Beschluß erklärt Eintrittsgelder, die bei einem Viehversicherungsverein auf Gegenseitigkeit neben Umlagebeiträgen und festen Prämien zur Erhebung gelangen, für gebührenpflichtig im Sinne des 81 des Ver⸗ sicherungsaufsichtsgesetzes, weil sie mit dazu bestimmt seien, die zur 8 des Versicherungszwecks erforderlichen Mittel zu liefern. 1b
In dem Abschnitt „Versicherungswesen im Aus⸗ lande“ wird auf den Erlaß eines Gesetzes des nord⸗ amerikanischen Staates Nebraska hingewiesen, durch welches bei Vermeidung einer Konzessionsentziehung auf mindestens 3 Jahre den Versicherungsunternehmungen verboten wird, Bürger des erwähnten Staates vor einem Bundesgerichte zu verklagen. Ferner wird der wesentliche Inhalt des unter dem 21. Ok⸗ tober 1907 in Portugal erlassenen, auf dem Konzessions⸗ sastem⸗ beruhenden „Gesetzes über Versicherungsgesell⸗ chaften“, unter wörtlicher Anführung der füͤr deutsche Unter⸗ nehmungen besonders wichtigen Bestimmungen, mitgeteilt.
Nach einem Hinweis auf das Erscheinen der Ver⸗ sicherungsstatistik für 1905 werden schließlich im An⸗ hange 20 gerichtliche und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen veröffentlicht, welche Fragen des Ver⸗ sicherungsrechts betreffen.
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Der Präsident des Reichsbankdirektoriums Havenstein ist in Dienstangelegenheiten nach Breslau abgereiist.
Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ 11““ nach Rhodos in See gegangen.
Laut
Der „Staatsanzeiger für Württemberg“ gibt die Ver⸗ abschiedung des Finanzministers⸗Dr. von Zeyer und die Er⸗
nennung des Hofdomänenkammerpräsidenten von Geßler zu seinem Nachfolger bekannt.
Oestexreich⸗Ungarn. 2
Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte gestern die Verhandlungen über den Dringlichkeitsantrag Malachowski, betreffend die Abgrenzung der Kompetenzen des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, fort.
8 Nach dem Bericht des „W. T. B.“ betonte der Ministerpräsident Freiherr von Beck, es sei ein in der Verfassung mit aller Bestimmt⸗ beit festgestellter und durch ausnahmslose Praxis bei Schaffung ver⸗ schiebener Ministerien sanktionierter Grundsatz, daß die Schaffung eines neuen Ministeriums als Kronrecht erscheine, wie dies auch bei anderen Staaten der Fall sei. Auch die Abgrenzung der Kompetenz der Ministerien sei ein Recht der Krone. Der gegenwärtige Gesetzentwurf trage aber der rigoroseren Anschauung Rechnung, daß eine Abänderung der durch besondere gesetz’iche Anordnung festgestellten Kompetenzen gesetzliche Verfügung erheische. Der Ministerpräsident empfabl die Annahme des Gesetzentwurfs, dessen dringliche Behand⸗ lung schon im Interesse der geordneten Verwaltung geboten sei. — Der Minister für öffentliche Arbeiten Dr. Geßmann begründete sodann die Dringlichkeit der Vorlage insbesondere damit, daß durch die rasche Aktivierung des neuen Ministeriums die anderen Ressorts abgenommenen Agenden keine Unterbrechung erführen. Der Minister wies darauf hin, daß das neue Ministerium für öffentliche Arheiten längst als ein Bedürfnis empfunden worden sei und daher nicht als ein Autfluß momentaner politischer Schwierigkeit bezeichnet werden könne. Er betonte, daß der Wirkungskreis seines Ressorts bereits in der Thronrede skizziert worden sei, besprach eingehend die einzelnen Agenden des neuen Ministeriums und hob insbesondere die Pflicht des Staates hervor, der Kohlenfrage Aufmerksamkeit zuzuwenden und die Kohlennot zu verhüten. Der Minister verwahrte sich gegen den Vorwurf, als ob er lediglich Ver⸗ treter des Mittelstandes und ein Zünfler sei, er sei stets für die Förderung der Industrie eingetreten. Die Pflicht des neuen Ministers werde es sein, durch legislative Maßnahmen sowie durch staatliche Mittel den Gewerbestand nachdrück ich zu fördern. Wenn er auch keineswegs ein Fachmann aller ihm zugewiesenen Agenden sei, so glaube er nach seinem ganzen öffentlichen Wirken behaupten zu können, daß er auf dem Posten eines Arbeitsministe 8 nicht ganz deplaziert sein werde. Der Minister versicherte, er werde sein Bestes aufbieten, um den an ihn gestellten Forderungen nach Tunllichkeit zu entsprechen.
Das Haus beschloß mit 232 gegen 99 Stimmen die Dringlichkeit und trat sodann in die Besprechung der Vor⸗ lage ein.
— Das ungarische Abgeordnetenhaus hat in seiner
estrigen Sitzung nach einer mehrwöchigen Debatte die Ver⸗ sharfung der Geschäftsordnung angenommen. Die mit Oesterreich gemeinsamen Angelegenheiten und die Rekruten⸗ vorlagen sollen, obiger Quelle zufolge, Behandlung ausgenommen werden.
