1909 / 22 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jan 1909 18:00:01 GMT) scan diff

1g. enehmigten Vorschriften, welche den hier akkreditierten Boüfchaftern auswärtiger Mächte gege 2 über zu beobachten sind, haben sämtliche zum Allerhöchsten 9 gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren den Bot⸗

chaftern und deren Gemahlinnen, nachdem dieselben von hren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, von Ihren oheiten dem Kronprinzen und hren Königlichen Hoheiten den des Königlichen Hauses

Kaiserlichen und Königlichen ber und von⸗ Prinzen und den Prinzessinner em worden sind, sowie sämtliche zum Allerhöchsten ofe gehörigen oder dafelbst vorgestellten Damen den Bot⸗ Fhoff Lrban⸗ nach allgemeinem Herkommen den ersten Besuch, und zwar in Person, zu machen. Diese Bestimmung tritt jetzt in betreff des Köͤniglich großbritannischen Bot⸗ chafters und dessen Gemahlin sowie des Kaiserlich apanischen Botschafters und dessen Gemahlin n

Der Oberzeremonienmeister. Graf A. Eulenburg.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ Medizinalangelegenheiten.

Bei dem Ministerium der SSe r Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten ist der egierungssekretär Iskraut zum Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator ernannt worden.

Der Kreisassistenzarzt Dr. Wollenweber aus Bochum ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung des Kreisarztbezirks Landkreis Dortmund beauftragt worden.

Bekanntmachung.

Alle diejenigen jungen Männer, welche in einem der zum Deutschen Reich gehbrigen Staaten heimatsberechtigt und

1) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich

3.. Dezember 1889 geboren jind,

2) dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch nicht bei einer Ersatzbehörde zur Musterung gestellt, 3) sich zwar gestellt, über ihr Militärverhältnis aber 8 noch keine endgülti ge Entscheidung erhalten haben und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz ch 1F werden, soweit sie nicht von der persönlichen de gnhg in diesem Jahre entbunden sind, hierdurch auf Grund des § 25 der Deutschen Wehrordnung angewiesen: si aörs ihrer Aufnahme in die Rekru⸗ tierungsstammrolle in der Zeit vom 15. Ja⸗ nuar bis 1. Februar d. J. während der Stunden von Vormittags 8 bis Nachmittags 7 Uhr (Sonn⸗ tags bis Nachmittags 1 Uhr) im Geschäftsraume des für ihre Wohnung zuständigen Polizeireviers persönlich zu melden und ihre Geburts⸗ oder Losungs⸗ scheine und die etwaigen sonstigen Atteste, welche bereits ergangene Entscheidungen über ihr Militär⸗ verhältnis enthalten, mit zur Stelle zu bringen. 8 Geburtszeugnisse werden von den Standesämtern estellt.

9 ür diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welche zur Zeit abwesend sind an der Reise begriffene Handlungsgehilfen, auf See befindliche Seeleute ꝛc.), haben die Eltern, Vor⸗ münder, Lehr⸗, Brot⸗ und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art zu bewirken. 8 3

Wer die E Anmeldung versäumt, wird nach

33 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 mit einer eldstrafe bis zu 30 oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft. 3

Reklamationen (Anträge auf Zurückstellung bezw. Be⸗

eiung von der Aushebung in Hnesche gang bürgerlicher erhaͤltnisse § 32 2a— g der Deutschen Wehrordnung —) nd bezüglich aller Militärpflichtigen, auch der Einjährig⸗ reiwilligen, vor dem Musterungsgeschäft, spätestens aber im usterungstermine anzubringen; nach der Musterung ange⸗ brachte Reklamationen werden nur dann berücksichtigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ist. 1b Berlin, den 10. Januar 1909. Die Königlichen Ersatzkommissionen der Aushebungsbezirke Frommel.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 1 der Preußischen Gesetsammlung enthält unter—

Nr. 10 934 die Bekanntmachung des ZJustizminist ers, betreffend die Bezirke, für die während des Kalenderjahres 1908 die Anlegung des Grundbuchs erfolgt ist, sowie die Bezirke, für welche das Grundbuch auch in Ansehung der von der Anlegung ursprünglich ausenommenen Grundstücke als

elegt gilt, vom 18. Januar 1909.

Berlin W., den 26. Januar 1909.

Königliches Gesetzsammlungsamt. Krüer.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee. .““ Offiziere, Fähnriche usw. Berlin, 23. Januar. Scheidel, Rittm. z. D., Bezirksoffizier beim Landw. Bezirk Swinemünde, mit Pension und der Aussicht auf Anstellung im Zivildienst der bschied bewilligt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Allerhöchste Bestallung. 14. Januar. Düpel, Intend. Rat von der Schutztruppe für Südwestafrika, wiederangestellt als Vorstand der Intend. der 39. Div., zum Militärintend. Rat mit einem Dienstalter vom 14. April 1908 ernannt.

*

Kaiserin und Königin an 1 lähriger Tätigkeit in ihrem Berufe goldene Broschen ver⸗

Preußen. Berlin, 26. Januar.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin heute mittag die Fürstin von und zu Trautmanns⸗ dorff⸗Weinsberg in Audienz. ö

Im Jahre 1908 wurden von Ihrer Majestät der Hebammen nach vierzig⸗

liehen: in der Rheinprovinz 38, in den Reichslanden 22, in den Provinzen Brandenburg 15, darunter 2 in Berlin, Sachsen 14, Schlesien 12, Hannover 10, Westfalen 10, Hessen⸗Nassau und Ostpreußen je 8, in Schleswig⸗Holstein 7, Pommern 6, Westpreußen 3 und in Posen 1, zusammen 154.

