Parlament protestieren. Die Autonomie des Libanon sei durch einen Vertrag mit sechs Großmächten garantiert, und diese Autonomie dürfe keine Schmälerung apsen wes⸗ halb der Libanon es ablehne, Deputierte in das Parlament zu entsenden.
— Die Antwort des Schahs von Persien auf die englisch⸗russische Note ist in London eingetroffen. Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, stimmt die Note der Aufforderung, neue Wahlen auszuschreiben und ein neues Parlament zusammenzuberufen, zu, deutet aber an, daß der Schah angesichts der zerrütteten Verhältnisse in einer seiner Provinzen hierfür den geeigneten Zeitpunkt aus⸗ wählen müsse. erselben Quelle zufolge glaubt man in gut unterrichteten; Kreisen, daß dieser Vorbehalt dem Wunsche der persischen Regierung zuzuschreiben sei, nicht den Anschein zu erwecken, als ob sie einem fremden Wwange weiche, und man ist nicht der Ansicht, daß darin ein
ersuch des Schahs zu erblicken sei, der Erfüllung seiner Versprechungen auszuweichen. TPelorpesig beeh anderer⸗ eits auf seiten Rußlands und Englands die Absicht, einen olchen Zwang auszuüben, vielmehr will man lediglich Rat⸗ chläge erteilen zur Wiederherstellung der Ordnung und einer geregelten Verwaltung. — Die von den Anhängern der Schahpartei für gestern angekündigte Bestrafung von Täbris bestand, einem Londoner Blatte zufolge, darin, daß aus einer Entfernung, die für eine wirksame Beschießung zu groß war, sechs Geschütz⸗ alven auf die Stadt abgefeuert wurden. Die Nationalisten salnen Maßregeln getroffen, um einem Angriffe entgegenzu⸗ treten. Die Barrikaden waren von Männern mit Gewehren,
Schaufeln und Sensen beset.
4“*“
Statistik und Volkswirtschaft. Cin⸗ und Ausfuhr von Zucker vom I1. bis 20. September 1908.
Einfuhr Ausfuhr im i
m Spezial- Spezlal⸗ handel handel
dz rein
Verbrauchszucker refndegtes und dem raffi⸗ nierten gleichgestellter Zucker) (176 asi) Rohrzucker (176 a)
Davon Veredelungsverkehr — Rübenzucker: Kristallzucker (granulierter) (176 b) 27 417 Rübenzucker: Platten⸗, Stangen⸗ und Würfel⸗
zucker (176 c). “ 7 028 Rübenzucker: gemahlener Melis N8c 2 390 Rübenzucker: Stücken⸗ und ümelzucker
4 728 1 221 1 328 1 635 8 470
8287
49 071
Rübenzucker: Anderer Zucker (176 k/n) Rohrzucker, roher, fester und 1b (176 9 8
Rübenzucker, roher, fester und flüssiger (1761) Anderer fester und idoe⸗ Zucker (flüssige Raffinade einschließlich des Invertzucker⸗ usw.) (176 m) . . 1 Füllmassen und Zuckerabläufe (Sirup, Me⸗ lasse), Melassekraftfutter; Rübensaft, Aborn⸗ saft (176 n) Zuckerhaltige Waren unter Aufsicht: Gesamtgewicht WWEE11“ Menge des darin enthaltenen Zuckers.. Berlin, den 24. September 1908.
Kaiserliches Statistisches Amt. 6 van der Borght.
steueramtlicher
. 23
Stand und Entwicklung der bayerischen Montan⸗ industrie.
Unter diesem Titel veröffentlicht soeben das Königlich bayerische zur Statistik des Ksönigreichs Bayern“ eine Arbeit, in der an der Hand der Statistik
die Entwicklung und der gegenwärtige Stand der bayerischen Montan⸗ industrie eingehend textlich und tabellarisch sowie durch eine Karte
Statistische Bureau in Heft 70 der „Beiträge
dargestellt werden.
1 Gegenstand der Untersuchung sind die vier Hauptzweige der und Bitumen, Erze, Salzgewinnung (Siedesalz, Slaubersalz, schwefelsaure Tonerde ꝛc.),, Hüttenwesen (Roheisen, Schwefelsäure, Vitriol und Potée) und Verarbeitung des Roh⸗ Die genannten Montan⸗ geschildert nach nach der
1 e der Berücksichtigung der Belegschaft sowie insbesondere nach dem Umfang der Pro⸗ Soweit es tunlich war, sind die entsprechenden Zahlen bis zum ZJahre 1870 zurück Auf diese Weise ist nicht nur der
e während der letzten Jahrzehnte erfolgte
Mcontanindustrie: Bergbau (Mineralkohlen Steinsalz, Steine und Erden),
eisens (Guß⸗, Schweiß⸗ und Flußeisen). industriezweige werden in vorliegender der geographischen Verbreitung in einschlägigen Betriebe
Arbeit Bayern, unter
duktion.
Stand, sondern zugleich d Entwicklung der bayerischen Montanindustrie vfranschausscht. In einem zweiten Abschnitt wird die Beleg
wesen weiter eingegangen wird. Im ganzen kommen für die bäayerische Betracht.
von 109 Millionen Mark. An diesen Zahlen
teiligt, wie die folgende Uebersicht zeigt: Werke Beleg⸗
schafftt Menge Bergbau .1 651 26 898 6 022 606 hiervon Steine und Erden 1 597 16 801 4 148 029 Salzgewinnung aus wässeriger Lösung ... 9 592 80 543 EEEö . 9 879 241 918 13 230 161 erarbeitung des Roheisens 109 11 983 349 679 54 880 720
Produktion Wert ℳ 36 921 719 16 806 319
4 310 867
Oberpfalz.. Oberbayern. Mittelfranken Unterfranken.
mit einer Bele 1,8 Million Sngg im Werte von 18,6 Millionen Mark. Von
diesen Zahlen entfallen
Stein⸗ Braunkohlenbergbau . . . 683 bayern und in der Pfalz:
Oberbayern
Oberfranken
hiervon Staatsbetrieb Privatbetrieb
raschen Aufschwungs in den letzten vier Jahren — von geringer Be⸗
chaft der vier Hauptzweige der Montanindustrie noch besonders behandelt, wobei auf die Arbeitsverhältnisse in den Bergwerken sowie auf das Knappschafts⸗
1 Montanindustrie 1778 Werke mit einer Belegschaft von über 40 000 Arbeitern in Die Produktion der bayerischen Montanindustrie bezifferte sich im Jahre 1907 auf rund 6,7 Millionen Tonnen mit einem Wert 1 sind von den vier Haupigruppen der Montanindustrie am meisten die Eisenhütten⸗ 81 industrie (Verarbeitung des Roheisens) und der Bergbau be⸗
Summe 1 778 40 352 6 694 746 109 343 487 hiervon Staatsbetrieb 21 4147 643 835 12 278 571 Privatbetrieb 1 757 36 205 6 050 911 97 064 896.
