Großhandelöpreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen sür die Woche vom 27. April bis 2. Mai 1908
nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche.
1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)
Da⸗
gegen Vor⸗ woche
Woche 27./4. ois 2./5. 1908
195,68 215,29 161,90
Berlin. „guter, gesunder, mindestens 712 — guter, gesun deg 1.
191,80 212,90 . 162,20
g das 1. 55 g das 1. 8 8 8 8 450 g das 1
Mannheim.
b 6“ 8 — 8n ssger göbö2 rumän., mittel. Hafer, badischer, russischer, mittel badische, Pfälzer, mittel. Gerfte russische, Futter⸗ mittel
Wien.
jen, Pester Boden.. — T167656 81 deis ügartscer “ 13829 Mais, ungarischer 123,25
202,50 200,00 233,75 232,25 181,88 181,88 220,00 220,63 151,25] 148,75
187,00 176,61 210,58 133,31 146,05
119,72
Budapest. Roggen, Mittelware.
Weizen, 8 ö dele .
erste, Futter⸗ 8 Mais,
168,90 206,04 131,75 113,48 111,52
162,14 196,63 131,61 109,96 108,85
142,03
hl * Roggen, 71 bis 72 kg das 171,61
Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl. Riga.
Roggen, 71 bis 72 kg das hll..
ͤe] 88
Paris. V Reggen Ueferbare Ware des laufenden Monats—†½ 1993 Antwerpen.
Donau⸗, mittel eEö1“ be 1 Kansas Nr. 2 La Plata
136,29
151,13 168,36
149,51 165,89
134,85 186,33
174,10 172,23
172,23 166,80
174,80 170,34
170,83 184,27
155,07 160,70 154,67 168,73 131,61
Wei Odessa . etzen s amerikanischer Winter⸗. Mais amerikan. bunt
London. 8 I. wei 8 8 — 28 (Mark Lane).. englisches Getreide,
Mittelpreis aus 196 Marktorten 1 (Gazette averages)
157,51 154,15. 144,66
128,12 143,09
Liverpool.
roter Winter⸗ Nr. 2. . Manitoba
La Plata, neuer Australier
Kurrachee..
Hafer, englischer, wei Gerste, Futter⸗ — 8 d
Mais
163,27 190,02 163,74 171,96
143,38
123,39 123,17
La Plata, gelber ... 125,74
Chicago. 1 Mai 148,5 1 135,78 130,90 110,08
Neu York.
roter Winter⸗ Nr. 2. 8 Mai.. Lieferungsware (2ü. 1—
162,39 161,05 148,63 142,26 124,00
Weizen
Reir — Durchschnittsware ..
¹) Angaben liegen nicht vor. 88
“““ v1X“ 3 1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner Pro⸗ 3 3 = 504 2† engl. gerechnet; für die aus den Umsätzen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt. Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch; 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400 ais = 2000 kg. 1 Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sin e aus den einzelnen .2 eesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchentlichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und Neu York die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie. Berlin, den 6 Mai 1908. 8 Kaiserliches Statistisches Amt.
150. Sitzung vom 5. Mai 1908, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Zur ersten und eventuell zweiten Beratung stehen die drei am 17. Juli 1905 im Haag unterzeichneten Abkommen über das internationale rivatrecht, und zwar: a. eines Abkommens, betreffend den Geltungsbereich der Gesetze in Ansehung der Wirkungen der Ehe auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten in ihren persönlichen Beziehungen und auf das Vermögen der Ehegatten, b. eines Abkommens über die Entmündigung und gleichartige Fürsorgemaßregeln, c. eines Abkommens über den Zivil⸗
rozeß und d. des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung bes Abkommens über den Zivilprozeß.
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge⸗ heimer Rat von Schoen:
Meine Herren! Die drei Abkommen, welche Ihrer Zustimmung vorgelegt sind, sind das Werk der vierten internationalen Privatrechts⸗ konferenz, welche im Jahre 1904 im Haag züsammengetreten ist. Die drei Abkommen bedeuten einen wesentlichen Fortschritt auf dem Ge⸗ biete des internationalen Privatrechts, dessen Kodifizierung die Auf⸗ gabe der erwähnten Konferenzen bildet. Sie bedeutet eine weitere erfreuliche Etappe auf dem Wege, welchen Deutschland in Gemein⸗ schaft mit anderen Staaten schon seit einer Reihe von Jahren ver⸗ folgt, und welcher zur Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs und damit auch gleichzeitig dazu führen soll, die Schranken zwischen den Nationen, wenn auch nicht zu beseitigen, so doch einigermaßen zu öffnen. Das Ergebnis der bisherigen internationalen Konferenzen im Haag ist niedergelegt in dem Abkommen über den Zivilprozeß vom 14. November 1896 sowie in den Abkommen über die Eheschließung, über die Ehescheidung und über die Vormundschaft für Minderjährige vom 12. Juni 1902. Wie allgemein anerkannt wird, haben diese Abkommen, denen die meisten Staaten des europäischen Festlandes beigetreten sind, einen hohen Wert für die Sicherheit des internationalen Rechts⸗ verkehrs. Von den Ihnen gegenwärtig vorliegenden drei Abkommen dienen die beiden ersteren dem weiteren Ausbau des internationalen Rechts auf dem Gebiete des Familienrechts. Das eine behandelt die persön⸗ lichen Beziehungen und das Güterrecht der Ehegatten, das andere die Entmündigung und ähnliche Fürsorgemaßregeln. Beide beruhen auf den gleichen Grundsätzen, wie sie im Einführungsgesetze jum Bürger⸗ lichen Gesetzbuche niedergelegt sind. Sie sichern also den in Deutsch⸗ land geltenden Kollisionsnormen die internationale Anerkennung. Be⸗ züglich der Einzelheiten darf ich mir wohl erlauben, auf die Ihnen vorliegende Denkschrift zu verweisen, die die hervortretenden Fragen und Punkte eingehend und, wie ich glaube, erschöpfend behandelt.
