1908 / 108 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 May 1908 18:00:01 GMT) scan diff

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Mögen diese und die übrigen Verhand egenstände eins lich des Ihnen von der Königlichen Staatsregierung zur Begutachtung zugesandten Entwurfs eines Gesetzes weien der Ziegenbockhaltung durch Ihre Arbeit die gewohnte sachgemäße und für das Wohl des Bezirksverbandes gedeihliche Erledigung finden. Namens Seiner Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich den 42. Kommunal⸗ landtag für den Regierungsbezirk Wiesbaden für eröffnet.

Wie im Vorjahre, wurde zum Vorsitzenden der Sv vn Justizrat Dr. Humser aus Frankfurt a. M., zu dessen Stellvertreter der Justizrat Dr. Alberti aus Wies

Oesterreich⸗Ungarn.

Heute morgen traf das Deutsche Kaiserpaar mit dem Prinzen August Wilhelm und der Prinzessin Viktoria Luise von Preußen von Pola in Meidling ein. Dort hatte sich, „W. T. B.“ zufolge, der Kaiser Franz Joseph zur Begrüßung seiner hohen Gäste eingefunden, mit denen er die Fahrt nach Penzing fortsetzte. Hier hatten sich zum Empfange versammelt sämtliche in Wien weilenden Erzherzöge und Erzherzoginnen, der Korpskommandeur, Feldzeugmeister Fiedler, der Stadtkommandant, Generalmasor Hofmann, der Statthalter Graf Kielmannsegg, der olizeipräsident, der Bürgermeister Dr. Lueger, der den deutschen Fürsten zu⸗ geteilte rendienst, eine Ehrenkompagnie des 51. Infan⸗ terieregiments mit Fahne, Musik und den reglements⸗ mäßigen Vorgesetzten, er die Herren der deutschen Botschaft, der deutsche Staatssekretär des Auswärtigen Amis von Schoen, der österreichisch⸗ungarische Botschafter in Berlin von Szoegenyi⸗Marich, der deutsche Generalkonsul 8. von Liebig, der deutsche Konsul von Vivinot,

ertreter der reichsdeutschen Vereine in Wien und der Offiziers⸗ vereinigung des Beurlaubtenstandes sowie zahlreiche andere Persönlichkeiten. Punkt 10 Uhr langte der Kaiserliche Sonderzug im Penzinger Bahnhofe an. Nach gegenseitiger Begrüßung und Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie durch die beiden Kaiser fuhren die Allerhöchsten Herrschaften, denen die zu vielen Tausenden angesammelte Menschenmenge lebhafte Kund⸗ gebungen bereitete, nach Schönbrunn. 18 Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht heute ein Kaiserliches ndschreiben, betreffend die Ernennung des Abgeordneten Herdschc. Prade zum deutschen Landsmannminister.

Großbritannien und Irland.

s Un haus hat gestern den Gesetzentwurf, betreffend Errichtung einer neuen Kontrollbehörde im Hafen von London, in zweiter Lesung einstimmig angenommen. Hierauf stellte der . Lynch (liberal) die Anfrage, ob die Regierung mit Rücksicht auf die jüngsten Vorgänge an der indischen Grenze etwas von der Korrespondenz veröffentlichemn werde, die be⸗ züglich des englisch⸗russischen Vertrages zwischen der indischen Regierung und dem Emir gewechselt worden sein dürfte. Weiter fragte Lynch, ob die ierung, ehe sie noch irgend welche militärische Operationen auf afghanischem Gebiete vornehme, das Haus in Kenntnis setzen wolle von etwaigen Meinungsverschiedenheiten, die es zwischen dem Emir und der indischen Regierung gegeben haben dürfte. 4

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erwiderte der Unterstaats⸗ sekretär für Indien Buchanan, er müsse auf die erste Anfrage eine verneinende Antwort geben. Was die zweite Frage betreffe, würde es im Heaee 8' —2 Prgenmärtigen Ste 2 12, Dnge, an. der Grenze nicht im öffentlichen Interesse liegen, die ge Lynchs zu ob dem Emir ein Ersuchen bermittelt worden sei, dem englisch⸗russischen Vertrage beizustimmen. Er glaube, fuhr Buchanan fort, erkannt zu haben, wie in den letzten zehn

en alle Mitglieder des Hauses es vermieden hätten, Anfragen zu stellen, deren Beantwortung sehr ungelegen wäre. Er hoffe, das Haus werde ihn bei dieser Gelegenheit wenn er es aus dem erwähnten Grunde ablehne, die gestellte nfrage zu

beantworten. 8 In Beantwortung einer zweiten Interpellation erklärte der Unter⸗

staatssekretär, daß die Regierung keine Mitteilung erhalten habe, daß der Emir in einer Proklamation an die Afghanen ein Verbot erlassen habe, Feindseligkeiten gegen die englischen Streitkräfte zu unternehmen. „Aber die Regierung und ich“, so führte der Unterstaatssekretär weiter aus, „glauben, daß der Emir sich bemüht, seine Untertanen daran zu hinbern, an dem Aufstande teilzunehmen“. Bezüglich der Zakka Khels und der anderen Afridistämme erklärte Buchanan, daß diese treu ge⸗ blieben seien. Die Stammältesten der Zakka Khels seien sogar so weit gegangen, England ihre Dienste anzubieten. Das sei eine hoch⸗ befriedigende Rechtfertigung der Politik des Entgegenkommens, die beim Abschluß der Expedition gegen die Zakka Khels geübt worden sei. Was die allgemeine Lage im Bezirk Kybar anbetreffe, so sei der Angriff auf Landi Khotal gänzlich mißlungen und die afghanischen Stämme seien über die Grenze zurückgegangen, es sei aber noch nicht möglich, ein abschließendes Urteil für die Zukunft abzugeben. An der Grenze des Gebiets der Mohmands werde die Ankunft eines Unter⸗ händlers dieses Stammes erwartet.

