1908 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

veterinär im Feldart. Regt. Nr. 72 Hochmeister, zum Oberveterinär, Stammer, Unterveterinär im Hus. Regt. Landgraf Friedrich II. von (2. Kurhefs.) Nr. 14, Schüler, Unterveterinär im

asur. Feldart. Regt. Nr. 73, mit Wirkung vom 1. Oktober 1908 zu Obervpeterinären, Dr. Henze (I Bochum, Garde) und Zörner a. W.), Unterveterinäre der Res., zu Oberveterinären des

eurlaubtenstandes, ernannt. Pahl, Oberveterinär im 1. Garde⸗ feldart. Regt., der Charakter Stabsveterinär“ verliehen. Broh⸗ mann, Stabsveterinär im Drag. Regt. von Arnim (2. Branden⸗ burg.) Nr. 12, zum Gren. Regt zu Pferde Freiherr von Derfflinger (Neumärk.) Nr. 3, Born, Oberveterinär im Schleswig⸗Holstein. Ulan. Regt. Nr. 15, behufs Wahrnehmung der Stabsveterinär⸗ eschäfte zum Drag. Regt. von Arnim (2. Brandenburg.) Nr. 12, Pieas, Oberveterinär, Assist. bei der Militärlehrschmiede in Königs⸗ berg i. Pr., zum 1. Ostpreuß. Feldart. Regt. Nr. 16, Neumann, Oberveterinär im 2. Pomm. Ulan. Regt. Nr. 9, als Assist. zur Militärlehrschmiede in Königsberg i. Pr, mit Wirkung vom 1. Oktober 1908 versetzt. Ganser, Müller, Kroening, Mushat, Ebach, Klahr, ilitärbauregistratoren auf Probe bei den Bau⸗ ämtern in Rastatt bezw. II Koblenz, Frankfurt a. O., Karlsruhe, II Koblenz und III Mainz, endgültig angestellt.

Die Intend. Sekretäre: Zenker, Hülsmann, Busch von den Intend. des VIII. Armeekorps bzw. der 2. Div. und des XVI. Armeekorps, zu denen des I. bzw. VII. und VII. Armeekorps, Heße (Karl), Waechter von den Intend. des IX. Armeekorps bzw. der 33. Div, zu denen des XVIII. bzw. VIII. Armeekorps, zum 1. Januar 1909 8

26. September. rmand, Gerichtsassessor, als etatmäß. Militärintend. Assessor bei der Intend. des IV. Armeekorps ange⸗ stellt. Nicolaus (Alfred), Intend. Sekretär von der Intend. des III. Armeekorps, zu der des Gardekorps 1n; Preußer, Ober⸗ zahlmstr. vom Schleswig⸗Holstein. Drag. Regk. Nr. 13, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Königlich Sächsische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Dresden, 5. Oktober. Seine Majestät der König von Spanien zum Chef des 2. Ulan. Regts. Nr. 18 ernannt. 1 24. September. Böhringer, Lt. im .. Bat. Nr. 12, vom 1. Oktober d. J. ab auf ein Jahr zur ienstleistung zum 2. Trainbat. Nr. 19 kommandiert. 27. September. Schubert, Oberlt. im 1. Feldart. Regt. Nr. 12, mit dem 30. September d. J. von dem Kommando zur Dienstleistung beim Königl. preuß. Großen Generalstabe enthoben und vom 1. Oktober d. J. ab auf zwei Jahre ohne Gehalt be⸗

unrlaubt.

1. Oktober. Gr. Schall⸗Riaucour, Lt. im Gardereiter⸗ regt, vom 1. November d. J. ab auf ein Jahr zur Kaiserlichen Ge⸗ sandtschaft in Adis Abeba kommandiert. Im Sanitätskorps. 30. September. Dr. Wolf, Unterarzt der Res. im Landw. Bezirk II Dresden, als Unterarzt des Aktivstandes unter Beauftragung mit Wahrnehmung einer offenen Afsist. Arztstelle unterm 1. Oktober d. J. beim 1. Feldart. Regt.

Nr. 12 angestellt. Militärgeistliche. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 26. Sep⸗ tember. Dr. Kaiser, kathol. Militärpfarrer beim XIX. (2. K. S.) Armeekorps, unterm 1. Oktober d. J. zum XII. (1. K. S.) Armee⸗ korps versetzt. Klesse, Kaplan in Leipzig, unterm 1. Oktober d. J. zum kathol. Militärpfarrer ernannt und dem XIX. (2. K. S.) Armee⸗ korps zugeteilt. Beamte der Militärverwaltung. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 26. Sep⸗ tember. -5 phil. Thiergen, wissenschaftlicher Hilfslehrer am Kadettenkorps in Dresden, unterm 1. Oktober d. J. als Oberlehrer auf Probe bei dieser Behörde angestellt. . phil. Hoffmann, andsdat des höheren Schulamts, unterm 1. Oktober d. J. als wissen⸗ scchaftlicher Hilfslehrer am Kadettenkorps in Dresden angestellt.

88

Angekommen:

Seine Exzellenz der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirkliche Gezeime Rat von Schoen, vom Urlaub. 8

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungsurkunde,

betreffend eine Anleihe der Reinickendorf⸗Lieben⸗

walde⸗Groß⸗Schönebecker Eisenbahn⸗A

ktiengesell⸗ schaft, veröffentlicht. 1“

Deutsches Reich.

reußen. Berlin, 8. Oktoberr.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Justiz⸗ wesen und für Elsaß⸗Lothringen sowie der Ausschuß für JZrustizwesen Sitzungen. 1

Fee u““ 8

Der Präsident des Reichsversicherungsamts, Wirkliche Geheime Oberregi rungsrat Dr. Kaufmann, ist in dienst⸗ lichen Angelegenheiten nach Rom abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ vorgestern in Las Palmas auf Gran Canaria eingetroffen und geht am 19. Oktober von dort nach Queenstown (Irland) in See. S. M. S. „Leipzig“ ist vorgestern in Kiukiang (Yangtse)

. M. S. Lachs⸗ gestern in Kobe (Japan) einge⸗

Württemberg.

Die Volksschulkommission der Zweiten Kammer ist gestern nachmittag zur Beratung der olksschulnovelle zusammengetreten. Der sozialdemokratische Antrag auf Strei⸗ chung des Religionsunterrichts in der Volksschule wurde, „W. T. B.“ zufolge, mit allen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Ebenso wurde der Antrag der Volkspartei, die Erteilung des 8 88 die Geistlichkeit zu beschränken und die ee davon zu befreien,

en die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.

