1909 / 68 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

nden Mist anzufassen, bestraft worden ist. Meine 8 jeder, der die Landwirtschaft kennt, der sich auf dem Acker bewegt hat oder bei der Bestellung tätig gewesen ist, ist auch in die Lage gekommen, mit Mift in Berührung zu kommen. (Sehr richtig! rechts.) Das ist an sich absolut keine Schande, auch nicht für den Kavalleristen; denn wenn jemand mit Pferden Be⸗ scheid weiß und der Herr Abg. Noske redet ja dauernd über Re⸗ montierungen, als ob er selbst Pferdezüchter sei der weiß, daß das mit trockenen Substanzen genährte Pferd, ich moͤchte beinahe sagen, sehr anständig mistet. (Stürmische, lang anhaltende Heiterkeit.) Meine Herren, ich bin selbst als Kavallerist ausgebildet und es ist nirgends, ich glaube auch bei keiner Kavallerie der Welt anders, als daß der Mann, um die Streu rein zu halten, mit den Händen in das Stroh greift, mit dem Stroh den Mist aus⸗ schüttelt und ihn dann in einem Gefäß wegträgt. (Sehr richtig! rechts.) So, meine Herren, ist das stets gemacht worden, und niemand hat darin irgend etwas Beleidigendes gesehen. (Sehr richtig! rechts.) Was hat nun aus dieser Geschichte der „Vorwärts“ gemacht, meine Herren. Ich habe den Artikel gelesen. Der „Vorwärts“ hat ge⸗ schrieben, das wäre das gleiche, unerhörte Verbrechen als das eines brutalen Unteroffiziers, wie es leider mal vorgekommen ist, der einen unglücklichen, hilflosen Rekruten gezwungen hat, seinen eigenen Dreck in den Mund zu nehmen. Meine Herren, dies hier, das Anfassen von Pferdemist ist keine Schande, aber derartige Vergleiche, das ist eine Schande. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, der Abg. Noske hat behauptet, daß in der Armee alles beim alten geblieben wäre, daß irgendwelche Fort⸗ schritte nicht erzielt wären. Ich möchte auf die Mißhandlungen hin⸗ weisen. Ich habe hier eine Statistik und möchte hervorheben, daß noch im Jahre 1903 612 Offiztere und Unteroffiziere wegen Miß⸗ handlung bestraft worden sind. Diese Zahl ist im Jahre 1908 auf 296 zurückgegangen (hört, hört! rechts und bei den Nationaliberalen), also, meine Herren, um über die Hälfte, und die Zahl würde in diesem Jahre 1908 noch tiefer stehen, wenn wir nicht gezwungen ge⸗ wesen wären, auf Mißhandlungsfälle zurückzugehen, die im Jahre 1903, 1905 und 1906 gespielt haben. Das wird wohl dem Herrn Abg. Noske klar machen, daß man bei keinem Fall vorbeigeht, sondern daß man noch auf die Fälle zurückgeht, welche wer weiß wie lange zurückliegen. Der Fall, den der Herr Abgeordnete angeführt hat, mit dem Hauptmann Hagemeister, ist mir nicht bekannt. Mir sind andere Fälle bekannt es sind wenige, denn es kommt sehr selten vor, wo ein Offizier ihm gemeldeten Mißhandlungen leider nicht nachgegangen ist, es ist jedesmal auf das strengste eingeschritten beziehungsweise der Abschied erteilt worden. Wenn hier eine so milde Bestrafung stattgefunden hat, muß die Sache doch wohl etwas anders liegen, als uns Herr Noske vorgetragen hat. Es ist also nicht wahr, daß über ge⸗ wisse Dinge von den Vorgesetzten absichtlich hinweggesehen würde. Der Vorgesetzte, und zwar jeder Charge, ist auf das eingehendste bestrebt, diese Mißhandlungen herauszubringen; in unserer Armee soll die Aus⸗ bildung nicht geschehen durch Prügel, wir wollen keine Augenblicks⸗ erfolge, sondern die Armee ist, wie gesagt, ein Organismus, der mit dem Volke arbeitet und der dem Volke angehört, und da kann es auf Augenblickserfolge nicht ankommen. (Sehr richtig! rechts.) Wenn Rekrutenschindereien durch ältere Mannschaften vorgekommen sind, so ist das in jeder Beziehung zu bedauern. Aber, meine Herren, ver⸗ gegenwärtigen Sie sich, daß alle derartigen Dinge bestraft werden, und zwar hart bestraft werden, daß jeder dahinter her ist, und ich meine, Sie müßten wirklich damit zufrieden sein, wenn wegen aller dieser Dinge Bestrafung eintritt; mehr kann man doch nicht ver⸗ langen, und es hat auch keinen Zweck, jede Mißhandlung hier noch breit zu treten, das ist doch wirklich nicht noͤtig. Ja, wenn nicht bestraft würde, wenn wir darüber hinweggingen, wenn wir nicht zu⸗ faßten, dann hätten Sie ein Recht dazu; aber da dies tatsächlich geschieht, da wir tatsächlich einen großen Erfolg dabei haben, so köͤnnten Sie sich wahrhaftig in dieser Beziehung beschränken; man müßte sonst wirklich glauben, daß das alles lediglich dazu da wäre, um gegen die Armee zu hetzen. (Sehr richtig! rechts.)

