das Reichsgericht nicht mehr zuläßt. Meine Herren, beide Wege haben ihre schweren Konsequenzen. 3 Der Erhöhung der Revisionssumme hat der Reichstag sich bei der letzten Verhandlung, die wir darüber gehabt haben, und auch früher immer sehr ablehnend gegenübergestellt, und ich weiß nicht, ob, wenn wir wieder mit einem Vorschlag zur Erhöhung der Revisions⸗ summe an das hohe Haus kommen würden, wir mehr Glück damit
haben würden. Eine Vermehrung der Mitglieder des Reichsgerichts ist nach den übereinstimmenden Urteilen der Justizverwaltungen aller größeren deutschen Bundesstaaten ausgeschlossen. Alle Justizverwaltungen sind mit der Reichsverwaltung darin einig, daß die Autorität des Reichs⸗ gerichts nur gefährdet werden würde, wenn wir zu einer weiteren Ver⸗ größerung des Gerichtshofes schreiten würden. Das sind die Erwägungen, meine Herren, mit denen wir uns zurzeit befassen, und die noch nicht zum Abschluß gekommen sind; ich führe sie nur an, um Ihnen den Beweis ju erbringen, daß diese Ver⸗ hältnisse am Reichsgericht nicht eindruckslos an uns vorübergehen. Wir erkennen ihre Bedeutung und ihre Dringlichkeit an, und es liegt nur an der Schwierigkeit der Aufgabe, wenn wir bis jetzt noch nicht dazu gekommen sind, hier Hilfe zu bringen. Ich glaube, meine Herren, ich habe damit die verschiedenen Punkte, die mir gegenüber hier zur Sprache gebracht worden sind “ und ich darf damit meine Ausführungen schließen. (Bravol rechts.
Abg. Dr. Heinze (nl.): Das Material für die Reform be und die Schaffung neuer Gesetze ist zurzeit ein b nan⸗ Kommission für das neue Strafgesetzbuch hat 15 Bände vergleichenden Rechts fertiggestellt und damit eine mächtige Vorarbeit geliefert. Das Strafgesetzbuch ist kein so in sich zusammenhängendes System, daß es die Vorwegnahme einzelner Partien durch Novellen nicht vertrüge Der Forderung, daß in erster Linie die Rückfallsbestimmung nament⸗ lich beim Diebstahl geändert werde, stimmen wir zu. Im Volk ver⸗ steht man es nicht, daß jetzt beim ersten Rückfall mindest ns auf 3. Monate Gefängnis erkannt werden muß. Was die Haftung des Reichs für seine Beamten betrifft, so bedauern wir, daß es nicht ge⸗ lungen ist, die Sache einheitlich zu regeln. Wir wünschen, daß das Reichsgesetz sich dem preußischen anschließt. Bei allen gerichtgorgani⸗ satorischen Maßregeln, ist zunächst auf eine Verminderung des Richter⸗ versonals zu sehen. Eine Anzahl der Aufgaben, die den Richtern obliegen könnte zu diesem Zwecke dem Notariat überwiesen werden. Die Richter 1 selbst aber sollten entlastet und für eine bessere Ausbildung des ichterlichen Nachwuchses sollte gesorgt werden. Eine Menge von richterlichen Arbeiten könnte den Referendaren und Gerichtsschreibern übertragen werden, z. B. TTö“ Ich sehe nicht ein warum den Richtern die ganze Kostenfrage, Stundungsangelegen⸗ beiten usw. überwiesen werden. Unsere Referendare werden leider viel zu wenig zu fruchtbringender Tätigkeit herangezogen; sie werden in Abhängigkeit gehalten und ihre Tätigkeit lahmgelegt. Eine bebung des Standes der Referendare und auch der Gerichtsschreiber durc un, sung gegbere⸗ e; sst im sozialen Interesse nur er⸗ 8 aber in allen diesen Fragen tatkräfti und nicht nur schöne Worte zu machen. Has Iö mission sein. Um mit einem Worte auf den Fall Eulenburg ein⸗ zugehen, so geht jetzt durch die Presse die Notiz, daß sich das Be⸗ 8b v hat. Wir erwarten 3 vo Justiz m em nötigen Nachdruck vorgegan ird. Wir hätten nur gewünscht, daß die Erklärung, die sekretär über den Prozeß Eulenburg abgegeben hat, schon früher ge⸗ geben worden wäre. Der Ruf nach Abänderung von Gesetzen ist häufig zu stürmisch, man sollte diesen Ruf nicht eher erheben, bis die Notwendigkeit, einer Aenderung vorliegt. Allerdings darf unser Rechtsleben nicht verkümmern. Das ist aber auch nicht der Fall unser Rechtsleben befindet sich in fortschreitender Entwicklung. Die h gesas e; es sic vb. blan, das Rechtsleben . zu rdern, sie halten die Verbi des Richters mit der Wissenschaft und auch b durch Kurse aufrecht. Es findet ein Austausch der Meinungen zwischen älteren und jüngeren Richtern statt. Dieser Zug der Richter nach 1n eisst sse ese 85 1” Zustimmung gefunden, aber 1 e n ekämpft, sondern zweckmäßi ver⸗ nünftig gestaltet werden. Der * Joristentag sun gig, und 6 in erster Linie sich mit sozialen Fragen beschäftigt, mit der Tarif⸗ frage, der Boykottfrage usw. Was die Rechtsprechung des Reichs⸗ gerichts angeht, so ist dabei seine Ansicht über das Koalitionsrecht einer Revision zu unterziehen. Dasselbe gilt von seiner Recht⸗ sprechung über den Eigentumsvorbehalt an Maschinen. Es kommt hier dem Interesse des wirtschaftlichen Lebens mehr entgegen 88 es früher der Fall war. Auch die unteren Gerichte be⸗ hrben sich, das Gesetz über die Konkurrenzklausel in sozialem Sinne auszulegen. Durch ein allzu häufiges Abändern der Gesetze er man die Autorität des obersten Gerichtshofes nicht lähmen Eine Vermehrung der Sondergerichte halten wir nicht für richtig. Fdurs. nsere, Netspeecnng. 1. ein frischer Zug; wir rt im Recht, un H erford schr gi ur n 68 Fva-he . band das ist das Haupterfordernis, g. Heine (Soz.): Der Staatssekretär will 1 das Gesetz über die Haftung des Reiches für . P“ verlassen und erst vorgehen, wenn Preußen versagt. Wird 8 98 mit dem Entwurf nicht fertig, so wird der Bundesrat erst recht ni 5 gr. ferlig werden. Ich möchte deshalb empfehlen, Preußen 1 ’5 Vorhand zu lassen, sondern die Sache reichsseitig in “ zu nehmen. Von Preußen wird die Sache jedenfalls un⸗ zulänglich erledigt werden. Die Reform der Strasprozeßordnung sollte uns schon in diesem Winter vorgelegt werden. Es hat un⸗ snssneee berührt, daß diese wichtige Frage immer wieder auf die T Heschpzen s de Peüdseh ieung, von Sachverständigen 3 ft, e Si eit des Volkes aun Iieler, gant Begriff des “ des Neremascelfscher da . 1 ern etwes, das erst bewiesen werden 19 nichts anderes übrig, als Sachverständige und ö atbestand zu vernehmen. Die Sachverständigen, die in solchen Pro⸗ zessen vernommen werden, müssen darüber vernommen werden, ob das geftleriscs “ g n hat. Darüber kann nicht ein, ni as Gefühl des Normalmensch t scheiden. Ob ein Werk künstlerisch ist, kann nur ein Künstler entscheiden, weil nur er die fachmännische Bildung, 88 1. 87* Kug gseschit⸗ v . 