1909 / 111 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 May 1909 18:00:01 GMT) scan diff

geheim gehalten.

Verbreiterung und zum Ausbau des Spoykanalg auf der Strecke von km 0,0 bis 1,8 aks Industriehafen, durch das Amtsblatt der König⸗ lichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 12 S. 103, ausgegeben am

vom 4. März 1909, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Thale a. H. zur Erweiterung der Wasserleitung der Gemeinde und zur Anle⸗ ng * mtsblat

27. März 1909; 11) der Allerhöchste Erla

Schutzzone für die neue Wassergewinnungestelle, durch das der Königlichen Regierung zu Magdeburg Nr. 16 S. 117, ausgegeben am 17. April 1909.

Nichlamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 12. Mai.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Rech⸗ nungswesen und für Elsaß⸗Lothringen sowie der A Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

—V —— I 8868

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. J. „Hohen⸗ zollern“ und S. M. SS. „Stettin“ und „Sleipner“ gestern von Malta nach Brindisi in See gegangen. 3

S. M. S. „Lübeck“ ist am 7. Mai in Mersina ein⸗ getroffen.

S. M. S. „Hamburg“ ist vorgestern in Ladikije (Sy⸗ rische Küste) eingetroffen und an demselben Tage von dort nach Beirut in See gegangen.

S. M. S. „Sperber“ ist vorgestern von Lüderitzbucht nach Kapstadt in See gegangen.

S. M. S. „Condor“ ist gestern in Suva (Fidji⸗Inseln) eingetroffen.

S. M. S. „Scharnhorst“ ist mit dem 2. Admiral des Kreuzergeschwaders gestern in Singapore eingetroffen und setzt heute die Reise nach Tsingtau fort. b

S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist gestern in Canton ein⸗ und geht am 21. Mai von dort nach Hongkong in See.

S. M. S. „Luchs“ ist am 9. Mai in Hongkong ein⸗ getroffen und geht am 17. Mai von dort nach Canton in See.

81“

9 Ihre Majestäten der König und die Königin

von Württemberg sind zum Besuche des Großherzoglichen

Hofes, „W. T. B.“ zufolge, gestern mittag in Karlsruhe ein⸗ getroffen. 8

Oesterreich⸗Ungarn.

In der gestrigen Sitzung des Exekutivausschusses der deutsch-freiheitlichen Parteien des österreichischen Abgeordnetenhauses wurde, „W. T. B.“ zufolge, von allen Seiten der Freude darüber Ausdruck gegeben, daß der Deutsche Kaiser auch diesmal bei seiner Rückkehr von Korfu Gelegenheit nehme, dem Kaiser Franz Joseph einen Besuch abzustatten, wodurch die Innigkeit des Bündnisses zwischen dem Deutschen Reich und der üerreschischeungarischen Monarchie eine neue und feierliche

estätigung finde. Von deutsch⸗radikaler Seite wurde der

Wunsch ausgesprochen, daß in einer Plenarversammlung des

Deutschen Nationalverbandes den freudigen Empfindungen der Deutschen Oesterreichs aus Anlaß des Besuchs Kaiser Wil⸗ helms in Wien Ausdruck gegeben werde. Zu diesem Zwecke wird übermorgen eine Plenarversammlung des Deutschen Nationalverbandes stattfinden.

Großbritannien und Irland..

Das Unterhaus hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in der gestrigen Sitzung die Resolution zum Budget, die eine Erhöhung des Zolles auf Importbier um 3 Pence für je 36 Gallonen vorsieht, angenommen.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer beriet gestern die von den Sozialisten Willm und Sembat eingebrachte Interpellation über die Postbeamten.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ warf der Abg. Sembat der Regierung vor, daß sie gegen die b wegen Tatsachen vorgegangen sei, die nidt mit dem Dienst zusammenhingen. Die Postbeamten seien getäuscht worden. Der Abg. Deschanel sagte, wenn in der gegenwärtigen Krise die Postbeamten den Ge⸗ horsam verweigerten, so komme dies daher, daß die öffentlichen Ee⸗ walten zu regieren vergessen hätten. Der Redner verlangte ein Statut, das den Beamten Garantien gewähre und Ordnung und Sicherheit im Staate schaffe. Der Abg. Willm (Sozialist) wies darauf hin, daß die Regierung den Postbeamten die Entlassung deg Unterstaatssekretärs Simyan zugesichert habe, und machte im übrigen der Regierung den gleichen Vorwurf, den Sembat erhoben hatte. Louis Dreyfus fühlte aus, er habe dem Ministerpräsidenten eine Abordnung von Post⸗ beamten vorgestellt, die willig waren, die Arbeit wieder aufzunehmen. Er habe von Clemenceau keinen Auftrag gehabt. Die Post⸗ keamten hätten sich entschuldigt und zuͤgegeben, daß sie

„vgeirrt hätten, weil sie nach den Erklärungen des Ministers Barthou in der Deputiertenkammer hätten hoffen können, daß der Unterstaatssekretär Simyan aus seinem Amte scheiden werde. Der Minister Barthou wies hierauf nach, daß die von Clemenceau bezüglich Simvans am 21. März abgegebbnen Erklärungen sehr bestimmt waren. Nach der Wiederaufnahme der Arbeit hätten die Angestellten unstatthafte Kundgebungen veranstaltet, offen den zukünftigen Streik vorbereitet und Re⸗ gierung und Parlament angegriffen. In Rouen habe ein Biief⸗ träger antipatriotische Erklärungen abgegeben und versichert, mit seinen Kameraden jenseiis des Rheins solidarisch zu sein. Barthou erklärte, wenn man den Beamtenverbänden gestattere,

sich über die Volksvertretung zu erheben, so wäre es um jede Regierung geschehen. Wenn die Kammer die Aufhebung der getroffenen Maß⸗ nahmen fordern sollte, so würde das Kabinett einmütig demissionteren.

Die Rede des Ministers wurde mit lebhaftem Beifall auf⸗ genommen und die Sitzung darauf auf morgen vertagt.

