1908 / 240 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

und dem Lundgericht in Glogau, Austen aus Konitz bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Brom⸗ berg, Papenhoff aus Düsseldorf bei dem Amtsgericht in Buer mit dem Wohnsitz in Horst⸗Emscher, die Gerichtsassessoren Dr. Rothe bei dem Oberlandesgericht in Cöln, Leo Gans ei dem Landgericht II in Berlin, Dr. Lüpschütz bei dem andgericht III in Berlin mit dem Wohnsitz in Schöneberg, Dr. Leyser und Stocky bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Düsseldorf, Dr. Popp bei dem Amtsgericht in Oellrich bei dem Amtsgericht in Zossen, Heyn bei dem Ametsgericht in Neumittelwalde, Schönberg bei dem Amtsgericht in Berncastel⸗Cues, Sally Simon bei dem Amtsgericht in Gelsenkirchen, Lembke bei dem Amtsgericht in Wandsbek, Haendly bei dem Amtsgericht in Dt.⸗Krone und Plieg bei dem Amtsgericht in Tremessen. Der Annegerichtara⸗ Becker in Münden, die Rechts⸗ anwälte und Notare Justizrat Ziemann in Lublinitz, Justizrat Meller in Zabrze und Harssewinckel in Witten sind gestorben. 8 8

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Versetzt sind: der Wasserbauinspektor, Baurat Francke on Meppen zur Kanalbaudirektion in Hannover, die Land⸗ auinspektoren, Bauräte Prieß von Allenstein an die Regierung

in Koblenz, Held von Berlin an die Regierung in Stralsund,

Foerster von Koblenz als Bauinspektor nach Berlin

(Polizeibauinspektion I im Geschäftsbereich des Polizei⸗

Berlin), der Wasserbauinspektor, Baurat

Rumland von Tilsit zur Weichselstrombauverwaltung

Danzig, der Kreisbauinspektor Steinicke von

Danzig als Landbauinspektor an die Regierung in Allen⸗ stein, die Wasserbauinspektoren Landsberger von Berlin als Vorsteher des für den Masurischen Kanal zu errichtenden Bauamts I in Iesterbura, Ellerbeck von Oderberg i. M. ach Meppen und Buchholz von Münster i. W. nach Hen⸗ richenburg (beide im Geschäftsbereich der Dortmund⸗Ems⸗ Kanalverwaltung), Landbauinspektor Schrammen von Oeyn⸗ hausen nach Berlin zur Beschäftigung in den Eisenbahn⸗ abteilungen des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten und maune de Kreisbauinspektor Haussig von Dramburg nach Neu⸗ steettin . Der Regierungsbaumeister Knackfuß, gegenwärtig im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen bei den Ausgrabungen in Milet tätig, ist zum Landbauinspektor

ernannt worden. 8 Der Oberbaurat Ottmann ist mit der Wahrnehmung

der Geschäfte des Technischen Dirigenten der Kanalbaudirektion

in Hannover betraut worden.

Der Regierungs⸗ und Baurat Wachsmuth in Schleswig

ist in den Ruhestand getreten.

präsidiums in

de ge. Mijnisterium für Landwirtschaft, und Forsten. 8

Der Oberregierungsrat von Both ist dem Präsidenten der Königlichen Ansiedlungskommission in Posen zugeordnet.

8

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.

Der bisherige Privatdozent, Professor Dr. Ludwig

Diels zu Berlin ist zum E““ in der

hilosophischen Fakultät der Universität zu Marburg ernannt orden. Dem Privatdozenten in der philosophischen und natur⸗

issenschaftlichen Fakultät der Universität zu Münster Dr.

Gemäß 8 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.S. S. 152) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, das auf das Aktienkapital der Mödrath⸗Liblar⸗ Brühler Eisenbahn⸗Aktiengesellschaft aus dem Be⸗ triebe des Unternehmens im Rechnungsjahr 1907 zur Ver⸗ teilung gelangte, im Jahre 1908 kommunalabgabepflichtige Iee auf 100 800 festgestellt worden ist. Cöln, den 7. Oktober 1908.

161 KRöniglich Preußzische Armee. Beamte der Militärverwaltung.

Durch Allerhöchste Bestallungen. 26. September. Dr. Jacobs, Zweigert, Intend. Räte von der Schutztruppe für Südwestafrika, wiederangestellt bei den Intendanturen des XV. bzw. VIII. Armeekorps Dr. Jacobs vom 1. Oktober 1908 ab als Vor⸗ Fand der Intend. der 30. Div. —, zu Militärintend. Räten mit eeinem Dienstalter vom 17. Mai 1907 ernannt. Durch Allerhöchste Patente. 26. September. Den DOobermilitärintend. Sekretären: Hasse (Karl), Hasse (Wil⸗ helm), Rahn von den Intendanturen der 13. Div. b.w. des VII. uund XVII. Armeekorps, Langer (August), Evmann, Tbiele⸗ mmann von den Intendanturen der 6. Div. bzw. des XV. und X. Armeekorps, Meye, Wiegelmann von der Intend. der Ver⸗ kehrstruppen, der Charakter als Rechnungsrat verliehen. Durch Allerhöchsten Abschied. 26. September. Hugers⸗ off, Geheimer Kriegsrat, Intend. Rat. von der Intend. des VII. Armeekorps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand Pieper, Baurat, Militärbauinsp. in Hanau, bei seinem en aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Geheimer Vund Müller, Oberzahlmstr. vom 2. Unterelsäss Feldart. Regt. Nr. 67, Tiller, Oberzablmstr. vom 3. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 129, ebenfalls bei ihrem Ausscheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungsrat, verliehen. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 25. Sep⸗ ember. Kahle, Kambach, 12 Fechner, Militärbausekre⸗ täre, zu Intend. Bausekretären bei den Intendanturen der milstärischen Institute bzw. des VI., XV. und V. Armeekorps ernannt. Dünow, Rechnungsrat, Lazarettoberinsp. in Torgau, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 8 30. September. Mayer, Groß, Riedel, Schrader, Lent, Brügert, Prause, Militärhausekretäre auf Probe bei den Bauaͤmtern in Bromberg bzw. Mülhausen i. E., Frankfurt a. M., II Magdeburg, II Cassel, VI Berlin und Paderborn, endgültig an⸗

estellt.

tischem Wege zu dieser Frage Stellung zu nehmen.

