1908 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 May 1908 18:00:01 GMT) scan diff

EE11“

Die Uebergangsbestimmungen 8) erhalten folgenden Frlat; b

Die Artikel II und VII des Pensionsgesetzes vom 27. Mai 1907 (G.⸗S. S. 95) finden auch auf diejenigen Beamten Anwendung, für deren Pensionierung Artikel I des mittels Allerhöchsten Erlasses vom 21. Januar 1892 Landesherrlich genehmigten Nachtrags zu den reglementarischen Bestimmungen des Kur⸗ und Neumärkischen Ritter⸗ schaftlichen Kredit⸗Instituts maßgebend geblieben ist.

Hinsichtlich der Witwen⸗ und Waisenfürsorge haben diese Beamten nochmals innerhalb einer von der Haupt.Ritterschafts⸗ Direktion fest⸗ zusetzenden Frist zu wählen, ob die älteren oder die durch gegenwärtigen Nachtrag ergänzten Senase 2 905 Landesherrlich genehmigten Nachtrags maßgebend sein sollen.

hestrlc,⸗ khte. a genst de Vonsöetien ir abfat2 und 3 der Uebergangsbestimmungen u verfahren.

8 Kur⸗ 898 Neumärkische Haupt⸗Ritterschafts Direktion. (Siegel.) Beglaubigt: 8— Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. von Arnim.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Der Kreistierarzt Traeger zu Belgard ist nach Berlin versetzt worden. 8

1

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.

An der Königlichen Luisenstiftung in Posen ist der bis⸗ herige Lehrer an der städtischen Lehrerinnenbildungsanstalt in Kolberg Martin Krüger als ordentlicher Seminarlehrer endgültig angestellt worden.

Bekanntmachung.

Das Stipendium der von dem zu Berlin verstorbenen Ge⸗ geimen Medizinalrat, Professor Dr. Joseph Mexyer testamentarisch begründeten Julius⸗Adelheid⸗Stiftung im Betrage von 240 oll für das Kalenderjahr 1909 an einen talentvollen, würdigen und dürftigen Studierenden des Baufaches jüdischen Glaubens

verliehen werden.

Geeignete Bewerber werden aufgefordert, ihre Gesuche bis zum 15. Juli d. J. an das Kuratorium genanpter Stifung, zu Händen des unterzeichneten Professors Dr. Kalischer in Berlin W. 15, Konstanzerstraße 2, einzureichen und ihnen beizufügen: 1

1) einen kurzen Lebenslauf,

2) eine Urkunde, daß Bewerber jüdischen Glaubens ist, 8

3) ein enetlicfs E1 mit spezieller Angabe der Vermögensverhältnisse des Bewerbersg,

4) ein Führungsattest von der Technischen Hochschule,

5) ein Zeugnis über Fleiß und Fortschritte während des Stucaenh. d.n 19. Mat 1908

erlin, den 19. Ma

1“X“ Das Kuratorium der Julius⸗Adelheid⸗Stiftung.

Martin Meyer. 1

VFPyrofessor Dr. Kalischer.

Preußen. Berlin, 20. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König, Aller⸗ höchstwelche heute vormittag von Wiesbaden hier wieder ein⸗ etroffen sind, hörten auf der Eisenbahnfahrt den Vortrag des Kriegeministers, Generals der Kavallerie von Einem. 1b

5

Botschafter in Washington Freiherr Speck von Sternburg hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Währenb seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Botschaft von dem Botschaftsrat Grafen von

Hatzfeldt⸗Wildenburg geführt.

Der Kaiserliche

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs⸗ eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ ietgesgeb nee deutscher Eisenbahnen für den Monat April 1908 veröffentlicht, auf die am Montag dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden isst.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkanonen⸗ boot „Tsingtau“ gestern von Canton nach Tungkun gegangen und beabsichtigt, heute nach Canton zurückzukehren.

Wiesbaden, 20. Mai. Seine Majestät der Kaiser und König hielt gestern vormittag, „W. T. B.“ zufolge eine Parade uber die Garnisonen Wiesbaden und Homburg v. d. Höhe vor dem Kurhause ab. Nach dem Abreiten der Fronten der aufgestellten Truppen nahm Seine Majestät einen Vorbeimarsch entgegen und kehrte an der Spitze der Fahnenkompagnie nach dem Schlosse zurück. Später fand daselbst bei Ihren Majestäten anläßlich des Geburts⸗ tages Seiner Majestät des Kaisers von Rußland eine E1 statt, an der der Reichskanzler Fürst von Bülow, der russische Botschafter Graf von der Osten⸗ Sacken, die Herren der russischen Botschaft, die direkten Vor⸗ esetzten und Kommandeure der Truppen, die in Parade ge⸗ rBe n. hatten, u. A. teilnahmen. Im Verlaufe der Tafel brachte Seine Majestät der Kaiser die Gesundheit des Kaisers von Rußland aus AeX““ 111.“

Die Kammer der Abgeordneten setzte g die Debatte über den Vollzug des Reichsvereinsgesetzes fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte der Abg. Cassel⸗ mann (liberal) aus, die ganze Debatte sei im Grunde über⸗ Fassig da alle mit den Anordnungen, welche die bayerische

egierung getroffen habe, einverstanden seien. Bei der Bekämpfung des Reichsvereinsgesetzes werde mit maßlosen Uebertreibungen ge⸗ arbeitet; tatsächlich bringe des ganze Gesetz für Bayern keine einzige Verschlechterung. Wenn die liberalen Parteien im Reichs⸗ tage das Gesetz abgelehnt hätten, so wären die zahlreichen frei⸗

und die vom Weinaltae vorgeschlagenen Resolutionen zu

1

hineingekommen. Der Minister von Brettreich aklärte im weiteren Verlauf der Sitzung, der Sprachenparagraph seri lediglich aus nationalen Gründen entstanden. Daß eine sonstige Einwirkung stattgefunden, habe der Staatssekretär des Innern bereits zweimal auf das bestimmteste für unrichtig erklärt. Jugendliche unter 18 Jahren seien zur Beurteilung von Fragen des öffentlichen. Lebens noch nicht in der Lage. Zur Regelung des Plakatwesens sei die bayerische Regierung bereit. Die Erlaubnis zum Anschlagen von Plakaten dürfe nur verweigert werden bei Verstößen gegen Gesetz, öffentliche Ordnung und gute Sitte. Bezüglich der Gewerkschaften bleibe alles beim alten. Die bayerische Regierung erachte sie als nicht politisch. 1

Der Gesetzentwurf über den Vollzug des Reichsvereins⸗ gesetzes wurde darauf einstimmig angenommen.