Was die geographische Verbreitung
oder (40,5 %) der ges
Montanpr rann der Reihe nach: baig
uktion Bay ns; es folg⸗
der Montanindustrie in Buagyern betrifft, so steht unter den Regierungsbezirken an erster Stelle die Pfalz mit einer Produktion im Werte von 44 3 Millionen Mark
8
Produktionswert 8 1000 6e 8
23 156 21,2 Schwaben. 14 478 13,2 Oberfranken. 10 291 9,4 Niederbayern 5 367 4,9
ür den bayerischen Kohlenbergbau kommen 20 Werke in Frage eecdh fast 9000 Mann und einer Proddkllon von
Produktiosswert 1000 ℳ % 4 682 4,3 41277 3)9 2 800 2,6.
Produktion
Beleg. Menge Wert t ℳ
schaft 8 184
auf Werke
d Pechkohlen⸗ und Pechkohlen 1495 396 17 788 085
286 256 852 260. Die wichtigsten Stein⸗ und Pechkohlenbergwerke liegen in Ober⸗
Produktion Menge Wert t ℳ 780 739 8 757 946 681 967 8 674 508 33 190
335 631
1755 595 17768 085
2661 499 189 6 292 120 996 707
5 523 11 475 965. Die Braunkohlenproduktion, die immer noch — trotz des
bergbau
Beleg⸗ schaft
116 4 042
falz 3 881 berpfalz“
rpfalz *) 8
8 184
hIbe
Königreich..
deutung ist, verteilt sich im wesentlichen auf Unterfranken (66 % nieg nach) und die Oberpfalz (33 %); auf Oberbayern ent⸗ %.
Rechnet man von der Gesamtproduktion den Haldenverlust und Selbstverbrauch der Werke ab, so ergibt sich für die Steinkohlen⸗ bergwerke eine absatzfähige shebetton von 1 327 405 t und für die Braunkohlenbergwerke eine solche von 256 755 t, im ganzen also eine absatzfähige Kohlenproduktion von 1 584 160 t.
Im Gegensatz zu der Braunkohlenproduktion hat die Stein⸗ kohlenproduktion Bayerns eine erhebliche Steigerung erfahren, wie die folgende Uebersicht erkennen läßt.
Steinkohlenbergbau seit 1848: 8 Absatzfähige Pr oduktion Jahr ae Wert 1848/49 1859/60 1870 1880 1890
1 935 2142
2735
3 351
4 338 8
1900 6 757 1078 3327 12 609 218 1907 8184 1 327 405 16 877 231.
Allerdings reicht die Kohlenproduktion des Landes bei weitem nicht hin, um den gesamten heimischen Kohlenbe darf — von Ge⸗ werbe, Industrie, Eisenbahnen, Privathaushaltungen ꝛc. — selbst zu befriedigen. Es ist hierfür noch eine sehr beträchtliche Zufuhr er⸗ forderlich; vier Fünftel des Steinkohlenbedarfs und nicht weniger als 19⁄%% des Braunkoblenbedarfs üüeßen von auswärts bezogen werden. Infolge dieser Kohlenarmut befindet sich Bayern in seiner volkswirtschaftlichen Entwicklung sehr im Nachteil gegenüber anderen Gebieten des Reichs, deren Kohlenproduktion zum Teil das 5 fache (Sachsen) und das 100 fache (Preußen) der baverischen beträgt.
Bedeutender als Bayerns Kohlenproduktion ist seine Eisen⸗ hüttenindustrie. Freilich ist auch sie im Vergleich mit der übrigen deutschen Eisenhütten roduktion nur geringfügig; sie machte im Jahre 1907 2,5 % der Pfoduktion des Deutschen Reichs aus. Im Jahre 1907 gehörten der bayerischen Eisenhüttenindustrie 109 Werke mit einer Belegschaft von fast 12 000 Arbeitern an; sie produ⸗ zierten aus Roheisen rund 350 000 t Gußeisen zweiter Schmel⸗ zung, Schweiß⸗ und Flußeisen im Werte von 54,9 Millionen Mark. Den bedeutendsten Anteil an diesen Summen hat die Rheinpfalz, wo die für die Eisenindustrie so wichtige Vorbedingung der billigen Kohle (Produktion im eigenen Lande und im nahegelegenen Saarrevier sowie billiger Transport durch Schiffe aus dem Ruhrrevier) gegeben ist. Auf die 8 Regierungs⸗ bezirke verteilt sich die Produktion der Eisenhüttenindustrie, wie folgt:
Produktionswert Produktionswert
ℳ 7% ℳ %
Pfalz 22 662 816 41,3 Oberbayern . 3 605 980 6,4 Oberpfalz... 12 176 788 22,2 Oberfranken . 2 432 563 4,4 Mittelfranken. 7 696 625 14,0 Unterfranken 2 092 044 3,8 Schwaben 4 151 232 7,6 Niederbayern. 162 672 0,3.
Die Fortschritte, welche die bayerische Hüttenindustrie in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, sind an sich erfreulich. Es betrug die einschlägige Produktion Bayerns
im Jahre Tonnen
1929 69 717 8 276 501 349 679
Weitere Einzelheiten, namentlich auch bezüglich der anderen Montanindustriezweige, mögen aus der eingangs erwähnten Schrift selbst entnommen werden, die im Verlage der Lindauerschen Buch⸗ handlung zu München erschienen ist (Preis 3 ℳ).
