“ Kienitz, Schultheß,
breck (Kurd), Tietz, Faäalkenhagen,
Der Königlich sächsische Regierungsbaumeister Bernhard Lohmann in St. Ludwig ist zum Kaiserlichen Eisenbahn⸗Bau⸗ und Betriebsinspektor bei der Verwaltung der Reichseisen⸗ bahnen in Elsaß⸗Lothringen ernannt worden.
88 Der bisherige bayerische Rechtspraktikant Eugen Fischer zu Straßburg (Els.) ist zum Kaiserlichen Regierungsassessor ernannt und der Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsaß⸗ Lothringen als Hilfsarbeiter überwiesen worden.
Königreich Preußen. —
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Präsidenten der Königlichen Oberzolldirektion, Ge⸗ heimen Finanzrat Mertens in Altona a. E. zum Geheimen Oberfinanzrat zu ernennen und dem Distriktskommissar von Bodungen in Pakosch aus Anlaß seines Scheidens aus dem Amt den Charakter als Polizeirat zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Oberbürgermeister Werner in Kottbus das Recht
su verleihen, bei geeigneten Gelegenheiten die goldene Amts⸗ ette zu tragen.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ un Medizinalangelegenheiten. 8
8 Die Diphtherieheilsera mit den Kontrollnummern 78 bis 891, in Buchstaben: Achthundertachtundsiebzig bis Achthunderteinundneunzig, aus den Höchster Farbwerken, 118, 121 bis 125, in Buchstaben: Einhundertachtzehn, Ein⸗ hunderteinund wanzig bis Einhundertfünfundzwanzig,
8 aus der Merckschen Fabrik in Darmstadt, 104 bis 107, in Buchstaben: Einhundertvier bis Einhundert⸗ sieben, aus dem Serumlaboratorium „Ruete Enoch“ in
Hamburg
sind, soweit sie nicht bereits früͤher wegen Abschwächung ꝛc.
eingezogen sind, vom 1. Oktober d. J. ab wegen Ablaufs der staatlichen Gewährdauer zur Einziehung bestimmt 8
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 34 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 10 920 die Verordnung wegen Einberufung des Landtags der Monarchie, vom 2. Oktober 1908. Berlin W., den 5. Oktober 1908. igliches Gesetzsammlungsamt. ö“ “
Personalveränderungen.
6 Königlich Preußische Armer.
Offiziere, Fähnriche usw. Jagdhaus Rominten, 2. Oktober. v. Lippa, Oberlt. im Drag. Regt. von Wedel (Pomm.) Nr. 11, von dem Kommando als Reitlehrer an der Hauptkadetten⸗ anstalt enthoben. Frhr. v. Fürstenberg, Oberlt. im Kür. Regt. von Driesen (Westfäl.) Nr 4, als Reitlehrer zur Hauptkadettenanstalt, v. Lautz, Lt. im Magdeburg. Hus. Regt. Nr. 10, auf ein Jahr jur Dienstleistung bei des Herzogs von Anhalt Hoheit, — kommandiert.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 23. Sep⸗ tember. Frömming, Intend. Sekretär von der Intend. des VII. Armeekorps, zu der 13. Div. versetzt. Janzen, Ober⸗Intend. Sekretär von der Intend. des XVIII. Armeekorps, auf Antrag zum 1. Oktober 1908 mit Pension in den Ruhestand versetzt.
24. September. Versetzt: Kramer (Emil), Intend. Diätar von der Intend. der militärischen Institute, zu der des IV. Armeekorps, Günther, Garn. Verwalt. Kontrolleur in Mei⸗ ningen, als Garn. Verwalt. Insp. nach Neusalz O.⸗Schl., die Kaserneninspektoren Siefken in Saarlouis nach Paderborn, Schle⸗ voigt in Cöln nach Meiningen, als Kontrolleführer auf Probe unter Aufhebung ihrer n ⸗ nach Brandenburg a. H. bzw. Paderborn.
Aufgehoben die Versetzung des Garn. Verwalt. Kontrolleurs Schuch in Brandenburg a. H. nach Neustadt O⸗Schl.
AMILIII. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.
Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde⸗ rungen, Versetzungen. Schloß Friedrichshafen, 16. Sep⸗ tember. Gr. v. Reischach, Major beim Stabe des Trainbats. Nr. 13, bis auf weiteres zur Dienstleistung beim Kriegsministerium behufs Versehung der Stelle des Inspizienten des Feldart. Geräts kommandiert. 3
Schloß Bebenhausen, 30. September. Drechsel, Lt. im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, von dem Kommando zur Dienst⸗ leistung beim Kriegsministerium entheben.
Im Sanitätskorps. Schloß Bebenbhausen, 28. Sep⸗ tember. Dr. Herter, Stabs⸗ und Bats. Arzt im Inf. Regt. König Wilbelm I. Nr. 124, zum überzähl. Oberstabsarzt, Geyssel, Assist. Arzt im Füs. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn Nr. 122, zum überzähl. Oberarzt, — mit Patent vom 10. September 1908, Gaus, Dr. Greeff, Dr. Weil (Stuttgart), Dr. Krauß (Reutlingen), Dr. Meyer (Heilbronn), Hermann (Eßlingen), Assist. Aerzte der Res., Dr. Bruns, Dr. Bauer, Dr. Weigelin (Reutlingen), Assist. Aerzte der Landw. 1. Aufgebots, — zu Oberärzten mit Patent vom 10 September 1908, — befördert.
Beamte der Militärverraltung. Schloß Bebenhausen, 24. September. Germer, Zahl⸗ meister im Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, seinem Ansuchen ent⸗ sprechend wegen Krankheit mit der gesetzlichen Pension in den Ruhe⸗
stand versetzt. Kaiserliche Marine.
