der historischen Entwicklung geht hervor, daß die Kassen in erster Linie um der Arbeiter willen gegründet sind, und es ist durch ihre Aufrecht⸗ erhaltung in besserer Weise dem sozialen Frieden gedient, als wenn wir einfach sagen: weg mit solchen Kassen.
Abg. Giesberts (Zentr.): Wir haben versucht, die Werkspensions⸗ kassenfrage bei dem Gesetz über den privaten Versicherungs⸗ vertrag mitzuregeln, aber die ganze Materie war damals noch zu ungeklärt und gefährdete das Zustandekommen des Gesetzes. Damals erklärte die Regierung, sie saͤhe die Mißstände ein und werde Klar⸗ heit, eventuell auch Wandel schaffen. Inzwischen sind Petitionen an uns gelangt, darunter die des christlichen Metallarbeiter⸗ verbandes, der den Schwerpunkt seiner Mitgliedschaft in Essen hat und die Kruppschen Pensionskassen öffentlich scharf kritisierte. Die christlichen Arbeiter stehen nicht auf dem Standpunkt, daß man die Wrtbepensionskafscn einfach 1eh gen soll; sie wollen eine Reform. Die Klagen sind so alt wie die Pensionskassen selbst, weil sie in deren ganzem Aufbau begründet sind. Die Arbeitgeber haben sich vielleicht von bestem Willen leiten lassen, aber gerade dann soll man die Einrichtung nicht mit Bestimmungen belasten, die Erbitterung bei den älteren wie jüngeren Arbeitern hervorrufen. Wenn man schon etwas Gutes stiften will, soll man die Beitragszahlung so einrichten, daß eine wesentliche üs erfolgen kann. Es wäre schon eine erhebliche Erleichterung für die Arbeiter, wenn man 8 nach einer etwa einjährigen Karenzzeit sich entscheiden ließe, ob 1- der Kasse beitreten wollen. Die Firma Krupp sagt zwar, daß ei einem freiwilligen Beitritt ein rationeller Versicherungsbetrieb nicht möglich wäre; er wäre aber bei einer einjährigen Karenz⸗ zeit viel eher möglich. Wenn die Argumentation der Kruppschen Kasse, daß die Arbeiter die Beiträge nur formell leisten, in Wirklichkeit aber die Firma den ganzen Betrag zaͤhle, richtig wäre, so begreife ich nicht, warum die Arbeitgeber nicht von vornherein den ganzen Betrag zahlen, dann ständen die Kassen noch viel deutlicher als Wohlfahrtseinrichtungen da. In Wirklichkeit aber erleiden die Arbeiter einen Abzug von ihrem wohlverdienten Lohn. Der wird nach Akkord⸗ und Tagelohnsätzen berechnet, und die Akzüge für die Versicherung machen ein ganz erhebliches Quantum aus. Auf die mancherlei anderen Wider⸗ sprüche in der Verteidigung Krupps will ich nicht weiter eingehen. Die Unzufriedenheit und Aufregung über die Mißstände in den Werkspensionskassen steigt in der Arbeiterschaft immer
und zwar nicht durch eine künstliche Agitation. gegen die Kruppsche Kasse, in deren Lob selbst die, die in Wirklichkeit unzufrieden sind, doch immer wieder ein⸗ gestimmt haben, kommt sie jetzt zum Ausdruck. Die volle Zurück⸗ zahlung verlangt kein Arbeiter, sondern nur einen relativen Anteil. Die ganze Unhaltbarkeit des jetzigen Zustandes ergibt sich schon aus der Perspektive, daß im Falle eines großen Streiks die Arbeiter ihre ganzen Ansprüche verlieren. Unsere christlichen Arbeiter wollen durchaus nicht die Beseitigung der Pensionskasse, sondern eine zeit⸗ gemäße Reform unter Sicherung der Koalitionsfreiheit. bg. Cuno (fr. Volksp.): Wir erkennen an, daß die Werks⸗ kassen den Arbeitern große Vorteile bieten. Wir ver⸗ kennen aber nicht die Mängel der bestehenden Kassen, die sich aus der Doppelnatur des Arbeitsvertrages und Versicherungs⸗ vertrages ergeben. Einer gesetzlichen Regelung der Sache stehen aber wesentliche Bedenken entgegen. Anderseits dürfen die Arbeitgeber nicht im Zweifel sein, daß der Verlust der Ansprüche der Arbeiter unter diesen eine Mißstimmung erzeugt, die nicht etwa bloß durch eine Agitation bervor⸗ gerufen und wachgehalten wird. Die Arbeitgeber sollten darüber nachdenken, wie die Nachteile, die mit den Pensionskassen verbunden sind, gemildert werden können. Der Weg der Zurückzahlung der Beiträge nach einer bestimmten Arbeitszeit ist keine be⸗ friedigende Lösung. Der Zwang zur Rückzahlung der Beiträge könnte auch abschreckend auf die Errichtung von Pensionskassen wirken. Viel praktischer ist der auch schon früher vorgeschlagene Weg des Abschlusses eines Kartells der Kassen, wodurch die Arbeiter vor Verlusten geschützt werden können.
Hierauf wird nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Hue (Soz.) gegen 6 ¼ Uhr die weitere Beratung auf Dienstag, 4. Mai, 2 Uhr vertagt. u.““
Preußischer Landtag. Herrenhaus. 8
8. Sitzung vom 29. April 1909, Nachmittags 12 ½ Uhr.
(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Aunuf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung des Stadt⸗ kreises Düsseldorf und die Organisation der Amts⸗ gerichte in Düsseldorf, Gerresheim, Neuß und Natingen. .
20 Veltman⸗Aachen berichtet darüber und beantragt die unveränderte Annahme.
Graf von Sevydlitz beantragt, diesen Gegenstand von der Tages⸗ ordnung abzusetzen, da der stenographische Bericht aus dem Ab⸗ geordnetenhaus darüber noch nicht vorliege.
