1908 / 288 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Dec 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und t Medizinalangelegenheiten. Dem Oberlehrer an der städtischen höheren Mädchenschule in Stade Wilhelm Müller ist der Charakter als Professor verliehen worden.

Meßtischblätter im Maßstabe 1:25 000.

Auf Grund der Neuaufnahmen sind anschließend an die in der Anzeige vom 24. Juni 1908 verzeichneten Blätter die nachstehenden in Lithographie hergestellt und veröffentlicht worden:

Nr. 107 Bledau, 139 Palmnicken, 8 140 Germau, 144 Schaaken, 181 Fischhausen. 183 Königsberg (West), 226 Pillau, 228 Brandenburg, 231 Löwenhagen 278 Bladiau, 282 Uderwangen 2791 Medebach, 2875 Meuselwitz, 2924 Ludwigseck, 2927 Berka, 2984 Neustadt, 2985 Schrecksbach, 3003 Ronneburg, 3004 Gößhnitz, 3046 Amöneburg, 3050 Breitenbach a. Herzberge, 3066 Berga a. d. E., 3107 Sichertshausen, 3127 Triebes.

Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von R. Eisenschmidt hierselbst, Dorotheenstraße 70 A.

Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1

Die Anweisung für den Dienstgebrauch zu dem ermäßigten reise von 50 für jedes Blatt erfolgt durch die Plankammer der öniglichen Landesaufnahme hierselbst, NW. 40, Moltkestr. 4.

Berlin, den 7. Dezember 1908.

Ksönigliche Landesaufnahme. Kartographische Abteilung.

von Zglinicki, Oberstleutnant und Abteilungschef.

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In der Fünften Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Bekanntmachung, betreffend eine Anleihe der Stadtgemeinde Eisenach, veröffentlicht.

Prenßen. Berlin, 7. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Staats⸗ und Finanzministers Freiherrn von Rheinbaben und des Chefs des Zivilkabinetts von Valentini entgegen.

1“

Der Ausschuß des Bundesrats für 5 ndel hielt heute eine Sitzung. 8

8 8 8

Der Wirkliche Seesne Oberbaurat im Reichseisenbahnamt v. Misani ist nach Nizza zur Teilnahme an der europäis Fahrplankonferenz abgereist. 88 6““

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ am 4. Dezember in Alexandrien eingetroffen und geht am 14. Dezember von dort nach Venedig in See.

S. M. S. „Bremen“ ist am 4. Dezember in Buenos Aires eingetroffen und geht am 14. Dezember von dort nach Desterro (Süögraftien, in See.

S. M. S. „Panther“ ist vorgestern von Duala (Kamerun) nach Libreville (Französisch⸗Congo) in See ge⸗ gangen.

S. M. Flußkbt. „Vaterland“ geht heute von Foochow nach Tschungking (Yangtse) ab.

S. M „Leipzig“ geht heute von Schanghai nach

Tsingtau in See.

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SOesterreich⸗Ungarn.

Der König und die Königin von Schweden sind in Begleitung des schwedischen Ministers des Aeußern von Trolle vorgestern vormittag von Baden⸗Baden in Wien eingetroffen und, „W. T. B.“ zufolge, auf dem Bahnhofe vom Kaiser Franz Joseph⸗ den in Wien anwesenden Erzherzögen und der

rzherzogin Maria Annunciata empfangen worden. Nach der Begrüßung fuhren die Majestäten unter den Huldigungs⸗ kundgebungen der zahlreich versammelten Menge nach der Hof⸗ burg. Abends fand dort zu Ehren des schwedischen Königs⸗ paares eine Galatafel statt, bei der der Kaiser seine hohen Gäste in einem Trinkspruch begrüßte.

Der Kaiser sprach seinen tiefgefühlten Dank für die Glückwünsche anläßlich seines Jubiläums aus und sagte, er verleihe dem König die Inhabe schaft des 10. Infanterieregiments, dessen Chef des Königs Vater gewesen war, von dem Wunsche geleitet, zu ihm dieselben Be⸗ ziehungen herzlicher Freundschaft zu unterhalten. Er betrachte die Anwesenbheit der Majestäten als eine besonders gute Vorbedeutung für die Entwicklung der vortrefflichen Beziehungen zwischen beiden

Ländern. Der König von Schweden dankte für den herzlichen

Empfang und sagte:

Er sei nach Wien gekommen, um dem Kaiser innige Dankbarkeit und tiefe Verehrung zu bezeugen und ihn zu bitten, die seinem Vater erwiesene Freundschaft auch ihm zu gewähren. Der König schloß hieran Segenswünsche zum Regierungsjubiläum des Kaisers, dankte für die Verleihung des Regiments und drückte die Hoffnung aus,

daß die bestehenden guten Beziehungen sich befestigen und entwickeln

möchten. Gestern vormittag sind der König und die Königin von Schweden, vom Kaiser nach dem Bahnhof geleitet, abgereist.

Mit Rücksicht auf die in der ausländischen Presse stets wiederkehrenden Gerüchte von einer Mobilisierung stellt das Wiener „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ fol⸗ gendes fest:

Im verflossenen Monat erhielt die Kriegsverwaltung die Aller⸗ höchste Ermächti zung, in Anwendung des Gesetzes vom Jahre 1888 jenen Teil der Reservisten und Ersatzreservisten heranzuziehen, der für die dringlich gewordene Erhöhung des Friedensstandes der in