Das ‚„Reutersche Bureau“ veröffentlicht über die Hal⸗ tung des Emirs von Afghanistan Mitteilungen einer Mistreß Winter, die als Aerztin nahezu zwei Jahre am Hofe des Emirs gelebt hat und jetzt nach England zurückgekehrt ist. Diese Mitteilungen enthalten vier Punkte von Wichtigkeit:

1) des Emirs absolute Loyalität gegen England und seine Würdigung des englisch⸗russischen Vertrags;

2) die Haltung des Prinzen Nasr⸗Ullah, eines Bruders des Emirs, der gegen den Emir eine scharfe Politit verfolge und gegen alles, was er als britische Neuerungen betrachte, intrigiere;

3) die Unfähigkeit des Emirs, diesem Ränkespiel zu begegnen, da es der allgemeinen Stimmung in Afghanistan entspreche;

4) die sehr beträchtliche Einfuhr von Waffen und Munition über Karachi nach Afghanistan.

Ferner wird mitgeteilt, daß in Afghanistan eine Zeitlang allgemeine Unruhe geherrscht habe, als der Emir im Mai vorigen Jahres nach Herat gegangen und erst im November nach Kabul zurückgekehrt sei. Während seiner Abwesenheit sei eine all⸗

gemeine Verschwörung angezettelt worden, deren Hauptanstifter Nasr⸗Ullah gewesen sei, der tatsächlich als Mullah aufgetreten wäre mit entschieden feindlicher Gesinnung gegen England. Nasr⸗Ullahs Ziel scheine zu sein, den Sturz des Emirs da⸗ durch herbeizuführen, daß er ihn in Verwicklung mit England verstricke. Die Nachricht von dem Abschluß des englisch⸗ russischen Vertrages sei während der Abwesenheit des Emirs nach Kabul gelangt und habe große Erregung verursacht. Der Emir würde den Vertrag schon seit lange unterzeichnet haben, wäre nicht von außen ein Druck auf ihn ausgeübt worden. Rußland.

Aus Anlaß des gestrigen Geburtstages der Kaiserin Alexandra Feodorowna wurde in Zarskoje⸗Sselo ein Festgottesdienst abgehalten, dem, „W. T. B.“ zufolge, der

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König von Schweden, die Königin b

Gr og von Hessen mit Gemahlin, das Kronprinzenpaar von Rumänien, die übrigen hohen Gäste und die Großfürsten beiwohnten. Nach Schluß des Gottesdienstes fand im großen Palais Frühstückstafel statt. *

Der Ministerrat hat die Beteiligung Rußlands an dem vom König von Italien in Rom gegründeten inter⸗ nationalen Landwirtschaftsinstitute beschlossen.

Bei dem auf den Gouverneur von Woronesch ver⸗ übten Bombenanschlag ist, „W. B. B.“ zufolge, entgegen der ersten Meldung der Gouverneur durch Bombensplitter am linken Bein und im Gesicht verletzt worden. Seine Gemahlin hat eine Quetschung an den Beinen erlitten. Die Person, welche die Bombe warf, eine unbekannte Frau, ist ebenfalls verletzt worden. *4†³ ——

Portugal.

Gestern hat die feierliche Eidesleistung und die Proklamation König Manuels II. im Sitzungssaale der Deputiertenkammer in Gegenwart der Pairs, der Abgeordneten, der hohen Beamten und des gesamten diplomatischen Korps stattgefunden. Der Präsident bot dem Köni Evangelium und Kruzifix dar, worauf dieser unter Verlesung des ent⸗ sprechenden Artikels der Verfassung den Eid leistete und sodann eine Ansprache hielt, in der er zunächst die schmerzlichen Er⸗ eignisse erwähnte, durch die er auf den Thron berufen sei, und dann, „W. T. B.“ zufolge, weiter ausführte:

Er habe den sesten Willen, dem von ihm geleisteten Eide treu zu bleiben, der seine ungen als konstitutioneller Monarch, der in der Liebe zum Frieden und zur nationalen Unabhängigkeit aufgewachsen sei, zum Ausdruck bringe. Er werde mit allen seinen Kräften für die Wohblfahrt des Landes wirken und die Gesetze gewissenhaft beobachten, und sein bester Lohn werde die Liebe seines Volkes sein.

Der Präsident der Pairskammer erwiderte darauf, das Parlament zolle den Versicherungen des Königs freudigen Dank und bringe ihm aufrichtig und loyal seine Huldigung dar. Alsdann proklamierte der Oberbannerträger Graf de S. Lourengo, von Herolden begleitet, den König vom Balkon herab. ie Menge vor dem Palais brach in lebhafte Ferf⸗ aus. Artilleriesalven aus der Festung und von den

chiffen verkündeten die Proklamation des Königs. Der König verließ darauf das Parlament und begab sich unter Geleit dem Palais Necessidades zurück. Belgien.

mm hat beschlossen, die Session morgen zu schließen. Am 2. Juni soll, „W. T. B.“ zufolge, in einer außerordentlichen Tagung die Beratung der Congodebatte ihren Fortgang nehmen.

8 Asien.

Eine etwa vierzig Mann starke, mit Gewehren 8 * 1. Chunchusenbande hat, laut Meldung des „W. B ein Dorf im Süd⸗Ussiribezirk überfallen und zwei chinesische Kaufleute mit sich fortgeführt. Die Zahl der Getöteten und Verwundeten ist noch nicht festgestellt. Obgleich Militär zur Verfolgung der Chunchusen sandt wurde, überfielen diese gestern zwei achtzehn Ki meter von der Station Ussuri entfernt liegende Dörfer. Ein herbeigeeiltes Militärkommando vertrieb sie, wobei dreißig

unchusen getötet, und oiner pexwundet wurde.

Chunchusen gerctegily gesegesoh“ aus Tolis meldet, ist der amerikanisch⸗japanische Schiedsvertrag, der bereits vor dem russisch⸗japanischen Kriege vorbereitet wurde, in unterzeichnet worden. Es ist dies der erste der⸗ artig Japan abgeschlossen hat.

Gegend von Battanbang sind Unruhen Es handelt sich, wie das „W. T. B.“ meldet, keineswegs politischer Natur sind.

Afrika.