Berichterstatter Herr Veltman bittet, die Vorlage sofort zu be⸗ raten; in der Kommission des Abgeordnetenhauses sei die Vorlage mit 18 gegen 3 Stimmen angenommen worden, und das Abgeordneten⸗ haus habe nur eine einzige Aenderung vorgenommen. Die auf die Vorlage bezüglichen Drucksachen des Abgeordnetenhauses lägen vor bis auf den stenographischen Bericht. Es liege im Interesse der Stadt Düsseldorf, daß die Vorlage sofort erledigt werde.
Der Gegenstand wird indessen von der Tagesordnung ab⸗
gesetzt. Darauf setzt das Haus die Beratung des Ges 1 entwurfs über das Diensteinkommen der Lehrer und
Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen fort.
Zu § 2, nach dem neben dem Diensteinkommen außer⸗ ordentliche Bewilligungen nur aus besonderen Gründen er⸗ folgen duͤrfen, bemerkt
Graf von Haeseler, daß die Lehrer, die zugleich an Fortbildungsschulen unterrichten, biernach keine besondere Ver⸗ gütung empfangen dürften. In Lehrerkreisen meine man aber, daß die Arbeit der Lehrer kontingentiert sei, und daß diese für besondere Leistungen auch besondere Vergütungen bekommen müßten. Es fehle auf dem Lande an Lehrern für die Fortbildungsschulen, weil die Lehrer sagten, sie seien nicht verpflichtet, diesen Unterricht zu erteilen, in ihrer Vokation stehe nichts davon. Die Regierung möge deshalb unzwei⸗ deutig erklären, was der Lehrer verlangen könne oder nicht, daß der Lehrer seine Arbeit nur zu tun habe, soweit seine Kräfte reichten. Der Lehrer auf dem Lande habe nur 24 Unterrichtsstunden in der . er Bahnhofsbeamte stehe 12 Stunden auf demselben Fleck in Dienst.
Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Die Pflichtstunden der Lehrer werden von der Schulaufsichtsbehörde geregelt. Die Fort⸗ bildungsschulbehörde ist aber eine andere als die, welcher die Volks⸗ schulen unterstehen. Selbstverständlich muß der Lehrer für eine Mehrleistung eine Vergütung erhalten. Aber es liegen allerdings Schwierigkeiten auf diesem Gebiete vor. Es wird schon in der Bokation die Verpflichtung für die Fortbildungsschulen unter Um⸗ e bestimmt, aber die Sache läßt sich nur von Fall zu Fall ent⸗
elden. .
Graf von Haeseler bittet, die Lehrer darauf vorzubereiten, daß sie diese Verpflichtung übernehmen müßten.
§ 2 wird angenommen, ebenso §3 (Grundgehalt für den Lehrer 1400 ℳ, für die Lehrerin 1200 ℳ jährlich) und die
Nach § 8 in der Kommissionsfassung soll die Alters⸗ zulage betragen: 1) für Lehrer in den ersten vier Stufen je 200 ℳ, in der fünften und sechsten je 250 ℳ, in der siebenten bis neunten je 200 ℳ jährlich, 2) für Lehrerinnen in den ersten zwei Stufen je 100 ℳ, in den weiteren je 150 ℳ jährlich. (Das Abgeordnetenhaus hatte für die Lehrer bestimmt: in den ersten beiden Stufen je 200 ℳ, in der dritten und vierten je 250 ℳ, in der fünften bis neunten je 200 ℳ.)
Von verschiedenen Seiten ist, wie bereits mitgeteilt, die Wiederherstellung der Abgeordnetenhausfassung beantragt
worden.
Graf von Hohenthal⸗Dölkau: Die vortreffliche staatsrechtliche Rede des Grafen Eulenburg von gestern hat großen Eindruck ge⸗ macht. Die Rede war durchaus von Wohlwollen für die Lehrer ge⸗ tragen. Unser Antrag auf Wiederherstellung der Abgeordnetenhaus⸗ fassung beweist dieses Wohlwollen. Wir beantragen ferner, im § 24 die Amtszulage der alleinstehenden Lehrer nach 10 jähriger Dienstzeit von 100 ℳ gleichfalls wiederherzustellen, und wollen dafür auz den Ergänzungszuschüssen für die größeren Gemeinden 1 ½ Million ab⸗ zweigen, um diesen 15 000 Lehrern auf dem Lande diese Zulage ge⸗ währen zu können. Es hätte jedes Mittel aufgewendet werden müssen, um möglichst die Landlehrer mit den städtischen Lehrern gleichzustellen und dadurch die leidige Landflucht der Lehrer ein⸗ zuschränken. Die Handwerker sind schon ganz vom Lande weg⸗ gezogen, es muß alles aus der Stadt besorgt werden. Wenn der Lehrer seinen Sohn zwar nicht auf die Universität was ich nicht wünschen würde —, aber auf das Seminar schickt, so erwachsen ihm große Kosten. Außerdem muß man die schwierige Aufgabe des Lehrers in Klassen mit 80 oder mehr Kindern würdigen. Man muß die Verhältnisse auf dem Lande kennen. Ich habe von einem Lehrer gehört, er sei durch die zweite Prüfung durchgefallen, weil er die Frage nicht beantworten konnte, wie viel an Aufbesserungen für die Lehrer in den letzten Jahren geschehen sei, und gesagt habe, er verlasse sich auf die Regierung. Als ich ihn fragte, wie seine schriftliche Arbeit gewesen sei, und welches Thema er gehabt habe, sagte er: „Wie weit die Ethik im Volksschulunter⸗ richt zur Geltung zu bringen sei und wo die Grenze ihrer Anwen⸗ dung liege.“ Ich bin froh, daß mir dieses Thema nicht gestellt worden ist. Für den Antrag Reinke, die Amtszulage von 100 ℳ in das Belieben der Gemeinden zu stellen, kann ich nicht stimmen.