Bosnien, in der Herzegowina und in Süddalmatien stehenden Truppen be⸗ nötigt wird. Die Kriegsverwaltung, die bestrebt ist, die Lebens⸗ interessen der Bevölkerung tunlichst zu schonen, hat sich schon seinerzeit entschlossen, nur die bereits im aktiven Dienst stehende Mannschaft dieser Kategorien zu diesem Zwecke heranzuziehen, d. h. nur den zur Zeit im dritten Präsenzjahre stehenden Jahrgang und den jüngsten Jahrgang der Ersatzreserve, der soeben seine achtwöchentliche Ausbildung beendete, bei den Fahnen zurückzubehalten und keine im Zivilverhältnis stehenden Reservisten oder Ersatzreservisten eigens einzuberufen. Die Gründe für die Erhöhung des Friedensstandes sind hinlänglich bekannt. Der aufreibende und im angebrochenen Winter noch anstrengender werdende Sicherungsdienst an den Grenzen im Südosten der Monarchie ließ eine Erhöhung des dortigen Truppenbestandes unerläßlich erscheinen. Nachdem jedoch wie bereits angeführt, nur die Zuruückbehaltung eines Teils der Reservisten und Ersatzreservisten beschlossen worden war, reicht diese Ziffer nicht völlig hin, damit die ganze angestrebte Erhöhung erreicht werde. Infolge dessen wird jetzt in Durchführung der seinerzeit angekündigten Er⸗ höhung des Truppenbestandes gleichzeitig mit den nach dem Südosten abgehenden Transporten der Ersatzreservisten und den der im Innern der Monarchie ausgebildeten Rekruten die Sicherheits“ besatzung um einige Batatllone und Gebirgsbatterien verstärkt werden. Diese Maßregel wird a vielleicht in nächster Zeit eine zeitweilige Umgliederung der höheren Verbände im Bereiche des 15. Korps mit sich bringen, womit dann alle jene militärischen Vorkehrungen beendet sein dürften, die getroffen werden mußten, da⸗ mit die Sicherheit der neu angegliederten Länder gewährleistet ist. Aus dem Gesagten geht hervor, daß von einer Mobilisierung absolut keine Rede sein kann, da zu einer solchen eine Einberufung von Reservisten nötig wäre. Tatsächlich aber ist kein einziger Reservist einberufen worden. Ebenso erscheint die in mehreren Blättern des Auslandes verbreitete Nachricht, Oesterreich⸗Ungarn werfe ganze Korps an die Grenze, endgültig widerlegt.

In der vorgestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses begannen die ITschechisch⸗Radikalen als Protest gegen die am Schlusse der Freitagsitzung von dem Präsidenten Dr. Weiskirchner abgegebene Erklärung, die sich auf die Rathauskundgebung gegen den Abg. Klofac bezog, als ersterer den Sitzungssaal betrat, wieder durch Pfeifen zu demonstrieren und setzten diese Demonstration während der Bekanntgabe des Einlaufes fort. Das Haus trat alsdann in die . der atung ein.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ warf der Abg. Dr. Kramarcz in Besprechung der letzten Vorgänge den Deutschen Illoyalität vor, die sie namentlich durch die unbegründete Obstruktion im böhmischen Landtage begangen hätten. Der Redner wandte sich gegen die Ver⸗ hängung des Standrechts, die nicht notwendig gewesen wäre, wenn der Bummel, gegen den sonst nichts einzuwenden sei, der aber in Prag eine absichtliche Provokation der deutsch⸗ böhmischen Desperados sei, verboten worden wäre. Kramarcz erklärte, er sei gegen jedwede Exzesse, aber nach den fortdauernden Herausforde⸗ rungen der Deutschen in Prag könne es nicht wunder nehmen, wenn auch die ruhigsten Elemente aufgeregt würden. Nicht genug an den deutschen Studenten, seien auch Reichsdeutsche zum Sukkurs heran⸗ gezogen worden. Was würde in Preußen geschehen, fragte der Redner, wenn die Tschechen zu den Polen nach Preußen gehen würden? Man würde wenigstens sofort sehen. wen die Preußen als lästigen Ausländer betrachteten; keinesfalls dürften die Tschechen in Deutschland bleiben. Er würde es für das größte Verbrechen gegen die tschechische Politik, gegen die Grundsaͤtze seiner Partei halten, wenn die Deutschen aus Prag vertrieben würden. Die Deutschen sollten sich in Prag national betätigen, ebenso wie die Tschechen dort, wo sie in der Minorität seien. Aber sie dürften nicht den deutschen Charakter der böhmischen Stadt Prag unterstreichen, sie müßten Rücksicht nehmen auf die Majorität, wie dies die Tschechen auch in Wien täten. Der Redner erklärte schließlich, daß die Tschechez zu einer Koalition bereit seien, da sie als logische Folge des allgemeißen Wahlrechts eine parlamentarische Re⸗ gierung betrachten. Eine Kalition sei aber ohae Konzessionen nicht möglich. Die Tschechen seien dazu bereit, aber er glaube im Namen aller Tschechen zu sprechen, wenn er sage: Unser gutes Recht, das historische Recht unserer Sprache, die Einigkeit unseres Königreichs opfern wir keiner Koalition.“ 8

Die Fortsetzung der Verhandlung findet am nächsten Mittwoch statt.

Zum Schluß der Sitzung brachten die Slovenen eine Interpellation ein, betreffend die Einmischung der Regierung in die italienische Hoch⸗

ulfrage.

Unter Hinweis auf die Erklärungen des italienischen Ministers des Aeußern Tittoni bezüglich des jüngsten Konfliktes an der Wiener Universität sowie unter Hinweis auf die Nachrichten, wonach die Regierung wirklich die Absicht hegen soll, dem Verlangen der italienischen Regierung mit Rücksicht auf die Möglichkeit inter⸗ nationaler Verwicklungen Rechnung zu tragen und Triest als Sitz für eine zu errichtende Hochschule zu wählen, fragen die Inter⸗ pellanten, ob die italienische Regierung tatsächlich zu Gunsten der Errichtung einer italtenischen Hochschule interveniert, ob die öster⸗ reichische Regierung gegenüber dieser Intervention Entgegenkommen bewiesen habe, und wie die Regierung, falls sich dies bewahrheiten sollte, dies mit der gegenüber allen Einflüssen zu wahrenden Unab⸗ hänghigkeit der Regierung sowie mit der Großmachtstellung der Monarchie in Einklang bringen könne.

Gestern vormittag fand in Wien eine deutsch⸗ nationale Versammlung gegen die Vorfälle in Prag statt. Nach der Versammlung kam es, obiger Quelle zufolge, zwischen Versammlungsteilnehmern, die nach der Universität ogen, und der einschreitenden Wache wiederholt zu Zusammen⸗ sisen, bei denen 27 Personen verhaftet wurden.