1. Oktober. Korsch, Intend. Rat, Vorstand der Intend. der 4. Div., zu der Intend. des V. Armeekorps versetzt. Die Kasernen⸗ inspektoren auf Probe Greß in Metz, Tews in Allenstein, Albrecht in Thorn zu Kaserneninspektoren ernannt. Peukert, Garn. Ver⸗ walt. Oberinsp. in Gleiwitz, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. w

3. Oktober. Zum 1. November 1908 versetzt: Bohnert, Lazarettoberinsp. in Karlsruhe, als Lazarettverwalt. Direktor auf Probe zum Garn. Lazarett I in Straßburg i. E., Heusmann, Lazarettoberinsp. in Neisse, nach Karlsruhe, Wilke, Lazarettverwalt. Insp. in Schleswig, als Lazarettoberinsp. auf Probe nach Neisse, Stürmer, Lazarettinsp. in Stettin, als Lazarettverwalt. Insp. auf Probe nach Schleswig.

Durch Verfügung der Generalkommandos. Oberzahl⸗ meister und Zahlmeister: a. versetzt: Krause vom Füs. Bat. 1. Garde⸗ regts. 3 F. zum Gardepion. Bat., Schmidt vom I. Bat. Garde⸗ fußart. Regts, Weniger vom I. Bat. 5. Garderegts. z. F., gegenseitig, Stubbe vom II. Bat. Inf. Regts. Herjog Ferdinand von Braunschweig (8. Westfäl.) Nr. 57 zum II. Bat. Inf. Regts. Vogel von Falckenstein (7. Westfäl.) Nr. 56, Claassen vom I. Bat. 4. Hannov. Inf. Regts. Nr. 164, Quidde vom II. Bat. desselben Regts, gegenseitig, Thiele vom II. Bat. 5. Thüring. Inf. Regts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen) zum I. Bat. 2. Thüring. Inf. Regts. Nr. 32, Küting vom III. Bat. 3. Oberelsäss. Inf. Regts. Nr. 172. zum Jägerregt. zu Pferde Nr. 5, Richter vom III. Bat. 2. Unter⸗ elsäss. Inf. Regts. Nr. 137 zur I. Abteil. 2. Unterelsäss. Feldart. Regts. Nr. 67, Jahme vom II. Bat. Inf. Regts. von Grolman (1. Posen.) Nr. 18 zum I. Bat. des Regts., Rittinger vom II. Bat. Inf. Regts. von Lützow (1. Rhein.) Nr. 25, Schellack vom II. Bat. 7. Badischen Infanterieregiments Nr. 142, gegen⸗ seitig, Meyer (Jakob) von der I. Abteil. 4. Badischen Feldart. Regts. Nr. 66 zum III. Bat. 3. Oberelsäss. Inf. Regts. Nr. 172; b. infolge Versetzung, Einreihung oder Ernennung zugeteilt: Auf⸗ farth dem II. Bat. 5. Thüring. Inf. Regts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), Heitzmann dem II. Bat. 2. Unterelsäss. Inf. Regts. Nr. 137, beide nach Ausscheiden aus der Schutztruppe für Süd⸗ westafrika, Goyke dem I. Bat. Inf. Regts. von der Marwitz (S8. Pomm.) Nr. 61, Vocke dem III. Bat. 4. Unterelsäss. Inf. Regts. Nr. 143, Woitschach dem Füs. Bat. 1. Garderegts. z. F.,

arms dem II. Bat. Königsinf. Regts. (6. Lothring.) Nr. 145,

rankowski dem Füs. Bat. Königin Augusta Gardegren. Regts. Nr. 4, Ziepke der II. Abteil. Lehrregts. der Feldart. Schießschule, Hüger dem 1. Bat. 4. Magdeburg. Inf. Regts. Nr. 67, Schlegel dem II. Bat. Gren. Regts. König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) Nr. 2, Sonnenschein dem II. Bat. Gardefußart. Regts., Schlösser dem Füs. Bat. 4. Garderegts. z. F.

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„Seine Erxzellenz der Staatsminister und Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach, von Dienstreisen 8 ö““ 8

8 8

8 der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungs⸗ urkunde, betreffend eine Anlei d gemeinde Stendal, veröffentlicht.

ANichtamtliches. SDeutsches Reich Preußen. Berlin, 10. Oktober.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Justiz⸗

wesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Angesichts der Erregung in Serbien hat, wie der „Kölnischen Zeitung“ aus Berlin gemeldet wird, die Reichs⸗ regierung Schritte getan, um in Belgrad zur Mäßi⸗ gung und zu ruhiger Haltung zu mahnen. Der