Zur Arbeiterbewegung. b Eine Lohnbewegung der Möbelträger in Gießen hat, wie die „Köln. Zig“ mitteilt, ohne Ausstand zum Abschluß eines neuen Lohnvertrages mit Lohnerhöhungen geführt. ¹ In Wien waren, demselben Blatte zufolge, am Mittwoch die Bühnenarbeiter des Theaters an der Wien und des Raimundtheaters in den Ausstand getreten, nachdem ihre Forde⸗ rungen von den Direktoren abgelehnt worden waren. Der Ausstand wurde jedoch noch vor Beginn der Abendvorstellung durch die Zusage der Direktion, neue Arbeitsverträge zu schließen, beigelegt.
im Werte von
15 026 806 127 045 687
8
8 Kunst und Wissenschaft.
1 Neue Forschungen auf Neuseeland.
Im Augustheft des „Geographical Journal“ berichtet James Ma Fintosh Bell, Direktor der Geologischen Landesaufnahme von Neuseeland, über seine Forschungsreise in ein bisher fast unbetretenes Gebiet der Südinsel von Neuseeland im Sommer des Jahres 1907. Es handelt sich im wesentlichen um das Flußgebiet des Karangarua, das auf Blatt 81 des Stielerschen Handatlasses südwestlich vom Mount Sefton im Distrikt Westland zu suchen wäre. Der Karangaruafluß bildet sich unter etwa 430 45/ s. Br. und 170°% 5. L. aus den Abflüssen mehrerer Hänge⸗ gletscher, fließt im Tale eines alten Gletschers, der einst bis zur Küste reichte, an 15 km unter Bildung von Schwellen und Wasserfällen westwärts, wendet sich dann scharf nördlich und behält diese Richtung etwa 20 km lang bei; zuletzt biegt er nach Nordwesten um und fällt nach weiteren 20 km in die Tasmansee. In der zweiten Hälfte seines Laufes nimmt er zwei rechte Nebenflüsse auf, den Twain und
Copland, die fast ganz parallel zum Oberlauf des Karangarna fließen und mit diesem eine Gebirgswelt mit zahlreichen unerstiegenen Berggipfeln, unerforschten Flüssen und Gletschern einschließen. Obwohl die über vier Wochen lang dauernde Expedition Bells unter der Ungunst der Witterung sehr zu leiden hatte, hat sie doch viel zur Kenntnis dieser Gebirgswildnis beigetragen. Das größte Interesse bot den Reisenden der Douglasgletscher, der im Quell. gebiet der Flüsse Twain und Copland liegt. Gleich allen neusee⸗ ländischen Gletschern ist er nur noch der zusammengeschrumpfte Rest eines früher fast bis ans Meer reichenden Gletschers. Er besteht aus dem Firnfeld und der Gletscherzunge, die beide durch jähe elswand voneinander getrennt werden. Das Firn⸗ feld liegt am Fuße des 2854 m (nach Stieler 3340 m) hohen Mount efton und erstreckt sich längs des die Täler des Twain und Copland trennenden Coplandrückens an 5 km weit westwärts in nahezu gleicher Breite. Fast in seiner ganzen Länge bricht das Firnfeld dann plötzlich über eine 1200 m hohe Wand ab; in ihrem oberen Teile weist diese prächtige Eisfälle mit Söracs auf, im unteren fast senkrechte Felsabstürze, über die nicht weniger als 37 Wasserfälle und unaufhörlich Gletscherlawinen (gegen 25 in einer Stunde zählte Bell) hinabbrausen, deren durch Echo und Gegen⸗ echo verstärktes Getöse noch in 2 km Entfernung die mensch⸗ liche Stimme übertönt. In einem großen Felsenzirkus am Ost⸗ ende dieses gigantischen Absturzes setzt sich dann aus den herab⸗ stürzenden Eislawinen die Gletscherzunge zusammen und zwängt sich zwischen steilen Wänden 10 km lang abwärts. Der obere Teil des esamten Douglasgletschers ist ein typischer Hängegletscher in mgfobem aßstabe, der untere Typus eines regenerierten Gletschers. ie die kleineren Gletscher der Nachbarschaft, so ist auch der Douglas⸗ gletscher von mächtigen Moränenwällen aus Phylliten und Grauwacke bedeckt. Am Ende des Gletschers wird ein kleiner See durch die Endmoräne aufgestaut; diese durchbricht der Abfluß, der Twain, in starken Schnellen. Das Tal des Twain zeigt, wie das des Karangarua, nach Bell die charakteristischen Formen glazialer Aushöhlung. Größeres Interesse bietet auch der einige Kilometer südöstlich vom Douglasgletscher gelegene MacKerrowgletscher auf der Ostseite der Südalpen, den im Südosten hohe Berge, wie The Dwarf (2753 m) und Mount Burns (2740 m), flankieren. Er ist ein echter Tal⸗ gletscher, 10 km lang, durchschnittlich fast 1 km breit, im oberen Teile von ebener Oberfläche, im unteren von Spalten durchsetzt, von Felstrümmern übersät, und trägt zwei Seitenmoränen; er endet mit einer etwa 30 m hohen Eisklippe, aus der die Wasser des Lands⸗ boroughflusses geystrartig hervorbrechen, um parallel zur Hauptwasser⸗ scheide der Insel südwärts zu fließen.
Es mag wohl mit der Psychologie des Menschen zusammen⸗ hängen, daß er sein Heim farbig auszuschmücken strebt. Und solange eine Kunst bestand, hat sich auch neben ihr ein Handwerk etabliert, das ihre Werke nachbildete, und was der Geist des Künstlers ersann, in vielfachen Nachbildungen an die Minderbemittelten verteilte. Die Kunst ist ewig und unveränderlich. Von Santi bis zu Adolf Menjel ist sie dieselbe wunderbare Wiedergabe des Lebens durch ein künstlerisch empfindendes Temperament geblieben. Aber das Handwerk, die Wege der Vervielfältigungen, sind andere geworden. Mit dem feinen Spür⸗ sinn, der unserer Technik eigen ist, hat man die hehhen Probleme studiert, und die Photographie, die eine mechanische Kopie der Details ermöglicht, ist der Reproduktion eine machtvolle Helferin geworden. Sie hat im farbigen Lichtdruck einen Triumph gefeiert, und so konnte die Vereinigung der Kunstfreunde in Berlin, Markgrafen⸗ straße 57, an die große Aufgabe herantreten, 10 der ausgezeich⸗ netsten Bilder von Arnold Böcklin farbig nachzubilden.