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In einem gestern abgehaltenen Ministerrat teilte der Minister des Aeußern Pichon, „W. T. B.“ zufolge, mit, daß zwischen Casablanca, Ber Reschid und den französischen Lagern vollkommene Ruhe herrsche. Bis Uled Ayata fe jeder Wider⸗ stand aufgegeben. Mulay Hafid bemühe sich, die feindselige Stimmung im Gebiete der Mdakra durch Lieferung von Munition und Artillerie zu schüren und wiegele die Kaids in der Umgebung von Mazagan gegen die Franzosen auf.
— Die Deputiertenkammer hat in 8 gestrigen Sitzung mit 534 gegen 6 Stimmen die Herabsetzung der Uebungszeiten der Mannschaften des Beurlaubten⸗ standes angenommen. Danach wird die Dauer der ersten Reserveübung auf 23 Tage, der zweiten auf 17 Tage und der Landwehrübung auf 9 Tage festgesetzt.
Rußland.
Gestern hat zu Ehren des esten Nikolaus von Montenegro im Palais Alexandrowski in Zarskoje Sselo bei den Majestäten ein Galadiner V bei dem der na 1 er, laut Meldung des „W. T. B.“, folgende Ansprache ielt:
Ich heiße in der Person Eurer Königlichen Hoheit den Chef eines slavischen Fürstenhauses, das mit meinem Hause durch verwandt⸗ schaftliche Bande verknüpft ist, und zugleich den Souverän eines mit Rußland durch die Gemeinschaft des Glaubens und der Rasse eng verbundenen Landes herzlichst willkommen. Ich bin überzeugt, daß der Aufenthalt Eurer Königlichen Hoheit bei uns zu 82* noch engeren Befestigung der historischen Freund⸗ schaft dienen wird, die zwischen Rußland und Montenegro besteht, einer Freundschaft, die meinem unvergeßlichen Vater so teuer war und an der ich selbst in gleichem Maße festhalte. Ich trinke auf das Wohl Seiner Königlichen Hoheit des Fürsten Nikolaus von Monte⸗ negro und seiner erlauchten Familie sowie auf das Wohlergehen seines tapferen Volkes.
— In der Duma ist es gestern gelegentlich der Be⸗ sprechung des Budgets der Kanzlei der Haupt⸗ verwaltun für Agrarorganisation und Land⸗ wirtschaft sevi⸗ des Departements der Staatsdomänen zu heftigen Debatten gekommen. Wie das „W. T. B.“ meldet, hat das Haus die von der Budgetkommission beantragten Aenderungen mit einem Zusatz der Fraktion der Gemäßigten Rechten angenommen, der die Notwendigkeit einer ee e⸗ Umgestaltung der Hauptverwaltung in ein selbständiges Mi⸗ nisterium für Landwirtschaft betont. —
Italien. Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem Deutschen Kaiser
und der Kaiserlichen Familie an Bord ist, Fö.a. I.
zufolge, gestern vormittag von Palermo n in See gegangen. 1 8“ “
Portugal.
Die Regierung hat eine Untersuchung angeordnet, um über das Verhalten der Lissaboner Munizipalgarde bei den Wahlunruhen am Sonntag Klarheit zu schaffen. Wie das „W. T. B.“ meldet, heißt es, die Polizei habe in der Kirche San Domingo den Chor besetzt und von dort auf die Menge geschossen. v4“
11“ 8
Rumänien. 88
Die Kammer hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, einen auf die Bekämpfung des Pächtertrusts abzielenden Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Beschränkung des Rechts, Land⸗ güter in Pacht zu nehmen, mit 70 gegen 29 Stimmen angenommen. — Amerika.
Der Präsident Roosevelt hat eine Spezialbotschaft an den Kongreß erlassen, worin er gesetzliche Maßnahmen ur Unterdrückung des Anarchismus fordert und em Kongreß ein Gutachten des Generalstaatsanwalts vor⸗ legt, wonach der Generalpostmeister berechtigt ist, anarchistische Veröffentlichungen vom Postvertrieb auszuschließen. Der Präsident kündigt, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, an, daß er infolge dieses Gutachtens den Generalpostmeister anweisen werde, dergleichen Ver⸗ öffentlichungen in Zukunft zur Postbeförderung nicht mehr zu⸗ zulassen, und fügt hinzu, im Vergleich zu der Unterdrückung es Anarchismus schrumpfe jede andere Frage zur Bedeutungs⸗ losigkeit zusammen. Der Anarchist sei der Feind der Gesell⸗ schaft, ja der Feind der ganzen Menschheit.
Afrika.
Nach einer Depesche des „W. T. B.“ bestätigt es sich, daß die haben.