Die Pariser Postbeamten haben in einer in ver⸗ gangener Nacht im Ferpobrorn abgehaltenen Versammlung, ö ufolge, beschlossen, in den Ausstand zu treten.

In der Versammlung wurde auch beschlossen, den Verbands⸗ ausschuß aufzulösen und ihn durch einen Streikausschuß zu ersetzen; die Namen der Mitglieder dieses Ausschusses werden

soll nur von der Generalversammlung entschieden werden. Scehe wurde eine Tagesordnung angenommen, in der es heißt:

Die Beamten, Unterbeamten und Arbeiter, die sich versammelt haben in demselben Gefühl der Unabhängigkeit und der Empörung über die Illoyalität der Regierung, die ihrem Versprechen dadurch untreu geworden ist, daß sie gegen kämpfende Postbeamte vorgegangen ist, weil diese frei ihre Meinung geäußert haben, verpflichten sich, die Arbeit niederzulegen und zu kämpfen, bis ihnen vollständige Genug⸗ tuung geworden ist; sie fordern laut das Syndikatsrecht, das sie um jeden Freis erlangen werden, rufen dem Postbeamtenverbande ihren Gruß zu und trennen sich unter dem Rufe: Es lebe der Ausstand!

Die Postbeamten in Lille, Lyon, Bordeaux, Marseille und e sind ebenfalls in den Ausstand getreten.

leichzeitig mit dem Meeting der Kofibeamten fand eine von 3000 Personen besuchte Versammlung der Liga für Menschenrechte im Tivolisaale statt, wo die sozialistischen Deputierten Pressensé und Sembat scharfe Angriffe gegen die Regierung richteten und ein Beschlußantrag gegen die Maßregelung der Postbeamten einstimmig angenommen wurde. Ein Vertreter der Clektriker erklärte unter dem Beifall der Versammlung, der Streik der Postleute werde für die gesamte Arbeiterschaft das Signal zur werden.

Bis in die späten Nachtstunden hielt der Polizei⸗ präfekt von Paris Lépine eine Besprechung mit sämtlichen Polizeikommissaren ab, um über die infolge der Streik⸗ bewegung erforderlich werdenden Maßnahmen zu beraten. Alle Postbureaus werden von heute morgen an polizeilich und militärisch bewacht. Ferner wurde der Befehl erteilt, die streikenden Post⸗ und Telegraphenbeamten sofort durch Soldaten zu ersetzen. Von den telegraphischen Verbindungen mit Deutsch⸗ land besteht infolge des Streiks gegenwärtig nur noch die mit Berlin. Der Militärgouverneur von Paris hat für den Fall eines Ausstandes der Elektriker den Befehl erteilt, den elektrischen Stationen die erforderliche Anzahl von Soldaten

zu stellen. Rußland.

Die Reichsduma hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ mit einer aus dem Zentrum und der Rechten bestehenden Majorität gegen die Opposition in erster und zweiter Lesung den Gesetzentwurf, betreffend die Um⸗ gestaltung der Verwaltung des Küstengebiets und der Insel Sachalin, angenommen. Das Haus sprach gemäß dem Kommissionsvorschlag u. a. den Wunsch aus, es möchten Privatkapitalien zu industriellen Unternehmungen im fernen Osten in höherem Maße als bisher zugelassen werden. Sowohl Russen als Ausländer sollten das Recht erhalten, Schürf⸗ arbeiten vorzunehmen und nützliche Montanschätze zu ver⸗ arbeiten. Im Laufe der Debatte protestierten sowohl die Gegner wie die Verteidiger des Gesetzentwurfs gegen die wirt⸗ schaftliche Besitzergreifung und Ausbeutung des Gebiets durch Ausländer, besonders durch Japaner und Amerikaner. In der Abendsitzung bewilligte die Duma die außerordentlichen Ausgaben des Etats des Kriegsministeriums in Höhe von 80 841 000 Rubel nach dem Antrage der Budgetkommission.

Italien.

Die Deputiertenkammer setzte gestern die Beratung des Etats des Ackerbauministeriums fort. Wie das „W. T. B.“ berichtet, beantragte die äußerste Linke, über die Tätigkeit im Ackerbauministerium eine parlamentarische Unter⸗ suchung einzuleiten. Der Ministerpräsident Giolitti bekämpfte diesen Antrag und stellte die Vertrauensfrage. Hierauf wurde der Antrag mit 209 gege 76 Stimmen abgelehnt.

1

Ueber die Wiederaufnahme der Arbeit

24

paar an Bord ist, „W. T. B.3 Hefolge, heute vormittag mit den Begleitschiffen „Stettin“ u0ꝑꝙ†ꝙ „Sleipner“ von Malta in Brindisi eingetroffen. 6

Spanien. 8

Eine Note des Ministers des Aeußern gibt,

W. T. B.“ zufolge, bekannt, daß der Machsen einigen For⸗

berungen der nach Fes entsandten Mission Folge

. 1 1 te ge gegeben habe. Die Erledigung der übrigen Forderungen 8 Mery de Val verschoben und an die Bedingung geknüpft, daß ein Abkommen über die Zurückziehung der Posten im Rif getroffen werde, das die Sicherheit der Verbindungen mit Melilla und Chafarinas gewährleiste. Mulay Hafid habe die Entsendung einer Gesandtschaft angekündigt, die diese Punkte regeln und

verlangen solle, daß die Räumung noch vor Wiederherstellung

der Sicherheit erfolge. Türkei.

Das Amtsblatt veröffentlicht eine Proklamation, die, „W. T. B.“ zufolge, besagt, daß der Sultan hochbefriedigt und stolz sei über die Gefühle der Liebe und des außerordent⸗ lichen Respekts, die ihm die Minister, Senatoren, Deputierten, die Armee und Marine, die Ulemas, Scheichs, Kirchenober⸗ häupter und alle Beamten, die türkischen und fremden Schulen, die einheimischen und fremden Notabeln und die Bevölkerung aller Klassen bei der Zeremonie der Schwertumgürtung, die ein historisches Datum füͤr die ottomanische Nation sei, zum Ausdruck gebracht hätten. Er sei auch hochbefriedigt von der Ordnung, von der er sich selbst überzeugt habe.