58

Die

rung nimmt, dem denzbureau“ zufolge, Würde entgegen. eine Festsitzun

minister ab. ö 1 Herteannen in

Ziel verfolge. Das

materiellen und Die Okkupation der

konvention enthielt zwei faktischen Ausübung der die Belassung einer

aus, der andere betraf

Schwächezustand der Tür insbesondere durch die je

konsolidiert hat. Zugleich haften Beweis sowohl für

Staatlichkeit zu geben.

geordneten und

Stabilität in den erhaltung uns der war.

zur Türkei betrifft, so des ersten Augenblicks

führt in einem Artikel

Gefahren ergeben.

die Notwendigkeit der Bevölkerung

gegeben werde.

auch nach der Ungarn und der Türk Kultus für Bosnien

österreichisch⸗ ungarischen ständlich.

Münzen bemerkte

Berichten des „W.

Asquith aus:

beiden Staaten im Sandschak Diese letzteren Bestts

aber auch weil ihre Schon 2 okkupierten Ländern, zu Berliner vb chtet b Eine solche Gefahr haben aber gewisse Agitationen, die Be⸗

zutreten. Diese Maßregel b bisher ungeklärten und mit hältnisses. Es war unsere Pflicht, die in Bosnien und der Herzegowina geschaffene Ordnung im Sinne und zum Schutze der Grundgedanken des Berliner Vertrages aufrecht zu erhalten.

Das Blatt weist sodann auf die Verleihung eines kon⸗ stitutionellen Regimes an die Bevölkerung hin und

Diese konnte erst nach Klärung Gefahr von Verwicklungen

Oesterreich⸗Ungarn vor die

längeren Reden über die

Proklamation des Kaisers Franz Joseph an die bosnische Bevölkerung ist durch die Behörden, die

Ortsältesten und öffentliche gleicher Zeit bekannt gegeben und den Truppen durch die

Chefs der Abteilungen mitgeteilt worden.

das In Serajewo hielt gestern der Gemeinderat

ab und sandte eine Huldigungsdepesche an den Kaiser Franz Joseph ab. Desgleichen gehen aus allen Landes⸗ teilen Huldigungstelegramme 3 porationen an den Kaiser und den gemeinsamen Finanz⸗

der Einverleibung Bosniens und der

di

onarchie bemerkt das Wiener „Fremdenblatt“, daß die Regelung der Rechtsverhältnisse . wichtiger historischer Akt von großer Tragweite sei, zu dessen zusammenfassender ae man sagen durfe, daß er aus kulturellen Motiven erflossen sei, pun

dem er vor sich gehe, von der politischen Notwendigkeit an⸗ egeben worden sei, und da dsichten des Berliner Ver enannte for Der Berliner Vertrag enthielt für uns ein europäisches Mandat, in Bosnien und der Herzegom ihre dauernde Aufrechterhaltung gefährdeten Punkt zu sichern. J haben diesen Ländern den Frieden zurückgegeben und alle Segnungen der Zivilisation vermittelt, individuellen Entwickelungsstuffe beiden uns vom Berliner Kongreß r auch der ersten Bevollmächtigten Englands und Rußlands über · getragenen Rechten, während die rechtliche Stellung dieser Länder in beiug auf das Rechtsverhältnis zwischen unserer Monarchie und der Türkei durch die Sonderkonpention vom 21. April 1879 geregelt wurde, um deren Abänderung allein es sich jetzt handelt. uptpunkte; ouperänitätsrechte durch Oesterreich⸗Ungarn rein

die

ei

erkennung der Tatsache, daß sich die Türkei seither wieder erholt und b 8 sich aen Neuordnung ihrer Verhältnisse siefen wir aber damit einen unzweifel⸗ die territoriale Uneigennützigkeit unserer all⸗ emeinen Orientpolitik, als auch insbesondere für unseren Wunsch, der Pärkei ein sichtbares Pfand unserer n

und unseres vollen Vertrauens in die neuen starken Grundlagen ihrer Die Souveränität des Sultans in den okku⸗ pierten Ländern, diesen zweiten 8 vom Jahre 1879, konnten wir drei Jahrzehnte lang schonen, erstens, weil sie eine solche Form der Souveränität darstellte, die uns in der einheitlichen Verwaltung nicht behinderte, dann ung bisher mit keiner Gefahr für die

unruhigung in die Bevölkerung trugen, nahegerückt. Notwendigkeit, jener Gefahr durch eine geeignete Maßregel entgegen⸗ esteht in der endgültigen Klärung eines

Bosniens und der Herzegowina aus: Der bevorstehende Zusammentritt des türkischen Notwendigkeit einer Revision des Verhält⸗ nisses der okkupierten Provinzen zur Monarchie gestellt. Durch etwaige aus Bosnien für jenes Parlament gewählte Persös lichkeiten könnten sich für die Türkei wie für Es könnte rechtlich gleichmäßig unmöglicher Zus angesichts des in den Okkupationsgebieten, den Wunsch nach Gewährung staatsbürgerlicher Rechte zu verwirklichen, zumal die Erteilung einer Verfassung in der Türkei diesem Wunsche einen gewissen Nachdruck verliehen habe. nur von der unbeschränkten souveränen Gewalt erteilt werden, nur als Souver än dieser Länder könne der österreichische Kaiser und ungarische König eine Verfassung verleihen, denn diese Verleihung sei die voll⸗ kommenste Ausübung seiner Souveränität über sie. fassung sei also nur unter der Voraussetzung möglich, Artikel 25 des Berliner Vertrages aufrechterhaltene Fiktion einer noch fortdauernden Souveränität des Sultans als nudum jus auf⸗ Das Verhältais der Monarchie zu Bosnten und der Herzegowina dürfe nicht bloß nach dem Berliner Vertrage, sondern Konvention von

ei un

Monarchie Bezüglich der Ehrenrechte Oterhꝛupt werde gewiß alles geschehen, was 8 vollen Beruhigung der Mohammedaner notwendig sei

Lammasch, daß diese zirkulieren. Wenn vollends Is K. den Verzicht auf die Schattenhälfte der Souveränität seinerseits auf das reale und praktisch bedeutsame Recht, militärische Besatzungen im Sandschak Novibazar zu halten, verzichte, werde die Türkei keine Ursache haben, über diese Aenderungen zu klagen.