71 versteht usw. Es ist ge un ei verschiedenen Sei 1 Treiberei, die Sachverständigen in FErüee nacheiiih gegen die Richter, die solche Sachverständigen vernehmen, Stürme zu laufen. Die „Kölnische Zeitung; hat uns eine Novelle zum Straf⸗ gesetzbuch angekündigt. Wenn diese Zeitung ziemlich eingehende Mitteilungen über diesen Entwurf „voreilig“ veröffentlichte, dann hätte das Reichsjustizamt doch die ganze Presse in den Stand etzen können, über den Entwurf ausführlich und vollständig Na richt zu bringen; wozu dem nationalliberalen Blatte ein Vorrecht ge⸗ währen? Ich bin dem Staatssekretär für die Novelle dankoar, denn meine Hoffnungen auf eine Reform des Strafgesetzboches sind für die nächsten zehn Jahre sehr gesunken. Ich bitte dann aber, den Entwurf uns noch in diesem Winter zugehen zu lassen, damit er auch verabschiedet werden kann. Seit zehn Jahren wird eine andere Regelung des Begriffes der Erpressung gefordert; dem soll jetzt ent⸗ sprochen werden. Das Reichsgericht hat nicht gewagt, auf dem ein⸗ geschlagenen falschen Wege umzukehren; es muß jetzt zur Gesetzgebung gegriffen werden. Ferner werden Milderungen bei einigen Beletung
nicht erwähnt, obwohl auch hier eine Milderung dringend am Platze wäre. Zu begrüßen ist, daß der Entwurf die Minderdiebstähle Flhe⸗ will, wie es scheint, auch im Falle des Rückfalles, aber as geht auch nicht weit genug; man sollte alle diese Eigentums⸗ vergehen zu Antragsvergehen machen, mit Ausnahme höchstens der 5 e, die das gemeine Wohl berühren, wie bei Bandendiebstahl usw. adurch würde eine ungeheure Zahl von nichtigen, wertlosen Straf⸗ Vecheffen der Justiz erspart werden und diese an gutem Ruf sehr gewinnen. F ehr bedenklich erscheint mir dagegen die Absicht, für gewisse Delikte e Strafen zu erhöhen. So soll diese Erhöhung eintreten bei Miß⸗ b von Kindern. Wir sind gewiß für scharfe Bestrafung der⸗ selben; aber die Strafen sind schon so hoch, daß ihre Maxima nie angewendet werden. Der Fall Colander hat zu einer Verurteilung und zur Verhängung von neun Monaten Gefängnis geführt, wo schon nach dem heutigen Gesetz auf 10 Jahre Gefängnis hätte erkannt Les können. Vielleicht will man aber ein Strafminimum einführen. Aber empfindet nicht jeder Strafrichter in ein⸗ zelnen Fällen die Existenz eines solchen als eine schwere, sein Gewissen einengende F ssel? In vielen solchen Fällen nd die Denunzianten um nichts besser als die Angeklagten. 8 für die Beleidigungen sollen die Strafmoße erhöht werden. eber die Notwendigkeit des Schutzes der Ehre habe ich hier wieder⸗ holt gesprochen, und ich bedaure, es nochmals tun zu müssen. Soh⸗ Strafmaße sind kein Schutz für die Ehre, ebensowenig Massen⸗ anklagen wegen Beleidigung. Jeder Redakteur setzt sich heute bei der wohlmeinendsten Kritik eines Uebelstandes der Anklage wegen Be⸗ Fege aus. Solange ein erheblicher Teil unserer Presse sich von euten inspirieren läßt, deren Taktik darauf hinausläuft, dem Gegner Injurien anzuhängen, wie es der Reichsverband zur Be⸗ 8 mpfung der Sozialdemokratie macht, so lange ist eine Verbesserung dieser Verhältnisse nicht zu erreichen. Anders steht es ja mit § 186, Fmit der üblen Nachrede. Dennoch braucht auch hier die Strafhöhe nicht verschärft zu werden, denn das Maximum beträgt schon jetzt zwei Jahre Gefängnis Ich habe schon früher im An⸗ schluß hieran den Fall unseres Kollegen Fischer erwähnt, der wegen ES. Behauptung, Schmiergelder genommen zu haben, Klage gegen e ne Anzahl Zeitungen, vor allem gegen „Die Post“, angestrengt hatte. Derjenige Angeklagte, der die längst als unwahr festgestellte Behaup⸗ ung nicht widerrief, ist schließlich mit 200 ℳ Geldstrafe davon⸗ gekommen, obwohl auch hier auf eine langwierige Gefängnisstrafe hätte erkannt werden können. Weiter soll die Novelle, einer populären nachgebend, den Wahrheitsbeweis abschneiden wollen allen Dingen gegenüber, die nur das Privatleben, aber nicht öffentliche Interessen berühren. Ist das der Fall, so wäre die Novelle für mich unannehmbar, denn das wäre ein Unglück für die Beleidigten. Im Falle Fischer hätte dann der Belesdigte nicht die Möglichkeit gehabt. den Wahrheitsbeweis zu führen, daß er keine Schmiergelder genommen habe. Der Hinweis auf das öffentliche Interesse ist so willkürlich daß auch die berechtigtsten Beschwerden nicht mehr erhoben werden könnten, weil der Wahrheitsbeweis abgeschnitten ist. Auch Moltke hätte darunter leiden müssen, denn er hätte zwar mit einem obsiegenden Urteil den Gerichtssaal verlassen, aber man würde ihm nachgerufen haben: Er ist doch so einer! Ich komme damit zu dem Fall Eulenburg, und ich freue mich, daß es diesmal das Zentrum war, welches diesen Fall hier zuerst beute berührt hat; denn sonst würde es wieder geheißen haben, der Abg. Heine habe empörende Angriffe gegen unser Richtertum gerichtet. Wer hat denn in erster Reihe gewollt, daß der Prozeß „am Krankenbett“ ge⸗ führt würde? Doch der Fürst Eulenburg selbst. Und wenn man die beiden Prozesse zusammenhält und sie nicht auseinanderreißt, wird man doch erkennen müssen, daß mit diesem Angeklagten anders verfahren worden ist, als mit einem gewöhnlichen Sterblichen. Die im zweiten Harden⸗Prezeß erhobenen Wahrheitsbeweise hatte der Oberstaatsanwalt im ersten Prozeß abgelehnt und dem Beklagten das Messer an die Kehle gesetzt, um eine Ehrenerklärung für Eulen⸗ burg zu erreichen; erst nach dem Münchener Prozeß ging man auch in Berlin mit Ermittlungen in dieser Richtung vor, aber das Bestreben blieb dasselbe, den Fürsten Eulenburg herauszuhauen Man ist erst eingeschritten, als man nicht anders konnte. Ist dem Oberstaatsanwalt nicht bekannt gewesen, was der Kriminalkommissar ausgesagt hat? Die Verlegung des Prozesses an das Krankenbett war nicht beabsichtigt, aber tatsächlich durch das Bestreben geleitet einen Freispruch des Fürsten Eulenburg herbeizuführen, weil man das Mitleidsmoment ausnutzen wollte. Ich bin der setzte der sich darüber beschwert, daß der Fuͤrst menschlich behandelt worden ist. Aber ein anderer an seiner Stelle wäre nicht wegen schwerer Krankheit aus der Untersuchungshaft ent⸗ lassen worden. Schwindsüchtige Angeklagte werden sehr oft nicht aus der Haft entlassen. Ich verkenne nicht, daß Fürst Eulenburg wider⸗ willig seinen Eid geleistet hat. Man könnte Mitleid mit ihm haben ich dränge nicht, daß er jetzt abgeurteilt wird, aber ich wünsche daß andere mit derselben Rücksicht behandelt werden; daran fehlt es Diese Ausführungen mögen für heute genügen.
