anderen Spstem mitgewirkt haben. Der Abg. Erzberger hat Systemen in Verbindung gebracht. Aufstände werden immer wieder⸗ kehren. Die Entwicklung ist eine langsame, längeren Zeitraum sehen und die Wirkungen betrachten. der Tüchtigkeit und Umsicht des Staatssekretärs einen Teil dessen, was jetzt erreicht ist, auf die frühere Zeit zurückführen. Ich hoffe, wir werden in wenigen Jahren einen Kolonialetat vor uns haben, der ein weiteres Vorwärtskommen und Blühen unserer Kolonien zeigt, und es werden uns Aufstände erspart bleiben. Abg. Noske (Soz.): Alles, was an sozialdemokratischen Ideen
im Laufe der Jahrzehnte vertreten ist, hat eine rücksichtslose Bekämpfung gefunden, und trotzdem wird ein vorurteilsloser Betrachter nicht leugnen können, daß sich auf den verschiedensten Gebieten sozialistische Ideen mehr und mehr Geltung verschafft haben. Auch auf dem kolonialpolitischen Gebiete können wir die⸗ selbe Entwicklung beobachten.é In den letzten Tagen hat kein einziger Redner es mehr gewagt, so rücksichtslos und offen die Ausbeutungs⸗ und Unterdrückungspolitik in den Kolonien zu verteidigen wie früher. Ganz unverkennbar ist auch die Beurteilung der Kolonialfrage am Freitag und Sonnabend sehr viel nüchterner gewesen als im vorigen und vor zwei Jahren. Wo ist die hurrapatriotische Begeisterung für die Kolonien geblieben, wie sie bei den Wahlen vorhanden war? Man sieht mit ge⸗ mischten Gefühlen oder wenigstens kühl die Dinge an. Optimismus hat nur der Abg. Dr. Arning an den Tag gelegt. Was die Entwicklungsmöglichkeiten anbelangt, so hat es sich der Kolonialstaatssekretär gefallen lassen müssen, daß ihm selbst aus Kolonialkreisen heraus ein übertriebener Optimismus nachgesagt wird. Er sieht Fortschritte, wo Rückschritte eingetreten sind; aber ich verstehe, daß er seine Ware anpreist, denn wenn er es nicht tut, wer soll es tun? Uns ist es lieber, wenn er Kapitalisten interessiert, als daß auf Kosten der Steuerzahler große Zuschüsse bezahlt werden müssen. Daß seine Sanierungsversuche etwas gewaltsamer Art sind, regt mich nicht weiter auf; aber wenn er von Rednern aller Parteien deswegen gelobt ist, weil die Zuschüsse geringer geworden sind, so ist dem entgegenzuhalten, daß die wahren Zahlen bisher noch nicht genannt sind. Wenn man von den Kolonien redet, so muß man selbstverständlich auch Kiautschou hinzurechnen, das 8,5 Millionen baren Reichszuschuß erfordert; dadurch erhöht sich der Zuschuß für alle Kolonien auf 32,5 Millionen. Dazu kommen Posten, die in anderen Etats erscheinen. Aus dem Marineetat lassen sich nicht unbeträchtliche Summen für die Kolonien herausrechnen, und in der Budgetkommission ist uns heute vormittag gesagt, daß die Reichspostverwaltung für die Beförderung der Briefpost nach Ktautschou allein 300 000 ℳ bezahlt. Im Laufe der Jahre sind für oloniale Zwecke Riesensummen aufgepumpt, die ein Abgeordneter in einer Schrift aus Anlaß der Reichsfinanzreform auf 720 Millionen berechnet hat. Diese erfordern einen jährlichen Zinsendienst von 24 — 26 Millionen, odaß der Reichshaushaltsetat für koloniale Zwecke direkt 8 indirekt mit einem Mindestbetrage von 60 Millionen be⸗ lastet wird, und das bei der jetzigen Finanznot! Hoffentlich gelingt es dem Staatssekretär, in ein paar Jahren die Kolonien uschußfrei zu machen. Aber die Zinsen für die gepumpten Summen werden wir noch auf Jahrzehnte zu bezahlen haben. Die Versorgungsgebührnisse für die in Südwestafrika arbeitsunfähig ewordenen Soldaten wachsen ganz außerordentlich. Für 1909 wird allein für die Familienpensionen der Betrag von 4 191 500 ℳ an⸗ gefordert, 766 000 ℳ mehr als im Vorjahr, von den nach Südwest⸗ afrika hinausgeschickten Beamten und Soldaten sollen 1909 103 Offiziere und obere Beamte und 7262 Unterbeamte und Mann⸗ schaften versorgt werden. Im letzten Jahre sind allein 541 invalide aus Südwestafrika nach Hause geschickt. Jeder dritte Mann fährt
wenn ich ihn richtig verstanden habe, die Aufstände auch mit den früͤheren
und wir müssen * einen ganze Kette ineinandergreifender Deswegen möchte ich bei aller Anerkennung
Gouverneur von Rechenberg hat der Staatssekret sind wir einverstanden, denn der Gouverneur hat nur die Gebote der Menschlichkeit befolgen wollen. Die weiße Besiedlung bedeutet in Ostafrika eine Verdrängung der farbigen Eingeborenen. Behielte der Abg. Arning mit seiner Behauptung recht, daß allein am Meruberge in zehn Jahren 100 000 Weiße angestebelt sein würden, so wäre das meiner Meinung nach ein Unglück. Ostafrika wird nur als freies Negerbauernland eine Zukunst haben. Man spricht von möglichen zukuüͤnftigen Aufständen; die Regierung hat nach unserer Meinung die Hauptaufgabe, alle Reibungsmoöͤglichkeiten, die dahin führen könnten, zu verhindern. Die größere Gefahr für die Pflanzer wäre die chon angedeutete äthiopische Bewegung, die ein Millionenheer von Besitzlosen besonders stärken würde. Der Neger ist für Volks⸗ kultur zu haben und ihr gegenüber durchaus nicht indolent, wie eben⸗ falls aus den amtlichen Berichten hervorgeht; davon, daß er zur Arbeit getrieben wird, hat er keinen Vorteil, wohl aber erleidet seine eigene Kultur davon großen Schaden. Für den Kulturgrad des Negers paßt nach unserer Auffassung die christliche Religion nicht; jedenfalls hat die Regierung darauf zu achten, daß eligion Privatsache bleibt. Die Reeseng hat sich in die Religionsangelegenheiten der Ein⸗ eserene überhaupt nicht zu mischen. Die christlichen Herero haben ch auch gar nicht davon abhalten la en, an dem