Offiziere usw. 28. September. Zu Lts. zur See unter Festsetzung ihres Dienstalters in nachstehender Reihenfolge befördert die Fähnriche zur See des Jahrgangs 1905: v. Martin, Gude, Lawrence, Guse, Canaris, Schuster (Karl), Groß, Dehn, Mey. Zincke gen. Sommer, Dose, v. Müller (Ludwig), Gerth (Erich), Fischer (Wolf⸗ ang), Christiani, Benninghoff, Aust, Loewenstein, 1e. Jacobi (Carl), Tornow, Frhr. v. Maltzahn, v. ; Lepsius, Stenzler, Bücking, v. Schütz (Julius),
rau, Roeder (Valentin), Pustkuchen (Albrecht), Wer⸗ nicke, Bräutigam, Lorenz (Hermann), Merks (Paul), Schüßler, Oldekop (Friedrich), Georg, Weisbach, v. Ar. nauld de la Peridre, Sebelin, v. Fischel, Krech, Schliep, Dieckmann, Götze, Andresen, v9“ v. Heyde⸗ Rother, Werner, oellreutter,
Giese. Köhler, v. Kries (Heinrich), Hevelke, v. Tschirschky u. Boegendorff, v. Leyetzow, Willich, Deym Gr. v. Stritez, Angel, Kalk, Bender (Waldemar), Tebbenjohanns, Nieland, Hashagen (Ernst)
ö1“ G .
Macht beteiligt sei.
Krause, Kalbe, Merks (Hans), Hartwig, Hespe (Karl), Schapler, Becker (Adolf Friedrich), luge, Becker Walther), Scherzer, Hillebrand, Creutzfeldt, Bielfeld, ensch, Ruhr, v. Kries (Alfred), Coupette (Karl), Möller, v. Ahlefeld, Wende, Rasch, Jürgens. Gr. v. Montgelas, Klein (Friedrich), Weddige, Gelau, 5 „Zimmermann, Schröder, Schiwig, Horn, ruse (Wilhelm), Telge, Hugo, Benecke, Gutjahr, Trenk, Löblich, Pelizaeus, v. Reiche, v. Ruville, Peters Konrad), Spruner v. Mertz, Claussen (Richard), aaß, Bergler, Sellschopp, Neumann (Walther), 8 Frhr. v. Sell, Hermann, Valentiner (Gerhard). er Lt. zur See Prinz Christian von Hessen⸗Philippsthal⸗ Barchfeld erhält ein Dienstalter unmittelbar hinter dem Lt. zur See Creutzfeldt. 29. September. Brandes (Georg), Oberlt. zur See vom Stabe S. M. S. Frithjof“, zum Kapitänlkt., Haußmann, Lt. zur See vom Stabe S. M. kleinen Kreuzers „Königsberg“, zum Oberlt. zur See, — befördert. Oxé, Fregattenkapitän z. D., Navigations⸗ direktor der Werft zu Kiel, den Charakter als Kapitän zur See erhalten. 86
S Angekommen:
der Direktor im Justizministerium, Wirkliche Geheime Oberjustizrat Dr. Bourwieg, vom Urlaub.
8
Aichtamtliches.
Deutsches Reich. 8 Preußen. Berlin, 6. Oktober. G
Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Ver⸗ kehr hielt heute eine Sitzung 8
85
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist/S. M. S. „Condor“ am 2. September in Ponape (Ost⸗Karolinen) eingetroffen und am 16. September von dort nach Jaluit (Marochalinseln) in See Pganffen.
M. S. eehan ist am 3. Oktober in Kingstown (Jamaica) eingetroffen und geht am 12. Oktober von dort nach St. Thomas (Westindien) in See.
S. M. „Bremen“ ist am 3. Oktober in Puerto Madrin (Argentinien) eingetroffen und geht heute von dort nach dem Matthias⸗Golf (Argentinien) in See.
S. M. S. „Arcona“ ist vorgestern in Tschinwangtau eingetroffen und geht am 14. Oktober von dort nach Tschifu in See.
S. M. S. „Luchs“ ist vorgestern in Shimonosecki (Japan) eingetroffen und geht heute von dort nach Kobe in See.
S. M. S. „Iltis“ ist gestern in Schanghai eingetroffen und geht morgen von dort wieder in See.
S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist gestern von Canton nach Hongkong in See gegangen.
1 8 8 lüee
Seine Majestät der König von Spanien empfing, „W. T. B.“ zufolge gestern nachmittag das Offizierkorps des ihm von Seiner Majestät dem König Friedrich August verliehenen 2. Ulanenregiments Nr. 18 und stattete alsdann Ihren Königlichen H dem Prinzen und der Prinzessin Johann Georg einen Besuch ab. Abends 6 ½ Uhr fand zu Ehren Seiner Majestät des Königs Alphons Galatafel statt. Um 8 Uhr besuchten die Aller⸗ höchsten Herrschaften die Festvorstellung im Opernhaus, der auch das diplomatische Korps, die Spitzen der Zivil⸗ und Militärbehörden beiwohnten.
8 8
Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, wurden auf den deutsch⸗böhmischen Städtetagen in Eger, Teplitz und Reichenberg Resolutionen gefaßt, in denen die Regierungs⸗ politik scharf gemißbilligt, von den Abgeordneten verlangt wird, daß sie in der Obstruktion bis zur Sicherstellung der nationalen Unabhängigkeit der Deutschen Böhmens verharren, und zur Verweigerung der Landesumlagen aufgefordert wird.
Großbritannien und Irland.