taatssekretär von Schoen hatte im Laufe des vorgestrigen und des gestrigen Tn. mehrfache Besprechungen mit dem tkürkischen otschafter, die sich auf die Fegeht drtig Lage bezogen. Der Staatssekretär hat, em genannten Blatte zufolge, die bestimmtesten Ver⸗ sicherungen dahin gegeben, daß der Entschluß der öster⸗ reichisch⸗ungarischen Regierung zur Einverleibung Bos⸗ niens und der Herzegowina ohne jede Anregung von deutscher Seite gefaßt worden sei, und daß die deutsche Re⸗ gierung von diesem Entschluß nicht früher Kenntnis erhalten habe als andere Mächte. Hinsichtlich des bulgarischen Vorgehens hat der Staatssekretär betont, daß man in Berlin den Schritten der dortigen Re⸗ ierung nicht nur fremd gewesen, sondern in peinlichster Weise durch sie überrascht worden sei. Die deutsche Regierung habe in Sofia auch keinen Zweifel darüber gelassen, 82 man hier in eine Erörterung über die eegen;; der Unabhängigkeit Bulgariens keinesfalls eintreten würde, bevor nicht die bulgarische Regierung eine befriedigende Lösung der Frage der orientalischen Bahnen gefunden habe. Diese Lösung 0

une zunächst nur auf dem Wege der Verhandlungen mit der

Türkei erfolgen. 1“

Das Postamt des Reichstags wird vom 14. Oktober

ab für die Dauer der internationalen Konferenz zur Revision der Berner Uebereinkunft, betreffend die Bildung eines inter⸗ nationalen Verbands zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, werden.

8.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S.

am 1. Oktober in Duala eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der serbische Gesandte in Wien hat seiner Regierung den Auftrag erhalten, im Ministerium des Aeußern gegen die Angliederung Bosniens und der Herzegowina an die österreichisch- ungarische Monarchie Verwahrung einzulegen. Diese 21 e es. wurde, nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korre⸗ pondenzbureaus“, nicht entgegengenommen, da man der secnthchen Regierung nicht das Recht zuerkennt, auf dip m

W1“

vom 9. September 1886 in Betrieb gehalten

1““ estern von

Die Regierung hat beim böhmischen Landtag wei Gesetzentwürfe, betreffend die Abänderung tage zandesordnung und die neue Landtagswahlordnung, eingebracht, ferner einen Gesetzentwurf wegen Einsetz ung einer ständigen Kommission des Landtages zur Beratun der gegenwärtig beim Landtage eingebrachten Anträge, . treffend die Landesordnung und Landtagswahlordnung. Die Kommission soll, „W. T. B.“ zufolge, ihre Tätigkeit auch auf die Beratung sonstiger Entwürfe und Einrichtungen erstrecken die zur Sicherung eines dauernden Einvernehmens zwischen den beiden Volksstämmen geeignet sind. Die Zusammensetzung der Kommission soll derart erfolgen, daß jede Landtagskurie sechs Mitglieder entsendet.

Der Minister des Aeußern Freiherr von Aehren⸗

thal empfing gestern in Budapest eine bosnische Depu⸗ tation unter Führung des Vizebürgermeisters von Sera⸗ jewo, die, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge dem Minister den Dank für die Beseitigung der großen internationalen Schwierigkeiten bei der Angliederung Bos⸗ niens aussprach und bat, dem Kaiser die Gefühle des Dankes zu übermitteln. Freiherr von Aehrenthal erwiderte der Monarch habe sich zu diesem Akte entschlossen in der Ueberzeugung, daß das bosnische Volk dank der erfolgreichen Kulturarbeit Oesterreich⸗Ungarns reif sei, an der Verwaltun des Landes teilzunehmen. Der Minister sprach zum Schluß die Hoffnung aus, daß das bosnische Volk, insbesondere die kroatische Bevölkerung, sich dadurch dankbar erweisen werde, daß es mit Ruhe und Mäßigung in die neue Aera eintrete. Darauf empfing der Ministerpräsident Freiherr von Beck die Deputation und sagte in seiner Begrüßungsansprache, daß in der nunmehrigen Rechtsstellung Bosniens und der Herzegowina nur der formrechtliche Ausdruck für ein ohnehin bestehendes Verhältnis erblickt werden könne. Die Fürsorge für die Verwaltung beider Länder sei in erster Linie dem gemeinsamen Ministerium anvertraut, und die österreichisch⸗ungarische Regierung werde es daher als ihre eigentliche Aufgabe betrachten, den Interessen beider Länder die sorgfältigste Beachtung zu schenken und deren Wohl zu fördern. Die Bewohner beider Länder könnten daher der Zukunft in aller Ruhe und mit vollstem Vertrauen ent⸗ gegensehen.

Der Ausschuß für auswärtige Angelegen⸗ heiten in der österreichischen Delegation hat gestern mit der Generaldebatte des Budgets des Auswärtigen begonnen.