Aufstande teil⸗ “ in solchem Falle steht Rasse gegen Rasse. Die Fort⸗ chritte der Missionsarbeit sind nach den Berichten der Missionare recht gering. Besonders in Ostafrika kommen die Missionen sehr langsam vorwärts; ähnlich liegen die Verhältnisse in anderen Kolonien. Selbst Straßenandachten und Lichtbilder haben nicht gelogen. In Togo machen sich die verschiedenen Missionen Kon⸗ rrenz, sodaß die Eingeborenen nicht wissen, welcher Konfession sie sich zuwenden sollen. In Südwestafrika sollte sich die Verwaltung angelegen sein lassen, das begangene Unrecht wenigstens einiger⸗ maßen wieder gut zu machen. Wir Sozialdemokraten haben recht gehabt, als wir vor dem Vernichtungskampfe in Suͤdwestafrika warnten. Der Staatssekretär hat in der Kommission unser Verhalten glänzend gerechtfertigt; er sollte seine Erklärung hier wiederholen, er hat uns darin recht gegeben, daß das, was wir vertraten, die richtige Taktik war. 1907 hat der Reichstag unsere Resolution an⸗ genommen, wonach den Eingeborenen so viel Land zurückgegeben werden sollte, daß sie eine selbständige Wirtschaft treiben können. Der Staatssekretär betonte in seinem Vortrage die Notwendigkeit der Hebung der Eingeborenen. Ganze 50 000 ℳ sind im Etat für diesen Zweck ausgeworfen! Daß der Staatssekretär nicht ernst⸗ lich daran denkt, die Ausbeutung der Schwarzen durch die An⸗ siedler zu bekämpfen, zeigt seine Aeußerung, daß die Ansiedler vor dem Bankrott bewahrt werden müßten. Deshalb werden die Farbigen in der unmenschlichsten Weise zur Arbeit gezwungen. Im amtlichen Bericht wird ausdrücklich zugegeben, daß die Farbigen unter allerlei Krankheiten, Skorbut usw, zu leiden haben. Auch die Kinder werden in schamlosester Weise ausgebeutet und der Schule entzogen, wie sich aus einem Missionsbericht ergibt. Ist das Kulturarbeit, und was will der Staatssekretär dagegen tun? Die Rheinische Mission in Windhuk berichtet, daß die Farbigen auch Sonntags arbeiten müssen, und daß die Kinder unter An⸗ drohung von Schlägen von dem Schulbesuch abgehalten werden. Auch die „Windhuker Nachrichten“ predigen einen brutalen Egoismus gegen die Farbigen. Hier im Hause hörten wir freilich eine humane Sprache. In der Praxis ist e; aber ganz anders. Der Tag würde nicht ausreschen, wollte ich alles mitteilen, was im letzten Jahre an skandalösen Vorgängen passiert ist. Aus Kamerun wird über direkte Begaunerung der Neger berichtet; eine Schachtel Streichhölzer muß dort von den Farbigen mit 50 ₰ bezahlt werden. Namentlich wird von Uebergriffen der Händler berichtet; die Kaufmannschaft umgeht die Gouvernementsanordnungen, die Verwaltung schützt
invalide oder mehr oder weniger arbeitsunfähig zurück. So wird der Etat von verhehlen, daß die Versuche auf Entziehung von Renten böses Blut machen müssen. Im Laufe des Sommers mußte es im Inlande wie im Auslande einen recht ungünstigen Eindruck machen, daß durch Sammlungen die Invaliden vor bitterster Not bewahrt werden follten. Das muß den Reichstag noch besonders ver⸗ anlassen, auf möglichste Verringerurg der Schutztruppen zu drängen. Einige Redner haben versucht, uns nachzusagen, daß wir nicht mehr von der Wertlosigkeit unserer Kolonien zu sprechen wagten. Ge⸗ biete, wo Millionen von Eingeborenen leben, wo Hunderte von
Jahr zu Jahr mehr belastet, und wir können uns nicht h
ist das Leben nett“.
aber nicht die Eingeborenen. Die Brutalitäten einzelner Beamten und Soldaten sind allerdings in Kamerun selten geworden. Aber die Schießereien hören in Kamerun überhaupt nicht auf. Wenn der Gouverneur Seitz so weiter regiert, so werden in Kamerun in derselben Amtszeit wie der des Gouverneurs Liebert nicht 25 Aufstände, sondern 50 stattfinden. In seinem Buche schildert der Hauptmann Dominik, wie Neger massen⸗ hbaft mit Maschinengewehren zusammengeschossen wurden. Er hat kein Wort des Tadels für die Plünderungen der Soldaten. Beim Sieges⸗ fest hat er mit seinen Kameraden das Lied gesungen: „Herrgott, wie 1“. Einem ins Gefecht ziehenden Kameraden wünschte er „Weidmannsheil“; so spricht man von Menschen, die man zur Strecke
Millionen hineingesteckt werden, können als absolut wertlos nicht bezeichnet werden. Aber welche Vorteile hat die Masse des Volkes von der bis⸗ herigen Kolonialpolitik, die Masse, welche die Zuschüsse aufbringen mußte und aufbringen —2 Welchen Nutzen weisen sie nach für die Millionen von Arbeitern, die wir hier vertreten? Nicht den geringsten. Bereichern köͤnnten sich Kapitalisten und srupellos ansrauzende Händter, sowie eine Reihe von Liefe⸗! ranten; endlich kommt eine wachsende Zahl von Beamten in recht gut dotierte Stellen. Es wagt anderseits auch niemand mehr, von unseren Kolonien als einem neuen Deutschland zu reden, wo⸗ hin unsere überflüssige Bevölkerung abwa dern könnte. Die Regierung und die bürgerlichen Kolonialpolitiker erklären jetzt unsere Kolonien mit einer Ausnahme für zur Ansiedlung nicht geeignet. In seinem Vortrag in diesem Saale hat der Staatssekretär Dernburg ausgerechnet, daß in Südwest hunderttausend Weiße Platz hätten. Was wollen diese Hunderttausend, was will selbst eine Viertelmillion bei der Be⸗ völkerungeziffer Deutschlands bedeuten? Aber selbst in dieser „Sied⸗ lungs“⸗Kolonie soll nach dem eigenen Zeugnis des Staatssekretärs keinem Farmer eine tägliche Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden zuzumuten sein; auch kann dort ein armer Teufel nicht fortkommen. wurde noch ausposaunt, es könnten unbemittelte aber strebsame eute dort vorwärts kommen; aber davon schweigt man heute. Nicht