Etwas näher bitte ich um die Erlaubnis, auf das dritte Abkommen eingehen zu dürfen, auf das Abkommen über den Zivilprozeß, weil es für den Rechtshilfeverkehr der deutschen Gerichtsbehörden, für den Geschäftsverkehr der deutschen Bundesregierungen und namentlich, für das Auswärtige Amt von be⸗ sonderer Bedeutung ist. Das neue Abkommen soll das Abkommen aus dem Jahre 1896 ersetzen. Es behält im allgemeinen die Grund⸗ züge des älteren Abkommens bei. Die Revision bringt indessen neben der Beseitigung einzelner hervorgetretener Zweifel zugleich eine wesent⸗ liche Erleichterung im internationalen Rechtsverkehr. Diese Er⸗ leichterung soll dadurch herbeigeführt werden, daß der Rechtshilfe⸗ verkehr mit den ausländischen Gerichten durch Ausschaltung einer Reihe von höheren Instanzen einfacher und, was von besonderem Wert ist, schleuniger gestaltet wird.
Ich darf mir erlauben, Ihre Blicke auf die Verhältnisse zu lenken, wie sie heute liegen, und wie sie sich künftig auf Grund des Abkommens gestalten werden. Der Rechtshilfeverkehr besteht im allgemeinen aus Akten, bei denen die inländischen Gerichte die aus⸗ ländischen um Vornahme von Rechtshandlungen bitten, also beispiels⸗ weise um Zustellung von Klagen oder um Vernehmung von Zeugen. Nach der bisherigen Praxis vollzieht sich der Rechtshilfeverkehr im allgemeinen auf diplomatischem Wege, soweit nicht, wie in unserem Verkehre mit der Schweiz, Oesterreich und einzelnen Teilen Rußlands, der direkte Schriftwechsel zwischen den Gerichten zugelassen ist. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß der diplomatische Weg umständlich und langwierig ist. Wenn hiernach ein deutsches Gericht an ein aus⸗ ländisches Gericht ein Ersuchungsschreiben wegen Vornahme einer Handlung, z. B. Vernehmung von Zeugen, zu richten hat, so muß das deutsche Amtsgericht dieses Ersuchungsschreiben dem Landgerichts⸗ präsidenten einreichen; dieser gibt es weiter an die oberste Justizverwaltung des Bundesstaats, von diesem geht die Sache weiter an das Ministerium des Aeußern der betreffenden Bundesregierung, von dieser wieder an das Auswärtige Amt, wo alle die Sachen zentralisiert und der Form nach kontrolliert werden. Vom Auswärtigen Amt werden dann die Missionen im Auslande, die Gesandtschaften und Botschaften be⸗ auftragt, die Sache zur Erledigung zu bringen. Die Gesandtschaften und Botschaften nehmen dafür wieder die fremden Regierungen in Anspruch. Die Sache geht zunächst an das auswärtige Ministerium des beireffenden fremden Staates, von diesem wieder an die oberste Justizverwaltung, bis sie endlich an die Stelle gelangt, an die sie ge⸗ richtet ist, an das zuständige ausländische Gericht. Ist die Sache vom ausländischen Gericht erledigt, so geht die Verhandlung wieder den gleichen Weg in umgekehrter Richtung zurück. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß ein solch umständliches Verfahren einen großen Zeitverlust, der nicht zum Vorteil der Rechtsuchenden gereicht, mit sich bringt. Außerdem entsteht dadurch eine große Arbeitslast, die weniger durch ihr spezifisches Gewicht, wie durch ihren Umfang drückend wirkt und viele Arbeitskräfte, wenn auch vielfach nur in mechanischer Weise, so doch übermäßig in Anspruch nimmt.
Das neue Abkommen will mit einem solchen umständlichen Verfahren aufräumen. Künftighin werden Zustellungen und Ersuchungsschreiben direkt von unseren Gerichten an den Kaiserlichen Konsul in demjenigen Lande gerichtet, in dessen Bezirk das für die Erledigung des Er⸗ suchungsschreibens zuständige Gericht liegt. Der Konsul gibt die Sache weiter an das betreffende Gericht, die Sache kommt denselben Weg wieder zurück, und auf diese Weise wird eine große Erleichte⸗ rung und Beschleunigung erzielt. Diese Erleichterung ist um so mehr zu begrüßen, als dadurch auch Arbeitskräfte gespart werden können. Wenn die bisherigen Verhältnisse bei dem stetig wachsenden Umfange
5*
wältigung dieses sehr starken Materials neue Arbeitskräfte bei der Zentralbehörde einzustellen. Dessen werden wir künftighin überhoben werden. 1
Durch das neue Abkommen foll nun noch eine andere Er⸗ leichterung erreicht werden, indem künftighin der Rechtshilfeverkehr von Staat zu Staat in unentgeltlicher Weise sich vollziehen wird. Dementsprechend trägt das Ausführungsgesetz, welches Ihrer Zu⸗ stimmung vorliegt, dafür Sorge, daß auch die Gebühren der Kon⸗ sulate wesentlich ermäßigt werden. Ganz sie fallen zu lassen, ist selbstverständlich nicht möglich.
