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des 14. Inf. Regts. Hartmann aus Anlaß seiner Versetzung in den 5— in Anerkennung seiner Dienstleistung den Titel eines Rechnungsrats zu verleihen.
Das Kriegsministerium hat nachstehende Personalveränderungen bei den Beamten der Militärverwaltung verfügt: in etatmäß. Eigen⸗ schaft wurden mit der Wirksamkeit vom 1. d. M. ernannt: am 6. d. M. der Unterzahlmstr. Langenwalter des 1. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold zum Zahlmstr. im II. Armeekorps, der Garn. Verwalt. Kontrolleur Geuder der Garn. Verwalt. Erlangen zum Garn. Verwalt. Insp. bei der Garn. Verwalt. Speyer; befördert: am 6. d. M. der Kaserneninsp. Reithmeier der Garn. Verwalt. München zum Garn. Verwalt. Kontrolleur bei der Garn. Verwalt. Erlangen; ferner wurden am 10. d. M. mit der Wirksamkeit vom-4. September d. J. auf— nmit Pension in den dauernden Ruhestand vessetzt: der Oberzahlmstr. Lippacher des 14. Inf. Regts. Hartmann und der Rechnungsrat Ruppert, Lazarett⸗ rwalt. D des Garn. Lazaretts München.
Kaiserliche Schutztruppen. Verfügung des Reichskolonialamts (Kommando der Schutztruppen). Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika. 4 19. April. Scheffler, Intend. Sekretär, der Titel Ober⸗ intend. Sekretär verliehen. Schutztruppe für Südwestafrika.
26. April. Hille, Provlantamtsassist., anläßlich seiner Ver⸗ setzung in den dauernden Ruhestand der Charakter als Proviantamts⸗ kontrolleur verliehen.
ARichlamtliches. Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 15. Mai.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen, W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag in der Hofburg in Wien den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten Freiherrn von Jenisch entgegen.
88 8— 8 8 Der Direktor im Reichskolonialamt Dr. Conze tritt am 22. d. M. von Southampton aus eine Informations⸗ reise nach Südafrika und Deutsch⸗Südwestafrika an. Die Dauer dieser Reise ist auf etwa 4 Monate bemessen. Als technischer Sachverständiger wird der Regierungs⸗ und
Baurat Fischer an der Reise teilnehmen.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. J. „Hohen⸗ zollern“ 1 von Pola nach Gibraltar in See gegangen⸗ S. .S. „Sleipner“ ist vorgestern von Pola nach Catania (Sizilien) in See gegangen. S. M. S. „Sperber“ ist vorgestern in Kapstadt ein⸗ getroffen. .M. S. „Leipzig“ ist gestern in Suva (Fidji⸗Inseln) eingetroffen, geht am 17. Mai von dort nach Apia und am “ von dort über Mauru, Ponape, Truck nach Manila in See.
8
Oesterreich⸗Ungarn. 8 “
Zu Ehren des deutschen Kaiserpaares fand gestern abend im Zeremoniensaal der Hofburg ein Festmahl statt, bei dem der Kaiser Franz Joseph, „W. T. B.“ zufolge, nachstehenden Trinkspruch ausbrachte: Der Besuch, den Eure Majestät in Begleitung Ihrer Majestät der Kaiserin mir heute abzustatten die Güte haben, erfüllt mich mit wahrer, herzlicher Freude und bietet mir den sehr erwünschten Anlaß, meiner hohen Genugtuung darüber Ausdruck zu verleihen, „. es mir vergönnt ist, Eure Majestät, den beharrlichen Förderer aller Friedens⸗ bestrebungen, in einem Augenblick begrüßen zu dürfen, da der im verflossenen Winter manchen Gefahren ausgesetzte Friede wieder ge⸗ sichert erscheint. Mit tiefer und aufrichtiger Dankbarkeit gedenke ich hierbei der neuerdings in glänzender Weise bewährten bundesfreundlichen Haltung des Deutschen Reichs, dessen stets hilfs⸗ bereite Unterstützung die Erfüllung meines innigen Wunsches in so hohem Maße erleichtert hat, alle entstandenen Schwierigkeiten ohne kriegerische Verwicklungen auszugleichen. Waren auch alle Mächte einig in diesem redlichen Bemühen, so ist es doch vor allem der nerschütterlichen Bundestreue meiner hohen „Freunde und Ver⸗ bündeten, Eurer Majestät und Seiner Majestät des Königs von Italien, zu danken, wenn wir heute mit ungetrübter Be⸗ friedigung auf die erzielten. Erfolge blicken können. In der sicheren und durch eine auf drei Dezennien zurückreichende Er⸗ fahrung begründeten hauverftch. daß das kostbare Gut des Friedens auch künftighin seine sicherste Bürgschaft in den dauernden und innigen Beziehungen finden wird, die uns und unsere Völker verbinden, heiße ich Eure Majestäten aufs herzlichste willkommen und erhebe mein Glas auf das Wohl Eurer Majestät, Ihrer Majestät der Kaiserin und des gesamten Kaiserlichen und Königlichen Hauses. .