Im Jahre 1908 wurden von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin an weibliche Dienstboten für 40 jährige Dienstzeit in derselben Familie goldene Dienstbotenkreuze mit Allerhöchstselbst vollzogenen Diplomen verliehen: in der Provinz Brandenburg 44, darunter 8 in Berlin, in der Provinz Schlesien 36, in der Rheinprovinz 31, in den Provinzen Sachsen 18, Ostpreußen 14, Hessen⸗ Nassau 11, Westfalen 11, Hannover 9, in Pommern, den Reichslanden Elsaß Lothringen und Schleswig⸗Holstein je 8, in Westpreußen 6 und Posen 3; zusammen 207.

Der Königlich großbritannische Botschafter Sir Edward Goschen und Gemahlin und der Kaiserlich japanische Botschafter Baron Chinda und Gemahlin werden, wie aus der bereits veröffentlichten Hofansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen. Dieser Empfang wird in der Königlich großbritannischen Botschaft am Sonn⸗ abend, den 30. Januar, und in der Kaiserlich japanischen Botschaft am Montag, den 1. Februar d. J, Abends von 9 Uhr ab, stattfinden. Der Anzug ist für die Damen in ausgeschnittenen Kleidern, für die Herren vom Militär in kleiner Uniform (seichaftsaasag „für die Herre m Zivil in Frack mit Ordensband über der Weste.

8 8 Der columbische Gesandte Dr. Ignacio Gutiérrez Ponce ist aus London in Berlin eingetroffen.

Der heutigen Nummer d. Bl. liegt das Sachregister zum „Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger“ für den Jahrgang 1908 bei. 8n 8 E111“

3 Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Seeadler“ am 23. Januar in Mozambique „.S S. M. Tpdbte. „S 90“ und „Taku“ Hankau nach Schanghai abgegangen.

8 8

sjind gestern von u““

Sachsen.

Die Zweite Kammer hat in der gestrigen Sitzung, „W. T. B.“ zufolge, den freisinnigen Antrag, betreffend die alljährliche Einberufung des Landtags, mit allen gegen 3 freisinnige Stimmen abgelehnt.

Im Verlaufe der Sitzung betonte der Finanzminister Dr. von Rüger, daß die sächsische Regierung unter keinen Umständen für direkte Reichssteuern, insbesondere nicht für eine Reichseinkommen⸗ oder eine Reichsvermögenssteuer zu haben sein werde.

Oesterreich⸗Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause standen gestern drei Dringlichkeitsanträge, betreffend die Abberufung des Grafen von Coudenhove als Statthalters von Böhmen, betreffend den Erlaß eines allgemeinen Farben⸗ verbots für Studentenverhindungen in Oesterreich und die Verfolgung der tschechischen Minoritäten im nordöstlichen Böhmen, auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ besprach der Abg. Choc in Begründung der Dringlichkett des ersten Antrags zunächst den Post⸗

erlaß, der die Tendenz der Einführung der deutschen Sprache als

Staatssprache zeige. Interessant sei der Zusammenhang dieses Erlasses mit der Verweigerung der Annahme von Postpaketen, die mit Adressen in tschech scher Sprache versehen seien, durch die reichs⸗ deutschen Posthbeamten. I dieser Verweigerung müsse eine Verletzung des Postvertroges durch Deutschland erblickt werden. Der Redner kritisierte dann mn abfälliger Weise die gesamte Wirksamkeit des Grafen von Coudenhebve, der sowohl in seiner Egenschaft als Oberkurator der böhmischen Sparkasse, als auch als Landeschef die Germanisterung fördere und den Bestrebungen auf eine Zweiteilung Böhmens Vor⸗ schub leiste. gation hätten kein Vertrauen zu dem Statthalter und verlangten seine Abberufung. Bei der Begründung der Dringlichkeit des zweiten An⸗ trages erklärte der Abg. Graf Sternberg, 4 die aus dem Mittelalter stammenden Privilegien der Universitäten im 1

gleichen Wahlrechts keine Ber chtigung mehr desäßen. Die Untverfi⸗ täten, irsbesondere die Studentenverbindungen, in Oesterreich seien im Gegensatz zu denen im Deutschen Reiche, wo dank der ethischen Grundlage und Erziehung ein glänzender Beamten⸗ und Offikters⸗ stand aus ihnen hervorgehe, Zuchtstätten aller demagogischen Laster. Die Studenten politisterten, und die Professoren bildeten eine ge⸗ fährliche Gelehrtenrepublik. Die Schwäöche und Ohnmacht der lassen, daß gegen die tschechische Bevölkerung, die die Uebergriffe der deutschen Couleurstudenten in berechtigter Notwehr griffen, mit Gendarmerie und Standrecht vor⸗ gegangen würde. Zum Schluß der Sitzung degründete der Abg. Lisy in sschechischer Sprache den Dringlichkeitsantrag, betreffend

die Verfolgung der tichechischen Minoritäten im nordöstlichen Böhmen. 500 000 % für die Erweilerung, der Postvamyfschiff verbindun⸗ einer mit Ostasien und Auftralien durch Ginrichtung einer viern chert⸗

italienischen Universität in Oesterreich gefragt wird,

Im Einlauf befindet si Benkovic, in der die Reg Erklärung der „Tribuna*

eine Interpellation des Slovenen g unter Bezugnahme auf die bekreffs Errichtung ob sie geneigt sei, jede fremden Staats in

nmischung dieser Frage zurü⸗ B

amerikanisch⸗japanischen Beziehungen bemerkte [Komura, er sei nicht der Ansicht,

Die tschechische Bevölkerung und die tschechische Dele⸗

eitalter des allgemeinen

Türkei. 6

u der Nachricht von der Mobilmachung der 6. bul⸗ garischen Division meldet das „K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenzbureau“, daß von einer besonderen militärischen Vorbereitung türkischerseits oder irgendwelchen türkischen Sonderabsichten auf strategisch wichtige Punkte des bulgarischen Gebiets in diplomatischen Kreisen Konstantinopels nichts be⸗ kannt sei. Allerdings herrsche seit einigen Monaten im 2. Korpsbereich unter seinem Kommandanten Nazim Pascha rege Tätigkeit, auch sei der Kommandant des 4. Korps Abdullah Pascha vor zwei Tagen mit einem Auftrage nach Adrianopel abgereist.