Im ungarischen Abgeordnetenhause beant⸗ wortete der Ministerpräsident Dr. Wekerle die Inter⸗ pellation des Abg. Nemes bezüglich eines Gerüchts von dem Zusammenstoß einer serbischen Bande mit einer Abteilung des 34. Infanterieregiments. Der Minister⸗ präsident erklärte, laut Meldung des „W. T. B.“:

Das Gerücht sei absolut unwahr. Diese Ausstreuungen von Mobilisierungen und Zasammenstößen seien bloß darauf berechnet, Oesterreich⸗Ungarns

der Ersatzreserve des XV. Armeekorps einzuberufen und die im

dritten Jahr dienende Mannschaft des IV. Korps zurückzubehalten Reichsjustizamts Dr.

Reichspostamts Kraetke, der Staatssekretär des Reichskolonial⸗ amts Dernburg und der Staatssekretär des Auswärtigen

und ferner zur Erleichterung des aufreibenden Garnison⸗ dienstes einige Bataillone und Gebirgsbatterien nach Bosnien zu beordern. Der Ministerpräsident versicherte, daß er die öffentliche

Meinung über alle im Interesse der Sicherheit des Landes getroffenen

Maßregeln stets unterrichten werde, und bat, den systematischen Aus⸗ streuungen keinen Glauben zu schenken.

Die Antwort des Ministerpräsidenten wurde vom Hause zur Kenntnis genommen. 1

Großbritannien und Irland. 8

Bei einer vorgestern in der Albert Hall in London ab:

ehaltenen Versammlung des Liberalen Frauenbundes hielt er Schatzkanzler Lloyd George eine Rede, in der er, „W. T. B.“ zufolge, versprach, daß in die Wahlreformvorlage der Regierung eine das Frauenstimmrecht betreffende Be⸗ stimmung aufgenommen werden solle. Wenn das Oberhaus diese Bestimmung ablehne, so werde das einen der Programm⸗ ve der Regierung bei einem etwaigen Appell an das Land ilden

ituation in ungünstigem Lichte darzustellen. Die Kriegsverwaltung habe sich darauf beschränkt, nur drei Jahrgänge

Rußland.

Der Budge tausschuß der Duma hat, laut Meldung des „W. T. B.“, in der vorgestrigen Sitzung nach einer vom ““ abgegebenen Erklärung beschlossen, diesem

reditoperationen bis zum Betrage von 450 Millionen Rubel zur Tilgung der fünsprozentigen Schatzscheine und zur Deckung des Fehlbetrages für außerordentliche Ausgaben im Jahre 1909 zu bewilligen. 86

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Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht einen telegraphischen Bericht des Gouverneurs von Italienisch⸗Somali land aus Mogadiscio an den Minister des Aeußern Tittoni wonach eine Abteilung Derwische, die über mehr als zwei tausend Lanzen und 34 Gewehre verfügte, am 22. November das Dorf Bullalo angegriffen hat, jedoch von den italienischen Truppen und einer Schar eingeborener urückaetrieben und zerstreut worden ist. Die Truppen hatten keine Verluste, die Gheledis verloren bei der Verfolgung einen Toten und einen Verwundeten. Die Verluste der Derwische betrugen 48 Mann und viele Verwundete. Die Trupen haben sich am 23. v. M. nach Afgoi begeben, wo sie von den Gheledis mit Begeisterung begrüßt wurden. In der Kolonie herrscht Ruhe

*

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Spanien.

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vorgestern das Budget des Ministeriums des Aeußern angenommen und mit der Beratung des Justizbudgets be⸗ gonnen.

Niederlande. 8

Der Anwesenheit von Kriegsschiffen in der karai⸗ bischen See an der Küste von Venezuela ist, nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“, keine andere Bedeutung beizumessen, als die einer Kreuz⸗ oder Uebungsfahrt während eines Aufenthalts in den westindischen Gewässern. Die Fahrt ver⸗ dient durchaus nicht Blockade genannt zu werden, die übrigens vor ihrer Anwendung von den Niederlanden den Mächten hätte mitgeteilt werden müssen, was bisher nicht ge⸗ schehen ist. Eine derartige Maßregel hätte ferner auch dem niederländischen Parlament bekannt gegeben werden müssen, da sie sich als K iegsakt darstellt.

8 Nach einer Meldung des F Telegraphen⸗Korrespondenz⸗

Bureaus“ sind bisher 220 Deputierte gewählt worden, von denen 150 Mohammedaner, 33 Christen und 2 Ifraeliten sind. Wie die „Jeni Gazetta“ ankündigt, werde der Sultan am 14. d. M. der Eröffnung des Parlaments bei⸗ wohnen und jeden dritten oder vierten Tag in der Sitzung anwesend sein.

Die etwa 500 im Jahre 1899 errichteten Ilave oder Ersatzbataillone, deren Formation nicht beendet worden ist, sind Sefeels worden. Die verfügbaren Mannschaften werden für die Nizams und die Redifs verwendet.

Das Bovykottkomitee in Konstantinopel droht, der „Frankfurter Zeitung“ zufolge, mit Ausdehnung des Boykotts auf deutsche Waren, falls österreichisch⸗ ungarische Fabrikate unter anderer Flagge über Bremen oder

Hamburg gehen sollten, um dann auf deutschen Schiffslinien

nach Konstantinopel zu gelangen. W“ 8

Amerika.

Der amerikanische Staatssekretär Root hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, vorgestern einen Schieds⸗ gerichtsvertrag mit Peru, den ersten mit einem süd⸗ amerikanischen Staate, unterzeichnet.

Wie das „W. T. B.“ aus Port au Prince meldet, ist der General Simon mit einem Heer von 8000 Re⸗ lutionären unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung in die Stadt eingezogen. Eine Abteilung des öffentlichen Sicher⸗ heitskomitees entbot ihm offijiel den Willkommengruß des Volkes und übergab ihm den Regierungspalast. Der General Simon begab sich hierauf in den Dom, wo ein feierliches Tedeum abgehalten wurde, und hielt alsdann unter Glocken⸗ gelüag. und Zurufen der Bevölkerung einen Umzug in er Stadt.