Der Kaiser Wilhelm erwiderte:
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Apostolischen Majestät huld⸗ oller warmer Willkommengruß hat uns, die Kaiserin, meine Ge⸗ mahlin, und mwich, in tiefer Seele bewegt und gerührt. Empfangen EFAure Majestät innigsten Dank für diese Worte wahrer und edler üen Ein Menschenalter ist vergangen, seitdem Eure
ajestät mit meinem in Gott ruhenden Herrn Großvater den Grund zu dem Freundschaftsbund gelegt haben, der bald darauf zu unserer hohen Freude durch Italiens Beitritt erweitert wurde. Welcher Segen auf diesem Bunde geruht hat, das wird dereinst die Geschichte künden. Alle Welt weiß aber schon heute, wie wirkungsvoll gerade in den letzten Monaten dieses Bündnis dazu bei⸗ -Sr-. hat, ganz Eurcpa den Frieden zu erhalten. Was damals 1 * worden ist, steht heute festgewurzelt in den Herzen unserer 8 er. Oesterreich⸗Ungarn wie in
Eure Majestät wissen, wie spontan hüben und drüben, in Deutschland, die Zustimmung war, so oft unser treues und geschlossenes Zusammen⸗ ehen nach außen hervortrat. Und als die Kaiserin und heute früh durch Eurer Majestät im Ferablingsschmuck rangende Residenzstadt Wien unseren Einzug in die altehrwürdige hielten, da klang uns aus den goldenen Alt⸗Wiener Herzen brausender Jubel entgegen, und mächtig war der Widerhall, den dieser Jubel in unseren Herzen fand. Ich darf mich ja rühmen, hier kein remder zu sein. Seit ich als junger Prinz mich zum ersten Male Eurer Majestät vorstellen durfte, hat es mich immer wieder in die Nähe der allverehrten Person Eurer Majestät gezogen, wo mir stets nwandelbare Güte und Freundschaft zuteil wurde. Unauslöschlich bt in meinem 4 die Erinnerung an die Aufnahmen, die sch in Eurer 8* ät weitem Reich sowohl hier als bei dem ritter⸗ lichen Polk der Magvaren allezeit gefunden habe. Mögen unter dem glorr 3 Eurer Majestät die Gefühle und Gesinnungen
treuer Freundschaft bis in die fernste Zukunft bestehen, mögen sie stets das unzerreißbare Band zwischen uns und unseren Reichen bilden zum eile unserer Völker, zur Wahrung des Friedens. Mit diesem unsche erhebe ich mein Glas und trinke auf das Wohl Eurer Majestät. Gott segne und erhalte Eure Majestät und Ihr er⸗ lauchtes Haus.
Nach dem Festmahl hielten die Majestäten Cercle. Später fand im großen Redoutensaale der Hofburg, der mit Blatt⸗ pflanzen und Gobelins prächtig geschmückt war, eine glänzende Soiree statt.
Im Laufe des 111 der Kaiser Franz oseph und der Kaiser Wilhelm an den König von † Italien Plg.de ramm gesanddd 2* .
Unsere Begegnung bietet uns den neuerlichen Afblaß, unseren erhabenen Verbündeten und Freund zu begrüßen und ihm den warmen Ausdruck unserer unveränderlichen Freundschaft zu übermitteln.
Der König Victor Emanuel erwiderte mit folgender Depesche: Ich bin Eurer Majestät, sehr dankbar dafür, daß Sie mit dem Kaiser, unserem gemeinsamen Verbündeten und Freund, willens gewesen nd, mir den Ausdruck Ihrer unwandelbaren Freundschaft zu über⸗ enden. Diese Freundschaft ist mir sehr teuer und ich versichere Eurer Majestät, daß sie in meinen Gefühlen eine aufrichtige und volle Erwiderung findet. Victor Emanuel.
