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Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.
Dem Privatdozenten in der medizinischen Fenata und Prosektor am Pathologischen Institut der Friedrich Wilhelms⸗ Universität zu Berlin Dr. Hermann Beitzke ist das Prädikat Professor beigelegt worden. Am Lehrerseminar in Elten ist der bisherige Lehrer Heer aus Siegburg und am Lehrerseminar in Dillenburg der bisherige kommissarische Lehrer Steuernagel vom Seminarnebenkursus daselbst als ordentlicher Seminarlehrer angestellt worden. vu“
Königliche Akademie der Künste.
Wettbewerb um das Hugo Reisinger⸗Stipendium.
Das Stipendium beträgt 1000 ℳ und ist im Jahre 1909 für Architekten bestimmt.
Der Wettbewerb beschränkt sich auf die gegenwärtigen und früheren Studierenden der mit der Akademie der Künste verbundenen akademischen Meisterateliers. Dieselben müssen deutscher Nationalität sein und dürfen zur Zeit der Einreichung ihrer Bewerbung das 32. Lebensjahr nicht überschritten haben.
Zum Wettbewerb werden je 3 Werke verstattet, und es ist dabei gleichgültig, ob diese im Atelier entstanden oder später vom Bewerber selbständig gefertigt sind.
Zugelassen sind sowohl Skizzen wie Entwürfe und fertige Arbeiten. Die Wahl des Gegeastandes der Darstellungen ist frei⸗ gestellt. Für die Erteilung des Preises ist lediglich die bewiesene zukunftsreiche Begabung maßgebend.
Das Stipendium steht sbfor⸗ nach Zuerkennung zur Verfügung.
Bewerbungsgesuche mit den Konkurrenzwerken sind bis 1. Juli 1909, Mittags 12 Uhr, an die Akademie der Künste, Berlin W. 64, Pariser Platz 4, abzuliefern.
Die Kosten der Ein⸗ und Rücksendung hat der Bewerber zu tragen.
erlin, den 13. Januar 1909. Der Senat, Sektion für die bildenden Künste. Arthur Kampf.
Stiftung der Stadt Charlottenburg.
Das Kapitalvermögen der Stiftung beträgt 30 000 ℳ. Die Zinseinnahmen aus demselben mit jährlich 1050 ℳ sind zu Gunsten von Studierenden der mit der Akademie der Künste verbundenen
Unterrichtsinstitute zu verwenden, und zwar entweder als Unter⸗ stützungen an Bedürftige oder als Reisestipendien oder Preise oder andere Auszeichnungen für hervorragende Leistungen. Die Verwendung hat mit der Maßgabe zu erfolgen, daß die Jahreszinsen zur einen Hälfte Studierenden der akademischen Hochschule für die bildenden Künste oder der akademischen Meisteratelters, und zur anderen Hälfte Studierenden der akademischen Hechschule für Musik oder der aka⸗ demischen Meisterschulen für mustkalische Komposition zugute kommen.
Für dieses Jahr stehen die Zinseinnahmen Studierenden
der akademischen Meisterschulen für musikalische Komposition
und der akademischen Hochschule für die bildenden Künste
Nach dem Ermessen des Senats der Akademie können auch ehe⸗ malige Studierende der akademischen Lehranstalten bedacht werden, wenn seit dem Verlassen der Anstalt und dem Zeitpunkt der Beschluß⸗ fassung über die Zuwendung nicht mehr als zwei Jahre verflossen sind. Für die Beschlußfassung ist der 31. März cr. in Aussicht genommen. Bei Berechnung der zweijährigen Frist werden die Studiensemester voll, d. h. bis Ende Mäcz bezw. September, gerechnet.
Bewerber haben ihre chesuche nebst einem ausführlichen Lebenslauf bis 20. Februar 1909 an die Königliche Akademie der Künste, Berlin W. 64, Pariser Platz 4, einzusenden.
Ebemalige Studierende haben ihren Gesuchen noch ein Besuchs⸗
ttest der betreffenden Lehranstalt beizfggen.
Berlin, den 13. Januar 1909. 1 8
Der Präsident. Arthur Kampf. 8
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Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen 22 vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge es Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Admirals von Tirpitz und des Chefs des Marinekabinetts, Vizeadmirals von Müller entgegen. .
Den Kammerherrndienst bei Ihrer Kaiserin und Königin übernimmt vom 8. Februar d.
Majestät der 31. Januar bis J. der Kammerherr von Keudell
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, der
ha. us⸗ chuß für Zoll⸗ und Steuerwesen, die vereinigten Ausschüsse r Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie
e vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, hielten heute Situngen.