In der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses der Kammer der Abgeordneten kam auf Anregung des Referenten Abg. Dr. Schaedler die Frage des Eigentum⸗ verhältnisses der Walhalla bei Regensburg zur Sprache. Nach dem Willen König Ludwigs I. sollte die Walhalla dem neuen Deutschen Reiche übergehen werden. Fraglich aber sei, ob das Deutsche Reich, wie es im Jahre 1871 unter Ausschluß Oesterreichs gegründet worden sei, dem Reich entspreche, das König Ludwig im Auge gehabt habe. 8

Ber Kultusminister Dr. von Wehner erklärte, obiger Quelle zufolge, daß über diese Angelegenheit ein Gutachten des Kron Its eingefordert worden, aber noch nicht eingelaufen sei 8

1“.“ Oesterreich⸗Ungarn. Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern nach längerer Dehatte die Dringlichkeit des Antrages Schraffl

Gunsten der von einem Notstande betroffenen weinbautreibenden Bevölkerung angenommen. Vor Schluß der Situng brachte, „W. T. B.“ zufolge, der Sozialdemokrat Nemec den vor⸗ gestern abend in Prag auf den böhmischen Sozialdemokraten Sveceny von den Ischechisch⸗Radikalen unternommenen Ueberfall ur Füech Mehrere böhmische Sozialdemokraten stürzten siich gegen die Bank, auf der Klofac sich befand, und ver⸗ suchten, auf ihn einzudringen. Es gelang jedoch, Tätlichkeiten zu verhindern. b Nach einer langen, tumultuosen Szene sprach der Präsident Weiskirchner sein tiefstes Bedauern über den Vorfall sowie darüber aus, daß politische Kämpfe nicht mit den Waffen des Geistes ausgetragen werden. Er erklärte, den Fall der Obmännerkonferenz unterbreiten zu wollen und an sie zu appellieren, auf die Klubgenossen im Sinne des Friedens und der Versöhnung einwirken zu wollen. Der Abg. Klofac erklärte, er sei gegen Feinde stets loyal gewesen; er habe den Vorfall selbst mißbilligt. . Unter dem Vorsitz des Obmanns des Neunerausschusses Sylvester haben gestern abend in Wien die deutschfrei⸗ heitlichen Parteien des Abgeordnetenhauses eine Vollversammlung abgehalten, an der auch die Minister Dr. Derschatta, Dr. Marchet und Prade teilnahmen. Nach längerer Debatte wurde, obiger Quelle zufolge, eine Resolution ein⸗ stimmig angenommen, in der die Entrüstung der Parteien über den von den klerikalen Abgeordneten veranstalteten Ein⸗ bruch in die Grazer Mainersität sowie über die Ge⸗ walttätigkeiten der †. 11, [2len Studenten in Inns⸗ bruck ausgesprochen wird. ver Resolution heißt es weiter: Die Versammlung setzt volles Vertrauen in den Unterrichts⸗ minister, daß er die Freiheit der Wissenschaft schützen und dem Gesetz Achtung verschaffen wird. Den Professoren der Hochschulen wird für ihr entschiedenes und würdevolles Vorgehen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der Hochschulen der wärmste Dank ausgesprochen. 2 Die antideutschen Kundgebungen haben sich gestern abend in Prag bei der deutschen Turnhalle erneuert. Die Demonstranten wurden von der Polizei zerstreut und 15 Verhaftungen vorgenommen. 28 Im ungarischen Abgeordnetenhause kündigte gestern der Landwirtschaftsminister Daranyi einen Gesetz⸗ entwurf über Parzellierung an, durch den Rentengüter eschaffen und ga higenossenschaßten gebildet werden sollen, sener ein Gesetz über Landwirtschaftskammern, einen Untrag auf jährliche Zuwendung von 650 000 Kronen zur Förderung der Viehzucht und Weidewirtschaft und 1 ließlich eine Gesetzesvorlage, betreffend die industrielle Ve tung der Wasserkräfte.

Grroßbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses bat der Abg. Ashley (Kons.) die Regierung um Mitteilungen über die Fortschritte in den Verhandlungen zwischen der englischen und russischen Regierung hinsichtlich der mazedonischen Reformen. B

In Beantwortung der Anfrage teilte der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Sir Edward Grey, laut Bericht des „W. T. B.“, mit, daß die Verhandlungen über einige Punkte noch nicht abgeschlossen seien. Er könne aber gegenwärtig den Mit⸗ teilungen, die dem Hause bereits vorgelegen hätten, nichts hinzufügen.

Auf die weiteren Fragen Ashleys, ob Gesandte Mulay Hafids im uswärtigen Amt um eine Audienz nachgesucht hätten, und ob es die Absicht der Regierung sei, Mulay Hafid als Sultan anzuerkennen, wenn dieser der bereits Marrakesch in Besitz habe und sich auf dem Wege nach Fes befinde, in Fes seinen Einzug halte, erwiderte der Staatssekretär:

Die erste Frage könne er verneinen; bezüglich der zweiten könne er nur erklären, daß er nicht davon unterrichtet sei, daß irgend ein Ereignis eingetreten sei, welches rechtfertige, daß die Regserung einem derartigen Plan nähertrete.

Frankreich.

Der gestern abg. eae Ministerrat hat, „W. T. B.“ ufolge, endgültige Vorschriften für den General d'Amade zur P llenbun der Pazifikation im Gebiete der Schaujas und für den General Lyautey wegen der Obliegenheiten des Ober⸗ kommissars beschlossen und ferner, daß die Regierung amtlich an den aus Anlaß des dreihundertjährigen Jubiläums in Quebec stattfindenden Festlichkeiten teilnehmen und vom Parlament Mittel zur Entschädigung der aus den Militär⸗ werkstätten entlassenen Arbeiter verlangen solle.