Der Herr Abg. Noske hat sich nun sehr strenge und ausdrucks⸗ voll gegen alles Schimpfen und Mißhandeln ausgesprochen. Das, muß ich sagen, hat mich gefreut, und ich hoffe, daß der Herr Abg. Noske auch einen Einfluß gewinnt auf die soztaldemokratische Presse (sehr gut! und Heiterkeit), damit z. B. das unerhörte Schimpfen über alles in dieser Presse auch aufhört. (Sehr richtig! rechts.) Vielleicht hat er auch einen Einfluß, dahin zu wirken, daß, wenn einmal wieder Wahlen in Preußen oder sonstwo sind, der unerhörte Terrorismus nicht mehr stattfindet. (Heiterkeit und sehr richtig! Lachen bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. Fischbeck war es, der Ihnen im Ab⸗ geordnetenhause darüber ein Bild gemalt hat, daß Sie ganz gewiß nicht hinter den Spiegel stecken werden. (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Ich finde: ein derartiger Terrorismus, wo man Menschen oder ganze Familien um ihre Existenz bringt, ist wahr⸗ haftig viel schlimmer zu beurteilen, als wenn gelegentlich ein Soldat einmal gepufft wird oder einen Schlag bekommt. (Sehr richtig!

ts. p 9. Herr Abg. Noske hat darauf aufmerksam gemacht: die 8 Delikte wären etwas höher geworden. Nun, meine Herren, die Delikte schwanken hin und her nach den Jahren; sie sind aber im allgemeinen doch nicht so außerordentlich verschieden. Die geringen Delikte, z. B. gegen die §§ 89 und 90, haben betragen im Jahre 1901 132 Fälle das war das geringste —, dann kommen 242, 206, 236, 182, 185, 223; gegen § 91: 67, 97, 93, 99, 87, 80, 79 und so geht es fort. Nun die schärferen Delikte, also z. B. tätlicher Angriff wider einen Vorgesetzten: 78, 84, 70, 69, 61, 68, 64; militärischer Aufruhr: 2, E Z1 11181818“n“ 3, 1, im Jahre 1908, und das, meine Herren, trotz alledem, daß zweifellos, ich glaube, doch wohl nicht ganz ohne Mitwirkung der Sozialdemokratie, die Autorität gelitten hat. Meine Herren, nun fordern Sie eine Reform des gesamten Militärstrafrechts. Ich bitte, sich zu vergegenwärtigen, daß das Militärstrafrecht vollkommen ab⸗ hängig ist oder wenigstens sehr abhängig ist von dem allgemeinen Strafrecht, es ist nur, ich möchte sagen, ein Anhang, das Militär⸗ strafgesetzbuch ist kein selbständiges Strafgesetzbuch, sondern der Geist, der in dem allgemeinen Strafgesetzbuch ist, muß unter allen Umständen auch in dem Militärstrafgesetzbuch vorhanden sein. Nun könnte man wohl daran denken, diesen oder jener Paragraphen zu ändern, aber ich bin im vorigen Jahre nicht hier gewesen, ich habe die Reden des Herrn Abg. Dr. Müller Meiningen nachgelesen, da hat der Herr Abg. Dr. Müller⸗Meiningen gesagt, es wäre erforderlich eine weit⸗

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ehende, eine großzügige Aenderung der ganzen Reform. Ich muß 5g daß 8 beee. Augenblick, wo das neue Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich in Bearbeitung ist, ich abgeschreckt werde an eine solche bedeutende und völlig umfassende Reform des Millitärstrafrechts heranzugehen. Das würde nur dazu führen, daß wir in kurzer Zeit noch einmal an eine derartige Arbeit gehen müßten. (Sehr richtig!)

Nun muß ich auch sagen, daß im allgemeinen auch heute noch unsere Strafen, unsere ganze Strafgesetzgebung nach meiner Ueber⸗ zeugung eine gerechte ist. Mögen einige Strafbestimmungen zu hoch sein, aber es fehlt uns doch nicht, wie der Herr Abg. Hagemann zu glauben schien, der Begriff der mildernden Umstände. Es ist aus⸗ drücklich bei der Schaffung des Militärstrafgesetzbuchs gesagt worden, daß die minder schweren Fälle anzusehen wären als Milderungsfälle, wir haben also auch dieses. Wir haben mit diesem Strafgesetzbuch Gott sei Dank eine Disziplin aufrecht erhalten, wie ein Heer, das jederzeit kriegsbereit sein soll, sie haben muß, und wir haben sie nicht aufrecht erhalten durch drakonische Strafen. Wenn wir bis jetzt be⸗ wahrt geblieben sind vor besonders schweren Vergehungen, so danken wir dies vielleicht auch den Strafandrohungen, die den Soldaten, auch den Renitenten, abhalten, sich in Gefahr zu begeben. Der Feld⸗ marschall Graf von Moltke hat bei Schaffung dieses Strafgesetzes gesagt, man sei bei ihm bis an die Grenze der Milde gegangen. Ich glaube aber, daß wir, wenn der Entwurf uns vorliegt für ein neues deutsches bürgerliches Strafgesetzbuch, an eine gewisse Um⸗ arbeitung des Mllitärstrafgesetzbuchs hier herangehen müssen und es sind dafür die Vorbereitungen bei uns bereits im Gange. Es ist ferner gefragt worden nach der Beschwerdeordnung. Herr Dr. Müller⸗Meinigen hat, soweit ich seine Reden habe nach⸗ lesen können, im vergangenen Jahre gesagt, er hätte schon verschie⸗ dentlich über die Beschwerden gesprochen, es sei ihm wohl noch nie⸗ mals darauf eine Antwort geworden. Ich möchte ihm darauf er⸗ widern, daß ich ihm vor 2 oder 3 Jahren ausführlich auf alle die verschiedenen Punkte, die er vorgebracht hat, die einer Aenderung be⸗ dürftig wären, hier Rede und Antwort gestanden habe. Herr Dr. Müller⸗Meiningen ist dann vielleicht nicht im Hause gewesen, ich habe es getan, ich habe Punkt für Punkt nachgewiesen, daß alles, was er z. B. fordert, wir schon haben. Ich erinnere daran, daß im vergangenen Jahre, wie ich nicht hier war, der Herr Abg. von Byern erzählt hat, wie er in seiner Eskadron die Beschwerden gehandhabt hätte; er habe den Unteroffizieren gesagt: „Ihr müßt die Beschwerden unter allen Umständen vorbringen, sonst sperre ich Euch ein!“ Der Herr Abg. Dr. Müller (Meiningen) hat darauf erwidert: „Ja, wenn es lauter solche Leute wären, wie unser Kollege von Byern, dann brauchten wir das vielleicht nicht!“ Meine Herren, ich möchte darauf nur erwidern: die Beschwerde des Soldaten geht nicht mehr durch die Unteroffiziere; der Soldat ist völlig frei, an seinen Kompagniechef bezw. einen Leutnant die Beschwerde anzu⸗ bringen, mündlich oder nötigenfalls schriftlich. (Zuruf bei den Sozial⸗ demokraten.) Ich habe den Zwischenruf nicht verstanden. Auf jede Beschwerde muß eingegangen werden. Das ist doch schließlich der Kernpunkt, daß der Soldat sich bei jeder Gelegenheit, wo er seinen Vorgesetzten trifft, oder auch schriftlich an ihn wenden kann, direkt an seinen Kompagniechef oder an seinen Leutnant. Und die Beschwerde muß angenommen werden, und es muß ihr nachgegangen werden.