Der ehemalige Präsident Nord Alexis hat sich an Bord des Dampfers „Sarnia“ nach Kingston (Jamaika) begeben

ett wohnte vorgestern

g der Sitzung des Gesetzgebenden Körpers bei, in der der Ministerpräsident Butros Pascha, nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung eines Londoner Blattes, ankündigte, daß die Regierung beabsichtige, künftig an den Sitzungen teilzunehmen und sich an den Beratungen über Vorlagen, die dem Gesetz⸗ gebenden Körper unterbreitet würden, zu beteiligen.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstags

befindet sich in der Zweiten und Dritten Beilage.

Der heutigen (178.) Sitzung des Reichstags wohnte der Reichskanzler Fürst von Bülom, der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Tirpitz, der Staats⸗ sekretär des v Sydow, der Staatssekretär des

ieberding, der Staatssekretär des

Amts von Schoen bei. 8 Zur ersten Beratung standen zunächst die Ueberein⸗

kommen zwischen dem Deutschen Reich und Oester⸗

reich und zwischen dem Deutschen Reich und Ungarn vom 17. November, betreffend den gegenseitigen gewerb⸗ lichen Rechtsschutz.

Nach einer kurzen befürwortenden Bemerkung des Abg. Junck (nl.) wurde sofort in die zweite Lesung eingetreten; S8 Uebereinkommen wurden im einzelnen ohne Debatte ge⸗ nehmigt.

Darauf setzte das Haus die Generaldiskussion des Reichs⸗ haushaltsetats für 1909 und des Entwurfs eines Besoldungsgesetzes fort.

Abg. Graf Kanitz (dkons.): Man könnte sich darüber wundern, daß das Interesse an der Etatsdebatte diesmal innerhalb und

außerhalb des Hauses geringer ist als sonst. D

Der Senat hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“,

sprach Herr Richard

im Lande hat nur das dunkle Gefühl, daß reue erhebliche An⸗ forderungen an seinen Geldbeutel gestellt werden. Wie dies im einzelnen geschieht, kann ihm ziemlich gleichgültig sein. Wir fordern und erwarten daß mit der größten Entschiedenheit die uns vom Bundesratstische versprochene größere Sparsamkeit endlich in die Tat umgesetzt wird. Schon vor zwei Jahren bei der soge⸗ nannten kleinen Finanzreform wurde uns die größte Sparsamkeit in Aussicht gestellt, und ich habe mir damals erlaubt, die Er⸗ füllung dieses Versprechens in Zweifel zu ziehen; ich machte geltend, daß die Bewilligung neuer Steuern vielleicht nur ein Anreiz dafür sein würde, unsere Ausgaben weiter zu vermehren. Damals handelte es sich nur um 220 Millionen neuer Steuern, heute handelt es sich um einen Mehrbedarf von 500 Millionen. Da muß auch dem geduldigsten Steuerzahler schließlich die Galle überlaufen. Ich will gern zugeben, daß der vorliegende Etat das Bestreben zeigt, in den Ausgaben mehr als bisher maßzuhalten. Die Mehrausgaben betragen gegen den vorjährigen Etat nur 80 Millionen, die Anleihe mit 203 Millionen zeigt ein Minus gegen das Vorjahr, dagegen übersteigen die Matrikularbeiträge die Ueber⸗ weisungen sehr erheblich. 1888 wurden 266 Millionen überwiesen, die Matrikularbeiträge stellten sich auf 219 Millionen, sodaß für die Einzelstaaten ein Ueberschuß von 47 Millionen verblieb. Jetzt übersteigen die Matrikularbeiträge die Ueberweisungen um mehr als 200 Millionen. Die Matrikularbeiträge waren bisher nur für die kleineren Bundesstaaten drückend; von dem größten Bundesstaat Preußen wurden diese hohen Matrikularbeiträge nicht so drückend empfunden, weil die Finanzlage bei den hohen Eisenbahnüberschüssen günstiager war, aber jetzt empfindet auch Preußen die Höhe der Matrikularbeiträge ganz außerordentlich drückend, weil die Eisenbahnüberschüsse sehr erheblich zurückgegangen sind. Ich kann deshalb nur bedauern, daß die Matrikular⸗ beiträge in solcher Höhe in den Etat eingesetzt worden sind. Die Sparsamkeit macht sich hauptsächlich im Militäretat geltend. Allerdings sind die fortdauernden Ausgaben um 5,6 Millionen höher angesetzt. aber bei den einmaligen Ausgaben zeigt sich im ordent⸗ lichen Etat eine Minderausgabe von 28 ½ Millionen, im außer⸗ ordentlichen Etat von 14,9 Millionen. Es sind vielleicht einige unnötige Steigerungen vorhanden. So betragen die Ausgaben beim preußischen Heereskontingent für Reisegebühren und Umzugskosten 6,4 Millionen, das heißt 440 000 mehr als im Vorjahr. Diese Steigerung ist unnötig, denn ich glaube zu wissen, daß daraus auch Zahlungen erfolgen, die nicht diesen Zweck haben. Für Vorspann und Transportkosten sind 6 ½ Millionen angesetzt, das ist eine Steigerung um 920 000 ℳ. Diese beiden Titel erfordern zusammen 12,9 Millionen Mark. 1892 waren es nur 4 Millionen, das ist ein Sprung von mehr als dem Dreifachen, obwohl inzwischen drei neue Armeekorps bewilligt sind. Ist diese neue Steigerung gerechtfertigt? Anders stellt sich die Sparsamkeit im Marine⸗ etat. Für die Marine werden insgesamt jetzt 411 Millionen gefordert; das ist eine Steigerung gegen die Kosten der Marine vor 20 Jahren auf mehr als das Achtfache. Die Marine Frankreichs erfordert nur 249 Millionen Mark, die Englands allerdings 690 Millionen Mark. Bei aller Sympathie für die Flotte ist mir doch zweifelhaft, ob diese riesige Ausgabe für Marinezwecke im richtigen Verhältnis zur Steuerkraft und Leistungsfähigkeit des Landes steht. Könnten wir die Sicherheit unseres Landes lediglich unserer Flotte anvertrauen, wie England, dann stände es anders. Aber wenn wir neben dem größten aller stehenden Heere auch noch die zweitgrößte Flotte der Welt unterhalten sollen, dann kann ich mich der Besorgnis nicht erwehren, daß das schließlich über die Kräfte des Landes hinausgeht. Ich wünschte dringend, daß man auch bei der Marine die möglichste Sparsamkeit walten ließe und daß die Budget⸗ kommission noch einige Abstriche machen möge.