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding: Ich möchte nur eine tatsächliche Richtigstellung vornehmen. Der Herr Abgeordnete hat sich mit einer in Aussicht gestellten Gesetzes⸗ vorlage beschäftigt, in der unter anderem auch die Verfolgung der Be⸗ leidigungen neu geregelt werden soll. Ich würde dem Herrn Ab⸗ geordneten, wenn er mir von der Absicht, heute diese Frage zu er⸗ örtern, vorher Mitteilung gemacht hätte, gern Kenntnis von den Bestimmungen gegeben haben, die er hier hauptsächlich beanstandet hat, bloß um zu verhindern, daß er sich hier in einen Kampf einließe gegen Bestimmungen, die überhaupt nicht bestehen und nicht beabsichtigt werden. Er hat das aber nicht getan, und ich bin unter den Umständen genötigt, hier zu konstatieren, daß er uns Vorschläge unterstellt, die in dem Entwurf nicht vorhanden sind. Der Entwurf der Novelle zum Strafgesetzbuch, soweit er die Beleidigung betrifft hat folgendes in Vorschlag gebracht: Die Bestrafung tritt ohne Rücksicht auf die Erweislichk 2 it oder verbreiteten Tatsachen ein, wenn diese h erhältnisse des Privatlebens betreffen, die das öffent
I“ ffentliche Interesse Soweit hat der Herr Abgeordnete richtig referiert. D
8 ann k aber ein Satz, den er offenbar nicht kennt, der für die unserer Vorlage sehr wesentlich ist und der namentlich auch die Be⸗ . des Falles des Herrn Abg. Fischer, auf den Herr Heine
er eingegangen ist, anders gestalten muß. E 1 ß. Es kommt näglich Der Beweis der Wahrheit ist nur zulä e
zulässig, wenn der Beleidigte Es würde also trotz der Novelle Herrn Fischer mö
glich gewesen sein, wenn er Wert auf den Beweis der Wahrheit vgs diesen 8 herbeizuführen, und die Argumente, die der Herr Vorredner ent⸗ nommen hat, um hierin die Novelle als einen Nachteil darzustellen für den Herrn Abg. Fischer, sind hinfällig. Ich möchte dies nur konstatieren, um zu zeigen, wie gefährlich es ist, eine Vorlage der Regierung zu diskutieren, deren Inhalt man zurzeit noch nicht hin⸗ länglich kennt. (Unruhe bei den Soztaldemokraten.) Abg. Ablaß (fr. Volksp.): Ich bin mit d der Abg. Belzer über den Prozeß Eulenburg des verstanzen. an⸗ man die chevalereske Art, wie der „Herr“ Angeklagte behandelt worden
ist, mit der Art, wie niedriger stehende Angeklagt so ergibt sich eine sehr bemerkenswerte 1“
Hiusfriedensbruch, Arrestbruch usw., angekündigt; — d usw. gt; § 114 (D einen Beamten, um ihn zu einer vancheüdpigt; 8 engeheg dabei
scheidungen des Reichsgerichts ist heute eine sehr scharfe Keitik geübt
Reichsgerichts kritisiert. Ich möchte die scheidung krit sieren. Man bescnac b formalistische Rechtsprechung des Reichsgerichts. scheidungen trifft dieser Vorwurf eines absolut u Formalismus mit Recht. Dies gilt namentlich bei d ob ein Grundstückstausch oder ein doppelter Kauf füge, Es gehört schon der Kopf eines Reichsgerichtsrats danoslig solche Entscheidungen zu verstehen. Diese Entscheidungen . 5 sich nur von dem Standpunkt, daß das Reichsgericht die Ferstehg des Fiskus wahrnimmt, denn der Kaufstempel spielt eine Fdeerese Rolle. Das Reichsgericht hat ähnliche gezwungene Interpreht. auch in einer ganzen Reihe anderer Fälle gegeben, zum Betationa bezug auf das Wechselrecht. Es wird in diesem Fanle spiehi anderes übrig bleiben, als hier wieder die Klinke 98 viche gebung zu ergreifen, um die bestehende Rechtsunsicherheit Gest seitigen. Auch bei den unteren Instanzen feiert der Form sande seine Orgien. Und da klagt man noch über Ueberbürd allämm Gerichte! Auch die des Publikums vor Gericht de nicht so, wie sie sein sollte. Manche Leute, die gar nicht einn it g geklagt sind, werden von den Richtern so barsch Fbah. 88 ihnen die Lust, vor Gericht zu gehen, gründlich vergällt” n Ein Richter sprach einem Zeugen, der mit einer Frauensperso vin ehelich verkehrt hatte, die Glaubwürdigkeit ab; darüber lis F0h reden, aber nicht zu rechtfertigen ist, daß der Richter diesen e in seinem Erkenntnis gar nicht anders nannte als den Beischl 8 Damit wird diesem Manne geradezu ein character 1neleb gedrückt. Eine Klage gegen ein solches Vorgehen hätte allediug keinen Zweck. Wie es mit der Führung des ahrheitsbeweises fvc wenn. es sich um die Presse handelt, zeigt ein Fall, wo das G ä die Beleidigung des Landratsamts als Behörde sansin korrektheiten einzelner Beamten dürften nicht auf das za 8i des Landratsamts gesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft b E1“ so ier 6 ntaltch einer Kontrolle 8 worfen werden, da sie häufig in der An b Widersprüchen bewegt. Sehr notwendig ist es, ’ wie möglich dafür sorgen, daß die Rechtsprechung über 9. Urheberrecht eine andere wird. Die Auslegung des § 18 Abs. 2 5 Urheberrechtsgesetzes ist zu einer wahren crux für die gesamte anftändie Presse geworden, weil jeder Bericht eines Gerichtsreporters als 8 Artikel wissenschaftlichen Inhalts angenommen worden ist. Solche Fäll sind der eeifian ae Zeitung“ und anderen Zeitungen passiert⸗ ein besonders charakteristischer Fall auch der „Deutschen Juristenzeitung⸗ Diese brachte einen Artikel des Staatsanwalts a. D. Schweichler Lübeck, für die er ein Honorar von 4,60 ℳ erhielt. Der Staatz⸗ anwalt forderte nun eine Anzahl von Zeitungen, die jenen Artikel abgedruckt hatten, obwohl die „Deutsche Juristenzeitung“ zum Abdruch besonders aufgefordert hatte, auf, den abgedruckten Artikel u “ und zwar ging seine Forderung in einem Fale s8 zu 20 ℳ, weil ein Eingriff in sein geistiges Eigentum vorliege. Die „Juristenzeitung“ hat ohne weiteres jenen Zeitungen die in dieser Weise geschröpft waren, das Honorar ersetzt Im ganzen hat der Staarsanwalt a. D. aus dem Artikel, den er von der „Deutschen Juristenzeitung“ mit 4,60 ℳ honoriert bekommen hatte 55 ℳ Nebenverdienst herausgeschlagen. Die „Deutsche Juristenzeitun . hat auf die Mitarbeiterschaft des Staatsanwalts a. D. Schweichle sofort verzichtet. Aus der Lage des Falles ergibt sich aber, wie not⸗ wendig eine Aenderung der betreffenden, zu so bösen Konsequenzen Ffeplichen ist. Der vornehmste Gessichts⸗ e Rechtsprechun in ibt imme j decst r 8. p g ist und bleibt immer noch der: Gleiches g. Schack (wirtsch. Vgg.): Bezüglich der Frage der Konkurren⸗ klausel möchte ich eine neuerliche Auskunft vom Reichsjustigamt 2. bitten, nachdem eine Zeitungsnotiz, wonach die Sache noch in weitem Felde steht oder ganz fallen gelassen werden soll, in den Kreisen der Handlungsgehilfen große Unruhe hervorgerufen hat.