Ja einer abgelegenen Seitenstraße Schönebergs, in einem großen, roten Hause, dessen hohe Fenster sich auf einen breiten, viereckigen Hof öffnen, sind die unzähligen Arbeitskräfte untergebracht, die gebraucht werden, um ein einziges Bild mit all den seltsamen Reizen, den ge⸗ heimnisvollen, märchenhaften Wirkungen, dem hinreißenden Farben⸗ zauber des Böcklinschen Genies darzustellen. Zuerst wird das Original im grellen Sonnenlicht photographiert und, da man nicht immer Sonnenlicht hat, so ist ein elektrischer Scheinwerfer erfunden worden, der auf dem kleinen Raum die Helligkeit der Sonne erzeugt. Drei Aufnahmen werden gemacht, und von der Gelatineschicht der nach ihnen hergestellten Positive werden die ersten Abdrucke in drei Farben hergestellt. Für das Auge des Künstlers haben diese farbigen Lichtdrucke eine eigenartige An⸗ ziehungskraft. Sie kommen natürlich dem Original an Leuchtkraft und Tiefe des Valeurs keineswegs gleich, sie machen eher den Eindruck einer individuell veränderten Kopie, die ein ebenbürtiger Künstler nach dem Original angefertigt hat. — Sind diese Lichtdrucke gewonnen, so schen die dfactabzen ein, aber nicht Lithographen im landläufigen Sinne,
ondern Künstler, die zum großen Teil seit 20 Jahren in der Anstalt der Vereinigung der Kunstfreunde tätig sind, und wägen mit prüfen⸗ dem Auge ab, welche Farben und welche Nuancen noch fehlen, um die Wirkung des Originals zu erzeugen. Zwanzig, fünf⸗ undzwanzig und mehr Steine werden angefertigt, die dann unter Anwendung der vollendetsten Drucktechnik Ton für Ton, Farbe für Farbe und jede kleine Nuance der Zeichnung auf das täuschendste wiedergeben. Es ist ein mühevolles Verfahren, und Hunderte von Intelligenzen und kunstfertigen Händen müssen zusammen⸗ wirken, um endlich in voller Pracht den Reichtum des Originals hervorzubringen. Tatsächlich gibt es gegenwärtig weder in Deutsch⸗ land, noch sonst auf dem europäischen Kontinent, noch jenseits des großen Wassers eine derartige Musteranstalt und derartig vertraute Gehilfen des Kunsthandwerks wie in dem großen roten Hause in der abgelegenen Straße von Schöneberg.
Die Wiedergabe der zehn Böcklins ist etwas bisher Unerreichtes. Gewiß haben die Klingerschen Radierungen und die Schwarz⸗weiß⸗ Darstellungen Böcklinscher Kunst große Erfolge errungen, aber es sst doch nun einmal eine unleugbare Tatsache, daß Böckling Größe in der unvergleichlichen Farbe seiner Gemälde besteht.
opulär aber kann nur eine farbige Darstellung den großen
chweizer Meister machen. Ins Volk dringen können nur preis⸗ werte Nachbildungen, und diese Aufgabe ist von der Vereinigung der Kunstfreunde vorttefflich gelöst. Nimmt man noch hinzu, daß die Vereinsgung der Kunstfreunde in einer eigenen Werkstatt die Rahmen der Originale, wie sie sich in der Schack⸗Galerie in München finden, herstellt, so fehlt nichts mehr, Arnold Böcklin in den weitesten Kreisen heimisch zu machen.s 8 ““
Ueber den Eid im Volksglauben bringt der „Globus“, Zeit⸗ schrift für Erd⸗ und Völkerkunde, einen Aufsatz, der gerade jetzt bei⸗ der bevorstehenden Prozeßreform von doppeltem Interesse sein dürfte⸗ In den weitesten Volkskreisen besteht noch heute eine echt religiöse Scheu vor Ableistung eines Eides, der von Alters her als ein sehr
efährliches Beteuerungsmittel galt und früher nur in den seltensten
ällen angewendet wurde; von diesem Gesichtspunkte erklärt sich auch die Stellungnahme des mosaischen „Rechts gegen das viele Schwören. Der Eid bedeutete ursprüngliich eine Selbstverfluchung für den Fall der Unwahrheit, und die Strafe für den Meineid sollte jeden treffen, der objektiv die Unwahrheit gesagt hatte, ganz gleich, ob dies vorsätzlich oder nicht vorsätzlich geschehen war, denn die feine Unterscheidung zwischen fahrlässigem und überhaupt nicht per⸗ schuldetem Falscheid gehört einer viel späteren Zeit an. Auch in unserm modernen Volksglauben lassen sich noch Jahrtausende alte Anschauungen über Meineid und Eid, beides Ueberbleibsel einer längst vergangenen Periode mystischen Rechts, nachweisen. Ers kürzlich weigerte sich in Cassel eine Frau, die wegen Sittlichkeits⸗ verbrechens angeklagt war, den ihr auferlegten Eid zu leisten, indem sie als Grund dafür angab, daß sie Mutterfreuden entgegensät. Gerade der Volksglaube, daß eine in gesegneten Umständen befindliche Frau nicht schwören solle, ist sowohl in Deutschland als auch ander⸗ wärts noch weit verbreitet. Strackerjan berichtet in seinem Buch: Aberglaube und Sagen aus dem Großherzogtum Oldenburg,
*) Der Betrieb in der Oberpfalz w. de ber ts anfangs 1907
wieder eingestellt. 1
“
daß dort der Aberglaube herrsche, daß sonst das erwartete Kind
treter der Kranken⸗,
wachung, den vüschiuß von Verträgen und Abmachungen, insbesondere
der für die Berufsgenossenschaften tätigen Personen.
naähere g
in den öalen Grenzen zu halten.
„viel auf dem Gericht liegen“ müsse. Auch in Oberösterreich soll sich eine schwangere Frau hüten, vor Gericht zu gehen oder zu schwören, „sonst hat das zu erwartende Kind viel gerichtliche Händel im Leben“. Bei den jüdischen Frauen und in Galizien gilt das Schwören in gesegneten Umständen als eine große Sünde, und in Dänemark soll nach dänischem Prozeßrecht einer schwangeren Frau kein Eid abverlangt werden; auch in Rumänien und in der Bukowina ist der gleiche Glaube bekannt. Daß er auch in den verschiedensten Gegenden Deutschlands noch heute verbreitet ist, beweisen die ab und ve Fineimn enden Eidesverweigerungen vor Gericht bis in die neueste e nein.