Der Großwesir Hilmi Pascha und der Minister des Innern Ferid Pasche haben gestern eine Deputation des armenischen Patriarchats empfangen, die Telegramme vorlegte, in denen die Lage der Christen in den arme⸗ nischen Provinzen, besonders in Musch und Diarbekr, noch immer als bedroht geschildert wird. Die Minister gaben die feste Zusicherung ab, daß die Regierung die Ordnung und baldigst wiederherstellen und die Schuldigen be⸗ strafen werde. Der Minister des Innern erklärte außerdem,

daß der Wali und der Stadtkommandant von Diarbekr ab⸗

gesetzt werden würden.

Die österreichisch⸗ungarische Entschädigungs⸗ summe von 2 ½ Milionen Pfund ist, wie das „W. T. B.“ meldet, gestern in Konstantinopel angekommen und liegt auf bfs Ottomanischen Bank zur Verfügung der türkischen Re⸗ gierung.

Die Deputiertenkammer hat gestern die Beratung des neuen Preßgesetzes begonnen und obiger Quelle zufolge einen Antrag angenommen, daß die für die Zeitungen ver⸗ antwortlich zeichnenden Redakteure die ottomanische Staats⸗ angehörigkeit besitzen müssen. Ueber einen Antrag, als ver⸗ antwortliche Redakteure nur solche Personen zuzulassen, die ein akademisches Diplom besitzen, entspann sich eine heftige Debatte, worauf die Sitzung abgebrochen wurde.

Das Kriegsgericht hat vorgestern 25 Todes⸗ urteile gefällt. Zu den Verurteilten gehören mehrere Soldaten als Offiziersmörder, einige Offiziere und Hodschas

Die Jacht „Hohenzollert“ mit dem Deutschen Kaiser⸗

als Aufwiegler zur Revolte vom 13. April und eine Anzah Matrosen, die den Kommandanten des Panzerschiffes „Assar⸗i⸗ Tewfik“ ermordet haben. Die Truppen der alten Garnison, die im Kriegsministerium interniert waren, die Marinesoldaten, die Jäger und Artilleristen sind gestern nach Saloniki geschafft worden, wo sie bei Wegebauten verwendet werden

8

des „W. T. B.“ gestern die Zusatzanträge abgelehnt, welche die Zölle auf Tonwaren und Por 2 sie 88 Aldrichschen Entwurf vorgesehen waren, herabsetzen wollten.

——-——,

Asien.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist Ain ed Dauleh gestern mit den

Der Korrespondent der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist im Lager bei Täbris von Sattar Khan empfangen worden, der sich in längerer Unterredung folgender⸗ maßen äußerte:

Er betrachte die Russen als werte Gäste, die gekommen seien, um der armen Bevölkerung Hilfe zu bringen. Sein einziges Ziel sei das Volkswohl; er und seine Gesinnungsgenossen trauten dem Schah nicht, weil dieser sein Wort gebrochen habe. Durch seine Handlungs⸗ weise hbabe der Schah das Land ruiniert und dennoch nichts erreicht. Vom Schah erwarteten er und seine Gesinnungsgenossen nichts. Sie wünschten nurdie Wiederherstellung der vom Vater des Schahs gegebenen Konstitution, aber unbedingt unter der Garantie der Mächte, sodaß sie nicht mehr verletzt werde. Bis dahin würden sie die Waffen nicht niederlegen. An Waffen hätten sie Ueberfluß, da ein großes Arsenal in Täbris in ihren Händen sei. Wenn der Schah ihn nach Wiederberstellung der Ordnung zu seinem Dienst berufe, werde er bereitwillig diesem Rufe folgen.

Das russisch⸗schinesische die Art der Verwaltung der russischen Eisenbahn⸗ zone in der Mandschurei festsetzt, ist nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ gestern unterzeichnet worden. Das Uebereinkommen gewährleistet die Ober⸗ hoheit Chinas und legt das Prinzip einer gemein⸗ samen Verwaltung fest. Es sieht russische und chinesische Kommunalbehörden in Charbin vor und bestimmt die Gleichstellung aller Ausländer in der Verwaltung. Der Präsident der chinesischen Osteisenbahn ist zum Schieds⸗ richter bei Streitfällen zwischen Ausländern ernannt worden. Eine Klausel des Abkommens besagt, daß die Interessen der Ausländer seitens der Verwaltung eine wirksame Förderung erfahren sollen.

Afrika.

8 8

Nachdem die Verfassung für das Vereinigte Süd⸗ afrika, dem „Reuterschen Bureau“ zufolge, nunmehr mit einigen Abänderungen endgültig einstimmig angenommen ist, haben sich die Delegierten in ihre Heimatskolonien zurück⸗ begeben. Als wichtigste Abänderung gilt der Beschluß, daß die Provinzialwahlkreise nur je einen Abgeordneten anstatt, wie smn Entwurf vorgesehen, drei oder mehr Abgeordnete entsenden

sollen. Nach einer Depesche des „W. T. B.“ aus Zungeru ist der Leutnant Vanrennen, während er mit 3 Europäern und 35 eingeborenen Polizeibeamten nach Gussoro, etwa 50 Meilen nordöstlich von Zungeru, marschierte, um dort einen neuen Fauphing einzusetzen, am vorigen Donnerstag aus dem Hinter⸗ halte angegriffen und getötet worden. Außer ihm sind 11 Polizeibeamte umgekommen. Der Major Williams ist

Abkommen, das

am Sonntag mit einer größeren Truppenmacht nach Kuta entsandt worden. Der Aufstand ist lokaler Natur.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sic in der Ersten valh,e

Auf der Tagesordnung für die heutige (85.) Sitzung

des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben beiwohnte, stand zunächst die Be⸗

ratung der vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zuruͤck⸗

gelangten Besoldungsvorlagen.