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Der schriftliche Bescheid, den der Herr Vor⸗ redner erwähnt hat, hat nur den Zweck gehabt, einer weiteren Ver⸗ breitung der irrigen Meinung vorzubeugen, als wenn bereits ein fest⸗ abgeschlossener Gesetzentwurf in der Frage vorliege. Wenn man aber aus diesem Bescheide schließen wollte, daß von unserer Seite in der Sache nichts geschehen sei, oder daß wir die Frage nicht weiter behandeln würden, so würde dieser Schluß irrig sein. (Bravo!) Wit hatten schon vor den Verhandlungen des vorigen Jahres Veranlassung genommen, uns mit den wichtigeren der Bundesregierungen in Ver⸗ bindung zu setzen und deren Ansicht festzustellen über die Regelung, die hier wohl angemessen erscheinen könne.
Diese Umfrage hat nun ergeben, daß die Auffassung bei den einzelnen Bundesregierungen außerordentlich verschieden ist. Wir haben infolgedessen zu einer abschließenden Stellung bisher in Reichejustizamt nicht kommen können. Wir sind zurzeit noch in Erwägungen begriffen mit dem preußischen Ressort. So viel kann ich jedenfalls sagen, daß es nicht unsere Absicht ist, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Dazu würde um so weniger die Möglichkeit gegeben sein, als ja bezüglich der technischen Angestellten die gleiche Frage demnächst in der Kommission, die berufen ist füt die Novelle zur Gewerbeordnung, erörtert werden muß. Wir wolltn unsererseits eine Entschließung nicht fassen, bevor wir wissen, wie die Kommission des Hauses bezüglich der technischen Angestellten die gleiche Frage beantworten wird. Sobald die Frage im Reichstag eine klare Erledigung gefunden hat, werden wir, das kann ich den Herrn Vorredner versichern, auch unsererseits weiter vorgehen.
Abg. Werner (d. Ref.⸗Partei) ist nicht anwesend
Abg. Dr. Becker⸗Cöln (Ber). Auf den Fall Eulenburg weiter einzugehen, versage ich mir; ich darf aber voraussetzen, daß die preußische Justiz weiter ihres Amtes walten wird, wenn der Angeklagte wieder verhandlungsfähig ist. Die Einrichtung von Jugendgerichtshöfen in allen Gegenden des Deutschen Reiches kann nur dringend befürwortet werden. Viele Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind veraltet und entsprechen nicht mehr den veränderten sozialen Verhältnissen; darum K die Ankündigung einer Strafgesetzbuchnovelle freudig zu begrüßen. Ich hege nicht die Besorgnis, daß die Revision des Strafgesetzbucht 8. 10 Jahre dauern wird; die Vorarbeiten werden ja rüstig ge⸗ fördert und nach der Verabschiedung der Zivilprozeß⸗ und Straf Fecpe oremnmosgsvelle wird uns der Sltaatssekretär wohl auch 82 einer Revision des Strafgesetzbuchs befassen. Gegenüber dem 3 g. Heine betone ich, daß allerdings durch erhöhte Strafen des beleidigte Ehrgefühl eher Genugtuung erfahren wird; wir höten ja immer, daß bei den Ehrverletzungen den Beleidigten die bestehenden Strafvorschriften zu gering sind und sie deshalb zur Pistolt greifen. Schon also um den Duellen zu steuern, muß diese ver⸗ schärfte Strafandrohung eintreten. H⸗ unter allen Umständen die deutschen Richter Künstler als Sachverständige heranzieber müssen, um über gewisse Bilder und sogenannte künstlerische Re⸗ produktionen zu urteilen, ist nach meiner Meinung nicht nöͤtig: dazu ist der Richter als gebildeter Mann aus sich heraus im⸗ stande und braucht die besonderen Sachverständigen nicht. En 1 haben wir seit mehreren Dezennien un⸗ . etzt gefordert. Heute ist seine Vorlegung und Verabschiedung mit Rücksicht auf die Jugendlichen nur noch notwendiger geworden⸗ Die Abschneidung des Wahrheitebeweises unter gewissen Voraut⸗ setzungen scheint ja eine sehr einschneidende Maßnahme zu sein; aber man soll auch nicht vergessen, in welchen Formen und in welcher Art heute manchmal die Erhebung des Wahrheitsbeweises erfolgt.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
worden. Man hat namentlich die Strafrechtzentscheidung des
leegt
Gese
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Ic hboffe, daß die Reform der Strafprozeßordnung recht bald vor⸗ llegt wird, und daß auch hinsichtlich des Armenrechts eine zeit⸗ denz6e Reform durchgeführt wird, daß namentlich Armenprozesse, Heren Aussichtslosigkeit außer Zweifel steht, vermieden werden. Eine Einschränkung des Armenrechts an sich zu verlangen, t mir durchaus fern, auch dem kleinen, unvermögenden Mann soll die Möglichkeit, Prozesse zu führen, nicht genommen werden. Ein Reichsgesetz über die Haftung des Reichs für die Versehen seiner Beamten ist oft verlangt worden. Heute hören wir, daß die Reichs⸗ instanz erst abwarten will, was aus dem dem Landtage in Preußen vorgelegten Entwurfe werden wird. Ich weise darauf hin, daß seitens der Konservativen und eines Teils meiner Freunde in den Forderungen auf diesem Gebiete weitergegangen wird, als jene Vorlage will. Hierauf wird um 5 ¼4 Uhr die Ferisegung der Beratung auf Dienstag 1 Uhr vertagt. Vorher echnungssachen, nachher
lleme Vorlagen.