— Der Deutschnationale Verband der Abgeord⸗ neten hielt gestern v aus Anlaß der Ankunft des deutschen Kaiserpaares eine Sitzung ab, in welcher der Vor⸗ sitzende S1Se in einer Ansprache, die stehend angehört wurde, „W. T. B.“ Zufolge, ausführte:
Der Besuch des Deutschen Kaisers, dem heute alle deutschen Herzen mit ganz besonderer Begeisterung entgegenjubelten, sei nicht nur eine feste Bürgschaft für die freundnachbarlichen Beziehungen zwischen den beiden mächtigen Reichen, er sei auch der weithin leuchtende und wirkende Ausdruck der Innigkeit des deutsch österreichischen Bünd⸗ nisses. Während ringsum feindselige Kräfte an der Arbeit gewesen, um die österreichisch⸗ungarische Monarchie in schwere Kriegsgefahr zu stürzen, habe das Deutsche Reich durch den Willen Kaiser Wilhelms und seiner Ratgeber in voller Uebereinstimmung mit den Gefühlen und Interessen des gesamten deutschen Volkes von allem Anfange an fest und unerschütterlich an der Seite Oesterreich⸗Ungarns gestanden. Ein Staaten⸗ und Freundschaftsbund, der jedem der beiden Reiche zu Nutz und Ehre gereiche. Der Redner schloß mit Heilrufen auf die Träger dieses Bündnisses, Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph, in die die Versammelten mit Begeisterung einstimmten.
— Das österreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern, obiger Quelle zufolge, einstimmig die Dringlichkeit des
ntrags, betreffend die Untersuchung der Verhältnisse der Rübenbauern durch eine Kommission des Abgeordneten⸗ hauses, an. Im weiteren Verlauf der Sitzung begründete der Abg. Masaryk die Dringlichkeit seines Antrags, betreffend den Agramer Hochverratsprozeß.
Masaryk rechtfertigte die Kompetenz des Reichsrats, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen, damit, daß österreichische Slowenen, ja sogar Abgeordnete, beschuldigt worden seien, an einer angeblich hoch⸗ veeete . Organisation beteiligt zu sein; dann wies er nach, daß weder formell noch sachlich im Prozeß der Beweis einer hochverräterischen Organisation im Süden des Resches erbracht sei. Masaryk wird seine Ausführungen in der nächsten Sitzung am 18. Mai fortsetzen.
— Nach einer Meldung des Pester Lloyds“ ist der Ministerpräsident Dr. Wekerle vom König Franz Joseph beauftragt worden, vorbereitende Schritte zur Bildung eines neuen Kabinetts zu unternehmen.
Großbritannien [und Irland.
In Unterhause regte gestern W. Redmond die zweite Lesung der Bill an, die den für die römischen Katholiken gegenwärtig bestehenden Ausschluß von den Aemtern eines Vizekönigs von Irland und Lordkanzlers von Großbritannien aufhebt, eine Aenderung des Thronbesteigungseides des Königs vorsieht und ver⸗ schicvene veraltete Gesetze, die sich gegen die Katholiken richten, abschafft.
schaff dem Bericht des „W. T. B.“ erwiderte der Premier⸗ minister Asquith, er persönlich sei für die Aufhebung des Aus⸗ schlusses der Katholiken von den beiden Aemtern. Bezüglich des Eides begünstige er eine Abschaffung der Erklärung, die keine Bürgschaft für die schon durch die Feleghebung gewährleistete protestantische Thron⸗ folge sei. Asquith deutete an, daß eine Lösung der Schwierigkeit efunden werden könnte, wenn man eine Kommission einsetzte, die eine 1. ihrer Form sowohl den Katholiken wie den Protestanten genügende Erklärung arsarbeiten sollte.
Die zweite Lesung der Bill wurde schließlich mit 133 gegen 123 Stimmen angenommen, doch ist keine Aussicht vor⸗ handen, daß die Bill noch in dieser Session Gesetz wird.
Frankreich. Die Lage im Postbeamtenausstande hat sich na Meldungen des „W. T. B.“ weiter gebessert. Gestern frü⸗ haben in Paris zahlreiche Ausständige die Arbeit wieder auf⸗ genommen. Im Haupttelegraphenamt war der Dienst fast ein normaler. In Lyon und Marseille waren alle Beamten zum Dienst erschienen. „ Im Hippodrom in Paris wurde gestern eine von drei⸗ tausend ausständigen Pnhen besuchte Versammlung abgehalten, in der ein Antrag angenommen wurde, der die Unterstützung der Postbeamten durch die Alrbeiter⸗ organisationen willkommen heißt. Der Sekretär des Eisen⸗ bahnersyndikats befürwortete den Streik der Eisenbahn⸗ beamten. Der Generalsekretär des Gasanzünderverbandes kündigte an, das Verbandskomitee werde sich am Abend über ein wirksames Mittel, die Postbeamten zu unterstützen, schlüssig machen. Der Elektriker Pataud erklarte, der Augenblick zu Pn h sei nahe. Er werde sich mit den Gasarbeitern ins invernehmen setzen, denn auf Worte müßten Taten folgen. Der Sekretär des Verbandes der Syndikate betonte, daß alle Syndikate die Postbeamten unter eien müßten. Die Versammlung nahm zum Schluß eine Tagesordnung an, die den Kampf bis zum äußersten für Freiheit und Syndikatsrecht befürwortet, die Solidarität mit den gemaß⸗ regelten Kameraden betont und dem Ausstand Beifall zollt. — Die Kammer setzte in der gestrigen Sitzung die Dis⸗ kussion über die Reform der Kriegsgerichte forrt.