Zu dem Gesetzentwurf über das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen liegt ein von dem Abg. Schiffer⸗Magde⸗ burg (nl.) gestellter und von Mitgliedern aller Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten unterstützter Kompromiß⸗ 411 vor, in dem die folgenden Bestimmungen vorgeschlagen werden:

In § 8 soll die Alterszulage der Lehrer in den ersten beiden Stufen und in der fünften bis neunten Stufe je 200 ℳ, in der dritten und vierten Stufe je 250 betragen. (Das Herrenhaus hatte die 250 in die fünfte und sechste Stufe verwiesen.)

In § 22 soll die vom Herrenbause eingefügte Bestim mung wieder gestrichen werden, daß bei der Gewährung von Ortszulagen durch die Schulverbände auch der Familienstand der Lehrkräfte berücksichtigt werden kann.

In § 24 soll die vom Herrenhause gesteichene pensionsfähige Amtszulage von 100 jährlich für erste und allein⸗ Lehrer nach zehnjähriger Dienstzeit wiederhergestellt

erden.

Ueber die Staatsbeiträge und Ergänzungszuschüsse 43 ff.) bestimmt der Kompromißantrag folgendes: Der 9 beitrag für jede Schulstelle soll entsprechend dem Herrenhaus⸗ beschluß bis zur Höchstzahl von 25 Schulstellen für jere polittsche Gemeinde gewährt werden, und zwar für einen ersten Lehrer 500 ℳ, für einen anderen Lehrer 300 ℳ, für eine Lehrerin 150 ℳ; in Schulverbänden mit nicht mehr als sieben Schulstellen wird ein weiterer Staats beitrag von 270 für den Lehrer und von 150 für die Lehrerin gezahlt. (Tie Amtszulage 24] soll gleichfalls vom Staate getragen werden.) Dazu soll folgender Zusatz gemacht werden: „Soweit eine Er⸗ öhurg der am 1. Januar 1909 geltenden Sätze des Grund⸗ gehalts bei Lehrerstellen um weniger als 200 ℳ, bei Lehrerinnenstellen um weniger als 150 erfolgt, teitt in den Schulverländen mit nicht mehr als sieben Schulstellen eine Verringerung des weiteren Staatsbeitrages um den Betrag ein, bis zu welchem die Erhöhung hinter den vorgenannten Betägen zurückbleibt.“ Die nach § 27 V des Gesetzes vom 3. März 1897 zu zahlenden Staatsbeiträge und Staatszuschüsse sollen weiter⸗ gewährt werden 49), jedoch sollen sie nach den neuen §§ 50 und 51 vom 1. April 1909 ab endgültig fortfallen in den Gemeinden, wo sie den Betrag von 2 % desjenigen Veranlagungssolls nicht übersteigen, das der Gemeindebesteuerung der Einkommen von mehr als 900 für das Rechnungsjahr 1908 zu Grunde zu legen war. (In Gutsbezirken ist die Kreissteuer zu Grunde zu legen.) Bei Streitigkeiten über den Fortfall beschließt der Bezirkgausschuß, wogegen Beschwerde bei dem Provinzialrat zulässig ist. Die Staatsbeiträge und Staals⸗

Der amerikanische Senat hat nach einer Meldung

Kosaken im Eilmarsch aus Basmindsch nach Teheran ab⸗ Jmarschiert 985⸗*

1.“

6 uschüsse fallen serner in denjenigen einen eigenen Schulverband lildenden Gemeinden vom 1. April 1909 ab endgültig fort, in denen im Rechnungsjahr 1908 die Gemeindeeinkommensteuer den vollen Satz der Staatseinkommensteuer nicht überstiegen hat, sofern nicht die ge⸗ setzlichen Staatsleistungen noch dem Stande vom 1. Januar 1909 5 % des Veranlagungssolls übersteigen.

In Konsequenz dieser Bestimmungen soll der Staatsfonds der Ergänzungszuschüsse für Schulverbände mit 25 oder weniger Schulstellen von 14 Millionen auf 15,10 Millionen Mark erhöht, der für die Provinzen Posen und Westpreußen von 3 Millionen auf 2,95 Millionen Mark ermäßigt werden; der Fonds der Ergänzungs⸗ zuschüsse für Schulverbände mit mehr als 25 Schulstellen soll von

⁊2,35 Millionen auf 2,70 Millionen Mark erhöht werden. Ferner soll nach dem Kompromißantrag in § 54 das ganze Geseßz

rückwirkende Kraft vom 1. April 1908 ab erhalten, es soll also diese rückwirkende Kraft auch für die erböhten Mietsent⸗ schädigungen gelten, die das Herrenhaus nur vom 1. April 1909 ab gelten lassen wollte.

Endlich sollen in § 63 die nach § 27 VI des Gesetzes vom

3. März 1897 zu zahlenden Ausfallsentschädigungen weiter⸗

gewährt werden, jedoch vom 1. April 1909 ab endgültig in den emeinden fortfallen, in denen sie nicht mehr als zwei Prozent des Einkommensteuerveranlagungssolls nach dem Stande des 1. Januar

1909 betragen. Abg. Schiffer (nl.): Die Fraktionen haben für die heutige eratung den gesamten Stoff in drei große Abteilungen geschieden und für jede einen Redner bestellt, der im Auftrage sämtlicher Parteien die das Haus leitenden Gesichtspunkte darlegen wird. Das weist, daß das Haus einig ist, wie es vor den Beschlüssen des Herren⸗ auses einig war, daß gs Einigkeit sich bewährt hat. Das ist eine Tatsache von großer politischer Tragweite; sie beweist, daß dieses Haus willens ist, in großen Fragen besondere Parteigesichts⸗ unkte beiseite zu lassen und nur der Sache zu dienen; sie beweist endlich, daß bei allen Parteien ein reiches Maß staatsmännischer Mäßigung und patriotischen Gefühls vorhanden ist. Denn derartige Materien, wie die vorliegende, sind außerordentlich fähig, die Leiden⸗ schaften aufzustacheln, und das gerade in unserer Zeit, die durch ihre Agitation die natürliche Anreizung noch vertieft und verstärkt. Diese peir lichen Nebenerscheinungen haben sich tief hineingefressen in Geist und Leben unseres Volkes. Seit Jahr und Tag tragen Lehrer und Beamte ihre Wünsche vor. Wir können die Aufgaben des Staats nur erfüllen, wenn unsere Beamten in innerer Zufriepenheit und im Bewußtsein der Disziplin im staatlichen Interesse arbeiten. Durch die Lösung dieser Frage erhält die Vorlage einen hochpolitischen Inhalt. Wir haben aber auch andererseit; Rücksichten auf die Steuerzahler zu nehmen. Diese beiden Gesichtspunkte müssen wir iteinander in Einklang bringen. Wenn diese Aufgabe an die Leistungs⸗ fähigkeit der Steuerzahler zu hohe Ansprüche stellen würde, wie es