Preußischer Landtag.
6 Haus der Abgeordneten.
14 Sitzung vom 18. Januar 1909, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung der entwürfe, betreffend die Feststellung des Staats⸗ alts für das Etatsjahr 1909 und die Er⸗ der Einnahmen in diesem Etat, in Ver⸗ indung mit der ersten Beratung des Gesetzentwurfs,
betreffend die Deckung von Ausgaben des Rechnungs⸗ jahres 1907.
Abg. von Pappenheim (kons.): Schwere, ernste Aufgaben sind in der neuen Legislaturperiode zu lösen. Es ist schon schwer, in eiten, in denen man frei über die Staatsmittel verfügen kann, die hebäner aller Staatsbeamten gerecht gegeneinander abzumessen, doppelt schwer aber, wenn die finanzielle Lage des Staates Vorsicht gebietet. Und doch ist es unser Wunsch, die Beamtengehälter den heutigen Verhältnissen angemessen zu normieren, mit Rücksicht auf die berä derte Lage der Lebensverhältnisse. Nicht nur haben sich untereinander die Verhältnisse und Aufgaben der Beamten ver⸗ schoben, sondern seit der letzten Gehaltsregulierung von 1897 haben ch die wirtschaftlichen Verhältnisse so verschoben, daß wir darauf ücksicht nehmen müssen; ich meine die gesteigerten Ansprüche des Lebens, die gesteigerten Preise der Lebensmittel und auch die außerordentliche Steigerung der Ansprüche an das Leben in weiten Kreisen des Volkes infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs. Aber nicht nur die Verteuerung der Lebensmittel gibt Anlaß, mit be⸗ deutenden Mitteln einzugreifen, sondern auch der Wunsch, die soztale Stellung der Beamten in den Kreisen, mit denen sie verkehren müssen, angemessen zu normieren. Eine gewisse Steigerung der Ansprüche an die Lebensbedürfnisse entspricht allerdings der natürlichen Entwicklung, infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs ist eine gewisse, auch rapidere Steigerung der Ansprüche wohl berechtigt. Werfen wir aber noch einen Blick zurück und vergleichen wir, unter welchen Lebensbedingungen namentlich die Aelteren von uns aufgewachsen sind. Sind wirklich aͤlle diese Ansprüche an das Leben berechtigt, sollten wir nicht ernst prüfen, ob nicht eine Ueberspannung der Ansprüche in die Erscheinung tritt? Nicht nur in einzelnen Schichten, sondern als durchgehender Zug in der ganjen Bevölkerung 1 die Ansprüche an das Wohlleben stärker gewachsen, als auernd die Mittel zur Befriedigung vorhanden sind. Das ist ein bedenkliches Zeichen der Zeit, und wir können nicht daran vorbeigehen. Unsere Beschlüsse werden dadurch erschwert, daß sowohl im Reiche wie in den Einzelstaaten und in allen Kommunalverbänden bis in die kleinsten Gemeinden die Ansprüche zicht bedingt sind durch die Verbesserung der Beamtenbesoldung, sondern durch eine ganze Reihe anderer Aufgaben, und da in allen Kreisen die Sorge für die Aufstellung der Efats für die n chsten Jahre vor⸗ herrscht. Daher muß man darauf Rücksidt nehmen, daß nicht die Lage des einen auf Kosten des anderen erleichtert wird. Es muß eine gegen⸗ eitige Rücsictnahme stattfinden, und die Reichsregierung muß scch besonders verpflichtet fühlen, diesen Grundsatz zu wahren. Die Gründer des Reichs haben seinerzeit eine solche finanzielle Entwicklung nicht voraussehen können. Man muß aber jetzt mit den einmal bestehenden Verhältnissen rechnen. Insbesondere muß das Reich bei der Schaffung seiner Mittel auf die Einzelstaaten Rücksicht nebmen. Wir haben von jeher den Grundsatz aufgestellt, daß dem Reich in erster Linie die indirekten Steuern vorzubehalten sind. Wenn man jetzt durch Schaffung direkter Reichssteuern rücksichtslos in die Finanzen der Einzelstaaten eingreifen wollte, würde man ihnen ibre Aufgaben noch mehr erschweren. Aber nicht nur die direkten Steuern sollen den Einzelstaaten vorbehalten bleiben, sondern man sollte auch sehr vorsichtig sein, wenn unter irgend welchen Vo wänden sosche Steuern vorgeschlagen werden, die den Charakter der direkten Steuern baben. Dazu zählt in erster Linie die Nachlaßsteuer. Wir stehen prinzipiell und einstimmig auf dem Standpunkt, daß wir eine Nachlaßsteuer in der Form, wie sie von der Regierung vorgeschlagen wird, als unerträglich und nit der Selbständigkeit der Einzelstaaten unvereinbar ablehnen müssen. Sie erscheint uns auch unerträglich im Interesse der Steuerzahler selbst. Wir halten uns daher der Königlichen Staatgregierung gegenüber für verpflichtet, unseren Einfluß dahin zeltend zu machen, daß die Nachlaßsteuer perhorresziert werde. Dagegen sind wir gern bereit, auch die Lasten mitzutragen, die das Reich auf sich nehmen muß. Wir wüͤnschen und hoffen eine gründ⸗ iche Reichsfinanzreform, insbesondere eine Regelung des Verhältnisses des Reichs zu den Einzelstaaten durch die ungedeckten Matrikular⸗ beiträge Wir halten es nicht für wahrscheinlich, daß man den Weg er Matrikularbeiträge ganz wird verlassen können; aber man muß mit aller Vorsicht und Rücksicht auf die Leistungs⸗ fähigkeit der Einzelstaaten vorgehen; die Einzelstaaten dürfen unter keinen Umständen gezwungen werden, durch An⸗ leihen diese Matrikularbeitrage zu decken. Unserer Gewohn⸗ heit gemäß möchte ich einige Punkte über unsere finanzielle Lage vorausschicken, die die Abgrenzung der Aufgaben der einzelnen Ressorts innerhalb ihrer Verwaltung betreffen. Da ist eine glte Erfahrung die Ueberlastung des Kultusministeriums. Es ist aum noch möglich, daß der Minister, der für sein ganzes Ministerium defantwortlich ist, sich mit den einzelnen Hauptfragen so eingehend eschäftigen kann, daß nicht schließlich die Verantwortlichkeit des Ufünisters zu einer Farce herabsinkt. Es fragt sich nun, welche Ab⸗ eilung am leichtesten abgezweigt werden könnte, und es wäre zu er⸗ wägen, ob das Kultusministerium nicht zu einem reinen Unterrichts⸗ ministerxium umgestaltet werden könnte. Mindestens wäre möglich, die edizinalbteilung vom Kultusministerium abzutrennen und sie dem Mi nisterium des Innern zuzuweisen, da viele Aufgaben der Medizinal⸗ abteilung in das Gebiet der Polize hineinfallen. Die frühere Polizei war nur berufen, das Recht zu schützen und das Unrecht zu verfolgen.
