1908 / 247 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Hekanntmachung,

. 81

etreffend Erweiterung des Fernsprechverkehrs.

Der Fernsprechverkehr Berlin und

a. dem dänischen Orte Klampenborg,

b. den Orten des Reichstelegraphengebiets Barum, Kr. Wolfenbüttel, und Schönfeld, West⸗ prignitz,

t eröffnet worden. Die Gebühr für ein gewöhnliches Gespräch is zur Dauer von 3 Minuten beträgt: 1) im Verkehr mit Klampenborg 2 50 ₰, 2) im Verkehr mit den Orten unter b je 1 ℳ. Berlin C., den 17. Oktober 1908. Kaiserliche Oberpostdirektion. Vorbeck.

Bekanntmachung,

erffard die Ausgabe von Schuldverschreibungen der Pfälzischen E11“ in Ludwigshafen a. Rh. auf den Inhaber.

““ Felzischen Hypothekenbank in Ludwigs⸗ hafen a. Rh. wurde die Genehmigung erteilt, innerhalb der gesetzlichen und satzungsmäßigen Umlaufsgrenze nachstehende auf den Inhaber lautende, in Stücke zu 5000, 2000, 1000, 500, 200 und 100 eingeteilte, mit 4 Prozent verzinsliche und bis zum 1. Januar 1917 nicht rückzahlbare Hypotheken⸗ pfandbriefe in den Verkehr zu bringen: 1) Rest der Serie 54 im Gesamtbetrage von 6 960 000 ℳ, . a. 55 im Gesamtbetrage von 10 000 000 ℳ. ünchen, den 14. Oktober 1908. Höniglich bayerisches u des Innern.

Staatsrat von K razeisen.

Die von hense ab zur Ausgabe gelangende Nummer 50 des Reichsgesetzblatts enthält unter

Nr. 3525 die Bekanntmachung, betreffend die dem Inter⸗ nationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste, vom 25. September 1908, und unter

Nr. 3526 die Bekanntmachung, betreffend Aenderung de Militärtransportordnung, vom 6. Oktober 1908.

Berlin W., den 17. Oktober 1908. I

9 8 Füenes Postzeitungsamt.

8

Königreich Preußen. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den bisherigen Regierungsrat Dr. Groos zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten und

den Regierungsassessor von Trotha in Langenschwalbach zum Landrat zu ernennen,

dem Oberzahlmeister Hütter vom Dragonerregiment König Friedrich III. (2. Schlesischen) Nr. 8 bei seinem Aus⸗ scheiden aus dem Dienst mit Pension den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen sowie

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Essen getroffenen Wahl den bisherigen Stadtrat Adolf Rath in Dortmund als besoldeten Beigeordneten der Stadt Essen und

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Zoppot getroffenen Wahl den besoldeten Beigeordneten (Zweiten

ürgermeister) Max Woldmann in Aschersleben als Bürger⸗

meister der Stadt zodpa für die gesetzliche Amtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen. 3 8

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Oberhürgermeister Heuser in Recklinghausen das Recht zu verleihen, bei geeigneten Gelegenheiten die goldene Amtskette zu tragen. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Die Forstkassenrendantenstelle zu Fürstenfelde

im vvi ver an⸗ Frankfurt a. O. ist zum 1. Januar 1909 zu chen. ewerbungen müssen bis zum 5. November d. J. eingehen.

Ministerium des Innern.

Dem Landrat von Trotha ist das Landratsamt im Untertaunuskreise übertragen worden. W“

vI11qmp“p“p““ Preußen. Berlin, 19. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und König hörten

LI11“

heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Chefs des Zivilkabinetts von Valentini und des Staats⸗ ministers und Ministers der öffentlichen Arbeiten Breitenbach.

Seine Majestät der König der Hellenen ist, „W. T. B.“ zufolge, 8 abend nach Verabschiedung von den Kaiserlichen Majestäten von Berlin abgereist.

8

Der Kaiserliche Botschafter in Paris, Wirkliche Geheime Rat Fürst von Radolin ist von dem ihm Allerhöchst be⸗ willigten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

882

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Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für September 1908 betrugen nach der im Reichseisen⸗ bahnamt aufgestellten Uebersicht:

3 gegen das Vorjahr b;„ 88 . mehr, weniger)

im ganzen auf 1 km Proz.

1) für alle Bahnen im Monat September 1908:

Personen⸗

verkehr . 63 926 658] 1 303 + 1 615 568 + 16, + 1,24 Güter⸗ V

verkehr . [136 432 436] 271814 671 425 —- 22— 0,80

2) für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre April März in der Zeit vom, 1. April 1908 bis Ende September 1908: Personen⸗

verkehr [350 189 359] 8 214 4 15556658 4+ 264 + 3,32

Güter⸗ verkehr [688 172 998] 15 790 24927809 777 4,69

3) für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre Anucr in der Zeit vom 1. Januar 1908 is Ende September 1908:

Personen⸗

verkehr .69 906 928 11 191 349 003 212 1,86 Güter⸗

verkehr s127 659 911] 19 873 3 050 146— 694,—- 3,37

Die Gesamtlänge der Bahnen betrug 50 468,09 km, gegen das Vorjahr + 681,41 km.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Char⸗ lotte“ am 16. Oktober in Santiago de Cuba eingetroffen und geht am 26. Oktober von dort nach Veracruz (Mexiko)

Seine Majestät der König und Seine König⸗ 85 Hoheit der Großherzog von Baden begaben sich, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern vormittag nach Bautzen, wo Seine Königliche Hoheit der Großherzog das ihm von Seiner Majestät dem König verliehene 4. Infanterie⸗ regiment Nr. 103 besichtigte, und kehrten Nachmittags nach Dresden bezw. Henni zurück. Abends erfolgte die N⸗ reise der Großherzoglichen Herrschaften.