Wie das „W. T. B.“ berichtet, erklärte der Abg Axmann in Namen der Christlich⸗Sozialen seine vollste Zustimmung zur In⸗ nexion der okkupierten Provinzen und sprach sich für diesen Staate⸗ akt aus, der geeignet sei, die Grundlage einer zukünftigen, zil⸗ bewußten Balkanpolitik zu bilden. Die Christlich ⸗„Sozialen begrüßten die Annexion auch als Beionung der Notwendig⸗ keit des großen Gedankens der Reichzeinheit. Die sttaats⸗ rechtliche Regelung der Angelegenheit und die Schaffung eines legislativen Vertretungskörpers für Boznien müsse zusammen vorgenommen werden. Der Redner wies sodann energisch den Oesterreich Ungarn vom Auslande Seʒmessgs Vorwurf einer binter⸗ listigen Politik zurück, der durch die Thronrede und das Expose Aehrenthals vollständig widerlegt worden sei. Der Abg. Baern⸗ reither bemerkte, die Annexion Bosniens lasse sich aus den Geist und Sinne des Oesterreich⸗Ungarn durch den Berliner Vertrag erteilten Mandats rechtfertigen. Die staatsrecht⸗ liche d der Verhältnisse der okkupierten Pro⸗ vinzen dürfe keinesfalls ohne Zustimmung der diesseitigen Reichshälfte eintreten. Die Delegation könne angesichts der vorliegenden zwingenden Gründe zu der Annexion gewiß Ja und Amen sagen. Der Abg. Redlich billigte die Annexion, wiil sie zu dem früheren Kleinmut der österreichisch⸗ungarischen Politik im Gegensatz stehe. Den Ausgleich durch das Aufgeben der Rechte im Sandschak hätte man für die späteren diplomatischen Verhandlungen aufsparen können. Der Redner bezweifelte die wirtschaftlichen und die militärischen Vorteile der Sandschakbahn und trat für eine kraftvolle und selbstbewußte äußere Politik ein. Der Abg. Sustersic sprach im Namen der südllavischen Dele⸗ gierten seine zur Anrexion aus. Er gab der Hoffnung Ausdruck, daß die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit einerseitzs den Interessen der Südslaven, andererseits den Interessen der Monarchie und Dynastie in vollem Maße dienen werde, und sprach die Ueberzeugung aus, daß die Serben sowohl inner⸗ halb, als auch außerhalb der Monarchie sich mit der Annexion abfinden werren, zumal die bosnisch⸗herzegowinischen Serben kostbare reale Kompensationen für das Aufgeben des großserbischen Traumes durch die ihnen gewährten konstitutionellen Freiheiten erlangten. Der Redner verlangte eine wirklich freiheitliche und demokratische Verfassung für die olkvpierten Provinzen und er⸗ klärte, die Südslawen betrachteten als die einzig mögliche staatsrecht⸗ liche Regelung die Angliederung von Bosnien und der Herzegowine an die Länder der kroatischen Krone. Es sei jedoch unbedingt aut⸗ geschlossen, daß die Länder unter ungarische Oberhoheit fielen. Der A Latour sprach im Namen der der Rechten des Herrenhauses angehörenden Delegationzmitglieder seine aufrichtige Genugtuung, innige Dankbarkeit und be⸗ geisterte Anerkennung aus, daß der Monarch durch die Ann son klare Verhältnisse geschaffen und eine hoffnungsreiche Zukunft eröffnet habe. Er bat um nähere Auskünfte in betreff der diplomatischen Vorbereitung, namentlich darüber, wie die Kenntnisnahme und eventuelle der Großmächte bewirkt worden sei⸗ insbesondere hinsichtlich Rußlande?, und weiter unter Vor⸗ behalt der Vertraulichkeit der Mitteilung, ob und inwiewett militärische Maßnahmen getroffen worden seien, um ditese Aktion von vornherein vor möglichen Störungen im Janern und von Außen zu bewahren. Im weiteren Verlaufe der Sitzung er⸗ klärte der Abg. Wolff, daß die national fühlenden Deutschen die Begeisterung über die Annexion nicht teilen könnten. Er verwies auf die Kornflikte, die bei der Austragung der staatsrechtlichen Fragt⸗ mit Ungarn für Oesterreich unausbleiblich sein würden, bedauerte den Verzicht auf das Sandschak sowie auf die bhandelspolltischen Aktionen im Orient und sprach die Ansicht aus, daß Deufsch⸗ land wohl nur unter einer Zwangslage der vom bundes⸗ genössischen Oesterreich unternommenen Aktion zustimmte ode⸗ ihr wenigstens keine Hindernisse in den Weg legte, selbft mit Preisgabe der Sympathien, die -sich Deutschland am Goldenen Horn zum Vorteil seiner Handelspolitik zu erwerben gewußt habe. Es sei zu besorgen, daß die Früchte der Annexion, wie dies einernt mit den in Italien erworbenen Gebieten der Fall gewesen sei, ne . Oesterreich, sondern irgend einem flawischen Reiche in den Schoß fallen würden. Der Abg. Kramar führte aus, laft sich nicht wegleugnen, daß durch die Annexion v. internationale Verträge verletzt worden seien. ie sei e. notwendig gewesen, da allem Anschein nach an Steli⸗ der kranken Türkei eine starke Türkei auf den Plan getten wäre, die vielleicht in Ostrumelien oder Bosnien eine Aenderung ba Zestande verlangt hätte. Oeslerreich⸗Ungarn vermöge den moralis Rechtstitel für die Annexion nur dadurch zu erwerben, daß es de okkupierten Provinzen volle Freiheit und eine legislativ gewähre. Er sei Wolff dankbar, daß dieser den Grun . habe, warum Deutschland heute Oesterreich unterstütze, trotzdem Ang dies in der Türkei sehr schade. Er glaube nämlich, daß Deutschlang es darum tue, weil es sonst ganz isoliert wäre. Er halte g- endlich einmal auch für Deutschland den Moment für 2 kommen, wo es zeigen könne, was ihm das Bündnis we⸗

sei. Bisher hätte Oesterreich stets Sekundantendienste geleistet und Deutschland habe die Isolierung nicht so gefühlt. Jetzt sei es selbst⸗ verständlich nicht anders möglich, als daß Deutschland Oesterreich⸗ Ungarn in seinen legitimen Ansprüchen unterstütze. Der Abg. Glabinski ecklärte, daß die Polen im Priazip der Annexion als ‚einer politischen Notwendigkeit zustimmten, und gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und Kon⸗ fessionen in den n⸗uen Provinzen gewahrt werde. Der Abg. Morsey bedauerte die gehässige Sprache der englischen Presse gegen Oesterreich, die offenbar in Oesterreich ind rekt das Deutsche Reich treffen wolle. Der Redner warf den Engländern vor, daß sie um die Gunst der Jungtürken buhlten, um den Einfluß Deutschlands in Konstan⸗ tinopel zu verdrängen, und trat dann auf das wärmste für den Fort⸗ bestand des Dreibundes ein. Auf Anfragen, ob und welche Vor⸗ kehrungen die Reichsverwaltung zum Schutze gegen einen Friedens⸗ bruch an der Südostgrenze des Reiches getroffen habe, erklärte der Reichskriegsminister, daß seitens der Heeresverwaltung keine Maßnahmen bis zur Stunde zur Durchführung gebracht seien, und versicherte, daß die Heer sverwaͤltung die Bestrebungen des Ministers des Aeußern und der Regierungen, die Angelegenheit auf friedlicher Basis zu erhalten, gewiß nicht stören werde.