Einer vom „Reuterschen Bureau“ verbreiteten amtlichen Meldung zufolge ae Hafid unter den Beifalls⸗ kundgebungen der ölkerung und dem Salut der Geschütze seinen Einzug in Mekines gehalten. Von dort aus wird er nach Fes marschieren, das nur fünf Wegstunden ent⸗ fernt ist.

Der Gebirge die stammes zurü gebracht habe.

ausgebrochen. . um lokale Unruhen, die

General d'Amade meldet, daß seine Kolonne im

widerspenstigen Teile des Mdakra⸗ ckgeworfen und ihnen ernste Verluste bei⸗

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Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Der heutigen 152. Sitzung des Reichstags wohnten der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Reichsjustiz⸗ amts Dr. Nieberdin 8. der Staatssekretär des Reichs⸗ postamts Kraetke und der Staatssekretär des Reichskolonial⸗ amts Dernburg bei.

Vor Eintritt in Fischer⸗Berlin (Soz.) fest, daß er gestern versehentlich bei der namentlichen Abstimmung eine auf den Namen des Abg. Singer lautende Stimmkarte abgegeben hat, sodaß in der Abstimmungsliste der fehlende Abg. Singer als mitstimmend, der Abg. Fischer als fehlend aufgeführt ist.

Das Haus erklärte zunächst eine Anzahl von Petitionen, welche die Petitionskommission zur Erörterung im Plenum für nicht geeignet befunden hatte, füͤr erledigt und nahm sodann den Antrag auf Vertagung des Reichstags bis zum 20. Oktober in einmaliger Beratung ohne Debatte ein⸗ stimmig an.

Namens der Geschäftsordnungskommission berichtete der Abg. Dr. Junck (nl.) über mehrere Anträge von Gerichten, Rechtsanwälten und Privatpersonen auf Erteilung der Ge⸗ nehmigung zur Strafverfolgung der Abgg. Dr. Schädler Zentr.), Brey (Soz.), Spethmann fr. Volksp.) und

ruhn (d. Rfp.) in dem 1““ Dem Kommissionsantrage gemäß wurde in den Fällen Schädler, Brey und Spethmann die nachgesuchte Genehmigung erteilt, dagegen im Falle Bruhn ee da der Antragsteller,

die stellte der Abg.

Schriftsteller Plack⸗Podgorski, zur Sache nicht legitimiert und an derselben überhaupt nicht beteiligt ist.

Die internationalen Abkommen über das Verbot der Nachtarbeit der gewerblichen Arbeiterinnen und über das Verbot der Verwendung von weißem (gelbem)

Phosphor zur Anfertigung von

in dritter Lesung ohne Beratung auf Antrag des Abg. von Normann (bons.) endgültig genehmigt, ebenso die drei Ab⸗ kommen über das Internationale Privatrecht, und zwar über die zivilrechtlichen Wirkungen der Ehe, über die Entmündigung und über den Zivilprozeß, sowie der Gesetzentwu den Zivilprozeß.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Stempelabgabe von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge ausländischer Besitzer, gelangte in dritter Lesung ohne Diskussion unver⸗

ändert zur endgültigen Annahme.

Es folgte die dritte Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung im Münzwesen. In zweiter Lesung ist die Einführung eines 25 ₰⸗Stückes und die Erhöhung der Kopf⸗ quote für Silberscheidemünzen nach dem Entwurfe von 15 auf 20 ℳ, daneben aber auch die Neueinführung eines Dreimark⸗ stückes als weiterer Silberscheidemünze beschlossen worden.

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow: Der Bundesrat hat zu dem Beschluß zweiter Lesung, ein 3 ℳ⸗Stück in die Reibe der Scheidemünzen neu aufzunehmen, Stellung ge⸗ nommen. Die Mehrheit der verbündeten Regierungen hat ein Be⸗ dürfnis zur Einführung einer weiteren Scheidemünze nicht anerkannt. Die Gründe hierfür sind folgende: Daß die große Mehrheit der Handelskammern und eine Reihe weiterer Korporationen gegen die Einführung eines 3 ℳ⸗Stückes ne haben, läßt erkennen, daß in weiteren Kreisen des Handels die Einführung nicht für nötig gehalten wird. Auf der anderen Seite ist anzuerkennen, daß Landwirtschaft und Handwerk die Einführung wünschen, aber das ist nur ein geringer Teil. Besonders im Süden und Südwesten besteht ein solcher Wunsch nicht. Die b ist der Meinung, daß eine weitere Vermehrung unserer Scheidemünzen umsomehr vermieden werden soll, als durch das 25 J⸗Stück ohne⸗ hin eine neue Scheidemünze hinzukommt. Zudem würden die Be⸗ dem 5 ℳ⸗Stück eine bessere Form zu geben, erschwert werden. 8

Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Ich kann mein lebhaftes Be dauern über diesen Bundesratsbeschluß nicht unterdrücken. Ich t wissen, wie sich Preußen zu der Frage gestellt hat. Auch die Industri hat sich für das 3 ℳ⸗Stück ausgesprochen. verhältnisse sind wesentlich mit auf die Einziehung des Talers zurück zuführen. Die Beschlüsse der sind zu einer Zeit

efaßt, wo das 3 ℳ⸗Stück noch Währungsmünze war; jetzt würden di Kasndelskammern ganz anders urteilen.é Ich habe mehr Fühlung mi industriellen Kreisen als wahrscheinlich alle Bundesratsmitglieder zu⸗ sammengenommen. Berliner Bankiers mag das 3 ℳ. Stück un bequem sein, aber das ist nicht ausschlaggebend. Ein handliches 5 Stück hat man bisher überhaupt nicht ge Regierungen haben dafür und welche dagegen gestimmt? men müssen auch gewogen werden. Nehmen Sie das 3 Stück auch jetzt wieder an, wie wir es in zweiter Lesung angenommen haben. 9

Abg. Kirsch (Zentr.): Der Staats Töne anzuschlagen, in diesem Fall hat er aber n t erklärt, daß die Vorlage für die Regierung unannehmbar sei, und deshalb bitte ich, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung ju belassen.