Der österreichisch⸗ungarische Botschafter in London Graf Mensdorff ist, wie das „W. T. B.“ meldet, nach Balmoral abgereist, um dem König Eduard den eigenhändigen Brief des Kaisers Franz Joseph vorzulegen. Die englische Regierung ist von der österreichisch⸗ungarischen Regierung über die Absichten des Kaisers, betreffend Bosnien und die Herzegowina, in Kenntnis gesetzt worden.
— Ueber die Stellung der britischen Regierung zu der Proklamation Bulgariens zum Königreich erfährt das „Reutersche Bureau“, daß die Regierung keiner Macht das Recht zugestehen könne, einen eaas esn E. Ver⸗ trag zu ändern ohne die Einwilligung der anderen daran beteiligten Faktoren. Sie müsse daher jeder Aufhebung des Berliner Vertrages ihre Zustimmung verweigern und es ablehnen, das, was geschehen ist, arzuerkennen, bevor nicht die Anschauungen der anderen Mächte bekannt seien, insbesondere diejenigen der Türkei, die näher als jede andere
Frankreich.
„Wie eine Note der „Agence Havas“ meldet, empfing der Ministerpräsident Clemenceau gestern nachmittag den Minister des Aeußern Pichon und hatte sodann mit dem russischen Minister Iswolski, der von Pichon am Vor⸗ mittag empfangen worden war, eine Unterredung. Aus den Unterredungen zwischen Iswolski, Clemenceau und Pichon ergab sich eine vollständige Uebereinstimmung zwischen den Anschauungen der französischen und der russischen Regie⸗ rung bezüglich der Angelegenheiten im Orient.
Pariser Blättern zufolge wurde in Unterredungen, die der Minister Pichon gestern mit den Vertretern fremder Mächte hatte, der Plan der Einberufung eines Kongresses er⸗ örtert, der zum mindesten so umfassend sein soll wie der
Berliner Kongreß von 1878.
— Der bulgarische Vertreter in Paris hat den Auftra erhalten, die Unabhängigkeitserklärung Bulgarient der feengseh Regierung zur Kenntnis zu bringen. 9 n betreffenden Telegramm heißt es u. a., „W. T. F. zufolge:
K Unabhängigkeitserklärung sei durch den einmütigen Wurs des bulgarischen Volkes erfolgt, das die Hindernisse zu beseitige wünschte, die seine Entwicklung immer gehemmt hätten un immer die Ursache von Beziehungen zu den Nachbarn bildeten, de den Frieden und die Ruhe auf dem Balkan stören könnten. Bu⸗ garien werde alles tun, was seiner Würde entsprechend sei, um eine Störung des Friedens auf dem Balkan zu vermeiden; aber gleichzeitz sei die ganze Nation, wenn es die Ereignisse erfordern sollten, bereit wie ein Mann ihr heiliges Werk zu verteidigen.
Türkei.
Die Pforte hat gestern nachmittag die telegraphie Nachricht von der Proklamierung Bulgariens bich Königreich erhalten. Wie das „K. K. Telegraphen⸗Korr⸗ spondenzbureau“ meldet, hat der Fürst Ferdinand an der Sultan eine Depesche gerichtet, in der er erklärt, daß er stetz von den Gefühlen der Treue gegenüber dem Sultan be seelt gewesen, aber die Volksbewegung in Bulgarien st groß geworden sei, daß er der Proklamierung zum Königreiche ustimmen mußte. Der Ministerrat hat beschsossen, an den Fürsten ein Telegramm abzusenden, in dem es obiger Quell⸗ zufolge heißt: Da dieser Akt eine Verletzung des Berline Vertrages darstelle, werde die Pforte bei den Signatarmächten protestieren und gemäß deren Entscheidung sehr ernste Maß⸗ nahmen ergreifen.
Die ruhigen und besonnenen türkischen Elemente sind ein⸗ stimmig der Ansicht, daß die Türkei angesichts der Gesamtlag⸗ des Landes, der geschwächten Hilfsquellen sowie des moralischen und materiellen Zustandes der Armee, ferner im Interesse des neuen jungtürkischen Regimes wegen der bulgarischen Unat⸗ hängigkeitserklärung jedweden bewaffneten Konflikt vermeiden und sich auf die Entscheidung der Mächte verlassen müsse.
Der Verein der türkischen Presse hat beschlossen, das bulgarische Vorgehen streng zu verurteilen, auf die öffentliche Meinung jedoch beruhigend einzuwirken durch S. darauf daß das Ereignis seit langem erwartet war, und daß die Pforn die nötigen Schritte unternehmen werde. Ferner wurde be⸗ schlossen, das Ministerium nicht anzugreifen und dem Großwesn die Fortdaner des Vertrauens zum Ausdruck zu bringen.
Deerr russische Botschafter Sin owjew hat gestern in seing Eigenschaft als Doyen des diplomatischen Korps der Pfort eine Kollektivnote aller Botschafter überreicht, die, den „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ zufolge, besagt, daß die Regierungen beabsichtigten aus Beweggründen, die de Pforte schätzen werde, die Offiziere, die mit der Re⸗ organisation der mazedonischen Gendarmerie betraut seien, auf unbestimmte zei zu beurlauben. Die Offtziere könnten unter den gegenwärtigen Verhältnissen als In⸗ strukteure und Kontrollorgane nicht nützlich verwendet werden. Da sie aber durch Kontrakt gebunden seien, so frage man an, ob die Pforte gegen diese Maßregel nichts einzuwenden habe. Falls die Pforte den Vorschlag akzeptiere, bleibe nur übrig, gemeinschaftlich die Entschädigung 1 regeln, die den be⸗ urlaubten Offizieren zu leisten sei. iese letzte Klausel wurde besonders auf englisches Verlangen beigefügt, da die englischen Offiziere infolge der Beurlaubung außerhalb des Truppenver⸗ bandes stehen.