Hierauf wurde die Weiterberatung auf heute vertagt.

Großbritannien und Irland. Deer russische Minister des Aeußern Iswolski ist gestern abend in London eingetroffen.

Dem „Reuterschen Bureau“ ist vom Auswärtigen Amt die Mitteilung zugegangen, daß der Vizeadmiral Prinz von Battenberg den Befehl erhalten habe, mit zwei Schlachtschiffken und zwei Torpedobootszerstörern von Malta in See zu gehen und sich nach dem Aegäischen Meere zu be⸗

eben, um die Ereignisse daselbst zu überwachen. v

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Der Minister des Aeußern Pichon hat, „W. T. B.“ zu⸗ folge, gestern den türkischen und den englischen Botschafter empfangen. Niederlande. b MNach einer Meldung des „W. T. B.“ wird der geschützte

Kreuzer „Utrecht“ nach seiner Uebungsfahrt nach den westindischen Gewässern zur Verstärkung der dortigen Seestreitkräfte abgehen, die für eine etwaige Blockade der

Küste von Venezuela bestimmt sind.

Türkei. 1 1 In einem an die ottomanischen Botschafter gerichteten Protestzirkular, von dem der Seen eeer Bot⸗ schaft in Konstantinopel eine Abschrift überreicht werden soll, erklärt die Pforte, einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenzbureaus“ zufolge, sie betrachte nachernstem Studium der in der Nvte der österreichisch⸗ungarischen Botschaft dar⸗ gelegten Erwägungen es als Pflicht, zu erklären, daß sie sich der Anschauungsweise der österreichisch⸗ungarischen Re⸗ gierung keineswegs anschließe. Das bisher in Bosnien geltende Regime gründe sich auf die Verträge von 1879, die in klarer Weise die Art der Okkupation und Verwaltung durch Oesterreich⸗Ungarn und die Souveränitätsrechte der Türkei fest⸗ setzen. Es sei unmöglich, die Bestimmung der erwähnten Ver⸗ träge ohne die Zustimmung der Türkei als Eigentümerin und der Signatarmächte zu verletzen. Infolgedessen halte die Türkei an allen diesen durch Verträge gewährleisteten Rechten fest und lege gegen das Vorgehen Oesterreich⸗Ungarns, as die erwähnten Verträge nach Belieben verletzen wolle, Protest ein.

Der griechische Gesandte Gryparis hatte vorgestern nachmittag mit dem Minister des Aeußern und dem Groß⸗ wesir eine Unterredung, in der er, obiger Quelle zufolge, er⸗ klärte, daß die Regierung in Athen und die kretische Re⸗ gierung an dem Anschlusse Kretas an Griechenland Anbetestiat seien, und daß es sich nur um einen spontanen Akt der Bevölkerung handle. Der Großwesfir sprach sein tiefes Be⸗ dauern aus, zumal geradejetzt die gegenseitigen Beziehungen so gut geworden seien. Nach dem Besuche Gryparis auf der Pforte wurde der türkischen Presse empfohlen, eine ruhige Sprache zu führen und darauf hinzuweisen, daß der Inhalt der Pro⸗ klamation nicht definitiv, sondern nur ein Wunsch der Kreter an die Schutzmächte sei, der hoffentlich unrealisiert bleiben werde.

Die griechische Gesandtschaft lenkte gestern die Auf⸗ mergsameet der 65— auf die Lage in Smyrna, wo wegen

riechischer Wahlsiege unter den Mohammedanern eine

esorgniserregende christenfeindliche Seene herrschen soll. Die Pforte versprach, entsprechende Maßregeln s treffen. Auch Konsulardepeschen aus Smyrna melden, daß dort Unruhen befürchtet werden, da die Türken sich bewaffnen. Das englische, französische und das italienische Konsulat haben die Bereitstellung von Kriegsschiffen im Archipel erbeten.

1

2

Die diplomatischen Beziehungen mit Monte⸗

negro, die seit dem Bombenprozeß in Cetinje abgebroch en waren, sind, „W. T. B.“ zufolge, wieder aufgenommen worden. 8

Die Skupschtina ist heute vormittag zusammen⸗ getreten. In Belgrad dauern, nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“, die Straßenkund⸗ Hebsn gen der Jugend fort. Die Mehrzahl der Blätter 8

ie Regierung wegen des unbefriedigenden Inhalts der Protest⸗

note heftig an.

Gestern nachmittag ist der Fürst Ferdinand in Phi⸗ lippopel eingetroffen und auf dem Bahnhofe, wo eine Ehren⸗ kompagnie Aufstellung genommen hatte, von der Geistlichkeit und den Spitzen der Militär⸗ und; winegucen empfangen worden. Von dem Bahnhofe begab sich der Fürst, „W. T. B.“ Fufelge⸗ durch die festlich geschmückten Straßen, in denen Militär, Vereine und Schulen Spalier bildeten, nach der Kathedrale, wo er die Messe hörte. Gegen Abend fuhr der Fürst in Begleitung der Minister nach Stara Zagora, wo er von der Bevölkerung und den Behörden ebenfalls festlich empfangen wurde.

8 Montenegro. Der Fürst Nikolaus hat gestern eine vom Ministerium

gegengezeichnete Proklamation an sein Volk erlassen, in T. B.“ zufolge, gegen die Angliederung von Bosnien und der Herzegowina an Oesterreich⸗Ungarn Ver⸗ wahrung einlegt. us Anlaß der See dieser Proklamation kam es zu Kundgebungen, doch wurde die Ord⸗ nung nicht gestört. Eine Demonstration vor der österreichisch⸗ ungarischen Gesandtschaft wurde verhindert.