Abg. Raab (wirtsch. Vgg.): Der Bundesrat erkennt kein Bedürfnis für das Dreimarkstück an; wir sind im Reichstag daz da, die Erkenntnis des Bundesrats zu ergänzen. als Männer der Praxis ein Bedürfnis anerkennen, Bundesrat uns dafür dankbar sein müssen, auf stückweiser Erkenntnis beruhende Anschauung Der Bundesrat wünscht keine . schlägt uns aber selbst das 25 Z⸗Stück vor, das von einer viel kleineren Minderheit verlangt wird. Erwidern Sie den Gruß des Bundesrats mit der gleichen Freundlichkeit und bleiben Sie

zweiten Lesung! 3 zwischen ist ein Antrag der Abgg. Dr. Abla * (fr. Volksp.) und Genossen eingegangen, die Vorlage nach den Beschlüssen der Kommission wieder herzustellen, also das Dreimarkstück zu streichen. 5

Abg. Ledebour sprach kurz gegen den Beschluß zweiter Lesung, war aber nur schwer durch den Lärm hindurch ju hören. Er bemerkte u. a., daß seine Partei einmal in der angenehmen Lage sei, mit der Mehrheit des Bundesrats übereinstimmen zu können.

Abg. Graf Kanitz (d.⸗kons): Ich will dem Vorredner das ange⸗ nehme Gefühl, mit der Mehrheit des Bundesrats übereinzustimmen, nicht schmälern. Ich erkläre nur, daß wir eemäß den Ausführungen des Abg. von Gamp für die Arfrechterbaltung des Beschlusses zweiter Lesung sind und gegen den Antrag Ablaß stimmen werden. Wenn die Vorlage daran schentert so werden wir die Verantwortung den verbündeten Regierungen überlassen. Ich beantrage die namentliche Abstimmung.

Während der Ausführungen der folgenden beiden Redner dauerte unausgesetzt die laute Unterhaltung und der Lärm im ganzen Saale fort, sodaß nur wenige Worte von den Rednern zu verstehen waren; auch der Präsident Graf zu Stolberg bemühte sich vergeblich, mit der Glocke einigermaßen Ruhe zu

schaffen .

Dr. Goller (fr. Volksp.) erwiderte dem Abg. Gamp, daß dieser 8 nicht die Beziehungen zu industriellen Kreisen zu haben scheine, deren er sich gerühmt habe, und verwies auf das Votum der Handelskammer von Haybeuth gegen das Dreimarkstück.

Abg. Dove (fr. Vgg.) bemerkte, daß es sich nur um die alten bimetallistischen Wünsche handle, und empfahl den Antrag Ablaß.

Damit schloß die Diskussion. Die namentliche Abstimmung über den Antrag Ablaß vollzog sich unter fortdauerndem Lärm. Die Streichung des Dreimarkstücks wurde mit 178 gegen 94 Stimmen abgelehnt. Das Ergebnis wurde von der Mehrheit mit demonstrativem Jubel aufgenommen; auch im übrigen wurde die Vorlage im 15 2 und darauf im ganzen nach dem Beschlusse zweiter Lesung angenommen.

Der dritte Nachtrag zum Reichshaushaltsetat für 1908 (Teuerungszulagen) wurde in dritter Lesung un⸗ verändert ohne Debatte endgültig angenommen, desgleichen der vierte Nachtrag (Ostmarkenzulagen). Ebenso nahm das Haus auf Antrag des Abg. von Normann en loc die Nach⸗ tragsetats, beiressend die neuen Kolonialbahnen, definitiv in dritter Lesung an.

Es folgte die dritte Beratung des Gesetzentwurfs übe⸗ den Versicherungsvertrag, des zugehörigen Einführun gesetzes und einer Novelle zum Handelsgesetzbuch bezüglich der Vorschriften über die Seeversicherung.

In der Generaldiskussion bemerkte der

Abg. von Dirksen (Rp.): Der Abg. Severing hat behauptet, in verschiedenen Fällen wären Arbeiter von Krupp entlassen und Uum ihre Beiträge gekommen. Wo das der Fall gewesen ist, handelte es sich um solche Arbeiter, die sich grob vergangen hatten. Wenn wegen Mangels an Aufträgen stärkere Arbheiter⸗ entlassungen vorgenommen werden mußten, so hat die Firma aus Billigkeitsrücksichten solchen Arbeitern e,. gemacht, die den Betrag von 7 Millionen erreicht haben, sodaß Härten nicht vorgekommen sind. Endlich kann ich nachweisen, daß das vom 8 Giesberts erwähnte Urteil des Gewerbegerichts in Essen, wonach d Bestimmungen der Kruppschen Pensionskasse gegen die guten Sitten verstoßen, durch ein späteres Urteil, das das Gegenteil feststellt, hin⸗

fällig geworden ist.

1 Mommsen (fr. Bn. Hefe gegenüber dem Abg. Severing fest, daß bei den Siemens⸗Schuckertwerken kein Zusammenhang zwischen und Unterstützungskassen bestehe. Die Unter⸗

so wird der

zur Ausführung des Abkommens über

Die schwierigen Geld-

wenn wir seine nur berichtigen. weitere Stückelung in den Münzen

Die Mehrheit der verbündeten Regierungen

Wenn wir

8 zu Artikel 1 und 2 aufrecht erhalten. 1 aodler

Maße und Gewichte und besagt am Schluß, zur Eichung zuzulassen sind: „F

im Bergwerksbetriebe ohne R Die Worte „im Bergwerksbetrieb“ wurden gemäß einem An⸗ trag Delbrück⸗Neuner⸗von Kaphengst

Spezialdebatte nicht. hier die Gesamtabstimmung vorgenommen, welche die An⸗

ungskassen seien Eintichtungen der Arbeiter, während die Pensions⸗

kassen von der Firma begründet seien und die Arbeiter in ihnen bei den Pensionen e119 2 hätten.

Severing (Soz.) blieb dabei, daß seine Ausführungen in

zweiter Lesung nicht tendenzis gewesen seien. Er werde im Herbst

darauf zurück kommen. (Soz.) verteidigte ebenfalls die Auffassung des

Abg. Hengsbach Vorredners.