6000, nein 35 — 50 000 ℳ werden jetzt als das Minimum an Kapital betrachtet, was der Ansiedler mitbringen muß. Also der großen Menge kommt auch diese Kolonie nicht zu gute, sondern nur bemittelten, wenn nicht reichen Leuten. Und dazu muß die Gesamt⸗ heit die großen Zuschüsse zahlen! Es kann uns nur recht sein, wenn möglichst viele Diamanten gefunden werden, aber der Edelsteinsegen muß schon sehr groß sein, wenn die Aufwendungen für das Schutzgebiet dadurch wieder einkommen sollen. Der Abg. Dr. Arning ist außerordent⸗ lich bescheiden, wenn er mit der Entwicklung unseres Kolonialhandels zo zufrieden ist. In 10 Jahren stieg der Kolonialhandel um 83, der deutsche Gesamthandel aber um 6700 Millsionen. Wenn Dr. Arning sich darüber entrüstet, daß die schwarzen Schönen ihre Hüften nicht mit deutschen Baumwollstoffen, sondern mit billigen indischen Ge⸗ weben schmücken, so bin ich anderer Meinung; unsere deutsche In⸗ dustrie leidet unter der Konkurrenz dieser indischen Schundfabrikate keineswegs, und die Textilarbeiter meines Wahlkreises würden sich sehr dafür bedanken, solche Schundware statt der qualifizierten Pro⸗ dukte herzustellen, die ihnen erst ein halbwegs menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Die Plantagenkultur in Ostafrika bedeutet auch nur die Förderung großkapitalistischer Unternehmungen, die den Mittel⸗ stand ruinieren, sich aber nicht etwa um vaterländische Interessen kümmern. Wir müssen als Gegner jeder Ausbeutung und Unterdrückung darauf sehen, daß die Interessen der Arbeiter, der Unterdrückten und Ausgebeuteten wahrgenommen werden, und dazu liegt in den deutschen Kolonien viel mehr Anlaß vor, als man hier wahr haben will. Eine Politik der Ausbeutung, der Unterdrückung und des Zwanges ist unsere Kolontalpolitik auch heute noch; hierin hat sich auch unter dem neuen Staatssekretär nicht viel geändert. Heute schon von einer Zivilisationspolitik in unseren Kolonien zu Eb. ist so verfrüht und so unangebracht wie möglich. Der Arbeitszwang wird tatsächlich von der Regierung in Ostafrika aus⸗ eübt, er wird nicht bloß, was der Abg. Dr. Arning übrigens auch noch bestritt, von den Plantagenbesitzern gewünscht. Jeder erwachsene männliche Eingeborene eines Bezirks hat innerhalb vier Monaten
30 Tage für den Besitzer zu arbeiten, widrigenfalls er zu öffentlichen Arbeiten angehalten wird; so steht wörtlich in den amtlichen Berichten für 1908 zu lesen, auch daß zahlreiche Arbeiter, die der Arbeit entzogen hatten, mit Kettenstrafen belegt worden sind! Den 88 1 “
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bringt! Der Hauptmann Dominik ist noch heute Kulturträger in jenem Gebiet. Die von den Negern eingetriebene Hüttensteuer wurde in Ostafrika von den Weißen lediglich in ihrem Interesse ausgegeben. Da haben wir allen Grund, den Daumen auf den Beutel zu halten. Nicht 25 % der Hüttensteuer, nicht einen blanken Pfennig würde ich den Ansiedlern in die Hände geben. Warum sollen die Häupt⸗ linge nicht über die Verwendung eines Geldes mitsprechen, jzu dem ihre Stammesgenossen beigetragen haben? Den Nichtdeutschen kann auf die Dauer unmöglich in den Gemeinden daz Mitbestimmungsrecht versagt werden. Welche Kämpfe hat das Wahlrecht nicht zwischen Engländern und Buren in Transvaal gekostet! Die Verweigerung des Wahlrechts wird gewiß nicht zur Vermehrung der Bastarde beitragen. Der Neger sollte wenigstens nicht ausgeschlossen werden, wo es sich um die Wahrnehmung seiner vitalsten Rechte handelt. Jetzt hat der Neger nur das Recht zu arbeiten. Zu den Verhandlungen des Landes⸗ rats sollte jedenfalls ein Vertrauensmann der Neger zugezogen werden in Fragen, die die Neger angehen. Es ist einfach ein Gebot der Klugheit, die Neger nicht schlechter zu behandeln, als es die Engländer tun. Diese tun es nicht aus Humanttät, sondern aus Geschäftsinteresse; sie haben den Negern das Wahlrecht gegeben. Eine Reform der Justizverhältnisse ist dringend notwendig in den Kolonien. Man muß mit Beschämung die Tabellen lesen, die die Regierung über die Rechtspflege in den Kolonien veröffentlicht. Hinrichtungen sind nicht selten. Ein Weißer hatte drei Herero⸗ weiber zu Tode geschlagen oder zu Tode gemartert. Er erhielt erst zwei Jahre, dann neun Jahre Gefängnis. Einem Neger dagegen, der einen Weißen getötet hatte, wurden noch vier weitere Neger zur Sühne in den Tod nachgeschickt. Geprügelt wird von Rechts wegen in allen deutschen Kolonien; in Ostafrika allein mehr als 4000 Male in einem Jahre. Dazu kommen die zahlreichen Gefängnisstrafen. In Südwestafrika wird geradezu in blindwütiger Weise gestraft, auf je 19 Männer, Weiber und Kinder kam in einem Jahre eine Strafe. In Südwestafrika sind im vergangenen Jahre nach amtlichen An⸗ gaben 924 Eingeborene geprügelt worden, also von je 20 Männern, die in der Kolonie vorhanden sind, einer. Wenn man bedenkt, wie viele sonst noch geprügelt sind, so wundere ich mich, daß wir nicht längst schon wieder einen Aufstand haben. Nach alledem sind wir noch sehr weit davon entfernt, daß die deutsche Kolonialpolitik als eine zivilisatorische angeseben werden kann. Wir werden wie bisher auch in Zukunft bemüht sein, daß eine Kolonialpolitik insbesondere nach der Richtung durchgeführt wird, daß die Eingeborenen als Menschen behandelt werden. Unsere grundsätzliche Stellung kann nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht erschüttert werden. Wir lehnen für eine solche Kolonialpolitik die Verantwortung ab.
Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg: Der Herr Vorredner hat aus der amtlichen Denkschrift eine Reihe
von Umständen herausgezogen, welche wir selbst, d. h. die Ver⸗ waltung, als verbesserungsfähig in den Kolonien angegeben haben. Die Verwaltung steht auf dem Standpunkt, daß allerdings in den Kolonien noch vieles verbessert werden kann und muß. Das ist nicht anders wie in der Heimat auch, wo sich ja das Parlament 6 oder 7 Monate des Jahres müht, die Verhältnisse zu ändern und zu ver⸗ bessern. Der Herr Vorredner hat diese ganzen Verhältnisse durch die ihm durch seine Parteistellung aufgenötigte dunkle Brille gesehen, und er hat natürlich unter dem Zwange dieser Parteistellung alles das
2*
8 Verhältnisse als vorübergehende angesehen werden sollten bei den Sozialdemokraten.)
Ich gehe zunächst auf die Bemerkungen ein, die er in ben auf die Justizpflege gemacht hat. Wer etwas beweisen mf soll sich vor Uebertreibungen in acht nehmen. (Zuruf von he Sozialdemokraten: Das sollten Sie sich besonders merken, — Ganz richtig, das gilt für jedermann, für Herrn Ledebour wie si mich! (Heiterkeit.) Nun gilt es aber auch für den Herrn Ah Noske; wenn der hierher gekommen ist und sagt: „Seht einman was das für eine Rechtsprechung ist; für 3 Schwarze wird ein Farme zu 9 Jahren Gefängnis verurteilt, 5 Schwarze zu Tode gebracht!“, so muß man doch sagen: da hoͤr doch jede Würdigung der Verhältnisse auf! Wie wissen Sie den unter welchen Umständen dieser Viehhager sein Verbrechen begange bat? Es sind heute Zweifel daran erhoben worden, ob der Man überhaupt zurechnungsfähig ist! (Unruhe bei den Sozialdemokraten. Und die Schwarzen wären sicher nicht zum Tode verurteilt word
wenn sie sich nicht beteiligt hätten! Das liegt ja in den Kolonien nicht anders wie hier!
Selbstverständlich hat überall — das habe ich betont — die Kolonialpolitik durch die verschiedensten Phasen zu gehen⸗ Es gibt eine Phase der Eroberung, eine Phase, in der sich die Schwarzen zunächst den Weißen gegenüberstellen, und in der es unte Umständen, oder sicher, Uebermacht, das Uebergewicht der Weißen gezeigt wird. Dazu gehoͤn die Periode, von der ich binsichtlich des Herrn Abg. von Liebert gt⸗ sprochen habe; und dazu gehört die Periode, von der in dem Buche des Herrn Dominik berichtet worden ist. Das ist eine ganz selbst⸗ verständliche Sache, und Sie können gegen diesen sehr braven un tüchtigen Mann kein Material herleiten aus einer Sache, die var vielen Jahren in einem sehr wilden Lande vor sich gegangen ist. Js begreife sehr wohl, weshalb die Herren Sozialdemokraten auf diese Angelegenheit immer wieder zurückkommen: nämlich deshalb, weil vor zwes oder drei Jahren Herr Bebel bezüglich des Herrn Dominik etwas he⸗ hauptet hat, was er nachher nicht hat beweisen können, eine große Grausamkeit. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) — Nein, Sie
auseinandergesetzt! Deshalb kommen Sie immer auf die Angelegen heit Dominik zurück, und den Herrn Dominik habe ich hier nachdrück. lich in Schutz zu nehmen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Für sein Weidmannsheil!)
Die Herren Abgg. Eichhorn und Noske große Vorträge gehalten — Herr Noske einen sehr fleißiger Vortrag —, die sich damit beschäftigen, wie es in den Kolonien allen so schlecht aussehe. Sie haben sich im wesentlichen auf amtliches Material bezogen. Da gestatten Sie mir nun, eine Sache auszusprechen, die mir sehr am Herzen liegt. In dem hohen Reichstage ist die Neigung, jenes amtliche Material zu verkürzen, in⸗ dem man es nur alle 2, 3 Jahre herausbringt. Woraus sollten dann aber die Herren Sozialdemokraten ihre schönen Reden halten, wenn wir ihnen das Material verkürzten? (Heiterkeit; Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ich bitte sehr, von dieser Idee abzusehen, aber nicht nur Ihretwegen, sondern der gesamten hreiten Oeffentlichkeit wegen, damit sie auch sieht, wie einseitig das Material ausgeschlachtet wird, und wie ddie Sozialisten den Leuten eine große Masse von Dingen vorenthalten, die zu einem gerechten Bilde absolut notwendig wären. Wenn die Herren, besonders der Herr Abg. Eichhorn, sich dieses Material etwas besser angesehen hätte, so wäre ihm eine Reihe von Schwuppern nicht vorgekommen. (Heiterkeit.) Ich er innere z. B. daran, daß er gesagt hat, Togo habe n diesem Jahre einen Zuschuß. Herr Eichhorn ist Mitglied der Budgetkommission. Wir wissen alle, daß der Zuschuf für Togo ausgeglichen worden ist. Das wird nicht bestritten werden. Herr Eichhorn hat behauptet, eine große Menge von Beamten lãge auf Reichskosten. Herr Eichhorn mußte wissen, daß die allermeisten unserer Kolonien, besonders die, von denen er gesprochen hat, auf dem Ziviletat, von dem die Rede war, überhaupt keinen Reichezuschuf mehr verlangen.