nach den Beschlüssen des Herrenhauses scheinen könnte, dann wäre es undenkbar, daß

nicht eine Partei dafür hier aufstände. Gerade dieses Haus, das aus Wahlen hervorgegangen ist, beweist urch seine Einmütigkeit seine innerste Ueberzeugung, daß diese Aus⸗ gaben geleistet werden müssen und können. iese Einmütigkeit ist nicht ohne schwere Opfer zustande gekommen, alle Parteien haben Lieblingsgedanken zurückstellen müssen. Das Herrenhaus hat unseren Ein⸗ würfen nicht genug Beachtung geschenkt. Man hat dort sogar die Möglichkeit des Scheiterng des Gesetzes offen gelassen. Wir legen entschieden Wert uf eine Verständigung mit dem anderen Hause und lehnen es ab, mit dem Gedanken des Scheiterns des Gesetzes zu spielen. Diejenige eede im Herrenhause, die wohl bestimmend war für das Geschick der orlage, war die des Grafen Botho Eulenburg. Aber gerade diese

at die Brücken zur Verständigung nicht abgebrochen. Er hat nicht erlangt, daß wir im Abgeordnetenhause uns gänzlich den Beschlüssen es Herrenhauses unterordnen sollen. Auch er hat die Beschlüsse des

Heerrenhauses nicht als der Weisheit letzten Schluß hingestellt. Das

errenhaus hat sich hauptsächlich mit den Alterszulagen und der Deckungsfrage nicht einverstanden erklärt und hat die Zu⸗ lagen für die ersten und alleinstehenden Lehrer gestrichen. Wir haben die Alterszulagen wieder in einer durchaus ntgegenkommenden Weise geordnet, wie sie aus unserem Antrage ervorgeht. Die sedis materiae der Beschlüsse des Herren⸗ hauses ist aber die Regelung der Deckungsfrage in bezug auf die eistungsfähigkeit der Gemeinden. Das Herrenhaus hat schwere Be⸗ enken dagegen erhoben, daß den Gemeinden mit mehr als 7 bis 25 Schulstellen die Staatszuschüsse nicht als eine feste Zusicherung, ondern nur im Bedürfnisfalle gegeben werden; es hat befürchtet, der Bureaukrat'smus nur eine neue Zunahme davon erfahren würde. Dem gegenüber haben wir ein weiteres Entgegenkommen bewiesen. Da es aber unmöglich ist, gerade bei der gegenwärtigen Finanzlage die Staatsmittel dahin fließen zu lassen, wo sie nötig d, und sie anderen zu entziehen, so haben wir durch unseren Antrag es wenigstens ausgeschlossen, daß die offenbar leistungs⸗ fähigen Gemeinden ebenfalls die Staatsbeiträge erhalten. Die festen Staatsbeiträge an die Gemeinden sollen bestehen bleiben nd die Verteilung nach Ermessen beseitigt werden; an die Stelle jeses diskretionären Ermessens soll nach unserem Vorschlage jetzt ein bjekliver Maßstab nach dem Prinzip der Leistungsfaähigkeit treten. Wir glauben damit nicht den Stein der Weisen entdeckt zu haben, aber in der Beschränkung, wie dieser objektive Maßstab kon⸗ strutert werden soll, wonach in der Regel nur die ganz zweifellose Leistungsföhigkeit getroffen wird, können wir davon ein ersprießliches Ergebnis erhoffen. Entscheldend soll die Höhe der Einkommen⸗ teuerzuschläge sein; ausgegangen wird von 100 %. Eine Erheblich⸗ eit der Staatsleistungen nehmen wir erst an, wenn sie mehr als 5 % es Staatssteuersolls betragen. Bezüglich der Gutsbezirke und der Gesamtschulverbände mußten Sonderbestimmungen geschaffen werden. Endlich haben wir auf eine gleitende Skala verzichtet, die ja an sich sehr wünschenswert gewesen wäre; denn wir wollen doch Ruhe haben nicht bloß bei den Lehrern, sondern auch bei den Gemeinden Dispositionsfonds, namentlich große, sind an sich vom Uebel; das sukjektive Ermessen bel der Verteilung hat immer den Schein der Willkür. Darum ist es besser, daß die Gemeinden von Anfang an wissen, womit sie zu rechnen haben. Immerhin werden in einzelnen Fällen noch Ergänzungszuschüsse vom Staat zu gewähren sein, da es sicht auszuschließen ist, daß trotz alledem noch manche Gemeinden, ie es nicht nötig haben, die Staatsbeiträge erhalten auf Kosten erjenigen, die sie nicht entbehren können. Der Mehrbedarf von

1 Million, den unsere Beschlüsse nach sich zieben, wird aus dem Mehr⸗ aufkommen auf Grund des revidierten Stempelabgabengesetzes zu decken sein. Wir haben diese Vorschläge vereinbart, um für das Herren⸗

baus die Brücke zu schlagen, die es für die Verständigung selbst ver⸗

langt hat; ich hoffe, daß sie zur Verständigung führen werden. Tausende und aber Tausende von Lehrern und Beamten wünschen,

daß endlich einmal Ruhe wird; auch sie meinen, daß es endlich einmal

an der Zeit ist, Schluß zu machen. Hoffentlich überwindet jetzt auch das Herrenhaus seine Bedenke

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Deutschlands Ein⸗ und Ausfuhr von Pferden, Rind⸗ vieh, Schafen, Schweinen und Geflügel im I. Viertel⸗ jahr 1909.