Serbien.
Die Nachricht von der Proklamation Bulgariens zum Königreich hat in Belgrad großen Eindruck gemacht. Am Nachmittag fand, „W. T. B.“ zufolge, im Palais ein Ministerrat unter dem Vorsitze des Königs statt, der seine Ab⸗ reise zu den Manövern verschoben hatte, und Abends wurden die Führer der politischen Parteien zur Beratung über die Lage in das Palais berufen. Eine große Menschenmenge veranstaltete Abends Kundgebungen gegen die Annexion Bosniens und der Herzegowina und sodam Sympathiekundgebungen vor der türkischen Gesandtschaft und vor den Gesandtschaftsgebäuden Englands, Rußlands, Frank⸗ reichs und Italiens.
Bulgarien.
Das gestern von dem Fürsten Ferdinand in Tirnoms
verlesene Manifest, betreffend die Proklamation Bulgariens um Königreich, hatte, nach einer Meldung der „Agene⸗ ulgare“, folgenden Wortlaut:
Durch den Willen unserer unvergeßlichen Befreier, des große russischen Volkes, auch mit dem Beistande unserer guten Freunde und Nachbarn, der Rumänen, Untertanen Seiner Majestät des Königs vor Rumänien, ist seit 1878 die Kerte des Jochs gebrochen. Sei diesem Zeitpunkt, schon dreißig Jahre lang, hat das bulgarisee Volk, unerschütterlich in seinem Gedenken an die Apostel der Freiheit, unermüdlich an der Entwicksung des Landes gearbeitet und es unter meiner und des hochseligen Fürsten Alexanders Führung in den Stand gesetzt, als würdiges Mitglied mit gleichen Rechten in die Familre der zivilisierten Völker einzutreten, um kulturell und wirtschafllich weiter vorwärts zu kommen. Auf diesem Wege darf nittt Bulgarien aufhalten und nichts soll seinen Fortschritt hinden. Das ist der Wunsch und der Wille des Volkes. Das Volk der Bulgaren und sein Oberhaupt können nur ein und dasselbe denka und wünschen. Tatsächlich unabhängig, ist das Land doch in seirer natürlichen und friedlichen Entwicklung durch falsche Vorstellungen ge⸗ hemmt, deren Zerstörung eine Erkältung zwischen Bulgarien und dee Türkei zur Folge hatte. Ich und mein Volk wünschen eine Ver⸗ jüngung der Politik der Türkei herbeizuführen. Sie und Bulgarien frei und unabhängig, haben die Vorbedingungen, um freundschaftlich Bande zu schaffen und sie zu festigen, indem sie sich einer friedlichen Ert⸗ wicklung hingeben. Durchdrungen von dieser heiligen Aufgabe un um den Bedürfnissen des Staats gerecht zu werden, proklamiere is mit dem Segen des Allmächtigen das seit 1885 geeinigte Bulgarie⸗ zum unabhängigen Königreiche. Mit meinem Volke glaube ich, dei dieser Schritt die Billigung der Großmächte fiaden wird. Es let das Volk und das unabhängige Bulgarien!
Die Präsidenten der Kammer und der Ministerrat boten im Namen der nationalen Vertretung und der Regierung den Fürsten den Titel eines ersten bulgarischen Königs an, der der Fürst, wie er sagte, mit Stolz und Dankbarkeit annahmn.
In einer Zirkulardepesche des Ministers des Innern an die Präfekten heißt es, „W. T. B.“ zufolge.
Als Folge der im Inlande wie im Auslande eingetretenen Ereig⸗ nisse, des Geschow⸗Zwischenfalls, der Besetzung der Orientbahnlinte ergab sich die Proklamation der formellen Unabhängigkeit, welch⸗ talsächlich schon bestand, als in dem Interesse des Landes liegen Um dieser nationalen Nolwendigkeit zu entsprechen, hat Seine Majestä der König Ferdinand I. in der alten Hauptstadt der bulgarischen König⸗ die beiden Bulgarien des Nordens und des Südens als freies und ur⸗ abhängiges Königreich Bulgarien proklamiert.
Die Nachricht von der Proklamierung Bulgariens zun
önigreich wurde sowohl in der Hauptstadt wie in der Provinz mit
Bporis vor seiner Wohnung enthusiastische
Lande Gottesdienste abgehalten. Au
paraden abgehalten werden.
enthielten sich
großer Begeisterung aufgenommen. Wie das „W. T. B.“ meldet, Focbhte in Sofia eine große Menschenmenge dem Erbprinzen undgebungen dar. Der Erbprinz erschien am Fenster und dankte mit den Worten: „Mit Hilfe des bulgarischen Volkes hat mein Vater eine 1 Fwiore jen 12 große Tat vollführt. Es lebe das Königreich Bulgarien! b fanden Sympathiekundgebungen statt vor dem Denkmal des Zarbefreiers und den Gebäuden der diploma⸗ tischen Vertretungen der Großmächte. Alle Verwaltungs⸗ behörden trafen Maßregeln, um das Ereignis festlich zu be⸗ gehen. Die Städte sind beflaggt. Heute werden im ganzen dem Truppenübungs⸗ latze bei Sofia wird heute Parade der gesamten Garnison stattfinden. Ebenso werden auch in der Provinz Truppen⸗ Alle Bureaus sind geschlossen.
Der Unterricht in den Schulen fällt für drei Tage aus.
Dänemark. 8
In der gestrigen Sitzung des Folkethings wurde der von der linken Reformpartei und der gemäßigten Linken ein⸗ gebrachte Antrag, das Haus möge den Willen aussprechen, an der Milderung der Folgen des von Alberti begangenen Verbrechens mitzuwirken, „W. T. B.“ zufolge, mit den
Stimmen dieser Parteien angenommen. Die übrigen Parteien der Abstimmung. Die nächste Sitzung wurde auf den 13. Oktober festgesetzt. 1b 1
8
Afrika.
