1909 / 69 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Auf Antrag Erzberger die schwache Besetzunz des Hauses Vertagung beschlossen. Schluß gegen 7 Uhr.

Fortsetzung der heutigen Beratung. ensionsfonds, des Reichsinvalidenfonds;

EAII1“

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. Sitzung vom 20. März 1909, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die Beratung über die dauernden Ausgaben des Etats der Eisenbahnverwaltung fort. An Besoldungen fuͤr die höheren, mittleren und unteren Beamten sind insgesamt 262 346 000 ℳ, d. h. 5 379 800 mehr als im Vorjahre, an Löhnen, Stellenzulagen usw. 200 398 700 ℳ, d. h. 14 052 300 mehr, ausgeworfen. Nach dem Abg. Beyer⸗Dortmund (Zentr.), über dessen Ausführungen bereits in der vorgestrigen Nummer d. Bl. be⸗ richtet worden ist, erhält das Wort Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.): Bei der Sonntagsruhe kommen die Stationsbeamten am besten weg, sie haben alle 14 Tage einen freien Sonntag, die Schaffner, Zugführer, Heizer und Packmeister haben infolge der Reisezeit aber nur 4 bis 6 dienstfreie Sonntage im Jahr. Wäre genügend Ablösungspersonal vorhanden, und würden die Bestim⸗ mungen über die Sonntagsruhe wirklich innegehalten, so könnte das anders sein. Die Eisenbahnverwaltung sollte, wenn die Arbeiter unerfüllbare Wünsche vorbringen, bemüht sein, die Leute über die Unerfüllbarkeit ährer Forderungen zu belehren. Hier können die Arbeiterausschüsse sehr gute Dienste leisten. Die Kolonnenführer müßten selbständiger gestellt werden; das würde auch ein Ansvporn sein, tüchtige Arbeiter in die Werkstätten zu bekommen. Die Arbeiter haben allerdings, auch wenn sie schon lange Zeit im Dienst sind, ein Recht auf Urlaub nicht, aber Fes ist doch erwünscht, daß man ihnen einen solchen gewährt. Sehr piele Streckenarbeiter arbesten durchaus nicht alle Tage im Freien. Vielfach wird darüber geklagt, daß die Bestimmungen bezüglich der neunstündigen Arbeitszeit zum Teil nicht durchgeführt worden sind. Die Arbeiter legen großen Went darauf, daß überall da, wo die Bildung von Arbeiterausschüssen vorgeschrieben ist, diese auch geschaffen werden und, wo sie bestehen, auch beachtet werden. Daß die vollständige Ab⸗ schaffung des Akkordsystems unmöglich ist, sehen die Arbeiter selbst ein. Vor allen Dingen wird darüber geklagt, daß die Einheitsfätze der Akkordlöhne sehr plötzlich geändert werden, ohne daß die Gründe für eine solche plötzliche Aenderung mitgeteilt werden. Dadurch wird bei den Arbeitern und Handwerkern Mißtrauen erregt, besonders, wenn die Einheitssätze herabgesetzt werden müssen. Der Zweck des Akkordsystems ist doch nur der, den tüchtigen Arbeitern Gelegenheit zu geben, mehr zu verdienen, als ein Durchschnittsarbeiter verdient. Es ist zu wünschen, daß mehr Stetigkeit in die Ein⸗ heitssätze der Akkordarbeitslöhne bineinkommt, und daß man Ver⸗ trauensleuten der Arbeiter Gelegenheit gibt, die Gründe für etwaige zu erfahren. Dadurch könnte biel Mißtrauen vermieden werden. Abg. Dr. Flesch (d. Volkep.): Ich kann es nicht richtig finden, wenn seitens der Regierung gesagt wird, sie müsse den Bedingungen der Privarindustrie folgen, damst der Privatindustrie kein Schaden geschehe. Trotz der großen Summen, die im Etat für Wohlfahrts⸗ einrichtungen ausgeworfen sind, sind die eigentlichen Wohlfahrts⸗ einrichtungen, durch die das Eisenbahnministerium unberpflichteterweise die Lage ihrer Arbeiter aufbessert, nur recht bescheiden. Auch hier bewahr⸗ heitet sich manchmal das Wort: „Vernunft wird Unsian, Wohltat Plage!“* Geklagt wird darüber, daß bei der Pensiondkasse der früheren Hessischen Ludwigsbahn, obwohl der Staat mit der Uebernahme derselben ein gutes Geschäft gemacht hat, noch keine Erleichterungen durchgeführt sind. Die Dienstwohnungen für die Beamtenfamilien mit zahkreichen Kindern sind zu klein, von dem erhöhten Wohnungsgeldzuschuß baben sr nichts. In der Gewährung der Freifahrtkarten bei Urlaub ist auch etwas faul; man hat den Eindruck, als ob von den nachgeordneten Be⸗ börden nicht immer den Intentionen der Zentralinstanz ent⸗ . sprechend verfahren wird. In Frankfurt werden Beamte, die Bureaua beiten verrichten, bezahlt wie die untersten technischen Beamten; der festen Anstellung stehen große Schwierigkeiten entgegen. Eine bedeutende Beschwerde ist die, daß die Arbeiter, die Akkordarbeiten machen, vorher nicht erfahren, welche Akkord⸗ löhne dafür gezahlt werden; die Akkordberechnung ist in den Eisen⸗ babnwerkstätten allerdings recht schwierig, aber was z. B. in den Elektrizitätswerken gemacht werden kann, muß auch in der Eisenbahn⸗ verwaltung gehen. Den städtischen Arbeitern werden die in die Woche fallenden Feiertage bezahlt; die Eisenbahnarbeiter sind aber in dieser Beziehung schlechter gestellt; die Kosten können bei den wenigen Feiertagen im Jahre nicht ins Gewicht fallen. Die Staatsbetriebe müssen in solchen Dingen den Privatbetrieben mit gutem Beispiel vorangehen. Die Lokomotivarbeit ist die schmutzigste Arbeit im ganzen Eisenbahnbetriebe, und die dabei beschäftigten Arbeiter haben darüber zu klagen, daß sie auch regelmäßig am Sonntag diese schmutzige Arbeit machen müssen. In einem wohlgeordneten Betriebe muß sich eine Aenderung darin treffen lassen. Die Eisenbahn⸗ verwaltung sollte der Unzufriedenheit der Arbeiter vorbeugen und wenigstens die Dinge regeln, die bei gutem Willen geregelt werden

(Zentr.) wird mit Rücksicht auf

Nächste Montag, 2 Uhr. tats des allgemeinen strategische Eisen⸗

20 Minuten lang im Regen stehen, ehe Wenn sie nachher in ihren Wellblechbuden ausruhen können, sie sich in den nassen Mänteln sehr unbehaglich. Ich möble bitten -. Wärter bei Regenwetter mit werden.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Beamten und Arbeiter müssen sich von Anbeginn darüber klar sein, daß sie nur Vereinigungen angehören dürfen, die sich nicht als ordnungsfeindliche charakterisieren, und die nicht den Streik der Ver⸗ kehrsangestellten zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Forderungen proklamieren wollen.