haus sünsanc
3 weit e schen Reichsanze
Beilage
Berlin, Dienstag, den 19. Januar
erster Linie verhüten, nicht bloß das Unrecht, sondern auch Unglücks⸗ fälle, sodaß die Polizei mehr und mehr zu einer Wohlfahrtseinrichtung wird. Wir halten daher auch das Bestreben der Staatsverwaltung durchaus für berechtigt, die Königlichen Polizeiverwaltungen auszubilden; auch diesmal sind drei neue Städte damit bedacht worden. — Im vorigen Jahre ist von verschiedenen Seiten eine Verwaltungsreform angeregt worden. Mit den dunklen Andeutungen des Ministers des Innern darüber ist aber nichts zu machen.é Man kann sie weder kritisieren, noch billigen, und wir hoffen, weitere Mitteilungen darüber zu erhalten. Wenn durch die Reichsgesetzgebung neue Auf⸗ gaben an die Kreisverwaltungen berantreten, so muß trotzdem dafür gesorgt werden, daß die Einheitlichkeit der Verwaltung nicht durchbrochen wird, vor allem muß auf die Bedürfnisse der Bevölkerung Rücksicht genommen werden. Das Bild, das uns der Hih Finanzminister entworfen hat, ist ja ein recht unerfreuliches. Mindestens aber th h es den tatsächlichen Verhältnissen; ein Finanzminister darf sich nicht auf den anderen Tag und auf eine rosige Zukunft verlassen. Die Verhältnisse von 1907 haben sich weiter derschärft, von einer Steigerung der Einnahmen kann nicht die Rede sein. Da drängt sich die Fa6 auf, ob nicht auch wir hier im Parlament schon früher das efühl der Sparsamkeit verloren hatten. Das Parlament wird dadurch zu einer teueren Institution des Staates. Von allen Seiten des Hauses war auf eine Steigerung der Ausgoben hingewirkt worden;, das Jonglieren mit Millionen muß aber schließlich zu einer eingehenderen Stellungnahme zu den einzelnen Vorlagen führen. Es ist z. B. damit nicht getan, bei den Bauten, besonders denen der Eisenbahn, sorgfältig alle Kosten⸗ anschläge nachzuprüfen; dadurch wird man leicht dazu verleitet, die großen Gesichtspunkte überhaupt aus dem Auge zu lassen. Das Extraordinarium der Eisenbahn ist auch diesmal um 45 Millionen höher dotiert; jeder Privatmann weiß aber, daß man solche Ausgaben in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs nicht macht. Es war leicht früher in guten Zeiten, erste Raten für kolossale Bahnhöfe, für Ge⸗ bäude für Kunst und Wissenschaft zu bewilligen; man hätte daran denken sollen, daß der Weiterbau später sehr erschwert sein kann. Mit allgemeinen Redensarten, daß der Etat der Eisenbahnverwaltung alles decken kann, wenn er 2000 Millionen beträgt, ist nichts zu machen. Werden die Ausgaben nicht beschränkt, so nutzt auch eine noch sorg⸗ fältigere Prüfung des Etats durch die Budgeikommission gar nichts. Im einzelnen sind bei der Verteilung und Verwendung der Mittel manche Uebelstände eingerissen, die dringend der Abhilfe bedürfen. Namentlich bei der Verteilung der Mittel für die Volksschulen in den Provinzen sind Fehler gemacht worden; die Regierung muß gewissenhaft diese Verteilung vornehmen. Die Kostenanschläge für Bauten werden zwar sparsam aufgestellt, aber in den Dispositions⸗ fonds liegt immer noch ein Sicherheitsfaktor, und wenn dann noch etwas Geld im Dispositionsfonds vorhanden ist, wird immer noch dies und jenes schöner gemacht, sodaß die Kostenanschläge überschritten werden. Die Regierung soll nicht den Beweis für die richtige Auf⸗ stellung ihrer Etats dadurch erbringen, daß sie alle Dispositionsfonds auch wirklich aufbraucht. An Matrikularbeiträgen haben wir für 1906 noch 7 ½ Millionen und für 1907 25,3 Millionen in Rest gestellt, für das Jahr 1908 dagegen hat der Finanzminister dieses richtige Prinzip, die gestundeten Matrikularbeiträge in Rest zu stellen, verlassen müssen. Für das Jahr 1908 ist ein Fehlbetrag von 165 Millionen berechnet, dazu kommen aber noch die gestundeten Matrikularbeiträge von 46,2 Millionen. Daher ist die Forderung eines Steuerzuschlages von 30 Millionen für 1908 eine bescheidene Forderung und durchaus gerecht; wir müssen sie bewilligen, denn wir können uns nicht auf den Standpunkt des Mannes stellen, der sich sagt: ich habe 100 ℳ Schulden, jetzt kommt es auf etwas mehr auch nicht an. Wir müssen vielmehr der Forderung des Tages Rechnung tragen und diese Forde⸗ rung als berechtigt anerkennen. Das Jahr 1909 ist schon mit einem sehr großen Zinsendienst belastet. Der Eisenbahnetat scheint mir etwas günstig aufgestellt zu sein; wir können das nicht genau prüfen, denn der Etat mag noch so durchsichtig aufgestellt werden, es ist doch eine große Zahl von Positionen darin, die sich unserer Prüfung entziehen. Immerhin muß ich anerkennen, daß der Eisenbahnetat durchsichtiger als früher gemacht ist. Die Bilanz, die über das Eisenbahnvermögen im Eisenbahnetat diesmal aufgestellt ist, ist nur mit Vorsicht zu prüfen, es kommt dabei darauf an, was für Amortisationsprozente angenommen werden und dergleichen; jedenfalls sollte diese Bilanz nicht in unberufene Hände kommen, denn für Uneingeweihte könnte diese Bilanz die Ursache zum Groößenwahn sein. Wir haben nirgends sparsamer gewirtschaftet als in der Berg⸗ verwaltung, und doch ist das Ergebnis nicht günstig. Der Domänen⸗ etat zeigt die aufsteigende Tendenz der Landwirtschaft, darüber können wir uns nur freuen; ist doch die Landwirtschaft ein viel besserer und sichererer Abnehmer für die Industrie als das Ausland. Wir hoffen ferner, daß uns das Wassergesetz bald vorgelegt werden wird. Die Berechtioung der Schiffahrtsabgaben