Vorgestern hat sich ein neuer EöTTö1 Zwischenfall in Rabat zugetragen. Ein von „W. T. B.“ verbreitetes Telegramm der „Kölnischen Zeitung“ hierüber folgendes: 1b
Der Bote der deutschen Post, Muhammed Filali, geriet in Streit mit den einem französischen Offizier unterstehenden Polizei⸗ truppen. Als er verhaftet wurde und dem französischen komman⸗ dierenden Offizier vorgeführt werden sollte, kam es zu einer Schlägerei zwischen den Polizeitruppen und Marokkanern, wobei Muhammed Filali entwischte. Der französische Offizier verlangte vom deutschen Vize⸗ konsul die Auslieferung des Postboten. Diese wurde verweigert,
meldet
jedoch zugestanden, daß der betreffende Offizier, der Hauptmann
Reimont, der Vernehmung des Postboten und der Zeugen beiwohnen könnte. Bei dieser Vernehmung haben sich über den tatsächlichen B.eeen Abweichungen ergeben. Es ist zu hoffen, daß die weiteren esprechungen zwischen dem deutschen Vizekonsul und dem französischen Holtfeiegaaer zu einer Beilegung des Zwischenfalls führen, der sich, soweit bisher ersichtlich, nur als eine Schlägerei zwischen Marokkanern und Polizeisoldaten darstellt.
8
Koloniales.
Das Oktoberheft des „Tropenpflanzers“, Organs des Kolonialwirtschaftlichen Komitees (Berlin, Unter den Linden 43), ent⸗ hält an erster Stelle einen interessanten Aufsatz von Udo von Katte über „die wirtschaftlichen Verhältnisse am Viktoriasee“. Der Ver⸗ fasser, der längere Zeit in Deutsch⸗Ostafrika praktisch tätig war und im Jahre 1907 den Viktoriasee bereiste, schildert zunächst die klimatischen und die Bodenverhältnisse von Muanza und Umgebung und geht dann ausführlich auf die Frage ein, welche Aussichten dieses Gebiet in wirt⸗ schaftlicher Beziehung für die Zukunft zu bieten In einem Aufsatz „jur Kolafrage“ gibt Korpsstabsapotheker a. D. L. Bernegau, der bekannte Kolaforscher, wichtige Fingerzeige zur Unter⸗ scheidung der verschiedenen Kolaarten, sowie für die Aufbereitung frischer Kolafrüchte und Nüsse. Bernegau tritt dafür ein, daß aus wirtschaftlichen Gründen in Westafrika eine Reform in der Auf⸗ bereitung der Kolafrüchte, die wegen ihrer wertvollen physiologischen Eigenschaften immer mehr an Bedeutung gewinnen werden, anzustreben ist. Dr. Paul Krische gibt in einem kleineren Artikel eine Uebersicht über „die Forschungsstätten der landwirtschaftlichen Wissenschaft im Deutschen Reiche“. In den ständigen Rubriken „Aus deutschen Kolonien“, „Aus fremden Produktionsgebieten“, „Auszüge und Mit⸗ teilungen“ ꝛc. findet sich wieder eine Fülle von interessanten Angaben über wichtige Kolonialprodukte, wie Baumwolle, Kautschuk, Kaffee usw.
Dieser Nummer ist als 5. Beiheft des Jahres ein größerer Aufsatz von Dr. Rud. Endlich: „Der Ixtle und seine Stammpflanzen“ beigegeben. Dr. Endlich bespricht hier aus⸗ führlich Herkunft, Gebrauch und Handelswert der verschiedenen mexi⸗ kanischen, unter dem Namen „Ixtle“ in den Handel kommenden Faserarten.
Statistik und Volkswirtschaft. Gin⸗ und Ausfuhr von Zucker vom 2l. bis 30. September 1908.
sEnfasr üung
Spezial- Spezial⸗ handel handel
dz rein
Verbrauchszucker seaffrieeie und dem raffi⸗ nierten gleichgestellter Zucker) (176 a/1) J31 109 Rohrzucker (176 a . 563 Davon Veredelungsverkehr . .... 60 Rübenzucker: Kristallzucker (granulierter) (176 b) 30 342 Rübenzucker: Platten⸗, Stangen⸗ und Würfel⸗ zucker (176 c) “ 2 Rübenzucker: gemahlener Melis 8 “ Rübenzucker: Stücken⸗ und ümelzucker (176 e) . 1 Rübenzucker: Feblsn Raffinade (176 f) 25 Rübenzucker: Brotzucker (176 p 15 3 070 Rübenzucker: (176 h) 1 8 120 Rübenzucker: Kandis (176 ¹) . 302 Anderer Zucker (176 k/n) 551 Fefmmee roher, fester und flüssiger (176 k). Rübenzucker, roher, fester und flüssiger (176 1) Anderer fester und flüssiger Zucker (flüssige Raffinade einschließlich des Invertzucker⸗ eee] Füllmassen und Zuckerabläufe (Sirup, Me⸗ saßey Melassekraftfutter; Rübenfaft, Ahorn⸗ eöö1“] 3eFerzaltige Waren unter steueramtlicher
79 889
45 107
7 138 7 850
5 406 2 896
2*
Menge des darin enthaltenen Zuckers — Berlin, den 6. Oktober 1908. Kaiserliches Statistisches Amt. 8 van der Borght. 5
vermag.