8 Dänemark. 8* Vorgestern ist, „W. T. B.“ zufolge, gerichtsvertrag zwischen Dänemark und⸗ Norwegen abgeschlossen und von dem dänischen Minister des Auswärtigen und dem norwegischen Gesandten unterzeichnet worden.

Der König Friedrich hat gestern eine Abordnung des Handelsstandes empfangen, der er, nach einer Meldung des „W. T. B.“, die Errichtung eines Handelsministeriums im neuen Kabinett zugesagt hat.

Koloniales.

sHolzexpedition nach Kamerun. 8

Zu der geplanten wirtschaftlichen Erforschung der Nutzholzbestände Kameruns treten die Professoren an der Königlichen Forstakademie zu Hann.⸗Münden Dr. Büsgen und Dr. Jentsch am 10. Oktober ihre Ausreise nach Westafrika an. Die Erkundungen, für die eine Zeit von 3—4 Monaten in Aussicht genommen ist, sollen sich be⸗ sonders auf die Waldgebiete am Mungo und der Manengubaberge, des Wurigebietes bis und um Jabassi und auf das Waldgebfet des Sanaga erstrecken. Die Expedition hat die Aufgabe, zu untersuchen, was an nutzbaren Hölzern und sonstigen Waldes⸗ produkten in den zu bereisenden Gebieten vorhanden ist, und bestimmungs⸗ fähiges Material einzusammeln. Es soll ferner versucht werden, mit Hilfe von geeigneten und gewählten Probeflächenaufnahmen ein möglichst genaues Bild der betreffenden Waldteile nach Art, Masse und Wert ihrer Nutzhölzer zu gewinnen. Außerdem ist geplant, die Lebensbedingungen der nutzbaren Baumarten und den Entwicklungs⸗ gang der Wälder in den Kreis der Betrachtungen zu ziehen. Die Mittel für das Unternehmen sind von dem Reichskolonialamt, dem preußischen Landwirtschaftsministerium und dem kolonialwirtschaftlichen Komitee zur Verfügung gestellt.

Von den wichtigeren, für eine Ausnutzung in Frage kommenden Holzarten sollen größere Probeabschnitte an das Kolonialwirtschaft⸗ liche Komitee zur Vornahme von Fabrikationsversuchen nach Deutsch⸗ land gesandt werden. Nach Schluß der Expedition wird durch das Komitee ein eingehender Bericht über den Verlauf und das Ergebnis der Arbeiten veröffentlicht werden.

Nr. 41 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 7. Oktober hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Sterbefälle im August. Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krankdeiten. Desgl. egen Cholera. Geburten und Sterbefälle in Schottland, 1907. Ferehe.re usw. (Deutsches Reich.) Maul⸗ und Klauenseuche. (Frankreich.) Blechbüchsen für Nahrungsmittel. (Großbritannien.) Schafräude. (Griechenland.) Chinin. (Malta.) Uebertragbare Krankheiten. (Spanien.) Weinfälschung. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 30. September. Desgl. im Auslande. Maul⸗ und Klauenseuche in der Schweiz. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Regierungsbezirk Aurich.) Vermischtes. (Aegypten.) Pilgerfahrt der Mohammedaner, 1907/08. Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, August 1908. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbe⸗ fälle in deutschen Orten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand und Boden⸗

wärme in Berlin und München, August. Beilage: Gerichtliche

Entscheidungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege (Krankenwesen).

Nr. 35 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 7. d. M., hat Re Inhalt: Allerhöchste Urkunde vom 27. April 1908, betr. die von der Crefelder Eisenbahn⸗Gesellschaft beschlossene Vermehrung ihres Grundkapitals auf 3 000 000 durch Ausgabe weiterer Aktien Lit. B im Betrage von 1 000 000 ℳ. Genehmigungsurkunde vom 22. September 1908, betr. die Ausgabe von 1 200 000 zu 4 ½ vom Hundert verzinslicher Schuldverschreibungen auf den Inhaber durch die Reinickendorf —Liebenwalde —Groß⸗Schönebecker Eisenbahn⸗Aktien⸗ gesellschaft, Ausgabe vom Jahre 1908. Nachrichten.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur. Arbeiterbewegung.

Im städtischen Krankenhaus am Urban ist, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, unter dem Pflegepersonal eine Bewegung entstanden, weil die Angestellten und Arbeiter ihr Koalitionsrecht ge⸗ fährdet glauben. Ein Vertrauensmann des Verbandes der Gemeinde⸗ arbeiter ist vom Direktor entlassen worden, weil er Einladungskarten zu einer Versammlung unter dem Personal verteilt hatte. Der Direktor stellte sich auf den Standpunkt, daß die TFv; Agitation innerhalb der Anstalt verboten sei. Die Angestellten be⸗ tonen aber demgegenüber, daß bei dem Kost⸗ und Logiszwang solche Einladungen nur innerhalb der Anstalt verteilt werden können. Sie betrachten deshalb die Entlassung des Vertrauens⸗ manns als Maßregelung und haben dagegen in einer Versammlung Einspruch erhoben. Von verschiedenen Rednern in der Versamm⸗ lung wurde die e.e. empfohlen, und nur dem Ein⸗

geen des Organisationsleiters Wutzky gelang es, einen solchen Be⸗

scluß zu verhindern. Die Versammlung beschloß eine Er⸗ klärung, in der die Maßregelung des Vertrauensmanns als ein gesetzwidriger Eingriff der Direktion in das Koalitionsrecht der An⸗ gestellten bezeichnet wird. 1

In dem Kampf um die Einführung des Zweistuhlsystems in der Kammgarn⸗ und Buckskinweberei in München⸗Gladbach (vgl. Nr. 236 d. Bl.) ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, eine vorläufige Eini⸗ gung erzielt worden. Sowohl die in Betracht kommenden Webereien wie die Arbeiter nahmen ihre Kündigungen zurück. Die Arbeiter erklärten sich bereit, auf zwei Stühlen ju weben. Die näheren Bedingungen werden durch Verhandlungen des Vereins der Textilindustrie mit den Arbeiterorganisationen festgesetzt. 1“ Z

Kunst und Wissenschaft.