Die Wiederherstellungsarbeiten am FErechtheion auf der Akropolis von Athen werden nächstens abgeschlossen sein. Wie G. Caro im letzten Hefte des Jahrbuchs des Deutschen Archäolo⸗ gischen Instituts berichtet, sind schon die Nordhalle, die ein⸗ gestürzte Westwand und die Korenhalle aufgebaut und fast ganz aus den ursprünglichen Werkstücken ergänzt, die Süd⸗ wand ist neu erstanden, die noch vorhandenen schwarzen Marmor⸗ platten des Frieses sind an ihre Stelle gelegt. Nach Voll⸗ endung dieser Arbeiten wird sich der Architekt Balanos den Propyläen zuwenden, an denen Hill und Wood wichtige neue Beobachtungen gemacht haben. Durch neugefundene Stücke läßt sich jetzt das Dach der Pinakothek als ein dreifaches Pultdach wieder⸗ herstellen. Ueberraschende Ergebnisse hatte eine kleine, von Brückner und Skias ausgeführte Grabung am Friedhof vor dem Dipylon. Die Grabbezirke einzelner vornehmer Familien wurden festgestellt, und dabei ergab sich, daß sie sämtlich auf sehr viel höherem Unterbau auf⸗ ragten, als man bisher annahm. Was bis jetzt hier als antiker Boden alt, ist später aufgetragen.
In der Galerie Eduard Schulte wird nächsten HSie die Spitzweg⸗Ausstellung geschlossen. Sie erhielt in den letzten Tagen durch einige hervorragende Arbeiten weitere Ausdehnung. Gleichzeitig endigt auch die Ausstellung von August Seidel †, Eugoône Burnand, G. A. Fjaestadt, Otto Hettner, Ch. W. Bartletl usw.
Land⸗ und Forstwirtschaft. 2
Konferenz der deutschen landwirtschaftlichen Berufs⸗ genossenschaften e Pan vom 19. bis 22. September
Die Verhandlungen der Konferenz der deutschen landwirtschaft⸗ lichen Berufsgenossenschaften wurden am 19. September im Kaisersaal zu Darmstadt eröffnet. Zum Vorsitzenden wurde der Großherzogliche Geheime Regierungsrat Bichmann gewählt, der die zahlreich erschienenen Teilnehmer sowie die Vertreter der Großherzoglichen Ministerien und der übrigen Behörden im Namen der land⸗ und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft für das Hessen willkommen hieß. Namens des Großherzoglichen inisteriums des Innern begrüßte der Ministerialrat Dr. Usinger die Konferenz in längerer Ansprache, ebenso namens der städtischen Körperschaften der Beigeordnete Eckert. Alsdann wurde in die Tagesordnung eingetreten.
Zu dem 1. Punkt: „Stellungnahme zu den bekannt ge⸗ wordenen Grundzügen für die Abänderung der Organi⸗
sation, des Verfahrens und des Instanzenweges in Arbeiterversicherungssachen“ erstattete der Landesrat Nötel⸗ Posen einen Bericht, der mit dem Antrage schloß:
Die in Darmstadt versammelten Vertreter der deutschen land⸗ wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften erklären:
„Die in den Nummern 20, 24 und 36 des „Zentralblattes für das deutsche Baugewerbe“ veröffentlichten Grundzüge für die Ab⸗ änderung der Arbeiterversicherungsgesetze bieten in zahlreichen grundlegenden und besonders wichtigen Bestimmungen keine Ereeete Grundlage für die Umngestaltung des Unfallver⸗
cherungsrechts. Das Reichsamt des Innern ist entsprechend dem in der vorjährigen Konferenz der deutschen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gefaßten Beschluß wiederholt zu bitten, Ver⸗ Unfall⸗ und Invalidenversicherungsorganisationen mit beratender Stimme zur Abfassung des Entwurfs eines neuen Arbeiterversicherungsgesetzes, also vor Abgabe an die gesetzgebenden Körperschaften, zuzuztehen und den Entwurf möglichst frühzeitig zu veröffentlichen.“ Die sich an den Bericht anknüpfende Erörterung ergab allseitige
8 Nenmung zu dem Standpunkte des Berichterstatters, der von der
ersammlung ersucht wurde, seinen Vortrag in ungekürztem Wortlaut möglichst bald und noch vor der Drucklegung des Protokolls zu ver⸗ öffentlichen. Bei der Abstimmung wurde der gestellte Antrag ein⸗ stimmig angenommen. 8 Punkt 2. „Zusammenschluß der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und der in demselben Bezirk ansässigen Organe der gewerblichen Berufsgenossen⸗ schaften zu einer freien Vereinigung behufs Wahr⸗ nehmung gemeinsamer Interessen“ wurde von dem Geheimen Regierungs⸗ und Landesrat Kehl⸗Düsseldorf bebandelt. Er teilte im wesentlichen mit, daß im Rhheinlande die berufsgenossenschaftlichen Verwaltungen damit vorgegangen seien, sich zwecks Wahrnehmung gemeinsamer örtlicher Interessen zu einer freien Vereinigung zusammenzuschließen. Die Vereinigung bezweckt den Austausch von Erfahrungen über das Heilver⸗ fahren, besonders auch in der Wartezeit, über die Ent⸗ schädigungsfeststellung, über die Ueberwachung der Rentenempfänger und die dabei hervorgetretenen Uebelstände, über ärztliche Behandlung, Begutachtung, Honorarhöhe, künftige Ausbildung der Aerzte in der Unfallheilkunde und sozialen Medizin, Einrichtung der Heil⸗ anstalten usw., über Fragen der Unfallverhütung und Betriebsüber⸗
mit Aerzten, Krankenhäusern, Bandagisten, Krankenkassen usw., bezüg⸗ lich der gemeinschaftlichen Vertretung vor den Schiedsgerichten, sowie über die Schaffung von Einrichtungen für die Aus⸗ und Forghildun e erstreckte sich namentlich auf die einer solchen freien Vereinigung anzu⸗ iele, ferner auf die Einbeziehung anderer Versicherungs⸗
anschließende Besprechung Erweiterung der von strebenden
1 beagee (Krankenkassen, Landesversicherungsanstalten) und auf den Kosten⸗ “ untt. 6 deutschen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ersucht, mit dem
Im Anschlusse daran wurde die ständige Kommission der
ühlung zu nehmen behufs gemeinsamen Vorgehens der land⸗ wirtschaftlichen und der gewerblichen Berufsgenossenschaften in der Frage der Reform der Arbeiterversicherungsgesetze.