(Schluß des Blattes.)

8PI1I1II . .“

Bei der Ersatzwahl eines Mitglieds des Hauses der Abgeordneten, die am 5. d. M. in den Kreisen Ragnit Eund Pillkallen, Regierungsbezirk Gumbinnen, stattfand, wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, der Gutsbesitzer Ewald Hofer in Schmilgen (kons.) mit 238 von 302 Stimmen ge⸗ wählt. 57 Stimmen fielen auf den Rittergutsbesitzer Schmalz in Kussen (kons.).

A. F. In der letzten Fachsitzung der Gesellschaft für Erdkunde abbert auf Grund eigener Anschauungen und Erfahrungen während eines 12 jährigen Aufenthalts im Lande, über die wirtschaftsgeographischen und ethnographischen Verhältnisse in Natal. Seit 1843 erst ist Natal englische Kolonie, nachdem die erste Besiedelung 1836 erfolgt war. Bis 1651. war das Land noch von keinem Europäer betreten worden. Daß es so lange herrenlos blieb, spricht nicht zu Gunsten seiner Anziehungs⸗ kraft für Einwanderer. In Wahrheit ist die 1897 und nach dem Burenkriege noch 1903 durch Gebietsabtretungen auf ein Areal so groß wie Bayern und Württember zusammen erweiterte Kolonie weder durch Bodenreichtum, noch dur

seine Küstenentwicklung besonders ausgezeichnet. Auf einer 600 km. langen Küste besitzt es nur 6 Häfen, deren bedeutendster Durban, zu⸗ gleich die Landeshauptstadt, erst mit großen Kosten brauchbar gemacht werden konnte. Er besteht in einer geräumigen Bucht, die bis auf eine schmale Einfahrt durch eine sandige Halbinsel abgeschlossen ist. In die Bucht ergießen sich mehrere kleine Flüsse, deren Mündungen starker Versandung ausgesetzt sind, ebensowohl durch von den Sie mitgeführten, als durch das Meer S Sand. as hat für das Land in der Nähe des eeres häufige Ueber⸗ schwemmungen und für den Hafen die Notwendigkeit unausgesetzten Baggerns zur Folge. Dessenungeachtet ist die Barre nur mit der Flut passierbar, bei Ebbe liegen große Teile der Bucht trocken. Durch zwei weit ins Meer hinaus gebaute Molen hoffte man auch den Ebbestrom entsprechend weit hinaus zu lenken. Der Erfolg hat dieser Voraussicht nicht recht gegeben, sodaß zur Verhütung be⸗ drohlicher Versandung das Mittel des Baggerns allein übrig bleibt. Während 1891 die Fluthöhe über der Barre 10,9 m war, ist sie bis 1901 auf 19,2 m gesteigert worden, sodaß jetzt die Schiffe dicht am Strande landen und mittels Kränen be⸗ und ent⸗ laden werden können, und zwar direkt von und nach den Eisenbahnwegen. Die Stadt Durban ist eine der schönsten Städte Afrikas. Sie liegt am Steilabfall eines dicht bewaldeten Höhenzuges, an dessen Abhang, oberhalb der am Hafen liegenden Ge⸗ schäftsstadt, hübsche Villen und reizende Gärten angelegt sind, von denen aus man einen zauberhaften Blick seewärts und landeinwärts auf das Bergland genießt. Durban hat etwa 60 000 Einwohner, darunter 1200 Europäer und 20 000 Inder, besitzt gutes Trinkwasser, ist gut kanalisiert, aber in seinen Verkehrsmitteln wesentlich auf von Kaffern gezogene kleine Wagen angewiesen. Der Bahnbau ins Innere des Landes hat große Schwierigkeiten bereitet. Der Vortragende ließ, seine Schilderungen durch viele Lichtbilder veranschaulichend, die Hörer eine Fahrt auf dieser in zahlreichen Kurven aufwärts klimmenden Bahn machen. Ueber drei Terrassen, deren unterste noch tropische Gewächse trägt, gelangt man in etwa 1700 m Meereshöhe, landschaftlich schöne Gegenden, Wasserfälle, später baumloses, spärlich angebautes Hügelland kreuzend, vorüber an einem der Schlachtfelder aus dem letzten Burenkriege, auf das Plateau und gewahrt zugleich, daß dessen an sich bedeutende Erhebung wieder überhöht ist durch in weiter Ferne in Nebel und Wolken sich teigendes, keilweise mit Schnee bedecktes Hochgebirge, die Drachenberge. Die Bahn nähert sich dann in der Richtung auf Johannesburg dem Gebirge, das nun erst in seiner Eigenart erkannt wird, nämlich als der zerklüftete