1“
In der Zeit vom 1. April 1908 bis zum Schlusse des Monats Dezember sind, nach dem „Zentralblatt
das Deutsche Reich“, folgende Einnahmen des Deutschen Reichs an Zöllen, Steuern und Gebühren abzüglich der Ausfuhrvergütungen usw. sowie Einnahmen der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung und der
ür deutschen farber tragenden Studentenschaft dusch den Grafen
laubniskarten für Kraftfahrzeuge 1 682 327 ℳ (+ 228 036 ℳ), von Verguütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten 1 935 554 ℳ (— 1 548 547 ℳ), Erbschaftssteuer 19 684 478 ℳ (+ 724 950 ℳ), Statistische Gebühr 1 127 480 ℳ (s— 85 567 ℳ), Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung 462 750 229 ℳ (+ 19 552 580 ℳ), Reichseisenbahnverwaltung 89 360 000 ℳ (s— 3 920 000 ℳ). Die zur Reichskasse gelangte F“ abzüglich der Ausfuhrvergütungen usw. und der “ beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen: Zölle 403 904 750 ℳ (s— 89 250 836 ℳ), Tabaksteuer 8 497 080 ℳ (— 178 376 ℳz), Fae 11 652 931 ℳ († 2 411 704 ℳ), Zucker⸗ teuer 105 312 317 ℳ (+ 6127 405 ℳ), Salzsteuer 41 290 963 ℳ (ℳ 766 603 ℳ), Branntweinsteuer: a. Maisch⸗ bottichsteuer 1 366 259 ℳ (+ 1 376 401 ℳ), b. Verbrauchs⸗ abgabe und Zuschlag 87 864 305 ℳ (— 3 423 878 ℳ), c. Brenn⸗ steuer — 1 340 073 ℳ (+ 4 190 900 ℳ), Schaumweinsteuer 4 203 597 ℳ (+ 151 420 ℳ), Brausteuer und Uebergangs⸗ abgabe von Bier 36 318 446 ℳ (— 1131 924 ℳ), Spielkarten⸗ stempel 1 268 437 ℳ (+ 20 778 ℳ), Wechselstempelsteuer 12 376 442 ℳ (— 607 942 ℳ), Reichsstempelabgaben: I. Uegerwe sungest A. von Wertpapieren 18 789 667 ℳ (+ 42 219 ℳ), B. von Kauf⸗ und sonstigen Anschaffungs⸗ geschäften 8 207 875 ℳ (+ 1 391 285 ℳ), C. von Lotterie⸗ losen: a. für Staatslotterien 21 496 775 ℳ (— 727 270 ℳ), b. für Privatlotterien 9 162 2442 ℳ (+ 633 656 ℳ), II. Reichseigene Steuern: A. von Frachturkunden 10 735 697 ℳ (— 1 198 689 ℳ), B. von Personenfahrkarten 13 783 431 ℳ (—, 103 351 ℳ), C. von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge 1 648 681 ℳ (+ 223 475 ℳ), D. von Vergütungen an Mit⸗ lieder von Aufsichtsräten 1 896 843 ℳ (— 1 512 676 ℳ), rbschaftssteuer 19 684 478 ℳ (+ 724 960 ℳD), Statistische Gebühr 1 110 394 ℳ (— 62 789 ℳ.
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Am 28. d. M. Morgens starb nach schwerer Krankheit im 58. Lebensjahre der Königliche Wirkliche Geheime Kriegsrat und Abteilungschef im Kriegsministerium, Hauptmann der Landwehr a. D. Herr Friedrich Wolf, Ritter des König⸗ lichen Kronenordens zweiter Klasse und vieler anderer Orden. Nachdem er an dem Feldzuge 1870/71 gegen Frankreich als Einjährig⸗Freiwilliger mit Auszeichnung teilgenommen, ist er im Jahre 1876 aus dem Großherzoglich hessischen Justizdienst in die preußische Militärjustizverwaltung übergetreten und gehörte seit 1899 dem Kriegsministerium an. Mit vorzüglichem praktischen Blick begabt, hat er in allen von ihm bekleideten Dienststellen Hervorragendes geleistet. Seine vornehme Ge⸗ sinnung, die Lauterkeit und Geradheit seines Charakters, ver⸗ bunden mit großem Wohlwollen, haben ihm die allgemeine Zuneigung erworben und sichern ihm über das Grab hinaus ein treues Andenken.
Der Kaiserliche Ministerresident in La Paz von Haxt⸗ Lrs hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ getreten.
.. Gem 8n
Laut Merran e In. T. B.“ ist S. M. S. „Seeadler“ am 23. Januee von Moehambique nach East London in See gegangen. b
S. M. S. „Bremen“ ist vorgestern von Port of Spain auf Trinidad eingetroffen und geht am 13. Februar von dort nach La Guayra (Venezuela) in See.
S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist gestern von Canton nach Samshui abgegangen.
Elsaß⸗Lothringen.
Die 36. Tagung des Landesausschusses ist gestern durch den Kaiserlichen Statthalter Grafen von Wedel mit einer Ansprache eröffnet worden, in der es, „W. T. B.“ zu⸗ folge, heißt:
Die finanzielle Lage des Landes stehe noch immer unter dem Ein⸗ fluß des allgemeinen wirtschaftlichen Rückganges. Der Abschluß für das laufende Rechnungsjahr werde daher voraussichtlich noch erheblich ungünstiger ausfallen. Da außerdem die Reichsfinanzreform die ertrag⸗ reichen Einnahmequellen des La des erheblich in Mitleidenschaft ziehen würde, wäre es erforderlich, neue regelmäßige Einnahmequellen für das Land zu erzielen. Ihre Gestaltung würde in erster Lin e von dem Abschluß der Reichsfinanzreform abhängig sein.
Die Ansprache kündigt eine Reihe von Gesetzentwürfen, u. a. betreffend Gemeindebesteuerung und Erhöhung der Lehrer⸗ und Pfarrergehälter, an und teilt mit, daß die Rhein⸗ regulierung, soweit sie fertig sei, für die Schiffahrt die erwarteten günstigen Ergebnisse gehabt habe.
Oesterreich⸗Ungarn.
Im österreichischen Abgeordnetenhause wurden Fen die Verhandlungen über die etnhketitantrage, etreffend die nationalen Verhältnisse in Böhmen, fortgesetzt.