Unter diesen beiden Voraussetzungen haben wir im Gebiete der preußischen Staatgeisenbahn das Entstehen von Vereinen aller Art, ich möchte geradezu sagen, gefördert. Ich sehe vollkommen ab von den Staatseisenbahnvereinen, die zurzeit das ganze Land überziehen, und denen, wenn ich richtig unterrichtet bin, etwa 85 bis 90 % unserer gesamten Angestellten angehören. Ich denke nur an die Fach⸗ vereine und Berufsvereinigungen. Deren haben wir 68, die sich zum Teil auch über das ganze Gebiet der preußischen Staatseisenbahnen erstrecken, und denen nicht weniger als 206 613 Beamte und Arbeiter angehören. Der Herr Abg. Beyer hat auf den christlich⸗nationalen Verein hingewiesen, der sich jüngst im Westen der Monarchie in An⸗ lehnung an die christlichen Gewerkschaften gebildet hat. Es ist mir bekannt gegeben, daß dieser Verein den eben erwähnten Voraussetzungen entsprechen will.

Ich darf im allgemeinen bemerken, meine Herren, daß die überwiegende Zahl aller Berufsvereinigungen anerkennt, daß für die Verkehrsangestellten unmöglich ist, sich Vereinen anzuschließen, die wir als ordnungsfeindlich in unserem Sinne bezeichnen, oder die einen Streik proklamieren. (Sehr richtig! rechts.) Diese Auffassung ist das kann man wohl sagen heute allgemein

dieser Fragen im Reichstage mit großer Genugtuung erlebt, daß der sozialdemokratischen Partei in dieser Angelegenheit auch von der süd⸗ deutschen Volkspartei eine Absage erteilt wurde (Abg. Hammer: Bravo!), daß ganz ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß Ver⸗

setzungen nicht entsprechen, nicht beteiligen dürfen. In den letzten Monaten habe ich auch wiederholt Gelegenheit gehabt, mit Vertretern verschiedener Berufsvereinigungen in Erörterung zu treten, und sie alle sind dieser Auffaffung beigetreten; die Statuten dieser Vereinigungen sind auch dementsprechend gefaßt. Meine Herren, ich erblicke hierin einen zweifellofen Erfolg, der dem konsequenten Verhalten der preußischen Staatseisenbahnverwaltung in diesen Fragen entspringt. (Sehr richtig und Bravo!)

Warum die Königliche Eifenbahndirektion in Halle den Elintritt in eine christliche nationale Vereinigung ihres Bezirks beanstandet haben soll (Zuruf des Abg. Beyer⸗Dortmund), weiß ich augen⸗ blicklich nicht; der Fall wird untersucht werden.

Der Herr Abg. Beyer hat dann darauf hingewiesen, daß, nach⸗

die Güterzüge vorbei sind. sühlen

Gummimänteln ausgerüstet

Mieine Herren! Ich habe in den letzien Jahren wiederholt hier bekanntgegeben, welche Stellung ich gegenüber den Eisenbahnvereinen, den Fachvereinen, den Berufsvereinigungen aller Art einnehme. Ich darf diese meine Stellungnahme dahin kennzeichnen, daß ich diesen Vereinigungen wohlwollend, ja entgegenkommend, gegenüber stehe. Ich habe nur immer einen Vorbehalt machen müssen: unsere angestellten

anerkannt, und ich habe es im vergangenen Jahre bei der Erörterung

kehrsangestellte sich an Berufevereinigungen, die diesen Voraus.

werde. Ich darf bemerken, daß vor einigen Jahren es war im

eine einheitliche Ordnung geschaffen ist; Gebiet einheitliche Stückpreishefte festgestellt. Das besagt nicht etwa, daß wir für das Gebiet der Staatsbahnen einheitliche Preise fest⸗ gestellt haben; nein, die Stückpreishefte enthalten weiter als eine einheitliche Nomenklatur, und die Fest⸗ setzung der Akkordlöhne erfolgt nach den örtlichen Verhältnifsen jeder Hauptwerkstatt. Es ist sehr wohl möglich, daß über die Fest⸗ stellung des Akkordpreises im einzelnen Fall für die einzelne Arbeits⸗ ausführung verschiedene Auffassungen zwischen den Beteiligten bestehen können. Es wird aber in der Regel so gemacht, daß, wenn neue Arbeiten ausgeführt werden follen, die bisher noch nicht ausgeführt sind, erst Probestücke gefertigt und auf Grund der Ausführung dieser Probestücke die Akkordpreise festgesetzt werden. Wir wünschen durch⸗ aus nicht, daß die Abrechnung, die sich aus dem Akkordverhältnis der Arbeiterschaft zur Verwaltung ergibt, engherzig erfolgt; es werden häufig Wünsche der Arbeiterschaft geltend gemacht; vielfältig werden sie zugunsten der Mrbeiterschaft enzschieden.

Dann ist der Herr Abg. Bever, auch der Herr Abg. Dr. Schroeder ebenso wie der Herr Abg. Dr. Flesch auf die Erteilung von Urlaub an unsere Arbeiterschaft eingegangen, eine Frage, die ja auch in den letzten Jahren hier wiederholt erörtent worden ist. Ich bemerke, daß man zunächst denjenigen Urlaub unterscheiden muß, der den Arbeitern der Staatseisenbahnen unter bestimmten Vorausfetzungen, wenn sie eine bestimmte Zeit im Dienste der Verwaltung tätig gewesen sind, gewährt wird und gewährt werden soll. Dieser Urlaub wird ja erst seit etwa zwei Jahren erteilt und vollzieht sich anstandslos. Der ganz überwiegende Teil der Arbeiterschaft macht von derselben Gebrauch und erhält zu seiner sehr großen Befriedigung seinen Lohn während der Urlaubserteilung fortgezahlt. Daneben läuft aber auch noch der Urlaub aus Anlaß von traurigen und freudigen Familienereignissen. Diese Urlaubeerteilung ist den einzelnen Direktionen überlassen, und es entspricht durchaus meiner Absicht, daß hier wohlwollend verfahren wird, fowohl was die Freifahrtbewilligung wie die Bemessung des Urlaubs betrifft. Ich bin lebhaft erstaunt, daß der Herr Abg. Dr. Flesch mitteilen konnte, es bestehe in der Arbeiterschaft über die Art und Weise, wie die Freifahrtgewährung an Arbeiter erfolge, Unruhe und Unzufriedenheit. Meine Herren, wenn ein Arbeiter aus Anlaß von traurigen oder freudigen Familien⸗ ereignissen Urlaub nachsucht und ihn wohl der Regel nach erhält, sofern