Spanien.
In der gestrigen Sitzung der Kammer erklärte der Justizminister, „W. T. B.“ zufolge, daß die Verhandlungen mit Marokko nicht abgebrochen, sondern nur vertagt worden seien. Die Meldung, der Sultan habe wegen des scharfen Tones des Gesandten Merry de Val den Abbruch der Verhandlungen herbeigeführt, sei unrichtig. Spanien habe auch nicht, wie mehrfach gemeldet worden sei, gewisse Vor⸗ sichtsmaßregeln im Hinblick auf die Lage in Marokko ge⸗
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troffen. Diese sei unverändert und gebe zu Besorgnissen keinen Anlaß. 1“ v“
““ EKuürkei.
Eine Paschas verlängert, nach einer Meldung des „W. T. B.“, den Termin zur Ablieferung der Waffen um eine Woche. Falls keine Waffen abgeliefert werden sollten, würden Haus⸗
suchungen stattfinden und strenge Maßregeln ergriffen werden
Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist gestern im persischen Reichsrate eine Kom⸗
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Wahlgeßetz auszuärveiten. erra
ufruf die Bevölkerung der Hauptstadt aufgefordert, sich zu beruhigen, und das Tragen von Waffen verboten. Zur un⸗ verzüglichen Bestrafung von Ordnungsstörungen sind Militär⸗ geei he⸗ eingesetzt worden.
Koloniales.
Der Gouverneur des Schutzgebiets Kamerun Dr. Seitz ist, wie „W. T. B.“ berichtet, mit dem Major Engelhardt in Hamburg eingetroffen, um an einer dort stattfindenden Konferenz westafri⸗ kanischer Kaufleute teilzunehmen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags
und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses
1““ befinden sich in der weiten eilage.
— In der heutigen (258.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg, der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Arnim, der Staatssekretär des Reichsschatzamts Sydow und der Staatssekretär des Reichskolonialamts “ bei⸗ wohnten, wurde die zweite Lesung des Entwurfs eines Vieh⸗ buchöng esetzes fortgesetzt und die allgemeine Besprechung, die sich an § 1 geknüpft hatte, wieder aufgenommen.
Abg. Kobelt (b. k. 5)). Die Unterminterer des Blocks, die estern mit fast zärtlicher Verehrung vom Block gesprochen haben, bälten alle Veranlassung, eine Erörterung über den Block nicht an den Haaren herbeizuführen. Wenn Sie Zensuren erteilen wollen, wie Sie es gestern gegenüber den Abgg. Erzberger und Struve getan haben, dann sollten Sie doch recht vorsichtig sein. Professor Delbrück, der doch ein konservativer Herr ist, sagt in ein Schrift: „Ich denke, kein Wort ist zu hart, baren eines Vereins, der stets mit seiner vaterländischen Gesinnung und seiner Opferwilligkeit prunkt, zu brandmarken.“ Der Linken wurden gestern Uebertreibungen vorgeworfen. Wirkliche Ueber⸗ treibungen wird man erleben köͤnnen, wenn die Herren bei den Wahlen mit diesem neuen Viehgesetz hausieren gehen. Die Fleischverteuerer haben dafür gesorgt, daß die Regierung jetzt eine Handhabe hat, alle und jede Einfuhr verbieten zu können, die den Agrariern unangenehm ist. Weit über die ursprüngliche Vorlage hinaus ist diese Befugnts in den §§ 6 und 7 ausgedehnt worden; auch ohne daß dem heimischen Viehbestande eine Gefahr droht, kann das Verbot erfolgen. In Oesterreich und Rußland, diesen Riesengebleten, wird immer eine Seuche herrschen, wenn sie auch nur lokale Bedeutung hat; will die Regierung das Gesetz scharf anwenden, so geht sie eben auch dan schon mit dem Verbot vor, und die Agrarier haben ihren Willen. D Maul⸗und Klauenseuche ist allerdings zurückgegangen, aber die Tuberkulose hat sich in den letzten 15 Jahren ganz gewaltig vermehrt. Die Magermilch sollte künftig nur nach Erhitzung verfüttert und die Verfütterung des Zentrifugenschlamms sollte verboten werden. Von zuständiger Seite ist das Gesetz ein Reichsviehseuchengesetz auf Kosten der Allgemeinheit genannt worden; das trifft zu. Ich bitte deshalb, unseren Anträgen mehr entgegenzukommen, als es in der Kommission der Fall 8 ist, damit auch wir der Vorlage zustimmen können. 3
Abg. Dr. von Trzeinski (Pole): Einen Mangel des Entwurfs erblicken wir darin, 26 für die Rinder und Pferde, die an Tollwut
efallen sind, eine Entschädigung nicht gewährt werden soll. Diese
usnahme ist im Interesse der ärmeren Bevölkerung sehr zu be⸗ dauern. Wir beantragen, beide Tiergattungen der Entschädigungs pflicht zu unterstellen. Wir könnten das ganze Gesetz nicht annehmen, wenn dem an sich schon sehr kautschukartigen § 7 nicht folgender Zusatz gegeben würde:
„Unter Wahrung geeigneter Schutzvorkehrungen sind Maßnahmen zu treffen, die der Grenzbevölkerung die bisher geübte und zulässige Fleischversorgung aus dem Grenzlande auch fernerhin gewährleisten.“
Diese Bestimmung entspricht dem Interesse der Grenzbewohner. Mit Rücksicht auf diese beantragen wir dann noch, daß für die Grenzdistrikte die Entschädigungen in Anbetracht der besonders schweren wirtschaftlichen Nachteile aus Staatsmitteln gewährt werden.