Im übrigen ist die Reform des Beschwerderechts ein Akt des Disziplinarrechts und hängt infolgedessen zusammen mit der Befehls⸗ gewalt. Im Reichsmilitärgesetz, ich glaube im § 8, ist ausdrücklich gesagt, daß die Dissiplin Seine Majestät der Kaiser zu regeln hätte. Also das Beschwerderecht würde auch von Seiner Majestät zu regeln sein.

B . ist mit dem Ehrengericht der Fall. Unsere Ehrengerichte haben ganz zweifellos in der Armee vortrefflich gewirkt und ganz be⸗ sonders mit beigetragen zur Erziehung des Offizierkorps. Bei dem Ehrengericht kommt es darauf an, daß erstens jeder Fall klar und er⸗ schöpfend behandelt wird. Ich glaube, daß das vollständig geregelt ist. Die Ehrengerichte können sich jederzeit für nicht zuständig er⸗ klären, weil die Information eine nicht ausreichende ist, und können auf weitere, genauere Information dringen. Des zweiten muß der betreffende Offtzier sich eingehend verteidigen können. Mir scheint, auch dieses ist gewährleistet, wenn gleich man hier vielleicht noch einen Schritt weiter tun könnte. Das würde entsprechend unserer heutigen Auffassung des allgemeinen Rechts sein, und das hoffe ich zu erreichen.

Ein dritter Punkt ist der, daß der Spruch den allgemeinen Standesansichten und ⸗rücksichten entsprechen muß, und da das habe ich schon vorgestern ausgeführt bin ich sicher, daß das in jedem einzelnen Falle geschieht.

Meine Herren, der Herr Abg. Noske hat dann u. a. noch auf die Burschenfrage hingewiesen und gemeint, es liefen 30 000 Menschen unbeschäftigt herum. Das ist unrichtig. Wir haben in der Armee 22 000 Burschen, von denen aber nur 10 000 dienstfrei sind; es sind solche, die bei den höheren Offizieren sind und Pferde zu pflegen und zu reiten haben. Es ist nicht davon die Rede, daß ein General drei

urschen hat. 8 8. 888 mich mit einigen Worten zu dem Herrn Abg. Kopsch. Dieser hat mir wieder ein Aktenstück überreicht, das Klagen enthalten soll über Nichtberücksichtigung des jüdischen Elements; man habe sowohl Juden nicht angenommen als Arzt, wie auch nicht als Reserveoffizter. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, daß es keine Bestimmung und kein Gesetz gibt, welche darauf hinwirkten, daß etwa aus kon⸗ fessionellen Gründen vielleicht irgend jemand nicht zugelassen werden könnte als Reserveoffizier. Ich bin allerdings der Meinung, daß es in der Armee wohl vorgekommen ist und vorkommt, daß ein junger Mann israelit ischen Glaubens einfach deshalb nicht Reserveoffizier wird, weil er Jude ist. Damit will ich durchaus nicht zurückhalten, daß dies in der Tat meine Ansicht ist. Aber wenn diese Religion auch als Grund angegeben ist, so ist das gegen die Allerhöchsten Be⸗ stimmungen. (Zurufe von den Solialdemokraten.) Es ist ausdrücklich in einer Verfügung, die am 10. Juni 1908 vom Kriegsministerium ergangen ist, daran erinnert, daß es unstatthaft sei, Einjährig⸗Frei⸗ willige und Reserveoffiziersaspiranten lediglich wegen ihrer Zugehörig⸗ keit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft, wegen des Standes ihres Vaters und dergl. von der besonderen Ausbildung, von der er⸗ wähnten Prüfung und Beförderung usw. auszuschließen. Ich hoffe, daß dies eine gewisse Wirkung dahin hat, daß man tatsächlich alle Einjährig⸗Freiwillige, alle Aspiranten durchaus nur auf ihre Tüchtigkeit ansieht und nach ihrer Tüchtigkeit befördert. Diese selben Grundsätze sollen auch bel der Wahl zum Reserveoffizier gelten. Es ist also nicht statthaft, daß ein Reserveoffizierkorps einen

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jungen Mann, der sonst die Befähigung hat, abweist, einfach weil er

Jude ist. (Hört! hört! und Zurufe.) Es ist darauf durchaus hin⸗ gewirkt worden, namentlich in den letzten Jahren.