Das Werk der internationalen Privatrechtskonferenzen, die im Haag tagen, ist mit den früheren und den heute vor⸗ liegenden Abkommen keineswegs erschöpft. (Bravo! rechts.) Diese Konferenzen haben noch weitere Materien in Angriff ge⸗ nommen, vor allen Dingen das Konkursrecht und das Erbrecht. Be⸗ züglich einer internationalen Regelung des Konkursrechts haben sich Schwierigkeiten ergeben, die noch nicht haben gelöst werden können. Was jedoch das Erbrecht betrifft, so ist bereits eine Verständigung erzielt, soweit es sich um die Aufstellung von Kollisionsnormen auf dem Gebiete des materiellen Erbrechts handelt. Es ist Aussicht vor⸗ handen, daß auch eine Verständigung erreicht wird in bezug auf die formelle Seite der Sache, über die Zuständigkeit der Nachlaßbehörden. Sobald dieses Ziel erreicht ist, wird die sehr wichtige Materie gleich⸗ falls international geregelt werden können.
Es erscheint ferner — und das ist ein nicht unwesentlicher Punkt — nicht ausgeschlossen, daß die internationalen Privatrechskonferenzen einen Wunsch der Erfüllung zuführen, welcher in deutschen Handels⸗ kreisen und in den beteiligten Kreisen anderer Länder schon seit Jahren gehegt wird, und welcher auch in diesem hohen Hause wiederholt zum Ausdruck gebracht worden ist. Dieser Wunsch betrifft die Schaffung eines internationalen Wechselrechts, also einer Art Weltwechselrechts. Bei der Lösung einer solchen Aufgabe würden die Privatrechts⸗ konferenzen allerdings einigermaßen über das ihnen gesteckte Ziel hinausgehen; denn es würde sich hier nicht um die Aufstellung von Kollisionsnormen handeln, sondern um die Schaffung eines allgemeinen materiellen Rechts. Indessen erscheinen die Schwierigkeiten in dieser Richtung nicht unüberwindlich, und es ist Aussicht vorhanden, daß das Ziel gerade auf dem Gebiete des Wechselrechts erreicht werden kann. Damit würden der internationalen Rechtssicherheit weitere Garantien gegeben werden. Alle diese Garantien sind aber um so höher anzuschlagen, als sich mit dem wachsenden Verkehr auch die rechtlichen Beziehungen zwischen den Nationen stets lebhafter, umfang⸗ reicher und enger gestalten.
Es kann daher nur dem Wunsche Ausdruck gegeben werden, daß den internationalen Privatrechtskonferenzken im Haag, um deren Zustandekommen die Königlich niederländische Regierung und insbesondere der hervorragende Rechtsgelehrte und Staatsmann Dr. Asser im Haag sich große Verdienste erworben haben, weitere Erfolge beschieden sein mögen. 1 Ich erlaube mir, namens der verbündeten Regierungen Ihnen die Annahme der Abkommen zu empfehlen. (Beifall.)
Abg. Giese (dkons.): Meine politischen Freunde begrüßen die uns vees as Abkommen als Ergebnis der diplomatischen Verhand⸗ lungen mit Freude und Genugtuung, wir erblicken darin einen bedeut⸗ samen Fortschritt in der Befestigung unserer internationalen Be⸗ jiehungen und eine wertvolle Fortsetzung und Ergänzung der früher getroffenen Abkommen. Die Zeit liegt noch gar nicht so weit zurück, wo man es für unmöglich gehalten haben würde, derartige Abkommen auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts zu erzielen. Das erste Abkommen wegen der persönlichen Beziehungen der Ehegatten zu einander und der Regelung des Güterrechts betrifft eine sehr schwierige Materie, und wir können uns nur freuen, daß die Sache in dieser Weise geregelt worden ist. Das Schwergewicht der Abkommen liegt in dem Ab⸗ kommen über den Zivilprozeß. Der Staatssekretär hat schon ausführlich dar⸗ elegt, wie dadurch das Verfahren vereinfacht und beschleunigt wird. reilich ist ja nicht alles erreicht worden, was man gewünscht hat, gleichwohl können wir froh sein, daß dieses erreicht worden ist. Auf die Einzelheiten der Abkommen will ich mich nicht einlassen, um so weniger, als wir sie ja nur im ganzen annehmen oder ab⸗ lehnen können. Jedenfalls entsprechen sie durchaus den Grundsätzen, die in dem Einführungsgesetz zum B. G.⸗B. niedergelegt worden sind. Meine politischen Freunde werden den Abkommen zustimmen; sie halten eine Ueberweisung an eine Kommission nach keiner Richtung hin für notwendig. Das eine bedauern wir allerdings, daß nicht eine größere Reihe von Staaten den Abkommen beigetreten sind, wir hoffen aber, daß dies noch nachgeholt werden wird, und daß das internationale Privatrecht immer weiter ausgebaut werden wird, im Interesse einer Annäherung und Freundschaft der Nationen.
Abg. Kirsch (Zentr.): Auch meine politischen Freunde begrüßen mit Genugtuung die Vorlage. Wir werden eine Kommissionsberatung nicht beantragen. Wir begrüßen es, daß nunmehr auf verschiedenen Gebieten des internationalen Privatrechts eine positive Rechtsordnung geschaffen wird. Bei der Ausführung des Gesetzes wird auf den Text des Abkommens besonders Rücksicht genommen werden müssen, denn in dem Abkommen selbst ist wenigstens im deutschen Texte manches unklar. Der französische Urtext und die deutsche Uebersetzung decken sich begrifflich nicht immer. Hoffentlich treten den Abkommen noch weitere Staaten bei. — “
Abg. Junck (nl.): Auch wir begrüßen diese Abkommen. Daß im Zweifelsfalle auf den französischen Urtext zurückgegangen werden muß und kann, halten wir für selbstverständlich; die Uebersetzung wird eben die Rechtsbegriffe in der französischen Sprache nicht immer richtig wiedergeben können. Mit besonderer Freude begrüßen wir das Abkommen über das Zustellungswesen, wodurch der Verkehr über die Zentralstelle vereinfacht wird. Namens meiner Freunde habe ich aber zu bedauern, daß eine so wichtige Vorlage uns erst in so später Zeit zugeht. Die Abkommen sind im Juli 1905 ab⸗ geschlossen, uns aber erst am 28. April 1908 zur Genehmigung vor⸗ gelegt worden. So sind wir gezwungen, ein außerordentlich schwieriges Rechtsgebiet mit solcher Schnelligkeit zu behandeln. Ich bitte, in Zukunft dem Reichstage solche Vorlagen früher zu machen.