Wie der General d'Amade in einem Telegramm von vorgestern abend aus seinem Biwak bei Settat meldet, ist das Biwak früh Morgens 3 Uhr 30 Minuten von den Ma⸗ hallas Mulay Hafids 1Fg. worden, die sich aus der Mahalla des Scherif Buazzaui, aus Teilen der Chiadmas aus der Gegend von Azemmur sowie Abteilungen der Rahamga aus der Gegend von Marrakesch und verschiedenen h der Schaujas zusammensetzten. Der Angriff wurde mit großen Verlusten für die Marokkaner abgeschlagen. Darauf ging der General d'Amade zum Gegenangriff über und warf den Feind von Höhenzug zu Höhenzug noch sieben Kilometer über die Linie der Vorposten zurück. Die Kaids der Mzamza und Qulad Harris begleiteten mit ihrem Anhange die französischen Truppen bei deren Vorgehen. Auf französischer Seite sind ein Offizier, zwei Mann schwer, fuünf Mann leicht verwundet worden. Nach weiteren Meldungen hat die mit der Besetzung des Distrikts von Settat betraute französische Abteilung durch den vorgestrigen siegreichen Kampf gegen Mulay Hafid freie 5 bekommen. Im Rücken der französischen Truppen ist alles ruhig, die Transportkolonnen verkehren, ohne belästigt zu werden. Buazzaui hatte im Gegensatz zu seinen Unterwerfungsanerbietungen im Namen Mulay Hafids die Mzamza und Oulad Harris aufzuwiegeln versucht.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Herrenhauses, der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten und der Bericht über die gemeinsame Schlußsitzung beider Häuser des Landtags befinden
sich in der Ersten Beilage. 8
Franzosen Settat ohne Kampf wieder besetzt⸗
Statistik und Volkswirtschaft.
e vlichen Verunglückungen in Preußen während des Jahres 1906.
Die Gesamtzahl der tödlichen Verunglückungen im Berichtsjahre
beläuft sich — ohne die Fälle von Mord und Totschlag — auf 14 825, von denen 11 895 männliche und 2930 weibliche Personen
betrafen.
Nach sozialen Lebensstellungen abgegrenzt, entfallen die meisten tödlichen Verunglückungen, vom Hundert 32,75 auf Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge und Fabrikarbeiter, 11,20 auf Tagearbeiter und ähnlich Be⸗ schäftigte, 3,59 auf Dienstboten und 9,54 auf selbständig Erwerbende, zusammen 57,08. Auch die tödlichen Verunglückungen der Angehörigen beziehen sich mittelbar oder unmittelbar auf den Lebenserwerb der Familie, sede im ganzen 84,17 vom Hundert dieser Todesart mit einer mechanischen Berufsarbeit im Zusammenhange stehen. Dem⸗ entsprechend findet man sie bei Rentnern, Pensionären, Altsitzern, und Almosenempfängern — ihre Angehörigen eingeschlossen — nur
mit 3,84 v. H. und außerdem sehr niedrig (0,90 v. H.) im stehenden
Berlins haben, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, gestern ihren Anfa
Heere und auf der Kriegsflotte. Wenn ferner von 14 825 tödlich Verunglückten wiederum nur 2930 (19,76 v. H.) weibliche Per⸗ sonen waren, so weist auch dies auf die große Bedeutung hin, welche die Art des Erwerbes bei den bezeichneten Todesfällen hat. Was die einzelnen Beschäftigungen betrifft, so verunglückten von Männern aus dem Bereiche der Land⸗ und Forstwirtschaft 2863 oder 24,07 v. H., aus dem des Bergbaues und Hüttenwesens 1951 oder 16,40 v. H., aus dem der Industrie 3445 oder 28,96 v. H., aus dem Bereiche des Handels und Verkehrs 1685 oder 14,17 v. H. — Erwähnenswert ist auch, daß diejenigen Gewerbe, welche die höchsten hier besprochenen Verluste zu verzeichnen haben, zum Teil auch hohe Verhältniszahlen für diejenigen zeigen, welche als erwerbs⸗ tätig tödlich verunglückten. Es würden jedoch weit niedrigere Zahlen erscheinen, wenn die einzelnen Summen der tödlichen Unglücksfüͤlle in ein Verhältnis zu den Lebenden und sodann zu den wirklich Beschäftigten der verschiedenen Berufsarten gesetzt würden, was zur Zeit noch nicht ausführbar ist.
Unter den verschiedenen Arten, durch welche die tödlich ver⸗ unglückten Personen vom Schicksal ereilt werden, kommt Ertrinken verhältnismäßig bei weitem am häufigsten vor; denn ungefähr ein Viertel aller tödlichen Unfälle wird alljährlich hierdurch herbeigeführt. An zweiter Stelle stehen die durch Sturz aus der Höhe, an dritter die durch Ueberfahren verursachten Fälle.
Unter den durch Sturz verursachten tödlichen Verurglückungen dürften auch diejenigen noch von Interesse sein, die das Radfahren als bedauerliche Begleiterscheinung zeigt. So sind im Berichtsjahre 48 Todesfälle (46 männliche und 2 weibliche Personen) zu verzeichnen, deren Ursachen Sturz mit dem Fahrrade war.