Nachtem, laut Bericht des „W. T. B.“, der Abg. Hubka als Generalredner in tschechischer Sp ache erklärt hatte, daß zur Reg lung der Sprachenfrage nur der böhmische Landtag kompetent sef, wiesen die Abgg. Stölzel und von Stransky die Beschimpfung der
Sternberg
zurück, dessen Annriffe und Schmähungen nicht an die Würde und die Höͤbe der deutschen farbentragenden Studentenschaft Oesterreichs hinanreichten. Der Abg. Michl erklärte, die Deutschen erwarteen von Wien nichts mehr, und seien entschlossen, sich selbst zu helfen, wenn es gebe, im Wege des Gesetzes, wenn nicht,
Reichseisenbahnverwaltung zur Anschreibung gelangt: ölle 442 592 899 ℳ Gegen das Vorjahr — 89 491 276 ℳ), TDabeaksteuer 7 868 896 (— 118 945 ℳ), Zigaretten⸗ steuer 12 796 447 ℳ (+ 1 243 647 ℳ), Zuckersteuer 120 338 964 ℳ (+ 4 115 615 ℳ), Salzsteuer 43 914 499 ℳ (— 298 604 ℳ), Branntweinsteuer: a. Maischbottichsteuer 1 898 871 ℳ (+ 1707 308 ℳ), b. Verbrauchsabgabe und uschlag 104 044 197 ℳ (— 3563 940 22. c. Brenn⸗ seuer — 1 340 073 ℳ (+ 4 190 900 ℳ), Schaumweinsteuer 4 554 703 ℳ (— 47 222 ℳ), Brausteuer 33 294 936 ℳ (-— 2 781 913 ℳ), Uebergangsabgabe von Bier 3 640 545 ℳ (- 322 965 ℳ), Spielkartenstempel 1 331 961 ℳ (+ 4742 ℳ), selstempelsteuer 12 376 442 ℳ (— 607 942 ℳ), Reichs⸗ stempelabgaben: I. Ueberweisungssteuern: A. von Wert apieren 19 170 7938 ℳ (+ 40 749 ℳ), B. von Kauf⸗ und onstigen Anschaffungsgeschäften 8 377 778 ℳ (+ 1 414 199 ℳ), C. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien 21 496 775 ℳ — 727 270 ℳ), b. für Privatlotterien 9 285 678 ℳ 637 684 ℳ), II. Reichseigene Steuern: A. von Fracht⸗ urkunden 10 954 793 ℳ (— 1 223 152 ℳ), B. von Personen⸗ fahrkarten 14 064 7265 ℳ (— 105 460 ℳ), C. von Er⸗
und Abneigung
sogar bedrobt. Nachtlager finden.
auf dem Wege der Gewalt. — Der Abg Wolf erklaͤrte im Schluß⸗ wort, die Deutschen hätten es entschieden satt, sich noch länger eine Behandlung, wie sie den deutschen Studenten in Prag zuteil werde, gefallen zu lassen, und würden zu dem äußersten und schärfsten Mittel greifen, um sich Schutz zu veischaffen, aber auch zu den schärfsten Mieteln gegen die Regierung, die in solcher Weise Furcht vor den Tschechen und Mangel an Interesse für die Deutschen bekunde. — Der Alb resl besprach darauf die Be⸗ drückung tschechischer Minortjäten in Pöhmen. — Der Abg. Erb eiklärte, die Deutschnationalen würden im Einverständnis mit den Christlichsezialen gegen den sozialdemokratischen Antrag auf Ein⸗ setzung eines Sprachenausschusses stimmen, weil der Antrag undurch⸗ führbar sei und zum Herde von sprachlichen Wirren werden würde. — Der Aba. Graf Sternberg erklärte, seinen Antrag auf E laß eines ellgemeinen Farbenverbots dahin abändern zu wollen, daß ein zeitlich beschränktes Farben erbot unter Wahrung der Rechte der nationalen Ab⸗ zeichen an jenen Universitäten erlassen werden solle, wo das Farbentragen Anlaß zu Ruhestörungen gäbe. Er tue dies um den Polen zu ermöglichen, für den Antrag zu stimmen. Die tschechischen Minoritäten in den deutsch⸗böhmischen Gebieten würden nicht nur boyfkottiert, sondern In Ever könnten tschechisch, Staatsbeamte kein
Wir haben in Böhmen, erklärte der Redner, „jetzt
nur noch Tschechen und Einbrecher“. Diese Worte entfesselten Sturm der Entrüstung bei den Deutschen. Zahtheecntf 8 geordnete stürzten zur Prästdententribüne, schlugen mit den Fäuften auf die Pulte und reklamierten energisch die Wortentziehung und den Oroönungsruf. Der Lärm dauerte längere Zeit an, Der Vizepräsident Zazvorka, der sich inzwischen hatte informieren lassen, erklärte, nachdem Ruhe eingetreten war, er müsse den Redner zur Ordnung rufen. — Der Abg. Graf Sternberg bemerkte darauf, er protestiere nicht gegen den Ordnungsruf. Er halte den Vizepräsidenten für loyal genug, daß er nur auf Erund einer irrigen Information ihm den Ordnungsruf erteilt habe. Der Redner oppellierte an den Polenklub, für seinen Antrag zu stimmen, die Polen möchten sich ihrer unterdrückten Brüder in Böhmen annehmen und dem tschechischen Volke, das in seiner Ehre und in seinen Rechten verletzt sei, helfen.
Das Abgeordnetenhaus erkannte keinem der sechs auf die böhmischen Angelegenheiten bezüglichen Dringlichkeitsanträge die Dringlichkeit zu und vertagte sich darauf bis zum Mittwoch.
— Gestern hat in Budapest eine Sitzung des parla⸗ mentarischen Bankausschusses stattgefunden. Wie das „W. T. B.“ meldet, erklärte der Ministerpräsident Dr. Wekerle, daß die Verhandlung mit der österreichischen Regierung über die Bankfrage in der nächsten Woche eröffnet werde. Die Regierung beabsichtige, dem österreichischen Kabinett eine Kartellbank vorzuschlagen, über die Einzel⸗ heiten dieses Vorschlages könne er sich zurzeit jedoch nicht äußern. Der Ausschuß faßte keinen endgültigen Beschluß, sondern vertagte die Sitzungen bis in die zweite Hälfte des Februar, bis zu welchem Zeitpunkt die Regierung vielleicht in der Lage wäre, Mitteilung über die Verhandlungen mit Oesterreich zu machen.
Frankreich.