Großbritannien und Irland.

Der Premierminister Asquith und der Staatssekretär des Aeußern Sir Edward Grey haben sich gestern in jüngsten politischen Ereignisse und die Stellung eis hierzu geäußert. Nach den

8 Wir begegnen an diesem Abende einer großen, über die ganze Welt verbreiteten Besorgnis und die Gedanken aller englischen und

Novibazar zu unterhaltenden Garnisonen.

erfolgen.

hoffen wir, vorüber ist, d Last eines unklaren Zustandes komplizierte kunft volle Freundschaftlichkeit und gegenseitiges Vertrauen ge⸗ winnen wird. Durch die Regelung des Souveränitätsverhältnisses und durch die Gewährung konstitulioneller Einrichtungen bieten wir diesen Ländern die Ruhe noch außen und nach innen und errichten so an der Grenze der neuen Türkei einen festen Wall zum Schutze ihres Terri⸗ toriums und ihrer nationalen Zukunft.

Der Rechtslehrer SEe Hofrat Lammasch es

Ausrufer im ganzen Lande zu

Die Landbevölke⸗ K. Telegraphen⸗Korrespon⸗

Ereignis mit Ruhe und

von Gemeinden und Kor⸗

e österreichisch⸗ ungarische

der okkupierten Länder ein

i, daß der Zeitpunkt, in

ß er in Ausführung der eigentlichen trages ein hervorragend friedliches latt fährt dann fort:

ina die Ordnung herzustellen und durch den europäischen Frieden an einem Wir haben diese Aufgabe gelöst, wir

heute auf einer hohen angelangt sind. Länder beruht auf den ausdrücklicher Zustimmung

sodaß sie

unter

Diese Sonder⸗ der eine sprach gegenüber der

nominellen türkischen Souveränität näheren Abmachungen über die von

wurden mit Rücksicht auf den damaligen getroffen. Es ist vollends eine An⸗

freundschaftlichen Gesinnung

Hauptpunkt des Sonderabkommens

Aufrecht⸗

verbunden

deren

Vertrag verpflichtete,

Es entstand die

steten Komplikationen drohenden Ver⸗

saßt⸗

des Rechtsverhältnisses ohne

Was aber unser Vechältnis daß, wenn die Erregung dieses bisher durch die

Verhältnis in Zu⸗

„Fremdenblattes“ zur Angliederung

arlaments habe

Oesterreich⸗Ungarn Verlegenheiten und sich ein staatsrechtlich und völker⸗ stand zeigen. Ferner ergebe sich hohen kulturellen Aufschwungs

berechtigten

Eine Verfossung aber könne

Eine Ver⸗ daß die im

1879 zwischen Oesterreich⸗ beurteilt werden. Die Freiheit des d die Herzegowina sei als ein der angehöriges Land selbstver⸗

des Sultans als religiöses

Bezüglich der ottomanischen tatsächlich nicht mehr Oesterreich⸗Ungarn als Kompensation für

führte der Premierminister

8 aller fremden Politiker richten sich auf die erschreckende Aufeinander⸗

folge von Umwälzungen, deren Schauplatz das östliche Europa ist. Wenige Ereignisse unserer Zeit erregten eine herzlichere und allgemeinere

Sympathie im britischen Volke, als die unblutige Revolution, welcht die Türkei in eine freie, sich selbst regierende Nation umwandelte. Ihre Anstifter und Führer sind ausnahmslos von höchst un⸗

eigennützigen Beweggründen geleitet worden, und das neue Regierungs⸗

svystem ist mit einem Minimum an Reibungen ins Werk getreten.

Diese Situation, die zu so hoffnungsvollen Erwartungen berechtigte, wurde plötzlich gewaltsam unterbrochen durch die Proklamation der bulgarischen Unabhängigkeit und, fast gleichzeitig, durch die Annexion Bosniens durch Oesterreich⸗Ungarn. Beide Ereignisse, die von einander zu trennen kaum möglich ist, bilden gemeinsam einen schweren Schlag gegen das neue, noch in seinen Anfängen begriffene Regime. Sie sind in der Türkei mit nicht unbegreiflichem Unmut, aber mit bewunderns⸗ werter Ruhe und Würde aufgenommen worden.

Im weiteren Verlauf seiner Rede kam der Premierminister auf das Januarprotokoll vom Jahre 1871 zu sprechen, das dem Vertrage von London angefügt ist und in dem auch von Oesterreich⸗Ungarn ausdrücklich dem zugestimmt wird, daß keine Macht die in diesem Vertrage eingegangenen Ver⸗ pflichtungen anders als mit Zustimmung der anderen 5 schließenden Parteien lösen könne. Auch der Fürst von Bul⸗ garien könne ohne Zustimmung der anderen Maͤchte ein⸗ schließlich der Zustimmung der Türkei keine Aenderung vornehmen.

Deshalb, so fuhr Asquith fort, ist es die Pfiicht der Regierung Seiner Majestät, die Parteien, die für den Bruch des Vertrags ver⸗ antwortlich sind, darauf hinzuweisen, daß wir die letzten Ereignifse nicht als irgendwie rechtsverbindlich anerkennen können, solange fie nicht durch die Zustimmung der Mächte geregelt sind. Esz ist ferner klar, daß diese Geschehnisse, die mit solcher Ueberstürzung vor sich gegangen sind, unweigerlich zu anderen Fragen führen müssen, die von anderen im nahen sten sehr interessierten Mächten erhoben werden können. Wir werden nicht zögern, der Türkei unsere Versicherung zu geben, daß wir alles in unserer Macht Befindliche tun werden, um ihre Interessen und ihren Status geachtet und auftrechterhalten zu sehen. Und es ist unser ernstester Wunsch, der Bevölkerung jenes Landes unsere Sympathie mit ihrer neuen Regierung zu bezeigen, sowie unsere Sympathie mit dem Fortschritt und der Entwicklung der freiheitlichen Institutionen des türkischen Kaiserreiches. Indem wir diese Haltung einnehmen, liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß wir damit unter den Großmächten allein ständen, und wir geben uns der Hoffnung hin, daß eine sowohl gerechte wie friedliche Lösung die Kräfte der europäischen Diplomatie nicht überschreiten wird.