Die Deputiertenkammer erledigte gestern, nach Meldungen des „W. T. B.“, eine große Zahl von Anträgen, insbesondere bezüglich der Konzessionen zffentliger Arbeiten unter dem alten Regime, darunter die Kon⸗ zessionen für die Hafenbauten in Tripolis, für den Bau einer Straßenbahn in Brussa sowie der albanesischen Eisenbahn. Es wurde beschlossen, sämtliche Akten über die unter dem alten Regime zugestandenen Konzessionen zur Prüfung vom Handelsminister einzufordern und kuͤnftig die Konzessions⸗ erteilung von der Zustimmung der Kammer adhängig zu machen. Ein Antrag, die Regierung solle ein Rotbuch über die auswärtige Politik ausarbeiten, wurde abgelehnt, da die Anregung hierzu von der Regierung ausgehen müsse. Ebenso wurde ein Antrag auf Einführung der direkten Abgeordnetenwahl abgelehnt. Darauf vertagte sich das Haus auf morgen.

Bulgarien.

In der Sobranje wurde gestern die Regierung wegen der Mobilmachung der 8. Division intexpelliert. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ gab der Minister des Aeußern folgende Erklärung ab:

Von einer Mobilmachung kann nicht die Rede sein, sondern nur von einer Einberufung der Reservisten zur Verstärkung der Diviston und zur Waffenübung. Wir sind zu dieser Maßregel geschritten nicht in Verfolgung aggressiver Zwecke, da wir nicht die Absicht haben, den Frieden zu stören. Diese Maßregel erschien not⸗ wendig, um einer Eventualität, die einen türkisch balgarischen Zusammenstoß herbeiführen könnte, vorzubeugen. Jüngst haben wir die Erklärung abgegeben, daß die Unterhandlungen sich auf gutem Wege befinden und wir die Hoffnung hegen, daß demnächst ein bul⸗ garischer Delegierter nach Konstantinopel berufen werde. Tatsächlich hat das türkische Kommissariat in Sofia am Ende vorigen Monats der Regierung eine Depesche des Großwesirs mitgeteilt, in der die Regierung eingeladen wird, einen Delegterten zum Abschluß der Unter⸗ handlungen zu entsenden. Mit Rücksicht darauf, daß unser Dele⸗ gierter, bevor er Konstantinopel verließ, die Grundlage, auf der eine Verständigung möglich wäre, endgültig festgestellt und der ottomanischen Regierung mitgeteilt hatte, baben wir es als notwendig erachtet, vor der erneuten Rückkehr unseres Delegierten nach Konstantinopel zu wissen, od die von uns vorgeschlagene Grundlage angenommen würde. Die Antwort lautete unbestimmt. Infolgedessen haben wir kemen Delegierten entsandt. Unterdessen tauchte als nene Frage die Grenr⸗ berichtigungsfrage auf. Da dies eciner Gebietsabtretung gleichkommt und die Sache niemals in Erwägung gezogen war, schenkten wir ihr zunächst keine Aufmerksamkeit, in der Annahme, in Konstantinopel werde man die Folgen eines solchen Anspruches z2 beurteilen wissen. Aus später eingetroffenen Nachrichte: P wir, daß die Pforte bei den Botschaftern verschiedene ritte unter⸗ nommen dätte, und daß andererseits gleichzeitig im Beceiche des zweiten Armeekorps in Adrianopel gewisse Aktionen stattfänden. Wir konnten glauben, daß wir vor der erwähnten Eventualität stehen und nicht unsere Pflicht erfüllen, wenn wir nicht die entsprechenden Maß⸗ regeln treffen. Die Regierung, die nicht von der Politik freund⸗ schaftlicher Regelung abgeht, ist der Meinung, daß die ergriffene Maßnahme eine reine Vorsichtsmaßregel ist. Es ist Sache der Deputierten, die Bedeutung dieser Maßnahme abmschätzen und sie mu billigen.

Die Kammer erteilte der Regierung durch Mklamation ein Vertrauensvotum.

Amerika.

Die Vertreter der Vereinigten Staaten von Nordamertka, Englands und Canadas haben nach einer Meldung des „W. TB. beschlossen, die Streitfrage, betreffend die Fischerei in den Gewässern von Neu⸗Fundland, dem Haager Schiedsgerichtshof zur Entscheidung zu unterdbreiten.

Infolge der in den Beziehungen Hollands zu Venezuela eingetretenen Aenderung wird von den vier holländischen Kriegsschiffen, die in den westindischen Gewässern stationiert worden waren, sofort nach Ankunft der „Utrecht“ in der Heimat ein zweites zurückberufen werden.

Der Streit zwischen Chile und Peru wegen der Provinzen Tacna und Arica dürfte, obiger Quelle zufolge, sobald noch nicht erledigt werden, da der chilenische Gesandt Echinique unverrichteter Sache aus Peru zurückgekehrt ist.

Asien.