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Frankreich.

Der König und die Königin von Spanien sind vorgestern von Wien in Paris eingetroffen und, nachdem sie mit dem Präsidenten der Republik Besuche ausgetauscht hatten, nach Madrid abgereist.

Der Präsident Fallières und der Minister des Aus⸗ wärtigen Pichon hatten, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern mit dem russischen Minister Iswolski eine Unterredung über die orientalischen Angelegenheiten. Danach besuchte der Minister Iswolski den deutschen Botschafter Fürsten von Radolin und hatte mit ihm gleichfalls eine eingehende Unterredung über die Orientangelegenheiten und über die Konferenzfrage.

Der Ministerrat beschäftigte sich vorgestern mit der äußeren politischen Lage sowie mit dem Stand der zwischen den verschiedenen Kanzleien gepflogenen Vorbesprechungen.

Die französische Regierung hat, wie das „W. T. B.“ meldet, ihre Vertreter in Konstantinopel und Sofia beauftragt, den Regierungen der Türkei und Bulgariens Mäßigung und Besonnenheit anzuraten.

Wie das „K. . Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ meldet, wird die Pforte das bekanntgewordene Konferenz⸗ programm nach einer Erklärung, die der Minister des Aeußern Tewfik Pascha einem Redakteur des „Tanin“ ge⸗

eben hat, nicht annehmen. Die türkischen Programmpunkte hens folgende: 1) die Proklamierung Bulgariens zum König⸗ reich; 2) die Annexion Bosniens und der Herzegowina; 2 die Verbindlichkeit der Anteilnahme an der türkischen

taatsschuld und andere finanzielle und politische Verbindlich⸗ keiten; 4) Festsetzung der Integrität der Türkei.

Der österreichische Botschafter Markgraf Pallavicini hat am Freitag, obiger Quelle zufolge, wegen der Boykottierung der Lloyddampfer sowie wegen der Zwischenfälle in Jaffa und Beirut ernste Vorstellungen er⸗ hoben und diese vorgestern wiederholt. Der Großwesir erklärte, daß die Pforte ihr möglichstes getan habe, um die Bewegung einzudämmen.

Serbien.

Nach Meldungen des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ bureaus“ dauern in Belgrad die Protestkundgebungen gegen die Annexion Bosniens fort. Gestern abend

urchzog eine mehrere tausend Köpfe zaͤhlende Menschenmenge,

meist junge Burschen, die Straßen der Stadt und zer⸗ trümmerte unter Rufen „Nieder Oesterreich⸗-Ungarn!“ zahlreiche Ferre. lwer österreichischer und ungarischer Kaufleute. Ein arkes Gendarmerieaufgebot versuchte vergebens, die Menge zu zerstreuen, da die Demonstranten sich in den Nebengassen immer wieder sammelten. Um 10 Uhr war die Ruhe im Hasesenes wiederhergestellt. Mehrere Personen wurden ver⸗ aftet.

Bulgarien.

Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗

bureaus“ ist die am Freitag verfügte Einberufung eines Teils der Reservisten zur Waffenübung vorgestern wieder aufgehoben worden.

Der österreichisch⸗ungarische Vertreter Graf Thurn und Valsassina hat, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern wegen der behördlichen Verfügung an die Angestellten der Orient⸗ bahnen, die Dienstwohnungen zu verlassen, formellen Protest

er japanische Marschall Nodzu, einer der Führer im russisch⸗japanischen Kriege, ist, „W. T. B.“ zufolge, gestorben.

Wie die eee. Zeitung“ aus Tanger berichtet meldet ein Funkentelegramm aus Mogador einen Ka mpf zwischen der französisch⸗marokkanischen Polizei und marokkanischen Truppen, in dem die Polizei Tote und Verwundete hatte.

Wie das „W. T B.“ meldet, haben die französischen Truppen nach einer Mitteilung, die das französische Kolonial⸗ ministerium erhalten hat, am 12. d. M. die Ortschaft Tobadiu im französischen Sudan, wo ein Aufstand aus⸗ gebrochen war, eingenommen und dem Erdboden gleich⸗ siam acht. Der aufrührerische Marabu und seine Anhänger ind getötet worden, während auf französischer Seite sechs Senegalschützen gefallen sind.

Parlamentarische Nachrichten.

Vorgestern abend verstarb, „W. T. B.“ zufolge, im

49. Lebensjahre der konservative Reichstagsabgeordnete, Ritter⸗

Hesbesiter Hans Otto von Gersdorff auf Schloß

auchwitz, Vertreter des dritten Posener Wahlkreises Meseriz Bomst, infolge Herzlähmung.