In der Deputiertenkammer standen gestern Inter⸗ pellationen, betreffend die Bestrafung mehrerer Offiziere der Garnison Laon, die einer religiösen Handlung in der Kathedrale beigewohnt hatten, und betreffend ein an die Truppen verschiedener Garnisonen ergangenes Verbot, katholische Zusammenkünfte zu besuchen, auf der Tagesordnung.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Kriegsminister Piequart unter dem lebhaften Beifall der Linken, daß die gegen die Offistere getroffenen Maßnahmen berechligt gewesen seien, weil diese Offiztere nicht etwa an einer Religionsübung teilgenommen hätten, der das Gesetz von 1907 Freiheit garantiere, sondern an der öffentlichen Versammlung einer Vereinigung, die den republikanischen Gesetzen Widerstand bereite. Auch das Rundschreiben, das den Soldaten verbietet, sich an katholischen Zirkeln zu beteiligen, sei be⸗ rechtigt; denn es verfolge den Zweck, die Soldaten gegen eine Propa⸗ ganda zu schützen, die sie ihren militärischen Pflichten abwendig machen könnte. — Der Ministerpräsident Clemenceau erklärte, Freiheit des Gewissens, hier handle es sich aber um Kundgebung.
im weiteren Verlaufe der Sitzung kam es zu einem Zwischenfall zwischen Clemenceau und Pressensé, der in der Kammer peinliches Aufsehen hervorrief.
„Der Abg. Pressensé erklärte, Clemenceau, der in zahlreichen Fällen seine Vergangenheit verleugnet und sich mit den Feinden der Republik verbündet habe, um Jules Ferry wegen seiner Tunispolitik zu stürzen, während er sich heute den marokkanischen Unternehmungen widme, habe nicht das Recht, ihm, der seinen Standpunkt nicht geändert habe, Widersprüche vorzuwerfen. Die Welke Elemen reaus wimmelten von Widersprüchen. — Der Ministerpräsident erwiderte, er werde die Werke Pressensés nicht lesen, da er sonst darin zuviel Gesinnungsänderungen finden würde. — Pressenss entgegnete hierauf, von den Beleidigungen, die ein Ereis im Zorn autstoße, nehme er keine Notiz. Clemenceau habe in seiner Machtstellung die Wärde seines Lebens verloren und das Recht, von derjenigen der an⸗ deren zu sprechen.
Von mehreren Fagesorhewahen⸗ die eingebracht wurden, nahm der Ministerpräsident die des Deputierten Ceccaldi an, in der der Regierung das Vertrauen ausgesprochen wird, daß sie die Ausführung der Gesetze sichere und die Achtung vor dem Ansehen der Regierung wahren werde. Diese Tages⸗ ordnung wurde mit 327 gegen 168 Stimmen angenommen und die Sitzung dann aufgehoben.
Bulgarien v“
Die bulgarische Regierung hat den Vertretern der Groß⸗ mächte in Sofiga, laut Meldung des „W. T. B.“, eine “ Note übermittelt, in der sie unter Hinweis darauf, aß die Pforte durch die letzte Erklärung des türkischen Ge⸗ 8.. Bulgarien wegen seiner Anerkennung als König⸗ reich an die Großmächte gewiesen habe und unter Betonung ihrer bisherigen Friedensliebe die Großmächte um rasches Einschreiten anruft, weil die jetzige gespannte Lage Gefahren berge, für die die Regierung nicht die Verantwortung
tragen könne. Schweden.
In der norwegischen Antwort auf die Mitteilung, daß Schweden die Verhandlungen in der Renntierweidenfrage abgebrochen habe, wird, wie das „Svenska Telegrambyrau“ meldet, die Eiklärung eines norwegischen Mitgliedes der Kommission angeführt, daß der von Schweden für den Ab⸗ bruch der Verhandlungen angeführte Grund, nämlich die Weigerung der Norweger, die Ergebnisse der Unter⸗ suchungen tä lich zu vergleichen, ungerechtfertigt sei. Die Norweger gäben zu, daß eine Vergleichung der Ergebnisse nicht stattgefunden habe und daß die Ergehnisse sich wider⸗ sprächen, sie bestritten aber, es abgelehnt zu haben, die Ergebnisse zu vergleichen. Dieses Zugeständnis, bemerkt das genannte Bureau, sei genügend, um das Erfolglose weiterer Verhandlungen darzutun. Im Interesse der Wahr⸗ fait müsse aber betont werden, daß nach dem antlicchen chwedischen Bericht wiederholt Vorstellungen dagegen gemacht worden seien, daß die Ergebnisse der Untersuchungen nicht ver⸗ glichen würden und daß die Norweger stets antworteten, ihre Schriftsätze über die Ergebnisse der Untersuchungen seien noch nicht fertig. Selbst von norwegischer Seite werde zugegeben, daß die verhörten norwegischen Lappen sich nicht mit der
eine politische
Renntierzucht beschäftigt hätten.
Norwegen. 1“ Gestern ist eine von dem Minister * swaͤrtigen an den schwedischen Gesandten in Christiania gerichtete Mitteilung, betreffkend den Abbruch der Unterhandlungen in der Renntierweidenfrage, veröffentlicht worden. Der Minister führt darin „W. T. B.“ zufolge wörtlich eine Erklärung des noorwegischen räsidenten der Kommission an, in der die in dem schwedischen Pro⸗ tokorll gegen die norwegischen Kommissionsmitglieder erhobenen Vorwürfe eingehend besprochen und als un⸗
haltbar Fe g; werden. Mit Bezug hierauf erklärt der Minister, daß auch er die Vorwürfe für unbegründet halte.
er achte die
(echließlich lenkt der Minister die Aufmerksamkeit auf die große Bedeutung hin, die die Renntierweidenuntersuchungen im Norbotten⸗Län für die bevorstehende Schiedsgerichtsentscheidung hätten, und erklärt sich bereit, jederzeit an Verhandlungen teil⸗ zunehmen, um die Fortsetzung der Untersuchung schon für den Sommer dieses Jahres zu sichern.
Dänemark.