„Nach einigen Ausführungen des Sg Gie be (Zentr.) wurden auf Antrag Wellstein sämtliche Vorlagen en bloc an⸗ genommen.

Der Gesetzentwurf, betreffend Aenderung des § 833 des B. G⸗B. (Haftung des Tierhalters), wurde in dritter Beratung ohne Diskussion endgültig unverändert nach der Vorlage genehmigt.

Die Vorlage wegen Aenderung des § 63 des Han⸗ delsgesetzbuchs hat der Reichstag in zweiter Lesung ent⸗ sprechend dem Kommissionsantrage faf einstimmig dahin abgeändert, daß der Handlungsgehilfe im Falle der Erkrankung den Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts für sechs Wochen erhält, aber (entgegen dem Vorschlage des nicht verpflichtet sein soll, sich das Krankengeld auf das Gehalt anrechnen zu lassen. Dieser Beschluß wurde in dritter Beratung ohne Diskussion bestätigt und die Vorlage in dieser Fassung endgültig angenommen. 8

In dritter Lesung wurden ferner der Gesetzentwurf wegen Erleichterung des Wechselprotestes und der zweite Nachtrag zum Reichshaushaltsetat für 1908 (Postscheck) nach den Beschlüssen zweiter Lesung definitiv angenommen, ebenso der Gesetzentwurf wegen Gewährung einer ferneren Subvention an den Norddeutschen Lloyd nach den Beschlüssen zweiter Lesung (Herabsetzung der geforderten Sub⸗ vention von 500 000 auf 230 000 ℳ). 1

Es folgte die dritte Lesung der Novelle zur Gewerbe⸗ ordnung (Kleiner Befähigungsnachweis).

Hierzu lag ein von allen Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten unterstützter Antrag Dr. Wagner (d⸗kons.) vor, dem § 129 Absatz 3 Satz 1 folgende Fassung zu geben:

In Handwerksbetrieben, die nach dem Tode des Gewerbe⸗ treibenden für Rechnung der Witwe oder minderjähriger Erben fortgesetzt werden, sind bis zum Ablauf eines Jahres nach

dem Tode des Lehrherrn als Vertreter zur Anleitung von

Lehrlingen auch Personen befugt, die eine Meisterprüfung nicht be⸗ ftanden haben, sofern sie im übrigen den Anforderungen des Absatz 1 Satz 2 (das heißt, wenn 8 entweder die Lehrzeit zurückgelegt und

die Gesellenprüfung bestanden haben, oder fünf Jahre hindurch per⸗

sönlich das Han selbständig ausgeübt haben oder während einer gleich langen Zeit als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen 62 entsprechen.

Abg. Albrecht (Soz.) erklärte, daß seine Partei nach wie vor

egen das Gesetz stimme. Auch die Handwerker würden, wenn das Fefet vielleicht 10 Jahre bestehe, dagegen sein. Gegen den Antrag Wagner sei nichts einzuwenden, da er nur eine redaktionelle Aenderung bedeute. Der Redner widersprach dann ferner den Ausführungen des Abg. Rieseberg über das Verhalten der Sozialdemokratie in dessen Wahlkreise und deren Sturm auf den Bäckerladen des Abg. Rieseberg. eehes. war aber im einzelnen bei der Unruhe des Hauses nicht verständlich.

Abg. Lehmann⸗Wiesbaden (Soz.) kam auf seine Auseinander⸗ setz mit dem Rieseberg wegen der Lehrlingszüchterei zurück gn; alle seine Angaben über die große Zahl der Lehrlinge in den Bäckereien auch gegenüber den angeblich amtlichen Zahlen des

Abg. Rieseberg aufrecht. Abg. Dr. Wagner (dkons.) befürwortete kurz seinen Antrag, ichtigere Form bringe, worüber alle Parteien

der lediglich das in eine inig sgkerRi,seberg (vittsch. Bgg), stellte als Tatsache gegenüber eseberg . Vgg.) ste atsache gegen den Ausführungen des Abg. recht über den Ladensturm 82 daß . der Stichwahl, nachdem die Sozialdemokratie den Abg. echt durchgebracht hätte, acht Mann von den Sozialdemokraten unter dem größten Skandal in seinen Laden eingedrungen seien. Die Sozialdemokraten hätten damit den Befähigungsnachweis erwiesen, den Handwerkern eins zu versetzen. Der Abg. Lehmann solle nur das Stenogramm seiner eigenen früheren Rede hier vorlesen, dann würde man sehen, seine Angaben gegenüber dem authentischen Material, das er, Redner, selbst vorgebracht habe, falsch seien. 8 . Damit schloß die Generaldiskussion. In der Spezialdiskussion wurde die Vorlage mit dem Antrag Wagner im einzelnen und sodann im ganzen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten definitiv genehmigt. Es folgte die dritte Lesung der Novelle zu Vogelschutz⸗

gesetz. B lag der Antrag des Abg. von Maltzan 22 vor, das Verbot des Dohnenstiegs erst dann dur aiserliche Verordnung in Wirksamkeit zu setzen, wenn si Italienk der Pariser Konvention von 1902 angeschlossen habe. In der Einzelberatung wurden die Beschlüsse zweiter 1 Ein Antrag olff⸗Metternich, der auch die Schrei⸗ und See⸗ dem Vogelschutzgesetz unterstellen und das in zweiter Lesung beschlossene Verbot des Dohnenstiegs wieder streichen will, wurde abgelehnt. Zu Artikel III, nach dem das Gesetz am 1. September 1908 in Kraft treten soll, lag der vorerwähnte Antrag von Maltzan vor; eine Diskussion fand nicht statt. In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag von Maltzan mit 225 gegen 68 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab⸗ Plehnt, die Vorlage im übrigen nach den Beschlüssen zweiter Lesung und sodann im ganzen endgültig angenommen. Ebenso

n

der Gesetzentwurf auf Abänderung der Gewerbeordnung,

der auch den Handel mit lebenden Vögeln den Be⸗ schränkungen des § 35 G.⸗O. unterwerfen will.

Es folgte die dritte Lesung des Entwurfs einer Maß⸗

und Gewichtsordnung.