8 Enthüllung der Bismarckbüste in der Walhalla bei Regensburg.

Am gestrigen Sonntag, dem Gedenktag der Schlacht bei

Leipzig, fand in der Walhalla bei Regensburg die feierliche

Enthüllung der dort aufgestellten Bismarckbüste statt. Zu dem Festakte, anläßlich dessen am Abend zuvor auf dem reich illuminierten Bismarckplatz in Regensburg von der Kapelle des 11. 1“ eine Serenade ausgeführt wurde, waren, „W. T. B.“ zufolge, erschienen: der Enkel des Reichskanzlers Fürsten Bismarck, der elfjährige Fürs Otto von Bismarck, in Begleitung des Grafen Plessen, der Reichskanzler Fürst von Bülow, der Staatsminister, Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg, der Unterstaatssekretär von Loebell, der Präfident des Reichstags Graf zu Stolberg⸗Wernigerode, der bayerische Ministerpräsident Freiherr von Podewils sowie die Minister von Pfaff, Dr. von Wehner, von Brettreich und Freiherr von Horn, der Präsident der bayerischen Kammer der Reichsräte Fuͤrst zu Löwenstein⸗ Wertheim⸗Freudenberg, die beiden Vizepräsidenten der bayerischen Kammer der Abgeordneten in Vertretung des durch Familientrauer verhinderten Präsidenten, Gesandte deutscher Bundesstaaten, die Spitzen der staatlichen und städtischen Be⸗ hörden sowie eine große Anzahl Abordnung von Vereinen.

Die Feier wurode eingeleitet durch ein von den Regens⸗ burger Gesangvereinen vorgetragenes Lied, worauf der Ministerpräsident Freiherr von Podewils eine Ansprache hielt, in der er zunächst auf die beiden großen Schöpfungen König Ludwigs I., die Befreiungshalle bei Kehlheim und die Walhalla, hinwies und alsdann fortfuhr:

Eine Stunde verklärter Größe schlägt heute der Halle, die in schweigendem Ernst sich über uns wölbt. Und dem Seherwunsche des für das deutsche Vaterland glühend begeisterten Königlichen Stifters mag es stolzeste Erfüllung sein, da heufe an dem Gedenktage des glorreichen Völkerringens Bismarck einzieht in den Kreis der Ge⸗ nossen Walhallas „als treuer deutscher Diener seines Herrn“, dem großen Heldenkaiser sich zur Seite stellend, im Geiste der Grab⸗ schrift, dse sein schlichter Sinn sich selbst bestimmt hat. Zehn Jabre sind dahingegangen, seit der eherne Kämpfer, der Meuerwecker unseres Volks, der Schöpfer des Deutschen Reichs, das müde Haupt zum ewigen Schlummer gebettet hat. Aber ist auch die laute Klage verstummt, unvergessen, unvergänglich ist sein Andenken. Lichter und klarer ragt seine Riesengestalt empor, jemehr der Jahre die rastlos wandelnde Zeit zwischen ihn und die Geschlechter legt, denen er die Pfade bereit⸗t. Und tiefer nur und eindringlicher tönen die Worte, tönen die Mahnungen nach, die er in jenen großen Stunden für sein Volk geprägt, in denen eine Welt atemlos an seinen Lippen hing. Es hat für den Fürsten Bismarck der Wucht der Denkmäler nicht bedurft, die allüberall in deutschen Gauen sich seinem Gerächtnis rürmen, um sein Bild in den Herzen lebendig zu erhalten. Als unveräußerliches Erbteil hütet der Deutsche von heute das Gedenken, das in schicksalsreicher Stunde Bismarck uns gelehrt hat, uns auf uns selbst zu besinnen, daß sein Genie, sein gigantischer Wille der Sehnsucht der Deutschen nach nationaler Einigung die verwirklichende Tat bereitet, ihre Kraft in die Bahnen erfolg⸗ gesegneten Handelns gezwungen hat. Und unabbängig von dem

Standpunkt, von dem aus rückschauend der Einzelne den Weg⸗

betrachten mag, auf dem Deutschland unaufhaltfam seiner Höbe vve e ist in der Nation das Bewußtsein eingewurzelt, daß sie nie darauf verzichten kann, im Rat der Völker mit der Achtung gehört zu werden, die der gleichberechtigten Stärke gebühbrt, wenn anders das Vermächtnis des großen Kanzlers in Treuen gehütet

werden soll. In diesem Stählen des Bewußtseins von Generaltionen

offenbart sich die Lebenskraft des Bismarckwerks. Werden seiner Schöp'ungen den Weg gewiesen, die ihren fried⸗ lichen Ausbau geleitet, sind heute Gemeingut des deutschen Volkes geworden. Eimer heiligen Flamme gleich, lodert in allen deutschen Herzen das begeisterte Gefühl für die nationale Würde, glüht der opferbereite Glaube an die nationale Kraft, lebt das Vertrauen, daß der Geist Bismarcks in schweren Stunden seinem Volke nicht minder strahlender Leitstern sein wird als in Tagen ruhmvollsten Glanzes. Ueberwältigt von Ehr⸗ furcht und heißem Dank, haben wir soeben an dieser, jedem Deutschen nun noch heiligeren Stätte die Hülle von der Büste Bismarcks sich senken sehen. Ihm, der dem Süden der Einiger geworden ist wie dem Norden, der das Band der Treue um die deutschen Stämme geschlungen, ihnen in der Ver⸗ fassung des Reiches die unverrückbare Grundlage machtvellen Seins gegeben bat, ist damit der Ehrenplatz in Bavyern bereitet. Er ist ihm bereitet in getreulicher Erfüllung der Bestimmungen, die Walhallas hochsinniger Erbauer zu einer Zeit getroffen hat, da ein einiges und starkes Deutschland noch den Besten des Volkes als unerreich⸗ bares Traumbild nationalen Hoffens galt. Im Vollgefühl ernster Verantwortung, beiliger Pflichten, richten wir und alle im Reiche, deren Gedanken Anteil nehmen an dieser weihevollen Stunde, den Blick hinaus in die Zukunft. Und wir alle sehen uns gestärkt in der Erkenntnis, daß sie kraftvolle, nationale Arbeit heischt, daß sie über alles Trennende hin zielbewußtes Zusammenwirken in den Fragen ge⸗ bietet, die die Nation als Lebensfrogen erkannt hat. Der Vergangen⸗ heit das feiernde Gerächtnis, der vatsen das täti e Schaffen, der

Die Ideen, die dem

Zukunft die sorglich prüfende Voraussicht. Gewinnt sol de ernsthafte

uffassung von der Bedeutung dieses Tages Odem im deutschen Volke, 8 erweist es sich des Erbes wert, das sein Bismarck ihm hinter⸗ assen.