Ein⸗ und Ausfuhr einiger wichtiger Waren im Spezial⸗ handel in der Zeit vom 21. bis 30. September 1908 und im Monat September der beiden letzten Jahre.
dz = 100 kg. 8
Einfuhr Ausfuhr Monat September e. Monat September Sept. 1908 1907 1908 1908 1907 1806254 1758877 7768 31821 60520 2781 6555
9491
1467 3199 9825 1580
77426 44455 11112
10210% 11622 15328 9407 2622 1512
12194 26487 16095
öö *) Jute und Jutewerg. Mlergswole m Schwei Kreuzzucht⸗ wolle im Schweiß. 11837 27163 22440 623 981 630 Eisenerze . 1259345 7762997] 820391311087499 2329252] 3447357 Steinkohlen 3881616[1209916913732708 [6682489 ,20085344 18187167 Braunkohlen[3090673 7350720] 7343541 7548 24300 13960
Erdöl, ge⸗
reinigt. 204021 800080% 716053 488 812 1567 Chilesalpeter 166977 497076]0 ß327235 1542 6415 6030 Roheisen .. 270338]= ꝑ354208 103808 251941] 132581 Rohluppen, 3 Robschienen, e
67858 31968
1
7934 250389 6866 83005
555403 243674
138147
üger. 396109 Eisenbahn⸗, Zahnrad⸗, Platt⸗ schienen.. 331 Eisenbahn⸗ “ — 16 1166 7966 116248 fer 46375 149375 9257 4472 7371
*) Außerdem Durchfuhr im September 27 888 dcdasg. Berlin, den 6. Oktober 1908.
sMRaiserliches Statistisches Amtt.
van dex Borght.
85859 295881] 404384
293166 4040
Zur Arbeiterbewegung. V1
der Weberei Achter und Ebels in München⸗Glad⸗ bach, die 15 Webern, die das Zweistuhlsystem nicht annehmen wollten, gekündigt hatte, haben sämtliche übrigen Weber die Kündigung eingereicht, um die Bedingungen des christlichen Verbandes bei der Einführung des Doppelstuhls (vgl. Nr. 233 d. Bl.) durchzusetzen. Der Ausstand des Maschinenpersonals der Canadischen Haiehe ist, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, nach sechsmonatiger auer auf der ganzen Strecke beendet. Die Ausständigen nahmen, ohne daß sie ihre Forderungen durchgesetzt hätten, die Arbeit wieder auf, soweit ihre Stellungen nicht anderweitig besetzt worden sind. Am Ausstand, dessen direkte Beilegung von der Regierung von Manitoba vermittelt worden ist, waren etwa 6000 Arbeiter beteiligt.
Wohlfahrtspflege.
Der Kinderschutz durch Findelanstalten und die öffentliche Armenpflege.
Gelegentlich der Verhandlung der 80. Versammlung deutscher
Aerzte und Naturforscher hat man sich auch mit der öffentlichen Femnehwfleg⸗ beschäftigt, soweit sie die Fürsorge für Findelanstalten betrifft. Der Wiener Arzt Dr. Reicher hob mit Recht hervor, daß die wichtige Kinderfürsorge alle vier Fakultäten der Universität berühre. Oeffentliche Jugendfürsorge bedeutet Ergänzung des ’ Ersatz des fehlenden Familienschutzes. Dieser erfolgt bei unehelichen Kindern in Gestalt der Vormundschaft, Zieh⸗ kinderaufsicht, durch Findelanstalt und öffentliche Armenpflege. Findel⸗ anstalt und Armenpflege widmete der Vortragende den größten Teil seiner Ausführungen. Die Findelanstalt war in ihren Anfängen die verkörperte Reaktion des Christentums gegen die heidnische Unsitte der Kindesweglegung. Sie war die Sammelstelle für die allerwärts ausge⸗ setzten Kinder. Der römisch⸗rechtliche Grundsatz „Infans nondum homo“ und die schrankenlose patria potestas ließen nicht einmal den Kindesmord als Verbrechen erscheinen, geschweige denn die Kindesweglegung. Die „Drehlade“, die vom Papst Innocenz III. im XII. Jahrhundert ein⸗ geführt wurde, sollte dem Kindesmord vorbeugen. Um das eine Ver⸗ brechen zu bekämpfen, förderte und organisierte man das andere Ver⸗ brechen: die Kindesweglegung. Die „Drehlade“ war die an der Findelanstalt offensichtlich angebrachte Einladung an gewissenlose Eltern, sich ihrer Kinder zu entäußern. Unbedingte Aufnahme, ohne Rücksicht auf Herkunft und Dürftigkeit, sowie Anonymität sind die Kennzeichen des romanischen Systems der Findelpflege. Der Vor⸗ tragende schilderte hierauf den Entwicklungsgang des Findelwesens in Frankreich und wendete sich sodann dem germanischen System zu, das auf den Grundsätzen der modernen Armenpflege beruhe. Dagegen sei die Josefinische Findelanstalt in Oesterreich ein Typus für sich. Kaiser Josef II. gründete die Gebär⸗ und Findelanstalt als „Zufluchtsstätte für gefallene uneheliche Weibspersonen und ibre Leibesfrucht“. Sie war in erster Linie Humanitätsanstalt, nicht Armenanstalt und galt dem Schutze der gefallenen Frau aller Stände. Zu diesem Zwecke bestand eine Zahl⸗ und eine Gratisabteilung. Die Geheimhaltung der Mutter⸗ schaft war grundlegendes Prinzip. Dieses hatte zur Folge, daß recht⸗ liche Ansprüche des Kindes gegenüber der Mutter und dem außerehelichen Vater nicht geltend gemacht, diese von der Unterhalts⸗ und Erziehungs⸗ pflicht befreit wurden. 1
Der Redner stellte folgende Grundsätze auf: 1) Es empfiehlt sich, in dem deutschen Nec⸗ essetze, betreffend den Unterstützungswohnsitz, und in dem österreichischen Heimatgesetze in unzweideutiger, klarer Weise zum Ausdruck zu bringen, daß unter dem unentbehrlichen Lebensunterhalte auch die der Gesundheit entsprechende Ernährung und Körperpflege des armen Kindes zu verstehen ist, und daß somit die Armenverbände bezw. die Gemeinden zu einer solchen verpflichtet sind. 2) Die Gemeinden und Ortsarmenverbände — mit Ausnahme der roßen Städte — sind in der Regel zur Bewältigung einer ” schwierigen und verantwortungsvollen, Volkswohlfahrt und Staats⸗ wohl so nahe berührenden Aufgabe, wie es die Pflege und Erziehung von Kindern ist, nicht geeignet. Die Fürsorge für arme Kinder ist daher den kleinen, leistungsunfähigen Verbänden abzunehmen und Lofsren Verbänden zu übertragen und im Wege einer wirksamen Aa sicht sicherzustellen. 3) Es empfiehlt sich im Anschluß an die öffent⸗ liche Gebäranstalt eine Einrichtung, welche die Fürsorge für die da⸗ selbst geborenen armenrechtlich hilfsbedürftigen Säuglinge mit der Be⸗ rufsvormundschaft über dieselben verbindet.