wird mehr und mehr an⸗ erkannt. Bezüglich des Justizetats müssen wir das Bestreben, die Richterstellen und Beamtenstellen zu vermehren, anerkennen. Der Landarbeiterfrage muß die Regierung nach wie vor ihre Aufmerk⸗ 5 zuwenden, da der einheimische Arbeiter für uns wertvoller st als der ausländische. Die Neuwahlen liegen hinter uns. Wir werden in ernster, gewissenhafter Arbeit die Ziele für das Vaterland zu erreichen suchen, wir sind uns unserer Pflicht vollkommen be⸗ wußt und hoffen, daß dem redlichen Willen der Erfolg nicht aus⸗ bleiben wird. Zum Landtagswahlrecht hat unsere Partei schon Stellung genommen; ich habe folgende Erklärung abzugeben: Wir werden abwarten, welche positiven Unterlagen die Erhebungen der Regierung über die letzten Wahlen ergeben werden; wir bezweifeln aber, daß eine Refo mbedürftigkeit bei dem preußischen Wahlrecht sich in höherem Maße bemerkbar gemacht hat als bei den Wahl⸗ rechten anderer Staaten und auch bei dem deutschen Reichstags⸗ wahlrecht. Von der Regierung hat man noch keine Aeußerung gehört. Auf die Herrschaft der Massen kommt es nicht an. Das Fersische Abgeordnetenhaus hat sich seit langer Zeit auf der Höhe seiner Aufgaben gehalten. Ob die zu erwartenden Vorschläge der Regierung dem Wohle des Staotes entsprechen, werden wir gewissenhaft prüfen. Ein sehr ernstes Bedenken aber möchten wir schon jetzt äußern: die Machtstellung der Krone, mit der das Wohl Preußens unaufloͤslich verbunden ist, darf nicht geschwächt werden; dagegen werden wir mit allen Kräften, mit aller Energie und mit aller Tieue kämpfen.
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Zur teilweisen Deckung des Defizits von 1907 ist der Ausgleichsfonds vollkommen aufgebraucht worden, sodaß bedauerlicherweise werbendes Kapital nicht mehr vorhanden ist. Für 1908 ist nicht die Vorhersage des Finanzministers, sondern die unserige eingetroffen, daß nämlich unser Etat in keiner Weise der Wirklichteit entspricht, weil die Ansätze in Einnahmen und Ausgaben sich von der Wirklichkeit entfernen. Beim Etsenbahnetat war für 1908 gegen 1907 eine Einnahmesteigerung von 5 % angenommen, tatsächlich ist aber der Verkehr um 4 % zurückgegangen, sodaß ein Ausfall von 9 % eingetreten ist. Der Finanzminister sagte demgegenüber, daß bei den Ausgaben dagegen nur 6,9 % Mehr⸗ bedarf eingetreten ist. Die Folgerung, die der dgensn esge daraus zieht, ist aber unbegründet. er Minister behauptet auf Grund dieser geringen Ueberschreitung des Ausgabeetats, daß er den Etat richtig aufgestellt habe; gerade das Gegenteil ist der Fall. Wenn tatsächlich die Einnahme erreicht werden sollte, die der Mivister voraussagt, so hätten die Ausgaben vielleicht um
Dieser Standpunkt ist längst überholt. Unsere jetzige Polizei soll in
80 Millionen uͤberschritten werden müssen; nur durch den u⸗
iger und Königlich Preußi
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n Staatsanzeiger. .2.
fälligen Umstand, daß die Einnahme zurückging, konnte er mit den Ausgaben auskommen. Der Etat für 1909 enthält von den 126 Millionen für die Beamtenbesoldung nur 77 Millionen Deckung, wonach noch 49 Millionen fehlen. Das gesamte Desizit von 1908 berechnet der Minister auf 165 Milltonen, j doch mit Einrechnung der Nachsteuer von 30 Millionen, ohne die es 195 Millionen betragen würde. Der Minister macht ferner mit Recht darauf aufmerksam, daß eigentlich noch 46,2 Millionen gestundeter Matrikularbeiträge in Rest zu stellen sind, sodaß das Defizit noch bedeutender wird. Ich gebe deshalb dem Minister recht, wenn er an alle die Mahnung richtet, die Reichsfinanzreform zustande zu bringen. Preußen sowie alle anderen Staaten, insbesondere die kleineren, sind von den finan⸗ ziellen Verhältnissen im Reiche abhängig. Leider erschwert uns das Verhalten der Interessenten die Finantreform außerordentlich, aber ich zweifle doch nicht, daß die politische Einsicht alle beteiligten Faktoren vereinigen wird, um diese Lebensfrage für das deutsche Volk zu lösen. Diese Frage ist nicht nur für die inneren wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern auch für die auswärtige Politik mitbestimmend und wird gelöst werden, wenn das deutsche Volk noch einen Funken von Pflichtgefühl gegenüber dem Staate hat. — Was den Etat angeht, so ist zunächst eine richtige Bilanzaufstellung notwendig, wie sie z. B. in Italien besteht. Würde man das tun, so würden wir sehen, daß wir trotz der Defizits der letzten Jahre ein außerordentlich gestiegenes Staatsvermögen besitzen. Anzuerkennen ist es, daß beim Eisenbahnetat alle Einnahmen und Ausgaben mehr in Erscheinung treten, aber eine schwere Enttäuschung hat es uns bereitet, daß man durch Einstellurg eines Dispositionsfonds von 15 Millionen über den schwankenden Einfluß der E senbahneinnahmen 2 zukommen glaubte. Wir hatten stets eine Abgrenzung zwischen der all⸗ gemeinen Staatsverwaltung und dem Eisenbahnetat durch eine feste Rente der letzteren vorgeschlagen. Der Finanzminister meinte, daß dann in schlechten Jahren die Eisenbahn selbst Anleihen aufnehmen müßte, um die Rende abführen zu können. Aber wir baben doch nur das Maximum der Zuschüsse der Eisenbahnen an die Staatsverwaltung festlegen wollen. Ebensowenig haben wir behauptet, daß das ganze Ertraordinarium entbehrlich sei, wir wollen nur nicht, daß die der Eisenbahn in Zukunft erwachsenden großen Ausgaben auch aus laufenden Mitteln bestritten werden. Die