In der Deputiertenkammer interpellierte gestern der Abg. Gauthier de Clagny (Nationalist) wegen der Unterschrift des Ministers Briand unter dem Aufruf der sozialistischen Vereinigung der Loire, der die kollekti⸗ vistischen Grundsätze empfiehlt. 8

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erinnerte der Minister Briand daran, daß er schon erklärt habe, niemand sei befugt ge⸗ wesen, seine, des Ministers, Unterschrift unter diesen Aufruf zu setzen.

Dann nahm die Kammer die Erörterung über die Ein⸗ kommensteuervorlage wieder auf.

Rußland.

Anläßlich der Feier des Geburtstages des Kaisers Nikolaus fand gestern in Zarskoje Sselo ein Festgottesdienst statt, an dem die Majestäten, die gesamte Kaiserliche Familie, die Königin von Griechenland, der Großherzog und die Groß⸗ herzogin von Hessen, der rumänische Thronfolger mit Gemahlin und der Infant Don Pedro von Spanien teilnahmen. Nach dem Gottesdienst fand ein Frühstück statt, zu dem, „W. T. B.“ ufolge, vom diplomatischen Korps geladen waren der spanische Potschafter, der griechische und der rumänische Gesandte, der deutsche Geschäftsträger und der deutsche Militärbevollmächtigte.

Spanien. Der Minister des Aeußern Allendesalazar teilt, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in einer Note mit, daß der Zwischenfall in Casablanca, wo gelegentlich eines Zu⸗ sammenstoßes mit französischen Soldaten ein in spanischen Diensten stehender Riffsoldat erschossen worden war, beigelegt sei. Die fünf Schuldigen seien verhaftet und den französischen Behörden zur Bestrafung übergeben worden. Sobald der Minister aus Casablanca die nötigen Mitteilungen erhalten haben wird, sollen Beschlüsse gefaßt werden, um die Wieder⸗

kehr derartiger Vorfälle in Zukunft zu verhindern.

che Kongreß h estern, wie das 8 einstimmig eine eg tzesvorlage, be⸗ treffend die von anderthalb Millionen Dollars zur Beteiligung Amerikas an der im Jahre 1912 in Tokio stattfindenden Internationalen Ausstellung, angenommen. 8

Der amerikar W. T. B.“ meldet,

6

Ueber die Lage an der russisch⸗persischen Grenze teilt, „W. T. B.“ zufolge, der aus Beljassuwar nach Tiflis zurückgekehrte Chef des Grenzbezirks General Schein mit, daß alles ruhig sei, obschon vereinzelte Ueberfälle durch persische Räuber vorkämen, die aber nur zum Zwecke des Viehraubes erfolgten. Die russische, gegenwärtig in der Nähe des Dyman⸗ postens befindliche Strafexpedition habe bisher nicht einge⸗ griffen. Der Expeditionschef beschränke sich vorläufig darauf, von den Stammesältesten Schadenersatzleistungen an die Ge⸗ schädigten zu verlangen. 1

Wie das „Reutersche Bureau“ aus Nahakki meldet, ist die Brigade des Generals Barretto bis zum Bohoidag⸗ Tale vorgerückt und dabei auf hartnäckigen Widerstand ge⸗ stoßen. Die Verluste des Feindes, der 2080 Mann stark war, betrugen 60 Tote. Unter den Anführern befand sich Sirdar Nasr⸗Ullah⸗Chan, ein Bruder des Emirs von Afghanistan. Auf britischer Seite sind 29 Mann gefallen.

Afrika. Wie dem „Temps“ aus Tanger gemeldet wird, ist Mulay Hafid am 16. Mai in Mekines eingetroffen. Einem Londoner latt wird, „W. T. B.“ zufolge, gemeldet, daß auf dem Marsch befindliche Truppen des Sultans Abdul Asis im Gebiet der Beni Snassen von feindlichen Stämmen in ihrem Vormarsch aufgehalten und W“ worden sein sollen. Eine Abordnung Mulay Hafids soll im Lager einge⸗ troffen sein, um über die Uebergabe d

Nr. 22 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 15 Mai, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennung; Entlassungen; Exequatur⸗ erteilung; Todesfall. 2) Bankwesen: Status der deutschen Noten⸗ banken Ende April 1908. 3) Polizeiwesen: Ausweisung von Aus⸗ ländern aus dem Reichsgebiet.

Nr. 39 des „Zentralblatts der Bauverwaltung', heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 16. Mai, hat olgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Karl Schäfer †. Die Erneuerung des Rathauses in Fürstenwalde g. d. Spree. Vermischtes: Einweihung der Hohkönigsburg. Endesche Stiftung. Leins⸗Stiftung. Wettbewerb um Entwürfe für ein Realgymnasium in Spremberg. XI. Internationaler Schiffahrtskongreß 1908. Bücherschau.

Statistik und Volkswirtschaft.

im Deutschen Reiche während des Jahres 1906.

hefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ hierüber veröffentlichten Statistik wurden während des Jahres 1906 in Deutschland 498 990 Ehen geschlossen, d. s. 13 084 mehr als während des Vorjahres; von je 10 000 Bewohnern heirateten hiernach im letzten Berichtsjahre 163 gegen nur 158 161,0 161,4 in den drei Vorjahren 1903, 1904 und 1905. Allerdings ist auch die Zahl der Ehescheidungen seit dem Vorjahre um 965 und seit dem Jahre 1900 sogar stetig von 7928 auf 12 180, d. i. im Laufe der 6 Jahre um 53,6 % gestiegen; am häufigsten waren im Verhältnis zu je 100 000 Einwohnern die Ehe⸗ scheidungen in Berlin, wo schon auf je 14 Eheschließungen eine Ehe⸗ scheidung kam. Was das Lebensalter bei Eingehung der Ehe betrifft, so standen von den eheschließenden Männern 28,9 %, von den ehe⸗ schließenden Frauen 56,9 % im Alter bis zu 25 Jahren, andererseits hatten 2,7 % der ersteren und 1,0 % der letzteren bei der Eheschließung das 50. Lebensjahr schon zurückgelegt. In einem höheren Lebensalter als die von ihnen geheirateten Frauen standen 71,4 % sämtlicher ehe⸗ schließenden Männer, in der gleichen Altersstufe: 8,8 %, mithin in einem jüngeren Lebensalter: 19,8 %.