D. Graf von Zieten⸗Schwerin: Ich bitte, dem Antrag des Grafen Carmer, die Abgeordnetenhausfassung über die Alters⸗ zulagen, die Amtszulagen und die Staatsbeiträge wiederherzustellen, ö“ Auch die gestrigen Ausführungen des Grafen Eulen⸗ burg haben mich nicht eines anderen belehrt. Man sagt, es würde den Städten ein wohlerworbenes Recht auf die Staatsbeiträge entzogen. Ist das etwas ganz Neues? Ist es nicht schon vor⸗ gekommen, daß im Staatsinteresse eine Wohltat zurückgezogen werden mußte? Das Staatsinteresse geht dem Privatinteresse vor. Auch den Gutsbesitzern sind seinerzeit Opfer auferlegt worden, ohne daß die Vertreter der Städte sich dagegen erklärt haben. “
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Ich bin dem Herrn Grafen überaus dankbar für die große Unter⸗ stützung, die er uns hat zuteil werden lassen, und für die Befür⸗ wortung, die er gegenüber dem Antrage der Herren Graf Carmer und von Byern ausgesprochen hat. Ich kann Sie nochmals nur an⸗ gelegentlichst bitten, diesem Antrag Ihre Zustimmung erteilen zu wollen.
Meine Herren, da ich das Wort habe, möchte ich mich noch kurz zu dem Antrage des Herrn Professor Dr. Loening und dem eben begründeten Antrage des Herrn Grafen Hohenthal wenden. Herr Dr. Loening wünscht die Benefizien, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, die das Abgeordnetenhaus den Lehrern auf dem hier in Rede stehenden Gebiet gewährt hat, aufrecht zu erhalten und nicht zu streichen, wie das bekanntlich der Beschluß Ihrer Kommission tat. Es sollen also die Alterszulagen so günstig gestaltet werden, wie das im Abgeordnetenhause beschlossen worden ist, und ebenso soll den ersten und alleinstehenden Lehrern die Zulage von 100 ℳ bewilligt werden. Ich habe mich schon in der Kommission nachdrücklich dafür eingesetzt, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses zuzustimmen und den Lehrern das zu gewähren, was das Abgeordnetenhaus vorgeschlagen hat. Ich glaube, auch gerade vom Standpunkt des Herrenhauses wäre es wünschenswert, hier nicht hinter dem Abgeordnetenhause zurückstehen. Herr Dr. Loening hat es sich aber — er möge mir den Ausdruck nicht verargen — etwas leicht gemacht, wie die Deckungsmittel be⸗ schafft werden sollen. (Widerspruch des Dr. Loening.) Nein, einstweilen ist sein Antrag nur dahin gegangen, den Antrag wieder herzustellen wie die Deckungsmittel beschafft werden sollen, darüber verbreitet sich der Antrag gar nicht. (Widerspruch des Herrn Dr. Loening.) Irre ich mich darin, so darf ich mir meine Ausführungen vorbehalten.
Herr Graf von Hohenthal wünscht den Lehrern jedenfalls diese einmalige Zulage von 100 ℳ zu reservieren, soweit es sich um allein⸗ stehende und erste Lehrer handelt; er will also wenigstens einen Teil der Vorschläge des Abgeordnetenhauses wieder herstellen. Er hat, wie ich glaube mit Recht, darauf hingewiesen, daß es viel wichtiger ist, diesen besonders belasteten Lehrern auf dem Lande diese 100 ℳ zu geben, als den großen und wohlhabenden Städten die staatlichen Mittel zu belassen, die ihnen auf Grund des Gesetzes von 1897 ge⸗ währt worden sind. Aber ich glaube, der Antrag des Herrn Grafen würde einen Effekt haben, den er viellescht selber nicht will. Er will nicht die gesetzlichen Beiträge der großen Kommunen streichen oder kürzen, sondern er will die benötigten Mittel beschaffen, indem er den Ergänzungszuschußfonds herabsetzt. Aber ich habe ausgeführt, daß dieser Ergänzungszuschußfonds gerade dazu da ist, um den be⸗ dürftigen Gemeinden staatliche Beihilfen zu gewähren, und ich muß mich in diesem Falle — ich freue mich, auf die Seite der Städte, der hochbelasteten Städte, zu treten — dagegen aussprechen⸗ daß man den Zuschußfonds, der für die hochbelasteten Städte, namentlich im Osten, Königsberg usw. bestimmt ist, weiter herab⸗ setzt. Ich weiß nicht, ob der Herr Graf von Hohenthal sich der Tragweite seines Antrages voll bewußt gewesen ist; ich erlaube mir, ihn darauf aufmerksam zu machen. Konsequent ist allein und vermeidet die eben geschilderte Eventualität der Antrag der Herren Graf von Carmer und von Byern. Er entzieht die gesetzlichen Beiträge und verhület also, daß die großen, ganz leistungsfähigen Städte noch ferner die Staatsbeiträge bekommen; er mindert aber nicht den Ergänzungszuschußfonds, der für die Städte da verwendet werden soll, wo in der Tat ein Bedürfnis vorhanden ist. Also ich meine, wenn man die Wahl hat zwischen der Zubilligung dieser Wohltaten für die Lehrer und der Kürzung dieser gesetzlichen Beiträge, so, meine ich, könnte die Wahl nur nach der ersten Richtung hin gehen. Des⸗ wegen kann ich nur nochmals bitten, in Uebereinstimmung mit den Ausführungen, die wir soeben gehört haben, dem Antrage der Herren Graf von Carmer und von Byern Ihre Zustimmung zu erteilen.