In der , n eerer wurden die §§ 6 und 7 verbunden nd nach einer Bemerkung des Abg. Sachse (Soz.), die auf

der Journalistentribüne unverständlich blieb, und einer Er⸗ widerung Jonquisres unverändert nach der Vorlage angenommen.

des Direktors im Reichsamt des Innern von zuzulassenden daß außerdem örderwagen und Fördergefäße ücksicht auf den Raumgehalts.

14 trifft Bestimmung über die zur Eichung

.

estrichen. Eine weitere Abänderung erfuhr die Vorlage in der Ohne Widerspruch wurde sofort auch

nahme der Vorlage mit sehr großer Mehrheit ergab. t Auf Antrag der Abgg. Spethmann u. Gen. ist am 13. März eine Kommission zur Prüfung des Planes einer

aus privaten Mitteln zu schaffenden Kanalverbindung der Eckernförder Bucht und event. der Kaiser Wilhelm⸗Kanal unter Abschluß einer Tarif⸗

Schlei mit dem

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gemeinschaft zwischen der Baugesellschaft und dem Reich nieder⸗ geses worden. Die 27. Pefeschaht beantragt, folgende esolution dem Reichskanzler zur Erwägung zu uͤberweisen: Die Kommission spricht die Erwartung aus, daß in Anbetracht der am Kaiser Wilhelm⸗Kanal geplanten Erweiterungsbauten das Reich zur Züt keine Veranlassung hat, den Bau eines Kanals von der Eckernförder Bucht bis Gruhl selbst zu übernehmen. Die Kommission ist ferner der daß polizeiliche Genehmigung dieses Kanalprojekts eine preußische An⸗ it ist. Die Kommission erachtet dagegen die Wirkungen, die für die Reichskanalverwaltung aus der Genehmigung des Anschlusses an den Kaiser Wilhelm⸗Kanal entstehen könnten, nicht 8 so erheblich, daß sie es sollte, die Genehmigung r den Fall zu befürworten, 1) der Unternehmer den Nachweis führt, daß ihm die für den Bau und den ordnungsmäßigen Betrieb erforderlichen Gelder zur Verfügung stehen; 2) die ordnungs⸗ mäßige Ausführung gesichert ist; 3) für das Reich annehmbare Vor⸗ schläge zu einem Tarifabkommen g. t werden; 4) die im übrigen 1 Reichsregierung notwendig zu den Bedingungen erfüllt Die Petition des Kreisausschusses des Kreises Eckernförde soll dem Reichskanzler als Material überwiesen werden. Ueber die Petition der Bürgermeister von Eckernförde, Husum und Schleswig sowie der Handelskammer zu Flensburg wird Uebergang zur Tagesordnung

empfohlen.

Ohne Diskussion gelangten die Kommissionsanträge durch⸗

weg zur Annahme. 3 8 Damit war die Tagesordnung erledigt. 8

Präsident Graf ju St21 erode bemerkte, daß der Reichstag damit am Schluß dieses ungsabschnittes stehe; es sei nicht zweckmäßig, schon heute Tag und nung für die nächste Sitzung vorzuschlagen. Er erbat und erhielt deshalb die Ermächtigung, Tag und Tagesordnung der nächsten Sitzung festzusetzen sowie ferner mit Rücksicht darauf, daß die Kommission für die große Gewerbeord⸗ nungsnovelle ihre Arbeiten in bst früh wieder auf⸗ nehmen wolle, die Ermächtigun Ausscheiden von Kommissions⸗ mitgliedern andere dafür zu kerrfen, so lange noch keine Plenar⸗ sitzungen stattfänden.

Bassermann (nl), zur Geschäftsordnung: Nach an⸗ strengender Tagung, in welcher der Reichstag eine Reihe wichtiger gesetz⸗ erledigen konnte, stehen wir unmittelbar vor dem

intritt in die wohlverdienten Ferien. Große Anforderungen hat diese Session den A mneten, vor allem aber der Leitung des Hauses, gestellt. Ich gestatte mir ich darf diese Worte wohl im Namen des Hauses sprechen dem Präsidenten die sachgemäße, wohlwollende und unparteiische Führung der Geschäfte des Hass unsern herzlichen Dank zu sagen. äsident Graf zu Stolberg⸗Wernigerode: Ich bin dem Vorredner sehr dankbar für die Worte, die er gesprochen hat, und ich bitte, Ihnen allen danken zu dürfen, daß Sie diesen Worten beigetreten sind. Ich bin gezwungen gewesen, ungewöhnlich große Anforderungen an Ihre Arbeitskraft und Ihre Arbeitswilligkeit zu stellen, und ich danke Ihnen dafür, daß Sie diesen Anforderungen stets bereitwillig nachgekommen sind. Ich bin nach besten Kräften bemüht gewesen, die Geschäfte des ses zu fördern, und soweit mir dies gelungen ist, danke ich für Ihre Unterstützung; ich danke insonderheit den Vize⸗ präsidenten und den ; srern und dem gesamten Vorstande, ich danke aber vor allen gen Ihnen allen für die Unterstützung, die

Sie mir gewährt haben. Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Beth⸗

mann Hollweg: Ich habe dem Reichstage eine Allerhöchste

mitzuteilen (die Mitglieder des Haufes erheben sich),

ie lautet: .

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

König von Preußen usc., 8

verordnen auf Grund der Artikel 12 und 26 der Verfassung mit Zu⸗

stimmung des Reichstags im Namen des Reichs, was folgt:

§ 1. Der Reichstag wird bis zum 20. Oktober d. J. vertagt.

§ 2. Der Reichskanzler wird mit der Ausführung dieser Ver⸗ ordnung beauftragt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben an Bord Meiner Jacht „Hohenzollern“, den 4. Mai 1908.

(gez.) Wilhelm. (ggez.) von Bethmann Hollweg.

Ich habe die Ehre, die Urkunde dem Herrn Präsidenten zu überreichen.

Präsident Graf zu SeIen. Wir aber gehen auseinander mit dem Ruf (die Sozlaldemokraten verlassen den Saal): Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König Wilhelm der Zweite von ers. lebe hoch! (Das Haus dreimal lebhaft in den

uf ein.) 11“ .68“8 Schluß 12 ½ Uhr. 3

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(Settatistik und Volkswirtschaft.

