1908 / 258 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

aanzeiger und Königlich Preu iger.

Berlin, Sonnabend, den 31. Okteober 1908.

staatlichung der Privatbahnen, diesen schwankend echselnden Faktor in unserm Etat, haben, so, glaube ich, ist es auch nicht mäg lich, die Rente nach zuverlässigen Grundsätzen zu bemessen. Meine⸗ Herren, diese Verhältnisse sind ja einem permanenten Wechsel unter worfen. Ich darf darauf hinweisen, in wie großem Maße sich die Verhältnisse abweichend von dem Etat entwickelt haben, daß, während man doch vielfach in dem Etat mit festen Größen rechnet, sich nach her in der Rechnung diese Größen als ganz anders herausgestellt haben. Ich kann die Daten im Augenblick nicht finden, es kommt aher nicht so sehr darauf an. Ich darf beispielsweise erinnern an da Jahr 1903. Im Jahre 1903 wurde ein sehr ungünstiger Etat vor⸗ gelegt, weil wir bekanntlich sehr ungünstige Jahre hinter uns hatten. Der Etatsansatz schloß mit einem Defizit von rund 73 Millionen, glaube ich; aber sehr schnell trat ein Umschwung in unserer wirt⸗ schaftlichen Konjunktur zum Bessern ein, und das Jahr endete nicht nur nicht mit einem Defizit von 73 Millionen, sondern mit einem Ueberschuß von 63 Millionen, also eine Differen zwischen Soll und Ist von 136 Millionen. Umgekehrt das Jaht 1907, das noch bei Aufstellung des Etats günstige Auspizien aufwiez, änderte sein Gesicht nach Aufstellung des Etats gegen das Ende 1977, und während wir einen balancierenden Etat vorgelegt hatten, hat daz Jahr 1907 mit einem Defizit von 71 Millionen abgeschlossen. Nun fragt es sich: wie soll bei solchen immanenten Schwankungen eine solche Rente der Eisenbahnverwaltung an die Finanzverwaltung fixiert werden? Wenn ich von dem ersten Falle, dem des Jahres 1903, sprechen darf, so war der Etat, wie bereits bemerkt, mit einem Defijit von 73 Millionen aufgestellt. Die Folge wäre gewesen, daß die Be⸗ dürfnisse aller übrigen Verwaltungen auf das äußerste hätten einge⸗ schränkt werden müssen. Dann schloß das Jahr mit einem Plus von 63 Millionen ab. Also wärend die anderen Ressorts Not gelitten hätten, hätte die Eisenbahnverwaltung unter Umständen im Ueberfluß schwelgen können. Viel wichtiger aber ist der umgekehrte Fall, der Fall des Jahres 1907. Der Etat sollte balancieren; er

worden ist, die nicht sogar mit Recht kritisiert worden ist. Denn jede Steuervorlage stellt ein Opfer dar, das einzelnen Interessenten oder einzelnen Kreisen von Interessenten zugemutet wird. Jede Erhöhung der Steuer greift in wirtschaftliche Verhältnisse ein, in wirtschaftliche Verhältnisse der Einzelnen oder ganzer Kreise der Bevölkerung, und wird insofern mit einem gewissen Recht als Druck empfunden. Ehe der Herr Abg. Dr. Friedberg sich zu den Vorschlägen

im einzelnen äußerte, hat er an mich die Frage gerichtet, wie hoch sich die Mehrausgaben der Eisenbahnverwaltung für das Jahr 1908 voraussichtlich stellen würden. Meine Herren, wir waren ja alle darüber einig, daß der Etat, wie er im Sommer des Jahres 1907 aufgestellt wurde, für das Jahr 1908 sich voraussichtlich nicht als zutreffend erweisen würde, weil zu Ende des Jahres 1907 der starke Umschwung in unseren wirtschaftlichen Verhältnissen ein⸗ trat. Trotz dieses auf nicht mehr zutreffenden Unterlagen auf⸗ gestellten Etats werden sich die Mehrausgaben bei der Eisenbahn⸗ verwaltung nach Angabe des Herrn Eisenbahnministers nur etwa auf 20 Millionen Mark belaufen. Herr Dr. Friedberg hat dann den Betriebskoeffizienten der Eisen⸗ bahnen Preußens mit den Betriebskoeffizienten anderer Staaten ver⸗ glichen. Ich glaube, meine Herren, darauf kommt es nicht an, sondern man kann nur die Betriebskoeffizienten der einzelnen Jahre bei uns selber vergleichen, und daraus ergibt sich eine ganz evidente Steigerung desselben. Den Schlußfolgerungen, die wir daraus gezogen haben, gegenüber führte er an, daß schon im Jahre 1874 ein hoher Betriebs⸗ koeffizient zu verzeichnen gewesen sei. Meine Herren, ich halte diesen Vergleich nicht für richtig; benn das Jahr 1874 lag vor der großen Verstaatlichung der Privatbahnen. Damals hatte Preußen einen ver⸗ hältnismäßig kleinen Staatsbahnbesitz; es hatte sich damals entschließen müssen, die wenig rentablen, von dem Privatkapital nicht erfaßten Linien auszubauen, und hatte infolgedessen auch einen ungünstigen Betriebskoeffizienten. Erst nachdem wir durch die Verstaatlichung der Eisenbahnen in den Besitz der großen, auch rentablen Linien gelangt sind, kann man werklich einen zutreffenden Betriebskoeffizienten auf⸗

und ich glaube, Herr Dr. Friedberg wird mit mir der Ansicht sein, daß diese Steigerung noch nicht am Ende angelangt ist. Gerade von der linken Seite sind und mit Recht auch die verschiedensten Wünsche auf dem Gebiete des Kultusministeriums geäußert worden. Ich erinnere nur an die Verringerung der Zahl der Schulkinder, an die großen Aufwendungen für die Schulen nach der sächlichen, nach der perfönlichen Richtung hin: auf allen diesen Gebieten sind doch sicher auch in Zukunft sehr wesentliche Anforderungen an die Staats⸗ kasse zu erwarten. Ich will auf die andern Kapitel des Kultus⸗ ministeriums gar nicht eingehen, beispielsweise die Universitäten, die auch in immer steigendem Maße Ansprüche an die Finanzverwaltung stellen.