Abg. Dove (fr. Vgg.): Wir sprechen gleichfalls unsere Be⸗ friedigung über diese Vorlage aus, das Wichtigste bezieht sich auf das Zivilprozeßverfahren. Aus der Darstellung des Staatssekretäts eht bervor, daß Sankt Bureaukratius international ist. Die jetzigen
wierigkeiten werden hoffentlich aufhören durch die internationale Regelung des Zustellungswesens. Die Vereinheitlichung des inter⸗ nationalen Rechts ist die natürliche Konsequenz der wachsenden Verkehrsbeziehungen, und ich freue mich, daß wir darin weiter kommen sollen und auch internationale Vereinbarungen über das Wechselrecht bekommen sollen. Das wird möglich sein, denn die Bedürfnisse des Bankverkehrs sind in der zivilisierten Welt so ziemlich dieselben. Wir werden bald Gelegenheit haben, etwaige Wünsche darüber zur Geltung zu bringen. Um Mißverständnissen über die Abkommen vorzubeugen, werden die Richter auch die Denkschrift darüber zur Kenntnis nehmen müssen. Bezüglich der späten Vor⸗ legung schließe ich mich dem Vorredner an. Ich möchte hierbei noch fragen, wie es mit dem Haager Friedensabkommen ist, und ob wir in absehbarer Zeit zu dessen Ratifikation kommen werden.
Abg. von Dirksen (Rp.): Die deutschen Delegierten auf der Haager Konferenz haben alles getan, was in ihren Kräften stand, um
der Geschäfte weiter fortgehen würden, wären wir genötigt, zur Be⸗ 1“
8
die deutschen Rechtsanschauungen zur Geltung zu bringen. Es besteht 1“ 88
Iin ihren einzelnen Artikeln ohne Debatte
seits unter
unehmen, daß Art. 26 geftrichen wird.
8 des Reiches auf eine halbe Million mehr oder weniger nicht an⸗
zugeführt werden, sodaß eine Verminderung der noch immer äußerst hohen Reichszuschüsse eintreten könnte.
zugeben, wenn die Subventio Defizit des Lloyd 1 300 000 ℳ betragen. Der Antrag Lattmann be⸗
die Vorlage ein. Mannschaften ist nach den zahlenmäßigen Angaben und den sonstigen
E“ Unglück sein, wenn die deutsche Handelsflagge in jenen
den Verkehr an sich reißen und die deutsche ausschalten. Die F die hier einmal für die internationale Vermittlung angeknüpft
ein Interesse, die Vorlage noch jetzt vor den Ferien zu erledigen. Wir sind ja nicht in der Lage, an den einzelnen jen etwas zu ändern, wir müssen aber erhebliche Verbesserungen anerkennen. Zunächst die Vereinfachung des Verfahreas; anstatt eines Zeitraumes von etwa 3 Monaten, den jetzt die geschäftlichen Verhandlungen in Anspruch nehmen, werden in Zukunft etwa 3 Wochen ausreichend sein. Zweitens verweise ich auf die erhebliche Verbilligung für den Rechts⸗ verkehr, die ebenfalls einen ganz erheblichen Vorteil darstellt. Von erheblichster Bedeutung ist auch, daß das Prinzip der Staatsangehörig⸗ keit den Vorrang vor dem Domizil haben soll. Ich begrüße die Vor⸗ lagen namens meiner politischen Freunde aus vollem Herzen und danke dem Staatssekretär, der nicht bloß Gastfreundschaft geübt, sondern auch eine große Arbeitsleistung auf sich genommen hat. Auch unseren Vertretern im Haag, die es verstanden haben, unseren Interessen An⸗ erkennung zu verschaffen, gebührt unser Dank.
Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Rat Dr. von Frantzius: Es wäre in der Tat möglich gewesen, diese Vorlage früher zu machen, es wäre auf die Gefahr hin geschehen, daß die Beschäftigung des hohen Hauses damit vergeblich gewesen und das Reich schließlich mit seiner Zu⸗ stimmung allein geblieben wäre. Das Abkommen bestimmt nämlich, daß die Ratifikationsurkunden im Haag hinterlegt werden sollen, so⸗ bald sechs der Vertragsstaaten dazu in der Lage sind. Bis jetzt waren dazu aber nur die Niederlande in der Lage. Wir wollten den Reichs⸗ tag nicht eher mit der Sache befassen, als wir wußten, daß die Vor⸗ aussetzungen des Abkommens sich erfüllen würden. Sobald wir damit rechnen konnten, haben wir die Vorlage an den Bundesrat gebracht und an demselben Tage, wo dieser seine Zustimmung er⸗ teilte, an den Reichstag „gelangen lassen. Was die ÜUebersetzung an⸗ belangt, so ist selbstverständlich nur der französische Text maßgebend. Das auf der Friedenskonferenz vereinbarte Abkommen wird in diesem oder dem nächsten Monat voraussichtlich von Deutschland unter⸗ zeichnet werden. Wie es mit der Ratifikation weiter wird, wird von Belgien abhängkn.