Rand der großen zentralen Hochebene Südafrikas. Natal besaß nach der Prhlae⸗ von 1906 an Einwohnern 94000 Weiße, 112 000 Inder und 946 000 Kaffern, auf das Quadratkilometer somit 12 Menschen. Unter den Weißen sind nächst den Engländern die Deutschen am stärksten vertreten. Unsere Landsleute haben sich um den Anbau des Landes wohlverdient gemacht, wenn auch nicht immer mit eigenem Erfolge, wie in dem mißglückten Versuche der Ein⸗ führung von Baumwollkultur. Manche haben es zu Wohlstand ge⸗ bracht; aber im allgemeinen geht trotz treuen Zusammenhaltens der Volkegenossen das Deutschtum zurück. Der Fleiß und die Intelligenz unserer Landsleute, die u. a. auch Obst.⸗ und Weinbau eingeführt haben, findet leider keine Unterstützung durch die 90 % aller Einwohner ausmachenden Eingeborenen, die, arbeitsunwillig, bei völligem Nacktgehen auch ziemlich bedürfnislos, ein paradiesisches Leben jeder Beschäftigung vorziehen und ganz außer⸗ stande sind, sich fester Arbeitsordnung und bestimmten Verpflichtungen zu unterwerfen. Unter diesen Umständen ist gar nichts übrig ge⸗ blieben, als indische Kulis ins Land zu ziehen, die sich als Arbeiter gut bewährt haben, auch ihren Kontrakt redlich halten und bei 10 bis 15 monallich und freier Be⸗ köstigung lange nicht soviel kosten als europäische Arbeiter. Allein die Anwerbung von Indern hat seine sehr bedenklichen Seiten. Da es nach Ablauf der Kontrakte den Indern freisteht, im Lande zu bleiben, wovon sie meist Gebrauch machen, zieht man sich an ihnen auf allen Gebieten sehr unangenehme Konkurrenten heran, gegen die schwer aufzukommen ist. Es ist versucht worden, ihnen das Empor⸗ kommen durch hohe Besteuerung zu erschweren. Vergeblich! Im Westen des Landes geht unter dem Druck der indischen Konkurrenz die weiße Bevölkerung schnell zurück. Für die wichtigste Aufgabe des Landes aber, die Förderung des Anbaues, die Seßhaftigkeit zur Vorbedingung hat, sind die Inder am wenigsten tauglich. Das ist um so bedauerlicher, als sehr berechtigte Hoffnungen auf Obst⸗ und Weinbau, ferner auf den Anbau von Mais, Hirse, Hafer, Gerste, Kartoffeln und selbst von Weizen gesetzt werden dürfen, und zur Zeit kaum mehr als 160 der anbau⸗ fähigen Fläche wirklich angebaut ist. Nicht unbedeutend ist auch die Produktion an Zucker, die 1906 31 000 Tonnen betrug. Die Fabriken sind mit den besten Einrichtungen versehen und florieren trotz der Konkurrenz von Mauritius. Kaffee hat man wieder aufgegeben, da⸗ gegen beansprucht die Teeckultur ½ % der Anbaufläche. Tabak gedeiht üͤberall, doch ist seine Qualität nicht hervorragend. Die Viehzucht leidet in ihrer Entwicklung unter der Trägheit und Unzuverlässigkeit des Eingeborenen; nur im Oberlande sind Pferdezüchtereien von einiger Bedeutung. Unter diesen Umständen ist der Bestand an Rindvieh zusehends geringer geworden, nur die Zucht von Schafen und Angoraziegen bewegt ich in aufsteigender Richtung. Hieran anknüpfend hat sich etwas Wollen⸗ ndustrie, Spinnerei und Weberei, hinzugefunden. Im allgemeinen aber muß gesagt werden, daß die Verhältnisse für Hebung ihrer Prosperität in der Kolonie Natal zur Zeit aus den angegebenen und angedeuteten Ursachen recht ungünstig liegen. Selbst der Hafen von Durban leidet in seiner Schiffsfrequenz je länger desto mehr unter der Konkurrenz der Delagoa⸗Bucht, die selbst von England her stark bevorzugt wird, obgleich sie portugiesischer Besitz ist. Zum Schluß berichtete der Vortragende noch über Eigentümlichkeiten der Ein⸗ geborenen, die ethnologisch in ihrem gänzlichen Verschmähen von Be⸗ kleidung, obwohl das Klima wechselad und zuwellen sogar kalt ist, eine seltene Erscheinung bilden. Dabei bemalen oder tätowieren sie ihre Körper nicht, verunzieren sich auch sonst nicht gleich anderen Naturvölkern, ja der Haarring, den die Männer anlegen, und der turmartige Aufbau des Haares, den die jungen Mädchen bevorzugen, kleidet sie gar nicht übel. Ihre Sittlichkeit steht auf einer niedrigen Stufe; doch ist die Verheiratung an gewisse Formalitäten geknüpft. Denn wer ein Mädchen zur Ehe begehrt, muß sie ihrem Vater abkaufen, zumeist mit Vieb, und die Frauen rühmen sich dann, daß sie so und soviel Stück Vieh wert ewesen sind. Zwischen Eltern und Kindern besteht ein gutes Ver⸗ ältnis, dem Alter wird Achtung gezollt. Es gibt eingeborene Aerzte, die im Stil von Dr. Eisenbart kurieren. Den Tabak lieben die wohl in der Form als Schnupftabak, wovon sie große Mengen beständig und unter wenig schönen Angewohnheiten in ihre Nasen aufnehmen; aber zum Rauchen ziehen sie den Hanf vor.

Die allgemeine Sitzung vom 5. Dezember unter dem Vorsitz von Geheimrat Hellmann brachte als ersten Punkt der Tagesordnung die Wahl des aus 15 Mitgliedern bestehenden Beirats für das Jahr 1909 und die Neuwahl zweier Kuratoren der Bibliothek der Gesellschaft an Stelle zweier Herren, die jahrelang dieses Amtes gewaltet haben, des verstorbenen Geheimrats Lissauer und des Geheimrats Meitzen, dessen hohes Alter von 86 Jahren ihm die Uebernahme des Amts nicht mehr erlaubt. Auch der seit letzter Sitzung verstorbenen Mit⸗

lieder hatte der ö1 in ehrenden Nachrufen zu gedenken, des

reiherrn Wilh. von Landau, des Generals von Strubberg, der bis in die letzte set Mitglied des Beirats der Gesellschaft war, und des Anthropologen Ami, der erst in späteren Jahren durch seine ausgezeichneten Leistungen in Geographie und Kartographie hervorgetreten ist, zuletzt durch Bevorzugung der biogra⸗ phischen Elemente der Geographie in Würdigungen der Reisen von Humboldt und Arago. Noch machte der Vorsitzende Mitteilung davon, daß das Komitee, welches 1899 für den damaligen Inter⸗ nationalen geog aphischen Kongreß eingesetzt worden war, einen Be⸗ stand von 7200 ℳ, der bisher reserviert geblieben, für den Fall der nächste Kongreß eines Kostenzuschusses bedürfen würde, jetzt, nachdem anläßlich des im August in Genf abgehaltenen Kongresses dieser Fall nicht eingetreten, der Gesellschaft für Erdkunde zu beliebiger Ver⸗ wendung überwiesen hat.