Kunst und Wissenschaft. Ausstellung belgischer Kunst im Sezessionsgebäude. Malerei.)
Der erste Eindruck, den man von den Belgiern erhält, ist der imposanter Vielseitigkeit. Dieser Eindruck hält auch bei längerem und wiederholtem Besuche an. Es gibt ja auch nächst Italien
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92* kein Land, das wie das kleine Belgien so teich an ver⸗ schiedenartigen Städtephysiognomien wäre. Es sind allerdings zwei Künstlergenerationen vertreten: eine fast ausgestorbene und die heute blühende, und zwischen beiden liegt ein Wandel vom Alten zum Neuen. Das erklärt etwas den ver⸗ schwenderischen Reichtum an ausgesprochenen Persönlichkeiten. Daß damit aber nur zum Teil das Phänomen erklärt ist, zeigen beispiels⸗ weise die beiden der älteren Generation angehörenden Brüder Ste⸗ vens. Der eine, Alfred (1823 — 1906), der Maler eleganter Damen mit der zärtlichen Liebe für alles Erlesene, Feine, Glatte, Schim⸗ mernde, für seidene Toiletten, polierte Mahagonimöbel, japanische Vasen. Der andere, Joseph (1819 — 1892), eine derbere Natur, die ihre Freude am Rauhen, Spröden, Borstigen hat. Zottige Hunde malt er und das krause Durcheinander eines Gauklerheims.
Sehr verschiedenartige Einflüsse erklären weiter diese Vielheit der künstlerischen Absichten. Eine sehr bedeutende Rolle haben die alten Meister des Landes und des angrenzenden und stamm⸗ verwandten Hollands gespielt. Nicht weniger haben die großen Franzosen des neunzehnten Jahrhunderts auf Belgien eingewirkt. In vielen Fällen haben sich beide Einflüsse gekreuzt. — Henri de Braekeleer (1840—1888), der spät „Entdeckte“, mutet wie ein Schüler des Jan Vormeer van Delft an. Motive und Probleme des Holländers des siebzehnten Jahrhundert sind hier wieder auf⸗ genommen. Interieurs mit ein oder zwei Figuren, Räume, in die sich ein mildes Licht ergießt. Aber Braekeleer ist weniger einfach als der alte Meister. Kostbarkeiten stapelt er in diesen Räumen auf und läßt sie dort im Lichte blitzen und schimmern: Ledertapeten, Teppiche, Brokate, silberne Leuchter, geschliffenen Kristall. Und Braekeleers Licht ist wirklich mächtig genug, alle diese heterogenen Stoffe zu einer Einheit zusammenzubinden. Auch Pieter de Hooch wurde vom Künstler studiert.é Das zeigt der schlichtere, tiefer ge⸗ färbte „Geburtstag“. — .
Vor den Bildern Eugoône Laermans stellen sich Erinne⸗ rungen an den alten Pieter Brueghel ein. Nur, daß alles Brueghelsche hier gesteigert ist; die Linien sind von noch größerer Strenge, die herben Farben sind noch einfacher nebeneinander gesetzt; das . liche, Zufällige ist noch vollkommener ins Typische umgesetzt. dem „Betrunkenen“, der, von Frau und Kindern gestützt, den ver⸗ schneiten Weg am Kanal entlang heimwärts wankt, ist nicht das Unglück einer, nein hunderter Arbeiterfamilien erzählt. Ergreifend ist der Anblick des „Blinden“, der, von einem kleinen Mädchen geführt, über die Landstraße schreitet. Breit öffnet sich die blaugrüne Ebene, fern liegt der Horizont. Dieser Kontrast zwischen der Weiträumigkeit der Landschaft und dem Blinden, der die allernächste NKähe mit dem Stocke tastend nur mühsam errät, wirkt erschütternd. — In Léon Frédsriec ist etwas von Rubens wieder lebendig geworden, wenigstens in einem seiner Bilder, dem „Bach“. Durch ein Gehölz schlängelt sich ein Bach, in dem hunderte von nackten, rosigen, blonden Kindern jubeln und tanzen; immer mehr drängen sich aus dem lichtgrünen Buschwerk hervor; noch tief im Hintergrunde, wo der Bachlauf verschwindet, schimmert es von rosigen Kinderkörpern. Ganz Rubensartig in der Idee der Fruchtbarkeit, des unerschöpflichen Reichtums an Leben, Rubensartig, das Symbolische ganz wirklich darsustellen, Rubensartig auch die Farben. — Kaum erkennt man im ersten Augenblick den⸗ selben Künstler wieder in „Zum Schmucke der Kirche“. Schlichte, sauber gewaschene und Füeea Mädchen, die jede mit einem Blumen⸗— topf in der Hand zu che ziehen. Aber es ist doch wieder dieselbe Absicht, dieselbe Freude am jungen, ungebrochenen Leben. Und wieder genügt ihm nicht ein Kind, um das zu sagen; wieder muß es eine unabsehbare Menge sein.