Damit schließt die Generaldiskussion. 8 In der zweiten Lesung werden die sämtlichen Abkommen 1b 6 genehmigt, ebenso wird das Ausführungsgesetz nach dem Abkommen über ben Zivilprozeß in zweiter Lesung im einzelnen angenommen. Die Vorlage wegen Gewährung einer weiteren Sub⸗ vention von ½ Million Mark jährlich vom 1. April 1908 ab bis 1914 an den Norddeutschen Lloyd in Bremen für die Beibehaltung der Dampferverbindung zwischen Japan und Neu⸗Guinea und für die Linie Singapore — Neu⸗Guinea und wegen entsprechender Abände⸗ rung der Gesetze, betreffend Postdampfschiffsverbindung mit überseeischen Ländern, ist von der Budgetkommission mit 14 egen 13 Stimmen angenommen worden. Die Wirtschaftliche Vereinigung (Abg. Lattmann und Genossen) will für den Be⸗ trieb einer vierwöchentlichen, zwischen dem Schutzgebiet Neu⸗ Guinea und Hongkong sowie dem australischen Festlande ander⸗ ortfall der seit 1898 in dem Vertrage mit dem Lloyd vorgesehenen Anschlußlinie Singapore — Neu⸗Guinea vom 1. April 1908 ab eine Erhöhung der Subvention von nur 230 000 ℳ bewilligen.
Von den Abgg. Albrecht und Genossen (Soz.) liegt eine Resolution vor: 2a. die verbündeten Regierungen zu ersuchen, 1) für die subventionierten Postdampfschiffe eine Bemannungsskala fest⸗ zusetzen; 2) in die mit den Unternehmern der subventionierten Postdampfschiffsverbindung abzuschließenden Verträge eine Bestimmung aufzunehmen, wodurch die Unternehmer verpflichtet werden, für die Ausreise der Dampfer so viel weiße Schiffsleute anzumustern, als zu einer ausreichenden Besetzung des Dampfschiffes erforderlich sind; b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, eine Revision des Ver⸗ trages mit dem Norddeutschen Lloyd vom Jahre 1898 dahin vor⸗
RMRefferent ist der Abg. Dr. Semler (nl.)
Abg. Graf von Kanitz (d⸗kons.): Es ist ja leider nicht möglich ge⸗ wesen, in den Verhandlungen der Budgetkommission die Vorlage zu Falle zu bringen. Den Standpunkt, daß es bei der großen Verschuldung kommen könne, teile ich nicht. Ich betrachte diese Verschuldun als eine Kalamität, deren Verschlimmerung wir möglichst ve zubeugen haben. Auf die bevorstehende Reichsfinanzreform sollte man bei dieser Gelegenheit nicht verweisen; ich persönlich könnte mich nicht entschließen, wegen dieser halben Million einer erweiterten Reicheerbschaftssteuer oder dergleichen zuzustimmen. Nun verweist man auf die eigenen Einnahmen der Kolonien. Diese sollten doch, wenn sie einmal da sein werden, auch der⸗Reichskasse
nte. An den Norddeutschen Lloyd aben wir bereits über 100 Millionen Mark an Subvention ezahlt. Die Finanzlage des Lloyd ist immerhin noch eine sehr gute; er hat in den letzten Jahren 8 ½, 7 ½, im letzten Jahre allerdings nur 4 ½ % Dividende gegeben; auch ein DPurchschnitt von nur 4 % ist immer noch eine hübsche Verzinsung, und das Unternehmen, welches so viel bringt, gehört noch lange nicht zu den notleidenden. Würde der scharfe transatlantische Wettkampf nicht getrieben, ginge nicht mit diesem ein bisher unerhörter Luxus auf den Schiffen einher, so würde die Lage glänzender sein. Unter diesen Umständen einer einzelnen Linie eine Subvention zuzu⸗ wenden, damit sie diesen leidigen Konkurrenzkampf leichter führen kann, scheint mir absolut nicht gerechtfertigt. Wenn die Kopra wirklich ein Welthandelsartikel ist, wird sie sich selbst ihren Weg bahnen und braucht staatliche Unterstützungen nicht; nirgend anderswo ist das der Fall. Bei der Geschäftslage des Hauses schließe ich meine Be⸗ merkungen mit der Erklärung, b ich für den Antrag Lattmann stimmen werde, um meinen guten Willen zu zeigen. ve h (fr. Volksp.): Der Lloyd hat seit 1900 bedeutend mehr geleistet, als wozu er verpflichtet war; er kann dauernd solche Ausfälle und Defizits auf sein Konto zu nehmen nicht verantworten und würde sich gezwungen sehen, die betreffenden Linien wieder auf⸗ n nicht erhöht wird. 1905/06 hat das
weist wenigstens, daß die Wirtschaftliche Vereinigung ihren bisherigen
prinzipiellen Standpunkt verlassen hat. Wir treten nach wie vor für Der sozialdemokratische Antrag wegen der farbigen
Darlegungen, die schon in der Kommission 5 eben wurden, unannehmbar. Die farbigen Mannschaften können auf d 5 Dampfern nicht entbehrt werden. Die Urteile einer ganzen Reihe kompetenter Beobachter über die Brauchbarkeit der farbigen Mannschaften lauten übrigens durchaus anerkennend. Auch die englischen Firmen sind in steigendem Maße, und nicht bloß um zu sparen, zur Einstellung farbiger Heizer und Trimmer über⸗ gegangen. Die Zahl der farbigen Kohlenschieber ist übrigens viel höher als die der farbigen Heizer. Wenn man das hohe Interesse des deutschen Handels an diesen Dampferlinien in Betracht zieht, kann von einer Subvention im eigentlichen Sinne überhaupt kaum die Rede sein; es handelt sich um eine unübersehbare Zahl von Millionen deutschen Kapitals, die in diesem Bereiche angelegt sind. Es würde ein
Gegenden gestrichen würde; zieht sich aber der Lloyd auf seine ver· tragliche Verpflichtung zurück, so wird die amerikanische und japanische