Von den der Anzahl nach an dritter Stelle stehenden 2629 töd⸗ lichen Verunglückungen durch Ueberfahren entfallen auf den Landes⸗ polizeibezirk Berlin 197 Fälle, das sind 7,49 v. H. aller Unfälle dieser Art im Staate. Betroffen wurden hierbei 168 männliche und 29 weibliche Personen. Von diesen wurden 56 m. und 9 w. durch Fuhrwerk, 24 m. und 6 w. durch Straßenbahnen und 29 m. Personen durch die Eisenbahn überfahren. Von letzteren waren 21 Eisenbahn⸗ beamte bezw. arbeiter und 8 andere Personen.
Nicht unerwähnt sollen diejenigen tödlichen Verunglückungen von 51 m. und 14 w⸗Personen — im Staate — bleiben, die im Kraft⸗ wagenverkehr durch Ueberfahren herbeigeführt wurden, soweft An⸗ gaben darüber vorgelegen haben. Der Landespolizeibezirk Berlin ist hier mit 12 m. und 2 w. Personen vertreten.
Noch sind 43 Fälle hervorzuheben, die zu den tödlichen Ver⸗ unglückungen im Maschinenbetriebe, durch elektrischen Strom herbeigeführt, gezählt sind und 41 männliche sowie 2 weibliche Per⸗ sonen betrafen. (Stat. Korr.)
Zur Arbeiterbewegung. Die Friedensverhandlungen im Baugewerbe Groß⸗ n
genommen. Nach einer vorher getroffenen Vereinbarung wird zunächst zwischen dem Verband der Baugeschäfte und den Zentralorgani⸗ sationen der Maurer und Bauarbeiter, sowie der christlichen Organisation der Bauarbeiter verhandelt. Später soll dann mit dem Zentralverband der Zimmerer besonders verhandelt werden. Den Vorsitz bei den Vereinbarungen führt der Bau⸗ meister Heuer vom Verbande der Baugeschäfte. In der gestrigen Sitzung haben die Arbeitgeber ihre Anträge gestellt. Die Arbeit⸗ nehmer wollten hierzu sofort Stellung nehmen und ihre Anträge dann noch im Laufe des heutigen Freitag dem Verband der Bau⸗ Felchasts S Im Anschluß hieran werden die Verhandlungen ortgeführt.
In Essen haben die Verhandlungen zur Herbeiführung eines Kollektivarbeitsvertrages für das Baugewerbe in Rheinland und Westfalen (vgl. Nr. 86 d. Bl.), wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mitteilt, zu keiner Einigung der Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer geführt. Es liegen noch verschiedene Streitpunkte vor, über die jedoch in Berlin durch die Zentralvorstände weiter verhandelt wird. In erster Linie handelt es sich um die Forderung der Arbeitnehmer nach einer Lohnerhöhung im zweiten Jahre, die von den Arbeitgebern bestimmt zurückgewiesen wurde. Der Termin für die Verhandlungen der Zentralvorstände in Berlin ist noch nicht festgelegt. — Bei den gestern in Essen durch den Bei⸗ geordneten Dr. Wiedfeldt geleiteten Einigungsverhandlungen im Pflasterergewerbe kam, nach demselben Blatte, eine Einigung dahin zustande, daß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Vertrag aufgestellt wurde, durch den der Stundenlohn wie folgt festgesetzt wird: Vom 1. April 1908 bis 1. April 1909 60 — 65 , vom 1. April 1909 bis 1. April 1910: 61 — 67 , Rammer erhalten für die Stunde 10 ₰ weniger. Außerdem erklärten die Arbeitgeber, daß sie beabsichtigen, die bestehenden Löhne im Verhältnis zu erhöhen. Bei den Verhandlungen waren die Sektionen Dort⸗ nunp Elberfeld, Düsseldorf und Cöln vertreten. (Vgl. Nr. 83
Aus Duisburg wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet: Auf dem Draht⸗ und Nagelwerke de Fries in Dinslaken es Lohnstreitiakeiten entstanden. Wegen neuer Akkordsätze kündigte ein Teil der Arbeiter. * b hat darauf sämtlichen Arbeitern des Grob⸗ und Feinzeuges gekündigt.
Unter den Steinbildhauern in Bunzlau ist, wie die „Voss. Ztg.“ erfährt, ein Teilausstand ausgebrochen, weil bei verkürzter Arbeitszeit nicht derselbe Lohn wie bisher bewilligt wurde.
In einer am 8. d. M. in Leipzig abgehbaltenen Versammlung der dortigen Steinsetzer wurde, der „Lpz. Jeg. zufolge, berichtet, daß die Gehilfenforderungen (73 bis 80 ₰ 2 indeststundenlohn für Steinsetzer, 58 bis 70 ₰ für Rammer, 40 bis 50 ₰ für Hilfs⸗ arbeiter usw.) von den Arbeitgebern abgelehnt worden sind. Dagegen haben die letzteren folgende Zugeständnisse gemacht: 69 bis 74 ₰ Mindeststunden⸗ lohn für Steinsetzer, 48 bis 50 ₰ für Rammer; für il fsarbeiter soll ein fester Lohnsatz überhaupt nicht ausgemacht werden. Diese Zugeständnisse sind von den Arbeitnehmern zunächst abgelehnt worden, worauf die Arbeitgeber jede weitere Verhandlung verweigert haben. Hiergegen legte zwar die obengenannte Versammlung Verwahrung ein, beschloß aber schließlich aus Zweckmäßigkeitegründen, die Zugeständnisse an⸗ zunehmen, aber nur als Abschlagszahlung, und beauftragte die Ver⸗
bandsleitung, wegen eventueller weiterer Zugeständnisse weiter zu ver⸗
handeln. Ein Kampf soll möglichst vermieden werden.