Nun, meine Herren, bei der Untersuchung der Fälle ist mir eins doch sehr aufgefallen. Die jungen Leute haben da Bemerkungen gemacht, die ihnen von Offizieren gemacht worden seien während ihrer Aus⸗ bildung, und die ihnen gewissermaßen eine außerordentlich glänzende Qualifikation ausstellten. Nun hat sich herausgestellt, daß das doch wohl einigermaßen anders gewesen ist. Wenn z. B. ein junger Mann sagt, der Leutnant sei zu ihm gekommen und habe ihm gesagt: es ist wirklich geradezu großartig, wie Sie Ihren Zug führen, ich wollte, ich könnte das auch (große Heiterkeit) und das wird als bare Münze hingenommen —, nun, das ist doch etwas eigentümlich. (Heiterkeit.)

Diese jungen Herren scheinen wohl ein bißchen leichtgläubig ge⸗ wesen zu sein. Sie haben hin und wieder aufmunternde Bemerkungen gleich so angesehen, als ob sie nun eigentlich schon die Epauletten hätten oder am nächsten Tage bekommen sollten. Ich habe bei der Prüfung des weiteren bemerkt, daß verschiedene Regtmenter, um sicher zu gehen, sich Tabellen angelegt haben, in denen sowohl der ausbildende Offizier wie auch der Hauptmann jede Woche genau das Resultat ein⸗ zeichnen, welches diese Ausbildung erreicht hat, den Eifer des Be⸗ treffenden und auch seine Fähigkeiten. Da stimmen diese Eintragungen, die nun mit großem Eifer jede Woche gemacht sind, durchaus nicht überein mit den Angaben, die mancher von diesen jungen Leuten gemacht hat. Auf Eifer allein kommt es doch nicht an, sondern auf die Fähig⸗ keit, wirklich kommandieren und eine Truppe oder ein Trüppchen führen zu können; das müssen wir unter allen Umständen verlangen. Ich muß auch das unter allen Umständen verlangen, daß die jüdischen Herren sich unbedingt dem Urteil fügen, welches die Vorgesetzten über sie aussprechen. Da fügt sich jeder Evangelische, und da fügt sich jeder Katholische; remonstriert wird gegen diese Qualifikation eigentlich nur von den jungen jüdischen Herren. (Hört! hört! rechts. Zurufe links.) Ich gebe zu, sie mögen manchmal recht gehabt haben; aber in vielen Fällen, die mir vorgetragen worden sind, haben sie

r nicht recht gehabt.

W895 die Armee hat, glaube ich, bis in die 80er Jahre tatsächlich jüdische Reserveoffiziere gehabt. Die Armee hat zweifellos keinen Schaden davon gehabt, und ich muß offen sagen vielleicht werde ich deshalb kolossal angegriffen: ich halte es einfach für einen Akt der Gerechtigkeit, daß man einen jungen Mann, auch wenn er Jude ist, wenn er sonst tüchtig ist und im übrigen geeignet, auch zum Reserveoffizier machen soll. (Bravo! links. Große Heiterkeit in der Mitte.)

Nun, meine Herren, hat der Herr Abgeordnete Kopsch noch auf den Fall Braband hingewiesen. Ich habe den Fall gestern hier vor⸗ getragen so, wie er mir bekannt geworden ist; aber nach den Dar⸗ legungen, die hier erfolgt sind, will ich mich dieses Falles noch einmal annehmen. Ich will noch einmal genau nachforschen, wie er genau

elegen hat. b Leidwesen hat der Herr Abgeordnete Kopsch auf ein Militärverbot hingewiesen, welches den Reserveoffizieren in Hagen den Verkehr in einer gewissen Gesellschaft als unerwünscht bezeichnet hat. Meine Herren, das ist ein eigentümlicher Fall, den ich hier lieber nicht zur Sprache gebracht hätte, nicht, weil dieser Wunsch der Militär⸗ hehörde, daß dort nicht verkehrt werde, ergangen ist, sondern weil mir scheint, daß es in diesem Vereine im höchsten Maße merkwürdig zu⸗ gegangen ist. (Heiterkeit.) Es haben allerdings auch dort Reserendare, ich glaube, auch Afsessoren usw. verkehrt. Dieser Klub nannte sich „Der See⸗ hund“ (große Heiterkeit), und die Manieren in diesem Klub waren wirklich „seehundsmäßig“ (große Heiterkeit), ich kann es nicht anders sagen. Ich weiß sehr wohl, daß es Stunden gibt, wo die Genialität herrscht. (Heiterkeit.) Aber wenn es in dem Klub Mode ist, daß von Anfang an der Uebermensch alle Regeln der Etikette und der Zivilisation abstreift (Heiterkeit), wenn der Empfang, sowie der Betreffende hineinkommt, sogleich mit einem Wort beginnt, was ich hier nicht gut aussprechen kann, was mit „altes“ anfängt und mit „Loch“ schließt (stürmische anhaltende Heiterkeit) und wenn nun in diesem Ton in gärender Genialität gearbeitet wird (Heiterkeit), meine Herren, dann läuft man eigentlich Gefahr, daß aus diesen Umgangsformen sich sehr unangenehme und schwierige Ver⸗ hältnisse entwickeln können. (Große Heiterkeit.) Mitglieder dieses „Seehunds“ haben auch in Hagen selbst auf einem Ball ein recht unangenehmes und auffälliges Benehmen zur Schau getragen, und da hat, ich glaube, mit Recht, dem Generalkommando daran gelegen, in verhindern, daß nun mal jemand kommt, der sich durch eine olche Redensart beleidigt fühlt und vielleicht durch eine noch stärkere beleidigt, und dann hätten wir den Salat gehabt. Deshalb hat der kommandierende General den Wursch geäußert, daß in diesem Klub nicht mehr verkehrt werde. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Ich hoffe, daß der „Seehund“ sich durch diese Maßregeln wieder verjüngt (Heiterkeit) und etwas besser wiedererftanden ist. .