Meine Herren, das Finanzminifterium hat in diesen 10 Jahren an dauernden Ausgaben, einschließlich der Gehaltsverbesserungen, eine Steigerung von 91 Millionen auf 184 Millionen erlebt, also eine Steigerung um nahezu 100 %. Das ist überwiegend zurückzuführen auf die Steigerung der Zivilpensionen, die von 40 auf 69 Millionen gestiegen sind, und der Witwen⸗ und Waisengelder, die von 13 auf 27 Millionen angewachsen sind, sich also um nicht weniger wie 100 % erhöht haben. Auch hier, meine Herren, ist ein Stillstand nicht zu erwarten, im Gegenteil, die Pensionsnovelle, die wir verabschiedet haben, und die wesentliche Erhöhung der Gehälter der Beamten werden auch nach diesen Richtungen weiter sehr erhebliche Leistungen zus der Staatskasse erfordern.

Auf dem Gebiete des Handelsministeriums hat sich der Bedarf von 8,9 auf 17,9 Millionen erhöht, ist also ebenfalls um 100 % ge⸗ stiegen, und auch hier liegen auf dem Gebiete der Fortbildungsschulen, der Förderung des Fachunterrichts, des technischen Unterrichts noch sehr weite Aufgaben vor, die naturgemäß nur mit erheblichen Staats⸗ unterstützungen erfüllt werden können. Das Ministerium des Innern ist von 60 Millionen in den dauernden Ausgaben auf 107 Millionen gestiegen, hat sich also um 47 Millionen gleich 80 % in seinen Ausgaben erhöht.

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die u s gemacht werden, nicht von der Hand weisen, und werden nach irgend einem Modus suchen, uns über die Wünsche der Kommission und der hohen Hauses zu verständigen. Aber, meine Herren, eins glaube ich doch am Schlusse betonen zu müssen. Wenn wir uns die äußerste Beschränkung in den Anforderungen an die Steuerzahler auf⸗ erlegt haben, wenn wir uns bereit erklärt haben, so außerordentlich hohe Aufwendungen auf die Stuatskasse zu übernehmen, so fönnen wir es mit unserer Verantwortung nicht vereinbaren, diese hohen Lasten auch dann noch zu tragen, wenn uns nicht wenigstens in dem bescheidenen Umfange, in dem wir es erbeten haben, die Deckungs⸗ mittel gewährt werden. Ich kann daher alle die Herren, die mit der Staatsregierung ein Interesse an dem Gelingen des großen Werkes haben, nur auch in diesem Moment noch einmal dringend bitten, uns in diesem Punkte entgegenzukommen und an dem Grundsatze, der stets in Preußen gegolten hat, festzuhalten: dauernde Ausgaben sind nur auf dauernden Einnahmen m basieren. (Bravo! rechts.)

Abg. Herold (Zentr.): Nachdem wir uns bisher mit dem an⸗ ö der Vorlage, der Gehaltsaufbesserung, beschäftigt haben, haben wir uns jetzt mit der Kehrseite dieser Vorlage zu be⸗ fassen, nämlich mit der Beschaffung der Mittel, die zur Bestreitung der Ausgaben erforderlich sind. Die anderweitige Gestaltung der Steuer scheint mir einigermaßen verfrüht, weil wir nicht wissen, wie die Reichsfinanzreform sich gestalten, in welchem Maße sie eine Rück⸗ wirkung auf die einzelstaatlichen Finanzverwaltungen ausüben wird. Wir wissen nicht, ob nicht auf eine Erhöhung der Matrikalarbeiträge zurückgegriffen werden muß. Der Finanzminister schätzt sie aller⸗ dings auf 7 Millionen, aber genau läßt sich das nicht über⸗ sehen. Dahber wäre es vielleicht zweckmäßiger gewesen, zunächst mit einem Provisorium zu kommen. Wenn aber jetzt der Finanz⸗

ist doch erträglich, daß eine Gesellschaft künftig nicht 100 %

ihres Gewinnes, sondern sagen wir 95 % verteilt und 5 %

hier, wo es sich um so dringende Bedürfnisse des Staatslebens

handelt, an den Staat abführt. Nehmen wir eine Aktiengesellschaft mit 10 Millionen Mark Grundkapital, die nur 1 % Dividende ver⸗ teilen würde, so würde diese 100 000 Dividende verteilen können

und davon wäürde sie einen Steuersatz von 2000 zu entrichten

haben. Nun, meine Herren, ob 100 000 oder 98 000 Dividende. verteilt werden, das halte ich in der Tat nicht für eine Frage von vitaler oder sagen wir letaler Bedeutung für die betreffende Gesell⸗ schaft. Dieselbe Aktiengesellschaft mit 10 Millionen Mark Kapital, Die 4 % Gewinn erzielt, wünde 400 000 Dividende verteilen können, und davon soll sie 16 000 nach unserer Vorlage an den Staat ent⸗ richten. Es handelt sich hier also um die Frage, ob 400 000 oder 384 000 Dividenden zur Verteilung gelangen. Bei einer Gesellschaft, die bei einem Kapital von 10 Millionen eine Dividende von 11 %, also 1 100 000 verteilt, würden etwa 30 000 Steuern mehr zu ent⸗ richten sein, und bei einem Objekt von 1 100 000 ist doch ein Mehr an Steuern von 30 000 in der Tat wohl erträglich.