äden,
d, würden zerrissen werden und nicht wieder anzuknüpfen sein. n stehen vor der Notwendigkeit, diese halbe Million zu bewilligen; die Bewilligung ist notwendig im Interesse unseres Landes. Wir müssen
Abg. Noske (Soz.): Nach dem größeren ersten Teile der Rede des Vorredners muß man vermuten, daß er hier nicht als Vertreter des deutschen Volkes, sondern als Beauftragter des Norddeutschen Lloyd gesprochen hat. Im Interesse der deutschen Arbeiter⸗ schaft müssen auch wir darauf sehen, daß nur Ausgaben, die wirklich dringend sind, bewilligt werden; der Nachweis, daß wirklich nennenswerte deutsche Interessen durch die Ablehnung gefährdet werden, ist aber nicht geführt. Ein Intepesse an der Bewilligung hat nur eine ganz geringe Anzahl von Großkaufleuten. Die halbe Million soll dazu dienen, die Verkehrsinteressen nach Australien und Asien zu fördern, ferner die Handelsbeziehungen für Neu⸗Guinea. Der Umfang des deutschen Handels nach Neu⸗Guinea beträgt nach den neuesten amtlichen Zahlen in Ausfuhr und Einfuhr nur 800 000 ℳ. Der Staatssekretär des Kolonialamtes schätzt den Betrag auf das Vierfache; es besteht hier eine merkwürdige Divergenz zwischen den amtlichen Statistiken. Die Vorlage, mit der wir uns jetzt beschäftigen, ist eine reine Kolonialvorlage zur Förderung von Neu⸗Guinea. Neue Einnahmequellen werden in Neu⸗Guinea durch die Bewilligung der halben Million kaum erschlossen. Wohin kommen wir, wenn man sagt, es komme auf eine halbe Million mehr oder weniger nicht an! Hunderttausende von Mark für etwa 120 Weiße in Neu⸗Guinea auszugeben, liegt kein Grund vor. Es handelt sich dort eigentlich nur Wum ein paar großkapitalistische Plantagenbesitzer. Die Guinea⸗Kompagnie bat schon reichliche Ueberschüsse erzielt. Andere solcher Gesellschaften haben Dividenden bis zu 20 % ver⸗ teilt. Postalische Rücksichten auf Leute, die freiwillig nach den Süd⸗ seeinseln gehen und gern ihre Post etwas früher haben möchten, sind erst recht nicht angebracht. Wir werden deshalb die Vorlage ab⸗ lehnen, wie den Antrag Lattmann. Von Rücksichten auf die Arbeiter hört man nichts. In einem Jahre ist die Zahl der beschäftigten weißen Arbeiter um 200 zurückgegangen, um denselben die — der farbigen 822—7 Die deutschen Seeleute haben in ihren Kongressen zum Ausdruck gebracht, daß die farbigen Leute gänzlich ausgeschlossen werden müßten. Den Reedern liegt lediglich daran, die Löhne der weißen Arbeiter herunterzudrücken und ihre Organisation lahmzulegen. Gut bezahlte und gut genährte weiße Leute können auch dem tropischen Klima Widerstand leisten. Auffallend ist es, daß der Lloyd auf seinen besten Schiffen chinesische Arbeiter beschäftigt. Den sich hieraus er⸗ gebenden Mißständen will unser Antrag vorbeugen. Merk⸗ würdigerweise fehlt in dem uns vorgelegten Material eine ganze Reihe von Paragraphen aus dem Vertrage mit dem Lloyd. Im Artikel 26 des Vertrages mit dem Lloyd behält sich die Regierung das Recht vor, den ganzen Vertrag über den Haufen zu werfen, wenn der Lloyd auf seinen Schiffen landwirtschaftliche Erzeugnisse nach Deutschland einführt. Es sind also nackte agrarische Interessen, die die Regierung hier vertritt, nicht nationale Interessen, wie sie immer vorgibt. Nachdem die Antisemiten, wenn auch nur zum Teil, um⸗ gefallen sind, und mit der Annahme der Vorlage zu rechnen ist, müssen wir Sie bitten, wenigstens unsere Resolution anzunehmen
und es uns zu ermöglichen, daß den deutschen Arbeitern billigere Lebensmittel zugeführt werden. ö 2 .
Staatssekretär des Reichskolonialamts, Wirklicher Geheimer Rat Dernburg:
Meine Herren! Wenn ich unmittelbar nach dem Herrn Vorredner das Wort ergreife, so geschieht das, um gleich von vornherein einige Zahlen zu widerlegen, welche geeignet erscheinen, die Vorlage der verbündeten Regierungen in ein durchaus falsches Licht zu stellen. Der Herr Vorredner hat so getan, als wenn die Vorlage nur gemacht würde, um dem Norddeutschen Lloyd 500 000 ℳ Nutzen zu bringen, damit eine Anzahl von großkapitalistischen Unternehmungen, denen es ausgezeichnet gehe, noch eine indirekte Förderung bekäme durch billige Lebensmittel und billige Arbeiter und Fracht. Von allen diesen Be⸗ hauptungen ist nicht das mindeste richtig. (Abg. Noske: Lesen Sie die Begründung der Vorlage!) — Wenn Sie mich angehört haben, Herr Noske, werden Sie selbst anderer Ansicht sein. Sie haben uns von Samoa erzählt. Das liegt, soviel ich weiß, 5000 Kilometer weg von dem Gebiete, das diese Linie berührt, und alle Dividenden, die von Samoa angeführt werden, können nicht herangezogen werden für die Rentabilität in Neu⸗Guinea. Sie sind den Beweis dafür schuldig geblieben, daß es in Neu⸗Guinea Plantagengesellschaften gibt, die eine Rente ab⸗ werfen, und wenn die Neu⸗Guinea⸗Gesellschaft, die 20 Jahre gefochten hat, nunmehr sagt: unsere Pflanzungen stehen gut, unsere Kokos⸗ bäume versprechen Ertrag, und wir hoffen, die Million