Ganz besonders aber hat mich seine Argumentation unterhalten So etwas Kasuistisches habe ich eigentlich noch nie gehört. Erster Satz: die Kolonien sind wertlos. Zweiter Satz: es sind höchstent für ½ Milliarde Diamanten darin. (Heiterkeit.) Herr Eichhorn, wenn Sie eine halbe Milliarde gleich wertlos setzen, kann ich Ihnen überhaupt keine Kolonie bringen, die Sie befriedigen wird. (Heiter⸗ keit.) Dritter Satz: der deutschen Industrie kommt es nicht zugute, aber alle Großkapitalisten werden reiche Leute. Ich habe mal eine Anekdote gehört: da war jemand verklagt, weil er einen von ihm entliehenen Topf in zerbrochenem Zustande zurückgegeben hat. (Heiter⸗ keit.) Er hat nun, wie solgt, plädiert: erstens habe ich den Topf nicht entliehen, zweitens habe ich ihn ganz zurückgegeben, und drittens war er schon kaput, wie ich ihn entliehen habe. (Große Heiterkeit. Zurufe von den Sozialdemokraten: Großartig!) Das, meine Herren, ist Ihre Logik. Gerade so, wie der Mann unrecht bekommen hat, der so schön plädiert hat — lange nicht so schön, wie der Abg. Eichhorn —, gerade so bekommen Sie auch noch unrecht. Was ist denn der Fall? Sie sagen: es sind bloß 150 Millionen — oder ich weiß nicht, wie viel — Eigenhandel in den Kolonien. Da muß ich Herrn Eichhorn doch noch darauf aufmerksam machen, daß er gesagt hat, weitaus der größte Teil des Handels von Südwefst⸗ afrika sei doch wohl nur Regierungshandel. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) In der Denkschrift steht, daß 3 Millionen Regierungshandel sind. Das ist Ihnen entgangen. Dann haben Sie aber gesagt: außer dem, was für die Eisenbahnen da hinein⸗ gebracht ist, wird kaum irgend etwas von Industrieprodukten hinein⸗ gehen. Nun, meine Herren, die schönen Denkschriften beweisen Ihnen, daß allein für 19 Mill. Mark Baumwollwaren in die Kolonten ge⸗ gangen sind. Nach der deutschen Statistik arbeitet ein Arbeiter ungefähr 2 Ballen Baumwolle, 800 000 Arbeiter 1 600 000 Ballen Baumwolle. Je 500 Pfund sind 500 ℳ wert. Also jeder verarbeitet ungefähr für 1000 ℳ. Das ist also die Arbeit von 18 848 Arbeitern nach Adam Riese; und so geht es überhaupt weiter. Ich behaupte: die einzigen Leute, die in Deutschland von der Kolontalpolitik bisher einen baren Nutzen gehabt haben — denn die Leute, die ihr Geld in die Plantagen gesteck, die langsichtige Unternehmungen angefangen, die Aktiengesellschaften begründet und Aktien übernommen haben, haben in den meisten Fällen noch gar nichts zurückbekommen (sehr richtig! rechts) —, sind die deutschen Arbeiter. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Und
haben uns hier
ausgelassen und auslassen müssen, was etwa dafür spricht, daß diese
Sie behaupten, nicht zu übertreiben?!) Die einzigen, die heute einen
(Unru G
und für einen Weißen werdal
schon am Freitag
nichts hilft, als daß den Schwarzen das
haben es nicht nachgewiesen, Herr Bebel; wir haben uns darüber 2 8
wirklichen Nutzen daraus ziehen, sind die deutschen Arbeiter. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Fragen Sie Tippelskirch u. Co.!) d Damit verlasse ich die Polemik gegen die Soztaldemokratie, weil ich doch der Ueberzeugung bin, die Arbeiter selbst werden, wie sie das in Stuttgart und in Essen getan haben, Ihnen eines Tages bei⸗ bringen, daß Partei und Fraktion in der Kolonialpolitik zwei sehr Dinge sind. 1““ möchte ich mich einigen ernsthafteren Dingen zuwenden. Der Herr Abg. Arning hat mich auch mißverstanden in bezug auf Bemerkungen, die ich binsichtlich der Denkschrift gemacht habe. Ich lehne nach keiner Richtung die Privatinformation ab; im Gegenteil, ich freue mich darüber. Aber ich halte die Information d tändiger, wenn e, Jena- verv8 die nicht nur für den hohen Reichstag, sondern auch für alle Bibliotheken, für die Presse usw. notwendig ift. Der Herr Abg. Dr. Arning hat sich dann wieder gegen den Koprazoll gewendet. Ich will darauf nur sagen, daß es für einen Kaufmann ganz gleichgültig ist, ob er einen gelben Zettel bekommt, gegen den er die Gewerbesteuer bezahlen soll, oder einen grünen mit der Einkommensteuer oder einen blauen mit dem Einfuhrzoll. Daß neue Leute durch solche Sachen abgeschreckt werden, halte ich nicht für wahrscheinlich. Hätte der Queensländer, der nicht wiedergekommen ist, gefragt: wirst du, Gouverneur, auch niemals eine Einkommensteuer auf unsere Sachen legen, gv der gesagt: wahrscheinlich, wenn sie inen entsprechenden Nutzen bringen! 8 .“ mit Herrn Dr. Arning bin ich wegen der Zahlen nicht einig. Ich hätte es nicht getan, wenn er mich nicht dazu auf⸗ gefordert hätte, mit ihm zu rechnen. Er hat mir also vorgerechnet, meine Angaben über den Alkoholverbrauch in Ostafrika seien ganz falsch, in Deutschland sei der Alkoholverbrauch viel höher. Ich möchte ihm hier nachrechnen: 2 ½ Milliarden Alkoholika dividiert durch 60 Millionen gibt nicht 375 ℳ; ich habe das ausgerechnet und finde, daß es 37,50 ℳ gibt. (Große Heiterkeit.) Die Nullen sind in diesem Reichstage manchem schon verhängnisvoll geworden. (Erneute eit.) hgs . Kind der Sorge des Herrn Abg. Dr. Arning sind die Inder, und er hat uns neulich einen guten Rat gegeben: wir würden ihnen dadurch, daß wir sie wie Weiße behandeln, auferlegen können, Bücher zu führen. Um die indischen Großkaufleute handelt es sich hier nicht, sondern um den indischen Kleinkaufmann. Dieser ist aber ebensowenig wie der weiße Kleinkaufmann genötigt, Bücher zu führen, selbst wenn er als Weißer behandelt wird. Aber ich glaube, daß in den Kolonien ein sehr großer Widerstand sich alsbald bei allen Weißen bemerkbar machen würde, wenn man die Inder als Weiße behandeln wollte. Man kann sie nicht in dem einen Falle als Weiße behandeln und in dem anderen nicht. Sehen Sie aber alle Inder als weiße Vollkaufleute an, so müssen Sie die Beschränkungen wegen des Erwerbs von Grundeigentum, wegen der Wahl zum Gouvernementsrat, wegen der Gerichtspflege, des Erbrechts, des Ehe⸗ rechts auf sie anwenden, und da werden sich die Weißen ganz be⸗ sonders dagegen wenden. Wir müssen uns hier auf den Standpunkt, den ich angegeben habe, stellen, nämlich: alle ungesunden Auswüchse zu beschneiden, ob sie ausgehen von Schwarzen, Weißen oder von angenehm hat mich die Anregung des Herrn Dr. Arning nach der Richtung berührt, daß er eine Ausgestaltung des Gouvernementsrats wünscht. Das wünschen wir auch, das wünscht der Gouverneur auch, und es sind schon entsprechende Weisungen nach Ostafrika