Lebendgeboren wurden während des Jahres 1906 im Deutschen Reiche 2 022 477 Kinder, d. s. 35 324 mehr als während des Vor⸗ jahres, darunter 170 020 Kinder außerehelicher Abkunft (8,4 %, der Gesamtzahl). Totgeboren wurden 62 262 Kinder, darunter 7040 (11,3 %) außerehelicher Abkunft. Es waren somit von je 1000 ehelich geborenen Kindern 29, von je 1000 außerehelich geborenen tot zur Welt gekommen, bezw. als totgeboren angemeldet. Von den 26 802 Mehrlingsgeburten waren 26 535 Zwillings⸗, 266 Drillingsgeburten und 1 Vierlingsgeburt, sodaß auf die 2 084 739 neugeborenen Kinder nur 2 059 935 Wöchnerinnen kamen. Das Ver⸗ hältnis der neugeborenen Mädchen zu den Knaben war im ganien wie 100: 106.

Gestorben sind i. J. 1906 (ausschließlich der Totgeborenen) 1 112 202 Personen, d. s. 82 112 weniger als im Jahre vorher; die Abnahme war besonders auffällig in den Monaten Januar, Februar, August, Juli und März, wogegen für die Monate Dezember, Sep⸗ tember und November eine Funahme der Todesfälle im Vergleich mit dem Vorjahre festgestellt worden ist. Der Geburten“⸗

heitlichen Bestimmungen niemals in ein preußisches Vereinsgesetz

Schließlich wurde die einfache Tagesordnung durch Handaufheben an⸗

überschuß ist für das Deutsche Reich auf 14,9 % der Ein⸗

8 8 1

gehilfen den Gesamtausstand, da die Arbeitgeber die 9

er ganzen Streitmacht zu 12

Die Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle Nach einer im ersten Heft des Jahrgangs 1908 der „Vierteljahrk⸗

gegenüber 13,2 % im Vorjahre errechnet; war Europa, soweit für das Berichtsjahr 1907 schon Vergleichsziffern vorliegen, nur in Dänemark etwas höher (15,1 %“⸗). Während des Vorjahres 1905 war der Geburtenüberschuß in Bulgarien (21,9), den Niederlanden (15,5), Rumänien (13,5) und Dänemark (13,3) höher, sonst, soweit Angaben aus 20 Ländern Europas vorliegen, durchweg niedriger als im Deutschen Reiche ge⸗ esen, z. B. in Frankreich nur 0,9 %. Von den 1 112 202 Ge⸗ korbenen des letzten Berichtsjahres standen 374 636, d. s. 33,7 , der Gesamtzahl, im 1. Lebensjahre und 107 465, d. s. 9,66 %, im Alter von 1 bis 5 Jahren, andererseits hatten abgesehen von den 315 Gestorbenen unbekannten Alters 312 075, d. s. 28,1 von je 100 Gestorbenen, das Alter von 60 Jahren und 61 715 (5,55 %) das von 80 Jahren überschritten. Von je 100 Bewohnern des Heutschen Reiches, die das am meisten gefahrvolle, erste Lebensjahr iberstanden hatten, sind demnach 42 bis 43 (42,4) mindestens 60 Jahre alt geworden, und zwar von je 100 männlichen Personen laum 40, von je 100 weiblichen Personen rund 46. Was die 374 636 im 1. Lebensjahre gestorbenen Kinder betrifft, so war diese Zahl um 33 363 kleiner als im Vorjahre; 50 044 der gestorbenen Säuglinge waren außerehelich geboren, sodaß

auf je 100 ehelich Lebendgeborene 17,5 und auf je 100 außerehelich

Lebendgeborene 29,4 Sterbefälle im Säuglingsalter kamen. Im ganzen war die Ziffer der Säuglingssterblichkeit 18,5 von se 100 Lebendgeborenen geringerals in jedem der 3 Vorjahre; innerhalb des Reiches war sie während des Berichtsjahres am höchsten in Reuß j. L. (25,8), demnächst im rechtsrheinischen Bayern (23,6) und in Sachsen⸗ Altenburg (23,2), am niedrigsten in den drei Fürstentümern Waldeck 682), daumburg⸗Lippe (10,8), Lippe Hrn.0) und innerhalb Preußens in der Provinz Hessen⸗Nassau (11,4). it der Säuglingssterblichkeit in außerdeutschen Staaten ist die im Deutschen Reiche nicht wohl vergleichbar, da in mehreren außerdeutschen Ländern, z. B. in Holland, Zelgien und Frankreich, die in den ersten Lebenstagen verstorhenen Kinder, falls der Tod innerhalb der festgesetzten Anmeldefrist erfolgt, bäufig zu den Totgeborenen gerechnet werden, während in Deutschland sedes Kind, das geatmet hat, zu den Lebendgeborenen gezählt wird.

u“ Zur Arbeiterbewegung.

Aus Essen wird der „Frkf. Ztg.“ Fepöten. Die im Bau⸗

ewerbe von Rheinland und Westfalen noch bestehenden treitigkeiten sind durch einen Schiedsspruch des von den be⸗ tilligten fünf Organisationen eingesetzten Schiedsgerichts nunmehr endgültig beseitigt worden. Der Schiedsspruch bestimmt u. a., daß die Zuschläge für Ueberstunden, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit sowie für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen in den einzelnen Vertrags⸗ gebieten dieselben bleiben wie bisher. Auch die Arbeitszeit, nach den Jahreszeiten abgestuft, wird durch den Schiedsspruch festgesetzt.

Um die Aussperrung der Etuiarbeiter in Pforzheim (vgl. Nr. 106 d. Bl) beilegen zu können, ist, der „Köln. Ztg.“ zufolge, das dortige Gewerbegericht als Einigungsamt angerufen worden.

Der Ausstand der italienischen Landarbeiter dehnte sich, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, jetzt auch auf einen Foßen Teil der Provinz Piacenza aus, weil dortige Grundbesitzer Ersatzkräfte ins Streikgebiet von Parma gesandt hatten. Dadurch ist die Hoffnung auf baldige Beilegung des Streiks wieder vermindert worden.

In Lille beschlossen, wie „W. T. B.“ meldet, die Maurer⸗ 1 forderten Lohnerhöhungen abgelehnt hätten. ““

1““

Kunst und Wissenschuft.