Abg. Wehl (nl.): Die Wünsche der Lederindustrie haben in der Kommission nicht den erwarteten Srfoch gehabt. Es herrscht deshalb in diesen Kreisen eine begreifliche Erregung. Im amerikanischen Senat besteht die Absicht, den hohen Häutezoll aufzuheben. Dann wird Argentinien, von dem wir in der Hauptsache die Häute beziehen, seinen Hauptabsatz in Nordamerika suchen. Nun kommt noch dieses Gesetz, das geeignet ist, der Lederindustrie bei „Seuchengefahr“ im Auslande den Import zu erschweren. Lederbedarfs gedeckt werden. Für den Kriegsfall auch für die Heeresverwaltung von der höchsten Bedeutung Die gestrigen Erklärungen des Staatssekretärs waren ja Trostes worte für Handel und Industrie. Ich vertraue dabei dem uten Willen der verbündeten Regierungen, Handel und Industrie zu schützen. Ein sehr unbequemer Paragraph für
rsten und
neue Proklamation Mahmud Schewket
In Deutschland selbst können nur 35 % unseres ist diese Frage
Handel und Industrie ist auch § 17 a, der die Regelung der Be⸗
seitigung oder Reinigung von Abwässern und Abfällen in Gerbereien, Felle⸗ und Häutehandlungen vorsieht. enthält eine unnötige Belästigung der Gerbereien. Trotz diesser Mähgel des Entwurfs stimme ich doch im Interesse der Landwirt
schaft und der Allgemeinheit gern für das Gesetz. (Schluß des Blattes.)
Diese Bestimmung
— Das Haus der Abgeordneten s te in der heutigen
inister der
88.) Sitzung, welcher der Ge a 2 die dritte Beratung des
von Breitenbach beiwohnte,
Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1909, sieliums der chts⸗ und Medizinalangelegen⸗
und zwar die Besprechung des Etats des Mini eistlichen, Unterri 8 fort.
entlichen Arbeiten
8 .
Abg. Hoffmann (Soz.): Meine letzte Rede zum Kultugetat
hat Ihnen nicht gefallen. Das ist ein gutes Zeichen; denn wir sind hierher geschickt, um die Ansicht unserer Wähler zu sagen. Der Abg. hatte gefrogt, warum von den Sozialdemokraten ausgerechnet der
He b sütes Hoffm ann und nicht ein so fein gebildeter Mann wie der g
. Heimann zum Kultusetat spreche. Nach der gestrigen Rede des Miinisterialdirektors
Abg. Heß solche Aeußerungen tun, das könnte für den Abg. Heß sehr gefährlich werden, da er Kreisschulinspektor ist. Man hat mir auch vorgeworfen, daß
ich Unterricht in der Gesetzeskunde statt in der Religion verlange.