die Angelegenbeit als eine einigermaßen dringliche anerkannt wird, so bekommt er auch freie Fahrt, und freie Fahrt bekommt er ebenso für seinen vier⸗ oder sechstägigen Sommerurkaub (Zuruf des Abg. Beyer Dortmund) wenn er sich mit seinen Wünschen in angemessene Grenzen hält. Wir lönnen es natürlich keinesfalls dulden, daß di Arbeiterschaft die wenigen Tage, die ihr an Urlaub gewährt wird, dazu benutzt, um im ganzen Reich herumzufahren. Nur aus dieser örtlichen Eingrenzung der freien Fahrt können sich Beschwerden er⸗

fehr wohlwollend verfahren. Dann ist die Frage der Arbeiterausschüsse erneut berührt worden.

Meine Herren, die Arbeiterausschüffe im Zebiet der preußischen Staatsbahnen sind zunächst für die Hauptwerkstätten bereits im Jahre

dem durch die Befoldungsordnung eine umfassende Aufbesserung der Gehälter, insbesondere auch der Unterbeamten, stattgefunden hat, eine Lohnerhöhung für die Arbeiterschaft folgen müsse. Meine Herren, ich habe schon bei anderer Gelegenheit dieser Auffassung widersprechen müffen. Die Lohnerhöhung für die Arbeiterschaft ist eben voran⸗ gegangen; sie hat uns ja gerade mit dazu veranlaßt, in eine Revision der Gehälter besonders der Unterbeamten, die den Arbeitern naheftehen, einzutreten. (Sehr richtig! rechts) Es würde ja ohne Ende sein, wenn wir jetzt nun aus der umfassenden Erhöhung ver Beamten⸗ gebälter wieder den Anlaß zu einer Erhöhung der Löhne hernehmen wollten. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Im übrigen, meine Herren, haben wir in dieser Frage ein sehr gutes Gewissen. Der Herr Abg. Beyer hat sich naturgemäß ganz überwiegend mit dem Einkommen der Werkstättenarbeiter befaßt. Ich darf darauf hinweisen, daß ein Werkstättenarbeiter im Jahre 1900 einen Jahresverdienst von 1133 hatte; seitdem ist der Jahresverdienst ständig gestiegen, und zwar auf 1260 im Jahre 1907, im Jahre 1908 etatsmäßig veranschlagt auf 1290 ℳ, im Jahre 1909 etatsmäßig veranschlagt auf 1260 ℳ, weil der ganze Etat auf den Zahlen des Jahres 1907 beruht. Welche Löhne wir

können. Abg. Hammer (kons.): Die weitgehende Forderung der Be⸗ zahlung der Feiertage in der Woche würde nicht nur für die König. lichen Behörden gelten, sondern auch auf Industrie und Handwerk zurückwirken. Ich habe eine solche Forderung im Handwerk noch nicht gehört, fürchte aber, daß von den Herren Sozialpolitikern darauf zurüuck⸗ egriffen werden wird. Ich halte es für falsch, wenn man die staat⸗ lichen Behörden dahin festlegt. Ich will einige Vorfälle auf dem Gebiete der Beamtenvereinigungen besprechen. Wir werden vom 1. April ab für höhere Besoldungen der Beamten ꝛc. 200 Mill. Mark mehr ausgeben, und ich bitte die höheren Beamten, das zu erSS Ich erinnere diese, die an der Spitze von Beamtenvereinigungen stehen, an den Erlaß des früheren Ministers von Budde. In einem Vorort von Bochum hat sich jetzt wieder ein Beamtenkonsumverein gebildet. Niemand wird ein Verbot solcher Vereine befürworten, das wäre un⸗ gesetzlich und würde dte Beamten degradieren. Der Handelsminister sagte neulich, man könne den Beamten das nicht verbieten. Das wollen wir auch nicht, wir wollen aber die Beamten so bezahlen, daß sie es nicht mehr nötig haben, durch ihre Konsumvereine die Gewerbetreibenden zu vernichten. Anscheinend ist man jetzt im Eisenbahnministerium zu den Grundprinzipien des Buddeschen Erlasses zurückgekehrt, denn einem großen Konsumvereine sind die fiskalischen Mietsräume gekündigt worden, der betreffende Beamtenverein hat sich aufgelöst. Hoffeatlich bewahren also die Eisenbahnbehörden eine strikte Neutralität gegenüber den Konsumvereinen. Beachten Sie, daß die Hälfte aller Gewerbetreibenden ein Einkommen unter 1500 bat, und daß diese am 1. April keine F,n. erfahren haben! (Der Redner verliest eine am 7. April 1908 in der Budgetkommission abgegebene Er⸗ klärung der Regierung, unte: welchen Bedingungen Konsum⸗ vereine als ein dringendes Bedürfnis für die Beamten zu⸗ elassen werden sollten.) Ich richte einen Appell an alle höheren . den Erlaß des Ministers von Badde zu beachten.

Ein großer Lebrerverein hat seinen Konsumverein anläßlich der Lehrer⸗ besoldung aufgelöst, um den Gewerbetreibenden zu helfen. Ich sage:

ut ab vor solchen Leuten! Persönlich möchte ich den Herrn

inister noch bitten, er moͤge sich der vorhandenen 70 sogenannten kommissarischen Eisenbahnassistenten annehmen. Ich kenne diese Herren als sehr tüchtige Beamte, denen leider der Weg abgeschnitten ist, Eisenbahnassistenten zu werden. Ferner moͤchte ich für die Bahn⸗ wärter ein Wort einlegen. Diese müssen bei nassem Wetter oft

die Akkordarbeit wünscht, setzt,

ganz davon ab, daß die Verwaltung selbst ein Interesse an der mehr die Arbeitstätigkeit in den weiten Arbeitsräumen in ange⸗

messener, die Arbeiter nicht belästigender Weise zu kontrollieren; die Arbelter kontrollieren sich eben selber in diesem Falle.

im Jahre 1909 tatsächlich zahlen werden, wissen wir heute nicht; jedenfalls hängen sie nicht von der etatsmäßigen Feststellung ab. Was ich heute bereits in diesem Augenblick bemerke, weil aus der etatsmäßigen Angabe falsche Schlüsse gezogen werden könnten.