Meine Herren, ich muß nun noch auf die gestrige Sitzung zurüd⸗ kommen und mich mit wenigen Worten dem Herrn enes Erzberger zuwenden. Der Herr Abgeordnete Erzberger hat Tealaa⸗ daß ich durch die Art meiner Frage an den Herrn Abgeordneten Haeusler ihm hätte zeigen wollen, daß ich ihn für einen Ieee hielte. Das ist mir selbstverständlich nicht beigekommen. Ich bin selbst nicht ein solcher Ignorant, einen alten bayerischen General für einen Ignoranten zu halten. Wenn ich so gefragt habe, wie ich es 8e. habe, so habe ich nichts weiter tun wollen, als meinem Erstaunen Ausdru geben, daß der Herr Abgeordnete Haeusler Anstoß genommen hat an pe Satz in der Denkschrift über die Kavallerie, daß das Pferd die 8s Waffe des Kavalleristen sei. Ich habe dann einige lssfaen. gemacht, die beweisen sollten, daß das Pferd auch heute noch 8 sächlich eine Waffe für den Reiter ist, und daß, um es zu 38 Waffe zu machen, es nötig wäre, die dreijährige Dienstzeit 7 zubehalten, weil jeder, glaube ich, oder die meisten, die wirklich S von der Sache verstehen, der Meinung sind, daß man das Pferd einen guten Reiter nur in drei Jahren ausbilden und zu einer brau baren Waffe machen könnte. (Sehr richtig! rechts.) A

Der Abgeordnete Erzberger hat gesagt, ich hätte den übe geordneten Haeusler nicht umgeritten. Nun, meine Herren, ich g lees nicht, daß wir hier dazu da sind, uns gegenseitig umzureiten, son h wir sind dazu da, Dinge zu besprechen und sie zu nützlichem gnne. führen. Das ist auch meine Absicht gewesen, eine andere ha 88 nicht gehabt, und ich weiß auch, daß der Herr Abgeordnete üSses 2 es absolut nicht so aufgefaßt hat, als ob ich ihn hätte beleidig

wollen. (Schluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Neichsa

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Kun, meine Herren, hat der Herr Abgeordnete Erzberger von Fondsverwechflungen gesprochen, und solche hätte der Herr Abgeordnete Haeusler im Sinne gehabt. Meine Herren, bei Fondsverwechslungen handelt es sich darum, daß man im guten Glauben aus einem Fonds etwas zahlt, was eigentlich in einen anderen gehört. Aber die Dinge, die der Herr Abgeordnete Haeusler hier vorgebracht hat, rubrizieren sich doch als gegen besseres Wissen begangene Vergehen; denn es ist nach meiner Meinung ein Vergehen, wenn man die Kantinengelder so verwendet, wie der Herr Abgeordnete Haeusler meinte, oder aus einem Fonds, der für Waffen bestimmt ist, tatsächlich Schuhwerk anschafft. Das darf man nicht, und das sind Vergehen. Deshalb hatte ich dagegen protestiert, das zu verallgemeinern.

Der Abgeordnete Erzberger hat mir nun seinen heißen Dank aus⸗ gesprochen, daß ich bestätigt hätte, daß es ein Budgetrecht des Reichs⸗ tags gebe. Meine Herren, ich habe da ein kleines Buch, das heißt, glaube ich, „Das deutsche Heer“ es kann auch einen anderen Titel haben. Es soll vom Abgeordneten Erzberger geschrieben sein; ich weiß nicht, ob es wahr ist. Darin sind alle die verschiedenen Quinqennatskämpfe sehr schön geschildert. Das war doch nichts anderes als ein Kampf um das Budgetrecht oder für das Budgetrecht. Also, ich glaube, der Herr Abgeordnete Erzberger wußte es auch schon vor⸗ her, daß der Reichstag das Budgetrecht hat, und ich brauchte es ihm zicht erst zu sagen. Den helßen Dank habe ich also nicht verdient. (Große Heiterkeit.)

Der Herr Abgeordnete Erzberger hat nun aber erwähnt, ich wäre doch wohl in meiner Behauptung, daß das Militärkabinett niemals in meine Befugnisse eingegriffen hätte, zu weit gegangen; denn ich entsänne mich doch, daß der Aggregiertenfonds nicht richtig verwandt wäre. Der Abgeordnete Erzberger weiß ganz genau, daß dies her⸗ stammt aus den 90 er Jahren des vorigen Jahrhunderts, also längst, ehe ich im Kriegsministerium war oder daran dachte, Kriegsminister zu werden, wurde der Fonds schon so verwandt. Also das war durchaus kein Eingriff in meine Rechte. Das lag viel früher, und ich muß betonen, wie das hier und wie es in der Kommission des lüngeren ausgeführt ist, daß ein Einverständnis des Kriegsministeriums und des Rechnungshofes vorlag, der glaubte, sich nicht an die Zahlen halten zu müssen. Ich muß also absolut dabei bleiben, daß das Militärkabinett in meine Rechte nicht eingegriffen hat.