gegangen, erstensmal dahin, daß sie erweitert werden, und zweitens, daß dem Sinne der ursprünglichen Verordnung mehr Rech⸗ nung⸗getragen werde, indem mehr Nichtbeamte, weniger Beamte als Mitglieder aufgenommen werden möchten. Der Herr Abg. Arning hat geglaubt, in kameradschaftlicher Weise sich gegen Bemerkungen wenden zu sollen, die hinsichtlich des Herrn von Liebert von meiner Seite hier gefallen sind. Da habe ich denn gesehen, daß diese Bemerkung eigentlich nirgends, weder in ihrem Wortlaut noch in ihrem Sinne, vollständig aufgefaßt worden ist, und ich lese sie deshalb nochmals aus dem Stenogramm vor. Ich habe sagt: meg; möchte aber derauf hinweisen, daß es unter dem Regime des Herrn von Liebert 25 Aufstände gegeben hat. Ebensowenig wie ich behaupte, daß Herr Gouverneur von Liebert und seine Eingeborenen⸗ politik mit den für die Niederwerfung dieses noch ungebändigten Landes notwendigen kriegerischen Aktionen etwas zu tun hat, ebensowenig können Sie heute sagen, wenn irgendwo im Innern des Landes ein Aufstand ausbricht, daß das irgend etwas zu tun habe mit der Politik des Herrn von Rechenberg. Ich habe es also direkt abgelehnt, die Dinge miteinander in Ver⸗ bindung zu bringen; ich habe aber darauf hingewiesen, daß in solchen wilden Ländern, auch ohne daß eine besondere Neigung zu kriegerischen Verwicklungen beim Gouvernement vorausgesetzt werden kann, solche Kriege eklatieren müssen und unter Umständen auch in größere m Um⸗ fange eklatieren, wie das auch heute noch in Kamerun der Fall ist. Aus dieser Kontroverse zwischen den Herren von Liebert und Dr. Arendt und meiner Wenigkeit haben die Sozialdemokraten geglaubt, einen großen Widerspruch in den Auffassungen und Meinungen beraus⸗ hören zu können, und haben dann nun weiter auf die Herren lospolemisiert. Meine Herren, in 90. Fragen der deutschen Kolonialpolitik ist dieses hohe Haus untereinander ganz einig, nur in wenigen Fragen sind wir nicht ganz einig. Wenn aber die deutsche Kolonialpolitik einen Fortschritt gemacht hat und jetzt auch nach der Seite der Humanität größere Fortschritte macht, so sind Sie (iu den Sozialdemokraten) nicht daran schuld (Zuruf von den Sozialdemokraten), sondern diejenigen, die seit zwanzig Jahren und länger an der Kolonialpolitik festgehalten haben. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, ich habe noch eine kurze Bemerkung zu machen mit Rücksicht auf ein Zitat aus den „Hamburger Nachrichten“, das hier vorgebracht worden ist, und das muß ich deshalb tun, weil darin ge⸗ sagt worden ist, die zuständige Stelle habe sich eine große Unwahrheit zu schulden kommen lassen. Das kann ich nicht gut auf mir sitzen lassen und muß deshalb feststellen, daß ich unter dem 14. Oktober nach Daressalam gedrahtet habe: „Ist es richtig, daß die Druckstelle gekündigt worden ist?“ — und ich habe die Antwort bekommen: eine Kündigung hat nicht stattgefunden; der Vertrag ist längst abgelaufen; der Bezirksamtmann will aber zusammen mit dem Bezirksrat die Druck⸗ legung aufheben, weil der Redakteur 5000 Rupien schuldig ist und
wonach schließlich die Kündigung erfolgen sollte. Dann habe ich, wie
und habe die Antwort bekommen — und das ist im Januar —: d Summe von 5000 Rupien ist nicht bezahlt. Die Druckeinstellung ist also im Januar oder am 31. Dezember erfolgt; die beschriebenen Verhältnisse liegen aber bereits im Oktober. Am 14. Oktober ist dem Verleger der Zeitung bereits aufgegeben worden, die Summe zu s bezahlen; er hat sie bis heute nicht entrichtet. Infolgedessen ist diese Angabe aus den „Hamburger Nachrichten“ nicht richtig.
hier vorgebracht sind, von meiner Ansicht nach irrtümlichen Mitteilungen gemacht, auf die
ihr eine gute vollständige Denkschrift mit zurückzukommen ich gelegentlich Veranlassung nehmen werde.
hat, möchte ich doch nicht nur wiederholen, sondern meinerseits unter- streichen. Er hat gesagt, daß den Männern, die früher in den Kolonien gewirkt haben, ein sehr großer Teil der Entwicklung zuzuschreiben ist, und daß unserseits keinerlei Veranlassung besteht, wenn wir uns jetzt etwa einer anderen Politik zuneigen, diese Leistungen beiseite zu
schieben. rechts.)
er Druck tatsächlich eingestellt worden ist, nach Tanga ““ e
Meine Herren, ich will auf alle diese einzelnen Dinge, die nicht weiter eingehen. Es ist eine Reihe
Eine Bemerkung aber, die der Herr konservative Redner gemacht
Das unterstreiche ich in jeder Reihe doppelt. (Bravo!
Meine Herren, noch eine kurze Bemerkung zu dem, was der Herr Abg. Lattmann ausführte. Er hat uns gesagt, wenn ich ihn richtig verstanden habe: der Staatssekretär steht auf dem Standpunkt, daß Kolonialpolitik keine Parteisache sei; sie wird aber doch — und das ergibt sich schon aus der Verbindung mit der Heimat — nach und nach zu einer solchen Parteisache werden können und müssen. Meine Herren, ich bin nicht der Ansicht. Ich finde, daß alle bürgerlichen Parteien, wie das auch der Herr Abg. Dr. Arendt hervorgehoben hat, in den wesentlichen Punkten untereinander einig sind, sodaß wir eigentlich hier in diesem hohen Hause nur zwei Parteien haben, eine Partei, die für Kolonialpolitik ist, und eine, die dagegen ist. In dieser einen Partei ist ein Programm, das lautet: wir sind alle für eine nationale, kulturelle und kommerzielle Kolonialpolitik. Die einen unterstreichen etwas stärker das „nationale“, die anderen gehen mehr auf das „kom⸗ merzielle“, andere wieder machen sich eine Kombination aus allen dreien. Ich glaube, besonders da auch innerhalb der Parteien über die Details eine Einigkeit nicht herrscht, daß man damit sehr zu⸗ frieden sein kann. Wir haben ja in diefer Debatte gehört, in der⸗ selben Partei ist einer für die Inder, ein anderer dagegen; in der⸗ selben Partei ist einer für den Austausch von Askari unter den Kolonien, ein anderer dagegen; in einer Partei ist jemand für eine sehr starke Kontrolle der zu gründenden Gesellschaften, andere meinen, man solle dem etwas mehr die Zügel lassen. Also das sind lauter Detailfragen, über die im einzelnen noch gar kein Programm inner⸗ halb der Parteien besteht und bei der Neuheit der Verhältnisse auch nicht bestehen kann. Ich glaube also, wir tun gut, wir bleiben bei der gegenwärtigen Behandlung, uns zu einigen auf ein nationales, kulturelles und kommerzielles Kolonialprogramm. Das alle diese Dinge zu einem gleichmäßigen und verständigen Ausgleich kommen, das wird die Sorge meiner Verwaltung sein. (Bravo! rechts.)