Wie die „Weserzeitung“ aus Geestemünde meldet, haben dort mehrere Schiffswerften von den aus Anlaß des Streiks auf den Kieler Howaldtswerken (val. Nr. 84 d. Bl.) vor einiger Zeit ausgesperrten 30 % ihrer Arbeiter 25 % wieder ein⸗ gestellt. Auch die Lübecker Maschinenbaugesellschaft und Kochs Schiffswerft haben, wie die Köln. Ztg.“ meldet, mit der Wiedereinstellung Ausgesperrter, soweit Bedarf an Arbeitskräften vorhanden ist, be Eb ichten die A
blickt
denn
sperrungen bei den Stettiner Werften ihr Ende. — In Stettin
ist auch ein Ausstand der Nieter seit dem 7. d. M. beendet, ohne daß diese ihre Forderungen durchgesetzt hätten.
Aus Hamburg wud der „Köln. Ztg.“ berichtet; Eine neue Be⸗ wegung, deren Folgen einstweilen noch nicht übersehen werden können, ist unter den Schiffszimmerleuten entstanden, nachdem die Werftbesitzer angekündigt haben, daß der seit Jahren gezahlte Einheitsstundenlohn, der zuletzt 54 ₰ betrug, als solcher aufgehoben und dafür ein abgestufter Lohnsatz, nach Leistung, eingeführt werden solle, da es weder vernünftig noch zeitgemäß mehr sei, einen eben der Lehre entwachsenen Zimmermann ebenso hoch zu bezahlen wie einen älteren, erfahrenen Arbeiter. Die Werftbesitzer wollen aller⸗ dings den alten Satz für alle Arbeiter, die ihn bisher schon gehabt haben, bestehen lassen, sodaß von ihnen keiner zu Schaden kommt, da⸗ gegen soll zukünftig der jugendliche Arbeiter 45 ₰, steigend bis 52 ₰, erhalten, ein Satz, der sich für gereifte Arbeiter weiter auf die jetzigen 54 ₰ erhöht. Eine Versammlung der Hamburger Schiffe⸗ zimmerleute hat sich gegen diese Neuregelung ausgesprochen, worin sie die Gefahr einer Entlassung älterer Arbeiter erblickt, da es den Werften nur darauf ankomme, ihre Unkosten durch Lohnkürzungen herabzusetzen. 1 4
In Paris umfaßte, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Aus⸗ sperrung im Baugewerbe gestern 445 Baustätten gegen 231, auf denen noch 2167 Arbeiter beschäftigt sind. (Bgl. Nr. 82 d. Bl.)
Wegen Streitigkeiten bei der Arlöf⸗Zuckerfabrik haben, wie der „Köln. Ztg.“ telegraphiert wird, die Arbeiter der Zucker⸗ fabrik in Landskrona sowie der Raffinerien in Lund, Hel ng borg und Ystad, im ganzen 1200 Personen, die Arbeit eingestellt. 1
Wegen der kürzlich eingeführten Dienstveränderung sind, wie „W. T. B.“ meldet, die Telegraphenbeamten in Vorder⸗ indien (vgl. Nr. 82 d. Bl.) in den Ausstand getreten. Einige Beamte nur bleiben zur Beförderung der dringendsten Nachrichten im Dienst, doch sind alle großen Telegraphenstationen seit gestern abend 6 Uhr in Wirklichkeit von Beamten entblößt. Die Anhäufung von Geschäfts⸗ und Privattelegrammen ist außerordentlich groß.