in jedem Jahre wechselnde Höhe des Extraordinariums zeigt, daß die Auf⸗ stellung des Etats rein willkürlich bleibt. Auf einen der⸗ artigen Etat hin mit neuen Steuern an die Steuerzahler heranzutreten, erscheint uns doch recht wenig angängig. Der beklagte die zu langsame Amortisation bei der isenbahnverwaltung, es seien von den 9,6 Milliarden Anlage⸗ kapital erst etwa 3 Milliarden getilgt. Wenn man aber bedenkt, daß von diesen 9 Milliarden der Wert an Grund und Boden eher gestiegen ist als vermindert, daß der Oberbau jedes Jahr durch neue Mittel in seinem Wert erhalten wird, so bleiben eigentlich nur die Gebäude, bei denen eine Amortisation gerechtfertigt ist. Nach dem Plan des Finanzministers würden wir also in 30 Jahren zwar unsere Eisenbahnschuld amortisiert haben, trotzdem sich das Ver⸗ mögen der Eisenbahn nicht vermindert hätte, aber alles auf Koften dessen, daß wir heute dafür uns besondere Steuern auf⸗ erlegen lassen sollen. Bei den anderen Etats ist es mir haupt fächlich aufgefallen, daß der Bergetat bei einem Vermögen von 700 Millionen nur 19 Millionen Ueberschuß ergibt, das ist eine Rente von nur 2,8 % in einer Zeit eines ganz unerhörten Aufschwungs des Bergbaues. Der Staat mag ja etwas teurer wirtschaften als ein Privatunternehmen, aber wir müssen doch einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt wenden. Die Frage der Wasserstraßenabgaben werden wir später noch zu prüfen haben. Beim Justizetat ist die Ausgleichung der Einnahmen und Aus⸗ gaben erfreulich. Wir meinen nicht, daß mit der I“ der Richterstellen zu schnell vorgegangen wird, aber es i doch auffällig, daß wir von Jahr zu Jahr die Richterstellen vermehren müssen. Das lieat an einem Fehler der Organisation. Die Justizverwaltung wird sich der Aufgabe widmen müssen, eine Er⸗ sparung an Beamtenstellen zu erzielen. Im Ministerium des Innern äußert das neue Polizeikostengesetz durch eine Mehrausgabe von 6,6 Mill. Mark seine Einwirkung. Die Polizei ist ihren Auf⸗ gaben bisher nicht immer gewachsen, und es ist deshalb eine Ver⸗ mehrung der Polizeiorgane notwendig. — Auf das Wahlrecht jetzt einzugehen, erübrtgt sich, weil wir in der nächsten Woche eine Ver⸗ handlung darüber haben werden; darin aber kann ich mich dem Abg. Pappenheim anschließen, daß wir wissen wollen, nach welcher Richtun die Vorarbeiten betrieben werden. Wir sind nicht der Ansicht, da das preußische Wahlrecht den Anforderungen entspricht, die man an ein gutes Wahlrecht stellen muß. Es ist nicht konservativ, das auf⸗ recht zu erhalten, was nicht der Aufrechterhaltung wert ist. Der Ansturm gegen das Wahlrecht ist entstanden, weil es nicht mehr den Bedürfnissen des Volkes entspricht. Beim Landwirtschaftsetat freue ich mich, daß der außerordentliche Fonds für die innere Kolonisation wieder verstärkt wird. Bezüglich der Verwaltungsreform verlautet, daß das Landwirtschaftsministerium mit seinen Vorarbeiten am weitesten im Rückstand sei, soweit es sich dabei um die Kolonisationsbehörden handelt. Ich bitte den Minister, uns über den Stand der Arbeiten Auskunft zu geben. Der Kultus⸗ minister hat uns im vorigen Jahre eine Reform der Ortsschulaufsicht durch stärkere Hinzuziehung fachmännischer Kräfte in Aussicht gestellt. Ich richte an seinen Vertreter die Frage⸗ wie weit die Arbeiten dazu sind. Besonderer Förderung bedürfen Mädchenschulen seitens es Staates, da diese Aufgabe wesentlich den Gemeinden obliegt und ihnen große Lasten verursacht. Im allgemeinen müssen wir uns der ößten Sparsamkeit befleißigen. Es dürfen nicht zuviel neue ö eingestellt werden. Die Verwaltungsreform, über deren Grundzüge wir hoffentlich recht bald etwas erfahren, muß nicht nur technisch umgebildet, sondern auch vereinfacht werden. Auch die Eisenbahnverwaltung wird sich be mühen müssen, bei ihren Bauten zu sparen; allerdings nicht in bezug auf die 2 Vagenhaltung, denn da ist das Beste gerade gut genug, um leistungsfähig zu bleiben, denn sonst erwachsen bei den Betriebskosten Mehrausgaben. Mit Dank begrüßen wir die Bildung der Wagengemeinschaft, aber warum sind wir eigentlich nicht zu einer Betriebemittelgemeinschaft ge⸗ kommen? Alle Staaten, mit Ausnahme vielleicht von Bavern, wären dazu bereit gewesen. Sparsamkeit müssen wir ferner üben in bezug, auf den Bau von Dienstwohnungen, und wir werden nach⸗ zuprüfen haben, ob mit größter Bescheidenheit gebaut worden ist. Auch an den Reisekosten der Beamten kann gespart werden. Es liegt die Vermutung vor, daß in vielen Ressorts viel zu viel gereist wird. Zahlreiche Reisen für Revisionen kleinlichster Art werden von Provinzialbeamten unternommen, während eine Revision durch Lokalbehörden genügen würde. In der Frage der Etatisierung haben nicht wir unseren Standpunkt eändert, sondern der Finanzminister. Der Finanzminister hat früher schon gesagt: solche Schwankungen sind vorübergehender Natur, wir müssen sie ung gefallen lassen; jetzt aber verlangt er neue dauernde Mittel. Der IE meint, daß 100 Millionen Mehreinnahmen der Eisenbahn nur eine Verbesserung von 30 Millionen Mark bedeuten, infolge des hohen Betriebskoefftzienten. Gewiß steigen auch die Aus⸗ gaben, aber es gibt auch eine Menge Ausgaben, die, wie z. B. die Berzpdltangsgostes. pro Leistungseinheit herabgedrückt werden, wenn der Verkehr steigt. Aus den starken Schwankungen der für allgemeine
Staatszwecke verwendbaren Ueberschüsse aus den Eisenbahneinnahmen 1“ “ ö“ 8-