Berichterstaͤtter Dr. Graf PVorck von Wartenburg erwidert dem
“
Landlehrern im Gehalt zwar noch nicht ganz beseitigt werde, aber doch nur noch sehr gering sei; sie werde kaum noch in einem Falle bis zu 400 ℳ gehen. Herr Dr. Reinke,Kiel befürwortet seinen Antrag, daß die Ge⸗ meinden die Amtszulage gewähren können, und führt aus: Das Herrenhaus steht vor einer schwierigen Entscheidung. Es soll sich nicht von den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses leiten lassen, aber diese Beschlüsse haben doch ein großes Gewicht. Wir sollen gerecht werden den Lehrern, den Städten und der Finanzlage des Staates; durch diese drei Faktoren wird das Problem erschwert. Wir müssen an dieser Stelle dem Herrn Finanzminister danken, der großherzig für die Lehrer getan hat, was möglich war. Die Lehrer müssen dank⸗ bar dafür sein. Der Finanzminister ist sogar über die ursprüngliche Regierungsvo lage hinausgegangen und hat die weitergehenden For⸗ derungen des Abgeordnetenhauses bewilligt. Die Lehrer sind in höherem Prozentsatz aufgebessert als alle übrigen Beamten, aber sie haben bisher auch viel schlechter gestanden. Ich habe in der Kommission dem Kommissionsbeschluß zugestimmt, aber es sind seitdem neue Mo⸗ mente und durch den Antrag Carmer auch Tatsachen eingetreten, daß ich nicht mechanisch meine Abstimmung in der Kommission aufrecht er⸗ halten kann. Für jeden, der an den Kommissionsarbeiten teilgenommen hat, waren diese Beschlüsse nur ein Provisorium. Ich will alles tun, um den Lehrern die Wohltaten des Gesetzes zu erhalten. Ich werde also in erster Linie für die Anträge stimmen, welche die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses aufrechterhalten. Meinen Antrag habe ich gestellt, weil mir die Streichung der Amtszulage besonderz leid tat. Unter den gegenwärtigen Umständen betrachte ich meinen Antrag nut als Eventualantrag, wenn die Anträge auf Wiederherstellung der Abgeordnetenhausfassung abgelehnt werden. Mit schwerem Herzen verzichte ich dann auf die Ordnung der Alterszulage, wie sie daßs andere Haus beschlossen hat. Mein Antrag hat gute und schlechte Seiten, er wird einmal nichts oder doch nur den Gemeinden etwas kosten, die die Amtszulagen freiwillig gewähren, und er fügt sich ohne weiteres auch den Beschlüssen unserer Kommission an. Die schlechten Seiten meines Antrages bestehen darin, daß er der ganzen Konstruktion des Gesetzes widerspricht — aber das ist nur ein Schönheitsfehler —, und daß er, wie man sagt, Beunruhigung in die Gemeinden trägt. Dat ist aber nur ein Schlagwort. Staat und Gemeinden müssen sich ein dickes Fell beschaffen, wenn sich Unzufriedenheit zeigt. Mein Arn⸗ trag schlägt mindestens eine Brücke, auf die auch das Abgeordneten⸗ haus treten kann. Graf von Hohenthal⸗Dölkau: Mein Antrag will die finanzielle Situation nur verschieben, er gibt die Deckungdmittel an. Aber der “ stimmt nur dem Antrage zu, der keine Deckung angibt. Ich will gern unterscheiden zwischen den festen Zuschüssen der Großstädte und den Ergänzungszuschüssen. Von den 7,7 Milllionen, die für den letzteren Zweck das andere Haus bewilligt hatte, hat unsere Kommission 5,5 Millionen abgezweigt zu festen Zuschüssen, und von dem Rest will ich die 1 ½ Million für die Amtszulage abzweigen, Ich bitte Sie also, doch noch meinem Antrage zuzustimmen. eerr Dr. Loening: Mein Antrag hat nicht den Sinn, den der Finanzminister angenommen hat. Ich habe nur beantragt, § 8 und § 24 (Alterszulage und Amtszulage) nach dem Beschlusse des Abgeordnetenhauses wiederherzustellen, aber ich hatte die Absicht, wenn dieser Antrag angenommen wird, dann weiter zu beantragen, die §§ 43 ff. (Staatsbeiträge) an die Kommission zurückzuverweisen, well ich in diesen Paragraphen, die mir in der Fassung des Abgeordneten⸗ hauses nicht gefallen, noch weltere Aenderungen wünsche, als Graf Hohenthal beantragt hat. Der Beschluß unserer Kommission über die Alterszulage bedeutet für die Lehrer, was gestern Herr Kardinal⸗ von Kopp mit Recht nachgewiesen hat, eine Kürzung um 600 ℳ, Diese Summe verteilt sich auf neun Jahre der beiden Zulagestufen; eine Summe von 60 oder 70 ℳ mehr im Jahre macht aber für die Lehrer in diesen Lebensjahren sehr viel aus, da sie gerade in diesen Jahren große Kosten für ihre Kinder haben. Ein Lehrersohn; B, der in diesem Lebensalter des Vaters von der Schule zur Präparanden⸗ anstalt übergeht, hat eine 1 von 83 ℳ zu zahlen. Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Ich würde es mit großer Freude begrüßen, wenn das Haus die Leistungen für die Lehrer wieder in der Fassung des Abgeordnetenhauses herstellen würde. Die Schwierigkeiten liegen aber in den Deckungsmitteln. Ich bitte, dem Antrage des Grafen Carmer zuzustimmen; allerdings muf dann die Vorlage noch umredigiert werden. Den Antrag del Grafen Hohenthal kann ich nicht empfehlen; mir ist durchaut sympathisch, was er über die Lehrer sagte, aber die Regierung kann doch nicht die Deckung annehmen, die er empfohlen hat. 2 Summe von 2,35 Millionen für Ergänzungszuschüsse für die großen Gemeinden über 25 Schulstellen ist saüon so gering, daß wit davon nicht noch die 1 ½ Million für die Amtszulage abzweigen können. Wir brauchen vielmehr diese Summe vollkommen für diese größern Städte, unter denen sich nicht bloß die ganz großen Städte befinden. Ich bitte also den Grafen Hohenthal, seinen Antrag zu Gunsten des⸗ jenigen des Grafen Carmer zurückzuziehen. Herr Dr. Loening bat richtig gefühlt, daß nach der Wiederherstellung des Beschlussts des Abgeordnetenhauses noch eine Umredigierung stattfinden müsse, aber sein Antrag bringt uns auch nicht weiter. Ich bitte ihn auch, füt den Antrag Carmer einzutreten. Der Antrag Reinke ist der Unten⸗ richteverwaltung sehr bedenklich. Es muß endlich das fortwährende Drängen in den einzelnen Gemeinden aufhören, der Antrag trögk wieder Beunruhigung in die Gemeinden; die Gemeinde wird eventrel gern die Amtszulage beschließen, aber dann muß die Rexgierung wieder einen Zuschuß dazu gewähren. Ich bitte, diesen Antrag abzulehnen. 8 1 Herr Tramm⸗Hannover: Ich möchte zunächst in aller Namen unserem hochverehrten Berichterstatter den Dank aussp echen, daß es uns durch seinen klaren Bericht möglich ist, in kurzer Zei die Vorlage zu erledigen. Graf Sdee; hat gestern mit Rett ausgeführt, daß die Städte die Staatsbeiträge als ein Recht ansehe können. Durch das Gesetz von 1888 sollte gerade den Gemeindn wegen ihrer Ueberbürdung eine Erleichterung in den Schullasten ewährt werden; das sogte damals die Thronrede und sagten all inister. Und infolge der Aufhebung des Schulgeldes wurde in einem neuen Gesetz von 1889 die Dotation der Gemeinden für die, Schulstelle noch um 100 ℳ erhöht. Es handel sich bier nicht bloß um die großen Städte, sonden 25 Schulstellen kommen schon bei etner Einwohnerzahl dor 8000 vor, und auch die großen Städte sind durchaus nicht i8. Die Gemeinden haben große soziale Aufgaben übernommen, nicht 8 des Gesetzes, sondern kraft des Schwergewichtes der neueren de⸗ wicklung. Es kann der Regierung nur angenehm sein, wenn sic nicht in den großen Städten eine unzufriedene Bevölkerung ansammelt deshalb müssen die Gemeinden imstande bleiben, ihre großen g* gaben zu erfüllen. Die Regierung betrachtet die Finanzlage de Städte zu optimistisch. Wir würden gar nicht verstanden neaes wenn wir den großen Mann spielen und auf die Beiträge 5 Staates verzichten wollten. Die Ergänzungszuschüsse lönnen v Beiträge nicht ersetzen, denn ihre Verteilung hängt von Zufäliig keiten ab. Ich bitte deshalb, den Kommissionsbeschlüssen zuzustimmen Ein Schlußantrag wird mit großer Mehrheit angenomme⸗ Die Abstimmung wird bis zur Erledigung des § 43 zurn gestellt. “ 1 vis Im 8§ 15, wonach die öffentlichen Abgaben von der Die 2 wohnung sowie die Gebühren für die Benutzung kommunge Veranstaltungen von den Schulunterhaltungspflichtigen en tragen werden sollen, hat die Kommission die letzteren Gebühr
gestrichen. § 15 wird in dieser Fassung angenommen.
Grafen Hohenthal, daß die Spannung zwischen den Stadtlehrern und
Die
I werden. In Schulverbänden mit dis zu seden Schalfteden
zum Deu No 101.
8
aatsanzeiger.
uu.““ 3
In § 17 hat die Kommission die Mietsentschädigun folgendermaßen fesgeset. (die eingeklammerten vegen sinhd des des Abgeordnetenhauses): 1) für Lehrer in rtschaften der Ortsklasse A auf mindestens 720 ℳ (810), B auf 580 ℳ b C auf 480 ℳ (540), D auf 400 ℳ 450); 2) für
ehrerinnen in den Ortsklassen A auf mindestens 500 ℳ (570), B auf 430 ℳ (480), G auf 360 ℳ (400), D auf 290 ℳ (320). Für die Ortsklasse E sind verschiedene Stufen Fünrössih 1 der muß die Mietsentschädigung
mindestens 2 ü f 4 s häürig eheien ℳ, für Lehrerinnen 220 ℳ ie timmung hierüber wird bis zur Erledigung der Bestimmungen über den Wohnungsgeld der im Mantelgesetz zurückgestellt. ““ ühi I 88 9 die ö die Ortszulagen ü rten von Lehrkräft h beinan “ hrkräften verschieden gestalten
err Schustehrus⸗Charlottenburg d 1 auch „unter Berücksichtigung des “ die Größe der Kinderzahl mache für den Lehrer sehr viel aus. Die Stadt Frankfurt gebe z. B. Familienzulagen nach der Kinderzahl.
Ministerialdirektor D. Schwartztkopff bemerkt, daß dieser Antrag zwar ein neues Prinzip aufstelle, daß aber kein Bedenken dagegen zu erheben sei, daß die Gemeinden berücksichtigen können, ob ein Lehrer e oder nicht verheiratet sei, und ob er eine größere Kinder⸗
§ 22 wird mit dem Antrage Schustehrus angenommen.
„Nach § 24 in der Abgeordnetenhausfassung erhalten die Leiter von Schulen mit sechs oder mehr aufsteigenden Klassen eine pensionsfähige Amtszulage von mindestens 700 ℳ, andere Schulleiter und erste Lehrer mit Leitungsbefugnissen an Schulen mit drei oder mehr Lehrkräften eine solche von mindestens 200 ℳ. Sonstige erste Lehrer und alleinstehende Lehrer er⸗ halten nach zehnjähriger Dienstzeit eine pensionsfähige Amts⸗ zulage von 100 ℳ jährlich. Diese letztere Bestimmung hat die Kommission gestrichen.