Kunst und Wissenschaft.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 26. März unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Auwers eine Gesamtsitzung, in der zunächst Herr Zimmer über den Wein⸗ handel Westgalliens nach Frland im 1. bis 7. Jahr⸗ hundert las. An Stelle der seit dem 8./9. Jahrhundert gewöhn⸗ lichen Verbindung Irlands mit West⸗ und Mitteleuropa über Groß⸗ britannien bestand in älterer Zeit eine direkte Verbindung zur See nach den westgallischen Häfen an der Loire⸗ und Garonnemündung, die lebhaftem Handelsverkehr diente; derselbe wird durch die Zeugnisse für das 1. bis 7. Jahrhundert n. Chr. belegt und der Niederschlag besprochen, den der westgallische Wein⸗ handel in altirischer Sage und Sprache gefunden hat. — Herr Waldeyer hatte in der Sitzung der phys.⸗math. Klasse am 19. März eine Arbeit des Privatdozenten an der hiesigen Universität Herrn Dr. med. L. Jacobsohn vorgelegt: Ueber die Kerne des menschlichen Rückenmarks. Die Aufnahme in den Anhang zu den Abhandlungen d. J. wurde genehmigt. Es wird eine genaue Dar⸗ legung der Zellen des meuschlichen Rückenmarks, insbesondere nach ihrer topographischen Lagerung, gegeben. Ein Teil der Zellen läßt sich in bestimmt abgegrenzte Gruppen ordnen, ein anderer nicht. Bestimmte Gruppen bilden: a. die Nuclei motorii, b. die Nuclei sympathici — diese sind besonders eingehend berücksich⸗ tigt worden —, c. die Nuclei magnocellulares cornu posterioris, d. der Nucleus sensibilis proprius; dieser entspricht den Zellen der Substantia gelatinosa Rolandi. Die nicht in Gruppen zu ordnenden Nervenzellen 2475 dem mittleren und kleineren Zelltypus an und liegen fast über die ganze graue Substanz ausgestreut; sie ordnen sich nur unvollkommen in Zellzuüge — Practus cellularum; ihrer sind drei: Tractus cellularum medio-ventralis, Tractus cellularum medio-dorsalis und Tractus cellularum intercornualis lateralis; alle drei sind besonders im Lendenmarke entwickelt. — Vorgelegt wurde ein weiteres Heft der Ergebnisse der Plankton⸗Expedition der Humboldt⸗Stiftung: Die Tripyleen Radiolarien. Concharidae von Professor Dr. A. Borgert. Kiel
und Leipzig 1907. b
Die Akademie hat zu wisse tlichen Arbeiten bewilligt: durch ihre physikalisch⸗mathema he Klasse dem Privatdozenten Dr. Arrien Johnsen in Königsberg zu mineralogischen und geologischen Untersuchungen auf der Insel Pantelleria 1500 ℳ; durch ihre philosophischehistorische Klasse dem Professor an der Universität Tübingen Dr. Heinrich Günter zur ö“ eines Werkes „Die Habsburger Liga 1625 — 1635“ 1000 ℳ; dem Tirektorial⸗ assistenten bei den Königlichen Museen hierselbst Dr. Georg Möller zur Vollendung seiner Aufnahme der Inschriften von Hatnub 500 ℳ; der Verlagshandlung Joh. Ambr. Barth in Leipzig für vol. II. sect. I fasc. I des Corpus inscriptionum Etruscarum 650 ℳ.
Die Akademie hat das auswärtige Mitglied ihrer philosophisch⸗ historischen Klasse Eduard Zeller in Stuttgart und das korre⸗ spondierende Mitglied derselben Klasse Franz Kielhorn in Göttingen am 19. März durch den Tod verloren.
In der am 2. April unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Auwers abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klasse las Herr Waldeyer über die Magenstraße. Unter dem Namen 63 versteht der Vortragende den Weg von der Cardia des agens bis zum Pylorus entlang der kleinen Curvatur, welcher auch bei gesülltem Magen gangbar bleibt und durch eine besondere Anordnung der Schleimhaut⸗ falten des Organs ausgezeichnet ist. — Herr Branca überreicht einen „Nachtrag zur Embryonenfrage bei Ichthyosaurus“. Es werden Analoga aus dem Verhalten der Wale angeführt, die zur weiteren Stütze der Auffassung dienen, daß nicht alle im Innern von Ichthvosauren liegenden Jungen Embryonen sind.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Diels abgehaltenen Sitzung der philosophisch⸗histo rischen Klasse las Herr Dressel über ägyptische Funde alt⸗ griechischer Silbermünzen. Durch vier in den letzten 10 Jahren gehobene Münzfunde, die, wie alle früheren, auch Barren und zerstückeltes Geld enthalten, wird endgültig bestätigt, daß bier keines⸗ wegs Metallvorräte von Goldschmieden vorliegen, sondern Wertobjekte, die zu Verkehrszwecken dienten, d. h. Geldschätze aus der Zeit, als Argypten noch keine eigenen Münzen besaß. Die neuerdings aus⸗ gesprochene Ansicht, daß viele dieser ägyptischen Fundmünzen Nach⸗ prägungen in Aegypten angesiedelter Griechen seien, ist entschieden zurückzuweisen.
Professor Kammerlingh⸗Onnes aus Leyden teilt, nach dem Haager „Nieuwe Courant, mit, daß er und seine beiden Kollegen Lorenz und Kuenen sich geirrt haben, als sie am 28. Februar glaubten, daß es ihnen gelungen sei, das Heltum zu verdichten. Weitere Versuche, haben erwiesen, daß festes Helium nicht festgestellt worden ist, daß aber Auflösungssymptome von festem Wasserstoff im gasförmigen Helium im Spiele gewesen sind. Die Verdichtung des Heliums bleibt also eine offene Frage, die noch eine systematische Untersuchung fordern wird.