Hierauf hielt der Reichskanzler Fürst von Bülow, „W. T. B.“ zufolge, nachstehende Rede: Eure Exzellenzen! Meine Herren!

An dieser weihevollen Stätte kann kein Deutscher stehen, ohne

im tiefsten Herzen ergriffen zu werden von den gewaltigen Erinne⸗

rungen, die um die hier vereinigten Denkmäler der edelsten Geister

nseres Volkstums schweben. Deutscher tritt wie der hohe Erbauer

es erhoffte und woran Euere Exzellenz soeben erinnerte der Deutsche

heraus aus dieser Halle. Und wenn künftig der Besucher das Auge auf dem nun enthüllten Abbild Ottoz von Bismarck ruhen lassen wird, auf dem Bild des Deutschesten aller Deutschen, so wird ihm zum Bewußtsein kommen, wie das Werk König Ludwigs I. sich in gleichem Maße innerlich vollendet hat, wie unserm Volke das höchste Gut, die nationale Einheit, zurückgewonnen wurde. Daß hier dem Fürsten Bismarck als dem Vollender der deutschen Einheit ein Denkmal errichtet werden konnte, ist ein Höhepunkt in der Geschichte dieses Baues, die ihr Ziel findet in der Erfüllung der nationalen Träume König Ludwiags. 38 M

Lassen Sie uns einen Augenblick bei jener trüben Zeit verweilen, wo den Kronprinzen Ludwig zum ersten Male der Plan der Walhalla beschäftigte, den er als König so herrlich verwirklicht hat: Es waren er hat es selbst gesagt die Tage von Austerlitz, Ulm und Jena, die Zeit unserer Selbstzerfleischung und tiefsten Erniedrigung. Dem Genius unseres Volkes schienen die Schwingen für immer zerbrochen, und ein Schwärmer hieß, wer noch an eine Zukunft des deutschen Numens glaubte. Als ein Schwärmer mag auch der Königliche Jüngling vielen erschienen sein, der grade in diesen Tagen den unerschütter⸗ lichen Glauben an eine nationale Wiedergeburt und Einigung des deutschen Volkes nicht aufgab. Sein Hoffen wurde erfüllt, vornehm⸗ lich durch den Mann, dem heute dies Denkmal geweiht wird, erfüllt durch gemeinsame Tat der deutschen Stämme, des ruhmvollen bayerischen Stammes nicht zuletzt. Und es war auch ein geschichtlicher Akt von tiefer syabolischer Bedeutung, daß ein Sohn König Ludwigs, daß der ver⸗ ehrungswürdige Regent des Königreichs Bayern es gewesen ist, durch dessen Hände jener für die Kaiserfrage entscheidende Brief in Versailles an König Wilhelm I. gelangte. Dieser Schicksalsfügungen uns zu erinnern, werden wir heute besonders aufgefordert, wo wir Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten ehrfurchtsvollen Dank dar⸗ bringen für die Errichtung dieses Denkmals, für die hochherzige Wah⸗ rung des Vermächtnisses seines verewigten Herrn Vaters.

Und wenden wir nun den Blick zu dem Bilde des Fürsten Bis⸗ marck, so wird auch die Erinnerung an die treue Sorgfalt wach, welche der erste Kanzler des Deutschen Reichs seinen Beziehungen zu Bayern und zum hayerischen Königshause zuwandte. Er war stolz darauf, daß seine Ahnen vom Kaiser Ludwig und dessen Nachfolgern in der Mark Brandenburg ausgezeichnet worden waren. Und wie hohe Bedeutung er dem schönen Verhältnis des Vertrauens beimaß, in dem er zu König Ludwig II. stand, das hat er noch in seinen „Gedanken und Erinnerungen“ bekundet, wo niemand ohne Bewegung die Briefe lesen wird, die er an den verewigten König schrieb und von ihm empfing. Es spricht aus diesen Briefen neben der Verehrung für das bayerische Königsbaus auch jene weise Schätzung des nationalen Wertes der deutschen Fürstenhäuser, die Fürst Bismarck einmal im Reichstag in den Worten niederlegte: „Mein Vertrauen darüber, daß unsere Einheit auch in F Kucst gesichert sei, beruht heut⸗ zutage auf den Dynastien“ das Vertrauen in den nationalen Sinn der Dynastien, dem die sorgsame Achtung ihrer Rechte ent⸗ spricht. Kein Kanzler des Deutschen Reichs wird sich hier jemals von den Bahnen entfernen dürfen, die Fürst Bismarck vorgeschrieben hat. Und mir persönlich ist es ein Bedürfnis, Zeuanis dafür abzulegen, daß ich die Achtung vor diesen Rechten als gleichbedeutend betrachte mit der Achtung vor den föderativen Erundlagen des Reichs. Die deutschen Dynastien und die deutschen Stämme, durch gleiche Vater⸗ landsliebe und gemeinsame nationale Gesinnung in unlöslicher Ein⸗ heit mit einander verbunden, sie können doch sicher sein, daß die Ansprüche der Gesamth it niemals das Opfer ihrer Eigenart ver⸗ langen, mit deren Verschwinden das Deutsche Reich um ein wesent⸗ liches Gut verarmen würde jene Eigenart, die sich erst recht zu entfalten vermag im Schirm und Frieden des Deutschen Reichs, wie es der Dichter besingt: 8

Eins nach außen, schwertgewaltig 8 Um ein hoch Panier geschart, Doch im Innern vielgestaltig,

Jeder Mann nach seiner Art.