Im Kunstgewerbemuseum sind Schülerarbeiten aus der Königlichen Zeichen⸗Akademie in Hanau ausgestellt, die unter Leitung des Direktors, Professor Petersen vorwiegend der Goldschmiedekunst dient. Besonders fesseln aus der Fachklasse für Goldschmiede die Entwürfe von Schmucksachen. In Farben sorg⸗ fältig dargestellt, knüpfen sie an Ueberlieferungen an, berücksichtigen aber alle Ansprüche der Materialien und zeitgemäßer Formen⸗ auffas8sung, sodaß sie der heutigen Juwelier⸗ und Goldschmiede⸗ kunst und namentlich ihrer breiteren Produktion mannigfache An⸗ ngung geben können. Wie die Schüler für diese Aufgaben vor⸗ bereitet werden, zeigen die Aufnahmen alter Stücke in Verbindung mit Uebungen im Gedächtniszeichnen, in denen die Phantasie be⸗ fruchtet und dem trägen Kopieren vorgebeugt wird. Daneben sind auch Uebungen für Medaillenschnitt, charaktervoll in Gips geschnitten, ausgestellt. Die Tendenzen des Unterrichts sind in einem Aufsatz des Direktors Petersen über moderne Schmuckkompositionen erläutert, der in der Ausstellung an Interessenten abgegeben wird. Die Dauer der Ausstellung ist auf 2 bis 3 Wochen berechnet.

Literatur.

g Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg. Leipzig, Verlag von Duncker und Hardenberg und die ständische Opposition 1810/1811. on Dr. Wilhelm Steffens. 1907. 203 S. 5,60. Hof⸗ und Zentralverwaltung der Mark Brandenburg im Mittelalter. Von Hans Spangenberg. 1908. 548 S. 14,40 Von den beiden vorliegenden Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg beruht die erstgenannte Abhandlung im wesentlichen auf Akten des Geheimen Staatsarchivs sowie des Märkischen Ständearchivs zu Berlin. In der Einleitung wird Hardenbergs Stellung zu dem Gedanken einer National⸗ wpräsentation in Preußen des näheren erörtert. War Stein der Vater dieses Gedankens, hatte er der Nation als Krönung seines Werkes Reichsstände zugedacht, wirkliche, gewählte Vertreter des olkes, so hat Hardenberg eine ursprüngliche Abneigung gegen jede äsentativverfassung nie überwunden, so starken Abwandlungen auch seine Ansichten unterworfen waren. Nationalversammlungen waren in seinen Augen etwas Gefährliches, trotzdem wurde in dem Edikt rvom 27. Oktober 1810, das sein Finanzprogramm enthielt, dem dreußischen Volk „eine zweckmäßig eingerichtete, konsultative epräsentation, sowohl in den Provingen wie für das Ganze“ verprochen. Es war das erste Mal, daß eine derartige üsage für den gesamten preußischen Staat öffentlich pro⸗ lamsert wurde. Als aber namentlich der Adel seinen Reformen en stärksten Widerstand entgegensetzte, entschloß sich Hardenberg im zember 1810, jetzt wieder auf frühere Ideen zurückgreifend, zur Be⸗ euäfung von Notabeln. Der Einleitung folgt eine Darstellung der unneren Zustände und Vorgänge in Preußen. Das Selbstgefühl des Al war nach dem Sturz Steins unter dem Ministerium Dohna⸗ tenstein sehr schnell wieder gewachsen, seine Ideen waren auf die 1 tederherstellung des ständischen Staates gerichtet. Der ungeheuer⸗ 8 Vorschlag wurde gemacht: um auf ein stärkeres Vertrauen zwischen dn rundbe tzern und den verschiedenen, besonders den Provinzial⸗ nehörden hinzuwirken, möge man bei der Besetzung der Stellen miger, wie zur Zeit üblich, das Prinzip der Intelligenz, als das der äffigkeit in einer Provinz vorwalten lassen. Die kurmärkischen d ände zitierten in einer Eingabe an Hardenberg den gre Rezeß 11653, in dem Kurfürst Friedrich Wilhelm dies versprochen hatte: Verr wollen in wichtigen Sachen, daran des Landes Gedeihen oder Rerderb gelegen, ohne Unserer getreuen Landbehörde Vorwissen und . nichts schließen noch vornehmen.“ Die Forderung trat auf, daß 58 onarch mit den Ständen über die etwa nötigen Ver⸗ sölieungen und Auflagen verhandele und einen Vertrag ab⸗ baecn Den Geist des alten ständischen Provinzialstaates Mann jerte am schroffsten der Friedersdorfer Gutsherr von der menntt Ihm war die preußische Monarchie „ein Zusammen⸗ ’2 Fiaches aus vielen an Gesetzen und Gewohnheiten höchst nn sedenen Provinzen“ ohne Aussicht, jemals eine Nation zu werden. sus solchen Anschauungen heraus wurde ein einheitliches Steuersystem dinzen verhanzen Staat verworfen; es sollte nach den einzelnen Pro⸗ verschieden sein. Nach diesen Ausführungen über die politischen