Wie das „W. T. B.“ aus Tokio meldet, haben der Finanzminister Marquis Katsura, der Minister des Aus⸗ wärtigen Baron Komura und der Kriegsminister Vicomte Terauchi in Beantwortung von Anfragen, betreffend die Einschränkung der japanischen Rüstungen, die Er⸗ klärung abgegeben, daß die Beziehungen Japans zu den

anderen Großmächten sich so gebessert hätten, daß die Ein⸗

Bezüglich der Baron daß die in Aussicht genommene antijapanische Gesetzgebung in Kalifornien das Verhältnis Japans zu Amerika irgendwie beeinflussen werde.

schränkungen völlig gerechtfertigt seien.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten besinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage. der heutigen Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssckretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg,

der Staatssekretär des Reichsschatzamis Sydow, der Staats⸗ sekretär des Reichspostamts Kraetke und der Staatssekretär Regierung gegenüber den Untversitäten habe es dahin kommen

gegen Prag izu

des Reichskolonialamts Dernburg beiwohnten, stand zunächst der Gesetzentwurf zur Ergänzung der Gesetze, L92. seei

Postdampfschiffsverbindungen mit Ländern, zur Beratung. Die Vorlage ist identisch mit derjenigen, die bereits im porigen Jahre dem Reichstag vm; worden ist und eine Eebebaag Reichssubvention des Norbdeutschen Lloyd um sührli

ũ ber

lichen Verbindung zwischen Neuguinen einerseits und Jayan und

Australien andererseits bezweckt. Nach dem Hauptvertras vor

1888, der bis zum 1. Oktober 1914 läuft, hat der Unternehmer die Verpflichtung zum achtwöchentlichen Betriebe

Verbindung Singapore Neuguinea. Von der gesamten Subvention von zührlich 5 590 000 ℳ, die der Norddeutsche Lloyd nach

I, Vertrage für die Dauer von 15 Jahren bezieht, entfällt der

etrag von 270 000 auf die Neuguinea⸗Singapore⸗Linie. Im vorigen Jabhre bat der Reichstag statt der geforderten 500 000 nur 230 000 bewilligt. Der Norddeutsche Lloyd hat es seiner⸗ seits abgelehnt, die von ihm bereits seit 1905 unter Fortfall der Verbindung Singapore —Neuguinea eingerichtete Austral⸗Hengkong⸗ Pnie weiter zu betreiben, da ihm eine Erhöhung der Subvention um

nur 230 000 nicht genügt, und hat sich nur dazu verstanden, für

diesen Betrag die Austral⸗Pongkong⸗Linie unter Anlaufen der Insel aber unter weiterem Fortfall des Betriebes der Singapore⸗

a b8 ea ⸗Linie bis zum 1. April 1909 fortzuführen, und auch theoretisch

dies nur gegen die ausdrückliche Zusage, daß die u sp⸗üngliche Vorlage der verbündeten Regierungen in der laufenden Session unverändert wieder eingebracht, ihm also für den Betrieb der Austral⸗ ongkeng⸗ und der wiederaufjunehmenden Singapore⸗Neuguinea⸗ sons die Erhöhung der Subvention um eine halbe Million, also auf brlich 770 000 gewährt würde. Der Norddeutsche Lloyd hat geltend gemacht daß er nur zu lange zur Aufrechterhaltung der Ver⸗ hindung Neuguinea mit der Außenwelt große Opfer gebracht habe, daß er in erster Linie Erwerbsgesellschaft und im Interesse seiner Aktionäre außer stande sei, in so schweren wirtschaftlichen Zeiten, wie sie gegenwärtig die Schiffahrt durchzumachen babe, verlust. bringende Linien weiter zu führen. Er müsse sich sonst auf seire ihm nach dem Hauptvertrage allein obliegende Verpflich⸗ tung zurückziehen; nur bei dem Betriebe der beiden, sich er⸗ inenden Linien könne er seine Rechnung finden. Die verbündeten egierungen haben mit Rücksicht auf die verhinanisvollen Folgen, die der Verzicht des Norddeutschen Lloyd für das Schutzgebiet haben müßte, sich entschlossen, die vorjährige Vorlage unverandert wieder beim Reichstage einzubringen. Als erster Redner ergriff der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg das Wort, dessen Aus⸗ führungen morgen im Wortlaut werden mitgeteilt werden.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (18.) Sitzung, welcher der Minister des Innern von Moltke beiwohnte, zunächst die Beratung über die Land⸗ tagswahlrechtsanträge der beiden freisinnigen Parteien und der Polen, welche die Einführung des Reichstags⸗ wahlrechts für Preußen und eine Neueinteilung der Wahlbezirke verlangen, und über den Eventualantrag der nationalliberalen Abgg. Hobrecht und Genossen fort, die für den Fall der Ablehnung jener Anträge vorschlagen, das Wahlrecht 1) nach der Bedeutung der Einzelpersönlichkeit und der kulturellen, wirtschaftlicheen und sozialen Entwicklung des Volkes abzustufen, 2) das direkte Wahlverfahren sowie 3) die geheime Stimmabgabe einzuführen und 4) die Wahlkreise ent⸗ sprechend der Umwälzung der wirtschaftlichen und der Be⸗ völkerungsverhältnisse zu verändern.