Meine Herren, es ist eine denkwürdige Stunde, wo an dieser durch den Patriotismus und den Kunstsinn des Bayerischen Herrscher⸗

hauses geschaffenen Stätte das Denkmal des ersten Reichskanzlers ein⸗

geweiht wird. Und es sind Gefühle tiefer Dankbarkeit, mit denen wir rufen: Gott schütze und erhalte das Haus Wittelsbach!

Nachdem der Reichskanzler Fürst von Bülow seine Rede beendet hatte, legten unter Gesangvorträgen der Reichskanzler für Seine Majestät den Kaiser und König und dem⸗ nächst für sich selbst, der Ministerpräsident Freiherr von Podewils für Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗ Regenten und dann für die bagyerische Staatsregierung, der Staatsminister von Bethmann Hollweg für den Bundesrat, der Präsident des eeTe⸗ Graf zu Stolberg für den Reichstag Kränze an der Büste des Fürsten von Bismarck nieder. Der Präsident der Kammer der Reichsräte Fürst zu Löwenstein, die beiden Vizepräsidenten der Kammer der Abgeordneten Fuchs und Hammerschmidt, der Fürst von Thurn und Taxis, die Bürgermeister von München, Augsburg, Regensburg und anderen Städten sowie verschiedene politische und wirtschaftliche Vereinigungen und Studentenkorporationen legten ebenfalls Kränze nieder. Vor der Walhalla hatten in⸗ zwischen zahlreiche Verehrer des Altreichskanzlers die sämt⸗ lichen Balustraden besetzt, Fanfaren und ein Festgesang des Regensburger Liederkranzes ertönten, als die Festgäste aus der Walhalla traten. Hier hielt der Hofrat Dr. Hutter eine längere Ansprache.

Darauf hinweisend, daß die Büsten des alten Kaisers und Bismarcks nunmehr für immerdar in der Walhalla vereint seien, be⸗ tonte der Redner, Bismarcks Bild bedeute für uns eine Frage, ob wir sein Werk treu behütet haben, und eine Mahnung, daß wir ein⸗ gedenk seien der Pflichten gegen unser gemeinsames Vaterland. Die Krankheiten unserer Se Materialismus, Egoismus und zu starke

etonung unserer Sonderinteressen müßten wir mit dem Bis⸗ marckschen Vaterlandsidealismus kurieren. An seiner Größe müßten wir größer werden in der Erfassung der sich steigernden Auf⸗ gaben und in der rückhaltlosen Hingabe an das Gemeinwohl. Bismarcks müßten wir wert und würdig sein; dann könnten wir nicht untergehen. Der Redner hoh weiter hervor, daß die Dankes⸗ schuld gegen den Fürsten Bismarck nur durch vaterländische Taten abgetragen werden könne. h.es ganz Deutschland bätten heute die hier Versammelten vor der Büste Bismarcks den feierlichen Schwur abgelegt: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr. Mit diesem Schwure möge erbrausfen das Lied, das unser Gelöbnis, all unser Wollen und Hoffen für die geliebte Heimat enthält: Deutschland, Deutschland über alles.

Als das Lied verklungen war, wurde ein begeistert auf⸗ genommenes Hoch auf das deutsche Vaterland ausgebracht.

Während der Ansprache des Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils ereignete sich ein bedauerlicher Zwischenfall. Der Enkel des Fürsten Bismarck stürzte plötzlich bewußtlos vor der Büste seines Großvaters zu Boden und mußte aus der Walhalla getragen werden. Die Anstrengungen der Reise und die Aufregungen des Tages scheinen, nach einer Mit⸗ teilung des Freiherrn von Podewils, den Ohnmachtsanfall des jungen Fürsten verschuldet zu haben.

„Nach der Enthüllungsfeier begaben sich der Reichskanzler Fürft von Bülow und die anderen Ehrengäste nach dem Rat⸗ haus, um einer Einladung der Stadt Regensburg zum Früh⸗ stück in dem alten Kurfürstenzimmer zu enssprechen. Der Ober⸗ bürgermeister Geib hieß namens der städtischen Behörden die

Gäste und besonders den Reichskanzler an historischer Stätte

herzlich willkommen. Der Reichskanzler folgender Ansprache: 1

Verehrter Herr Oberbürgermeister! Gestatten Sie mir, Ihnen und den anwesenden Vertretern und Bürgern der Stadt Regensburg meinen herzlichen Dank zu sagen für Ihre freundliche Einladung. ch bin gerne nach Regensburg gekommen, und ich bedauere nur, daß es mir nicht möglich ist, länger im Schatten Ihres herrlichen Doms, in den Mauern Ihrer Stadt zu weilen, die bald zwei Jahrtausende an sich hat vorüberziehen lassen, und die so reich ist an Erinnerungen aus unserer Geschichte in guten und in trüben Zeiten. Und

bin gewiß, Sie werden mit mir Seiner Königlichen

Hoheit dem Prinz⸗Regenten dankbar sein, daß er in ge⸗ wohnter und zartsinniger Güte zu der Feier des heutigen Tages auch den Enkel des Fürsten Bismarck eingeladen hat. Kein Deutscher kann ohne Bewegung auf diesen Knaben blicken, der solche Erinnerungen wachruft, die Erinnerung an seinen zu früh dahin⸗ egangenen Vater, an seinen unsterblichen Großvater, diesen jungen ürsten, von dem wir hoffen, daß er einst seinen großen Namen würdig tragen möge. Wir hoffen alle, daß das liebe Kind sich von dem Unwohlsein, von dem es eben befallen wurde, bald ganz wieder erholen möge. b