Sir Edward Grey sagte in seiner Rede, die er in Wooler (Northumberland) hielt, unter anderem:

Unsere Haltu g wird diese sein: Wir können keiner Macht oder keinem Staale das Recht zuerkennen, einen internationalen Vertrag ohne Zustimmung der anderen beteiligten Parteien zu ändern. Das Ergebnis eines derartigen Vorgehens können wir so lange nicht an⸗ erkennen, als bis die anderen Mächte befragt worden sind, einschließ⸗ lich, und speziell in diesem Falle, der Türkei, die eine der am meisten betroffenen Mͤchte ist. Wenn es in der auswärtigen Politik einreißen sollte, daß irgend eine einzelne Macht oder irgend ein Staat nach Belieben einen internationalen Ver⸗ trag verletzen könnte, so würde dies das öffentliche Vertrauen unter⸗ graben. Die Neigung, die Rüstungen zu vermindern, war in Europa im Zunehmen begriffen, aber wir können nicht erwarten, daß die Aus⸗ gaben für die Rüstungen abnehmen, wenn man befürchten muß, daß die Verträge plötzlich ohne Zustimmung aller an ihnen beteiligten Mächte geändert werden können. Im gegenwärtigen Falle würde es sehr wünschenswert sein, keine Zeit zu verlieren und der Türkei zu versichern, daß in jeder Revision des Berliner Vertrags die Inter⸗ essen und der status der Türkei volle Berücksichtigung finden würden. Wir wünschen mit allem Ernst die Dinge so fair geleitet zu sehen, daß das Endergebnis aller Aende ungen des Vertrags nicht sein werde, die neue Regierung in der Türkei zu entmutigen, sondern sie vielmehr zu unterstützen. Wir werden unseren Einfluß nach dieser Richtung hin geltend machen. Es ist wünschenswert, sich vor Augen zu halten, daß jede Kränkung des neuen Regimes der jetzt friedlichen Bewegung eine militärische Richtung geben könnte. Hserdurch könnten alle Reformen in der Türkei gefährdet werden, Mazedo ien und Armenien könnten wieder in jenen beklagenswerten Zustand geraten, in dem sie sich noch vor kurzer Zeit befunden haben. Es liegt kein Grund vor, warum das, was geschehen ist, zu irgendwelcher Friedensstörung führen sollte.

Der Redner schloß, er hoffe nicht nur, sondern glaube es auch, daß es zu keiner Störung kommen werde. Die materielle und tatsächliche Aenderung sei nicht so groß, da der Unterschied zwischen Autonomie und Unabhängigkeit vom praktischen St punkt aus nicht bedeutend sei. .“

Frankreich. u“

Der Minister des Aeußern Pichon hatte gestern vor⸗ mittag kurz hintereinander Besprechungen über die Orient⸗ fragen mit den Botschaftern Englands, Italiens und Rußlands sowie dem serbischen Gesandten; außerdem konferierten Pichon und Clemenceau gemeinsam erst mit dem englischen Botschafter und dann mit dem griechischen Gesandten. Wie die „Agence Havas“ meldet, liegt zur Zeit noch kein formeller Vorschlag für die Einberufung einer Lonffren vor.

Am Nachmittag überreichten dem Minister Pichon der zsterreichischeungarliche Botschafter Graf Khevenhüller die Zirkularnote seiner Regierung, betreffend die An⸗ nexion Bosniens und der Herzegowina und die Räumung des Sandschaks Novibazar, und der türkische Botschafter Naum Pascha die Protestzirkular⸗ note der Pforte gegen die bulgarische Unabhängig⸗ keitserklärung. In letzterer heißt es, „W. T. B.“ zufolge:

Der Sultan erhebe nachdrücklich Einspruch gegen die Haltung des Fürsten Ferdinand und appelltere eindringlich an die Signatar⸗ maͤchte des Berliner Vertroges, entsprechende Verfügungen 2 treffen, beispielsweise die Einberufung einer Konferenz behuss Prüfung der Bedingungen zur Wiederberstellung der geset⸗ lichen Ordnung in Bulgarien und Ostrumelien und Auf⸗ rechterhaltung der Interessen der Türkei. Die Pforte könnte zur Gewalt greifen, um ibren Rechten Achtung zu verschaffen, obe sie wolle dies aus Achtung vor den Verträgen und im Hinblick auf die allgemeinen Interessen und das einmütige Friedensbedürfnis ver⸗ meiden. Sie protestiere formell gegen die eben vollzogene Verletzung des Berliner Vertrags und bebalte sich arsdrücklich alle ihr durch diesen internationalen Akt verliehenen Rechte vor.

8. Rußland.

Die offiziöse „Rossija“ veröffentlicht einen Leitartikel über die Annexion Bosniens und der Herzegowina sowie über die Proklamation Bulgariens zu einem unab⸗ hängigen Königreich, in dem es, „W. T. B.“ zufolge, u. a. heißt:

Der soeben von Oesterreich⸗Ungarn proklamierte Beschluß. Bosnien und die Herjegowina zu annektieren, und andererseits die ÜUnat hängigkeiteerklärung Bulgariens bilden eine wesentliche Ver⸗ letzung des Berliner Vertrages. Daher sei es nicht zu verwundea⸗ daß allerseits ungeduldig Nachrichten entgegengesehen werde, welch, Maßregeln die Regierungen der übrigen Mächte ergreifen werden an gesichts der neuen Lage der Dinge auf der Balkar halbinsel.

In dem Artikel wird dann weiter ausgeführt: b

Obgleich der Berliner * wenige für Rußlane

drückende Bestimmungen enthalte, auch solche, die zweifellos nur de

auf das Schuldkonto der Jungtürken.