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Die gestrige Kundgebung der Regierung war so ausgefallen, wie ich sie erwartet hatte. Wenn das Reichstagswahlrecht auch für Preußen eingeführt werden sollte, würde sich ja cine Statistik erübrigen; so aber kann es nicht über⸗ raschen, wenn die Regierung zunächst Erhebungen anstellen will. Ich bitie nur, diese staristische Ehebung mit möglichster Be⸗ schleuntgung auszuführen. Ich will nicht ableugnen, daß die Fassurg des ersten Absatzes unseres Antrages eine sehr allge⸗ neine ist; wir wollen aber an dem Prineip einer gewissen Ab⸗ stufung im Wahlrecht des Einzelnen festhalten. Wir wollen das demokratische Wahlrecht des Reiches durchauz schützen, aber in den Einzellandtagen sollten nach unserer Meinung Bildung und Besitz mehr zur Peltung gelangen. Wir fordern auch die direkte Wahl; denn diese hat den Vorteil, daß sie Wähler und Gewählte mehr in enge Beziehungen zueinander bringt. Auch für die geheime Abstimmung tritt die große Mehrheit meiner Freunde ein; ich habe auch autdrücklich für die Minderheit in unseren Reihen zu erklären, daß deren Ablehnung der geheimen Wahl keine pro⸗ grammatische ist, sondern daß sie ihren endgültigen Entschluß von dem Aussehen des küaftigen Wahlrechts abhängig machen. Die Gründe für die geheime Abstimmung sind oft genug dargelegt worden. Der Terrorismus und Bovpkoit bei den öffentlichen Wahlen ist geradezu zu einem moralischen Krebsschaden der Nation geworden. Die Partei, die für die volle Freiheit der Persoönlichkeit eintritt, dürfte von der Waffe des Boykotts und des Terrorismus eigentlich keinen Gebrauch machen, sonst bezeugt sie, daß sie die Freiheit, die sie für sich fordert, anderen nicht zugesteht, und daß sie demnach für die politische Freiheit noch nicht ref ist. Auch der Druck von oben ist heute noch immer in gewissem Umfange zu konstatieren. Die Regierung hat zwar erklärt, daß die Organe der Staatsgewalt sich bei den Wahlen durchaus neutral verhalten sollen; ich zweifle nicht an der Loyalität dieser Er⸗ klärung. Aber dieser energische Wille an der Zentralstelle hat sich nicht immer bis zu den untersten Instanzen durchsetzen können. In Memel⸗ Hepdekrug ist die gane Wahlarbeit im Landratsamt gemacht worden, im Hannoverschen hat ein Ortsvorsteher einmal öffentlich durch An⸗ schlag aufgefordert, bei den Geschäftsleuten, die für einen national⸗ liberalen Kandidaten gestimmt hatten, nicht mehr zu kaufen. (Raf bei den Sozialdemokraten: Das sind unsere Lehrer!) Sie (u den Soꝛntaldemokraten) haben allerdings Ihre Lehrer weit übertroffen. Das sind einzelne Fälle, aber Sie machen es engros⸗ geschäfismäßig. Die Exrklärung des Reichskanzlers über die politische Betätigung der politischen Beamten findet unsere Zustimmung, die politischen Beamten sollen nur die Politik des leitenden Staatsmanns und seines Ministeriums vertreten. Ich begreife nicht, wie diese Erklärung des Reichskanzlers bei den Konservativen so lebhafte Erwiderung gefunden hat Wean ein liberaler Beamter wegen einer Uebersch eitung der Grenzen in seiner politischen Betäͤtigung durch eine Disziplinaruntersuchung oder sonstwie von oben darüber belehrt wurde daß er seine Amts⸗ befugnis überschritten habe, so begrüßten das die Konservat’ven immer mit Jubel, weil es für die Disztplin der Beamten notwendig sei; aber deshalb müßten sie diesen Stand⸗ punkt gerade bei Beamten ihrer eigenen Partei vertreten Die Grenze zwischen der politischen und der perönl chen Betätigung eines Beamten ist allerdings sewierig und mag für den einzelnen Beamten Sache des Takies sein. Wenn der Oberpräsirent von Westpreußen an einer Versammlung des konservativen Provinzial⸗ derecins, ia der eine sehr opposilionelle Stellungnahme gegen den leitenven Staatsmann stattfinret, sich beteiligt, so ist es Sache des Taktes, wie der Oberpäsident sich damit ab⸗ indet. Weun wir bezüglich der Einteilung der Wahlkreise nicht ohne weiteres für den freisinnigen Antrag stimmen können, so beruht dies darauf, baf dieser Teil des freisinnigen Antrags Zweifel aufkommen lassen kann. Wir wollen dagegen ausdrücken, daß die reine Volkesziffer für uns nicht entscheidend ist, sondern daß ach auf die historische Entwicklung, auf die landschaft⸗ liche Zusammengehörigkeit und gel die Größe der Fläche Rücksicht in nehmen ist. In dieser Beziehung stimmen wir überein mit den eerpetiten, reikonservativen und demn Zentrum. Wenn die Konservativen sich nach der Sleuerleistung richten wollen, o bleibt gerade in bezug auf die Steuerlast der industrielle