Herr Dr. Friedberg wies auf die Verhältnisse in Oesterreich hin. Meine Herren, die österreichische Steuer ist ja unendlich viel höher als die, die wir planen; sie beträgt 10 % im Minimum und steigt auf 14 %, während ja unsere Sätze außerordentlich viel geringer sind. Und endlich wies er auf die Gefahr der Auswanderung hin. Meine Herren, diese Gefahr schätze ich nun wirklich sehr gering. (Zustimmung und Heiterkeit rechts.) Wir haben genau dieselbe Be⸗

Nrun hat Dr. Friedberg gesagt, bei allen diesen in der 8 könnten Sie die vorgeschlagenen Steuern nur für 1 bis 2 Jahre bewilligen. Ich weise darauf hin, daß eine Regelung, wie wir sie vorschlagen, einen mäßig begrenzten Betrag, aber fest zu bewilligen, sehr viel sparsamer ist, als eine pro⸗ visorische Regelung, wie Herr Friedberg sie vorschlägt. (Widerspruch links.) Wenn die Ressorts mit der Möglichkeit rechnen können, in kurzer Zeit wieder neue Steuern zur Verfügung zu be⸗ kommen, dann werden Sie nicht so sparsam sein als bei unseren Vorschlägen (Zuruf linkse), wo nur eine mäßige Summe vorgeschlagen wird, die aber fest bemessen werden soll, sodaß die ungedeckt bleibenden 71 Millionen zunächst aus den Mitteln der ke⸗ftigen Jahre gedeckt werden müssen und dann erst die Ansprüche der anderen Ressorts ihre Befriedigung finden können. Aber auch abgesehen hiervon würde ein solcher Vorschlag einer Regelung auf ein Jahr für die Staatsregierung unannehmbar sein. Wir haben uns bemüht, mit unseren Forderungen auf das aasvz geringste Maß zurückzugehen, jede mögliche Rücksicht auf den Steuer⸗ zahler zu nehmen. Wenn Sie bedenken, daß es sich insgesamt um 200 Millionen dauernder Ausgaben handelt, daß allein für das nächste Jahr 126 Millionen zur Verfügung gestellt werden müssen, so ist unser Vorschlag, davon nur 55 Millionen durch neue Steuern zu decken, überaus bescheiden und maßvoll gewesen, und ich sage mir

8 stellen. nicht wohl zu Grunde gelegt werden kann.

Daran aber muß ich festhalten, daß der Betriebskoeffizient eine für die Finanzgebahrung bedenkliche Entwicklung genommen hat, und ich kann nur nochmals aussprechen, daß diese Veränderung des Be⸗ triebskoeffizienten nicht, wie Herr Dr. Friedberg meinte, auf den Sünden früherer Jahrzehnte beruht, sondern auf der vor aller Augen Wenn die Löhne,

liegenden Steigerung unserer sächlichen Ausgaben. die Kohlen, Eisen und überhaupt alle Bedarfsartikel der Eisenbahn⸗ verwaltung in dem Maße gestiegen sind wie in den letzten Jahren, so ist es erklärlich, daß sich die Ausgabeseite stärker entwickelt hat als die Einnahmeseite. In welchem Maße das der Fall gewesen ist, möchte ich kurz darlegen. Wir haben im Jahre 1896 nach der Wirk⸗ lichkeit und nicht bloß nach dem Soll einen Betriebskoeffizienten von 54 % gehabt, und im Jahre 1908 werden wir voraussichtlich einen solchen von 72 % haben. Das bedeutet eine Verschlechterung des Betriebskoeffizienten um nicht weniger als 18 %. Wenn Sie über⸗ legen, daß die Eisenbahnverwaltung eine Einnahmesumme von etwa 2 Milliarden hat, so bedeutet diese Verschlechterung des Betriebskoeffizienten von 18 %, daß wir ungefähr um 360 Millionen teurer den Betrieb der Eisenbahnen bestritten haben, als das in früheren Jahren der Fall gewesen ist.

Herr Dr. Friedberg hat dann die Frage aufgeworfen, woher denn die 40 Millionen kämen, die, wie ich früher bemerkt habe, voraus⸗ sichtlich im nächsten Etat mehr für den Schuldendienst ausgeworfen werden. Wir haben bekanntlich im vorigen Jahre sehr hohe Anleihen ausgebracht, lum die Eisenbahnverwaltung mit Betriebsmitteln und zweiten Gleisen auszustatten und um für Kanäle und für die An⸗ siedlungskommission zu sorgen. Wir haben hier nicht weniger als 781 Millionen Schulden begeben, und die Verzinsung und Tilgung dieser Summe macht den angegebenen Betrag von etwa 40 Millionen Mark aus.

Der Herr Abg. Dr. Friedberg kam im Verlauf seiner Aus⸗ führung auf die generelle Frage der Aufstellung des Etats und fragte, wo dierz Ueberschüsse der letzten Jahre geblieben seien. Ich kann in dieser Beziehung nur erwidern, daß wir auch schon in den letzten Jahren verhältnismäßig viel geringere Ueberschüsse von der Eisenbahnverwaltung erzielt haben als früher. Wir haben in den letzten Jahren überhaupt von der Eisenbahnverwaltung nur durchschnittlich 5,8 Millionen Mark mehr in einem Jahre bekommen als in dem vorhergehenden, sind also weit hinter den früheren Jahren zurückgeblieben, beispielsweise hinter den Jahren 1888 und 1896, wo 31 Millionen, ja sogar 34 Millionen Mark mehr in einem Jahre als in dem vorhergehenden Jahre von der Eisenbahnverwaltung ab⸗ geliefert worden sind.

Sodann hat der Herr Abg. Dr. Friedberg die Befürchtung aus⸗

gesprochen, daß, wenn wieder günstige Jahre kommen, auch wiederum dauernde Ausgaben auf diese vorübergehenden hohen Einnahmen basiert werden könnten. Da erlaube ich mir zunächst die Frage: worauf gründet er die Hoffnung, daß alsbald wiederum so große, den Be⸗ darf weitaus übersteigende Ueberschüsse erzielt werden würden? Nach der ganzen Entwicklung vermag ich diese Hoffnung nicht zu teilen. MWir haben im Laufe der Jahre 1898 bis 1908 gesehen, daß sich unsere Stlaatsverwaltungsausgaben von 447 Millionen auf 687 Millionen erhöht haben; es ist also in zehn Jahren eine Steigerung der reinen Stlaatsverwaltungsausgaben um 240 Millionen eingetreten, mithin eine solche von 24 Millionen Mark im Jahre. Ich frage Herrn Dr. Friedberg: ist irgendwie die Annahme begründet, daß wir trotz der Verlangsamung in einzelnen Jahren mit den Aufwendungen des Staats auf allen Gebieten werden innehalten können? Ist irgendwo in dem wirtschaftlichen, in dem geistigen Leben unserer Nation eine Stagnation zu erkennen? Gottlob nein! und da wir gewohnt sind, staatsseitig auf allen Gebieten unseres Schaffens auch fördernd einzu⸗ treten, da die Ansprüche an den Staat auf allen Seiten erhoben und ich möchte sagen: täglich gesteigert werden, ist mit Sicherheit voraus⸗ zusehen, daß auf allen Gebieten wirtschaftlichen und kulturellen Schaffens auch in Zukunft sehr große Ansprüche an den Staat werden gestellt werden.