Dann hat Herr Abg. Beyer ebenso wie Herr Abg. Schroeder er⸗ neut die Frage der Atckordarbeit an den Betriebsstellen der preußischen Staatseisenbahnen erörtert. Diese Frage ist, soviel ich mich erinnere, hier fast alljährlich zur Diskussion gekommen. Die Auffassungen sind durchaus gegensätzlich. Soviel mir bekannt, vertritt Herr Abg. Beyer den Standpunkt, daß die Akkordarbeit grundsätzlich zu beseitigen wäre, obwohl er heute sich darauf beschränkt hat, nur zu empfehlen, daß wir in einigen Direktionsbezirken einen Versuch mit dem Ersatz der Akkordarbeit durch Tagelohnarbeit machen. Herr Abg. Schroeder hat meines Ermessens durchaus richtig darauf hingewiesen, daß das Petitum der Beseitigung der Akkordarbeit, insbesondere in den großen Reparaturwerkstätten der Staatseisenbahn, tatsächlich unmöglich zu er⸗ füllen ist (Abg. Hammer: Sehr richtig!), und daß ihre Beseitigung nicht zum letzten zum schweren Schaden unserer ganzen Arbeiterschaft ausfallen würde. (Sehr richtig!) Ich habe im letzten Jahre wieder⸗ holt Gelegenheit gehabt, mich mit Arbeitern unserer Werkstätten näher über diese Frage zu unterhalten und habe in der Mehrzahl dieser Fälle meine Auffassung vertreten hören, ohne daß ich sie den Arbeitern habe imputieren wollen. Es liegt ja sehr nahe, daß der Arbeiter weil sie allein ihn in die Lage ver⸗ auf Grund besonderer Tüchtigkeit, Findigkeit unter Um⸗ ständen sich ein höheres Lohneinkommen zu verschaffen. Ich sehe

Akkordarbeit hat nicht sowohl, um den Arbeiter auszubeuten, als viel⸗

Herr Abg. Beyer hat nun darauf hingewiesen, daß bei der Fest⸗

1892 unter Minister von Thielen zur Einführung gelangt. Erst vo b

Arbeiter und unsere größeren Verkehrszentren ausgedehnt worden. Es ist Voraussetzung für ihre Einführung, daß mindestens eine Beleg⸗ schaft von 100 Arbeitern zur Verfügung stehen soll. Wir wünschen

durchaus, daß diese Arbeiterausschüffe sich in jeder Weise als segens⸗

reich erweisen möchten. Wir wünschen in erster Linie, daß die Arbeiter vertreter sich in den Ausschüssen nur als Vertrauensleute der Arbeiter schaft fühlen, die sie ja ohne irgendeine Beeinflussung von seiten der Verwaltung wählen darf. Wir haben ferner bestimmt, daß sie regel⸗ mäßig mindestens zweimal jährlich zusammentreten; es steht aber durchaus nichts entgegen, daß sie öfter zusammentreten, wenn eine Mehrheit des Ausschusses ein öfteres Zusammentreten wünscht. Diese Bestimmung ist in den Vorschriften über die Ein⸗ derufung der Ausschüsse enthalten. Es ist auch in die Hand der Vorstände gegeben, eine öftere Berufung eintreten zu lassen. Die Arbeiterausschüsse äußern jn nach allen Richtungen ihre Wünsche, und daß es sich nicht nur um eine formale Einrichtung handelt, wie uns wiederholt von seiten der Sozialdemokratie vorgeworfen ist, die in der ganzen Angelegenheit nur eine Farce sieht, (sehr richtil,; bei den Sozialdemokraten) möchte sich ohne weiteres daraus ergeben, daß in den Jahren 1906 und 1907 3852 Ausschußanträge beraten wurden, wovon 2554, gleich 60 %, zustimmende Erledigung gefunden haben. (Abg. Hammer: Hört, hört!) Meine Herren, es ist ja völlig aus⸗ geschlossen, daß alle Anträge zustimmende Erledigung finden (Abg. Hammer: Sehr richtig!); denn sie bewegen sich beständig auf dem Gebiete der Lohnerhöhung, und es ist unmöglich, daß eine Verwaltung, die der Auffassung ist, daß sie mit ihren Löhnen im großen und ganzen den Lohnmarktsverhältnissen Rechnung trägt, in der Lage wäte, dauernd Anträͤgen auf Erhöhung Folge zu geben. Es ist ja nicht verwunderlich, daß gerade in dieser wesentlichsten Frage die meisten Anträge an uns gelangen, aber ebensowenig verwunderlich ist es, daß wir oft nicht in der Lage sind, zuzustimmen. Wir wünschen, daß die Arbeiterschaft rechtzeitig, so schnell als möglich, über die Entschließung der Verwaltung informiert wird. Es ist jüngst bestimmt worden, daß, wie es bereits in einigen östlichen Direktionsbezirken geschieht, die Entschließung der Verwaltung durch Anschlag der Arbelterschaft bekannt gegeben wird.

Dann ist bereits, wie in der Budgetkommission, so auch hier die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Pensionskassen gewünscht worden. Der Herr Abg. Dr. Schroeder hat schon auf die Bedenken hin⸗ gewiesen, die dem entgegenstehen. Ich habe aber bereits in der Budget⸗ kommission darauf aufmerksam machen können, daß wir augenblicklich in eine versicherungstechnische Prüfung darüber eingetreten sind, ob eine solche Erhöhung erfolgen kann. Ich darf aber auch hier bemerken, meine Herren, daß die Leistungen der Pensionskassen der preußischen Staatseisenbahnen vom Jahre 1890 ab um mehr als 100 % ge⸗ stiegen sind.