1“

Forderungen des Adels geht der Verfasser die einzelnen Provinzen durch. Zu den Deputierten, die von den westpreußischen Gutsherren nach Berlin entsandt wurden, um dort Einspruch gegen das neue Steuersystem zu erheben, gehörte der Landschaftsdirektor v. Hippel, der dann von Hardenberg Ende Dezember 1810 zur Notabelnversammlung berufen und ein Jahr darauf als vortragender Rat in den Staatsdienst gezogen wurde. Er ist in der Geschichte dadurch bekannt, daß er 1813 bei der Abfassung des Aufrufs „An mein Volk⸗ mitwirkte. Den stärksten Widerstand leistete der kur⸗ märkische Adel, dessen Deputierte sich in Berlin in einer landtag⸗ ähnlichen Versammlung. vereinigten. Für ihre Anschauungen ist es bezeichnend, daß z. B. ein neumärkischer Deputierter erklärte, die Neumark sei eine Provinz für sich und könne dergestalt sich nicht in ihrer Befugnis, überall und ohne Gegenstimmung anderer Provinzen ihr Bestes wahrzunehmen, beschränken lassen. Die hervorragendsten Mitglieder der kurmärkischen Deputierten sowie der Kurmärker unter den Notabeln werden einer besonderen Betrachtung unterzogen, am eingehendsten der bekannte spätere Generalleutnant v. d. Marwitz. Von den Deputierten, die in den Provinzen von den Ständen gewählt wurden, sind zu unterscheiden diejenigen Männer, die von der Staatsregierung aus dem ganzen Land berufen wurden, die sogenannten „Notabeln“. Allerdings war auch in dieser Versammlung der Adel zahlreich vertreten; von 64 Mitgliedern ge⸗ hörten ihm 30 an. Manche Deputierte wurden noch nachträglich zu Notabeln ernannt, und schon daran läßt sich ermessen, wie weit Hardenberg vor der ständischen Bewegung zuruͤckwich. Immerhin war es doch, wie der Verfasser hervorhebt, ein bedeutungsvoller Augenblick in der Geschichte des preußischen Staates, als hier zum ersten Male seit dem Bestehen des Gemeinwesens⸗Vertreter der Hauptberufsstände aus allen Provinzen zusammentraten, um die Regierung bei der Wahl der Hilfsmittel, die der Not des Landes steuern sollten, zu beraten. Die Eröffnungsrede Hardenbergs am 23. Februar 1811, die Aufgaben der Versammlung und ihre Geschäftsordnung, ihre für die Verfassungsfrage, ihr Unterschied von den französischen Notabeln, die 24 Jahre vorher zusammengetreten waren, wird Punkt für Punkt untersucht. In dem zweiten Abschnitt erörtert der Verfasser die Frage, wieweit die Reformpläne Hardenbergs durch die Opposition det Stände umgestaltet wurden; er scheidet Hardenbergs Entwürfe nach den beiden großen Gesichtspunkten einer Agrar⸗ und einer Finanz⸗ reform. In dem Edikt über die Regelung der gutsherrlichen und bäuer⸗ lichen Verhältnisse vom 14. September 1811 war zwar der Grundgedanke der Reform 55 Eigentumsverleihung und Ablösbarkeit der Dienste und Servituten war gesetzlich ausgesprochen, aber die Ausführungsbestimmungen waren den Gutsherren derart günstig, daß sich die Besitzverhältnisse tatsächlich nur wenig verschoben. In der noch heute geltenden Gesindeordnung vom 8. November 1810 blieb allerdings die Regierung allen Einwendungen gegenüber fest. Un⸗ geachtet der heftigen Klagen über die Auflösung patriarchalischer Bande wurde das Verhältnis zwischen Herrschaft und Gesinde auf den Begriff des Vertrages E Nachdenr Hardenberg bereits im Finanzedikt vom 27. Oktober 1810 völlige Gewerbefreiheit ver⸗ kündet hatte, ließ er am 2. November das Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer folgen. Den Gutsherren wurden aber in dem Edikt vom 7. September 1811. besondere Zugeständnisse gemacht. Das Recht, zum Absatz an Andere zu brauen, und das Recht, Branntwein zu brennen, verblieb auf dem Lande den bisherigen Besitzern. Eine Ausdehnung der Grundsteuer auf die ganze Monarchie nach gleichförmigen Grundsätzen unterblieb. Die Verfassungsfrage war in der Notabelnversammlung gar nicht zur Diskussion gestellt worden, und die Schuld daran, daß diese Angelegenheit trotz wieder⸗ holter Versprechungen nicht erledigt wurde, mißt der Verfasser haupt⸗ sächlich Hardenberg bei, der sich mit dem Gedanken der Volksvertretung nicht habe befreunden können. In einer Schlußbetrachtung gibt der Verfasser eine Gesamtwürdigung Hardenbergs, indem er den Nachdruck 82 vns 8s und Bleibende legt, das er nach Steins Rücktritt geschaffen hat.

In der Schrift „Hof⸗ und Zentralverwaltung der Mark Branden⸗ burg“ sucht Spangenberg eine Lücke der bisherigen Forschung auszufüllen. Er bemerkt im Vorwort, die bekannten Werke über die Geschichte des Beamtentums und der Verwaltung des preußischen Staates gäben nur knappe Uebersichten über die Anfänge der Ent⸗ wicklung. Gründliche und erfolgreiche Bearbeitung habe nur das Gerichtswesen gefunden, sonst habe sich fast überall, besonders für das weite Gebiet der Finanzverwaltung, der Mangel zuverlässiger Einzel⸗ forschung fühlbar gemacht. Indem er in der Einleitung eine Uebersicht über die Quellen gibt, führt er aus, daß ein richtiges Bild von der Entstehung und Zusammensetzung des Rats und seinem Verhältnis zum Landesherrn und zu den Ständen nur dadurch gewonnen werden könne, daß in den urkundlichen Konsensvermerken und Zeugenreihen, die in engem Zusammenhang zu einander ständen, der Mitwirkung des Rats gedacht werde. Für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts ist eine unschätzbare Quelle Karls IV. um 1375 entstandenes Landbuch der Mark Brandenburg, eine großartig angelegte, amtlich statistische Aufnahme über die Einnahmen des Markgrafen, den gesamten, nicht nur landesherrlichen Grundbesitz, seine Leistungen und Abgaben. Die sodann vermutlich zum Zweck der Steuerveranlagung aufgenommenen „Schoßregister der mittelmärkischen Kreise aus den Jahren 1450, 1451 1480 und 1481“‧ hat bereits Friedrichs des Großen Minister von Herzberg in seiner Ausgabe des Landbuchs (1781) veröffentlicht. Der Verfasser betrachtet dann die Zentralverwaltung zunächst nach ihrer Organisation (der Markgraf und das neue Beamtentum, der Rat, die Kanzlei), sodann nach ihren Funktionen (Justizverwaltung, Finanzwesen, Heer⸗ wesen). Es ist unmöglich, die gewaltige Summe von Arbeit, die in diesen Untersuchungen steckt, im einzelnen zu zergliedern, jedenfalls ist die Kenntnis der mittelalterlichen brandenburgischen Geschichte von v72 Verfasser des vorliegenden Buches ganz wesentlich gefördert worden.