Meine Herren, die Hauptansprüche liegen wie immer auf dem Gebiete des Kultusministeriums. Die dauernden Ausgaben des Kultusministeriums haben sich vom Jahre 1898 bis zum Jahre 1908 on 130 Millionen auf 195 Millionen gesteigert; also in diesen 0 Jahren sind die dauernden Ausgaben um nicht weniger wie

Also ich glaube, daß der Betriebskoefftzient des Jahres 1874

Meine Herren, so könnte ich das durchführen auf dem Gebiete der Landwirtschaft auf allen Gebieten ist das sicher, daß ein Punkt des Stillstehens, der Stagnation nicht erreicht ist, daß im Gegenteil auch in Zukunft sehr erhebliche Ansprüche an die Staatskasse werden gestellt werden. Wie verhalten sich dem gegenüber nun die Deckungsmittel? Ich erwähnte, daß in diesen 10 Jahren die Staatsverwaltungsausgaben um 240 Millionen gestiegen sind, gleich 24 Millionen Mark im Jahre. Die Deckungsmittel sind überwiegend aufgebracht worden durch die Steigerung der direkten Steuern, die in dem jehnjährigen Zeitraum von 154 auf 269 Millionen gestiegen sind, also um 115 Millionen, jährlich 11,5 Millionen. Aber, meine Herren, ich bitte zu be⸗ rücksichtigen, daß darin einmal die Wirkung des § 23 des Einkommensteuergesetzes steckt, die Anzeigeverpflichtung der Arbeit⸗ geber hinsichtlich der Löhne der Angestellten, vor allem aber die sehr glänzenden Jahre, die hinter uns liegen, und die Steigerung der Einkommensteuer wird in den nächsten Jahren voraussichtlich schon eine wesentlich geringere sein. Ich rechne ja aber mit Herrn Dr. Friedberg auch darauf, daß hoffentlich in absehbarer Zeit die wirtschaftliche Ungunst der Dinge überwunden und dann auch das Einkommen aus der Einkommensteuer ein höheres sein wird. Aber, meine Herren, von den ganzen 126 Millionen, die die Aufbesserung der Gehälter der Beamten, Geistlichen und Lehrer erfordert, sollen ja nur 55 Millionen gedeckt werden, und die 71 Millionen sind also darauf angewiesen, aus diesen steigenden Erträgnissen der Einkommen⸗ steuer ꝛc. ihre Deckung zu finden.

Die indirekten Steuern haben im Durchschnitt der Jahre nur 2,8 Millionen mehr ergeben, und die Eisenbahnverwaltung hat in diesem 10 jährigem Zeitraum ihre Einnahmen von 170 Millionen auf 228 Millionen, also um 58 Millionen oder, wie ich schon erwähnte⸗ um 5,8 Millionen im Jahre gesteigert. Aber im Jahre 1907 sind bekanntlich die Eisenbahneinnahmen, die im Etat standen, auch nicht entfernt erreicht worden; sie haben nicht 218 Millionen, wie im Etat stand, sondern nur 130 Millionen ergeben, und im Jahre 1908 wird die Eisenbahnverwaltung ich habe die Daten auch schon an⸗ gegeben aller Währscheinlichkeit nach statt 228 nur 88 Millionen abliefern. Also, meine Herren, bis die Eisenbahnverwaltung wiederum auf dem Satze von 228 Millionen angelangt sein wird, dazu wird es geraumer Zeit und außerordentlicher Anstrengungen bedürfen, und ich weiß nicht, worauf man die Hoffnung gründen will, die der Herr Abg. Dr. Friedberg vorhin aus⸗ sprach: daß alsbald die Eisenbahnverwaltung wieder wesentliche höhere Ueberschüsse abliefern wird, auf die wir dann dauernde Aus⸗ gaben zu fundieren in der Lage sein würden. (Abg. Dr. Friedberg:

Ich habe das Eegenteil gesagt.)

Herr Dr. Friedberg hat den Vorschlag, den er früher vertreten

hat, auch heute wieder aufgenommen: daß die Eisenbahnverwaltung

eine fest bemessene Rente an die Finanzverwaltung abzuführen haben

soll. Nun, meine Herren, bin ich der Ansicht, daß die Gestaltung des

Etats der Eisenbahnverwaltung weniger als je es richtig erscheinen

läßt, die Einwirkung des Finanzministers auf dem Gebiet der Cisen⸗

bahnverwaltung auszuschalten oder herabzudrücken. Vom Standpunkt

der persönlichen Bequemlichkeit der Finanzverwaltung könnte uns das

nur im höchsten Maße erwünscht sein, aber ein Finanzminister,

der die Aufgabe hat, für die Gesamtheit der Finanzgebarung

des preußischen Staates einzutreten, kann nicht bei der

allerwichtigsten Verwaltung, der Eisenbahnverwaltung, auf das

Altenteil gesetzt werden. (Unruhe bei den Nationalliberalen.)