Hierzu liegt außer den Anträgen auf Wiederherstellung der Abgeordnetenhausfassung der Antrag der Herren Dr. Reinke⸗ Kiel und Gen. vor, die Bestimmung über die Amtszulage folgendermaßen zu fassen:
„Sonstigen ersten Lehrern und alleinstehenden Lehrern können nach zehnjähriger Dienstzeit von ihren Gemeinden persönliche Amtszulagen gewährt werden. Es bleibt den Schulverbänden die darüber überlassen, ob diese Amtszulagen pensionsfähig
ein .
Berichterstatter Dr. Graf Porck von Wartenbur ü noch FeSe 88* Zulage für 8* Fürteen., 8 “ err Dr. Hamm: Wenn der Mantel fällt, muß auch der H fallen. Wenn das Mantelgesetz mit der Deckung Fühe Fank a h e Lehreraufbesserung. Ich möchte, wenn alle anderen Anträge abgelehnt werden, noch an den Antrag Reinke erinnern, der keine Deckung durch den Staat braucht. Der Redner beantragt noch zu diesem Antrag den Zusatz, daß die Amtszulage, welche die Gemeinden gewähren können,
bis zu 100 ℳ jährlich betragen kann.
EFraf von der Schulenburg⸗Wolfsburg bittet die Re⸗ gierung, eine Instruktion für die Rektoren zu erlassen, durch welche deren Stand gehoben werden könne.
Ministerialdirektor D. Schwartzkopff teilt mit, daß in dieser Beziehung schon im Janvar eine Anweisung ergangen sei, welche jetzt in der Ausführung kegriffen sei. Der Redner spricht sich nochmals gegen den Antrag Reinke aus.
Die Abstimmung wird bis zur Erledigung der §§ 43 ff⸗ zurückgestellt.
In § 29 hat die Kommission den Zusatz gemacht, daß die Naturalleistungen mit der ersten nach dem 1. April 1910 ein⸗ tretenden Erledigung der Schulstelle fortfallen.
§ 29 wird nach kurzer Debatte in dieser Fassung an⸗ genommen.
Die 8§§ 43 ff. enthalten die Bestimmungen über die Staatsbeiträge und Ergänzungszuschüsse.
Nach der öö sollte in Schul⸗ verbänden mit, nicht mehr als sieben Schulstellen ein fester Staatsbeitrag zu dem Diensteinkommen gezahlt werden, und zwar für den ersten oder alleinstehenden Lehrer ein solcher von 700 ℳ, für einen anderen Lehrer von 500 ℳ, für die Lehrerin von 300 ℳ. Die in Schulverbänden mit mehr als sieben Schulstellen bisher zu zahlenden Staats⸗ beiträge sollten wegfallen.
Dagegen sollten diese Schulverbände Ergänzungs⸗ zuschüsse vom Staat erhalten, und zwar sollten zu diesem Zweck für die Schulverbände bis zu 25 Schulstellen insgesamt 3,3 Millionen, für die Schulverbaͤnde mit mehr als 25 Schul⸗ 29 7,7 Millionen Mark jährlich durch den Etat bereitgestellt werden.
Niach dem Beschluß der Herrenhauskommission soll der Staatsbeitrag für jede politische Gemeinde dis zur Höchstzahl von 25 Schulstellen gewährt werden; er sol für die einzelne Lehrkraft in Schulverbänden dis zu sieden Schulstellen dieselbe Höhe haben wie nach der Adgeordneten⸗ hausfassung, in den übrigen Schulverhänden soll er detragen
r den 5 oder alleinstehenden Lehrer 500 ℳ, für einen an⸗ deren Lehrer 300 ℳ, für eine Lehrerin 150 ℳ. Dementsprechend sollen zu Ergänzungszuschuüssen für die Schulderdänd mit bis zu 25 Schulstellen durch den Etat nur 14 Millionen Mark, für solche mit mehr als Schulstellen nur 235 Millionen Mark bereitgestellt werden. Fur einstweilig angestellte oder noch nicht vier Jahre im Schuldienst befindliche Lehrer soll der Staatsbeitrag um 8D* (Abgeordnetenhaus 265 ℳ) jährlich gekürzt werden.
An die Alterszulagekassen soll ein ährlicher Staazns⸗ zuschuß für die Lehrerstelle von 337 ℳ, für die Ledrerimnen von 184 ℳ (Abgeordetenhaus 472 ℳ dezw. D1 *)
ierfür ein weiterer Zuschuß von 15 -ℳ dezw 70 ℳ rt werden. 8 Ddie nach dem Gesetz vom 3. März Staatsbeiträge und Staaiszuschüsse Uog⸗ bas Schulgeld) sollen durch dieses Gese
1N zu zahlenden Mündungsrente für nicht derüdrt werden
Graf von Hohenthal⸗Dölkau beantragt i seinen Antras, §. 8 * cerhe. sans 1Se e clas die Mittel für die Amtszulage der alleinstehenden Lehrer aus dem Fonds für Ergänzungszuschüsse für die Gemeinden mit über 25 Schulstellen ab⸗ zuzweigen und deshalb für diesen Fonds statt 2,35 Mill. Mark nur Staatsbeitrag an die Eenee äe zu zahlen ist. u.“
Graf von Behr⸗Behrenhoff und Gen. beantragen, die Be⸗ stimmung über die Kürzung des Staatsbeitrages für einstweilig angestellte oder noch nicht vier Jahre im Schuldienst befindliche Lesper nict velten 88 lafsen e FS mit sechs oder
ehrer, e Prüfun das E“ 5b Se 1 8 ““ err Dr. Bender⸗Breslau führt unter Be⸗ 1 . hältnisse in Schlesien aus, zufüht Städte Lae ae an E.er. beiträge verzichten könnten.