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D. “ sollte der r 0
ins Enost nicht varo.baß r
be dabei nicht daran gedacht, daß die Gesetzesparagraphen Ie gelernt werden sollen. Da halte ich die Bher- sprüche denn doch noch für viel besser; denn 188 werden wenigstens nicht geändert, aber bei der Schnelligkeit unserer Gesetzgebung können die Kinder ja ar nicht folgen. ch bin auch kein fanatischer Bekämpfer des Christentums, ich be⸗ kämpfe nur das Christentum, das von gewissen Parteien zu politischen Zwecken mißbraucht wird. Die „Kreuzzeitung“ behauptete, ich bekämpfte das Christentum, weil ich von einem Foden abstammte; ich stelle fest, daß ich von mütterlicher Seite von einer streng katholischen alten Berliner Familie abstamme. Ich bin ein unehe⸗ liches Kind, nach meinem Vater habe ich nicht geforscht, aber
mInüe F,Sertde . . eine Tonsur tragen könnte. — Lehrer werden wegen „Hinneigung zur Sozialdemokratie“ gemaßregelt. Es ist ein Glück für den Herrn Ministerpräsidenten, der eigentlich hierher gehört an Stelle des
fehlenden Kultusministers, daß unsere Parteigenossen im Reichstage die Finanzreform nicht mitmachen, denn sonst könnte darin vielleicht eine Hinneigung des Reichskanzlers zur Sozialdemokratie gefunden 1 he rag als notwendig
werden, und man könnte seine ansehen. Der Abg. Dr. Schepp hat die preußische Lehrerschaft gegen den angeblichen Vorwurf der Heucheiei in Schutz genommen, weil ich gesagt habe, daß bei einer geheimen Abstimmung der Lehrer ch ergeben würde, wie diese öffentlich anders sagten als sie dächten. ch habe hier den Brief eines Lehrers, der mir nach meiner ersten Rede schreibt, daß er ein Feind der Religion und der Kirche sei und daß die meisten Lehrer so dächten. Er schreibt, er möchte heulen darüber, daß er sein Kind taufen lassen muß; es wäre aber eine Verrücktheit, wenn er das öffentlich aussprechen würde; die Lehrer müssen ihre Meinung verstecken, weil sie sonst verhungern müßten. Ein Lehrer, der keinen Religionsunterricht geben will, weil es seiner Ueberzeugung nicht entspricht, dürfte dazu auch nicht gezwungen werden können. Ich will nun noch kurz auf den Kultusminister Herrn Schwortkebf eingehen. Es widerstrebt ihm die Tonart, in der ich gesprochen hatte. at sich nicht neulich Herr Arendt sehr energisch uͤber den Ton vom Re⸗ ierungstische beschwert? Wenn ein guter Ton eingeführt werden foll dann gehe man doch vom Regierungstisch mit gutem Beispiel voran! Ich erinnere auch nur an den Kollegen Malkewitz, den „roten Gustav“, der früher ja als Sozialdemokrat sehr bekannt war. Es ist ein öffentlicher Skandal, daß es in Preußen möglich ist, das Kultusministerium ein halbes Jahr ohne Oberhaupt zu lassen. (Vize⸗ präsident Dr. Porsch: Ich bitte Sie, sich in Ihren Ausdrücken zu mäßigen.) Das Abgeordnetenhaus hätte längst einen Minister ver⸗ langen müssen, und es kann ihn erzwingen, indem es das Gehalt nicht bewilligt. Wenn kein Minister vorhanden ist, braucht auch das Gehalt nicht bewilligt zu werden. Herr Schwartzkopff hat das Vor⸗ gehen gegen die soztialdemokratischen Arbeiterturnvereine durch Zitieren Lieder aus ihrem Liederbuche als gerechtfertigt be⸗ weisen wollen. Das von ihm jitierte Lied von der deutschen Treue hat aber gar kein Sozialdemokrat, sondern der hochverdiente Kunst⸗ kritiker und warmherzige Poet Lubwig Pfau verfaßt, und die Ueber⸗ schrift heißt gerade: Das alte Lied, das schöne Lied, das Lied der deutschen Treue. Herr Schwartzkopff hat aber zitiert: Das alte, das dumme Lied. Er scheint besser in der Traktätchenliteratur als in der deutschen Literatur bewandert zu sein. Uebrigens steht das Lied ar nicht in dem Liederbuch der Arbeiterturnvereine, das ich ier auf den Tisch des Hauses lege. In dem ganzen Buche ist nicht eins von den Zitaten vorhanden, mit denen man das Vorgehen gegen die Arbeiterturnvereine zu rechtfertigen suchte. Man will die Arbeiterturnvereine beseitigen, um den „Deutschen Turnerbund“, den patriotischen, zu stärken. Der Herr Ministerialdirektor Schwartzkopff, der soeben erscheint, zitierte auch aus dem Liederbuch eines Gesangvereins die Parodie auf das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ und 88 das sei die Ge⸗ sinnung, die wir unseren Kindern beibrächten. Bisher haben wir aber noch keinen Gesangverein für Kinder gegründet. Ich habe in verschiedenen Liederbüchern nach dieser Parodie gesucht und endlich eine gefunden, worin der Text aber anders lautet, als Herr Schwartzkopff zitiert hat. Ich überlasse das Urteil darüber der Oeffentlichkeit. Herr von Zedlitz meinte am 28. April, daß Sozialdemokraten nicht in die Schulvorstände und Schuldeputationen gehörten, weil die große⸗ Mehrheit des Volkes eine relig'’öse und patriotische Erziehung der Kinder wünsche. Wir haben aber als Vertreter des Volkes Anspruch auf die Mitgliedschaft in diesen Körperschaften. Herr von Zedlitz deutete auch an, daß wir nicht mehr lange in diesem Hause sitzen würden; wir werden uns alle Mühe geben, daß wir wiederkommen. Herr von Zedlitz und seine Freunde sollten sich hüten, für Diäten einzutreten. Anders ist es mit uns, die wir nicht als Aktionäre oder Aufsichtsräte hier sitzen können, die wir nicht für Artikelschreiben à la oller ehrlicher Seemann Hunderte von Mark bekommen. (Lebh. Zwischenrufe: Kultusetat!) Herr von Zedlitz hat seine Vorwürfe gegen uns gerade beim Kultus⸗ etat erhoben, Herr von Zedlitz und Neukirch ist in seinen Angriffen gegen uns bis zu der Tonart des Herrn Fischbeck ge⸗ kommen, der von uns als Strolchen und Wegelagerern sprach. Herr von Zedlitz sollte sich hüten, geschichtliche Studien zu machen, die er gegen uns verwerten könnte; ist er doch ein Vertreter der Kaste, deren Vorfahren das Volk schon aussaugten und ausplünderten als Raubritter, Buschklepper und Strauchräuber. Heute haben Sie es leichter, das Volk mit der Zoll⸗ und Steuer⸗ politik, der Liebesgabenpolitik auszurauben. Sie wollen Einbrecher und Sozialdemokraten auf eine Stufe stellen, aber dagegen sind die Einbrecher noch die reinen Waisenknaben.
(Schluß des Blattes.)
Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verwaltung des Reichsinvalidenfonds und des Hinterbliebenenversicherungsfonds, nebst Begründung zugegangen.
In der gestrigen Reichtagsersatzwahl im Wahl⸗ kreise Lüdinghausen⸗Beckum⸗Warendorf wurden, „W. T. B.“ zufolge, insgesamt abgegeben 19 874 Stimmen; bavon entfielen auf den Herzog von Arenberg (Zentr.) 15 001, auf den Justizrat Westhoff (Zentr.) 3558, auf den Stadtverordneten Eilers (Soz.) 1195 Zersplittert waren 120 Stimmen.
timmen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Berliner Bauklempner ist, wie der „Voss. Ztg.“ zufolge in einer Versammlung der Arbeitgeber festgestellt wurde, mißgluͤckt. Die Plätze der Ausständigen sind zum größten Teil durch Arbeitswillige wieder besetzt. Die “ neuer Arbeits⸗
äfte aus der Provinz nimmt ihren Fortgang, und da, dark der
Unterstützung der Verbände im Berliner Baugewerbe, die vom Streik
etroffenen Klempnermeister nicht gedrängt werden, so ist der Ausstand nur pon diesen 8 masf von den Ausständigen mehr abhängig. Falls die Einstellung Arbeitswilliger wie bisher fortschreitet, ist auf lange F gar keine Aussicht vorhanden, die Ausständigen überhaupt in erlin unterzubringen. G us Neumünster berichtet die „Köln. Ztg.“, daß der seit mehr als Jahregfrist herrschende Ausstand im dorligen Tabakgewerbe beigelegt ist, Sperre und Boykott sind aufgehoben worden. Beide arteien zeigten Entgegenkommen. Der Herstellungslohn für 1000 igarren wurde von 9,50 ℳ auf 10 ℳ erhöht.
“
Kunst und Wissenschaft.
Der Professor Dr. Michaelis in Straßburg i. E. hat sein Amt als be F.miic⸗h der Zentraldirektion des Kaiserlichen Archäologischen Instituts aus Gesundheitsrücksichten niedergelegt. An seiner Stelle ist Professor Dr. Wolters in München in die Hentral⸗ direktion eingetreten.