Wir haben einen Einnahmeetat Preußens von 3 Milliarden 300 Mil⸗

lionen. Davon werden mehr als 2 Milliarden aus den Einnahmen

der Eisenbahnverwaltung gedeckt. Meine Herren, eine einzige nach

Auffassung der Finanzverwaltung nicht nötige oder jedenfalls aufschieb⸗

bare Maßnahme auf dem Gebiete des Tarifs macht alle Bemühungen

des Finanzministers auf Ersparung in den einzelnen Verwaltungen

überflüssig, wirft den ganzen Effekt über den Haufen. Also, wollen

Sie auf Sparsamkeit in allen Ressorts, wollen Sie vor allem darauf

halten, daß alle Ressorts gleichmäßig bedacht werden, und nicht das

eine dem andern gegenüber zu kurz kommt, so können Sie die Ein⸗

wirkung des Finanzministers bei der ganzen Eisenbahnverwaltung nicht

ausschalten. Vor allem aber, meine Herren, wie soll diese Rente denn

bemessen werden? Wenn wir mit festen Größen in unserem Etat

ziu rechnen hätten, wenn wir nicht von den permanenten

Schwankungen unseres Wirtschaftslebens und damit unserer Betriebs⸗

verwaltungen abhingen, wäre eine solche Bemessung vielleicht

8 1“

65 Millionen Mark gestiegen; das bedeutet eine um 50 °

schloß tatsächlich mit einem Defizit von 71 Millionen ab. Wenn nun auf Grund der damaligen günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse die Rente bemessen worden wäre, wäre sie für die anderen Ressorts viel zu hoch bemessen worden. Daraufhin hätten die Ressorts ihre ganzen Dispositionen getroffen, hätten sich reichlicher eingerichtet, als nach der Entwicklung der Dinge wirklich zulässig war. Und nun zu der Frage, wer die fehlenden 71 Millionen hätte aufbringen sollen. Da hätte die Eisenbahnverwaltung Schulden kontrahieren müssen, um ihrerseitz die Rente an den Finanzminister abzuliefern, zu deren Entrichtung sie sich verpflichtet hatte. Das hätte eine Zerreißung unserer ganzen Schuldenwirtschaft gegeben, die praktisch nicht durchführbar ist.

In einem Punkte aber glaube ich mich mit Herrn Abg. Dr. Fried⸗ berg in voller Uebereinstimmung zu befinden. Er wird mir zugeben, daß bei den Konsequenzen, die ich eben angedeutet habe, die ganze Operation ohne einen reichlich gefüllten Ausgleichsfonds nicht möglich ist. Herr Dr. Friedberg nickt mir inz er i also derselben Ansicht. Also, meine Herren, lassen wir die Streitaxt über die Frage der Rentenbemessung einmal begraben sein, und fassen wir das praktische Ziel ins Auge, das ich mit Herrn Dr. Friedberg verfolge, die Schwankungen bei der Eisenbahnverwaltung zu beseitigen, wenn wir es können, oder wenigstens nach Möglichkeit zu mildern. Es ist Herrn Dr. Friedberg bekannt, daß ich mir diese ungünstigen Einflüsse der schwankenden Einnahmen der Eisenbahn⸗ verwaltung auf unseren Etat vollkommen bewußt bin, und ich habe ja damals den Gesetzentwurf wegen Bereitstellung eines Ausgleichs⸗ fonds vorgelegt. Der Gedanke war richtig. Aber ich glaube, wir hatten uns zu viele Ziele bei dieser Sache gesetzt. Dieser Ausgleichs⸗ fonds sollte erstens dazu dienen, dem Eisenbahnminister den Dis⸗ positionsfonds von 30 Millionen zu füllen, den er schlechterdings notwendig hat für die unvorhergesehen auftretenden Bedürfnisse seines Ressorts. Nach Deckung dieser Bedürfnisse sollte der Ausgleichsfonds ferner die Mittel hergeben, um in ungünstigen Jahren dem Staatshaus⸗ haltsetat die nötigen Zuschüsse zu liefern. Der erste Zweck ist erreicht worden. Ich möchte einmal die Entwicklung dieses Ausgleichs⸗ fonds mit wenigen Zahlen darlegen. Wir haben im Jahre 1903 einen Staatsüberschuß von 63,6 Millionen, i. J. 1904 von 30,6 Mil⸗ lionen, i. J. 1905 von 46 Millionen und i. J. 1906 von 14,4 Mil⸗ lionen gehabt, sodaß dem Ausgleichsfonds insgesamt 154,6 Millionen zugeflossen sind. Hiervon sind nun aber behufs Speisung des Dis⸗ positionsfonds des Ministers der öffentlichen Arbeiten i. J. 1904 14,4 Millionen, i. J. 1905 30 Millionen, i. J. 1906 30 Millionen, i. J. 1907 30 Millionen, in summa 104,4 Millionen abgeführt worden. Meine Herren, indem wir dem Herrn Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten diese Summe von 104,4 Millionen zugeführt haben, ist der Fonds seinem zweiten Zweck, als großer Ausgleichsfonds zwischen fetten und mageren Jahren zu dienen, entfremdet worden, und ich glaube, unsere Aufgabe muß dahin gehen, diesen doppelten Zweck zu beseitigen, und es ist die Absicht, Ihnen im nächsten Jahre vorzu⸗ schlagen, daß der Dispositionsfonds des Ministers der öffentlichen Arbeiten zwar nicht in der vollen Höhe von 30 Millionen, aber in geringerer Höhe in den Etat eingestellt wird, sodaß er nicht mehr aus den Ueberschüssen der Eisenbahnverwaltung gespeist wird, und daß dann der gesetzlich verbleibende Fonds seinem anderen und überwiegenden Zweck, als Ausgleichsfonds zu dienen, voll nutzbar gemacht wird. Ich hoffe, daß damit dem Wunsch des Herrn Dr. Friedberg, wenn auch auf anderem Wege, so doch im schließlichen Effekt einigermaßen Rechnung getragen wird.

Er ist dann auf die Frage der Abgrenzung des Ordinariums und Extraordinariums gekommen. Wir hoffen, Ihnen auch in der Beziehung bestimmte Vorschläge machen zu können, wonach die zweiten Gleise, die außerordentlichen Retablissements bei Betriebs⸗ mitteln und der Ausbau von Nebenbahnen zu Hauptbahnen auf Anleihe genommen werden sollen, sodaß auch hier unserseits der Versuch gemacht werden wird, bestimmte Grundsätze aufzustellen⸗ (Sehr gut!)