Nach den „Monatlichen Nachweisen über den auswärtigen Handel

Deutschlands“ hat die Einfuhr von Pferden im 1. Vierteljahr 1909 gegenüber derjenigen der gleichen Zeit des Vorjahrg in einzelnen Gaittungen eine kleine Steigerung erfabren, während sie in anderen zurückgegangen ist. Im ganzen ergibt sich eine geringe Abnahme der

Gesamteinfuhr von Pferden um 534 Stück, während für das

I. Vierteljahr 1908 im Vergleiche mit derselben Zeit des Jah es

1907 ein Rückgang um 3530 Stüa zu verzeichnen war. eingeführt: v116“

—.

gegen Jan./März

1908

Stück + 329 1 103 000

3 660 000 6 802 000

12 151 000 65 000 146 000

Einfuhrwert 190)

Jan./ März 1909

Stück 2 476

9 060 6 441

11 251

Arbeitspferde, leichte, Stuten. 8 leichte, Hengste, Wallache. 8 schwere, Stuten 8 schwere, Hengste, Wallache.. Zuchthengste, leichte.. .. 8 schwers ... 46 Kutsch., Reit⸗, Rennpferde usw. 1 209 1 688 000 Schlachtpfedekr. Pferde unter 1,40 m Stockmaß 4 466 1 081 000 eblobheenn 1* 115 000 Tleen 6 1 000

35 2418 26 812 000.

Die Ausfuhr von Pferden, die ja stets sehr klein ist, hat sich im I. Vierteljahr 1909 auf der gleichen Höhe bewegt, wie in der⸗ selben Zeit des Vorjahres. Es sind 1821 (1827) Stück ausgeführt worden, darunter allein 1337 (1311) Schlachtpferde. Der Wert der Ausfuhr berechnet sich vorläufig auf 636 000 ℳ.

Die Einfuhr von Rindvieh zeigt in allen Gattungen, mit Ausnahme von Ochsen, die in etwas kleinerer Zahl aus dem Auslande bezogen worden sind, eine nicht unbeträchtliche Steigerung gegenüber dem I. Vierteljahr 1908, wenn auch diese noch nicht so groß gewesen ist, daß die Höhe der Einfuhr im I. Vierteljahr 1907 (54 225 Stück) wseder erreicht worden wäre. Der größte Teil der Mehreinfuhr ent⸗ fällt auch 1909 auf Dänemark. Es wurden eingeführt:

Jan./März Fößen Wert NbPebbeee

Stück Stück 1 165 + 91 83 000 2 359 + 532 276 000 15 401 + 2 529 4 559 000 2 896 + 73 817 000 17 127 + 3 245 4 813 000 2 477 + 405 1 018 000 11 953 347 7 734 000 53 378 + 6 528 19 300 000.

Die Ausfuhr von Rindvieh ist gegenüber derjenigen der gleichen Zeit des Vorjahres verhältnismäßig sehr stark gestiegen, besonders die von Ochsen um 662 Stück und die von Kühen um 130 Stück, die sämtlich nach der Schweiz ausgeführt worden sind. Die Gesamt⸗ ausfuhr, 1228 Stück, stellt sich um 856 Stück höher und hat einen Wert von 658 000 gehabt.

Die Einfuhr von Schafen und Ziegen ist stets sehr unbe⸗ deutend gewesen; im I. Vierteljahr 1909 war sie nur bei Lämmern etwas größer als in derselben Zeit des Vorjahres, ging dagegen bei Schafen sehr stark zurück, wie nachstehende Einfuhrzahlen zeigen:

Jan./ März geg. Jan / März Wert 1909 1908

1909 Stück Stück 6G6

Lämmer. 69 + 55 2 tausend, Schafe 693 1 620 30 161“ Ziegen

Die Ausfuhr ist im

Kälber unter 6 Wochen. . Jungvieb bis zu 1 ½ Jahren. Männl. Jungvieh bis zu 2 ½ J. Weibl. 1“

2 ½ J. Kühe . 111 1A1A“ Bullen.

I. Vierteljahr 1909 bei Lämmern noch weiter zurückgegangen, dagegen zeigt sie bei Schafen abermals eine Steigerung, und zwar sind nach der Schweiz 1526 Schafe mehr aus⸗ geführt worden als im I. Vierteljahr 1908, während die Ausfuhr nach Belgien um 1032 Stück kleiner gewesen ist. Deutschland ausgeführt: 8 G Jan./März

1909

Stück

geg. Jan. / März Wert 1908 1909 Slück . 2 873 684 . 11 357 + 567 393 000 114 + 11 5 000.

Die Einfuhr von Schweinen ist beträchtlich gestiegen, während sie im I. Vierteljahr 1908 gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres 1907 um 3010 Stück abgenommen hatte. Die Steigerung entfällt fast ausschließlich auf das russische Kontingent, während aus Oester⸗ reich⸗Ungarn nur 213 Stück gesandt worden sind. Die Einfuhr betrug:

IZJan./ März geg. Jan./ März 1909 1908 1909 8 Stück 175 4 000 Schweine . + 9 974 5 014 000.

Die Ausfuhr von Schweinen ist im I. Vierteljahr 1909 um fast genau die gleiche Zahl wieder zurückgegangen, um die sie in der⸗ selben Zeit des Vorjahres gestiegen war; sie ist damit fast wieder auf Null angekommen:

109 00o0

8

Jan./ März geg. Jan /März 1909 190⁰8

Stüch Stück Spanferkel 88 191 Schweine . 65 4 917

An Geflügel sind eingeführt worden: Jan./ März geg. eMan iüas 1909

1909 08 216 Stück 55 741 Stück 339 000 24 754 dz + 1 726 dz 3 069 000 1833 848 257 000 1 134 12— 181 000 3 846 600.