Pankt 3 der Tagesordnung betraf die Gründe für die Zu⸗ nahme der Rentenlast bei den landwirtschaftlichen Be⸗ rufsgenossenschaften und die neuere Entwicklung der Rentenlast. Berichterstatter waren der Oberregierungsrat Stamer⸗Reutlingen und der Landesrat Dr. Schröder⸗Cassel. Man war sich darin einig, daß der sogenannte Beharrungs⸗ zustand in der Entschädigungsleistung noch lange nicht zu erwarten sei, wenngleich in den letzten Jahren gewisse Schwankungen in der Steigerung der Lasten hervorgetreten seien. Diese Erscheinung sei im 8. wohl auf die in derselben Zeit allgemein einsetzende stärkere Anwendung der Mittel zurückzuführen, die sich als geeignet erwiesen haben, die Zunahme der Rentenlasten Als solche Mittel kämen neben der Durchführung der Unfallverhütung vorzugsweise in Betracht ein intensives Eingreifen in die Heilbehandlung der Unfallverletzten wäh⸗ rend der ersten 13 Wochen nach dem Unfall und späterhin die um⸗ fassende Kontrollrevision der Unfallrentenempfänger.
Punkt 4 der Tagesordnung betraf das Thema: „Begriff und Umfang des Heilverfahrens nach dem landwirtschaft⸗
Fäsrs ühlne, Ausschaß der gewerblichen Berufsgenossenschaften
lichen Unfallversicherungsgesetz, insbesondere die Nach⸗
behandlung und die erneute ärztliche Behandlung
Unfallverletzter nach Abschluß der Hauptbehandlung“.
Berichterstatter waren der Geheime Regierungs⸗ und Landesrat Kehl, Düsseldorf, und Dr. Lossen, Besitzer und Leiter der Darmstädter Ernst Ludwigs⸗Heilanstalt. Es wurde für zweckmäßig erklärt, dem Heilverfahren beit seiner Beendigung einen gewissen formellen Abschluß durch Benachrichtigung der Verletzten zu geben; im übrigen wurde die besondere Bedeutung dargelegt, welche die sofortige und in geeigneter Art einsetzende Heilbehandlung der Unfallverletzten nach den Er⸗ fahrungen der Praxis erlangt hat.
Der 5. Punkt der Tagesordnung, die Frage: „Ist die Auf⸗ fassung des Reichsversicherungsamts, daß der Verletzte nicht verpflichtet ist, eine Operation an sich vornehmen zu lassen, vom rechtlichen und ärztlichen Standpunkte aus gegenüber der abweichenden Anschauung des Reichs⸗ gerichts haltbar?“ wurde von dem Geheimen Oberregierungsrat Jung⸗Karlsruhe in verneinendem Sinne erörtert; Geheimer Re⸗ gierungsrat Radtke vom Reichsversicherungsamt verteidigte die Stellungnahme des Reichsversicherungsamts in dieser Frage.
„Der näͤchste 6. Punkt der Tagesordnung wurde von dem Landesrat Nötel⸗Posen behandelt, der die verschiedenen Mittel und Wege erörterte, wie im einzelnen den in der Praxis vielfach hervortretenden Schwierigkeiten in der vollständigen und richtigen Erfassung der Beitragspflichtigen abzuhelfen sei.
Zu Punkt 7 erörterte Landesrat Dr. Schröder⸗Cassel die Be⸗ deutung des bankmäßigen Ueberweisungs⸗ und Scheck⸗ A für die landwirtschaftlichen Berufsgenossen⸗
aften.
Dann folgte ein Referat des Geheimen Oberregierungsrats Jung⸗Karlsruhe über die Stellungnahme der landwirtschaft⸗ lichen Berufsgenossenschaften zur Aufhebung des § 25 des Statuts der Schmiede rufggenefsenschaft. die eine Rücküberweisung der bisher bei letzterer Genossenschaft versichert gewesenen landwirtschaft⸗ lichen Kleinbetriebe an die landwirtschaftliche Berufs⸗ genossenschaft bezweckt. Ueber die Gründe für diesen Beschluß gaben der Vorsitzende des Vorstands der Schmiedeberufsgenossenschaft Cyrus zund der Geschäftsführer Dr. Grundmann Auskunft. Die Konferenz beschloß, die Regelung der aus dem Beschlusse der Genossenschaftsver⸗
sammlung der Schmiedeberufsgenossenschaft vomm 27. Mai 1908 sich
ergebenden Fragen, insbesondere auch die Festsetzung des Zeitpunkts, zu dem der Uebergang der Betriebe und der darauf ruhenden Unfall⸗ lasten stattfinden fonlk der ständigen Kommission der deutschen land⸗ wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften zur Schmiedeberufsgenossenschaft zu überweisen.
Ueber „Maßnahmen zur Durchführung der land⸗ und forstwirtschaftlichen Unfallverhütung' berichtete der Landesrat Nötel⸗Posen. Das Reichsversicherungsamt wird die landwirtschaft⸗ lichen Berufsgenossenschaften, die technisch Aufsichtsbeamte haben, voraussichtlich im Dezember d. J. zu einer besonderen Besprechung der einschlägigen Fragen einladen.
Die von Landesrat Dr. Schröter⸗Breslau behandelte Frage: „Ist das Honorar des Arztes, welcher von der Berufs⸗ genossenschaft unmittelbar mit der Behandlung eines Unfallverletzten betraut worden ist, als Entschädigung im u“ des § 103 L.⸗U.⸗V.⸗G. anzusehen?“ wurde verneint..
Ueber die Beschlüsse der landwirtschaftlichen und gewerblichen Berufsgenossenschaften zu den Vorschlägen des Reichsversiche⸗ rungsamts betreffs der Abgabe von Unfallasten bei der Ueberweisung von Nebenbetrieben“ berichtete Landesrat Nötel⸗Posen. Diesen Vorschlägen sind nunmehr sämtliche landwirt⸗ schaftliche Berufsgenossenschaften beigetreten.
Ueber die „Anhörung des behandelnden Arztes nach § 75 Absatz 3 L. U.⸗V.⸗G., wenn der behandelnde Arzt zu der Berufsgenossenschaft in einem Vertragsverhältnisse steht“, verbreitete sich Landesrat Dr. Schröder⸗Cassel unter be⸗ sonderer Behandlung der dieser Bestimmung in neuerer Zeit vom Reichsversicherungsamt gegebenen Auslegung.