Die Tätigkeit der deutschen Handwerkskammern

Die Handwerkskammern, die durch das Gesetz vom 26. Juli 1897 neu geschaffen und erst am 1. April 1900 in Wirksamkeit getreten sind, hatten vor der schon mehrfach erwähnten Erhebung über die Wirkungen des Handwerkergesetzes, die am Anfang des Jahres 1905 stattfand, ihre vo irksamkeit noch nicht ganz entfalten können. Wie aus in Berichten der Handwerkskammern und den Verhandlungen der Handwerks. und Gewerbe⸗ kammertage hervorgeht, haben die Handwerkskammern und die im Königreich Sachsen wie in den Hansestädten an deren Stelle be⸗ stehenden Gewerbekammern gerade in den letzten hbeiden Jahren ihre Tätigkeit auf dem Gebiete der Förderung der wirtschaftlichen Lage des Handwerks und des gewerblichen Bildungswesens wesentlich gesteigert und erweitert. Auf Anregung des Handwerks⸗ und erbe⸗ kammertages hat daher der Staatssekretär des Innern im vergangenen Jahre eine nachträgliche Erhebung über die Tätigkeit und die Erfolge der Handwerkskammern in der letzten Zeit veranlaßt. Als Stichtag ist der 31. Oktober 1907 gewählt worden. Die Bearbeitung des durch die öee. erhaltenen Materials übernahm wiederum das Kaiserliche Statistische Amt (Abteilung für Arbeiterversicherung), das deren Ergebnisse in einem 31 Seiten umfassenden Anhange zu seiner Fean 8 über die Wirkungen des Handwerkergesetzes nieder⸗ geleg

Es bestehen im Deutschen Reiche 63 Handwerkskammern und 8 (im Königreich Sachsen sowie in den Hansestädten an deren Stelle wirkende) Gewerbekammern. Von den Kammern waren Ende Oktober 1907 3127 Beauftragte zur Ueberwachung der Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften in den zu den Hand⸗ werkerinnungen gehörigen Betrieben und der für die Unterkunft der Lehrlinge bestimmten Räume bestellt. Es wurden von den Kammern im letzten Rechnungsjahre 3259 Gutachten über Fragen, die das Hand⸗ werk berühren, abgegeben. 2743 Eingaben, Wünsche und Anträge wurden von ihnen den Behörden cgt. 3816 in anderer Weise erledigt und 130 399 mündliche Auskünfte erteilt. Die Zahl der Ein⸗ und Ausgänge, welche die Inanspruchnahme der Kammern nachweist, ist von Jahr zu Jahr gestiegen und betrug 1906 596 602 Journalnummein Eingang und 820 134

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im Ausgang. Bei den Kammern anden im 1907 12 297 Prüfungsausschüsse zur Abnahme der Gesellenprüfung;

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die landes⸗

der Lehrlinge vereinnahmte die Kammer 461 951 ℳ.

vor ihnen haben sich im Rechnungsjahre 1906 50 728 Lehrlinge der Gesellenprüfung unterzogen, die 959 nicht bestanden. Bei allen Kammern usammen bestanden 5308 Meisterprüͤfungskommissionen, vor denen sich 8228 selbständige Handwerker ünd Gesellen der Meisterprüfung unterzogen. Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens be alle Kammern erlassen. Von 4 Kammern sind 21 Schulen errichtet und von 52 Kammern 293 Schulen unterstützt worden. Alle Kammern haben Veranstal⸗ tungen zur gewerblichen, technischen und fittlichen Ausbildung von Meistern, Gesellen und Lehrlingen, z. B. Meister⸗ und Buch⸗ führungskurse, Ausstellungen usw., getroffen. Ferner sind von ihnen 18 Sterbe⸗ usw. Kassen, 24 Lehrlingsheime und 20 Auskunftsstellen geschaffen worden; 59 Kammern haben Abkommen mit Versicherungs⸗ gesellschaften getroffen, die den Handwerkern Vergünstigungen gewähren. Arbeitsnachweise waren von 3 Kammern eingerichtet, und 14 Kamniern sich mit Lehrftellenvermittlung beeg. Has. verständigeninstitute bestanden bei 10 Kammern. Die men Kammern beliefen sich auf 2,83 Millionen Mark,

denen 1,45 Million Mark durch Beiträge der Gemeinden und der Gewerbetreibenden aufgebracht wurden. Für Ge⸗ sellen⸗ und Meisterprüfung und das Ein⸗ und 2

e Aus⸗ gaben betrugen 2,41 Millionen Mark, von denen 1,23 Million auf Verwaltungskosten und 0,93 Million Mark auf Ausgaben für besondere Veranstaltungen entfallen; darunter waren 35 272 Ausgaben für Schulzwecke, 167 534 für Meister⸗ usw. Kurse, 23 108 für Ausstellung von Lehrlingsarbeiten, 362 819 für Prüfungsausschüsse und kommissionen und 23 697 zur Förderung des Genossenschaftswesens. Die Altiva beliefen sich auf 2,26 ionen Mark, denen 0,92 Million Mark Fallene gegenüberstanden. Der Ueberschuß der Aktiva über die Passiva betrug 1,34 üion Mark. Es hatten am Schluß des Rechnungsjahres 1906 33 Kammern 50 122 5— Serftemgen. des Kalserlichen

1 ie in der Denkschrift des Kaiser Statistischen Amts betont wird, entziehen sich bei ei derartigen Erhebung erklärlicherweise einer zahlenmäßigen Darstellung alle diejenigen Fälle, in denen d Handwerkskammern, wie überhaupt die Handwerkerorganisationen, die Förderung des Handwerks sich nicht durch Geld⸗ unterstützungen und andere äußerlich hervortretende Mittel, sondern auf dem weniger in die Erscheinung tretenden, aber nicht minder erfolgreichen Wege der Anregung, Raterteilung haben angelegen sein lassen. Das Ergebnis der Umfrage kann jedenfalls dahin zu⸗ sammengefaßt werden, daß duechweg die Handwerkskammern erfolg⸗ reich gearbeitet und sich entschieden bewährt haben.

von

““ Zur Arbeiterbewegung. Da die organisierten Maurer und Zimmerer Breslaus sich weigern, den in Berlin gefällten Schiedsspruch der Unparteiischen anzunehmen, hat der Vorstand des Breslauer Arbeiterverbandes, wie die „Schles. Ztg.“ mitteilt, beschlossen, seiner für morgen, Freit einzuberufenden Generabversammlung die Aussperrung aller organi⸗ sierten Maurer und Zimmerer für Montag ju empfehlen, falls bis morgen mittag Annahme des Schiedsspru nicht erfolgt sei.