Bedeutung von temporären und im Uebergangszustande befindlichen Abkommen hätten, habe Rußland sich nicht beeilt, die 9. 1 Abänderung dieses Vertrages aufzuwerfen, sondern sei durchweg besorgt gewesen, den Frieden aufrecht zu erhalten und den Vertrag zur Richt⸗ schnur zu nehmen auf der Grundlage der durch den Londoner Vertrag vom Jahre 1871 bestätigten internationalen Beziehungen, kraft deren ein Abkommen nicht anders geändert werden könne, als durch allgemeines Einverständnis der Signatar⸗ mächte. Rußland sei jedoch verpflichtet, seine Stimme zu erheben, wenn Ereignisse eintreten, die nicht bloß die gesetzliche Sphäre seiner politischen Tätigkeit berührten, sondern auch die rechtliche Lage der internationalen Beziehungen im Wesen änderten. Nachdem Rußland so viel Blut vergossen, um die Christen auf dem Balkan zu neuem Leben zu erwecken, und um deren gute Organisation nicht wenig Sorge getragen habe, könne es in der Wiederherstellung des Bulgarenreiches nur den erwünschten Abschluß einer historischen Sache und gleichsam das Erbteil seiner eigenen Mühen erblicken. Dieser Akt im Leben Bulgariens bedürfe jedoch der gesetzmäßigen Anerkennung, und es sei notwendig, daß sämtliche Abänderungen, die gleichzeitig in die bestehende Ordnung auf der Balkanhalbinsel eingeführt werden könnten, nicht Erschütterungen und internationale Verwicklungen nach sich zögen. Der natürlichste Weg zur Erreichung dieses Zieles wäre die gemeinsame Beratung der neuen Lage auf einer neuen Konferenz der Mächte, die die bisherige Ordnung auf der Balkanhalbinsel eingeführt haben. Es sei voller Grund zu der Annahme vor⸗ handen, r. bei den Mächten der Wunsch rege sei, ihre sich be⸗ gegnenden Interessen in Einklang zu bringen, und dieser Weg der Beratung auf einer Konferenz der Mächte, die den Berliner Traktat unterzeichnet haben, werde zweifellos die beste Bürgschaft bilden für die Wiederherstellung des Gleichgewichts auf der Balkanhalbi sel und . N“ eines dem nahen Osten gerechten und beständigen riedens.

Italien.

Wie „Agenzia Stefani“ meldet, hat der österreichisch⸗ ungarische Botschafter gestern vormittag dem Minister des Aeußern Tittoni die Note seiner Regierung überreicht, welche die Gründe darlegt, die Oesterreich⸗Ungarn zur Bosniens und der Herzegowina veranlaßt aben.

Türkei.

DDeer österreichisch⸗ungarische Botschafter in Konstantinopel Markgraf Pallavicini überreichte gestern nachmittag der Pforte, „W. T. B.“ zufolge, nachstehende Note:

Als Oesterreich⸗Ungarn mit der Pforte am 21. April 1879 die Konvention, betreffend die Durchführang des Artikels 25 des Berliner Vertrages mit Bezug auf den Sandschak Novibazar, abschloß, gab es sich Rechenschaft über die enge Solidarität der Interessen, die sich unter anderem in jenen Bestim⸗ mungen der Konpention kundgab, welche die Anwesenheit der österreichisch⸗ungarischen und ottomanischen Garnisonen in gewissen Ortschaften vorsah. Die durch diese freundschaftliche Kooperation österreichisch⸗ungarischer und ottomanischer Truppen vorgesehene Ab⸗ sicht wurde erreicht. Es ist uns gelungen, die Ordnung aufrecht⸗ zuerhalten und den europäischen Frieden zu sichern, den eine Konflagration in diesen Gebieten in Gefahr gebracht hätte in dem Augenblick, wo die Türkei durch die Folgen des Krieges ] war. Seitdem hat sich die Lage gründlich geändert.

ie 30 Jahre, die der Unterzeichnung der Konvention folgten, gaben der Türkei Zeit, sich zu sammeln. Die politische Bewegung, die sich namentlich gegenwärtig in der Türkei zeigt, läßt eine Er⸗ starkung des ottomanischen Staates und hierdurch eine Festigung der Grundlagen des Reiches erkennen. Oesterreich⸗Ungarn gab vor nicht langer Zeit der Türkei den Beweis seiner wohlwollenden und fried⸗ lichen Absichten, indem es erklärte, es sei geneigt, in der Konvention, betreffend den Eisenbahnanschluß Uvac Mitrowitza, die Klausel auf⸗ zunehmen, daß die Monarchie von nun an nicht mehr von ihrem Rechte Gebrauch machen werde, an anderen Punkten des Sand⸗ schals ohne vorheriges Einvernehmen mit der Pforte Truppen zu halten. Heute, wo der Beginn einer neuen politischen Aera in Kon⸗ stantinopel eine ausgezeichnete Vorbedeutung für die Zukunft der Türkei zu sein scheint, hofft Oesterreich⸗Ungarn, daß es der Pforte allein ge⸗ bhnfen werde, die Ordnung in Sandschak aufrechtzuerhalten und so in diesen Gegenden die Aufgabe zu erfüllen, die bisher dem Zusammen⸗ wirken der beiden Regierungen oblag. Oesterreich⸗Ungarn zögert nicht, zu erklären, daß es in Zukunft auf die Geltendmachung der Rechte verzichtet, die ihm die Konvention bezüglich der Sandschaks einräumt. Was die österreichisch⸗ungarischen Truppen betrifft, so erhielten diese den Befebl, die Ortschaften, wo sie garnisonierten, zu räumen. Durch diese hochbedeutsame Tat glaubt , en X. Fenn der Pforte nicht nur einen offenbaren Beweis seines Vertrauens und seiner aufrichtig freundschaftlichen Gefühle zu geben, sondern es setzt hierdurch gleich⸗ zeitig den Gerüchten, die ihm egoistische Absichten und territoriale Begehrlichkeiten zuschreiben, das formellste Dementi entgegen. Wenn es feststeht, daß Oesterreich⸗Ungarn nicht mehr die Absicht hat, an die Bestimmungen des Konstantinopeler Vertrages bezüglich des Sand⸗ schaks zu appellteren, so liegt ihm andererseits die Pflicht ob, seinen Standpunkt bezüglich der übrigen in dieser Konvention spezifizierten Fragen klarzulegen. Oesterreich⸗ Ungarn hat die ihm durch den Ber⸗ liner Vertrag anvertraute Mission in Bosnien und der Herzegowina zum Wohle der dortigen Bevölkerung und selbst auch im Interesse der Türkei erfüllt. Tatsächlich hat nur die in Bosnien und der Herzegowina durch den Berliner Vertrag geschaffene und von Oester⸗ reich⸗Ungarn aufrecht erhaltene Lage der Türkei gestattet, ihre Kräfte zur Wahrung der territorialen Integrität des Reichs zusammenuufassen. Bosnien und die Herzegowina sind heute dank der fleißigen Arbeit der österreichisch⸗ungarischen Ver⸗ waltung zu einem hohen Grade materieller und geistiger Kultur ge⸗ langt. Der Augenblick scheint also gekommen, das unternommene Werk zu krönen und diesen Provinzen die Wohltat des von der Be⸗ völkerung gewünschten autonomen und konstitutionellen Regimes zu gewähren. Oesterreich Ungarn muß indessen, um selne edlen Ab⸗ sichten zu verwirklichen, die Lage in beiden Provinzen genau regeln und für wirksame Garantien gegin Gefahren vor⸗ sorgen, die die Stabilität des im Jahre 1878 eingeführten Regimes bedrohen könnten. Oesterreich⸗Ungarn sieht sich daher vor der ge⸗ bieterischen Notwendigkeit, sich der in der Konstantinopler Konvention enthaltenen Vorbehalte zu entledigen und, was Bosnien und die Herzegowina betrifft, seine frühere Aktionsfreiheit wiederzuerlangen. Es glaubt, daß die Beziehungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und der Türkei, frei von der Unsicherheit der Lage in Besnien, der Herzegowina und im Sandschak, mit der definitiven und normalen Sachlage, die wir herstellen wollen, gewinnen werden.