Ueber die Technik des Porzellans sprach am verflossenen Mittwoch im Verein für deutsches Kunstgewerbe der Direktor der Königlichen Porzellanmanufaktur zu Berlin, Geheimer Regietungsrat Dr. Alderi Heinecke. Die Töpferei geht auf die Anfänge mensch⸗ licher Kultur zurück. Aber es gelang Jahrtausende lang nicht, Gefäße herzustellen, welche im Scherben wasserdicht waren. Man mußte sie glasieren, entweder mit einer Bleiglasur wie die Irdenware oder mit einer Blei⸗Zinnglasur wie die Majolika. Aber etwas Vollkommenes erreichte man damit nicht. Erst die Entdeckung des Seewegs nach Ostindien brachte die Ostasiatischen Porzellane in großen Mengen nach Europa, die einen vollkommen dichten Scherben haben. Ihn zu erreichen, erstrebte man auch in Europa. Man hielt das Porzellan für ein undurchsichtiges Glas, versuchte also solches herzustellen. So kam man zur Päate tendre, die in Italien und eve. fand. Aber erst Böttcher, dem ehemaligen Apo⸗ thekerlehrling, gelang die Erfindung des Porzellans. Zuerst fand er mit Walter von Tschirnhaus zusammen unter Benutzung der großen Brenngläser, die dieser konstruiert hatte, das rote Porzellan, das der Minister von Goerne in Plaue bei Brandenburg an der Havel nachzuahmen versuchte, das man auch heute noch aus märki⸗

ein Schieds⸗

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schem Ton fertigen kann. Allmählich erst fand Böttcher in der Schnorrschen Erde von Aue im Erzgebirge den Kaolin, der zur An⸗ fertigung des Porzellans notwendig ist. Man unterscheidet Hart⸗ und Weichporzellan. Beide bestehen aus Kaolin, Feldspat und Quarz. Das Hartporzellan hat 40 bis 50, das Weichporzellaa 25 bis 30 % Kaolin. Das Weichporzellan hbat man gefunden, indem man chinesi che und japanische Porzellane analpsiert hat. Jetzt verfügt man über eine ganze Reihe verschiedener Weichporzellane, deren man sich je nach Bedarf für die verschiedenen Dekorationsweisen bedient, während das Hartporzellan vornehmlich für Gebrauchswaren dient. Um das Porzellan zu dekorieren, kann man weißes Porzellan mit gefärbter Maffe überziehen und darauf wieder mit dünner weißer Hehase e. malen. Das ergibt das Päte⸗sur⸗Paàte. Man kann aber auch nach chinesischer Art auf das verglühte, sodann mit Glasurpulver über⸗ zogene Gefäß malen. Diese Unterglasurmalerei, wie sie mit Kobalt⸗ oxyd das bekannte Zwiebelmuster ergibt, ist schwierig auszuführen, weil der Scherben die Farbe begierig aufsaugt. Eine öKentliche Verbesserung hat der Aerograph mit sich gebracht, der die Unter⸗ glasurfarbe mittels Preßlust ganz fein verteilt auf den Scherben bringt. Die Malerei auf der Glasur begegnete früher manchen Schwierigkeiten, weil sich die grüne Farbe, das Kupferoxyd rün, mit den anderen Farben nicht vermischen ließ. Heute ist man durch nwendung des d1 über diesen Anstoß hinaus. Manche andere Dekorationsweisen kennt die Porzellantechnik heute. So die Verzierung mit eingesetzten Glasuren, mit Craquels, das heißt mit Haarrissen, die man sowohl über, als unter und in der Glasur er⸗ jeugen kann, mit geflossenen und kristallisierten Glasuren, mit Emailfarben und mit Zwischenglasurmalerei. Namentlich die geflossenen Glasuren haben großes Interesse erregt. Besonders die Glasuren, welche durch Kupferoxyd rote oder blaurote Färbung erhalten. Ihr Schmelzpunkt ist durch entsprechende Zusammensetzun so gewählt, 9 sie im Brande dünnflüssig werden und am Gefä hinabrinnen. Aehnliches spielt sich in den kristallisierten Glasuren ab, nur daß diese so zusammengesetzt sind, daß sich in ihnen während des Brandes Zinn⸗ und Titanverbindungen, nämlich Willemit oder Rutil in Kristallen abscheiden. Eine große Menge Verbesserungen hat die Porzellanfabrikation seit Böttcher erfahren; das Zer⸗ kleinern, Schlemmen, Mischen, Aufbereiten, Verarbeiten, Deko⸗ rieren, Brennen und Schleifen des Porzellans ist dank der un⸗ ablässigen eifrigen set hf⸗ Arbeit vieler auf eine bedeutsame Höhe gestiegen, deren wirtschaftlicher Wert schon allein daraus hervorgeht, daß die deutschen Porzellan⸗ und Steingutfabriken zusammen nicht weniger als 55 Millionen Mark Lohn in jedem Jahre zahlen. Aber den Weg gewiesen hat Böttcher, und das dankbar anzuerkennen ist jetzt 82 mehr Anlaß, als es gerade 200 Jahre her ist, daß seine Erfindung ihm gelang. Eine überaus reichbaltige Ausstellung von Halbfabrikaten, technischen und künstlerischen Erzeugnissen der König⸗ lichen Porzellanmanufaktur zu Berlin begleitete neben Lichtbildern den

Dienstag, den 13. d. M., findet Königliche Parforce⸗ j 8ne Stelldichein: Mittags 1 Uhr am Dyrotzer afstall.