Graf von Behr⸗Behrenhoff befürwortet seinen Antrag als eine Konsequenz der früheren Bestimmung, wonach diesen Lehrern das Grundgehalt in den ersten vier Dienstjahren nicht gekürzt werde, und empfiehlt sodann die Beschlüsse der Kommission.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Was den Antrag des Herrn Grafen von Behr⸗ Behrenhoff auf Nummer 85 der Drucksachen betrifft, so erkennen wir dankbar an, daß darin eine formelle Verbesserung liegt, und haben unserseits kein Bedenken dagegen zu erheben.
Der Herr Graf hat auch das Verhältnis des § 44 zum § 43 gestreift und hat anerkannt, daß der § 44 eine wohlwollende Fassung habe; er hat aber doch Bedenken hinsichtlich seiner praktischen Aus⸗ führung erhoben. Demgegenüber kann ich ausdrücklich erklären, daß § 44 nicht bloß hinsichtlich seiner Fassung, sondern auch bei seiner Ausführung seine wohlwollende Tendenz beibehalten wird, und daß es nicht entfernt in des Absicht liegt, etwa durch § 44 die in § 43 den kleinen Schulverbänden zugesagten Staatsbeiträge mit der anderen Hand wieder zurückzuziehen. Nein, meine Herren, diese Beiträge sollen dem Gros der Schulverbände verbleiben, und nur bei einer ganz offen⸗ sichtlichen Leistungsfähigkeit, wo von einem Bedürfnis keine Rede sein kann, sollen sie zurückgezogen werden. Das ist auch in § 44 dadurch zum Ausdrucke gekommen, daß die Worte so scharf pöintiert worden sind „offenbar nicht erforderlich“. Man hat sichnicht damit begnügt, zu sagen „nicht erforderlich“, sondern hat auch das Wort „offenbar“ noch hinzugefügt. Ferner hat man zur Kennzeichnung der Leistungsfähigkeit nicht bloß die Einkommensverhältnisse, sondern auch die Belastungsverhältnisse mit in diese Bestimmung hineingezogen; also schon eine neue erheb⸗ liche Belastung ist ein Hemmnis einer etwaigen Absicht, die Schul⸗ beiträge zurückzuziehen. Ich möchte also sagen: Sie können in dieser Beziehung ganz beruhigt, sein, daß der § 44 auch wohlwollend durch⸗ geführt werden wird, und durch ihn die Wohltat des § 43 nicht wieder beseitigt wird.
Nun, meine Herren, möchte ich in dieser Beziehung nur noch eins hervorheben. Wir haben hei dieser Vorlage ja von vornherein das Gros der ganzen Lasten auf die Staatskasse übernommen. Die Regierungsvorlage sah einen Aufwand von 33 Millionen vor und von diesen hat der Staat von vornherein 30 Millionen auf sich ge⸗ genommen, sodaß für die gesamten Gemeinden der Monarchie über⸗ haupt nur noch 3 Millionen aufzubringen übrigblieben. Wie stellt sich nun der Mehraufwand nach den Beschlüssen des Abgeordneten⸗ hauses? Er stellt sich für die Schulverbände bis zu 25 Schulstellen und für die gering leistungsfähigen mit sieben Schulstellen auf 45 Millionen und von diesen 45 Millionen trägt die Staatskasse 44 500 000 ℳ, also nahezu den ganzen Bedarf, allein. Sie wollen schon daraus ersehen, daß der Gedanke, vielleicht auf Grund des § 44 in umfassenden Maße Staatsbeiträge zurückzuziehen, absolut nicht unsere Absicht ist. Ich glaube, die ziffernmäßigen Daten, die ich die Ehre hatte kurz anzuführen, beweisen das zur Evidenz.
Meine Herren, gestatten Sie mir dann noch ein Wort zu dem Antroge des Herrn Grafen Hohenthal. Ich möchte Sie bitten, den Antrag abzulehnen; denn, wie jemand sagte, — ich weiß nicht, wer
es war, — der Antrag des Grafen Hohenthal nimmt den Gemeinden
die bedürftig sind, und läßt es denen, die nicht bedürftig sind. Der
Antrag sieht eine Kürzung des Ergänzungszuschusses für die größeren
Gemeinden vor; der Ergänzungszuschuß für die größeren Gemeinden
würde nach seinem Vorschlage auf 850 000 ℳ sinken. Darauf würden
alle Gemeinden von etwa 10 000 Seelen angewiesen sein. Daß wir
mit einem solchen Ergänzungszuschuß nicht ausreichen können, liegt auf der
Hand. Ich spreche in diesem Fall auch für die größeren und be⸗
dürftigen Gemeinden, wenn ich bitte, den Ergänzungszuschuß nicht zu
kürzen. Dagegen kennzeichnet den Antrag des Grafen von Carmer, daß er die Beiträge der ganz großen und nicht bedürftigen Gemeinden V kürzt. Also man soll die Kürzung da eintreten lassen, wo kein Be⸗ dürfnis vorhanden ist, aber nicht etwa da, wo auch bei den größeren Gemeinden ein Bedrüfnis besteht — und das würde nach dem Antrage Hohenthal geschehen. Ich möchte Sie also bitten, dem Antrage Hohenthal keine Folge zu geben, aber dem Antrage Carmer Idre Zustimmung erteilen zu wollen. —
In der Abstimmung werden zunächst nach Ablehnung der Anträge des Grafen Carmer und des Grafen Hohenthal die §§ 43 ff. mit großer Mehrheit unverändert in der Fassung der Herrenhauskommission angenommen. Der von dem Grafen von Behr beantragte Zusatz wird an⸗ genommen. Die §§ 8 und 24 werden gleichfalls mit großer Mehrheit in der Fassung der Herrenhauskommission angenommen. Alle üdrigen Anträge werden abgelehnt. Die Beratung des § 54 mit den Bestimmungen über die rückwirkende Kraft wird bis zur Erledigung des Mantelgesetzes uee * 8 2 8 ie zur Vorlage eingegangenen ungefähr 900 Petitionen werden durch die Beschlußfassung über das Gesetz 8 erledigt
I
erlärt
Die Kommission beantragt folgende Resolution: 1
armer die Wiedern
Hierzu beantragt Graf von Ferstellung der Regierungsvorlage.