Den einzigen Vortrag des Abends hielt Herr William Morris Davis, Professor an der Harvard⸗Universität in Cambridge, Massa⸗ chusetts, über den Colorado⸗Canon. Das vielgenannte Natur⸗ wunder ist seit 1857 erst bekannt und 10 Jahre darauf erst geologisch studiert worden; aber noch ist die Untersuchung keineswegs abgeschlossen und die Art der Entstehung einer Felsen⸗ schlucht von 1000 m mittlerer Tiefe und 1500 2000 m Breite beinahe im flachen Lande wird noch viele Beobachter und Forscher beschäftigen. Denn „beinahe im flachen Lande“ darf man wohl von der Umgebung dieser Felsenschlucht sagen, da erst in 8 bis 20 km von seinen Steilrändern sich das Terrain wieder auf etwa 300 m erhebt. Die Frage ist: Wurde diese gewaltige Schlucht allein durch den Strom, der in ihrer Tiefe jetzt ziemlich träge seinem Ziel zufließt, im Wege der Erosion gebildet oder welche anderen Ursachen und Kräfte haben hierbei mitgewfrkt? Der Vortragende erläuterte aufs eingehendste das Für und Wider der Ansichten und begleitete seine Darlegungen stets durch besonders anschauliche und beweisende photographische Aufnahmen von einzelnen Stellen des Canon und durch kolorierte Bilder der Schichtenfolgen. Gewiß, so lautete seine Meinung, hat Erosion als erste und als eneerfase in unendlich langen Zeiträumen an der Entstehung des

anon mitgewirkt. Ist diese Ursache im Casion des Hauptstromes minder deutlich hervortretend, um so klarer in den Casions mehrerer Nebenflüsse und an den Gesteinsbrocken, die sie, seest stärker als der Hauptstrom schiebend, an ihrer Wenda in diesen getürmt haben. Aber Erosion war nicht die einzige Entstehungsursache! Dafür sprechen an den geologischen Durchschnitten, die an den Wänden der Schlucht wie in einem aufgeschlagenen Buch zu studieren sind, die häufigen Schichtenverwerfungen, die am treffendsten „Keilschichten“ genannten, im Winkel von 20 ° von der Horizontalen abweichenden, keilförmig zwischen horizontalen eingeklemmten Schichten. Zu ihrer Erklärung nimmt Professor Davis folgende Entstehungsgeschichte des Canons an: Da seine tiefsten Schichten Urgebirge sind, hinabsteigend

bis in die allerältesten Bildungen der Erdrinde, so wirkte hier in

sehr langen Zeiten Erosion eines Wgsserlaufes genau so, wie im Granit der Alpen die am Grunde der Klamm fließenden Gewässer sich in den Fels eingefressen haben. Dann aber kam eine langanhaltende Periode der Ueberflutung.

im Kreidemeer, im Jurameer ꝛc. bis in die Tertiärzeit hinein auf dem Meeresgrund ansammelten und unter darüberlagernden Schichten zu Stein wurden. Vielleicht tauchte

Das vorherige Festland wurde Meeresboden und nahm nun alle die Niederschläge auf, die sich

dem Druck der

inzwischen dieser Meeresboden ein, vielleicht mehrere Male aus dem Meere auf und war wieder für lange Zeit Fest⸗ land. Sehr wahrscheinlich wirkten dann anch Faltungs⸗ und Ver⸗ werfungsvorgänge auf die horizontalen Schichten und störten sie in ihrer horizontalen Lagerung. In jedem Falle aber gab es in solchen Zeiten auch wieder strömende Wässer an der Erdoberfläͤche, welche die tiefsten Stellen suchten und fanden, um zum Meere abzu⸗ fließen. Daß sie hierbei auf die im Urgestein schon vorhandene Erosionsrinne stießen, erklärt sich dadurch, daß diese Rinne sich auf der neugeschaffenen Erdoberfläche als eine Einsenkung markieren mußte; denn die gleichmäßig am Meer zu Boden sinkenden Kreide⸗’, Sand⸗ und Kalk⸗Niederschläge nivellierten Hebungen oder Senkungen des Grundes doch nur bis zu einem gewissen Grade und ließen eine tiefe Schlucht, wenn auch wahrschein⸗ lich verflacht, doch immer als solche bestehen. So mochte es kommen, daß die Wässer wieder den Weg der alten Erosionsschlucht nahmen und die nur unterbrochene Erossonsarbeit von neuem begannen und fortsetzten. Fördersam mag für die Canonsbildung auch die all⸗ gemeine Tieflage des Terrains gewesen sein, in dem der Colorado strömt; denn man hat sich 18 km vom Rande des Easons zu ent⸗ fernen, um erst wieder eine Steilwand von jurassischem Sandstein zu finden. Jedenfalls kann man die Zeit, die es zu dieser einzigartigen Bildung bedurft hat, kaum lang genug einschätzen, und es bleibt ein großartiger Gedanke, sich zu vergegenwärtigen, wie im Spiel wechselnder Hebungen und Senkungen, in Unterbrechungen und Wieder⸗ aufnahmen der Erosionsarbeit diese Riesenarbeit durch das am Gestein nagende Wasser ausgeführt worden ist. Professor Davis ⸗wurde am Schluß seines in trefflichem, fast akzentfreiem Deutsch gehaltenen Vortrages durch anhaltenden Beifall ausgezeichnet und empfing den besonderen Dank des Vorsitzenden dafür, daß er der Versammlung einen Einblick gewaͤhrt habe in die Prinzipien und Methoden der geogenetischen Forschung, als deren hervor⸗ ragender Vertreter Professor Davis gilt. In der Tat ist die Betrachtungsweise des Vortragenden ebenso neu als über⸗ zeugend. Nicht an den Schluß der Gesamterosionsarbeit setzt er deren schwierigsten Teil, die Arbeit im Urgestein, sondern an den Anfang, und dies ist in der Annahme wahrscheinlicher als die entgegengesetzte Meinung, daß in den entlegensten Zeiten gewaltigere Niederschlags⸗ zur Verfügung gestanden haben werden als in jüngeren erioden.