Der Herr Abgeordnete Erzberger hat dann geglaubt, einen neuen Aggregiertenfonds aufstellen zu sollen in Kap. 24 Tit. 1. Das muß auf diejenigen Herren Abgeordneten, die im Etat nicht so Bescheid wissen, verwirrend wirken. (Zuruf.) Jawohl, Herr Abgeordneter Erzberger, ich werde es Ihnen gleich beweisen! Der Aggregierten⸗ fonds ist nur da für Offiziere, die nicht im Etat der Truppe stehen, zußerhalb stehen (sehr richtig! rechts); das Dispositiv in Kap. 24 ist für solche Offiziere bestimmt, die im Etat der höheren Behörden stehen, denen man seit altersher durch dieses Dispositiv das Gehalt ihrer Charge gewähren will. Wenn sie nämlich zum Hauptmann aufrücken, sollen sie das Hauptmannsgehalt bekommen, und wenn sie Major werden, sollen sie das Majorsgehalt bekommen. Es ist also etwas ganz anderes.

Der Abgeordnete Erzberger hat weiter gesprochen von einer Protektion, die doch stattfinde, und hat zum Beweise angeführt, daß der Hauptmann, welcher vor 5 oder 6 Jahren die Kompagnie führte, bei der die Aufsehen erregenden Mißhandlungen im 4. Garderegiment vorgekommen waren, jetzt Major und Div sionsadjutant geworden ist. Meine Herren, wenn ein Offisier das Unglück hat, daß bei dem Truppenteil, der unter seinem Kommando steht, solche Mißhandlungen vorkommen, so wird er bestraft, und außerdem geht immer nebenher die Frage: ist der Mann überhaupt noch brauchbar, eine Kompagnie oder sonst irgend einen Truppenteil zu führen, bietet er noch die eöͤtigen Garantien? Wenn man sich sagen muß, er bietet die Garantien nicht mehr, so erhält dieser O fizier seinen Abschied. Wir haben auf diese Weise verschiedene an sich tüchtige Offi,iere verloren. Wenn er aber diese Garantien zu bieten scheint, so versetzt man ihn wie in diesem Falle in ein anderes Regiment. Dieser Hauptmann ist gewiß nicht mit offenen Armen und mit Freuden in seinem neuen Regiment aufgenommen worden. Wenn er aber nun in fünflähriger Arbeit treu seine Pflicht und Schuldigkeit getan hat und seine jetzigen Vorgesetzten schlagen ihn vor, in einer besonderen Stelle verwendet zu werden, dann muß doch durch die longe Dienstzeit und durch die Strafe, die er bekommen hat, das einst⸗ malige Vergehen als gefühnt betrachtet werden. (Sehr richtig! rechts.) Da kann man doch nicht von einer Protektion sprechen.

Der Herr Abgeordnete Erzberger ist weiter auf die geheimen Dualiftkationsberichte zurückgekommen und hat gefragt, was es eigentlich tür ein Unterschied wäre, ob, wie es jetzt schon unter Umständen ge⸗ schehen könne, der Qualifikationtbericht einem Offizier mitgeteilt werde, oder ob diese Berichte allgemein offenliegen. Nun, meine Herren, ich meine, das brauche ich gar nicht zu erklären. (Sehr richtig! rechts.) Der Unterschied ist so offenkundig, daß ich darüber wirklich kein Wort zu verlieren brauche.

Nun hat der Herr Abgeordnete Erzberger der Heeresverwaltung gewissermaßen einen Vorwurf gemacht, daß sie Mannschaften nach össen geschickt hätte, um Krupp bei der Aenderung von Geschützen zu unterstützen. Er hat auf einen Oberstleutnant Siehl hingewiesen, der ihm diese Mitteilung gemacht hätte, und er hat dabet gelagt, ich wühme ihn wohl nicht für voll an. Das tue ich allerdines nicht, ich nehme ihn nicht für voll an. Denn diese Nachricht ist falsch. Die

eeverwaltung hat keine Mannschaft nach Essen geschickt. Das Geschütz, das der Herr Abgeordnete Erzberger nannte, hatte beim

aarfschießen gewisse Veränderungen gezeigt. Diese Veränderungen nten nur durch Kruppsche Monteure beseitigt werden, die dieses auf Kosten der Firma in den Garnisonorten ausführten. Da nun aber solche Veränderungen, wenn sie im Mobilmachurgsfalle vor⸗ men, durch die Büchsenmacher repariert werden müssen, so haben

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wir diesen Moment benutzt, um Büchsenmacher und Mannschaften in dem Abziehen der Rohre von der Wiege und Wiederaufziehen zu unterweisen. (Hört! hört! rechts.) Das ist etwas durchaus anderes.

Die Nachricht, die dieser Oberstleutnant Siehl dem Herrn Abgeordneten Erzberger gegeben hat, ist ebenso falsch wie diejenige, die er in der ersten Lesung des Etats hier vorgetragen hat, daß wir aus dem Festungsbaufonds bis zu 4 % für Dienst⸗ wohnungen ausgegeben hätten (Zurufe: Für Dienstzulagen.), also für Dienstzulagen. Meine Herren, davon ist gar keine Rede. Das würden 3 ½ Millionen bei dem Fonds sein. Wo sollten wir dahin kommen?

Die Nachricht ist ebenso falsch wie die andere, die der Herr Abgeordnete Erzberger hier auch vorgetragen hat, nämlich die, daß er die Kommandantur nennen könnte, bei der eine Dienstwohnung aus dem Fonds für Festungsbauten glänzend ausgestattet und mit Decken⸗ gemälden hergestellt sei. Dieses Vorkommnis bezieht sich der Herr Abgeordnete Erzberger hat die Freundlichkeit gehabt, es mir zu nennen auf eine Dienstwohnung in Pillau, die, nachdem der Offizier ausgezogen war, neu in Stand gesetzt wurde zu dem hohen Preise von 257 (Große Heiterkeit), und zwar nicht aus den Festungsbau⸗ geldern, sondern aus den laufenden Fonds, und die Deckengemälde haben darin bestanden, daß man auf die getünchte weiße Fläche einen blau und roten Strich gezeichnet hat. (Große Heiterkeit.) Diese Mit⸗ teilung, die der Herr Abgeordnete Erzberger von dem Oberstleutnant Siehl bekommen hat, hätte ich auch haben können, wenn ich nämlich auf seinen Antrag, vorher ehe er sie mir gab, 100 eingeschickt hätte⸗ (Hört! hört! und große Heiterkeit.) Das habe ich abgelehnt.