„Das Herrenhaus bält es mit der Selbstverwaltung der Ge- mehnden nicht für vereindar, wenn durch Verabschiedung staatlicher
1909.
Gesetze mit rückwirkender Kraft in das Etatsrecht der Gemeinden in der Weise eingegriffen wird, daß diesen nachträglich Ausgaben auf⸗ erlegt werden, die nicht schon bei Festsetzung der Gemeindeetats sowohl dem Grunde nach als auch rechnungsmäßig genau fest⸗ standen. Dem § 54 des vorliegenden Gesetzentwurfs darf die Be⸗ deutung eines Präzedenzfalles nicht beigelegt werden.“ Die Resolution wird nach kurzer Befürwortung durch den Berichterstatter Grafen Yorck angenommen. Ein Seeöö des Grafen von Mirbach wird Gum 4 ½ Uhr abgelehnt.
Es folgt die Beratung der Novelle zum Einkommen⸗ steuergesetz und Ergänzungssteuergesetz auf Grund des Berichtes der verstärkten Finanzkommission.
Den Art. I, der die Aenderungen des Einkommen⸗ steuergesetzes enthält, die hauptsächlich die bekannte Er⸗ weiterung des Kinderprivilegs (§ 19) betreffen, hat die Kom⸗ mission unverändert angenommen.
Nach Art. II soll das Ergänzungssteuergesetz in § 11 die Abänderung erfahren, daß bei der Einschätzung 82 land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke der Ertragswert zugrunde gelegt wird, das ist das Fünfundzwanzigfache des Reinertrages.
Die Kommission beantragt dazu folgenden Zusatz:
„Wenn jedoch der Besitzer solcher Grundstücke oder diejenigen, von welchen er sie ererbt hat, dieselben innerhalb der letzten zehn Jahre durch lästigen Vertrag erworben haben, so ist der Einschätzung der gemeine Wert zugrunde zu legen.“
Berichterstatter Herr Ehlers⸗Danzig befürwortet die Kom⸗ missionsbeschlüsse.
Dr. Graf Vorck von Wartenburg führt aus, daß die Landwirt⸗ schaft die Beftimmung über die Einschätzung nach dem Ertragswert mit Freuden begrüße, der Reinertrag dürfe aber nicht nach dem höchsten Ertrage berechnet werden, der überhaupt herauszuwirtschaften sei, sondern es könne nur nach Durchschnittszahlen bei der üblichen Be⸗ wirtschaftung gerechnet werden.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ich bin sehr gern bereit, die vom Herrn Yorck gewünschte Erklärung abzugeben. Der entscheidende Satz lautet:
Als Ertragswert gilt das Fünfundzwanzigfache des Reinertrags, den die Grundstücke als solche nach ihrer wirtschaftlichen Be⸗ stimmung bei gemeinüblicher Bewirtschaftung im Durchschnitt nach⸗ haltig gewähren können. Das Wort „können“ muß nach meiner Ansicht — und ich glaube, ich stimme darin mit dem Herrn Referenten überein — in dem Konterte drin bleiben; denn wenn man das Wort „können“ striche, so würde nicht der Ertragswert maßgebend sein, den das Grundstück gewähren kann, sondern der, welcher tatsächlich auch von einem schlechteren Be⸗ wirtschafter aus dem Grundstück herausgewirtschaftet wird. Es würde also unter Umständen geradezu eine Prämie auf schlechte Wirtschaft sein. Das kann naturgemäß nicht die Absicht sein, sondern die Absicht kann nur sein, den Ertragswert zugrunde zu legen, den man bei der ordnungsmäßigen Wirtschaft aus dem Grundstück erzielen kann.
Anderseits stimme ich darin mit dem Herrn Grafen vollkommen überein, daß es nicht die Absicht sein kann, nach der gegenteiligen Seite, nach dem gegenteiligen Extrem zu gehen und etwa das als V Ertragswert zugrunde zu legen, was unter ganz ausnahmsweisen, ganz
singulären Verhältnissen herausgewirtschaftet werden kann. Ich glaube allerdings, daß die Befürchtung einer solchen Interpretation schon ausgeschlossen ist durch die Worte, die ich die Ehre hatte vorzulesen: „bei gemeinüblicher Bewirtschaftung“ und: „im Durchschnitt“. Durch die Kumulierung dieser beiden Bezeichnungen ist doch eigentlich schon solcher Berücksichtigung ganz extraordinärer Verhältnisse ein Riegel vorgeschoben und in der Tat ausgesprochen, daß die gemeinübli Verhältnisse maßgebend sein sollen. Ich bin aber gern bereit und erkläre das hier ausdrücklich, in der zu erlassenden Instruktion die Be hörden in dem Sinne mit Anweisung zu versehen, wie ich es hier eben ausgesprochen habe.
err Dr. Wilms⸗Posen bedauert diese Durchbrechung d prinaoes daß der “ bei der öV 2. grunde zu legen ist. Die Bestimmung über den Ertragswert sei durchaus unklar.
Die Vorlage wird nach dem Kommissionsantrage ange⸗
nommen. Darauf vertagt sich das Haus.
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung 8 „ 12 Uhr.
Beruf
(Mantelgesetz der Besoldungsvorlagen; St vor
Düsseldorf; Gesetz über das Höferecht in der Prorinz Hunnnver über das Kommunalsteuerprivileg der Beamten. Aernere orlagen.)
Haus der Abgeordneten. 74. Sitzung vom 29. April 1909, Vormtage 11 (Bericht don Wolfs Telegrardeschem Bureun.) UHMeber den Beginn der Situng mn in der geitruge Nummer d. Bl. berichtet worden. 1 „Das Haus setzt die zmweie Berutung des Ftuts des Ministeriums der geislichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten fort Bei den Ausgaden für das technische Unterruchan⸗
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