Dann ist die Frage der Sonntagsruhe auch diesjährig erneut urgiert worden. Herr Abg. Dr. Schroeder war der Meinung, daß unsere Sonntagsruhe ungleschmäßlig verteilt wäre und zu Beschwerden

azelner! Beamter Anlaß gebe. Es trifft durchaug zu, daß nicht alle

stellung der Akkordpreise für die einzelne Arbelt willkürlich vetfahren

7 Jahre 1904 für das ganze Gebiet der preußischen Staatshahnen

1 Innen wir haben für das ganze

nichts vseder (Cafsel): Bravo!) Die Zahl der mindestens 18 stündigen

aser Gesamtpersonal zugenommen von 1,97 auf 2,77 pro Monat.

länner von 2,10 auf 2,37, die Bahnwärter und Rottenführer von

pärden wir diese Kolonnenführer in das Beamtenverhältnis über⸗

geben, sonst wird im ganzen Gebiet der preußischen Staatsbahnen

einigen Jahren sind die Arbeiterausschüsse auch auf die

amtenklassen nach demselben Prozentverhältnis bei Gewährung Sonntagsruhe berücksichtigt werden können. Im großen ganzen wir aber doch auf Grund unserer statistischen Fest⸗ llungen, d'e, wie ich auf eine Anfrage des Herrn Abg. Dr. Schrorder vorigen Jahre bemerke, durchaus ein Bild der Wirklichkeit sind, n, daß wir in dieser Frage beständig fortschreiten. (Abg. Dr.

untäglichen Dienstbefreiungen hat vom Jahre 1900 bis 1908 für

eran sind die verschiedenen Gruppen verschieden beteiligt. Die itlleren Bahnhofsbeamten, deren Herr Abg. Dr. Schroeder ausdrück⸗ h Erwähnung tat, sind gestiegen von 1,72 auf 2,26, die unteren ahnhofebeamten von 2,17 auf 2,41, die Schirrmeister und Schixr⸗

7auf 2,59, das Lokomotivpersonal von 1,78 auf 1,89 diese sind wenigsten gestiegen —, die Zugbegleitungsbeamten, zu denen auch

Wogenwärter gehören, von 1,68 auf 1,94. Meine men, daß in den Zeiten der Verkehrshausse die sonn⸗ vlichen Dienstbefreiungen zuweilen Unregelmäßigkeiten auf⸗ eisen, kann nicht wunder nehmen. Wir sind aber f das äußerste bemüht, diesen Unregelmäßigkeiten vor⸗ beugen, und wenn wir in den letzten Jahren eine so auffällige rsonalvermehrung erfahren haben, so ist das nicht zuletzt darauf ückzuführen, daß wir bestrebt gewesen sind, den Unregelmäßiakeiten unserem gesamten Außendienste durch Einstellung neuen Personals tgegenzuwirken. 1

Dann ist von Herrn Abg. Dr. Schroeder bemängelt worden, daß Erledigung der Krankenfürsorgeanträge sich eine unerwünschte Ver⸗ leppung gezeigt hätte, daß derartige Anträge ohne Bescheid geblieben iren. Wenn das geschehen sein sollte, so könnte ich es nur miß⸗ ligen. Ich werde Anlaß nehmen, der Sache nachzugehen.

Es ist ferner gewünscht worden, eine Frage, die auch schon von ten der betreffenden Arbeitergruppe mir persönlich vorgetragen ist, ß die Kolonnenführer der Hauptwerkstätten in das Beamten⸗ hältnis übernommen würden. Die Frage ist durchaus zweifelhaft.

hmen, so würden sie ihre Vertrauensstellung unter den Arbeitern, sie heute in hohem Maße inne haben, voraussichtlich einbüßen. ann ergibt sich eine sehr große Schwierigkeit daraus, daß

Kolonnenführer relativ hohe Bezüge haben. Wir haben schon i der Anstellung der Werkführer große Schwierigkeiten dadurch, sie als Vorarbeiter verhältnismäßig hohe Löhne beziehen. Diese chwierigkeit würde sich in erhöhtem Maße zeigen, wenn die Kolonnen⸗ hrer als Beamte angestellt würden.

Dann ist gewünscht worden, daß wir die neunstündige Arbeits⸗ t, die unter meinem Amtsvorgänger für die Hauptwerkstätten ein⸗ rt wurde, auch auf die Betriebswerkstätten übertragen. Das ist cht möglich, weil wir die Arbeiter der Betriebswerkstätten nicht ders behandeln können, wie die Betriebsarbeiter, die mit ihnen auf aselben Bahnhöfen tätig sind.

Herr Abg. Dr. Flesch bat bemängelt, daß im Etat die Auf, ndungen für Wohlfahrtspflege in einer großen Sammelposition zu⸗ mmengefaßt sind. Die Wohlfahrtseinrichtungen beziehen sich auf das amte Personal, auf die Beamten und Arbeiter; im weiteren Sinne d man auch die Gewährung der Pensionen an die Beamten als sohlfahr'sau'wendungen bezeichnen müssen. Die Frage scheint mir

e nur äußerliche Bedeutung zu haben, denn es ist aus den Zahlen

schtlich, welcher Teil auf die Pensionen der Beamten entfällt. Wir ben durchaus nicht die Absicht gehabt, hier mit Zahlen brillieren wollen.

Lebhaft in Erstaunen gesetzt, geradezu frappiert hat mich die zößerung des Herrn Abg. Dr. Flesch, daß im Bereiche der preußischen aatseisenbahnen der Eindruck gewonnen werden könnte, daß Wohl⸗ ört Plage sei und zur Willkür werde. Eine Verwaltung, die so sheernd bemüht ist, für Wohlfahrtszwecke zu Gunsten ihres gesamten rsonals große Auswendungen zu machen, die, wenn es die Mittel jeßen, in vielen Fragen noch weiter gehen möchte, verdient diesen orwurf meines Erachtens durchaus nicht. Wenn sich der Abg. Dr. esch zur Bekräftigung dieser harten Auffassung darauf berief, daß an den früheren Privatbeamten, den aus dem Dienst der Hessischen dwigsbahn übernommenen Beamten, einen statutenmäßigen Beitrag fordere, damit sie sich eine Pension sichern, so erfolgt dies nur in onsequenz dessen, was die Beamten selnerzelt selber übernommen ben, und hierbei darf ich dara tf hinweisen, daß der Staat ohne jede chttlliche Verpflichtung diese Beiträge von 7 auf 5 % ermäßigt hat.

Der Herr Abgeordnete hat weiter gesazt, daß einem Arbeiter,

eine staatliche Wohnung inne habe, zugemutet worden sei, den ohnungsgeldzuschuß für untere Beamte zu zahlen. Ich bin heute cht in der Lage, sagen zu können, wie der Fall sich zugetragen hat;

vermute aber, die Sache liegt so, daß dieser Arbeiter Beamter tden sollte und nunmehr vor der Frage stand, die Wohnung, die n Staatzarbeiter geschaffen war, zu verlassen. Da hat man ihm gegenkommen wollen und hat gesagt: wenn du in der Wohnung übst, muß du den Wohnungsgeldzuschuß der betreffenden Unter⸗ amtenklasse zahlen. Dos würde mir als ein durchaus berechtigtes orgehen erscheinen.