Nach einer Reihe geschäftlicher Mitteilungen seitens des Vor⸗ sitzenden der ständigen Kommission, Landezrats Nötel⸗Posen, und Ab⸗ stattung des Dankes an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für daf Großherzogtum Hessen als Gastgeberin wurde die Tagung geschlossen. 1
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
In Berlin wurden gestern nachmittag, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, durch den Kreisarzt Dr. Hüttig in der im 4. Stockwerk des Vorderhauses Kniprodestraße 116 belegenen Wohnung des Architekten Robert Otto bei einem fünf Monate alten Kinde Hans Mund echte Pocken feestgestellt und das Kind mit der Mutter, henn Martha Mund, geborenen Otto, dem Virchow⸗Kranken⸗ ause überwiesen. Mutter und Kind sind, von Brasilien kommend, am 3. d. M. zugereist und haben bis zum 15. d. M. im Arbeiterinnen⸗ heim in der Versöhnungs⸗Privatstraße gewohnt. Alle Vorsichts⸗ maßnahmen sind getroffen, und die Familie Otto ist in ihrer Woh⸗ nung vorläufig isoliert worden. Eine Zwangsimpfung ist heute vor⸗ mittag bereits erfolgt.
Vereinbarung mit der
St. Petersburg, 24. September. (W. T. B.) Die Cholera⸗ statistik weist heute 354 Neuerkrankungen und 172 Todesfälle auf. Die Gesamtzahl der Erkrankten beträgt 1705.
Port Said, 24. September. (W. T. B.) Hier ist ein Pest⸗ fall festgestellt worden.
Verkehrsanstalten.
In Waterberg (Deutsch⸗Südwestafrika) ist eine Postanstalt wieder eingerichtet worden, deren Tätigkeit sich auf die Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefsendungen sowie im Verkehr innerhalb des Schutzgebiets und mit Deutschland auf den Postanweisungs⸗ und den Nachnähmedienst erstreckt.
Vom 1. Oltober ab werden im Postanweisungsverkehr mit Britisch⸗Indten, Canada, Hongkong, der portu⸗ gteltler Kolonie Macao und Transvaal auf Verlangen den es Auszahlungsscheine gegen eine Gebühr von 20 ₰ aus⸗
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Im Verkehr mit Br ch⸗Somaliland (Schutzgebiet) sind
von jetzt ab Briefe mit rtangabe bis zum Höchstbetrage von Laut Telegramm aus Saßnitz ist die Post aus Schweden,
die heute vormittag 11 Uhr in Berlin fällig war, infolge von Zug⸗
verspätung in Schweden ausgeblieben. 11M“
Theater und Musik.
FzFhnigliches Opernhaus. 1“
Mozarts komische Oper „Figaros Hochzeit“ erlebte gestern ihre 500. Aufführung auf der Königlichen Bühne. Zum Teil neu und stimmungsvoll in Szene gesetzt und auch im übrigen sorgfältig vorbereitet, machte die Aufführung, die als hochwillkommene Hauptneuerung die von Levi wiederhergestellten Seccorezitative an Stelle des früher gesprochenen Dialogs brachte, als Ganzes einen äußerst vorteilhaften Eindruck. Eine feine Abtönung der Gesamtwirkung, ein verständnisvolles Eingehen auf den Stil Mozartscher Kunst und die ebenso lebendige wie präzise und musikalisch feinfühlige Handhabung des Orchesters durch Herrn Kapellmeister Blech waren die Hauptvorzüge. Man hatte mit Recht
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auf manche allgemein üblich gewordenen Manieriertheiten in Gesang und Darstellung verzichtet. So erlebte man denn gestern ein echtes
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künstlerisches Ereignis, trotz mancher Einwendungen, die man gegen den Darsteller des Figaro, Herrn Griswold, machen muß. Die schöne Stimme allein reicht doch hier nicht aus; für diese lebensprühende igur bedarf es eines beweglichen Temperaments und eines gewandten piels. Auch stört bei Herrn Griswold die mangelhafte Aussprache des Deutschen hier ganz besonders. Die Gräfin sang für das erkrankte räulein Destinn ein bekannter Gast, Frau Johanna Gadski vom etropolitan Operahouse in New York, mit besonders im Piano wohlklingender Stimme und kluger Unterordnung unter den Geist der Gesamtaufführung. Hoffmann als Almaviva, Fräulein Hempel als Susanne, Fräulein Rothauser als Cherubin, Frau von Scheele⸗Müller als Marzelline, Herr Bachmann als Bartolo, Herr Lieban als Basilio, Herr Philipp als Richter, Herr Krasa als Gärtner und Fräulein Lindemann als. Bärbchen boten alle im erwähnten Sinne vorzügliche, zum Teil ja bereits vorteilhaft bekannte Leistungen, sodaß der reiche Beifall des Hauses im vollsten Maße gerechtfertigt war.
Neues Theater. 8
Das Neue Theater erzielte mit der gestrigen Erstaufführung einet. aus Amerika bezogenen Stückes einen Fefol , der pon einiger Dauer⸗ zu sein verspricht. „Wahrheit“ nennt sich dieses vieraktige Lustspiel von Clyde Fitch, das Berta Pogson für die deutsche Bühne bearbeitet hat. Unwillkürlich wird man dabei ein wenig an Ibsens „Nora“ erinnert; ein Puppenheim ist es, in dem Becky, Tom Warders niedliches Frauchen, auf ihre Art schaltet und waltet. Aber zum Unter⸗ schied von Nora will sie von ihrem Mann gar nicht ernst genommen werden, und ihre Neigung zu kleinen Flunkereien soll er verstehen, vergeben und sich mit der Gewißheit begnügen, daß sie ihn wahrhaft liebt. Aber diese Flunkereien bringen sie in eine böse Lage. Eine verheiratete -vve ist auf sie eifersüchtig Heeden⸗ weil sie in Erfahrung ge⸗ racht hat, daß ihr Gatte mit Beckxy allzuhäufig zusammentrifft. Sie macht Tom Warder darauf aufmerksam, und Becky verstrickt sich, von ihm zur Rede gestellt, mutwillig in ein Lügengewebe, das mit Recht den Verdacht des gutmütigen Tom stark erregt. Man trennt sich, und Becky reist zu 8. Vater. Dieser, ein alter Tagedieb, der von einer von Tom ihm ausgesetzten Leibrente lebt, ist von der Ankunft der Tochter wenig erbaut und beschließt, da er den Verlust der Rente befürchtet, das junge Paar wieder zusammen⸗ ubringen. Er telegraphiert an Tom, daß Beckpy ein Unfall zugestoßen xei. Becky aber weigert sich, in der von ihrem Vater in Szene gesetzten Komödie die ihr zugedachte Rolle zu über⸗ nehmen, sie gesteht vielmehr ihrem inzwischen voll Besorgnis herbeigeeilten Gatten reumütig ihr Unrecht ein, und dieser nimmt sie denn auch verzeihend in seine Arme. — Auf tiefere Wirkungen geht das Stück nicht aus, aber es ist in der Charakterzeichnung nicht übel geraten und von harmloser Unterhaltsamkeit. Seine Wirkung be⸗ ruht hauptsächlich auf dem Spiel der Darstellerin der Beckyv. Meta Jäger, die Inhaberin der Rolle, war ihrer Aufgabe vollauf gewachsen. Das spielerische Wesen der jungen Frau traf sie meisterlich, ließ aber auch stets die bessere und tiefere Seite des Charakters durchblicken. Ihr Mann wurde von Herrn Christians, das andere Ehepaar von Herrn Schroth und Fräulein Reimann angemessen verkörpert. Eine köstliche Charge bot Herr Schmidthäßler als Vater Beckys, und Rosa Valetti zeichnete eine verliebte Zimmervermieterin mit vollsaftigem Humor. Sehr geschmackvoll hatte William Wauer das Lustspiel in Szene gesetzt. 8 1“ “
Morgen, Sonnabend, findet im Königlichen Opernhause eine Aufführung der großen historischen Pantomime „Sardanapal“ in der bekannten Besetzung statt. Musikalische Leitung: Dr. Besl.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Shake⸗ speares Hamlet“ aufgeführt. Die Titelrolle spielt zum ersten Male ber Lindner, in den anderen Fripteggen sind die Herren Vollmer,
ohl, Geisendörfer, Boettcher, Kraußneck, Mannstädt, Müller, Eich⸗ holz und die Damen Meyer und Ressel, als Gast, beschäftigt.