Meine Herren, unsere Herzen sind noch erfüllt von den Eindrücken der weihevollen Stunde, die wir soeben in der Walhalla verbracht haben. Und hier in dieser kerndeutschen Stadt wird man die Be⸗ deutung dieser Feier allgemein mitempfinden. Sind Sie doch gewisser⸗ maßen zur Wacht bestellt für das große Werk des edlen, im tiefsten Sinne deutschen Königs, zu dem immer wieder die Gedanken zurück⸗ kehren, angeregt durch seine unvergänglichen Schöpfungen, durch sein unermüdliches Wirken für die Erweckung nationaler Kunst und die Pflege nationaler Gesinnurg. ie Chronik der Stadt Regensburg lehrt auf allen Blättern, wie schwer es dem deutschen Volke geworden ist, zu dem der Ein⸗ heit zu gelangen, der wir uns heute erfreuen. Wenn irgend eine Stadt, so weiß Regensburg, daß Deutschland steht und fällt mit seiner Einheit. Im Innern, da mag es Streit geben, Kampf der Meinungen und Parteien, Gegensätze mancher Art. Der Kampf ist der Vater aller Dinge. Aber, wo es um die Größe, die Macht und das An⸗ sehen des Landes geht da gibt es nur ein Deutschland. Von dieser Einsicht ist die ganze Nation erfüllt. Ich leere mein Glas auf das Wohl der Stadt Regensburg und ihrer Vertreter und auf die Einheit der Nation.

Am Nachmittag fand im Regierungsgebäude ein Festessen statt, dem sämtliche Ehrengäste und die anderen Teilnehmer an der Walhalla⸗Feier beiwohnten. Den ersten Toͤast brachte der Reichskanzler Fürst von Bülow aus. Er sagte:

Ich bin überzeugt, Ihrer Aller Empfinden entgegenzukommen und Ihre Gefühle wiederzugeben, wenn ich Sie auffordere, mit mir auf das Wohl Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten von Baypern zu trinken. Mehr als zwei Jahrzehnte sind verflossen, seit Seine Königliche Hoheit unter schwierigen Verhältnissen die Regierung über Bayern übernahm, und heute können wir sagen, daß er die Ver⸗ ehrung nicht nur des Bayernvolkes, sondern aller Deutschen genießt; insbesondere Seine Majestät der Deutsche Kaiser ist erfüllt von der innigsten Freundschaft und Hochschätzung für seinen erlauchten Oheim und Freund, und wir alle wissen, daß er Einsicht mit strenger Pflicht⸗ erfüllung und wahrer Menschlichkeit vereint, und wenn es etwas gibt, was uns den Prinz⸗Regenten noch teurer machen könnte, so ist es sein einfaches, schlichtes und echt vornehmes Wesen. Es ist mir ein Be⸗ dürfnis, meinem Dank Ausdruck zu geben für das gnädige Vertrauen und das Wohlwollen, das der hohe Herr mir seit dem ersten Jahre meines Amtsantritts erwiesen hat. Möge es Seiner Königlichen Hobeit noch recht lange vergönnt sein, mit immer gleich bewunderns⸗ würdiger Frische und Rüstigkeit seines schweren Amtes zu walten zum Wohle Bayerns und zum Segen des Reichs. Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hoch! hoch! hoch!

Auf die Rede des Reichskanzlers antwortete der Minister⸗ Füeühent Freiherr von Podewils mit folgendem Trink⸗

pruch:

Im Banne noch der Eindrücke, die die gewaltige Walhalla uns heute beschieden, hat der Herr Reichskanzler Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten, unseres Allergnädigsten Herrn, gedacht, der als treuer Hüter der erhabenen Ideale Höchstseines Königlichen Vaters dem Fürsten Bismarck in Walhallas Ruhmestempel einen Ehrenplatz bereitet hat. Deutscher als deutsch, wie der erlauchte Stifter es sich geträumt, hat uns die schimmernde Pracht dieser Hallen entlassen. Im Angesicht der ehernen Züge, die sich uns enthüllt, umrauscht vom Weihegesang vater⸗ ländischer Begeisterung, haben wir gelobt, die Mannestugenden zu pflegen, an denen Bismarck zur Heldenstärke herangereift ist, der Größe uns würdig zu erweisen, zu der er das deutsche Volk emporgehoben hat. Die Tu gend, die Bismarck am heiligsten gehalten, in deren Spiegel sein Werdegang am reinsten erglänzt, war die Treue. Treu dem Herrn, treu dem König, treu dem Kaiser, treu dem Reich, das ist der große Akkord, in den sein Leben ausgeklungen ist. Nicht würdiger, nicht ernster können wir daher die Weihe des heutigen Tages ehren, als durch das laute Gelöbnis der Treue zum angestammten Fürsten, durch das freudige Bekenntnis zu Kaiser und Reich. In diesem Sinne richte ich an Sie die Bitte, sich mit mir zu vereinigen in dem begeisterten Ruf: Seine Majestät der Kaiser lebe hoch! hoch! hoch!