Es ist weiter von dem Herrn Abg. Dr. Flesch verlangt worden, Han Feiertagen, die in die Wohe fallen, eine Fortzahlung des hnes erfolgen möge. Herr Abg. Hammer hat diese Anregung bereits, e mir scheint, mit guten Gründen bekämpft. Das ist nicht nur e Geldfrage (Abg. Hummer: sehr richtig!), die Bedeutung der anziellen Seite darf aber nicht unterschätzt werden. Es würde sich

die preußischen Staatzeisenbahnen nach meiner überschläglichen rechnung doch immerhin um ein Personal von 150 000 bis 0000 Arbeitern handeln. Herr Abg. Dr. Flesch meinte, bei gutem illen und bei einigem Entgegenkommen der Verwaltung könnten die erderungen, die er geltend mache, wohl erfüllt werden, und das wäre not⸗

dig, um der vorhandenen Unzufrledenheit zu steuern. Meine Herren, die üßische Staatseisenbahnverwaltung nimmt in dieser Frage einen r ruhigen und zuversichtlichen Standpunkt ein. Sie will fort⸗ neiten, sie weiß, daß noch manches und vieles zu bessern ist; aber kann nicht überhastet vorgehen, sie hat Rücksicht zu nehmen auf anderen Berufskreise im Lande, auf die Landwirtschaft und In⸗ strie, insbesondere dann, wenn es sich um die Feststellung der Löhne ndelt. Wir können alle diese Fragen nicht ausschließlich unter dem esichtpunkte der Arbeiterschaft, die bei uns wirkt und tätig ist, be⸗ eilen. Wir hegen und pflegen diese Arbeiterschaft, und ich meine,

““

1 G1.“ 1 werden, als dadurch, daß wir in Zeiten, wie die jetzigen, in denen die Konjunktur auch zu einer erheblichen Minderung der Betriebs⸗ und Verkehrsleistungen der Staatseisenbahnen geführt hat, auf das äußerste bemüht sind, der Arbeiterschaft, die zu uns gehört, die ständig bei uns gewirkt hat, weiter Unterkunft zu gewähren. (Bravo!) Ich meine, damit zeigen wir, daß wir der schweren Situation Rechnung tragen wollen, und daß wir der Arbeiterschaft, die uns Treue bewiesen hat, in schweren Zeiten auch entgegenkommen. (Bravo!)

L““ empfiehlt eine größere Einheitlichkeit in den Löhnen der Eisenbahnarbeiter; gerade bei den geringen Be⸗ soldungen machten sich kleine Differenzen besonders unangenehm fühl⸗ bar. Auch im Gepäckträgerwesen wäre größere Einheitlichkeit sehr VNW 1 1. und Umbauten sollten möglichst ein⸗ eimische Arbeiter berü tigt werden.

3 18⸗ Dr. dit Die technischen Hilfsarbeiter hei der Eisenbahnverwaltung stehen in einem ähnlichen Vertragsverhäftnis wie bei der Privatindustrie, sie sind aber trotzdem lange nicht so gut dotiert. Diese Techniker haben 1907 ihre bescheidenen Wünsche in einer Petition vorgetragen, sie haben aber bisher nicht einmal eine Antwort erhalten. Die Kündigungefristen dieser Beamten sollten wenigstens im Sinne des B. G.⸗B. auf sechs Wochen festgesetzt werden. Auch in anderer Beziehung stehen sie sehr zurück. Das ist alles der Verwaltung durchaus unwürdig.

Abg. Schreiner (Zentr.): Der freie Sonntag der Eisenhahnarbeiter darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß sie erst Morgens um 7 Uhr aus dem Dienst nach Hause kommen können und so gezwungen sind, schlaftrunken in die Kirche zu gehen. Der Redner fragt ferner den Minister, ob eine Bestimmung existiert, wonach die Eisenbahn⸗ angestellten der Umgebung von Trier in keinem Falle in Trier selbst wohnen dürfen. 1

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich muß zu meinem Bedauern auf einen Fall zurückkommen, den der Abg. Busch im vorigen Jahre hier eröttert hat. In der Hauptwerkstätte zu Opladen oll ein höherer technischer Eisenbahnbeamter sein, der bei Wahlen sich ungewöbnlich lange im Wahllokal aufgehalten und die Arbeiter während der Wahl so fixiert haben soll, daß darin eine Wahlbeeinflussung erblickt wurde. Ich konstatiere, daß der Bezirksausschuß dahin entschieden hat, daß darin eine Wahlbeeinflussung nicht erblickt werden könne. Man bhringt hochangesehene Zentrumsmänner mit dieser Affäre in Verbindung, so einen Sanitätsrat. Es ist mir ö. ordentlich peinlich, über bestimmte Personen hier etwas äußern zu müssen. Der Betreffende ist jedenfalls ein ehrenwerter Mann, aber er ist auch offenbar ein scharfer klerikaler Heißsporn. Das Zentrum scheint ja nach dem Vorgang des Abg. Grafen Praschma jetzt darauf zu bestehen, daß alle Beamte, die sich nach seiner Meinung irgendwie unliebsam politisch betätigt haben, vom Reichskanzler bis zum untersten Beamten herunter entfernt werden sollen. Ich möchte den Minister bitten, daß er auch dieser Seite der Sache seine Auf⸗ merksamkeit schenkt.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Ich nehme an, daß der Geheime Sanitätsrat

setzung unserer Beamtenschaft gewährt werden soll. Das wäre ein ganz unerhörter und ungewöhnlicher Vorgang. Solange mir da nicht Beweise gebracht werden, muß ich solches in Abrede stellen.

Im übrigen bin ich auch nach den Mitteilungen des Abg. Dr. Friedberg kaum in der Lage, meine Stellung vom vorigen Jahre in der Frage zu revidieren. Wenn der Bezirksausschuß ausspricht, daß die Anwesenheit eines diesseitigen Angestellten im Wahllokal an sich keine zu beanstandende Handlung sei, so kann das für mich bei der

0A

mich recht erinnere, nur darauf hingewiesen, daß ich es nicht für an⸗ gäagig halte, wenn sich ein Beamter, der im Autoritätsverhältnis zu

werkstätten in Opladen um etwa 600 Arbeiter beider Kon fessionen —, wenn sich dieser Beamte während des ganzen Tages im Wahllokal aufhält. Er erweckt dann, mag er es wollen oder nicht, den Eindruck, daß er nach irgend einer Richtung hin einen Druck ausüben wolle. Nun bin ich durchaus der Meinung, daß wir der politischen Betätigung unserer Beamten und Arbeiter, sofern sie sich nicht in der vorher von mir gekennzeichneten Richtung bewegt, durchaus keinen Zwang antun sollen. Aber andererseits müssen wir von ihnen Takt verlangen, und ich kann nicht anerkennen, daß ein Beamter, der diese Vertrauens⸗ stellung, diese Autoritätsstellung hat, den genügenden Takt an den Tag legt, wenn er sich so lange in dem Wahllokal aufhält, in dem ganz überwiegend Arbeiter der Hauptwerkstätten verkehren.