Alttürkische Kreise schieben die jüngsten politischen Ereignisse da⸗ Auf jungtürkischer Seite verteidigt man sich damit, daß die Geschehnisse nur Folgen und Nachwehen des alten Regimes seien. Gestern mittag fanden in Konstantinopel Kundgebungen vor der englischen, der fran⸗ zösischen und der russischen Botschaft, der nes ae Gesandtschaft und vor der bulgarischen Agentie statt. In einer zahlreich besuchten Volksversammlung vor dem Kriegsministerium wurde eine Resolution angenommen, in der es, nach einer Meldung des „K. K. e heißt, daß die Pforte alle nötigen diplomatischen Schritte veranlassen müsse, um die Rechte des Vaterlandes zu wahren.

Infolge des bulgarischen Staatsstreiches hat die Be⸗ völkerung Kretas Fv beschlossen, die Angliede⸗ rung an Griechenland zu proklamieren, und, der

Anstalten hellenische Behörden eingesetzt worden. Die Be⸗ völkerung strömt zu Tausenden in Kanea zusammen, um dort ihrer Begeisterung für Griechenland Ausdruck zu verleihen.

Serbien.

In einer Note an die naücht⸗ des Ber⸗ iner Vertrages protestiert die serbische Regierung auf Grund des Artkikels 25 des Berliner Vertrages gegen die Einverleibung Bosniens und der Herzegowina in die habsburgische Monarchie. In der Note heißt es nach einer Meldung des „W. T. B.“:

Obwohl die serbischen Rechte auf dem Berliner Kongresse un⸗ vergleichlich geringer befriedigt worden seien, als es den Kriegsopfern beider serbischen Länder, Cerbiens und Montenegros, entsprochen hätte, und obwohl Serbien die Verpflichtungen aus dem Berliner Püestur skrupulöser erfüllt hätte als irgend jemand anders, sei keine P⸗ eränderung an diesem Vertrage seit den letzten dreißig Jahren zu Gunsten des Serbentums erfolgt. Angesichts dessen hoffe die serbische Regierung, daß die Bitte um Gerechtigkeit und um Schuz gegen die offenbare Verletzung des Berliner Vertrages bei den Signatarmächten nicht ungehört verhallen werde. Serbien könne nur in der Wiederherstellung der Lage bezüglich Bosniens volle Be⸗ friedigung finden. Sollte dies unmöglich sein, so fordere Serbien eine entsprechende Entschädigung, um ihm Bürgschaften zu sichern für sein unabhängiges staatliches Leben und um dem serbischen Volke die Bedingungen für seinen nationalen Fortbestand wenigstens in dem Maße wiederzugeben, wie sie ihm der Berliner Vertrag ge⸗ geben habe.

Die Meldungen über die Veränderungen hinsichtlich Bosniens haben auf die Bevölkerung einen sehr tiefen Eindruck . Die Stimmung ist bei dem größten Teil des Volkes,

em „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ zufolge, äußerst erregt. Die führenden Politiker aller Parteien sowie die Presse treten einmütig für eine energische Stellungnahme zu Gunsten des serbischen Teils der Bevölkerung von Bosnien und der Herzegowina und gegen Oesterreich⸗Ungarn ein, um dadurch eine Intervention der europäischen Mächte herbeizuführen. Die Skupschtina ist zum nächsten Sonnabend einberufen worden. Bulgarien.

Der diplomatische Agent Großbritanniens in Sofia hat dem Ministerium des Auswärtigen gestern eine Note überreicht, die, „W. T. B.“ zufolge, die Erklärung enthält, daß die . Regierung das Königreich Bulgarien nicht anerkennen könne, bevor die anderen Mächte und die Türkei ihre Haltung in der Angelegenheit präzisiert hätten.

1 Montenegro.

Die Regierung hat an die Vertreter der Berliner Signatar⸗ mächte eine Note gerichtet, in der die Verfügung, betreffend Bosnien, als eine Verletzung des Berliner Vertrages be⸗ zeichnet wird. In der Note wird nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ hinzugefügt: wenn die Mächte diese Tatsache anerkennen wuͤrden, halte sich Montenegro von allen Verpflichtungen aus dem Vertrage, soweit sie sich aus dem Artikel 29 ergeben, für entbunden. 2 8

3 Dänemark.

Der Finanzminister Neergaard, der gestern zum König berufen wurde, hat versprochen, die Bildung eines neuen Ministeriums zu versuchen. Wie das „W. T. B.“ meldet, wandte er sich an die beiden Gruppen der Regierungspartei, die linke Reformpartei und die Gemäßigten, die ihm ihre Unter⸗ stützung zusagten.

Die Diamanten von 2nb in Deutsch⸗Südwest⸗ afrika.

In der „Deutschen Kolonialzeitung“ berichtet Ferd. Gessert, einer der aͤltesten Farmer im Süden von Deutsch⸗Südwestafrika, aus Lüderi

. Wir leben hier im trockensten Klima. Das Regenwasser trägt hier keine Berge ab, sondern der fast Megfamesser Wind, der den Sand und Kies agufwühlend im Laufe der Jahrtausende als äußerst wirkungevolles Sandgebläse groteske Formen aus dem Urgestein ausmodelliert hat. Da man die Halbedelsteine, die im Verein mit den Diamanten gefunden werden, auch im Granit sieht, ist es wahrscheinlich, daß dieser ebenfalls Diamanten enthält, jedenfalls aber in weit geringerer Menge als der Kies. Denn der Kies ist allmählich angereichert worden, dadurch, daß alles weichere und flächenhaft vorkommende Gestein, zunächst Glimmer und Kupferblättchen, ausgeblasen wurde, während die harten, spezifisch schweren Diamanten liegen blieben, um so mehr, als sie dank ihrer tetragonalen Kristallform dem Sturm wenig Anhaltspunkte bieten. Die übrigen Steine sind von dem scharfen, Diamant führenden Schleif⸗ mittel fast kuglich gerundet, kommen in allen vor und würden sich zu sehr haltbaren Mosaiken verwenden lassen.