Der Herr Abgeordnete Erzberger hat ferner in der 171. Sitzung

vom Sonnabend, den 28. November 1908, ausgeführt:

Ich habe im letzten Frühbjahr schon von dieser Stelle vergeblich dagegen gekämpft, daß die Deutsche Munitions⸗ und Waffenfabriken diesen Auftrag von 40 Millionen für die Anfertigung der Maschinen⸗ gewehre allein erhalten haben, zu Monopolpreisen, die nicht zu ver⸗ antworten sind. Alles war vergebens. Die Firma hat trotzdem den Auftrag bekommen.

Meine Herren! Ich stelle fest, daß wir noch niemals einen solch hohen Fonds überhaupt für diese Zwecke gehabt haben, und daß diese 40 Millionen, die diese Firma bekommen haben soll, auf 3 ¾ Millionen zusammenschrumpfen. (Hört! hört! rechts.) Wenn man uns Vor⸗ würfe macht, daß die Maschinengewehre zu teuer bezahlt seien, so kann man sagen, daß der Preis für das Maschinengewehr ja hoch ist; aber man kann uns daraus keinen Vorwurf machen, da wir diese Summen für das Gewehr selbst bezahlen mußten; denn die Firma hatte das Patent, und gab es an keine andere Stelle ab, auch nicht an uns, und wir konnten überhaupt kein Maschinengewehr unter dem festgesetzten Preis bekommen. Sobald das Patent abgelaufen war, haben wir dahin gewirkt, daß die Preise heruntergingen und sie sind über 2000 gefallen. Wir bezahlen jetzt rund 2300 für dieses Maschinengewehr.

Ich bin gezwungen, noch einmal auf den Fall zurückzukommen, der auch gestern vorgebracht war, daß zwei Offiziere Ehebruch getrieben hätten und trotzdem nach Hannover kommandiert worden wären. Meine Herren, die Angelegenheiten haben gespielt in den Jahren 1902, 1905 und 1906, liegen also 4 bis 5 Jahre zurück. Ich stelle nach noch heute morgen erfolgten Feststellungen fest, daß ein Ehebruch nicht stattgefunden hat. Ich möchte doch darum bitten, daß, wenn man solche Anklagen von der Tribüne des Reichstags ausspricht, man doch die sichere Ueberzeugung von der Wahrheit der Sache hat. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Der Herr Abgeordnete Erzberger hat gewiß keine böse Absicht dabei gehabt, aber er ist hineingelegt (Heiterkeit), und ich möchte ihn bitten, doch bei diesen verschiedenen Mitteilungen, die er bekommt, etwas vorsichtiger zu sein. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen und rechts.) Ich glaube, daß uns und auch ihm selbst damit am allermeisten gedient wäre. (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)

Abg. Rieseberg (wirtsch. Vgg.): Die Rede des Abg. Noske vom vorigen Jahre besagte ganz das Gegenteil wie die heutige. Heute war der Kraftausdruck nicht mehr: Nieder mit dem Militarismus!, sondern er wünschte, daß das ganze deutsche Volk an den militärischen Einrichtungen teilnehmen könne. Es sind das dieselben Reden, die die Herren zur Auf⸗ klärung der Jugend über den Militarismus in den Volks⸗ versammlungen halten. Die Schwächlichkeit der heutigen jungen Leute hat ihren Grund in der Unsitte des unkheimlichen Zigarettenrauchens; dies nagt an ihrer ganzen Entwicklung. 30 % der nicht militärtauglichen jungen Leute litten an Herzfehlern, hervorgerufen durch zu starkes Zigarettenrauchen. Bei den Lieferungen für das Militär sollte die Verwaltung den kleinen Gewerbetreibenden und den kleinen Handwerkern mehr Entgegenkommen beweisen. Der Kriegsminister ist der richtige Mann am richtigen Platz. Die bürgerlichen Parteien können nur wünschen, daß ein solcher Mann noch recht lange auf seinem Posten erhalten bleibe.

—* Hierauf wird Vertagung beschlossen.,.

In persönlicher Bemerkung tritt der Abg. Erzberger (Zentr) mehreren Ausführungen Kriegsministers entgegen und hebt namentlich hervor, daß ihm von einer durchaus zuverlässigen Person die Mitteilungen über unlautere Beziehungen des betreffenden Offiziers gemacht worden seien. Der Kriegsminister sei om wenigsten berechtigt, irgend einem Abgeordneten Vorsicht zu empfehlen, nachdem er selber diese Vorsicht in dem Falle Lynar gegenüber dem Abg. Paasche habe vermissen lassen. Abg. Cuno (fr. Volkep.) spricht sein Bedauern darüber aus, daß ihm durch die Vertagung die Möglichkeit genommen sei, schon heute der einseitigen Darstellung des Kriegsministers in bezug auf

Hagen entgegenzutreten. Schluß 8 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr.

(Militäretat.)

erstatters Gra

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Preußischer Landtag. Herrenhaus. 5. Sitzung vom 19. März 1909, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.))

Dem Staatsvertrage zwischen Preußen und dem von Grundstückszusammenlegungen durch Königli preußische Auseinandersetzungsbehörden, wird na dem Antrage des Berichterstatters, Freiherrn von der Recke, die Zustimmung erteilt, nachdem der Geheime Oberregierungs⸗ rat Peltzer eine kurze Erläuterung dazu gegeben hat.