Ich habe dann noch einige Fragen und Wünsche zu beantworten, die die Herren Vorredner geltend gemacht haben.

Zunächst möchte ich Herrn Abg. Hammer erwidern, daß in der Stellungnahme des Ministers der öffentlichen Arbeiten gegenüber den Konsumvereinen keine Veränderung eingetreten ist. Ich stehe auf dem Standpunkt meines Herrn Amtsvorgängers, daß wir die Konsumvereine wirken lassen, aber nicht zu begünstigen haben (Abg. Dr. Crüger⸗Hagen: (Sehr richtig!), daß wir sie nicht begünstigen durch freie Hergabe von Lager⸗ räumen, durch freie Hergabe von Geschäftslokalitäten, daß wir dann, wenn kein dringendes Bedürfnis vorliegt, Konsumvereine einzurichten, es nicht begünstigen, daß unsere Angestellten Vorstands⸗ mitglieder werden. (Abg Hammer: Sehr richtig!) Aber im übrigen muß ich, wie auch mein Herr Amtsvorgänger, die Meinung pertreten: unsere Beamten sollen frei über sich verfügen, ob sie einem Konsum⸗ verein angehören wollen oder nicht (Abg. Dr. Crüger⸗Hagen: Sehr richtigt) mit der Maßgabe, daß dieser Konsumverein nicht sozial⸗ demokratische Tendenzen verfolgt. (Abg. Hammer: Sehr richtig!)

Dann hat sich der Herr Abg. Hammer für eine Kategorie von Bcamten eingesetzt und das hat mich lebhaft gefreut —, nämlich für unsere kommissarischen Eisenbahnassistenten. Sie befinden sich zum Teil in einer etatsmäßigen Unterbeamtenstelle. Es ist mir durchaus bewußt, daß diese Angestellten eine sehr tüchtige Klasse unserer Be⸗ amten sind, die jede Förderung verdienen, und wenn hier im Eisen⸗ bahndirektionsbezirk Berlin einige dieser Beamten insofern degradiert scheinen, als sie wieder in die Weichenstellerstellung zurückgehen, so kann ich mir das nur dadurch erklären, daß in der heutigen verkehrsschwachen Zeit Verschiebungen von oben nach unten stattfinden müssen und des⸗ halb anch ein Teil der zum Eisenhahnassistenten geprüften Unter⸗ beamten vorübergehend wieder im unteren Dienst beschäftigt werden muß. Ich werde der Sache nachgehen.

Es ist dann ferner gewünscht worden, daß den Bahnwärtern Gummimäntel auf Kosten der Verwaltung verabfolgt werden sollen. Diese Frage ist angenblicklich in voller Untersuchung für das ganze Personal, und der Wunsch soll bei dieser Gelegenheit mit gewürdigt werden.

Der Herr Abg. Wallenborn hat darauf hingewiesen, daß die Be⸗

er kann die Sorge für unsere Arbeiterschaft nicht erkennbar

seitigung des § 4 des Doppelbesteuerungsgesetzes für die preußischen

Blanc Bahnarzt in Opladen ist. (Abg. Dr. Friedberg: Jawohl!)

Es ist mir neu, daß Bahnärzten irgendwelche Einwirkungen auf Ver⸗ den einzelnen Arbeiter und seine Familie entstehen könnten, nach

Beamten, die in 1 Bundesstaaten wirken, unter Umständen zu einer Erhöhung der Steuern führen kann. Ich glaube, in Aussicht stellen zu können, meine Herren, daß wir in diesem Falle genau so vorgehen werden wie bei der Regelung der Kommunalsteuerfragen. Unsere Beamten, die in den betreffenden Bundesstaaten das Kom⸗ munalsteuerprivileg verloren haben, werden entschädigt. Hier werden wir voraussichtlich in gleicher Weise vorgehen können. Die Ange⸗ legenheit bedarf aber noch der Untersuchung.

Durchaus einverstanden bin ich damit, daß angesichts der Einhei der Verwaltung nicht bei dem Zusammenstoß von Direktionsgrenzen an demselben Orte nur aus dem Umstande, daß ein Teil der Arbeiter⸗ schaft dieser, der andere jener Direktion angehört, eine Disparität in den Löhnen sich geltend machen darf. Nach der Richtung sind unsere Direk⸗ tionen wiederholt mit bestimmten Weisungen versehen, und zwar nicht nur dahin, daß sie auf die Löhne der Nachbardirektionen, sondern auch auf die Löhne der nachbarlichen Bundesstaaten, auch auf die Löhne, die etwa in Reichsbetrieben festgesetzt sind, Rücksicht zu nehmen haben, weil man eben davon ausgeht: Einheitlichkeit ist das einzige, was be⸗ rechtigte Beschwerde von uns abhalten kann

Was die Ausflüge der staatlichen Eisenbahnvereine an schönen Sommertagen betrifft, ja, meine Herren, so legen die Vereine außer⸗ ordentlichen Wert darauf, Gesamtausflüge zu machen. Nicht zum wenigsten erfreuen sie sich an diesen Ausflügen deshalb, weil sie bei solchen Anlässen die Möglichkeit haben, das Zusammengebörigkeits⸗ gefühl zur vollen Geltung zu bringen.

Auf die Verwendung heimischen Materials, soweit es sich irgendwie finanziell rechtfertigen läßt, wird meinerseits, wie in der Staatsbauverwaltung, so auh in der Staatzeisenbahnverwaltung, be⸗ sonderer Wert gelegt.

Der Herr Abg. Dr. Maurer hat sich dann mit der Regelung der Verhältnisse der mittleren Techniker, die jz in sehr großer Zahl in der Staatseisenbahnverwaltung beschäftigt werden, befaßt. Ich bin mit ihm durchaus darin einverstanden, daß der Regelung der Verhältnisse dieser Techniker eine besondere Aufmerksam⸗ keit geschenkt werden muß. Es liegt, wie ja bereits hervorgehoben worden ist, seit Jahr und Tag eine Petition dieser großen Berufs⸗ klasse im Ministerium. Sie ist nicht unbehandelt geblieben; es ist aber eine recht schwierige Materie, die seit längerer Zeit unter den Eisenbahndirektionen verhandelt wird. Ich kann dem Herrn Abg. Dr. Maurer versichern, daß ich mir die Regelung in durchaus wohl⸗ wollendem Sinne denke. Ich glaube, daß wir einen großen Teil der

Wünsche, die er vorgetragen hat, werden erfüllen können. (Bravo!)