Am Montag sprach im Architektenverein der Regierungsbaumeister Dr. Otto 1 aus Dresden über „Das Barock, die [panisch⸗nationale Kunst“. Bei spanisch⸗nationaler Kunst denkt der Nordländer zumeist an den Mudejar, die Schöpfungen der aus Afrika eingedrungenen Mauren. Da aber für Spanien die politische wie geistige Befreiung aus akfrikanischer Knechtschaft die Vorbedingung für nationale Kultur wie Kunst war, er⸗ der Spanier in der Platereske seinen eigentlich natio⸗ nalen Stil. Doch auch sie ist nicht spanisch, sondern deutsch, die Führer und Pfadfinder der ganzen Epoche waren
die aus dem
Norden berufenen Spätgotiker. Mie nationale Eigen⸗ art offenbart sich erst unter der Regierung Philipps II. in Juan de Herrera, dessen Bauten die bewußte Reaktion des siegreschen Kastiliers gegenüber dem an die maurische Kunst gemahnenden Formenreichtum der Platereske bilden. Obgleich er sich bei all seinen Werken, wie dem Escorial, der Kathedrale in Valladolid u. a., streng an die klassische Regel bielt, siegte doch in ihm der Künstler über den Gelehrten, schuf er einen rein persönlichen Stil auf klassischer Grundlage, d. h. er vereinte die michelangeleske und palladianische Tendenz. Immer willkürlicher werteten seine Nachfolger die klassischen Formen um, bis sich der Sieg des Barock auf spanischem Boden in Juan Gomez de Mara dokumentiert, der, seinerseits wohl von Rubens beeinflußt, für diesen wie für die ganze holländische Kunst bestimmend gewesen ist. Die hier angebahnte Steigerung formalen Reichtums fand ihren an die Platereske gemahnenden A schluß im Churrigunismus von den Werken eines José Churriguna zu Pedro Ribera, Nanuso Tomé, José de Bada bis hin zu der von Luis de Arsvalo erbauten Cartuja bei Granada. Daneben entwickelte sich aus Alenso Canos Plattenwerk im äußersten Norden des Lündes der kompostelaner Plattenstil zu einer von allen historischen Anklängen freien, dem historischen Säulenapparat ebenbürtigen Formensprache dügsr. Casas y Novoa, Simoôn Rodriguez, Sarela). An der
stküste des Landes zeigt sich zu allen Zeiten ein auffallendes Hin⸗ neigen zum Italianismus, wie ja auch die italienische Kunst gerade von Aragon aus reiche Anregungen erfahren, indem das Ideal der jesuitischen Predigtkirche, der Gesu in Rom, eine Verquickung von St. Peter mit der katalonischen Saalkirche ist. Das höchste Heiligtum des Jesuitismus, der um Loyolas Geburtshaus erbaute Konvent, ist auch das reichste Denkmal des Italianismus auf spanischem Boden. Mit der Dynastie der Bourbonen setzt der Umschwung zum vitruvlanischen Barock ein, da die neueren Herrscher, merkantilistischen Prinzipien entsprechend, aus der ganzen Welt berühmte Künstler beriefen. Den Weg zu nationaler Kunst wies erst Ventura Rodriguez, indem er über seine Lehrer hinweg auf 1vee. zurückgriff; aber nur auf kurze Zeit, da der Einfluß der
unstakademien und des Klassizisten Gabatini zu groß war. Mit Napoleons Auftreten brach über das Land ein Jahrhundert innerer wie äußerer Kriege herein, sodaß zu künstlerischer Betätigung kein Spielraum verblieb.
Schutz von Naturdenkmälern in Dänemark. Als der Erhaltung und des Schutzes durch den dänischen Staat wert bezeichnet, wie der „Globus“ mitteilt, der von den drei naturhistorischen Ver⸗ einen in Dänemark dngesobte Ausschuß für Naturschutz unter anderem einige in botanischer Beziehung recht bemerkenswerte Oertlichkeiten.