Bei Gänsen und Hühnern hat sich die Einfuhr im I. Vierteljahr 1909 in einer Richtung entwickelt, die der in der gleichen Zeit des Vorjahrs beobachteten entgegengesetzt st. Im I. Vierteljahr 1908 war die Gänseeinfuhr um 11 714 Stück gestiegen, die Hühnereinfuhr dagegen um 3011 dz gefallen. Die Einfuhr von Enten und Tauben ist dfem Jabre noch weiter zurückgegangen.

Die Ausfuhr von Geflügel, die im Vorjahre in allen Gattungen etwas zugenommen hatte, ist 1909 nur bei Tauben weiter gestiegen, dagegen in den übrigen Gattungen zurückgegangen. Es wurden aus⸗

geführt: Wert 1909 1908 555 Stück

756 Stück 3tausend 61 dz 1

L6““ ¹ 1

.—. 616 3 7

Gänse 8 Hühner aller Art . E““ Tauben usw.

Jan./März geg. Jan./März 1909

Gänse. Hühner aller Art 197üö“ Tauben usw..

—V

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Nürnberg wird der „Köln. Ztg.“ telegraphiert: In Ans⸗ pach sind fast sämtliche Maurer und Steinhauer wegen unerfüllter ansehnlicher Lohnmehrforderung in den Ausstand getreten.

In einer Versammlung der Leipziger Holzarbeiter wurde, der „Tpz. Ztg.“ zufolge, bekannt gegeben, daß sich dort über 1600 Ver⸗ bandsmitglieder aus 60 Betrieben durch völlige Arbeitsruhe an der Maifeier beteiligt haben. Die Folge war, daß 669 Gehilfen aus 24 Betrieben nach dem Beschluß des Arbeitgeberschutzverbandes aus⸗ gesperrt wurden, und zwar auf 3 bis 10 Tage. Diese auegesperrten Gehilfen sind fast ausnahmelos inzwischen wieder eingestellt worden.

In Hamburg haben, wie die „Köln. Zig.“ ersährt, die Straßenreiniger in einer zahlreich besuchten Versammlung be⸗ schlossen, in den Ausstand zu treten, wern die Behörde auf der Ab- lehnung der geforderten Besserung ihrer Lohn⸗ und Arbeitsverhältnifse

Es wurden aus

Das Personal der Eisenbahnen auf Korsika ist, nach einem Telegramm der „Rh.⸗Westf. Zig. aus Ajaccio, in den Aus⸗ stand getreten und verlangt die Verstaatlichung des Eisenbahnnetzes.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.) 8

Kunst und Wissenschaft. Große Berliner Kunstausstellung.

üs.

Bei der Eröffnungsfeier der Ausstellung hat der Dezernent des Kunstressorts im Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Schmidt eine bemerkens⸗ werte Rede gehalten, die in dem Wunsche nach Frieden in⸗ unserer Künstlerschaft gipfelte. Wer sich der schroffen Gegen⸗ sätze der früheren Jahre zwischen den Ausstellungen im Glas⸗ palast am Lehrter Bahnhof und der Sezession erinnert, wird heuer schon beim ersten Rundgang⸗gewahr, daß jenem Wunsche die Er⸗ füllung wohl nicht allzufern ist. Die Annäherung hat nicht nur schon begonnen, sie hat bereits große Fortschritte gemacht, sodaß man von prinziptellen Unterschieden zwischen der Großen Berliner Kunstausstellung und der der Sezession kaum noch sprechen kann. Gewiß, die Sezession hat einige kühne Wagehälse, die ihren Eingebungen manchmal etwas zu unbedenklich Form geben, aber sie sind Ausnahmen, wie in Moabit ebenfalls Ausnahmen sind die allzu Bedachtsamen, die am Alten allzu zähe Festhaltenden. Aber in der Hauptsache streben, zier gesagt, beide Ausstellungen gleiche oder sehr nahe liegende

ele an.

Die Anordnungskommission hat rühmlich und planvoll gewirkt: Einmal hat das Wichtigste und Beste den verdienten bevorzugten Platz erhalten, Bescheideneres ist in Nebenräumen untergebracht. Mit Geschmack und viel Ueberlegung hat man Gleichartiges zusammen⸗ ehängt, Bilder, die stofflich verwandt ist, vor allem aber Blilder, die

ch im Ton gleichen und sich also weniger durch ihr nahes Neben⸗ einander schädigen, als das sonst, nicht in Ausstellungen allein, auch in Museen fast immer der Fall ist. Einzelne Räume haben durch diese weise Maßregel eine ungemein wohltuende Einheitlichkeit erhalten, wie beispielsweise der Saal 37a, in dem nur lichte, duftige Freilichtbilder hängen. Nicht ganz erklärlich ist uns aber, warum die Werke verschiedener Künstler in dem weitläufigen Gebäude zerstreut wurden, sodaß man oft durch die Flucht der Säle hin⸗ und herwandern muß, wenn man die Werke eines Künstlers vergleichen, studieren möchte Wohl nicht allein diejenigen, die über die Aus⸗ stellung zu berichten haben, werden das beklagen. Die Künstler selbst würden wohl ihre Arbeiten lieber nahe beieinander sehen. Es muß

aber bemerkt werden, daß gerade Berliner Künstler und darunter auch

die Mitglieder der Anordnungskommission von dieser Maßnahme be⸗ troffen wurden, sodaß sich also Nichtberliner keineswegs als benachteiligt ansehen können. 8

Der große Ehrensaal (2) ist diesmal mit Künstlerbildnissen angefüllt. Wertvolle, interessante Stücke sind darunter wie Eduard Magnus'’ „Adolf Menzel im Jahre 1843“, Menzel als Greis von Rudolf Schulte im Haft⸗ Andreas Achenbach von Peter Janssen, das als künstlerische Leistung sehr imponierende Selbstporträt Anton von Werners aus dem Anfang der achtziger Jahre mit der „Kaiserproklamation“ und der „Krönung Friedrich I.“ im Kinter⸗ grunde. Zu nennen sind ferner ein energisches Selbstporträt von Arthur Kampf, das Porträt des Malers Passini von Graf Ferd. Harrach, in der meisterhaften und unendlich feinen Modellierung der Zeichnung geradezu an Werke Holbeins erinnernd. Auch ein Selbsiporträt eines Künstlers ist darunter, den man heute bereits zu den alten Meistern rechnet, Anton Graffs, sehr fein im Kolorit und erstaunlsich als Selbst⸗ charakterisierung, dem berühmten großen Selbstporträt der Dresdener Galerie durchaus ebenbürtig.