8 Land⸗ und Fo irtschaft. 8

St. Petersburg, 9. Oktober. (W. T. B.) Laut Schätzung der Handels⸗ und Industriezeitnng wird die Ernte in Rußland Winterweizen 210, bei Sommerweizen 650 Millionen Pud be⸗ ragen.

Neues Schauspielhaus. Mit entschiedenem Erfolg wurde gestern ein neues Stück von

Rudolf Lothar, die dreiaktige Komödie „Das Fräulein in

Schwarz“ zum ersten Male aufgeführt. In Stadt lebt, von allen geachtet, die Familie Durand, Vater, Mutter und Tochter. iemand weiß, daß diese während des Winters in anderen Städten als Parterreakrobaten auf⸗ treten. Im Sommer führen sie ein solides bürgerliches Leben, und in die Tochter Claire verliebt sich ein außerordentlich korrekter Beamter. Dieser überrascht nun die Familie Durand oder Montrose, wie sie mit Künstlernamen heißt wie sie gerade in Berufskleidung ihre Uebungen macht. In äußerster Ent⸗ rüstung sucht der Verlobte Claires nun nach einem Vorwand, sich von ihr loszusagen. Sie aber gibt ihm selbst den Lauf⸗ paß und folgt einem sie abgöttisch liebenden Genossen ihres Berufs. Abgesehen von der recht langatmigen Exposition, ist das Stück als eine geschickte und wirkungsvolle Bühnenarbeit zu bezeichnen, der aber eine tiefere dichterische Bedeutung nicht beizumessen ist. Die Inszenierung, in der es im Neuen Schauspielhause geboten wurde, war durchweg stimmungsvoll, teilweise sogar sehr schön, die Dar⸗ stellung im ganzen auch gut. Vorzüglich gab Herr Retzbach einen Notar, den Vater des Bewerbers um Claires Hand, einen eng⸗ herzigen Kleinstädter; den Bewerber selbst spielte Herr Kaiser⸗Titz als beschränkten Phrasenhelden, und Fräulein Burger wußte die Claire durch Empfindung und ausdrucksvolles Spiel wirksam hervortreten zu lassen. Auch die übrigen Mitwirkenden darf man insgesamt loben. Der Erfolg ließ auf eine längere Lebensdauer der Komödie im Spiel⸗ plan des Neuen Schauspielhauses schließen.

Berliner Theater.

Das Berliner Theater erteilte gestern dem dänischen Witzbold Gust av Wied, der sich in Berlin als Verfasser der Komödien „Eine Abrechnung“ und 2 % 2 =5“‧ bereils vorteilhaft eingeführt hat, das Wort. Es wurden zwei Werke seiner Feder gegeben: ein dreiaktiger satirischer Schwank „Erotik“ und der Einakter „Ein Erinne⸗ rungsfest“. Die Wirkung des Einakters, mit dem der Abend eröffnet wurde, beruht, ähnlich wie in der „Abrechnung“, auf retrospektiver Satire. Zwei ältere Männer ergehen sich in Erinnerungen an eine Verstorbene; der eine war ihr Mann, der andere ihr Haus⸗ freund. Im Laufe des Gesprächs, das zuerst bei Tisch, dann im Bouͤdoir der Verblichenen, später in ihrem Toilettenzimmer und zuletzt im Salon geführt wird, fallen eigentümliche Streiflichter auf die Charaktere der beiden und auf den der Frau, der die häusliche Ge⸗ denkfeier gilt. Der Witwer, ein derber Landedelmann, spricht trotz seiner oft betonten Trauer eifrig den Freuden der Tafel zu und ertränkt seinen Kummer in Wein; der andere, ein eleganter Kammerherr, spielt die mehr passive Rolle des ar. berührten Zuhörers. An den feinen, Humor der „Abrechnung“ reicht diese etwas langgedehnte Plauderei zwar nicht heran, aber gute Lebensbeobachtung enthält auch sie. In der glänzenden Darstellung der Herren Heine (Hofjägermeister) und Clewing —2 die die gegensätzlichen Naturen der beiden Männer kräftig hervorhoben, tat sie aber ihre Wirkung, und die geschickte Ausnutzung der Drehbühne er⸗ möglichte es, ihnen auf ihrem Gang durch die verschiedenen Zimmer zu folgen. Mehr Spaßmacherei als Satire war die zweite Gabe des Abends: „FErotik“. Satirisch ist daran eigentlich nur der Titel, denn von Liebesdingen ist bei den zwei Ehen, die ein findiger Antiquitätenhändler im Laufe von drei Akten zwischen wei Bauern und ihren Wirtschafterinnen stiftet, um sich in den

sitz seltener alter Möbelstücke zu setzen, nicht die Rede; aber es ist ganz ergötzlich zu sehen, wie sich das alles vollzieht, wie geschickt besagter Antiquitätenhändler seine Kunden bei ihren Schwächen zu packen und selbst der Eheschlinge zu ent⸗ gehen weiß, die ihm selbst droht. Herr Meinhard machte aus dieser Rolle ein Kabinettstückchen komischer Charakteristik, die über die Inhaltsleere der Akte glücklich hinwegtäuschte. In den Damen Gernod, Dora und Seeliger, in den Herren Sabo, Botz u. a. hatte er wackere Partner, die mit ihm den Szenen häufig zu heiterster Wirkung vethalfen. Dennoch mischten sich zum Scalus einige Zisch⸗ laute in den Beifall, der mit den Darstellern auch den anwesenden Verfasser auf die Bühne rief.

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einer kleinen