Sodann folgt die Niedersetzung der 15gliedrigen Kommission zur Vorberatung des Lehrerbesoldungs⸗ gesetzentwurfs und die Wahl von 5 Mitgliedern zur Ver⸗ tärkung der Finanzkommission für die Vorberatung der übrigen Besoldungsgesetzentwürfe.

Sie werden die Gesetzentwürfe, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Altdamm, Gollnow, Greifenhagen, Stargard i. Pomm., Bütow und Rummelsburg, ohne Debatte nach dem Referat des Oberbürgermeisters Ehlers⸗ Danzig unverändert angenommen.

Ebenso erfolgt unveränderte Annahme des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Landeskreditkasse zu Cassel, in der vom Abgeordnetenhause abgeänderten Form.

Es folgt danndie Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Berpflichtung der Gemeinden in der Provinz Hessen⸗Nassau zur Haltung von Ziegenböcken. Verichterstatter ist Freiherr Riedesel zu Eisenbach.

Das Gesetz bestimmt, daß Landgemeinden in Hessen⸗Nassau eine dem Bedürfnis entsprechende Anzahl von Ziegenböcken zu unterhalten haben; Gemeinden, in denen weniger als 30 deck⸗ fähige Ziegen vorhanden sind, sollen zur Haltung eines eigenen Ziegenbocks nicht genötigt werden. In derRegel soll für je 80 deck⸗ fähige Ziegen ein Bock gehalten werden. Die Gemeinden können mit sogenannten Bockhaltern Verträge abschließen, sie können sich auch zu Bockhaltungsverbänden vereinigen. Das Gesetz wird begründet mit der Bedeutung, die die Ziegen⸗ haltung für die Provinz Hessen⸗Nassau besitzt.

Der Gesetzentwurf wird in einmaliger Schlußberatung unverändert angenommen, ebenso der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Errichtung von Ortsgerichten in einem Teile des Kreises Altenkirchen.

Sodann wird die von dem Amtsanwalt zu Vietz bean⸗ tragte böien e zur Einleitung der ee gegen

Großherzogtum Sachsen, betreffend die degsaeneg

das Mitglied des Herrenhauses von Klitzing wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung (Jagdpolizeikontravention) 5 dem Vorschlage der Geschäftsordnungskommission erteilt, nachdem

Herr von Buch⸗Carmzow als Berichterstatter ausgeführt hat, daß Herr von Klitzing voraussichtlich keine allzu große Bedrängnis erfahren werde, weil er versehentlich eine Rehricke geschossen habe, die nachher an den Zähnen als ein Rehkitz erkannt worden sei.

Petitionen um Erbauung einer Eisenbahn von Erkner nach Storkow, ferner eine solche um Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen der Mosel⸗ und der

Hunsrückbahn üͤber Blankenrath— Treis —-Carden werden

der Regierung als Material überwiesen.

Berichterstatter Oberbürgermeister Schustehrus⸗Char⸗ lottenburg beantragt sodann, die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung des Landes⸗ polizeibezirks Berlin. Durch dieses Gesetz soll auch die Landgemeinde Stralau im Kreise Niederbarnim dem Landes⸗ polizeibezirk Berlin angegliedert werden, und zwar soll in polizeilichen Angelegenheiten die Zuständigkeit des Landrats und die des Kreisausschusses den im Stadtkreise Lichtenberg zuständigen Behörden übertragen werden.

Nachdem der Geheime Dr. Maubach einige Erläuterungen gegeben und Herr Dr. Hamm die An⸗ nahme des Gesetzentwurfs befürwortet hat, wird die Vorlage in einmaliger Schlußberatung angenommen.

Ueber eine Petition des Magistrats und der Stadt⸗ verordneten zu Stolp (Pommern) um Berücksichtigung des Elektrizitätswerks zu Stolp bei Vergebung der Lieferung von elektrischem Strom zu Beleuchtungs⸗ und Kraftzwecken für den eg Stolp wird nach dem Antrage des Bericht⸗

en von Arnim⸗Boitzenburg zur Tagesord⸗ nung übergegangen, ebenso über eine Petition um Erhöhung des nicht pfändbaren Teils des Diensteinkommens, der Pension und der sonstigen Bezüge der Beamten usw. von 1500 auf 2000 nach dem Referat des Herrn Dr. Hamm.

Schluß 2 ³¾ Uhr. Nächste Sitzung unbestimmt, jedo schwerlich vor dem 30. März. 8

Haus der Abgeordneten. 8 57. Sitzung vom 19. März 1909, Vormittags 11 Uhr.

des

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats der Eisenbahnverwaltung, und zwar die allgemeine Debatt über die Einnahmen, fort, wozu die Resolution de Budgetkommission vorliegt: 8

die Regierung zu ersuchen, I. bei der Aufstellung des Eisen bahnetats von 1910 ab darauf Bedacht zu nehmen, daß bebhufe wirksamerer Ausgestaltung des Ausgleichsfonds diesem Sen außer den rechnungsmäßigen Ueberschüssen des Staatshaus⸗

alts ein Betrag des Reinüberschusses der Eisenbahnverwaltun durch den Staatshau haltsetat zugeführt wird, welcher einen be⸗ stimmten Prezentsatz des jeweiligen statistischen Anlagekapitals de preußischen Staatseisenbahnen übersteigt, II. eine materielle und Begrenzung des Extraordinariums in Aussicht z nehmen. Die Kommission beantragt ferner, die Verhandlungen des Landeseisenbahnrats im Jahre 1908, den Bericht über die Ergebnisse des Betriebs der vereinigten preußischen und hessi⸗ schen Staatseisenbahnen sowie die Denkschrift über di

Bildung eines deutschen Staatsbahnwagenverbandes durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.

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