Ueber falsche, künstliche und synthetische Edelsteine sprach am verflossenen Mittwoch der Geheimrat, Professor Dr. Albert Miethe im Verein für deutsches Kunstgewerbe zu Berlin. Der Redner führte etwa folgendes aus: Schon das Altertum bemühte sich, die Edelsteine nachzuahmen. Es erlangte namentlich in seinen aus Glaspasten hergestellten Surrogaten hohe Leistungsfähigkeit. Aber die Geschicklichkeit ging verloren mit dem Niedergange der antiken Welt, und erst im späteren Mittelalter erreichten sie die Venetianer und später die Böhmen in ihren Glassteinen wieder. Mit dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert stieg das Schmuckbedürfnis, und damit nahm auch die Herstellung von Nach⸗ ahmungen zu. Man wollte in allen solchen Nachahmungen wesentlich Farbe, Glanz und Feuer des Steines erreichen. Manchmal ließ sich das schon mit minderwertigen Edelsteinen erzielen, denn es bestehen unter ihnen Aehnlichkeiten, die selbst Kenner täuschen. Meist aber bediente man sich zum Nachahmen des „Glases. Die böhmischen Steine und die Pariser, die aus Straß gefertigt sind, geben dafür die bekanntesten Beispiele. Die besseren Nachahmungen sind die Dubletten. Die sogenannten unechten Dublelten bestehen aus Ober⸗ und Unterteil, die durch eine farblose oder farbige Kittschicht verbunden sind. Die echten Dubletten tragen entweder auf der Oberseite oder auf dieser und auf der Unterseite ein Stück echten Steines aufgeschmolzen. Das größte Interesse erregen allerdings die auf chemischem Wege her⸗ gestellten edlen Steine. Sie sind in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften nicht von den natürlichen unterschieden. Den Diamanten hat man noch nicht künstlich mit Sicherheit und in aus⸗ zeichnender Größe herstellen können, wohl aber den Rubin. Er besteht aus Tonerde, die durch Chrom und Eisen gefärbt ist. Indem man Tonerde in Gegenwart dieser beiden Mineralien aus dem Schmelzflusse oder aus dem gasförmigen Zustande auskristallisieren läßt, erhält man künstliche Rubine. Den blauen Saphir und den grünen Smaragd kann man künstlich noch nicht herstellen, wohl aber den farblosen Saphir, den roten und blauen Spinell, den Aquamarin, den Alexandrit usw. Der Wert des natürlichen Edel⸗ steins wird durch den künstlichen nicht herabgemindert. Denn man schätzt ganz von selbst den natürlichen höher als den künstlichen. Auch für die Perlen hat man Ersatz gesucht, man hat ihn u. a. in den Bourguignonperlen und in den aus porzellanartiger Masse er⸗ zeugten Halbperlen bis jetzt gefunden. Eine überaus lehrreiche Ausstellung von allerlei Nachahmungen echter Steine, von künstlichen und insbesondere von synthetischen Edelsteinen begleitete den Vortrag.

In Würzburg ist der ordentliche Preso⸗ der Medizin, Geheimrat Dr. Georg von Rindfleisch im 72. Lebensjahre verstorben. In Cöthen geboren, studierte Rindfleisch in Heihelberg, Halle und Berlin, wo er sich besonders an Virchow anschloß, Medizin. Er habilitierte sich 1861 in Breslau, wurde im folgenden Jahre außerordentlicher Professor in Prich und schon nach weiteren drei Jahren ordentlicher Professor in Bonn und 1874 in Würzburg, wo er bis zum Jahre 1906 eine reiche Lehrtätigkeit entfaltete. Sein wissenschaftliches Hauptgebiet war die pathologische Anatomie, deren mikroskopische Seite er vornehmlich pflegte. Sein Hauptwerk ist das Lehrbuch über pathologische Gewebe⸗ lehre. Für das Ziemssensche Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie bearbeitete er den Abschnitt über die 1Seee. 2 i

Jagd.

Die für den 8. d. M. angesetzte Parforcejagd fällt des Frostes wegen aus.

Land⸗ und Forftwirtschaft.

Straußenzucht in der Kapkolonie.

Wie die Zeitungen berichten, ist kürzlich in der Kapkolonie ein zwei Jahre alter Strauß für den Preis von 400 Pfd. Sterl. und ein paar Strauße sogar für 1000 Pfd. Sterl. verkauft worden. Bedenkt man, daß man Strauße gewöhnlicher Art jederzeit für 30 60 Schilling kaufen kann, so zeigen die vorgedachten hohen Preise, zu welcher Höhe die Straußenzucht in der Kapkolonie bereits entwickelt worden ist, und welche Unterschiede in der Qualität der Vögel und ihres Gefieders sich entwickelt haben. Man ist zur Zeit bestrebt, ein Zuchtbuch anzu⸗ legen, um dadurch, wie bei Pferden, die Bildung und Pflege reiner Rassen zu fördern. Wie die Qualität der Vögel, so hat auch ihre Menge ungemein zugenommen. Während die Zählung vom Jahre 1904 insgesamt 358 000 Vögel ergab, schätzt ein Sachverständiger die Zahl der gegenwärtig in der Kapkolonie vorhandenen Strauße auf 700 000. Trotzdem der Markt für Straußenfedern sich bisher immer mehr erweitert hat, sind die Farmer naturgemäß doch ängst⸗ lich darauf bedacht, sich diesen einträglichen Erwerbszweig zu sichern, und sie haben es daher durchgesetzt, daß die Ausfuhr von Straußen und Straußeneiern über See in ganz Britisch⸗Südafrika verbote worden ist. Besonders fürchtet man das Aufkommen einer eben⸗ bürtigen Straußenzucht in Nordamerika und vielleicht noch mehr in Australien. Dorthin vor etwa drei Jahren sechs alte Tiere zwei Hähne und vier Hennen gebracht worden, die sich inzwischen auf mehrere hundert vermehrt haben sollen, und man erzählt si daß einzelne Farmer in Südaustralien bereits die Schafzucht auf⸗ geben und sich der höheren Gewinn bringenden Straußenzucht zuwenden. Diese ist in intensiver Form abhängig von der Luzernenkultur, die wieder durch hinreichende Bewässerungsmöglichkest bedingt wird. 8

(Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Kapstadt.)