den in der Zahl der Abgzgeordneten weit hinter dem Bedürfnis zurück. Gerade wenn man das Wahlrecht auf die Steuer⸗ last aufbaut, ist unser Aatrag berechtigt. Der Abg. Ströͤbel neunt ein Parlament, das aus Wahlen nach der Steuerleistung her⸗ vorgegangen ist, ein Gelbdsackparlament. Aber es sind doch nicht nur dse Millipnäre an Zuhl und Größe ihres Einkommens gewachsen, sondern die Bewegung setzt von unten ein, die Zahl der Zensiten wächst sa allen Klassen von Jahr eu Jahr, uad darin liegen wirtschaftliche Vor⸗ veile fuür das große Ganle. Die Leiserun des Abg. Stroͤbel entspricht also

aagpeg der Einseitigkeit, die wir hei der soztalvemokratischen enn wegen der hohen Kommunalsteuer ver⸗

vmohnt sind.

daß

positiven Beschlußfassung mitwirkt.

mögende Personen ihren Wohnfitz aufgeben und in Orte mit niedrigeren Steuern ziehen, so ist das für die Bevölkerung ein schwerer Schaden. Die Städte in der Provinz werden mehr und mehr von den großen Steuerzahlern verlassen, die nach Berlin ziehen. An den Ausführungen des Abg. Herold hat der Abg. Strobel schon eine solche Kritik geübt, daß mir wirklich nichts zu sagen bleibt. Herr Herold hat eigentlich gar nichts gesagt, er hat sich nur mit nelten Scherzen über die Bedeutung des Frei⸗ sinns und anderer Parteien im Block über die Sache hinweggeholfen. Das sind die alten Phrasen. Wenn man bedenkt, daß die Taklik des Zentrumzs in diesem Hause immer war, so zu operieren, jede positive Beschlußfassung verhindert wird, so hat Ströbel mit Recht gesagt, das Zentrum habe sich zwar für das Reichstagswahlrecht erklärt, aber keinen energischen Schritt dazu getan. Da sich unser Antrag mit den Ansichten deg Zentrums in zwei Punkten deckt, werden wir⸗ erwarten dürfen, daß das Zentrum ihn unterstützt und an einer Herr von Zedlitz steht uns im großen und ganzen nahe, auch er hält das Wahlrecht für reform⸗ bedürftig, auch er wünscht für eine maßvollere Form die Initiative der Regierung, und er unterscheidet sich von uns eigentlich nur im Tempo, denn ihm scheint es mit der Reform nicht so eilig zu sein, während wir sie für dringend halten. Die Rede des Herrn von Richt⸗ hofen endlich hat nicht nur innerhalb dieses Hauses, sondern auch außerhalb eine gerechte Verwunderung hervorgerufen, man hat sie als einen Rücktritt der Partei vom Block und als einen scharfen, wohl überlegten Vostoß gegen den leitenden Staatsmann auf⸗ gefaßt. (Zwischenrufe rechts.) Dag ist durchaus nicht ein Vor⸗ wurf. Wir werden naturgemäß die Konsequenjen ziehen. (Zwischenrufe bei den Soztaldemokraten.) Wir werden uns natürli

nicht gerade bei Herrn Hoffmann Rats erholen. Wir sehen umsomeßt einen Vorstoß gegen den leitenden Staatemann darin, als Herr von Richthofen im Namen seiner Fraktion gesprochen hat. Er sprach von den bewährten Grundlagen unseres Wahlrechts. Worin liegt nur diese Bewährtheit? Dieses Wahlrecht ist allerdirgz die festeste Stütze der Machtstellung der Konservativen. (Wlderspruch rechts.) Herr von Richthofen fragt: Nicht wahr, Sie wollen die Machtstellung der Konservativen untergraben? Diese Frage kann man mit Ja und Nein beantworten. Natürlich hat jede Partei, auch die konservative, das Bedürfnis nach Expansion, nach Einfluß und nach Vermehrung ihrer Mitglieder; dazu kämpfen wir ja den politischen Kampf. Aber mit Nein muß ich die Frage beantworten in dem Sinne, als ob es nur eine Frage der anderweitigen Verteilung der Machtverhältnisse wäre. Das muß ich mit Entrüstung zurückweisen. Wir treten für eine Wahlreform nur deshalb ein, weil uns das jetzige Wahl⸗ recht für uazureichend und nicht mit den Grundsätzen der Gerech⸗ tigkeit und Billigkeit übereinstimmend erscheint. Der Abg. von Richt⸗ hofen berief sich darauf, daß das Dreiklassenwahlsystem doch von liberaler Seite eingeführt sei. Sind denn nicht seit jener Zeit viele Veränderungen eingetreten, ist das ganze Gebäude nicht durchaus morsch geworden? (Rufe rechts: Nein!) Sie sehen eben nicht, daß das ganze System zerstört und unterbrochen ist durch die Urwahlen; daß ein Wähler mit höherem Einkommen einen viel größeren Einfluß hat als ein Wähler mit geringerem Einkommen, schlägt der Gerechtigkeit geradezu ins Gesicht. Ein zweiter Punkt ist der, daß zu dem ursprünglichen Steuersatz auch noch die Gebaͤäude⸗ und Grundsteuer zugeschlagen ist, die Sie (nach rechts) ja gar nicht mehr zahlen. Nicht jede politische Ge⸗ meinde wird gedrittelt, sondern jeder Wahlbezirk, sodaß es vorkommen kann, daß ein Wäbler, der in einen anderen Wahlbezirk zieht nun mit dem gleichen Einkommen in einer anderen Klasse wählen vns

Herr

als vorher. Wir haben von jeher den Standpunkt vertreten, da eine Reform des Wahlrechts notwendig ist, die aber allen Klassen der Bevölkerung gerecht werden muß Der Abg. von Richthofen hat dann von der Massenpsychologie geredet. Diesen Standpunkt teilen wir vollkommen, und gerade unsere Anträge beweisen, daß wir es für nicht gut getan halten, in schweten Zeiten die Massen aufzuregen. Das Zentrum will, wenigstens theoretisch, das allgemeine Wahlrecht haben, und deshalb wäre es naturgemäß gewesen, wenn der Abg. von Richthofen seine Angriffe anstatt gegen uns gegen das Zentrum gerichtet hätte. In bezug auf das Wahlrecht stehen wir tatsächlich den Konservativen näher als das Zentrum. Ich bin ein Gegner davon, die Religion in die Politik hineinzuziehen, wie es der Abg. peron⸗ getan hat, der sagte, daß es die Tendenz des Christentums ei, die unteren Klassen heraufzuziehen; Herr von Richtbofen hat aber diese Konsequenz nicht gezogen. Wenn ich die Wahl hätte zwischen dem Christentum des Heren von Richthofen und dem des Herrn Herold, so würde ich das Christentum des Abg. Herold entschieden vorziehen. Der Abg. von Richthofen will das Christen⸗ tum nur benutzen, um seine eigene Machtstellung zu stützen. Wir Nationalliberalen haben eigentlich gegen sämtliche Fronten zu fechten und sind stets bestrebt, diesen Kampf in ehrlicher Weise zu führen. Wenn aber die Konservativen trotz des Block⸗ edankens sich überall mit dem Zentrum gegen uns verbunden haben, o war das nicht die loyale Haltung, die wir den Konservativen gegen⸗ über eingenommen haben; Sie haben sich mit demselben Zentrum ver⸗ bunden, das uns dann wieder im Westen im Bunde mit der Sozial⸗ demokratie bekämpft. Nun meinte Herr von Richthofen großmütig, wir glaubten uns vielleicht unsere liberale, ja beinahe radikale Haltung deshalb leisten zu können, weil wir ja genau wüßten, daß die Konservativen, der Bund der Land⸗ wirte und der Mittelstand gewissermaßen als Gegen⸗ ewicht vorhanden sind. Das hätte er lieher nicht sagen follen. Es st gar nicht zu verkennen, daß die Zugehörigkeit des Mittel⸗ standes zur zweiten Klasse im Laufe der Jahre mehr und mehr abgenommen hat. Wir unterschätzen nicht die Bedeutung einer konservativen Partei für den Staat, aber wir müssen be⸗ streiten, daß die Herrschaft der Konservativen durchaus notwendig sei, und daß sie zu identifizieren sei mit dem Staatswohl. Herr von Pappenheim hat es für seine Freunde in Anspruch genommen, doß diese am meisten für die Rechte der Krone einträten. Wir alle schätzen eine starke Initiative der Krone, aher dann muß man auch der Willensmeinung der Krone eine grundlegende Bedeu⸗ tung beilegen. Die gestrigen Ausführungen des Abg. von Richthofen bedeuteten aber eine außerordent ich scharfe Kritik der in der Thron⸗ rede zugesagten Reform des Wahlrechts Ein sosches Perfahren nennt man nicht mehr Schutz, sondern Vormundschaft. Wenn Sie (nach rechts) aus Ihrer Mißstimmung über die in Aussicht gestellte Wahl⸗ reform gegen den leitenden Staatsmann ankämpfen, so lasse ich dahin⸗ estellt, ob sich auch das mit konservativen Grundsätzen verträgt. Leitende Staatsmänner haben oft von politischen Gegnern deren fruchtbringende Grundsätze übernommen; ein glänzendes Belsplel dafür war Bismarck. Auch die konservativen Staatsmänner in England haben eingeseben, daß es richtig sei, die liberalen Geundsätze des Wahlrechts zu übernehmen. Ob Sie (nach rechts) einen solchen Staatsmann unter sich haben, der das auch tun kann, weiß ich nicht. Jedenfalls hat Herr von Richthofen nach seiner gestrigen Rede auf mich nicht dlesen Eindruck gemacht. Wenn Sie das aber nicht könnsn, so werden sie vor der Geschichte nicht als eine weitausschauende Partei einst dastehen, sondern als eine selbstsüchtige und kurzsichtige Partel.