Den Festtag beschloß ein von der Stadt Regensburg im Neuen Hause veranstalteter Festabend, bei dem nach einem musikalischen Vortrag der Oberbürgermeister Geib ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und Seine Königliche Hoheit den E ausbrachte. Nach einem Vortrag des Männerchors hielt der Uni⸗

versitätsprofessor, Geheimer Rat von Heigel⸗München die

Festrede über Bismarcks Wirken.

1“

Nr. 82 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, ber⸗ ausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. d. M., hat folgenden Inhalt: Friedrich Adler 8 Zur wirtschaftlichen Aus⸗ bildung der Ingenieure. Die neue Quarantäneanstalt in Ostswine bei Swinemünde.

Kunst und Wissenschaft.

Am Sonnabend um 12 Uhr Mittags wurde auf Allerhöchsten Befehl die Aquarellausstellung in der Königlichen Akudemie der Künste am Pariser * eröffnet. Im ersten Saal hatten sich die Mitglieder der Akademie sowie eine Reihe von geladenen Damen und Herren, darunter Besitzer ausgestellter Aquarelle, versammelt. Um 12 Uhr erschienen die Kaiserlichen und Königlichen Majestäten mit Seiner Majestät dem König der Hellenen. Die Majestäten wurden von dem Präsidenten der Akademie Professor Kampf und von dem Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Holle empfangen und in die Ausstellung geleitet. Ein Rundgang durch die Ausstellungsräume schloß sich an den Empfang an. Ueber die überaus interessante und wertvolle Ausstellung wird später an dieser Stelle herichtet werden. 2*

Die Direktion des Instituts für Meereskunde beabsichtigt, ebenso wie in den Vorjahren, so auch in dem kommenden Winterhalb⸗ jahr, in der Zeit vom 6. Novemher 1908 bis zum 5. März 1909, neben den mit der Universität verbundenen wissenschaftlichen Vor⸗ lesungen und Uebungen eine Reihe öffentlicher Vorträge zu veranstalten.

Das Inftitut hat sich mit der Veranstaltung dieser Vorträge die Aufgabe gestellt, Sinn und Verständnis für das Meer und seine Er⸗

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scheinungen, Reichtum ves Lebens und de iche Wert sowie für die volkswirtschaftliche und staatliche Bedeutung von Schiffahrt, Seeverkehr und Seemacht in weiteren Kreisen der Be⸗ Fng unserer Reichshauptstadt anzuregen und zu verbreiten. Die orträge sind öffentlich und für ein allgemeines Publikum, Herren und Damen, bestimmt. Sie finden in dem großen Hörsaal im Gebäude des Instituts und Museums für Meereskunde, Georgenstraße 34 36, in den Abendstunden statt. Ein großer Teil der Vorträge wird durch Lichtbilder oder Demonstrationen erläutert werden. Für den Zutritt zu den Vorträgen sind Einlaß⸗ karten, erforderlich, die in den Geschäftsräumen des Ja⸗ stituts, Georgenstraße 34/36, wochentäglich in den Stunden von 12 2 Uhr und an den Vortragsabenden selbst von 6 Uhr ab gegen Entrichtung eines Entgeltes von 0,25 für den einzelnen Vortrag entnommen werden können. Dauerkarten, die für sämtliche Vorträge sowie für die gleichfalls während des Winters veranstalteten yklen volkstümlicher Vorträge über „Meereskunde“, Geltung haben, nd ebendort zum Preise von 10 zu haben.

Der erste Vortrag am 6. November, Abends 8 Uhr, wird von dem Direktor der Navigationsschule in Lübeck Dr. Fr. Schulze über das Thema „Der alten Hansen und der neuen Deut nungen und Bräͤuche“ gehalten werden.

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Lessingtheater. Für ein „Theater der Lebenden“, wie das Lessingtheater früher hin und wieder genannt wurde, ist die Gestaltung des Spielplans in der Dürre auf dramatischem Felde nicht leicht, und manchen unstgriff hat es in der letzten Zeit anwenden müssen, um das Verlangen seines Publikums nach neuen Stücken zu befriedigen. Diesmal nahm man zu den Franzosen seine Zuflucht, indem man am Sonnabend dort die Komödie „Vater“ von Guinon Wund Bouchinet, zwei hier noch unbekannten Verfassern, zum ersten Male aufführte. Aber diese Komödie hat nichts spezifisch Französisches an sich; sie ist von so schlichter, harmloser Art wie kaum ein zweites Stück aus dem bisherigen Spielplan der Bühne am Friedrich Karl⸗Ufer. Man darf der Direktion Dank wissen, darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß es auch in Frankreich eine Bühnen⸗ literatur gibt, welche die Reizmittel verschmäht, die bei der her⸗ kömmlichen Einfuhr aus Paris für unerläßlich gelten. Die Komödie „Vater“ ist ein gemütvolles Familienstück von fast germanischem Empfinden. Ein Mann, der sich vor achtzehn Jahren von seiner jungen rau und seinem Kinde trennte, kehrt nach Paris zurück. Er lernt seine ochter nun als erwachsene junge Dame kennen, und das Vatergefühl erwacht jetzt erst in ihm. Das junge, unberührte Geschöpf, das da befangen vor ihm steht und ganz allmählich zu ihm mehr Vertrauen gewinnt, läßt in seiner Seele eine Wandlung vor sich gehen. Sein bisheriges lockeres Leben gibt er auf und söhnt sich zuletzt auch mit der Frau aus, die er einst treulos verlassen hatte. Das ist in Kürze der Inhalt, der, um vier Akte auszufüllen, zwar etwas gedehnt erscheint, aber durch die gute Charakterzeichnung doch immer anregend bleibt. In der Rolle des Vaters zeigte sich Herr Bassermann von seiner besten und liebenswürdigsten Seite, er blieb stets natürlich und überzeugend. Die Tochter wurde von Fräulein Tompuri, einer neuen Kraft, einer Finnin von anmutigem, aber ausgesprochen slavischem Typus, gespielt. Der jungen Künstlerin bereitet die deutsche Sprache offenbar noch Schwierigkeiten, aber ihr ausdrucksvolles und gewandtes Spiel ließ das oft vergessen. Für die Mutter paßte Fräulein Rabitows herbe Art vortrefflich. In kleimeren Rollen zeschneten sich die Herren Grunwald, Ziener, Fräulein Wüst und andere aus. Der Beifall war besonders nach dem dritten Akt so lebhaft, daß der Direktor Brahm im Namen der abwesenden Verfasser dankte. 8