Abg. Storz (d. Volksp.): Der Kollege Noske hat sich im wesent⸗ lichen * ö eines Kolontalreformers gestellt, trogz seiner sonstigen scharfen Kritik. Wir alle haben ein Interesse daran, daß die Neger befreit werden und befreit worden sind von der grausigen Tyrannei ihrer Unterdrücker, von Zauberern usw. Einzelne Häuptlinge haben ganze Hekatomben ihrer Stammesangehörzgen niedermetzeln lassen. Die Soztaldemokratie sollte auch vom ethischen und auch vom kommerziellen Standpunkte den Wert der Kolonien einsehen. Es ist gut, daß man heizeiten an die Pflege der Baum⸗ wollkulturen in den Kolonien herangegangen ist. Das entspricht durchaus den Interessen der deutschen Arbeiter. Ich fürchte, es wird auch den Sozialdemokraten einst zugerufen werden wie den Bourbonen: Sie haben nichts gelernt und nichts vergessen. Zu dem Staatssekretär haben wir das Vertrauen, daß er ähnliche Verträge, wie sie seiner⸗ zeit mit Tippelskirch abgeschlossen worden sind, nicht abschließen wird. Der Abg. Erzberger verlangte die Anstellung christlicher Beamten. Wer sind denn die Träger des Mobammedanismus in Afrika⸗ Bastarde, Araber und Neger. Der Anschluß an den Mohammeda⸗ nismus befreit die Neger von der Zugehörigkeit zu einer minder⸗ wertigen Rasse. Die christliche Religion ist dem Neger schwer ver⸗ ständlich. Dazu kommt die Konkurrenz der verschiedenen Konfessionen in den Kolonien; es kommen da Erscheinungen zu Tage, die man im Geschäftsleben unlauterer Wettbewerb nennt. Da sagen sich die
ist, so bleiben wir bei der unserigen. Ich verkenne keineswegs .*. und das Streben der Missionare, aber ich frage den Abg. Erzberger: will er mit der Anstellung christlicher Beamten etwa für die christliche Religion Propaganda machen? Die Verwaltung kann sich an dem Streit der Konfessionen nicht bheteiligen. Grfreulich ist, daß die Verwaltung in Daressalam auf den Gedanken einer Simultanschule zurückgekommen ist. Der Gouverneur Rechenherg hatte geglaubt, daß die Regierungsschule ohne Kinder sein würde. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist nur bedauerlich, daß die Schule in o unzulänglichen Räumen untergebracht und daß der Staatssekretär hiervon bis vor kurzem nicht unterrichtet gewesen ist. Er wird gewiß jetzt alles tun, um die berechtigten Wünsche der Weißen in Daresfalam zu erfüllen.
Persönlichkeit, aber er hat doch den Verdacht aufkommen lassen, daß 68ö Beziehung nicht ganz unpartetisch ist. Daß er eine freundliche Eingeborenenpolttik treibt, ist nur zu hilligen. Die berechtigten Irtengsa der Ansiedler dürfen aber nicht zu kurz kommen. Der Staatssekretär wünschte den Weißen Gottes Segen mit auf den Weg. Das klang doch wie eine küͤhle Abfertigung. Es befinden sich in den Kolonien Flächen, die hoch elegen sind und für die Weißen sehr gute Bedingungen hieten. Vm Interesse der dauernden Erhaltung der deutschen Wirtschaft ist es erwünscht, in manchen Gegenden einen Stamm von Neulschen oder Weißen anzusiedeln. Mag eine Kolonialpolitik noch so wo l. wollend gegen die Schwarzen sein, so wird sie doch nicht eine Los. trennung von dem Heimatland hintan halten können. Die Hereroes waren auch dem Christentum gewonnen und erhoben sich doch. Nunmehr scheint Einigkeit in der Beurteilung dieser Dinge zu herrschen. Das Spstem Trotha wird jetzt von keiner Sei 2 mehr verteidigt. Wir einig in dem Bedauern, 89b so viele Menschenleben in diesem Ausrottungskrieg gesallen ind; die Ueberlebenden werden dauernde Feinde der Deutschen leiben. 2 die starke Besetzung und die großen —. en Opfer. Das beeinträchtigt auch die Freude üher die Piamantenfunde. Die wirtschaftliche Entwicklung in Südwestafrika wird setzt so au⸗ erkannt wie nie zuvor. Das ist ein sehr erfreulicher Umschw gegen früher, wo Bebel Nicht geschenkt! Im Gegenteil glau en wir allen Anlaß zu haben, mit der gegenwärtigen Kolontalpolttik zufrieden zu sein. as die Sozialdemobraten tadein, trisft ale Koloalen. Diese Zustände in den Kolonten erscheinen nur deshald so Ee wert, weil die Verhältnisse in unserer Heimat relatiy sogut sind. Ich weiß⸗ daß mancher, der in die Kolonten Im* einen starben Be⸗ tätigungsdrang hat. In Kamerun besteht ein Dualismus wischen
sind
der Kommission zurück. Er hätte 6 der Antrag der Kommission auf Ueberweisung zur Berücksichtigung angenommen würde.
Neger: wenn die Weihen selbst nicht wissen, welches die wahre Re-
Der Gouverneur Rechenberg ist zweifellos eine tüchtige
berger hat am Sonnabend eine Lobrede auf Dernburg gehalten
o 88 schritten haben. Nation.
tlich ist das Dernburgs Glück und noch nicht Dernburgs Ende. bir daß 8b Tiefstand in der Kolonialpolstk über⸗ um Segen beht
Wir werden vorwärts kommen Damit schließt die Diskussion.
Zu der Petition der Deutschen Kolonialgesellschaft um chleunigen Weiterbau der Usambarabahn in Awuscha, die
nach dem Kommissionsantrag den verbündeten Regierungen als Material überwiesen werden soll, kommt der
Abg. Dr. Arni nl.) auf die Erörterung dieses Punktes in EE“ persönlich lieber gesehen, wenn
Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg:
Meine Herren! Von seiten des Reichskolonialamts oder des Bundesrats steht nichts entgegen, daß die Pekition zur Berücksichtigung überwiesen wird. 1
Das Gehalt für den Gouverneur für Ostafrika wird be⸗ willigt, ebenso das Gehalt des Staatssekretärs.