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

möglich; aber da wir die Schattenseite der sonst so glänzenden Ver⸗

mal, ob wir nicht zu bescheiden gewesen find, ob wir nicht im -eSh Zukunft größere Summen hätten fordern müssen. (Heiterkeit.) Das ist eine ernste Frage für den Finanzminister, ob er nicht durch zu große Bescheidenheit die Finanzen für die Zukunft gefährde. Wenn wir bei solcher Beschränkung unserer Anforderungen bei einem dauernden Aufwand von 200 Millionen und, wenn Sie nur das nächste Jahr in Betracht ziehen, von 126 Millionen, nicht die 55 Millionen fest bewilligt bekommen, so gefährden wir die ganze finanzielle Zukunft unseres Staats. (Na, nal links.) Und auf diese schwankende Brücke, daß uns die Einnahmen nur auf 1 Jahr bewilligt werden, daß uns vielleicht nach einem Jahr die Ein⸗ nahmen nicht bewilligt werden und wir mit der dauernden Ausgabe von 126 Millionen unsere Zukunft belasten, kann die Staatsregierung nicht treten. Die Dinge sind zu ernst in diesem Weltenrund, als daß wir riskieren könnten, der momentanen Bequemlichkeit zu liebe unsere

tli ukunft zu gefährden. 11““ auf meinen persönlichen Standpunkt stelle, was wäre bequemer für mich, als 186 Millionen für Beamte, Geisiche und Lehrer aufzubringen und den Steuerjahlern keine neue Belastung zummuten! Das wäre das einfachste Kunststück ohne jeden doppelten Boden, und ich wäre der gemachte Mann. Aber ich würde ein schlechter Knecht vor meinem Gewissen und vor der Zukunft unseres Landes sein, wenn ich einen solchen Weg vorschlagen würde. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, bei der großen Belastung g7 126 Millionen müssen wir dauernde Deckangsmittel haben, und damit steht und fällt die Vorlage wegen Aufbesserung der Beamten, Lehrer und Geistlichen. Meine Herren, ich habe die Erklärung schon einmal abgegeben und wiederhole sie namens der Staatzregierung, auf ein⸗ stimmigen Beschluß des Staatsministeriums, daß ohne eine dauernde Bewilligung der Deckungemittel wir die Verantwortung für die Be⸗ willigung der dauernden Zulagen an die Beamten, Geistlichen und Lehrer nicht tragen können. Also ich kann nur dringend bitten, wenn Sie den Wunsch emit uns haben, den Beamten, Geiftlichen und Lehrern diese Wohltaten zuteil werden 1u lassen, daß Sie uns auch dann die dauernden Deckungsmittel schaffen. Denn ich glaube: Sie können uns nicht zumuten, bei der großen Belastung, um die es sich handelt, ohne eine solche feste Bewilligung die Ausgaben iu be⸗ willigen, und ich kann daher nur dringend bitten, daß Sie nach dieser Richtung hin auch unseren Wünschen Rechnung tragen. .

Der Herr Aba. Dr. Friedberg ist dann noch auf Einzelheiten ein⸗ gegangen und hat zunächst bemängelt, daß bei dem Einkommensteuer⸗ gesetz die Grenze auf 5 % nach oben bemessen werden soll. Ja, mrine Herren, das verstehe ich nicht. Wenn, wie er betont hat, die be⸗ sitzenden Klassen, Besitz und Vermögen stärker herangezogen werden sollen, so, meine ich, trifft das im allerstärksten Maße auf die wohl⸗ habenden Zensiten zu, die in der Lage sind, 5 % zu mhlen. Ich glaube, das ist doch die erste Konsequenz, daß, wenn man an die Re⸗ vision unseres Einkommensteuertartfs berangeht, man in der Tat, dem

früheren Vorschlage der Staatsregierung gemäß, die wohlhabendsten Zensiten am stärksten heranzieht und bis zu einem Satz von 5 % geht.

Der Herr Abg. Dr. Friedberg hat auch die Gesellschaftssteuer in den Kreis seiner Erörterungen gezogen und gesagt: ihm wären ent⸗ rüstete Stimmen zu Obren gekommen und der Auffassung

Ausdruck gegeben: der Industrie sollen immer größere Lasten aufgebürdet werden. Meine Herren, hier bandelt es sich nicht um Aufbürdung von Lasten speziell für die Industrie, sondern darum, einer in immer größerem Maße sich verbreitenden und immer größere Bedeutung einnehmenden und in der Tat auch immer steuerfähiger werdenden Form unseres ganzen wirtschaftlichen Schaffens eine gewisse Abgabe aufzulegen. Ich habe selber als Regierungspräsident in Düsseldorf gesehen, in welchem Maße das Kapital, unterstützt von heworragender Tatkraft, uns auf dem Wege des wirtschaftlichen Fortschritts gefördert hat. Aber, meine Herren das kann mich doch nicht abhalten, wenn ich vor die Frage gestellt werde: soll der einzelne vermögenslose Zensit noch stärker als um 25 %% erhöht werden oder soll ich diese großen kavstallstischen Organisationen unseres wirtschaftlichen Lebens stärker anfassen? die Frage nach der zweiten Richtung hin zu brjahen. Ich kann auch die Befürchtung, die der Herr Abg. Dr. Friedberg in dieser Be⸗ ziehung ausgesprochen hat, nicht als so schwerwiegend erachten. Meine Herren, es handelt sich doch nur darum, daß bei den Gesellschaften,

fürchtung äußern hören, als wir den Zolltarif verabschiedeten (sehr minister die Besoldungsverbesserung von dieser Steuerdewilligung ab⸗