Da sich in den Tälern der Verwitterungsschutt im Windschatten der Berge anhäuft, so werden da die meisten Diamanten gefunden. Doch könnte man auch annehmen, daß einst ein Alluvium das Ur⸗ gestein bedeckte, daß von höheren Lagen die Diamanten angespült wurden und nun nach Jahrtausende langem Windfraß das einzige Ueberbleibsel sind. Dann wäre es nicht ausgeschlossen, daß in der Gegend von Tsauchaib oder Tiras noch Blaugrundpfeifen gefunden würden. Wahrscheinlich ist das nicht. Denn auf Kilometer haben die breit Quarz gebänderten Granitschichten den gleichen steilen Ein⸗ fallswinkel von etwa 70 °,. Daraus läßt sich schließen, daß ein enormes Gebirge abgetragen wurde. In der Zeit, die dazu benötigt wurde, wären längst alle Diamanten, hätten sie alluvial dem Urgestein auf⸗ gelegen, iu Staub weggeschliffen worden.

Die Schürfer haben die Natur zur Lehrmeisterin genommen und blasen zunächst durch eine Windfege, nicht unähnlich einer Getreide⸗ reinigungsmaschine, den Sand vom Kies weg. Der Kies kommt als⸗ dann in ein Handsieb. Durch eigenartiges Schütteln kommen die Diamanten unten auf der Mitte des Siebes zu liegen. Das Sieb wird dann umgestülpt. Die gleich schweren Granaten zeigen durch ihre dunkelrote ärbung an, wo man auch die Diamanten zu suchen hat. Solange ich zusah, wurden fast jeder Handsiebfüllung mit der inzette ein oder mehrere Diamanten entnommen. Da auf viele ilometer in der Runde die Edelsteine gefunden werden, kann man sich eine Vorstellung von dem belspiellosen Reichtum machen. Un⸗ willkürlich denkt man an den Neid, den der Nibelungenhort hervor⸗ rief, denkt daran, daß der Grund, wo jetzt Kimberley steht, als dort die ersten Diamanten gefunden wurden, nicht britisch war, daß Johannesburg, als dort unermeßliche Schätze gehoben wurden, nicht unter dem Union Jack stand. 8

Es ist ein besonders glücklicher Umstand, der als wasserlos verschrieene Wüstenstreifen reich an Brackwasser ist. In den Tälern stößt man bereits in einer Tiefe von drei bis vier Metern auf zum Waschen durchaus geeignetes Brackwasser. Es ist keineswegs aus⸗ geschlossen, daß noch Süßwasser erbohrt wird. Denn hierzulande ist es Regel, daß das Brackwasser dem Süßwasser überlagert. Sonst kämen die Quellen von Anichab oder die neu erschlossenen Brunnen bei Garab als Trinkwasser in Betracht. Das Wass Abbauerschwerung bieten.“

„Agence Havas“ zufolge, gestern diesen Beschluß ausgeführt. 9 der ganzen Insel sind in öffentlichen und kommunalen

Parlamentarische Nachrichten.

Das Mitglied des Hauses der Abgeord besitzer Braemer in Ernstberg bei Walntertehrnen Gumbirnen, d8 988 Ragnit und Pillkallen —*), ist, nach einer Meldung der „O gS am 6. d. M. gestorben. ; Rheeiäschen Herhng.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Zentralauskunftsstelle für Auswand 3 Berlin (W. 9, Schellingstraße 4) hat im dritten Bierteriak-

Auswanderungslustige erteilt, und zwar in 1704 Fällen schriftli

und. in 559 Fällen mündliche. Beantwortet 1 . 3702 Anfragen über die verschiedenen Auswanderungsgebiete. Davon bezogen sich 2370 auf die deutschen Kolonien, und zwar auf Deutsch Südwestaftika 929, auf Deutsch⸗Ostafrika 492, auf Kamerun 159, auf Togo 136, auf Samoa 67, auf Deutsch⸗ Neuguinea 42, auf die Karolinen, Palau und Marianen 30, auf Kiautschou 18 usw. Unter den fremden Auswanderungs⸗ gebieten steht Südbrasilien mit 158 Anfragen an der Spitze; dann folgen Argentinien mit 155, die Vereinigten Staaten von Amerika mit 92, Brasilien im allgemeinen mit 59, Canada mit 52, Chile mit 43 Nord. und Mittelhrasilien mit 39, Paraguag mit 21, Bolivien mit 21, Neu⸗Seeland mit 18, Uruguay und Britisch⸗Südafrika mit je 17, Mexlko und China mit je 16, Rußland mit 15, Cuba, Peru und Queensland mit je 12, Niederländisch⸗ und Britisch⸗Indien mit⸗je 9. Der Rest ver⸗ teilt sich auf Ecuador, Guatemala, Kolumbien, Nicaragua, West⸗ indien, Venezuela, Honduras, Abessinien, Algerien, Britisch⸗Ostafrika, Aegypten, die Goldküste, die Kanarischen Inseln, den Congostaat, Liberia, Madagaskar, Dahomey, Madeira, Portugiesisch⸗Ostafrika,

Neu⸗Südwales, Viktoria, England, Frankreich, Oesterreich⸗Ungar Bulgarien, Italien, Spanien, die Schweiz, 5 Türkei, veren Griechenland, Norwegen, Schweden usw. Es gibt somit kaum ein Gebiet der Erde, über das nicht Anfragen eingelaufen und be⸗ nait vn 8

don den 1423 Anfragenden, die ihr Alter angaben, waren 197 noch nicht 20 Jahre alt, 934 standen im Alter 20 und 30. 215 zwischen 30 und 40, 54 zwischen 40 und 50 Jahren, und 23 Hene 5. Jahre alt. über ihren Personenstand machten, waren 1173 ledig, 383 ver⸗ heiratet und 14 verwitwet. Nach dem Berufe en. unter es Anfragenden am stärksten die Kaufleute, Handwerker und Landwirte vertreten. Bemerkenswert ist, daß sich von den Anfragenden nur 399 als mittellos bezeichneten, während beinabe 1000 zum Teil über recht erhebliche Summen verfügten, z. B. 24 über 10 000 ℳ, 20 über 15 000 ℳ, 16 über 20 000 ℳ, 18 über 30 000 ℳ, 6 über 40 000 ℳ, 10 über 50 000 usw. bis zu 500 000 hinauf.