Der Einfluß der Franzosen neunzehnten Jahrhunderts ist bei dem bereits erwähnten Joseph Stevens ganz offenbar. Und zwar war ihm Courbet das Vorbild, wie das Streben nach starker Illusion der Stoffe und ein gewisser schwerer Ton lehren. Das gleiche gilt für das frühere Bild „Circe“ Charles Hermans, während „Der denselben Künstler im Anschluß an jene zeigt, die bei
elasquez Anregung fanden. — Französisch sind auch die Vorbilder der großen dekorativen Arbeiten von ganz zarter, matter Färbung. So „Sacra sub arbore“ von Constant Montald. Als ob ein Nebelschleier darüber gelegt wäre, so weich und gedämpft sind alle Töne. Ein ähnlicher feiner, grauer Schimmer liegt auch über Jean Delvilles „Schule des Plato“. Streng symmetrisch und von etwas lateinischer Kälte und darum monumental ist diese Komposition, die sich weiter durch einen heute seltenen Vorzug auszeichnet, durch den Wohlklang der großen, sehr edlen Linien. Jene attischen Epheben, die dem Dialog des Philosophen und eines Jünglings lauschen, sind allerdings keine ganz echten Griechen. rotz ihrer Nackt⸗ heit, trotz ihrer Kränze sieht man ihnen das zwanzigste Jahr⸗ hundert an. Sie halten sich mit einer Anmut, die nicht in Hellas, sondern in Paris zu Hause ist. Aber solche Einwände werden den Künstler wenig kümmern. Er wird sagen, daß er kein Historiker sein will. Und er hat recht. — Ein großes monumentales Werk ist ferner Emile Fabrys „Kolonialer Aufschwung“. Ein rosenbekränztes Schiff, auf dem mit triumphierend ausgestrecktem Arm der weibliche Genius des Handels steht, läuft vom Stapel. Rosse schleppen das Schiff über den Ufersand dem Meere zu, Männer von athletischem Wuchs schieben und ziehen. Keins der Antlitze dieser Männer ist gezeigt; verdeckt oder in Fätes gehüllt sind die Köpfe. Keine denkenden Einzelwesen sind sie; ihre mächtig arbeitenden Körper gehorchen wie Teile einer Maschine ei nem leitenden Willen. — Meuniers große Arbeiterbilder enttäuschen. Figuren und Land⸗ schaften stehen nicht recht im Einklang. Jene sind in Haltung und Bewegung stark stilisiert, diese sind nürerearistsc behandelt. Nur im Landschaftlichen ist Meunier Maler, bei den Figuren denkt er als Plastiker, als Reliefkünstler. 1 .
Werke von delikatem Reiz von Fernand Khnoff sind zu sehen, vor allem das wundervolle „En 6coutant du Schumann“. Man glaubt Mollakkorde zu vernehmen. Unendlich weich sind alle Töne, das Schwarz der lauschenden Dame im Sessel, das dunkle Rot der altmodischen Polstermöbel, des Teppichs. Erstaunlich, daß dem Künstler das 22 bei dem „Innern einer Kirche“ gelang, einem Bild von Schwarz und Weiß, also sehr starker Kontraste. Aber Khnoff hat verstanden, alles grelle Licht in milde Helligkeit, alle Schatten in weiche Dämmerigkeit umzuwandeln. Von gleicher Zartheit ist das Porträt eines kleinen Mädchen. Nicht ganz behaglich wird uns vor dem Triptvchon „Vereinsamung“ zumute. Wir glauben nicht recht an diesen englisch⸗praeraffaelitischen Mystizismus. Man wittert hier und das verdirbt einem etwas die Freude an der wieder ganz östlichen Feinheit der Zeichnung. 8
An der Spitze der Impressionisten steht Théo van Ryssel⸗ berghe mit dem Bildnis des Fräulein Stocht. Der Farbeneindruck wird durch ein kaltes Grün und ein leuchtendes Blau bestimmt. Be⸗ sonders technisch ist dieses Mädchenporträt merkwürdig; ganz fleckig ist der Hintergrund gemalt, Koh⸗ und Körper sind dagegen glatter behandelt und lösen sich so stärker von der Umgebung. — Ein prächtiges Bild ist ferner Georges Morrens „Sommer“. Mädchen im Garten im vollen Mittagssonnenschein, der den Gegenständen ihre natürliche Farbe nimmt, sie neihres glühen oder in ungeheurer Intensität aufleuchten läßt. Von düsterer Großartigkeit ist Albert Baertsoens „Winter im Industriegebiet“. Hier ist wieder einmal dem Irrtum, Fabrikgegenden böten in allen Fällen einen nüchternen Anblick, siegreich entgegengetreten. Dieser Blick vom Hügel herab auf die rußgeschwärzten Ziegelhäuser und dampfenden Essen hat etwas Heroisches. Man wird des ganzen männlichen Ernstes der Arbeit inne. Dr. Frhr. v. H.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Griechen land.
Die griechische Regierung hat für 8 5 äfen von Batum, Novorossiisk, Taganrog, Rostow, ertch, Theodosia Odessa und Sewastopol eine fünf⸗
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