1 ; auch da sollte unsere ganze Industrie nicht nur Lenn-2 Sae heute schon zu Grunde gehen (Heiterkeit rechts) und nach England und Rußland auswandern. Und was ist aus diesen Befürchtungen geworden! Sind denn wirklich diese neuen Steuern, selbst wenn Sie auch die Kommunalsteuern hinzurechnen gewiß sie sind eine erhebliche Belastung, das verkenne ich gar nicht —, aber sind sie denn entscheidend dafür, wo eine Industrie sich niederläßt? Da sind doch ganz andere Faktoren maßgebend. 8 b Ich vermag auch die Berechtigung der Ausführungen nicht anzu⸗ erkennen, die Herr Dr. Friedberg gegen die Doppelbesteuerung ins Feld führte. Hier handelt es sich darum, eine Gewerbesteuer aufzu⸗ erlegen, einer Wirtschaftsform, die sich ia immer ftärkerem, immer leistungsfähigerem Maße bei uns entwickelt hat; es ist eine Gewerbe⸗ steuer, es wird bei der Gesellschaft selber das Einkommen aus dem Gewerbe besteuert. Ganz unabhängig davoa ist das Kapital⸗ einkommen, das der einzelne Aktionär bezieht. Ich muß in dieser Beziehung doch die Auffassung in der Begründung der Vorlage als richtig erachten. Von einzelnen Fällen abgesehen sind in der Tat die Beziehungen zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft so lose, der Aktionär nimmt an dem Schaffen einer Aktiengesellschaft in so seltenen Fällen einen positiven Anteil, daß es auch durchaus richtig ist, ihm selber eine Steuer aufzuerlegen für das Kapitaleinkommen, das ihm aus der Aktiengesellschaft zufließt, während man schon vorher der Aktiengesellschaft als Wirtschafts⸗ form, als einer Organisation unseres öffentlichen Lebens, eine Steuer auferlegt. Unter dem Schutze unserer Gesetzgebung, dank den Fazili⸗ täten, die sie den Aktiengesellschaften gibt, dank der Möglichkeit vor allen Dingen, den großen Kapitalmarkt für sich nutzbar zu machen, haben sich diese Gesellschaften in so erfreulicher und nutzbringender Weise entwickelt, und ich glaube daher, wenn man überhaupt einmal genötigt ist, mehr Steuern zu beschaffen, darf man an diesen Formen unseres wirtschaftlichen Lebens nicht vorübergehen. (Zustimmung rechts)

Ich kann auch nicht zugeben, daß die Doppelbesteuerung sich im allgemeinen in der Schärfe geltend machen wird, wie Herr Dr. Fried⸗ berg es ausgesprochen hat. Zunächst wird sich bei denen, die künftig Aktien kaufen werden, die Besteuerung schon im Kurse ausdrücken, und die Betreffenden werden schon in dem Kurse die Besteuerung eskomptieren. Zugeben will ich, daß die Erhöbung der Steuer bei den jetzigen Aktionären einen gewissen Einfluß haben wird. Aber auch bei diesen wird die Aktiengesellschaft meist in der Lage sein, durch eine anderweite Aufstellung des Status, durch geringere Ab⸗ schreibungen, durch geringere Uebertragungen von einem Jahre in das andere den Einfluß der Steuer abzuschwächen oder aufzuheben und also den Aktionären die alte Dividende zu gewähren. Aber gesetzt auch, in dieser Beziehung tritt eine gewisse Minderung ein, so muß ich immer sagen, es ist eher erträglich, als wenn ich dem Arzt, dem Gewerbetreibenden, dem ländlichen Besitzer, der kein Vermögen hat, der von seiner Hände beziehentlich seines Geistes Arbeit lebt, über die Erhöhung von 25 % hinaus, die in der Vorlage schon vorgesehen ist, noch mehr Steuern abfordern wollte. (Sehr richtig! rechts.) Hat man die Wahl zwischen der stärkeren Besteuerung dieser kapitalistischen Vereinigung oder der stärkeren Besteuerung der Zensiten ohne Ver⸗ mögen, so, meine ich, müssen wir eher Schonung üben gegenüber diesen Zensiten, die ein eigenes Vermögen nicht haben, als gegenüber diesen leistungsfähigen Gesellschaften.

Und wenn Herr Abg. Dr. Friedberg dann darauf hingewiesen hat, die Besteuetung würde das Aktienkapital verwässern, meine Herren, so lag diese Möglichkeit einer Verwässerung des Aktienkapitals auch jetzt schon vor, ja in stärkerem Maße vor, da bekanntlich 3 ½ % des Aktienkapitals abgezogen wurden. (Zuruf bei den National⸗ liberalen.) Jawohl, so ist es; ich will Ihnen die Rechnung sogleich aufmachen. Es bestand schon gegenwärtig ein erheblicher Anrelz, das Aktienkapital zu erhöhen, um den Multiplikator zu den 3 ¼ % stärker anschwellen zu lassen. Aber auch hier hat sich schon erwiesen, daß diese steuerlichen Momente doch keineswegs entscheidend sind für die Rechtsformen, die gewählt werden, sondern daß da ganz andere Momente entscheidend sind. Meine Herren, ich glaube die Punkte im wesentlichen berührt zu haben. Ich kann mich dahin rekapitulieren:

ängig gemacht hat, so hat er mit diesem schroffen Standpunkt der —— des ganzen Werkes keinen guten Dienst geleistet. Die Erklärung „Vogel friß oder stirb“ ist doch ein bißchen verfrüht, und

dem Landtage ge enüber liegt kein Grund zu solch einem Mißtraäͤuen vor, der bislang stets bewilligt hat, was zum Staatswohl erforderlich