An dem gestrigen Todestage des Königs Christian IX. besuchte der deutsche Gesandte Graf Henckel von Donners⸗ marck mit Gemahlin den Dom in Roeskilde und legte, „W. T. B.“ zufolge, im Namen des Kaisers Wilhelm einen prachtvollen Kranz von gelben Rosen am Sarge nieder.
Afrika. Der „Agence Havas“ zufolge hat nach Meldungen von Eingeborenen zwischen den Anhängern des Kaids Kubban, der durch Mtugi zum Kaid von Draa ernannt worden war, und dem Stamme Haha, der den Kaid Regrugi unterstützte, der erst kürzlich durch die Anflus in Draa eingesetzt worden war, am 25. Januar ein Kampf stattgefunden, der den ganzen Tag dauerte und in dem die Hahas Sieger blieben.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (197.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann ollweg und der Staatssekretär des Reichskolonialamts Hernburg beiwohnten, standen zunächst 7 Rechnungssachen zur Beratung. ““
In einmaliger Beratung soll die Denkschrift über die Ausführung der für die Schutzgebiete erlassenen Anleihegesetze erledigt werden.
Abg. Erzberger (Zentr.): Es ist das erste Mal, daß wir einen Bericht über Kolonialanleihen bekommen. Diese Kolonialanleihe hat sich nicht bewährt. Das Papier ist zu 99 % aufgelegt worden; man hätte erwarten sollen, daß die Zeichnung eine besonders lebhafte ge⸗ wesen wäre. Tatsächlich war das Resultat ein außerordentlich trauriges; von 30 Millionen wurden nur 3,7 Millionen gezeichnet. Da muß man sich fragen, ob es richtig gewesen ist, den Weg der Anleihe zu beschreiten. Es haben diejenigen recht, die sich seinerzeit gegen die Kolonialanleihe ausgesprochen haden. Der Staatssekretär ist ja sonst sehr zuversichtlich; seine nealiche Rede im Reichstage bat an der Börse einer Kuresteigerung der Otaviminenaklien um 20 % geführt. Es hat sich an der Börse eine geradezu wahnsinnige Spekulation abgespielt, die auch den Mittelstand ergriffen hat. Ich möchte von dieser Stelle aus vor dieser wahnsinnigen Spekulation, dieser Karstreiberei warnen, auch im Kolontalinteresse, da ein Kurssturz mit einem Verlust von Millionen einen Rückschlag zur Folge haben muß. Ich freue mich, daß der Staatssekretär hier anwesend ist, und ich hoffe, daß er selber dieser Spekulation entgegentreten wird, denn er ist als Antreiber für Kurs⸗ steigerungen begrüßt worden.
Hierauf ergriff der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg das Wort, dessen Rede übermorgen im Wortlaut
mitgeteilt werden wird.
— Das Haus der Abgeordneten nahm in der e (21.) Sitzung, welcher der Justizminister Dr. Beseler iwohnte, zunächst in dritter Beratung den Gesetzentwurf, des Gesetzes über die Landes⸗ vom 16. April 1902, ohne Debatte Antrags der die König⸗
zu
betreffend 1 88 82, kreditkasse zu Casse an und ging dann zur Beratung des Abgg. Borgmann (Soz.) und Genossen liche Staatsregierung zu ersuchen, die Vollstreckung der gegen den Abg. Dr. Liebknecht erkannten Festungshaft für die Dauer der gegenwärtigen Session auszusetzen, über.
Die Geschäftsordnungskommission, Berichterstatter Abg. Dr. Viereck, beantragt die Ablehnung des Antrages, schon deshalb, weil der Oberreichsanwalt in Leipzig die zuständige Adresse für das Ersuchen sei.
Die Abgg. Borgmann (Soz.) und Genossen beantragen ferner folgende Resolution: b
die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, möglichst noch in dieser Session zur Ergänzung bezw Abänderung der Verfassung (Artikel 84) einen Gesetzentwurf dahin vorzulegen, daß kein Mit⸗ glied der Kammer ohne deren Genehmigung wäbrend der Sitzungs⸗ veriode zum Zwecke der Strafvollstreckung verhaftet werden darf, sowie daß auch jede Strafhaft eines xb. xIe für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben werden muß, wenn die betreffende
Kammer es verlangt. ] Die Abgg. Traeger (fr. Volksp.) und Genossen bean⸗ tragen dieselbe Resolution, nur mit dem Unterschiede, daß statt „möglichst noch in dieser Session“ gesagt werden soll: „mit tunlichster Beschleunigung“.
Abg Lhe ger 8 Volksp.) weist zunächst darauf hin, daß er seinen berens in der Kom mission gestellten Antrag nicht zurückgezogen habe, obwohl die Resolution Borgmann weitergehe, weil es nicht so aussehen solle, als ob er seinen Antrag schießen lassen wolle. — Wenn die Wähler das Recht hätten, zu wählen, so müsse ihnen auch das Recht zugestanden und die Möglichkeit gewährt werden, hier vertreten zu sein. Die Möglichkeit würde aber durch die Strafhaft eines Abgeordneten aufgehoben. Es handle sich ja niemals darum, bei kriminellen Angelegenbeiten, etwa bei Urkunden⸗ fälsch ngen eine Aufhebung der St afhaft verlangen zu wollen, sondern immer nur um polttische Belikte. Bei der früberen Beratung des soztal⸗
demokratischen Antrages sei anerkannt worden, daß es miodestens maesgeecen, köͤnne, wie der Artikel 84 der preußischen Verfassung
auszulegen sei. (Art. 84 besagt: Jedes Strasverfahren gegen ein Mit⸗ glied . Kammer und eine jede Untersuchungs⸗ wird für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben, betreffende Kammer es verxlangt.) Unter dem
auch die Vollstreckung der Strafe zu verstehen,
Strafverfahren sei erst abgeschlossen, — dies deutlich sin 8n 9 Mäncer. dahingehende deutliche Fassung erbalten.