Was die Regelung der Arbeiterverhältnisse in Konz⸗Trier betrifft, so habe ich zu erklären, daß die Verwaltung die Härten, die aus der Verlegung der Lokomotivwerkstätten von Konz nach Trier etwa für

Möglichkeit auszugleichen bemüht sein wird. (Bravo!)

Abg. Dr. Schepp (fr. Volksp.): Der Ministerialerlaß vom Jahre 1907, der festsetzt, daß die Zulagen nicht mehr widerruflich sein sollen, ist von verschiedenen Eisenbahndirektionen, z. B. Breslan, Bromberg und Magdeburg, durchaus nicht immer befolgt worden. Auf die Petitionen der Beamten ist noch keine Antwort erfolgt, und

Auffassung, die ich von der Disziplin und dem Takt des Beamten habe, nicht entscheidend sein. Ich habe im vorigen Jahre, wenn ich

der Arbeiterschaft steht es handelt sich bei jeder der drei Haupt⸗

ich möchte den Herrn Minister bitten, daß etwas mehr Dampf da⸗ hinter gemacht wird, damit endlich einmal Ruhe und Zafrierenheit

eintritt. . Abg. Leinert (Sat): Die Wohlfahrtspflege ist eine Ke⸗ klame, hinter der nichts sitzt. Für die eigentlichen Waßhlfahras⸗ einrichtungen und Wohlfahrtszwecke wird im Jahre 15909 dar aus nicht erheblich mehr ausgegeben werden. Penstonen kann man doch nur dann unter dieses Rubrum bringen, wenn man meint, daß man denen, die ein Recht darauf haben, ein Wodltat damit erweist. Die Mehrkosten sind durchaus nicht solche, die tat. sächlich den Arbeitern zzu gutekommen. Im Gegenteil, wo die sichech einen Nutzen haben könnten, sind die Ausgaben vermindert; so sind von der Unterstützung für das Genesungsheim 50 000 ge⸗ strichen worden. Während auf den Kopf der höheren Beamten pro Jahr eine Unterstützung von 39 kommt, erhält der Arbeiter im Durchschnitt nur 8,50 Unterstützung pro Jahr. Infolge der außer⸗ ordentlich langen Arbeitszeit ist es den Arbeitern auch absolut un⸗ möglich, sich etwa Nebenverdienst zu beschaffen, daß für arztliche Mittel 93 000 weniger in den Elat eingestellt sind, halte ich für sehr bedenklich, und ich bitte den Minister um Aufklärung, ob damit eine Verschlechterung der Versorgung der Beamten verbunden ist. Die Dienstwobnungen der höheren Beamten gehen weit über das Maß des Ersordersichen hinaus, dagegen sind in Bromberg Bahn⸗ unterhaltungsarbeiter gesucht worden, die bei einem Lohn von 2,10 pro Tag für die ihnen überlassene mangelhafte Wohnung noch 42 Miete zahlen sollten. Der Durchschnittslohn von 3,18 für die Eisenbahnarbeiter ist geradezu menschenunwürdig; da von diesem Lohn noch das Krankenkassen⸗ und Invaliditätsgeld in Abzug kommt, so bezieht der Eisenbahnarbeiter im Durchschnitt einen Lohn, der noch nicht einmal 900 erreicht, also noch nicht einmal der⸗ jenigen Höhe entspricht, von der der Staat es für angebracht erachtet, eine Einkommensteuer nicht zu erheben. In Rathenow wurden zu einem Bahnhofsbau Arbeiter verlangt, die 2,30 pro Tag erhalten sollten; ferner wurde 5 bei guter Führung eine Beamtenstellung in Aussicht gestellt. Bis diese Arbeiter Beamte werden, werden sie sicherlich verhungert sein. (Rufe rechts: Uhu!) Sie (nach rechts) kommen mit 2,30 nicht einmal von Morgens, wenn Sie auf⸗ steben, bis zum Frückstück aus. Der Arheiter aber soll seine ganze Familie den ganzen mit dieser Summe ernähren. Die Arbeiter sind überzeugt, daß bei der Urlaubsgewährung eine gewisse Willkür besteht. Daß man den Eisenahnunterbeamten und Eisenbahnarbeitern die Beteiligung an Konsumdereiven verbietet, trägt dazu bei, Ihnen die Lebenshaltung zu verschlechtern. . In Siegen trifft die Eisenbahnverwaltung Maßnahmen, die auf eine Beschränkung der ue der Eisenbahnarbeiter hinauslaufen. Der Eisenbahnminister will natürlich kein Streikrecht seiner Arbeiter zulassen, aber seine Direktionen verbieten es sogar, daß die Arbeiter sich wirtschaftlichen Vereinen anschließen. So i es in Erfurt geschehen, wo die Angestellten der Bahn⸗ spediteure dem Ferhehrs. und Transportarbeiterverband nicht angehören sollen. Ganz im Gegensatz zu dem preußischen Eisenbahn⸗t minister hat der bayerische den Segen des Koalirtonsrechtes auch füg die Eisenbahnarbeiter anerkannt. Zu solcher Höhe der Anschauun. hat sich der preußische Minister noch nicht aufgeschwungene Er sicht in dem kleinsten Wunsche nach Aufbesserung ein Meuterei. (Der Redner zitiert mehrere Fälle, die nach seiner eine Ungerechtigkeit der Lohnverhältnisse bei der Eisenbahnderwaltung beweisen.) Dinge, wie sie der ärgste Scharfmacher nicht zuwege brächte, geschehen bei der Koͤniglich preußischen Eisenbahnderwaltung. Die von der Eisenbahnverwaltung gern gesehenen Veretne werden dem höheren Eisenbahnbeamten I7 um die Vereine willenlos zu machen. ernfe) In unsere Vexreine. Herr Kollege Haarmang. kommen die höheren Beamten nicht hinein. Edenso Arbeiterausschüsse reine Marionetten in den Händen der direktionen. In der Kommission hat der Minister die Eisenbahnarbeiter selbst zugegeben. Sie können sich allo Nebenverdienst 86341 ie gehören zu den der Arbeiter. Sie werden zu Heuchlern, Kriechern und erzogen. (Unruhe. Zurufe: Das sind Das ist keine Beleidigung, das

ist eine arbeiter hatten auch bisher keine Vertretung dien

1

n

8 8