Arthur Kampf hat außer dem Selbstbildnis noch eine größere, „Clown“ benannte Arbeit ausgestellt. Der Spaßmacher sitzt, die Hände über dem hochgezogenen Knie gefaltet, in der Garderobe, des Zeichens harrend, das ihn ruft, die gewerbsmäßigen Scherze zu machen. Auf dem abgemagerten, grell geschminkten Antlitz ist Bätterkeit, beinahe Verzweiflung zu lesen, die dunklen Augen starren unheimlich ins Leere. Die ganze Tragik eines Gauklerlebens ist hier erzählt. Von Hans Looschen ist neben einem Selbst⸗ porträt ein koloristisch sehr wirkungsvolles Stilleben zu sehen, dann ein Stück sehr fein beobachteter Beleuchtungseffekte, „Moulin de la Galette“, elegante Damen und Herren in dem nächtlich blauen Dammer eines Parks, zwischen dessen Bäumen und Sträuchern die weißlich⸗

gelben Lichter des Kasinos ausblitzen, schließlich ein virtuos gemalter

„Böhmischer Bauer“ und ein „Schlafendes Kind“. Maße wie bei einigen Vertretern der Sezession, wie bei Slevogt, wie bei Corinth steht auch bei Looschen die Brillanz der Technik zu sehr im Mittelpunkte des Interesses. Dieses Streben nach glänzenden Mitteln scheint auch bei ihm fast alle künstlerische Energien auf⸗ zuzehren. Hugo Vogel hat außer einem großen eleganten Damen⸗ porträt zwei herrliche Freilichtbilder ausgestellt; das eine jeigt eine junge Dame im Garten, helles, grünlich gelbes Licht bricht durch die breiten Kastantenblätter, fällt auf das Kleid der Dame, dessen Rot hoch aufleuchtet; das andere stellt einen Faun dar, der vor der Mittagehitze Schutz im Schatten einer Baumgruppe gesucht hat und dort auf der Rohrflöte bläst. Franz Skarbina zeigt ein Bildnis einer Dame in hellblauem Kleide mit

Ganz in gleichem

jungen

großem, schwarzem Federhut, ganze Figur vor einer Parklandschaft,

ferner ein „Im Sonnenschein“ benanntes Bild, das in seinem Neben⸗ einander von Violett und Grün nicht ganz befriedigt. Ganz reizend ist dagegen sein graziöser „Rokoko Karreval“: gepuderte Masken, die in einem feenhaft illuminierten Park ihr mutwilliges Spiel treiben. In der Feinheit der Lichtbeobachtung unmittelbar an den großen Delfter Vermeer erinnert sein „Bei der Lekrüre“, ein junges Mädchen in weiß und lila gestreiftem, dekolletiertem Bieder⸗

meierkostüm liest gerade einen Brief; ein etwas gedämpftes Licht

erfüllt die Stuhe, ein Licht, das immerhin stark genug ist, um lustige Glanzlichter auf der Politur und den Messingbeschlägen der bauchigen Rokokokemmode, auf bunten Blumenvasen und auf der Glasglecke, die die Sta duhr bedeckt, ausblitzen zu lassen. Das Kolorit hat etwas Schillerndes, Perlmutterartiges. Als vorzür licher Porträtist zeigt sich Fritz Burger; neben seinem großen Dappelbildnis des Barons zu Putlitz und Frau, das vor wenigen Monaten bereits bei Schulte zu sehen war, sällt besonders das allerliebste Porträt eines etwa sechsjährigen, blonden Kanaben auf einem Pony vor lichter, weiß⸗grüner Parklandschaft in

8

Morgenbeleuchtung auf.

Zu nennen sind ferner das angenehm schlichte Bildnis der Frau

Kommerzienrat L., dasjenige der Frau Susanne Dessoir und zwei charaktervolle Herrenporträte. Als ebenfalls ausgezeichneten Bildnis⸗ maler lernen wir Ernst Heilemann in dem wirkungsreichen Porträt von Tilly Waldegg kennen. Die junge Dame trägt ein Kostüm nach der Pariser Mode des zweiten Katserreichs, ein dunkles Barett auf dem Kopf, eine festanliegende braune Samtjacke, die eine angesteckte frische Rose belebt, und eine ia stolzem Flusse nieder⸗

rauschende Krinoline aus hellerer, leuchtend brauner Seide. Die Land. schaft, die als Hintergrund dient, ist nur ganz vage, nebelhaft verfließend

angegeben, wodurch die Figur selbst ein sehr starkes Relief bekommt. Wie

man sieht, greifen Künstler auf dieses Mittel, das als erster Leonardo 8

bei der Mona Lisa angewandt hat, immer wieder zurück. Heilemann zeigt ferner ein reizendes Kinderbildnis. „Putzi“, ein kleines Mädchen in weiß und hellblau inmitten der Puppenherrlichkeit ihres Kinder⸗- immers.

Wrr schlleßen diesen ersten Bericht mit der Besprechung einer der Sammelausstellungen, die in geschlossener Reihe eine größere

von Werken einiger Künfiler vorführen. In Saal 43 sind zwölf Arde

von Franz Hoffmann⸗Fallersleben vereinigt, Ardeiten eimer

fast bistorisch gewordenen Richtung der Landschaftsmalerel. Scdon

Motide und Titel dieser Bilder sind für die Richtung 2

„Das Kreuz von D.eizehnlinden“, „Römischer Dianaaltar im

bei Trier“, „Verlassener westfälischer Atelssitz“. Hoffwann⸗Fallers. seben ist ein Spätromantiker, ein letzter Ahkömmleng Ruisdael; er sucht in der Landschaft das Ernst⸗roßartige.

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