Residenztheater.

Das Residenztheater hatte am Sonnabend seinen großen Tag. Es hatte den rechten Boden für die volle Entfaltun seiner Senenoesgeigen in Georges Feydeaus Pariser Schwan „Kümmere Dich um Amelle“ gefunden. Lustige, mitunter auch turbulente Szenen, die alle der Pariser Lebewelt ent⸗ nommen sind, schließen sich in wilder Flucht aneinander und lassen dem Zuschauer keine Zeit, sich über den Sinn oder Unsinn der Ereignisse klar zu werden. Den Zweck, HKeiterkeit auszulösen, erreichten sie. Dabei blieb es ganz gleichgültig, ob sich der Rechte oder der Unrechte in richtigem Maße um Amelie kümmerte; es bedeutete auch nichts, ob der Schauplatz der übermütigen Auftritte in Salons, Schlafzimmer oder in die Räume eines richtigen Standesamts verlegt wurden. So lustig wie die Szenen⸗ führung war auch der Dialog, der mit satirischen Ausfällen geßen die Gesellschaft nicht gerade sparsam umging. Die Darsteller folgten den Absichten des leichtherzigen Schwankdichters mit instinktiver Sicherheit. Richard Alexander hatte natürlich die Hauptrolle inne, die des Marcel Courbois, der aus freundschaftlicher Rücksichtnahme sich der Aufgabe unterzieht, sich um Amelie zu kümmern, der aber auch allen Göttern dankt, als er dem schließlich wiederkehrenden Freunde das Amt wieder zuschieben kann. Des Künstlers natürliche frische Laune, seine liebenswürdige Verlegenheit üben stets unwiderstehlich komische Wirkungen aus. it ihm wetteiferte Vera Witt in der Rolle der Amelie; die naive Selbstverständlichkeit, mit der sie sich in jede Lebensfreude stürzt, kam drastisch und doch fein nuanciert zum Ausdruck. In einigen Episodenrollen traten noch die Herren Sikla, Seldeneck, Georg hervor. 1

Berliner Operettentheater SW.

Die Herren Edmund Binder und Christian Herrmann eröffneten am Sonnabend ihre Wirksamkeit als Direktoren des Berliner Operettentheaters, das sein Heim im alten Bellealliancetheater hat, mit der Aufführung eines englischen Werkes, betitelt „Havana“, das sich Tanzoperette nennt. Die Bezeichnung kann man gleichsam als eine Entschuldigung für das chaotische Durcheinander dieses Stückes auffassen. Die viele Mühe, die an das Einstudieren verwendet war, und die reiche Ausstattung können kaum für die großen Mängel, besonders der verworrenen Handlung, die sich außerdem übermäßig lang hinzieht, entschädigen. Die Musik von Leslie Stuartenthält wohl eine Anzahl gefälliger Stellen, ist aber doch im ganzen recht flach und auch unvornehm in der Instrumentation. Der Kapellmeister Fritz Lehner bekundete große Tüchtigkeit durch das, was er in Anbetracht der ihm unterstellten Kräfte zustande brachte, besonders da auch die gesanglichen Leistungen zum Teil zu wünschen übrig ließen. Olga Lenk, die die Hauptrolle der Consuelo gab, litt unter starker Indisposition, sodaß man mit dem Urteil über sie zurückhalten muß. Unter den andern DParstellern fielen Lina Rosé, Kurt Wohlgemuth, Arthur Strasser durch liebens⸗ würdige Gewandtheit, Rudolf Stiasny und Lene Lehmann durch groteske Komik auf. Hoffentlich wird ein besserer Geschmack die eifrigen Bemühungen der Direktion in Zukunft leiten, dann wird auch der Erfolg, den man ihr wünschen möchte, nicht ausbleiben.

Im Königlichen Opernhause beginnt morgen, Dienstag. Herr Caruso sein Gastspiel als Canio in Leoncavallos „Bajazzi, Die Rolle der Nedda singt Fräulein Farrar, den Tonio Herr Scotti als Gast, den Silvio Herr Bronsgeest, den Beppo Herr Kirchhoff. Die Aufführung findet in italienischer Sprache statt. Vorher geht eine Aufführung von Leo Blechs einaktiger Dorfidylle „Das war ich“, in der die Damen Dietrich, Rothauser und von Scheele⸗Müller, sowie Hoffmann und Jörn beschäftigt sind. Der Komponist leitet ein 8

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen IZfflands ländliches Sittengemälde „Die Jäger“, mit den Vollmer, Kraußneck, Staegemann, Pohl, Zeisler, Eichholz, Egaeling, Geisen⸗ dörfer, Werrack und den Damen Butze, May, von Mayburg, Schramm und Hausner in den Hauptrollen, aufgeführt. öö1““ 8 EaEE15