Von den Anfragen kamen aus Preußen 1485, und zwar aus Brandenburg mit Berlin 659, aus der Rheinprovinz 173, aus der Provinz Sachsen 103, aus Hessen⸗Nassau 96, aus Schlesien 92, aus Westfalen 76, aus Schleswig⸗Holstein 64, aus der Provinz Hannover 60, aus Westpreußen 46, aus Pommern 45, aus Ostpreußen 36 und aus der Provinz Posen 35. An der Spitze der übrigen deutschen Staaten steht das Königreich Sachsen mit 166 An⸗ fragen; dann folgen Bayern mit 113, Hamburg mit 90, Baden mit 64, Württemberg mit 46, Hessen mit 33, Elsaß⸗Lothringen mit 23, Bremen mit 19, Mecklenburg⸗Schwerin mit 15 usw. Aus den deutschen Kolonien kamen 8 Anfragen, aus dem Auslande 129, davon 46 aus Oesterreich⸗Ungarn, 21 aus der Schweiz, 19 aus Eng⸗

land, 10 aus Rußland usw. Die Zentralauskunftsstelle für A wanderer erteilt kostenlos schriftliche 88 mündliche lsttle für 8

8 Zur Arbeiterbewegung.

Aus München wird der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert, daß, nachdem eine Versammlung der Schneider und eebenn. gestern vormittag den neuveränderten Tarif angenommen hat, der Ausstand der Damenmaßarbeiter nun beendet ist. (Vgl. Nr. 233 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

In Aachen ist, wie die „Frkf. Ztg.“ mitteilt, der Phpsiklehrer an der dortigen Technischen Hochschule, Geheime Regierungsrat, Pro⸗ fessor Wüllner am 6. d. M. im Alter von 73 Jahren gestorben. eee Dr. Adolf Wüllner habilitierte sich im Jahre 1858 in

arburg, konnte also dieses Jahr sein goldenes Jubiläum als Hoch⸗ schullehrer feiern. Wissenschaften und Akademie.

Er war Mitglied der hiesigen Akademie der korrespondierendes Mitglied der Münchener

Literatur.

Dantes poetische Werke. Neu übertragen und mit Ori⸗ ginaltext versehen von Richard Zoozmann. 4 Bände. von Herder in Freiburg i. B, geb. in Leinwand 18 ℳ; in Pergament 28 ℳ. Die Herdersche Verlagsbuchhandlung hat sich mit der Her⸗ ausgabe dieser Dante⸗Ausgabe ein großes, unbestreitbares Verdienst erworben. Einmal ist der Uebersetzer, Zoozmann, selbst ein Dichter,⸗ seine Uebersetzung hat daher den großen Vorzug vor der Mehrzahl der sonst vorhandenen deutschen Dante⸗Uebertragungen, daß sie von poe⸗ tischer Schönheit ist. Zoozmann hat aber auch die richtige Grenze e dichterischer Freiheit und Achtung vor dem Wortlaute des Originals mit Geschmack und Takt einzuhalten gewußt. Schon um dieser Vorzüge willen muß die neue Uebersetzung allen Dantefreunden hoch will⸗ kommen sein. Ein besonderer Vorzug ist aber die Gegenüberstellun von Original und Uebertragung; ermöglicht doch erst eine Parallel⸗ ausgabe ein völliges Eindringen in eine fremdsprachige Dichtung und hilft dem gewissenhaften Leser über etwaige Mängel der Uebersetzung und deren gibt es ja auch in der besten hinweg. Daß neben der „Göttlichen Komödie“ auch das „Neue Leben“ und die „Gedichte“ des großen Florentiners in dieser Ausgabe Aufnahme gefunden haben, kann gleichfalls nur mit Freude begrüßt werden. Auch die äußere Ausstattung des Werks steht durchaus auf der Höhe.

Bei der erhöhten Aufmerksamkeit, die im naturwissenschaft⸗ lichen Unterricht der Pflanzenbiologie zugewandt wird, wird ein Buch edenfalls willkommene Aufnahme finden, das von einem hervorragenden otaniker Fescheieen, ohne große Vorkenntnisse vorauszusetzen, den reichen Stoff geschickt und übersichtlich gliedert. Diese Vorzüge ver⸗ einigt die Schrift „Biologie der Pflanzen“, Schilderungen aus dem Pflanzenleben von dem Professor an der Forstakademie in Eisenach Dr. W. Migula, das mit 133 Abbildungen nach Photographien und eichnungen und mit 5 Tafeln ausgestattet, bei Quelle und Meyer in ipzig eben erschienen ist (geh. 8, geb. 8,80). Das Buch behandelt in lebensvoller Darstellung die wichtigsten Gebiete der Pflanzenbiologie mit besonderer Berücksichtigung der heimischen Verhältnisse. Wo es irgend angängig war, sind die biologischen Verhältnisse der ver⸗ breitetsten oder doch leicht erreichbaren Pflanzen geschildert, um ein selbständiges Beobachten der Natur zu ermöglichen. Acht Abschnitte behandeln die Fortpflanzung der Gewächse, die Verbreitung der Pflanzen, ihre speziellen Schutzeinrichtungen, ihre Anpassung an Klima und Boden. Den verschiedenen damit zusammenhängenden Pflanzengesellschaften in Wald und Feld, Heide und Moor 1 das 5. Kapite⸗ gewidmet. Die Biologie der Ernährung sowie die überaus interessanten Er⸗ scheinungen des Genossenschaftslebens zwischen Pflanzen und Tieren bilden den Abschluß des prächtig ausgestatteten Werkes, das für jeden Naturfreund eine anregende und interessante Lektüre, allen Lehrern und Studierenden bald ein hochgeschätztes Lehr⸗ und Nachschlagebuch sein

dürfte.

1908 (1. Juli bis 30. September) in 2263 Fällen Auskunft an

Tunis, Kleinasien, Japan, die Philippinen, Siam, Sibirien, Tonking,

Von den 1570 Fragestellern, die Angaben

Verlag

]