In Cassel sind, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, een einer Polizeiverordnung, die das Scheuklappentragen der Drof ferde verbietet, die Droschkenkutscher in den Ausstand getreten. Die Droschkenbesitzer weigern sich, die Scheuklappen zu entfernen.

Die Maler,. und Tünchergehilfen von Nürnberg und

ürth haben, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, den in Berlin ge⸗ ällten Schiedsspruch (val. Nr. 103 d. Bl.) über den Normal⸗ tarif und auch Angebote der dortigen Arbeitgeber abgelehnt. Es wird jedoch noch weiter verhandelt.

Aus Dresden meldet die „Lpz. Zig.“: Die Generalversamm⸗ lung des Arbeitgeber verbandes der sächsischen Mühlen⸗ industrie beschloß die Stillezung der Mühlen und Brot⸗ fabriken in Dresden und Umgegend, falls die Arbeiter der Firma Gebrüder Braune in Dölizs die am 4. Mai die Arbeit diese bis gestern mittag nicht wieder aufgenommen haben ollten.

Die Leipziger Maler⸗ und Lackierergehilfen stimmten,

der „Lpz. Ztg.“ zufolge, in einer Versammlung dem vereinbarten Normaltarif (pgl. Nr. 103 d. Bl.) zu und beauftragten die Ver⸗ bandsleitung, dafür Sorge zu tragen, daß bei den Vereinbarungen über die besonderen örtlichen Bestimmungen die J en der Arbeitnehmer gewahrt und gefördert werden. Wie in einer Versammlung der Leipziger Brunnenbauer berichtet wurde, haben die Gehilfen den Arbeitgebern einen neuen vor⸗ gelegt. in dem hauptsächlich eine Erhöhung des Stundenlohnes auf 55 bezw. 60 5 und die Regelung der Arbeitszeit gefordert wird. Die Arbeitgeber haben bisher auf den Tarif sowie auf ein ebe niss Die 8825 4 in 8 olution ihr Bedauern darüber aus, be 5 mit die gegenwärtige ungünstige Geschäftslage, den Eintritt 21 kampf auf bessere Zeiten zu vertagen. Aus London wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Der Aus⸗ schuß der Vereinigung der Baumwollspinnereibesitzer berief für den 15. Mai gesonderte Vers⸗ der er, die amerikanische bezieh ise ägpptische Baumwolle verwenden, um die Annahme eines pstems mit verkürzter Arbeitszeit in Erwägung zu ziehen. ..

Wohlfahrtspflege.

In diesen Tagen ist Heft 1 der „Schriften der Zentral stelle für Volkswohlfahrt (Neue Folge der „Schriften der tralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen“) erschienen. Es ent⸗ ält die in der ersten Konferenz der Zentralstelle im Oktober vorigen Jahres gehaltenen Vorträge zusammengefaßt unter dem Titel „Das Programm der Wohlfahrtspflege. Die Schrift wird durch eine theoretische Grundlegung über Gedanke und Ziel der Wohlfahrtspflege von Professor Dr. Stammler (Halle) eingeleitet. In er, logischer Gedankenfolge wird der Begriff der Wohlfahrtspflege als einer freien Tätigkeit zu einer sozialen Besserung, die durch Rechtseinwirkungen gerade nicht erreicht werden kann, festgelegt. Eine weite 1e-. eee der dieser freien Tätigkeit obliegenden Aufgaben, sowie Gesichtspunkte für ihre Durch⸗ führung enthält ein zweites Referat von Dr. von Erdberg Berlin). Im besonderen werden dann noch behandelt taat und die Wohlfahrtspflege’ von dem Geheimen Admira litätsrat Harms (Berlin), „die Kirche und die Wohlfahrts⸗ pflege“ von Pastor Scheffen (Berlin) und Direktor Dr. Hohn (M.⸗Gladbach), „die Kommunen und die Wohlfahrtspflege“ von Stadtrat Flesch (Frankfurt a. M.), „Die Korporationen (Vereine) und die Wohlfahrtspflege“ von Stadtrat Dr. Münsterberg (Berlin), „Der Unternehmer und die Wohlfahrtspflege“ von Fabrikbesitzer Rudolf Blanckertz (Berlin) und „die Privatperson und die Wohlfahrtspflege“ von Dr. A. Levy (Berlin). Für alle, die auf dem Gebiete der Wohl⸗ fahrtspflege arbeiten, dürfte die Schrift gerade wegen ihrer Behand⸗ lung der grundlegenden Fragen von höchstem Interesse setin.

Literatur.

Von dem „Bericht über die Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin in den Verwaltungsjahren 1901 bis 1905“ sähe Heymanns Verla hierselbst) ist der zweite Teil erschienen. Dieser

ehandelt in dreizehn Kapiteln die öffentlichen Einrichtungen für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln (Vieh⸗ und Schlacht⸗ hof, Fleischbeschau, Markthallen), die Einnahmen und Ausgaben des Stadlhaushalts in den Jahren 1901 bis 1905, das Kämmerei⸗ vermögen, die von der Bevölkerung erhobenen Steuern, die Ueber⸗ schüsse aus der Verwaltung der städtischen Werke, die in den Be⸗ richtsjahren der Stadtgemeinde zugeflossenen Dotationen, Renten

und gleichartigen Einkünfte, die Einnahmen aus der Veräußern städtischer Grundstücke und Gerechtsame, die städtischen Anleihen, d