Ab Dr. 1c., 7 (freikons.): Wir koͤnnen daß die Verfasser des Artikels 84 unter und wir fassen den Sinn der Verfassung dahin auf, daß Verfolgung aufgehoben werden koͤnne, seinen Wirkungen, und werden dementsprechend den
(Schluß des Blattes.) 8
Das Mitglied des von Böttinger (nl.),
oder Zivilhaft wenn die Strafverfahren sei der Angeklagte be⸗
1 t bloß bis zur Verurteilung, das . die Strafe verbüßt sei.
müsse der Art. 84 eine nicht anerkennen, dem Begriff des Straf⸗ verfahrens auch das Vollstrecangegecfahsen verstanden ven vsle;.
icht aber ein Richterspruch in . Antrag ablehnen.
auses der Abgeordneten Dr. 16- des Kreises Mettmann im
Statistik und Volkswirtschaft.
Ha gebnisse der Einkommensteuerveranlagung in Preußen 1908.
Nach der am Schluß folgenden Uebersicht, welche die wichtigsten Ziffern der im Königlichen Statistischen Landesamte bearbeiteten Gin⸗ kommensteuerstatistik für das Steuerjahr 1908 unter Gegenüberstellung der entsprechenden Ergebnisse einer Anzahl von Vorjahren enthält, ist seit der erstmaligen Veranlagung im Jahre 1892 die Gesamtzahl der (physischen und nicht physischen) Zensiten bereits um das Einzwei⸗ fünftelfache gestiegen; ferner hat sich seitdem das steuerpflichtige Einkommen dieser Zensitengesamtheit um das Eineinviertelfache, die auf sie veranlagte Einkommensteuer (Veranlagungssoll) um fast das Eineinfünftelfache und die von ihr zu erhebende Steuer (Erhebungssoll), d. i. seit 1907 die veranlagte Steuer abzüglich des auf Gewinnanteile von Gesellschaften m. b. H. entfallen den Teiles, um das Eineinsechstelfache vermehrt. Auch von 1907 auf 1908 war die Steigerung recht bedeutend, und zwar mit 492 850 Zensiten, d. i um 9,1 v. H., mit 1174,96 Mill. Mark Einkommen, d. i. um 9,5 v. H., und mit 24,01 Mill. Mark veranlagter bezw. 23,51 Mill. Mark zu erhebender Steuer, d. i. um 9,6 bezw. 9,5 v. H.
Was insbesondere die physischen Einkommensteuerzensiten be⸗ trifft, so ist ihre Gesamtzahl von noch nicht ganz einem Zwölftel der Bevölkerung im Jahre 1892 auf annähernd ein Sechstel im Berichts⸗ jahre gewachsen. Die seit 1896 bekannte „veranlagte Bevölkerung“, d. h. die Zahl der Zensiten mit Einschluß der Angehörigen, bezifferte sich 1908 bereits auf 47,6 v. H. — also nicht viel weniger als die Hälfte — der Gesamtbevölkerung, gegen 44,5 v. H. im Vor⸗ jahre und 29,3 v. H. im Jahre 1896 Berücksichtiat man auch die nach den §§ 19 und 20 (früher §§ 18 und 19) des Einkommensteuer⸗ gesetzes an sich ein Einkommen von steuerpflichtiger Höhe Beziehenden,
1892 1902 2,44
5 961,40 124 84 124,84
2 028 257,07
Es betrug die Gesamtzahl der (physischen und nicht physischen) Zensiten. .in Millionen deren Einkommen . in Millionen Mark a. deren Veranlagungssoll „ „ . „ Erhebungssoll . „ R 8 d. Gesamtzahl der nicht physischen Zensiten e. deren Einkommen. in Millionen Mark f. a. deren Veranlagungssoll „ „ . 6ü. GErhebungssoll. . 8 g. die Gesamtzahl der physischen Zensiten (ohne Angehörige): .s 8 in den Städten in Millionen auf dem Lande 3 überhaupt. “ vom Hundert der Bevölkerung: in den Städten auf dem Lande überhaupt ... . as Einkommen der physischen Zensiten: in den Städten. in Millionen Mark auf dem Lande „ 1 . 18 ö.““ 8 1 i. a das Veranlagungssoll derphysischen Zensiten: in den Städten . in Millionen Mark auf dem Lande .. „ 8 6 “ 8 5 8. das Erhebungssoll der physischen Zensiten: in den Städten. in Millionen Mark auf dem Lande
Die Akademie der Wissenschaften hielt ihre statuten⸗ mäßige öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers und Königs und des Jahreztages König Friedrichs II. am Donnerstag, den 28. Januar, um 5 Uhr Nachmittags, in ihrem zeitweiligen Sitzungssaal, Potsdamer Straße 120. Als Vertreter des vorgeordneten Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten wohnte der Wukliche Geheime Ober⸗ regierungsrat Dr. Schmidt der Sitzung bei, an der auch die Ehrenmitglieder der Akademte, Staatsminister Dr. von Studt und Wirklicher Geheimer Rat D. Dr. Freiherr von Liliencron teilnahmen. Den Vorsitz führte der ständige Sekretar, Geheime Medizinalrat, Professor Dr. Waldeyer, der die Sitzung mit einer Ansprache eröffnete, in der er Seiner Majestät des Kaisers und Königs mit Segenswünschen gedachte. Darauf hielt das ordentliche Mitglied der Akademie Geheimer Medizinalrat, Professor Dr. Orth den wissen⸗ schaftlichen Festvortrag „Ueber die Krebsgeschwulst“. Es folgten Berichte über die Arbeiten der Akademie und der mit ihr verbundenen Stiftungen und Institute im Jahre 1908. Alsdann wurde verkündigt, daß die Akademie die Helmholtzmedaille ihrem ordentlichen Mitglied Geheimen Regierungsrat, Professor Dr. Emil Fischer verliehen habe, und weiter, daß Seine Majestät der Kaiser und König durch Allerhöchsten Erlaß vom 4. Januar d. J. dem ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität München Dr. Sigmund Ritter von Riegler den stiftungs⸗ mäßigen Preis von 1000 Talern in Gold nebst der goldenen Denk⸗ münze auf den Vertrag von Verdun erteilt habe. Schließlich folgte die Mitteilung der seit dem letzten Friedrichstage (23. Januar 1908) eingetretenen Personalveränderungen.