(Schluß des Blattes.)

Zur Arbeiterbewegung

Der Leipziger Kreisverband der Epangelischen Ar⸗ beitervereine hat, der 8 Jto. zufolge, beschlossen, zum Zwecke der Hebung der sozialen Tätigkeit und der Förderung des soztalen ewußtseins in den Evangelischen Arbeiterbereinen, dem nächsten elegiertentage den Antrag vorzulegen, daß jeder dem Landesverein

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e der ngelschen Arbeitervereine Sachjens angehörende Verein eine!

besondere Kommission für scen⸗ Angelegenheiten errichten soll. Auf⸗ abe dieser Kommission soll sein, die Durchföh ung der auf den

elegiertentagen des Landesvereins und auf den Tagungen des Kreis⸗ verbandes gefaßten Beschlüsse sowie die gewissenhafte Befolgung des

rogramms des Gesamtverbandes Evangelischer Arbeitervereine

reutschlands und des Gemeindeprogramms des sächsischen Landes⸗ verbandes seitens der Einzelvereine zu überwachen und die Vereine anzubalten, sich an allen Wahlen und sozialen Angelegenheiten, die der Arbeiterschaft oder der Allgemei heit dienen, zu beteiligen. Auch das Bildungswesen soll die Kommission fördern, mit anderen natio⸗ nalen Vereinen nationale eee in Gestalt von Volksfesten veranstalten, Flugblätter verteilen usw. Ueber den einzelnen Kom⸗ missionen soll eine Zentralkommission für den ganzen sächsischen Landes⸗ verband stehen, die ihren Sitz in Dresden hat.

In Paris sind, wie meisten Zeitungen mit der Forderung einer Lohnerhöhung in den Ausstand getreten. In mehreren Druckereien zerstörten die ausständigen Maschinensetzer den bereits fertiggestellten Satz. Die Zeitungen, die auf den Streik vorbereitet waren, konnten fast ausaahmslos in ihrer gewöhnlichen Form erscheinen, 5 2. Maschinensetzer rasch durch Arbetterinnen ersetzt werden onnten. setzer dem Ausstande nicht angeschlossen. Mehrere Zeitungsherausgeber haben die Forderungen der Maschinensetzer bewilligt. Die Roll⸗ kutscher der Zentralhalle, 500 an der Zahl, sind in den Aus⸗ stand getreten. Sie verlangen eine Lohnerhöhung und neue Arbeits⸗ bedingungen.j 8

Wohlfahrtspflege.

Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbilbung ielt am Sonntag unter dem Vorsitz des Prinzen Heinrich zu choenaich Carolath eine aus allen Teilen des Reiches stark be⸗

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W. T. B.“ meldet, die Setzer der

Uebrigens hat sich ein beträchtlicher Teil der Maschinen⸗

slage Are Hauptversammlung ab, in der über

as Verh handelt und auf Antrag des stellvertretenden Vorsitzenden Direktor Schrader, M. d. R., folgender Beschluß gefaßt wurde: „Die Generalversammlung beschließt in Anerkenn ung der Not⸗

ltnis der Verbände der Gesellschaft zur Zentralstelle ver⸗

wendigkeit, die Volksbildungsbestrebungen den weitesten Kreisen zugäng⸗

lich zu machen und auf das beste auszugestalten, 1) ihre

ezirks⸗

organisationen zu entwickeln, zu kräftigen und auszudehnen und zur

dessen für bestimmte Bezirke Wanderredner im Ein⸗ vernehmen mit der betreffenden Bezirksorganisation zu stellen, 2) den zu beauftragen, Vorschläge für die Ausgestaltung der

rganisatton zu machen, unbeschadet dieser Vorschläge aber durch zwischen der Zentralstelle und

Verständigung einerseits

Verbänden und Zweigvereinen andererseits auf deren Entwicklung

und Kräftigung hinzuwirken und mit der Stellung von Wanderrednern vorzugehen. Der Hauptversammlung war am Sonnabend eine

Sitzung des Zentralausschusses der Gesellschaft voraufgegangen, in der

derselbe Gegenstand vorberaten wurde. Die Veranlassung zu diesen

Verhandlungen haben die Anträge aus einer Reihe von Verhänden der Gesellschaft gegeben, die eine lebhaftere Entwicklung der Verbands⸗

organisation der Gesellschaft für wünschenswert halten.