Aus Kanzlei und Kammer. Erörterungen zur Kurialen Hof⸗ und Verwaltungsgeschichte im 13., 14. und 15. Jahrhundert. Von Paul Maria Baumgarten. Blullatores. Taxatores domorum. Cursores. Freiburg im Breisgau. Herdersche Verlags⸗ handlung. 1907. gr. 80 (XVIII und 412). 20 ℳ. Der Verfasser des vorliegenden Buches gehört zu denen, die die wichtigste Aufgabe der mittelalterlichen Kirchengeschichte in der eingehenden Erforschung der kurialen Verwaltung sehen; sein großer Band über die Camera Collegii Cardinalium, der 1898 zum Abschluß gelangte, gibt die Richtung an, in der sich seine Forschungen bewegen. In dem neuesten Werk legt er vor, was er in den vatikanischen Beständen über die Siegel⸗ beamten, die Bullatores, ermittelt hat. Er erörtert zunächst Titel und Zahl dieser wichtigen Kanzleibeamten und gibt ein zeitlich ge⸗ ordnetes Verzeichnis von ihnen für das 14. und 15. Jahrhundert. Die anderen Abschnitte behandeln die Familie (= Dienerschaft) der Bullatoren, ihre Ernennung und Vereidigung, die Ausstattung des Siegelamts, die Stempelschneider, die Vernichtung des Namensstempels nach dem Tode des Papstes, den Gebrauch der Bulla defectiva vor der Krönung eines Papstes, die Besiegelung und Auslieferung der Urkunden hierbei schildert er das collegium cursorum der päpst- lichen Boten —, die Geldangelegeneiten des Siegelamts, die außer⸗ gewöhnliche Tätigkeit der Bullatoren und ihre Privilegien. Die Be⸗ handlung der Mietszahlungen für die Bullarie führte den Verfasser zu der Frage, wie überhaupt das kuriale Wohnungswesen eingerichtet war. Die päpstlichen Beamten, die mit seiner Regelung betraut waren, hießen taxatores domorum: so erklärt sich die Beifügung dieses Stichworts auf dem Titel. Die Tätigkeit der cursores wie der taxa- tores domorum hat der Verfasser zwar nur nebenher, aber doch in den Grundlinien zum ersten Male gezeichnet. Auch sonst hat er mancherlei von dem, was ihm der Kenntnis wert schien ohne daß es unbedingt in den Gang der Untersuchung hineingehörte, den einzelnen Abschnitten eingefügt und deshalb dem uch den umfassenden Obertitel „Aus Kanzlei und Kammer“ gegeben. In dem Anhang sind die Urkunden mitgeteilt; angehängt ist ein chronologisches Verzeichnis aller im Text vorkommenden Urkunden und Handschriftenauszüge. Auf das umfangreiche Register folgen die Listen der im Text vorkommenden

Päpste, Kardinäle und Hofbeamten sowie der Verwaltungsbeamten im b

inneren und äußeren Dienst der Kurie.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Ueber Eselzucht und Eselhaltung in Deutschland veröffentlicht Dr. Ernst Bödeker⸗Lehrte in den „Mitteilungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft“ einen beachtenswerten Zeitrog⸗ dem die folgenden Ausführungen entnommen seien.

Wenn die Frage der Einführung einer Maultierzucht in Deutsch⸗ land zur Befriedigung bestimmter Bespannungsbedürfnisse erwogen ist, so können für die Einführung einer deutschen Eselzucht noch umfassendere Gründe beigebracht werden. Wiederholt schon ist dafür eingetreten worden, Esel als Ersatz von Hunden vor kleinen Fuhrwerken zu ver⸗ wenden, freilich mit geringem Erfolg, 25 des Mangels einer eigenen deutschen Zucht, deren Fehlen eben die Beschaffung umständlich und teuer macht. Eine ungleich wichtigere Frage ist die Verwendung von Eseln in Gemüsebau⸗ und anderen Kleinbetrieben. Aber auch hier scheitert die zmweckmäßige Einführung an der schwierigen Be⸗ schaffungsmöglichkeit gerade für unsere Verhältnisse geeigneter Vertreter dieser genügsamen und ausdauernden Zugviehklasse. Nachdem z. B. für das bekannte Gemüsebaugebiet bei Bardowiek (Hannover) eine größere Anzahl Esel eingeführt war,

hat man

schließlich nach Verlauf von mehreren Jahren doch wieder auf leichte Pferde namentlich russischer Herkunft zurüͤckgreifen müssen. Für üche *8

andere Gegenden lassen sich ähnliche vergebliche Versuche anführen, Versuche, die nur mißlangen, weil stets der Ersatz schwierig bleiben mußte, da man auf ganz gelegentliche Einfuhr oder auf die Einfuhr mit bestimmtem Auftrag bei in beiden Fällen teurem Preise angewiesen war, wobei hinzukam, daß außerordentlich ungleichmäßiges Material geliefert wurde. Denn unter den Eseln gibt es ebenso große Unterschiede, wie unter den Pferden, und das ist bei der geringen Bekanntschaft mit jenem Zugvieh in Deutschland wohl besonders hervorzuheben.

Gegen die Zweckmäßigkeit der Verwendung von Eseln in Deutsch⸗

land spricht also durchaus nicht die Zahl der vergeblichen Versuche. Es darf dabei ferner nicht vergessen werden, daß sich die Einfuhr von leichten Pferden immer mehr hob und daß dadurch diese Art

Pferde den Käufern immer mehr zugänglich wurde, während die Be⸗

schaffung von Eseln mehr und mehr Erschwerung erfuhr. Unter diesen Gesichtespunkten ist auch die Abnahme von Eseln im Laufe der letzten Jahrzehnte in Deutschland zu betrachten. Während in Preußen bei der Zählung vom 10. Januar 1873 noch 8774 Esel sowie 934 Maultiere und Maulesel bei einem Pferdebestande von 2 278 724 gezählt wurden, war die Zahl der Esel am 1. Dezember 1900 auf 4674 gesunken, die Zahl der Maultiere und Maulesel betrug nur noch 351, die Zahl der Pferde war auf 2 923 627 gestiegen. Für Deutschland würde sicherlich der Vergleich ein ähnliches Ergebnis haben, leider stehen dafür keine zusammenfaßbaren Zahlen bezüglich dieser Tierart zur Verfügung.