Schulden, die wir haben, zu tilgen, dann können Sie doch noch nicht von einem glänzenden Unternehmen sprechen. Also für Neu⸗Guinea erwarte ich den Nachweis, daß es irgend ein großkapitalistisches Unternehmen gibt, dem es gut geht. Ebensowenig ist es richtig, daß der Norddeutsche Lloyd in dieser Sache bereichert wird. Der Norddeutsche Lloyd hat uns nachgewiesen, daß er ohne Abschreibungen auf seine Schiffe, die sehr erheblich sein müssen, ohne die Zinsen eine Unterbilanz auf diesen Linien macht. Und dies ist der Grund für die Reichsregierung, weil sie die Linien für nützlich und not⸗ wendig für die koloniale Entwicklung in der Südsee hält, weshalb sie hier vor dieses hohe Haus gekommen ist, um von ihm eine erhöhte Subvention zu verlangen. Der Norddeutsche Lloyd, an dessen Ziffern hier gar kein Zweifel zu hegen ist, hat außerdem seine Abrechnung dem Reichsamt des Innern vorgelegt, und es ist, glaube iich, nachgewiesen — denn sonst wären wir mit dieser Vorlage gar nicht gekommen —, daß tatsächlich dieser Verlust von etwa einer halben Million auf der Linie ruht. Nun hat Herr Noske einen Salto⸗ mortale gemacht, indem er gesagt hat, in der Kommission sind uns verschiedene Ziffern vorgelegt worden über den Handel mit Neu⸗ Guinea, und es ist bedauerlich, daß eine Regierung kommt und uns zwei von verschiedenen Aemtern unterschriebene Statistiken zeigt, die beide verschieden lauten. In der Kommission ist des langen und breiten auseinandergesetzt und festgestellt, daß die eine Statistik ohne die Freihafengebiete von Hamburg, Bremen, Lübeck ist, die andere mit diesen Freihafengebieten. Berlin hat mehr Einwohner, wenn Sie die Vororte dazuzählen, als ohne die⸗ selben, aber man kann nicht sagen, es sind verschiedene Sta⸗ tistiken. Herr Noske hat in der ersten Lesung schon behauptet, der Handel mit Neu⸗Guinea betrage nur ein paar hunderttausend Mark. Ich habe aus den Anschreibungen der Denkschrift über die Ent⸗ wicklung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1 und 2 in der Kommission schon nachgewiesen, welches die richtigen Ziffern sind, dabei auch nachgewiesen, wie die Ziffern zustande kommen. In den einzelnen Anschreibungen der verschiedenen Zollämter sind ent⸗ halten die Benennung der Ware, die Herkunft, die Kilogramme und die Mark, es müßte sich also, wenn diese Ziffern wesentlich falsch sein sollten, um sehr schwerwiegende Fälschungen handeln, die doch nirgends vorausgesetzt werden können. Danach ist aber der Handel mit dem Bismarck⸗Archipel und Kaiser⸗Wilhelmsland 2 271 000 ℳ aus einem Handel von 4 869 000 ℳ. Das sind die Zahlen. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) — Ich nehme von dem Einwurf Notiz,
dafür sorgen, daß die Gebiete, die wir erschließen wollen, auch erschlossen werden.
—.—y- — ———— —
er bestätigt, was ich sage. Die Denkschrift des Reichskolonialamts
Neu⸗
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angegriffen hat, geben identisch den gesammten Handel mit 4 869 000 ℳ und mit 2 271 000 ℳ für den Bismarck⸗Archipel un
Kaiser⸗Wilhelmsland an. Nun habe ich bereits in der Kommission darauf hingewiesen, daß es sich gar nicht darum allein handelt.
sondern daß, nachdem Pap angelaufen werden soll, auch noch der Handel mit den Karolinen dazukommt, der 508 000 ℳ beträgt, so
daß da ungefähr 2 809 000 ℳ auf den deutschen Handel aus 6 000 000 ℳ des Gesamthandels kommen. Das scheint an und für sich nicht so übermäßig viel, aber es ist eine sehr starke und schöne auf⸗ steigende Linie des Gesamthandels, und Sie müssen auch nicht ver⸗ gessen, daß die Entwicklung von Neu⸗Guinea eine sehr eigentümliche ist, die sich wesentlich auf die Entwicklung der Koprakultur selbst stützt, eine Kultur, die etwa 10 Jahre braucht, bis der Ertrag kommt. Deshalb hat die Neu⸗Guinea⸗Kompagnie in ihrem Bericht mit Recht gesagt:
Wir freuen uns, daß wir nach und nach dahin kommen können, eine solche gute Aussicht unseren Aktionären, die durch 20. Jahre schwer geprüft worden sind, eröffnen zu können. —
Ich konstatiece also, daß sowohl die Angaben über die Pro⸗ sperität der großkapitalistischen Unternehmungen auf Neu⸗Guinea, die vorgeführt sind, als auch die Angaben über die Bedeutung des deutschen Handels, trotzdem der Herr Vorredner vollständig Zeit ge⸗
habt hätte, sich zu informieren, dieselben unrichtigen geblieben sind wie in der ersten Lesung. Die Vorlage ist Ihnen gemacht worden als eine Schiffahrts⸗Subventionsvorlage, aber sie hat wesentlich den Charakter einer Kolonialvorlage, und das ist der Grund, weshalb ich für dieselbe spreche. Sie wissen ganz genau, daß in der Entwicklung von Kolonien oder überhaupt der neuen Länder die Verkehrswege immer dem Verkehr vorangehen müssen; wenn man solche fruchtbaren, aber noch nicht entwickelten Länder entwickeln will, muß man, ebenso wie wenn ich eine Kohlengrube eröffnen will, das nicht anders tun kann, als daß ich mit Geld einen Schacht hinunterbringe, dort auch Wege eröffnen, um die Naturprodukte herauszubringen. In den anderen Kolonien nennt man die Wege, die diesen Schächten entsprechen, Eisenbahnen, hier, in einer Inselwelt, Dampfschiffslinien. 1