Die erwähnte Petition sowie die Petition der Deutschen Kolonialgesellschaft, betreffend die Eingeborenenfrage in den Kolonien, werden den verbündeten Regierungen als Material überwiesen. b“
Die sonstigen ordentlichen Ausgaben für die Zivilperwal⸗ tung, für die Militärverwaltung, die Flottille werden ohne weitere Debatte nach den Kommissionsanträgen bewilligt. Nur bei den Ausgaben für die Verwaltung der Dienst⸗ gebäude und Grundstücke sowie des Inventars führt der Abg. Dr. Arning (nl.) Beschwerde darüber, daß einem Arzt die zugesagte Wohnung nicht offen gehalten wurde, sodaß er genötigt ewesen sei, sich nach einer anderen Wohnung umzusehen. Sein — pruch auf eine höhere Entschädigung sei abgewiesen worden. Ein olches Verhalten sei wenig geeignet, Zivilärzte zu veranlassen, nach den Kolonien zu gehen. Er müsse im Namen seiner Fachkollegen gegen eine solche protestieren.
Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg:
Ich bitte den Herrn Vorredner, mich freundlichst mit dem Material zu versehen und mir Namen und Ort zu nennen, ich werde dann selbstredend hinter der Sache herfassen.
Bei den ordentlichen Ausgaben für die Eisenbahnen (Usambarabahn) bemerkt auf eine Anregung des Abg. von Strombeck (Zentr.) der 3 1 Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat in dankenswerter Weise auf Fes Paragraphen aufmerksam gemacht, welcher sich gleich⸗ lautend in den verschiedensten vom Reich mit einer Eisenbahnunter⸗ nehmung abgeschlossenen Verträgen vorfindet. Der Herr Vorredner ist der Ansicht gewesen, daß dieser Paragraph vielleicht heute noch keine Bedeutung habe. Das ist nicht der Fall. Er hat schon heute eine Bedeutung: die Usambarabahn hat mehr als 100 000 ℳ, im letzten Jahre über die 152 000 ℳ Zinsen gebracht. Die Sache hat also schon eine Bedeutung, allerdings nicht diejenige, die der Herr Vorredner angenommen hat. Was durch diesen Paragraphen zum Ausdruck gebracht werden soll, ist dies, daß dem Reich kein Recht eingeräumt werden sollte, auf an sich zweckmäßige Dispofitionen der Bauunternehmung irgendwie einzuwirken. Es foll uns nicht ein Recht eingerämt werden, festzustellen: wieniei Gehalt bekamm: der Betricbs. leiter, wiediel Gehalt bekommt der Schaffner, wieniel Sezair⸗ bekommen die schwarzen Gehilfen. Es soll uns auch darüber kem Recht em⸗ geräumt werden, festzustellen, wo und mwoher die Betrtebsleitung bre Materialien bezieht. Freilich selbst zu liefern, ist sie nicht verrchrigr und nicht in der Lage. Und daß die Preise, die eingesetzt sind, eichrig sein müssen, ergibt sich aus der rechnerischen Prüfung, die ins zusteht. Wir haben ein Recht, zu prüfen, oh für die Leistungen, die gemacht sind, die Ansätze richtig sind. Wir haben aber bein Recht, zu rragen sind diese Leistungen notwendig gewesen ader nicht⸗ Das tebt be. der Pächterin. Wenn wir uns die Kontrosle über jeden kleinsten Teil dieser Bahnbetriebe in unseren Kolonien reserpieren wollten, vürden wir uns ein Personal anschaffen müssen, das gar nicht möglich ist, zu halten. Vor allen Dingen bekämen wir aber gar teine Pächter. Ich stehe auf dem Standpunkt des Herrn Vorredners, daß Vorsickt ge⸗ hoten ist. Aber auf der andern Seite ist doch immer ein Unterschied zu machen, mit wem ich kontrahiere, und bier glauben wir, nachdem der Vertrag so geschlossen ist, das der Pächter einen großen Nutzen daran hat, daß die Bahn prosperiert, wir unter keinen Umständen voraussetzen, daß er illegitimer Weise dersuchen würde, sich dorher zu bereichern. Diese Befahr glaudte der Herr Vorredner erkennen zu können. Ich sehe sie nicht; denn tatsächlich steht uns durch die Stnsicht der Bücher und die rechnerische Prüfung der iazelnen Beläge das Recht zu, festzustellen, ob die uns angesetzten Preise angemessen sind⸗
Im Extraordinarium — * e von Baum⸗
suchen wie im Vorjahre ℳ a
en fö26.— 1,9. Sen können diese Versuche nur gut⸗ — der — als Beilage worden sind, in ausgiebigem Maße 8. 8. 8 als Beilage zur u. . (nl.) bittet um Versuche, in Ostafrika die Oelpalme einzuführen.
Staatssekretär des Reichskolonialanuns Derndurg:
Das kolontalwirtschaftliche Komiter hat gebeten, dm cinen Za⸗ schuß zu dieser Etnrichtung der Oelpalmenkultur in Ostafrika zu ge⸗ währen, und das Reichskolonialamt ist dieser Bitte nachgekommen. zur Ieh ün Han ür die Lösch⸗ und Ladeeinrich⸗
tungen 88 Tanga bestätigt auf Anfrage des Abg. Dr.
Arning (nl.) der
Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernhurg:;
Die Anregung des Herrn Abg. Dr. Arning dinsichtlich Daregfalam ist ja sehr danbenswert, aher, meine xeh. Kolonten so viel zu tun und zu bauen, daß win die 8 beit in Dartssalam mit dem Leichtern doch noch eine Wflle nehmen müössen, denn ein folcher Kal ist nicht keicht du deschassen geht gleich in die Milltonen.
Was Tanga angeht, so ist die Sitnatton dadtn mehnerseite zugefagten und setzt in Antzarbeltung
nicht bezahlt. Darauf hat der Bezirksrat einen Beschluß gefaßt,
EE““
. Militär⸗ und Zivilverwaltung. Hoffentlich gelingt e9. deese Dualismus in Kamerun ein vasdiges Ende zu g. und die Zivilgewalt über der Militärgewalt stehen wird. Der Abb. Grt.
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8
Budeetkommisston geugrten und auch ven mir fagegebenen Weänhcheg.