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Das Königliche Institut für Meereskunde (Georgenstraße 34 — 36) veranstaltet in der kommenden Woche, Abends 8 Uhr, folgende öffeniliche, Herren und Damen zugängliche Vorträge: Am Dienstag spricht der Professor Cori⸗Triest über: „Die Lagune der Adria und ihr Leben“ (mit Lichtbildern)z; am Donnerstag Dr. von Zahn⸗ Berlin über: „Der Indische Ozean“ (mit Lichtbildern); am Freitag der Kontreadmiral Holzhauer⸗Berlin: „Die deutschen Kriegshäfen Kiel und Wilhelmshaven“ (mit Lichtbildern). Einlaßkarten sind von 12 bis 2 Uhr Mirtags und an den Vortragsabenden selbst von 6 Uhr ab zum Preise von 25 ₰ in der Geschäftsstelle des Instituts zu haben.
Im Verein für Kunst hielt der Maler Lovis Korinth am Donnerstag einen Vortrag über „Die Beziehungen zwischen Religion und Kunst“. Der Redner skizzierte in großen Zügen die Entwicklung der religiösen Gedanken von den Zeiten der Assorer bis auf Luther und suchte nachzuweisen, wie diese Ideen auf die Kunst befruchtend einwirkten und in dem Maße, in dem sie vertieft wunden, auch die Kunst verinnerlichten und vervollkommneten: Die Assyrer sahen in ihrem Gott nur das Furchthare und stellten ihn demagemäß in Gestalt wilder Tiere dar; in Griechenland dagegen, wo die Religion Naturanbetung war, konnte jeder schöne Mensch einen Gott darstellen. Die Kunst der ersten Christen war wie ihr Glaube durch⸗ aus naiv; das Kreuz, der Fisch und rohe Darstellungen Christi waren dos Gegenständliche. Und doch gehen von dieser einfachen Kunst die Wunderwerke der italienischen Renaissance aus. Hand in Hand mit Luthers Reformation der Kirche ging auch die Erneuerung der Kunst durch Rembrandt, den „ersten modernen Maler“, der mit einen Dar⸗ stellungen biblischer Stoffe eine neue Evoche in der Malerei begründete. — Auf den Vortrag folgte eine Schilderung des Lebens und Treibens in dem Münchener Künstlerverein „Allotria“, dessen Präsiden t lange
eit Lenbach war. Der liebenswürdige Humor, der sich in den kleinen
Regierungsbezirk Düsseldorf, hat infolge das Herrenhaus sein Mandat niedergelegt
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seiner Berufung in
zenen offenbarte, erweckte große Heiterkeit.
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jedoch wegen ge
3,76
9 036,02 188 84 188,84
2 670 476,13
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etlicher Unterhaltungspflicht (88 1801 bis 1615 des B. G.B., früher wegen Kinderzahl) oder sonstiger außergewöhnlicher Belastung Freigestellten nebst deren g „so machte die Schicht der an einem Einkommen von mehr als 900 ℳ beteiligten Personen im Berichtsjahre bereits 52,8 v. H. — also schon wesentlich mehr als die Hälfte — der Gesamtbevölkerung gegen 49,7 v. H. im Vorjahre und 32,8 v. H. im Jahre 1896 aus. Das Durchschnittseinkommen der physischen Zensiten betrug im Berichtsjahre 2177 ℳ gegen 2182 ℳ im Vorjahre und 2342 ℳ im Jahre 1892, ist also im Rückgange begriffen, woraus indes nicht auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung ge⸗ schlossen werden kann; denn da von Jahr zu Jahr die Zahl der Steuerpflichtigen stark zugenommen hat und der Zuwachs natürlich in den untersten Einkommensstufen weitaus am bedeutendsten war, so ist gerade durch diese umfangreiche Neubildung steuerpflichtiger Einkommen das erwähnte Sinken des durchschaittlichen Einkommens⸗ atzes veranlaßt worden. “ 8 Auch 8 den nicht physischen Zensiten ist für das Berichts⸗ jahr eine erhebliche Zunahme der Zahl wie der Einkommens⸗ und Steuersumme wahrzunehmen, wennschon nicht in demfelben bedeutenden Umfange wie im Vorjahre, in welchem zum ersten Male der infolge Gesetzes vom 19. Juni 1906 erweiterte Kreis der steuerpflichtigen korporativen Erwerbsgesellschaften der Veranlagung unterlag. Ins⸗ besondere die Zahl der zur Einkommensteuer herangezogenen Gesell⸗ schaften m. b. H. hat sich von 3259 im Jahre 1907 auf 3649 im Berichtsjahre vergrößert. Bringt man von der auf sie veranlagten Steuer von 7 269 856 (1907 6 067 621) ℳ die auf Grund des Ge⸗ setzes unerhoben gelassenen Beträge von insgesamt 3 365 842 (1907 2 861 875) ℳ in Abzug, so beläuft sich der infolge der Besteuerung der Gesellschaften m. b. H. der Staatskasse zugeflossene Mehiertrag von Steuer auf 3 904 014 (1907 3 205 746) ℳ, d. i. 53,7 (1907 52,8) v. H. des Veranlagungssolls dieser Zensitengattung.
Vergleichende Uebersicht der Hauptziffern der preußischen Einkommensteuerstatistik für die Jahre 1892, 1902 bis 1908.