2 enüber den einzelnen Steuerprojekten wäre die Frage be⸗ vn9 nicht auf andere Weise die Staatseinnahmen erhöht, die Ausgaben durch Ersparnisse herabgedrückt werden könnten. Durch eine Vereinfachung und Dezentralisation der Verwaltung könnte an Beamten gespart werden. Die Eingriffe in die Salbstver⸗ waltung seitens der Aufsichtsbehörden erfordert außerordentlich viel Beamte und erregt nur Mißstimmung. Eine andere Frage ist, ob die großen Betriebsverwaltungen in Preußen nicht rentabler gestaltet werden können. Aus den Einnahmen der Domänen⸗, Berz⸗ und Hüttenverwaltung und der Eisenbahnverwaltung 55 Mill. Mark mehr zu erzielen, dürfte keine allju schwere Aufgabe sein. Die Steigerung des Betriebskoeffizienten sehe ich meinerseits für äußerst bedenklich an, weil sie keine vorübergehende, sondern eine dauernde ist, weil sie auf Mehrausgaben beruht. Eine feste Abgrenzung der Ueberschüsse der Eisenbahnverwaltung, welche an die allgemeine Staatsverwaltung abgegeben werden sollen, halte ich für undurchführbar. Es ist noch eine andere Einnahmequelle in Betracht zu ziehen, die Wiedereinführung der 1893 aufgehobenen Bergwerksabgaben. Ebenso, wie es keinem Privatbesitzer einfällt, irgendwelche nicht unter das Bergwerksregal fallende Mineralien kostenlos abzutreten, ebenso ist es vielleicht nicht gerechtfertigt, wenn der Staat diese Schätze ohne Vergütung an die Privatindustrie verleiht. Daß auch eine derartige geringe Abgabe noch keine Verteuerung der Kohlen herbeiführt, geht schon daraus hervor, daß die reichsunmittelbaren Familien, welche die Berghoheit erhalten haben, noch die Bergabgaben erheben, und die Werke trotz dieser Abgabe noch durchaus konkurrenzfähig sind. Die Kosten der . der Elektrizitätswerke, der ch· beschau müssen doch von den Interessenten selbst getragen werden. Legt man eine Abgabe von 2 % für die Bergwerke zu Grunde, so ergibt sich eine Mebreinnahme von 20 Millionen, ein Betrag, der der neuen Gesellschaftssteuer entspricht. Was die einzelnen Sieuern betrifft, so würde die für 1908 beabsichtigte Nachzahlung der Steuer, auf die niemand gerechnet hat, die äußerste Mißstimmung hervorrufen. Ich bin der Ansicht, daß bei der Einkommensteuer das Kinder⸗ privileg noch viel weiter ausgestaltet werden muß. Ibc sebe nicht ein, weshalb man mit dem Privileg bei 5 Kindern aufhört, man muß damit bis auf 10 event. 20 Kinder gehen. Unbillig ist es auch, mit dem Kinderprivileg bei einem Alter von 14 Jahren aufzuhö denn gkrade nach dem 14. Jahre steigen die Kosten erheblich. Au ollte man mit dem Perivileg bis zu einer viel höberen Steuer⸗ sone beraufgehen, bis zu 30⸗, vielleicht bis zu 50 000 ℳ. Zweifellos ist jemand, der 30 000 Einkommen und 10 Kinder hat. schlechter daran als einer, der 15 000 und nur ein Kind hat. Bei einer umfassenden Revision des Einkommensteuergesetzes wird es auch notwendig sein, den § 23 wieder auszumerzen, der die Verpflich⸗ tung der Arbeitgeber statuiert hat, Auskunft zu geben über die bei ihnen beschäftigten Arbeiter. Es wird auch versucht werden müssen, die einzelnen Stufen der Steuerskala kleiner zu gestalten; sie machen jetzt viel zu große Sprünge. Der Spielraum, den man gelassen hat, wird in der Praxis ungerecht, indem die höhere Steuerstufe schon Platz greifen muß, wenn das Einkommen auch nur um ein ganz Geringes über die nächstniedere hinausgeht. Die darin liegende Ungerrchtigkeit steigert sich mit den Kommunal⸗ und Kirchenstenerzuschlägen noch mehr; eine Steigerung von 3 bedeutet bei 200 % Kommunalsteuer schon 9 ℳ, also eine verhältniemäßig sehr starke Steigerung. Man [üte nicht von 900 auf 1050 und mit der Steuer um 3 auf⸗ steigen, sondern um je 50 auf 950, 1000 und 1050 und um 1, 2 und 3 Steuer. Ob die vorgeschlagene Erhöhung des Prozentsatzes bei 10 500 bis 30 500 nicht zu hoch gegriffen ist, wird zu prüfen sein; desgleichen, ob tatsächlich bei 5 % Halt gemacht werden muß, oder nicht doch auch ein höherer Prozentsatz als 5 % bei den Riesenvermögen angezeigt ist. Diese Anhäufung von Riesenvermögen in einer Hand nimmt in ungesunder Weise zu und führt zu ungesunden Verhältnissen. Wird die Steuerskala nach den Regierungsvorschlägen angenommen, so wird auch in den Kommunen eine wesentliche Steuerverschiebung eintreten. Eine erhebliche Erhöhung der Kommunallasten wird die Folge sein in Gemeinden, wo keine höheren Einkommen vor⸗ kommen, aber dann das ausgestaltete Kinderprivilegium seine volle Wirksamkeit ausübt. Weiterhin wird die Veränderung der Skala auch einen wesentlichen Einfluß ausüben auf das Wahlrecht in den Kommunen wie im Landtag; es wird sein plutokratischer Charakter verstärkt werden. Angekündigt ist ja die Wahlreform, „aber wann sie kommt, wissen wir noch lange nicht. Mit der Ver⸗ abschiedung dieser Steuergesetze müßte es sichergestellt werden, daß das bestehende Wahlrecht wenigstens nicht verschiechtert wird. Bei der Vermögenssteuer soll ein Zuschlag von 25 % erhoben werden; wir fordern, daß gleichzeitig § 11 geändert wird, um bessere Garantien für die ri Bewertung des Grund und Bodens zu geben. Der Ertragswert muß in ähnlicher Weise wie beim Erbschaftssteuer⸗ gesetz festgelegt werden. In der Gesellschaftssteuer wird uns eine völlig neue Steuer vorgelegt, die mit außerordentlicher Sorgfalt ge⸗

Wir werden in der Kommission alle Vorschläge, die an uns

üss 2 bis 5,8 % die bis 10 % Ueberschüsse geben, in steigendem Maß von 5, von dem Gewinn abgegeben werden soll. Das, meine ich,

herantreten, eingehend prüfen, wir werder Abänderungtv

ige.

üft werden müßte. Daß man darin eine Doppelbesteuerung er⸗ lüht, kann, wobk keinem Zweifel. Es läßt sich auch nicht