Nun wird hier gesagt: „Wo ist die Rentabilität? Die Rentabilität einer solchen Dampfschiffslinie für den Norddeutschen Lloyd, d. h. für den Unternehmer, kann nicht nachgewiesen werden; das ist der Sinn dieser Vorlage.“ — Ich verstehe nicht die Wieder⸗ holung dieser Frage, die doch darauf hinausläuft: „Zeige mir, wo verdient der Mann etwas an den 500 000 ℳ, die er jedes Jahr ver⸗ liert!“ Das ist doch eine Fragestellung, mit der man nicht immer wieder kommen sollte! Dagegen habe ich — das habe ich bei den Kolonialbahnvorlagen jedesmal getan — angegeben, inwieweit durch ein Wachsen der eigenen Einnahmen des Schutzgebietes erwartet werden kann, daß die Ausgaben für die Kolonialbahnen in Zinsen und Amortisation gedeckt werden können. Das habe ich hier, soweit das Reichskolonialamt an der Redaktion dieses Berichtes beteiligt ist, gleichfalls getan und habe gesagt: hier werden ungefähr 500 000 ℳ mehr verlangt; diese 500 000 ℳ werden keine Erhöhung der Reichszuschüsse für die Karolinen, Marianen usw., sowie für Neu⸗ Guinea bringen, weil wir dort erstens eine Ersparnis an der Zahlung für die Neu⸗Guinea⸗Kompagnie von dem Jahre 1909 ab machen, weil wir zweitens in der Lage sein werden, Zölle einzuführen in Neu⸗ Guinea und auf den Marianen, und drittens, weil wir ja alle wissen, daß im nächsten Jahre die Abgaben für die Phosphate anfangen, be⸗ zahlt zu werden.
Ich komme dann auf eine Bemerkung des Herrn Abg. Erzberger
zurück, der in der Kommission gesagt hat: „Ihr sprecht immer nur von den reinen Einnahmen, die ihr habt, aber nicht von den Kosten der Polizei!“ Wenn Herr Erzberger den Etat durchsehen will, so wird er finden, daß die Kosten der Polizei von der betreffenden Kompagnie getragen werden und in den Einnahmen des Etats er⸗ scheinen. Also dieser Einwand ist nicht ganz stichhaltig. Anders kann man solche Ausgaben nicht decken. Nun ist gesagt worden: „Diese Einnahmen habt ihr so wie so; wie könnt ihr Einnahmen, die ihr so wie so habt, als Deckungsmittel anrechnen gegen neue Ausgaben?“ Jeder Mann, der zunächst für neue Ein⸗ nahmen sorgt, um nachher die Ausgaben zu decken, handelt genau so. Sie können im Deutschen Reiche so und so viele Steuern einheben und sagen: ja, diese können wir so wie so einheben, aber wir können deswegen keine neuen Ausgaben machen. Das ist der Unterschied zwischen einer werbenden und einer nichtwerbenden Anlage. Aber diese Anlage ist indirekt werbend. Ich habe Ihnen gesagt, daß die Verkehrs⸗ möglichkeit dem Verkehr vorausgehen muß. Wenn Sie eine gute Verbindung haben, wenn Sie die kleinen Häfen in Kaiser⸗Wilhelms⸗ land anlaufen, und wenn Sie die regelmäßige Verbindung mit Australien und Hongkong sicherstellen, dann wird natürlich der Verkehr kommen und damit auch die Möglichkeit, höhere Zölle, Gefälle usw. einzuheben.
Meine Herren, ganz abgesehen davon sprechen aber eine große Anzahl von Dingen dafür, daß wir diese Verbindung, die wir jetzt haben, unter keinen Umständen aufgeben dürfen. Es steht ja so, daß der Norddeutsche Lloyd erklärt hat: „Ich kann es meinen Aktionären gegenüber nicht vertreten, wenn eine Linie, die mir notorisch eine große Unterbilanz bringt, ohne weiteres immer fortbetrieben wird, ohne daß für mich eine Verpflichtung vorliegt.“ Es ist völlig klar: diese Verpflichtung liegt nicht vor; verpflichtet ist der Llopd nur auf Grund des Subventionsvertrages von 1898 eine Linie zu betreiben von Singapore über die holländische Inselwelt nach Herbertshöhe und zurück, und zwar mit Schiffen, die nur eine sehr geringe Geschwindigkeit haben und tatsächlich nicht sehr viel hermachen können, da sie wegen der kleinen Häfen natürlich nur einen geringen Tiefgang und somit einen geringen Tonnengehalt haben. Es dauerte also eine solche Verbindung, wie wir sie zuerst gehabt haben, außerordentlich lange; sie war sehr schwierig, und an und für sich ergab sie sehr wenig gute Resultate. Deswegen ist innerhalb der dem Reichskanzler zustehenden Befugnisse mit dem Norddeutschen Lloyd eine Abänderung der Linienführung verabredet worden; und diese Linienführung ist dasjenige, was wir jetzt haben. Dort haben wir schnelle Schiffe, sehr große Gefäße, die außerdem die Verbindung zwischen Jokohama — Hongkong und der Inselwelt und Sydney her⸗ stellen, kurzum eine Weltlinie mit dem äußersten Pacific, der es gelungen ist, eine sehr zähe Konkurrenz zwischen Neu⸗Guinea und Australien aus dem Felde zu schlagen, eine Konkurrenz, die auch dem ganzen deutschen Warenabsatz eine große Erschwerung gebracht hat, weil felbstverständlich diese Konkurrenz, die in Händen von Engländern
622 und die Denkschrift für den Reichstag 876, die Herr Noske
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war, englische und australische Ware bevorzugte, während bei der
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