Bei der am Dienstag, Mittags 1 Uhr, im Deutschen Theater stattfindenden Gedächtnisfeier für Adolph L'Arronge wird der Intendant des Stuttgarter Hoftheaters Freiherr zu Putlitz die Gedächtnisansprache halten und Professor Sieg⸗ wart Friedmann, der itbegründer und ehemalige Sozietär des eutschen Theaters, einen von Ludwig Fulda ver⸗ . Prolog sprechen. Im musikalischen Teil der eier wirken mit: die Königliche Sängerin Frau Thila Plaichinger, Pro⸗ fessor Heinrich Grünfeld, Professor Oskar Bie und der Pianist Curt Bake. Eintrittskarten zu dieser Feier sind im Bureau des Deutschen Theaters unentgeltlich zu haben.
Mannigfaltiges.
8 Berlin, 25. September 1908 “
In den reich und geschmackvoll geschmückten Festsälen des Zoo⸗ logischen Gartens fand gestern abend das Festbankett der Presse für die Teilnehmer am 12. Internationalen Pressekongreß statt. Nachdem der Vorsitzende des Berliner Arbeitsausschusses Schweitzer das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König und die Souveräne und Staatsoberhäupter der anderen auf dem Kongresse ver⸗ tretenen Länder ausgebracht hatte, nahm der Staats⸗ und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben das Wort zu einer Ansprache, in der er etwa folgendes ausführte: „Wenn der Finanzminister das Wort ergreift, findet er immer eine gewisse Aufmerksamkeit, aber die Auf⸗ merksamkeit löst sich meist in die mit stillem Grauen gestellte Frage auf: was kostet das? Deshalb ist es begreiflich, daß in den Be⸗ ziehungen zwischen Presse und Finanzminister der Finanzminister mehr das leidende Objekt als das beglückte Subjekt bildet. Aber heute will ich die Gemüter beruhigen und sagen: es kostet nichts. Ich habe Ihnen dann zunächst im Namen meiner Ministerkollegen für die freundliche Einladung zu Ihrem Kongresse und Ihren Festen zu danken. Eine der hervorragendsten Tätigkeiten des Finanzministers besteht in dem Abtragen von Schulden, und es drängt mich, die Dankesschuld abzutragen, die wir bei Ihnen für Ihre Einladung haben. Ich habe Ihnen weiter die Grüße des Reichskanzlers zu übermitteln, der es sich nicht versagen kann, namentlich den ausländischen Journalisten, ehe sie wieder in ihre Hemot zurückkehren, noch einmal seine Sympathien auszudrücken.
nd dann lassen Sie mich meiner Bewunderung Ausdruck geben für Ihren Präsidenten Singer, der mit unermüdlichem Eifer und unvergleichlicher Unparteilichkeit Ihre Verhandlungen leitet, und für den Vorsitzenden Ihres Arbeitsausschusses Herrn Schweitzer, der seit Monaten tätig gewesen ist, um diese schöne Ver⸗ anstaltung in würdiger Weise zustande zu bringen. Die Geschichte der 18. Jahrzehnte ist eine Geschichte der regsten Verkehrsentwicklung. Obwohl aber der Verkehr die Völker einander ständig näher bringk, sehen wir den anscheinenden Widerspruch, daß die Nationalitäten stärker wie früher ihre Eigenart betonen und auf deren Wahrung bedacht sind. Deshalb werden auch die Ausländer es hoffentlich verstehen, wenn die deutsche Nation auf ihre Eigenart stolz ist. Die Presse hat die schöne Aufgabe, was an Fortschritten der Kultur und Mensch⸗ lichkeit geleistet wird, dem Volke zu vermitteln, alles was in der Studierstube in Literatur und in Kunst Großes erzeugt wird, in täg⸗ liche Münze umzusetzen. Bei dieser hohen Aufgabe sollte ihr die alte Regel, bei dem Mitmenschen nur Gutes, nicht Schlechtes voraus⸗ zusetzen, zur Richtschnur dienen, auch in dem Verkehr von Nation zu Nation.“ Der Redner schloß mit dem Wunsche, daß die ausländischen Gäste, von der Aufnahme in Berlin befriedigt, nicht sagen möchten: zum ersten und zum letzten Male, sondern 8 ersten Male und auf und brachte ein Hoch auf den 12. Internationalen Presse⸗ ongreß aus.
Im weiteren Verlauf des Festmahles toasteten der Chefredakteur Vollrath⸗Berlin auf die Association de la presse inter- nationale, der Kongreßpräsident Singer auf sämtliche an dem Kongreß beteiligten Journalistenvereinigungen. Im Namen der aus⸗ ländischen Gäste dankte der Direktor des „Temps“ M. Hébrard; end⸗ lich dankte der Redakteur Schütze⸗Berlin dem Finanzausschuß.