Seit 1885 hat sich die Zahl der in Deutschland eingeführten

Pferde annähernd verdoppelt, einen besonders großen Anteil nehmen dabei immer mehr die Russen ein, welche fast die Hälfte der ganzen Jahreseinfuhr ausmachen. Die Billigkeit der russischen Pferde d. die Nachfrage so groß, und da Deutschland kleine Pferde nicht so billig erzeugen kann wie Rußland, zunächst angewiesen. Deutschland wäre aber imstande, Esel in erheb⸗ licher Menge als teilweisen oder schließlich vollständigen Ersatz dieser

sind wir auf wachsende Einfuhr 1“

russischen Pferde zu züchten, und das könnte nur als erwünscht be⸗

zeichnet werden. wird aber unbedingt die Hilfe staatlicher Organe nötig sein.

In den alten Kulturländern einer subtropischen Zone bedingten Wasser⸗ und Bodenverhältnisse nach dem Aufgeben der Weidewirtschaft meist eine gartenmäßige Bodenkultur, während in der gemäßigten Zone der in den Einzelflächen umfangreichere Feldbau eintrat und hier erst mit der stärkeren Besiedelung zu eingesprengten kleineren Gartenbauflächen führte. Jene ausgedehnte gartenmäßige Boden⸗ kultur gebrauchte ein genügsames, ohne viel Kornfutter zu er⸗ nährendes Last, und Zugtier, und so wurde dort der Esel Haustier. Bei uns in Deutschland hat nun unter dem Einflusse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der letzten 25 Jahre der gartenmäßige Anbau immer größere Flächen eingenommen und wird voraussichtlich noch erheblich an Umfang zu⸗ nehmen. Für diese Bodennutzung kommt der Esel auch bei uns in Deutschland jetzt als Zugtier in Betracht. Die leichten Pferde, welche gebraucht werden müssen, verteuern nur unnötig die Arbeit vieler Kleinbetriebe, und selbst in Mittel⸗ und Großbetrieben mit Gemüsebau, Milchfuhren usw. ist der Esel, wie Beispiele genügend zeigen, mit Vorteil zu gebrauchen. Klimatische Verhältnisse verbieten keines⸗ wegs, wie oft gemeint wird, die Zucht und Haltung des Esels in Deutschland, das beweisen Oesterreich⸗Ungarn, die Schweiz und Frankreich. Mit der Steigerung und den Fortschritten der Garten⸗ kultur in den subtropischen Ländern und den deshalb wachsenden An⸗ sprüchen an die Fortschaffung von Früchten und Waren wurde dort das gleich anspruchslose, stärkere Maultier verwandt. Wenn die Haltung und Zucht von Maultieren auch bei uns erörtert ist, so würde sie ebenfalls erst eine feste Grundlage in einer beimischen Eselzucht finden können. Im allgemeinen würden wir Esel für kleinere Fuhrwerke züchten; wenn sie etwas stärker werden, als die heute meist eingeführten, so wird die Nachfrage um so größer sein. Besonders gute Eselhengste aus dieser heimischen Zucht würden der Maultierzucht als vollständig eingebürgert besser dienen können, als eingeführte.

Auch würde die für die Bestrebungen der inneren Kolonisation von Wert sein. Denn kommt auch noch immer das Rind in Kleinwirtschaften als Zugtier zur Verwendung, so wird doch in vielen Gemüsebau⸗ und anderen Kleinbetrieben aus bestimmten, zwingenden Gründen (Zufuhr zu den Marktplätzen usw.) immer mehr auf das Pferd zurückgegriffen, für das aber voll und ganz ein heimischer Esel an die Stelle treten könnte, dessen Haltung wesentliche Ersparnisse bringen würde.

Der Stammvater unseres Hausesels ist der in Afrika in zwei Lokalschlägen vorkommende Wildesel; Equus africanus bewohnt die

Für die erste Einrichtung einer deutschen Eselzucht

inführung einer deutschen Eselzucht schließlich 5*

nördlichen Teile des mittleren Ostafrikas von Hochnubien bis an das

Erstere Unterart unten heller mit einem schwarzen Schulter⸗ diesem rückwärts laufenden Rückenstreifen. 2 - auch Maskatesel genannt, ist größer, hängender Mähne ohne Schulter⸗ und mit nur schwachen Rückenstreifen. Die Beine haben viele und deutliche dunkle Querringe. Die Bedeutung des Esels wird nirgends mehr gewürdigt als in dem dunklen Erdteil. Das zeigen auch die Nach⸗ weisungen über den Viehbestand in Deutsch⸗Südwestafrika, die der Jahresbericht über die Entwicklung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1906/07 enthält. In den Verwaltungsbezirken Grootfontein, Outjo, Omaruru, Karibib, Okahandya, Gobabis, Windhuk, Rehoboth, Gibeon, Keetmanshoop, Warmbad, Lüderitz⸗ bucht und Swakopmund sind im Jahre 1907 3119 Pferde gezählt, davon 978 in Millitärbesitz, gegenüber 5265 Stuüuͤck im Jahre 1903. Esel wurden im Jahre 1907 2155 gezählt, davon 1630 in Privatbesitz, gegen 899 im Jahre 1903; unter den Eseln, die sich bis auf zwei Stück im Besitze von Weißen befanden, wurden 237 Hengste, 514 Stuten und 79 Fohlen sowie 438 Wallache festgestellt, bezüglich des Restes fehlt die Angabe des Geschlechtes. Gegenüber der erheblichen Abnahme der Pferde zeigt sich also eine große Vermehrung der Esel, ebenso eine ganz außerordent⸗ liche Zunahme der Maultiere, mit denen leider die schwächeren Maulesel zusammengezählt sind. Maultiere und Maulesel ver⸗ mehrten sich nämlich von 88 Stück im Jahre 1903 auf 5450 Stück im Jahre 1907. Davon kamen die meisten, nämlich 4216, auf Militärbesitz. Daß unter den verschiedenen Arten des Fnee auch Abkömmlinge vom asiatischen Wildesel, dem Kulan, nd, wird nicht angenommen. In Europa sind Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien eselzüchtende Länder; in Oester⸗ reich⸗Ungarn (Istrien) ist mit gutem Erfolge versucht, den kleinen istrianer Esel durch Zuführung von italienischem Blut größer und leistungsfähiger zu machen. In Nordeuropa ist der Esel aus Mangel an Zuchtstätten vollständig entartet und in vielen Gegenden beinahe ausgestorben. Die nach Deutschland einge⸗

Rote Meer, Equus somalicus das Somaliland. ist hell⸗graulich⸗gelb, und einem von Der Somali⸗Esel,

mit 8