In den Wäldern bei Jägerspries und in dem Walde Slagslunde
in Nordseeland befinden sich mehrere sogenannte Hängebuchen, die ab⸗ wärts gerichtete Zweige haben. Der Schutz dieser in Dänemark so seltenen Bäume ist. nun, wie die „Berlingke Tidende“ berichtet, zu⸗ gesagt worden. weicht bezüglich seiner Baumvegetation recht bedeutend von den übrigen Wäldern Dänemarks ab; aber die eifrige Feflr bune der neueren Zeit in Verbindung mit der intensiven Kultivierung des Bodens bewirkt, daß diese eigentümliche Waldform zu verschwinden in Gefahr steht. Um einige kleinere Waldstrecken als Typen des ursprünglichen bornholmschen Waldes erhalten zu bekommen, hat der Ausschuß sich an die dänische Regierung gewendet, und diese will nun den Wünschen des Ausschusses entgegen⸗ kommen und für eine Waldstrecke bei Aaremyre und für eine andere längs des Ekkodales den Schutz erklären. Das Ministerium hat ferner für ein Birkengebüsch auf der Wiese Simmel⸗ kär bei der Plantage Söndre Feldborg in Westzjütland den Schutz der recht wenigen Reste der Birkeg⸗ und Espenvegetation nuge sagt. Das Abbrennen der mit Heidekraut bewachsenen Heiden wirkt in hohem Grade zerstörend auf das eigentümliche Tierleben in den Heiden; das Justizministerium ist dezhalb ersucht worden, wenn möglich, das Ab⸗ brennen auf gewisse Jahreszeiten zu beschränken, damit das Tierleben nicht darunter leidet. Das Ministerium hat nun die Bestimmungen der Brandgesetzgebung, betreffend die Heidebrennung, eingeschärft, auch sollen dieserhalb in jedem Frühjahr öffentliche Bekannt⸗ machungen erfolgen. Im Ringkjöbingfjord an der jütländischen West⸗ küste hat sich im Laufe des letzten Vierteljahrs eine Bank gebildet, die Klägbank (wohl von kläkke = brüten) genannt wird und dem dänischen Staate gehört und geschützt wird. Diese Bank bildet den Wohnplatz für ein ganz einzig dastehendes reiches Vogelleben und hat deshalb das lebhafte Interesse der Ornithologen erregt. Eier⸗ und Vögelsammler haben aber oft rücksichtslos den Schutz übertreten und Raubzüge nach der Bank ausgeführt. Die Kommission hat deshalb, weil solche Besuche schädlich sind und das Anwachsen und die Entwickelung der Bank in vieler Beziehung von Interesse sein möchten, um eine bestimmte Schutz⸗ maßnahme ersucht. Das Ministerium hat diesem Wunsche entsprochen: einige Tonnen Land am Nordende der Bank hat es zur absoluten Schonung auslegen lassen, d. h. aller Verkehr ist verboten und Gras und Rohr darf nicht geerntet werden. Die Kommission will nun das Areal absperren, vermessen und beschreiben, sodaß man in der Zukunft
Der ursprüngliche Wald auf der Insel Bornholm
dem Anwachsen und der Entwickelung seiner Flora und Fauna folgen
kann. Professor Dr. E. Warmin hagen ist Vorsitzender des Ausschusses.
Literatur.
Chemisches Experimentierbuch für Knaben von Dr. Karl Scheid, Professor an der Oberrealschule mit Realgymnasium zu Freiburg i. B., approb. Chemiker. Zweite, verbesserte und ver⸗ mehrte Auflage. Mit 79 Abbildungen im Text. Leipzig und Berlin, Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. — Eine Auswahl guter physikalischer Experimentierbücher ist längst vorhanden. Ein chemisches hatte sich ihnen bislang noch nie hinzugesellt. Der Grund hierzu mag wohl darin zu finden sein, daß die „Chemikalien“ eben doch ein gefährliches Spielzeug sind, das man Kindern nicht in die Hand geben darf. Gleimwohl erscheint hier nun zum erstenmal ein chemisches Experimentierbuch. Nicht un⸗ verlangt. Stete Nachfragen nach einem solchen Buch von seiten eifriger Schüler, Drängen von Eltern, endlich auch der im Unterricht oft störend empfundene gänzliche Mangel an selbst er⸗ worbenen voraussetzbaren Kenntnissen bei den Schülern waren die Ursachen für das Zustandekommen des Werkchens. Aber für kleine Kinder ist dies Buch nicht geschrieben. Dem verständigen, lern⸗ begierigen Fünfzehnjährigen, mit ihm ausgestattet, darf man wohl gestatten, wenige Minuten lang mit einer starken Säure einen Versuch zu machen. Und wenn zudem nach kundiger Einschränkung des Ver⸗ fassers Versuche mit starkwirkenden Stoffen nur ganz ausnahms⸗ weise ausgeführt und nur dem geübteren Jungen überlassen werden, wenn immer eine genaue, behütende Anleitung, ge⸗ geben, endlich gefährliche Mischungen Frunbsahaich ausgeschlossen sind, dann duͤrften Einwände irgend welcher Art gegen eine solche geistig weckende Beschäftigung kaum aufkommen. Wohl aber wird man bald anerkennen müssen, daß der Nutzen von so eleiteten chemischen Experimenten, und wären sie noch so einfacher
rt, außerordentlich groß ist. Zunächst Se die immer mehr sich ausdehnende Wissenschaft und Industrie un edingt darauf, daß auch die große Menge der zukünftigen Nichtchemiker eine ungefähre Vorstellung von dem Wesen chemischer Vorgänge habe. Der Verfasser zeigt meisterhaft, welche Tatsachen und Erlebnisse uns feeunte „all⸗ tägliche’ Dinge, wie z. B. Soda, Kalk, Seife, Essig, Wasser, Kohlensäure, Sand, Schwefel, Salpeter, Salz, Zucker usw. erzählen können, wenn man ihre Sprache versteht. Keine Salonzauberkunst, sondern ernste Wissenschaft in heiterm Gewande lehrt er. Der Knabe, der das Buch durcharbeitet, hat nicht nur eine Menge chemischer Tatsachen und Naturgesetze, er hat auch einen Einblick in die Quellen des Volks⸗ wohlstandes und in das Sein und Werden der Naturkörper erhalten. Um sein Lustgefühl zu wecken, sind vielfach auch Andeutungen gegeben, wie sich einzelne Experimente für harmlose Scherze ausgestalten lassen. — Das Büchlein hat sich schnell viele Freunde erworben,
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im Botanischen Garten zu Kopen-