1906 1907
4,68 5,39
10 725,94 12 351,93 216 80 249,96 216 80 247,10 2 770 6 967 394,13 604,13 15,37 24,31 24,07
1905
4,39
10 020,82 201,77 201,77
2 611 352,21 13,73 13,73
1903 1904
3,90 4,13
9 091,54 9 470,70 186,36 191,23 186,36 191,23
2 598 2 583 382,29 348,01 14,97 13,63 14,97 13,63
5,88
13 526 89 273,97 270,61
7 632 731,78 29,55 29,26
3,47 1,91 5,38
20,16 9,45 14,37
8 358,06 3 389,74 11 747,80
170,89 54,77 225,66
168,84 54,20
3,76
2,12 5,88
21,29 10,39 15,45
9 035,68 3 759,43 12 795,10
183,50 60,92
244,43
181,05
60,30 241,35.
2,63 1,50 4,13
16,66 7,56 11,59
6 446,81 2 675,88 9 122,69
133,95
43,65 177,60
133,95 43,65
2,82 1 57 4,39
17,32 7,86 12,11
6 855,40 2 813,21 9 668,61
141,79 46,25 188,04
141,79 46,25 188,04
2 991,27 10 331,80
151,64 49,78 201,42
151,64 49,78 201,42
129,50 41,89
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Dr. Sven von Hedin wird über seine Reise durch Tibet in Deutschland zuerst vor den Mitgliedern der hiesigen Gesellschaft für Erdkunde in einer außerordentlichen Sitzung, die am 12. März im Neuen Königlichen Operntheater st t, berichten. 111ee“ 8
erikanische Marinedepartement hat, wie das 1 B.“ meldet, ein Ausschreiben für Errichtung eines Turmes für drahtlose Telegraphie in Washington erlassen. Dieser soll mit Schiffen und Telefunkenstationen bis zu einem Umkreis von 3000 Meilen in Verbindung bleiben.
Deutsches Theater.
Im Deutschen Theater erntete gestern eine dreiaktige Dorf⸗ komödie „Die Lehrerin“ — deren Verfasser der in Ungarn be⸗ kannte Schriftsteller Alexander Brödy ist — bei ihrer Erst⸗ aufführung stürmischen Beifall. Er galt sowohl der trefflichen Vor⸗ stellung als auch dem Stücke selbst, das, besonders in den beiden ersten Akten, über den Durchschnitt des üblichen Bühnenzug⸗ stücks beträchtlich emporragt. Der Kern der Handlung, die schließlich doch über ihre Gegner triumphierende, ver⸗ folate Unschuld, ist nicht neu — das Wie aber bietet in diesem Falle manches Bemerkenswerte. In ein abgelegenes ungarisches Dorf zieht bei Beginn des Stücks eine neue Lehrerin ein. Suza Horvaäͤth ist klug, temperamentvoll und so hühsch, daß ihre Reize die Herzen aller Männer, die sie sehen, in heißer Glut entflammen lassen. Diese Glut ist nicht rein — im Gegenteil, die junge Lehrerin gerät in ein wahres Wirrsal von Anfechtungen hinein. Der Kaplan, der Stuhlrichter, der Bezirksarzt, alle wollen sie „für sich haben“. Keine von ihnen verursacht dem verständigen, reinen Mädchen eine innere Anfechtung. Nur für Stefan Hegedüs, den Sohn des reichen Dorf⸗ magnaten, der sie anfangs auch zu seiner Geliebten machen will, wie schon viele andere Frauen vor ihr, der sich aber dann in der Er⸗ kenntnis, daß sie auf diese Weise nicht zu erobern ist, damit begnügt, ihr allnächtlich ein Zigeunerständchen bringen zu lassen, empfindet sie eine Schwäche. Nachdem sie ihre anderen Verehrer, auch den Kaplan, schroff von sich gewiesen hat, hetzt der heuchlerische Gottes⸗ mann die Schuldeputation, deren Vorsitzender er ist, gegen Suza auf. Der Lebenswandel der jungen Lehrerin, die sich auch, als Katholikin, zu frei über religiöse Dinge geäußert hat, soll geprüft werden. Durch die Falschheit derer empöct, die ihr heimlich nachstellen und die sich öffentlich zu Richtern über sie aufwerfen, läßt sich Suza vor der Schuldeputation zu heftigen Aeußerungen fortreißen. Die Folg⸗ davon ist, daß sie ihres Amtes entsetzt wird. Als sie im Begriff steht, mit dem jungen Lehrer, dem einzigen, der für sie eingetreten ist, nach Siebenbürgen zu gehen, erscheint der heim⸗ lich geliebte Stefan Hegedüs und begehrt sie zur Frau. Da sie noch immer an seiner guten Absicht zweifelt, verspricht er ihr, daß seine Eltern selbst erscheinen werden, um seine Werbung zu unterstützen. Und sie kommen wirklich: der schlaue, ein wenig humorvolle alte Dorf⸗ magnat und seine von Juwelen starrende stolze Gattin, von Adele Sand⸗ rock wirkungsvoll verkörpert. Der Alte bietet ihr Geld an, wenn
e auf seinen Stammhalter verzichtet, und Frau Hegedüs will sie sogar überreden, ihrem Sohne als Geliebte anzugebören. Da ver⸗ zichtet die Gepeinigte auf den Verlobten und entschließt sich, in Armut und Ungewißheit hinauszugehen. ber, kurz vor dem Fallen des Vorhanges vollzieht sich noch ein Wandel im Innern des alten Hegedüs. Er selbst fordert seinen Sohn auf, die soeben Hinausgegangene wieder zurückzurufen. Es wird noch alles gut werden. Dieser letzte Akt ist nicht der glüch ichste des Stückes. Es gibt überhaupt fast zu schroffe Gegensätze und zu viele überraschende innere
Wandlungen in dem Schauspiel. Andererseits aber beweist der Ver⸗ fasser in den kleinen genrehaften Szenen, an denen besonders der erste