Der Zentralausschuß des Deutschen Vereins für Armen⸗

pflege und Wohltätigkeit, der in der zweiten Januarwoche 1909

in Berlin tagte, hat München zum Ort der nächsten Plenarversamm⸗

lung für den 23. und 24. September 1909 gewählt und als Gegen⸗ 8

stand der Tagesordnung festgesetzt: Arbeitsscheue und gegen äumige 2) Schulspeisung, 3) die Armenpflege auf dem Lande. Alle drei Verhandlungspunkte sind als wichtige, brennende Fragen der öffentlichen Erörterung dringend bedürftig.

In einigen deutschen Staaten, wie in Sachsen, Württemberg und

1) Zwangsmaßregeln gegen

neuerdings auch in Hamburg, bestehen besondere Zwangsarbeits⸗ 8 anstalten und gesetzliche Bestimmungen, um arbeitsscheue,

trunksüchtige und herumvagierende Personen, die für die Ernährung ihrer eigenen Famille nicht sorgen und diese Ernährungspflicht den Armenbehörden überlassen wollen, zwangsweise zur Arbeit anzuhalten. Solche gesetzlichen Bestimmungen fehlen in 28 und in vielen anderen Staaten des Deutschen Reiches. Es wird

Nährpflichtige,

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ür wünschenswert erachtet, daß solchen

Arbeitsscheuen gegenüber, die für sich oder für ihre nicht arbeits⸗ fähigen Angehörtigen, zu deren Ernährung sie gesetzlich verbunden sind,

Armenunterstützung empfangen, der Arbeitszwang durch das gesetzlich geregelt wird.

Die von Schulspeisungen wird von verschiedenen Armenbehörden und Armenfreunden überhaupt be⸗ stritten, weil sie sehr viele Eltern darin bestärken, die natürlichsten und ersten Pflichten der Ernährung Kinder zu vernachlässigen. Jedenfalls sollte man nur solche armen Kinder unterstützen, deren mißliche häusliche Verhältnisse den Lehrern genau bekannt sind und die sich um diese Wohltat bewerben und kleine Beiträge zur Ernährung leisten. Man sollte sich

leich

ihrer

ferner mit der Verabreichung einer nährenden, kräftigen Suppe mit Brot während der Schulzeit begnügen. Endlich sollte man überall

da, wo mehrere Vereine solche Speisungen von Schulkindern ein⸗ gerichtet haben, dafür sorgen, daß die betreffenden Menschenfreunde und Lehrer sich über eine Gleichmäßigkeit der Art und des Umfanges der Leistungen in Gemeinschaft mit der Armenbehörde verständigen. Die Armenpflege auf dem Lande, die als dritter Haupt⸗ gegenstand der Beratungen in München im September 1909 be⸗

prochen werden soll, läßt in vielen Dörfern noch recht dviel zu

wünschen licher Mangel an liegt der

übrig und bildet au Arbeiterfamilten nach den Grohstädten.

landwirtschaftlichen Arbeitern tiefere Grund desselben wohl

Wenn geklagt w auch darin,

über daß

eine Ursache der Flucht länd⸗

wird, so

man sich teils um die materielle Wohlfahrt der minderbemitteltem

Dorfbewohner, teils um gute Belehrung, Unterbaltung und edlere

Erholungen der erwachsenen und der jugendltchen Armen des Dorfes zu wenig kümmert, während die Städte sich anstrengen, dafür Opser

zu bringen und nicht nur ihre Armenpflege, sondern auch ihre Wohl⸗ ee und die Volksgeselligkeit daiss⸗cnad zu verbessern und zu vere din.

1 Kunst und Wifsenschaft.

Das Carnegie⸗Institut in Washington läßt, wie der „Frankf. Ztg.“ aus New York gemeldet wird, dort für erdmagnelische EReeee eine erbauen, bei deren Konstruktion die

verwendung von Eisen nach Möglichkeit vermleden wird. Tatsächlich mag man das Fahrzeug als ein „Schiff ohne Eisen“ bezeichnen, denn nur ein ganz dünner Zylinder in der sonst aus Bronze konstrulerten Dampfmaschine und die Ventilstangen sind aus Gußeisen betw. Stahl hergestellt. Da das ganze Schiff 568 t Wasserverdrängung hahen wird, kommt dieses Eisen gar nicht in Betracht und es wird, der Ansicht der Fachmänner zusolge, keinerlel Einfluß auf die Be⸗ ohbachtungzinftrumente haben, mit denen das Fahrzeug ausgerüstet sein wird. Wo sonst auf andern Schiffen Eisen verwendet wird, ist hier entweder Kupfer, Bronze oder bartes Holl zu finden. TX zeug ist in erster Linie als Segelschiff gedacht; seine Maschine soll nur bei Windstille oder widrigen Winden gebraucht werden und soll stündlich sechs Knoten machen

8 8 Verkehrsanstalten..

In Arahoabh (DHeutsch. Südwestafrika), nordöfil! Hibeon ist eine Postagentur eingerichtet worden, deren Tätigkeit si aaf die Annahme und Ausgabe von pwöͤbnischer und eingeschriebenen Briefsendungen, auf sungs⸗ und Nachnahmedienst im Verkehr innerhalb des utzgebiets und mit Peutschland sowie auf den Zeitungsdienst erstreckt.

Das Fahr⸗

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