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8 1“ 1““ A. F. „Ueber die Ergebnisse seiner Reise in Syrien 1 Fs e ra Zihn, hrhe henee . e d, a,is va her⸗ asia en Ge Hg ofessor Dr. Sarre. e der Vor⸗ † rragfente “dor 9,148,8;2 Pekeiks Seselischaft für Ediknbe vom Verlauf dieser in Begleitung von Dr. E. Herzfeld im ver⸗ gangenen Jahre ausgeführten Reise berichtet, so galten diesmal seine Mitteilungen in größerer Ausführlichkeit und unter Vorzeigung vieler Lichtbilder den ar⸗ äolggischen Erfolgen seiner Studien an ver⸗ schiedenen Plätzen. Von Aleppo aus bei Eski⸗Meskene, dem antiken Balis und byzantinischen Barbalissos, an den Euphrat gelangt, fanden die Reisenden hier ein in seiner Art seltenes Bauwerk, ein „achteckiges Minarett“ auf rechteckigem Würfel, datiert von 1218 n. Chr. Erbauer Saladin. Von der wahrscheinlich in Lehmziegeln aufgebaut gewesenen Moschee, zu der das Minarelt gehörte, ist keine Spur mehr vorhanden. Von Eski⸗Meskene war die Absicht, den Euphrat auf seinem rechten Ufer stromabwärts bis nach Der, d. i. bis zur Ein⸗ mündung des linken Nebenflusses Chabur zu begleiten, vorher jedoch sollte von Abu Strere aus (nahe Eski⸗Meskene) eine Wanderung land⸗ einwärts durch die Wüste nach dem als sehenswert bezeichneten Rusafa⸗Sergiopolis unternommen werden. Gegen diesen Ausflug erhoben die arabischen Begleiter lebhaften Einspruch, indem sie die Qualen des Durstens und Verdurstens auf dieser ganz wasser⸗ losen Strecke mit schwarzen Farben malten. Indessen es wurde Päsanan vorgesorgt und auf die Hin⸗ und Herreise nur so viel eit gewandt, als der Wasservorrat reichte, was dann freilich für die hochinteressante Ruine von Rusafa nur einen zweitägigen Aufenthalt Eüsg Die Trümmer dieser zur byzantinischen Zeit einst stark be⸗ estigten Stadt, die ihren damaligen Namen dem heiligen Sergius verdankte, und wahrscheinlich in der Mitte des 13. Jahrhunderts beim Einfall der Mongolen zerstört wurde, sind recht bedeutend und über⸗ raschend wohl erhalten. Letzteres gilt besonders von der nahezu rechteckigen, mit Türmen bewehrten Umfassungemauer, die auf ihrer Innenseite Arkadenhallen gperselben Art zeigt, wie die aurelianische Stadtmauer Roms Der Plan der Anlage ent⸗ spricht dem bekannten Grundriß eines römischen Kastrums. Wie bei diesem sind auch zwei einander gegenüberliegende Tore, ein Nord⸗ und ein Südtor vorhanden; das erstere, unten in 1 ½ m Höhe verschüttet, ist im übrigen gut erhalten. Innerhalb dieser Umwallung gehören zwei Kirchenruinen zu den interessantesten Trümmern aus alt⸗ ristlicher Zeit. Die Basilika des Sergius stellt eine dreischiffige äulenbasilika dar, an der verschiedene Bauperioden deutlich unter⸗ scheidbar sind. Die Apsis ist zum Teil erhalten, auch ist eine Inschrift vorhanden. Die andere Kirche an der Südseite ist mehr zerstört, es ist eine Zentralkirche von basilikalem Grundriß. Was von der Axsis noch aufrecht steht, zeigt den Baustil des Nordtors und gleich der erstgesehenen viele schöne Details in den Steinmetz⸗ arbeiten. An einem Rundbogen ist der Schlußstein durchgerutscht, klemmt aber noch zwischen den Nachbarsteinen und verhindert so wohl noch für lange Zeit den Zusammenbruch. An der Nordseite ist noch ein interessanter Profanbau: Vier massive Kuppeln in den Ecken eines Quadrate, zu denen aber sogar in den Ansätzen eine Mittelkuppel fehlt, sodaß zu vermuten ist, diese Mittelkuppel sei einst in Holz aufgeführt gewesen. Alle Steinbauten Rusafas sind von dem eigenartig glänzenden ö des mittleren Euphrattales hergestellt und gewähren deshalb in Sonnen⸗ und Mondlicht einen phantastischen Eindruck. Von Rusafa zum Euphrat in einem Tagesmarsche zurückkehrend, fanden die Reisenden in Sura eine antike, 540 von Justinian be⸗ festigte Stadt, eine unter einer ganzen Anzahl ähnlicher Befestigungen, die während der byzantinischen Herrschaft zum Schutz der Euphrat⸗ grenzen aufgeführt worden sind. Stromabwärts kamen sie bei Abu Kube an eine enge Stelle des Euphrat, wo jetzt der Telegraph den Strom kreuzt und sich Reste einer alten Brücke finden. Es sst sehr wahrscheinlich, daß dies die Stelle ist, wo Thapsacus lag und Alexander der Große den Euphrat überschritt. Für 8 Tage wurde nun nach dem linken Ufer des Euphrat hinübergegangen, um Haragla, eine Feens aus parthischer Zeit mit kreisrunder Umwallung, und die ausgedehnten Ruinen in nächster Nähe der südöstlich davon gelegenen modernen Stadt Rakka zu besichtigen. Hier besteht noch gut erhalten ein uraltes Kastell mit Wall, Graben und Türmen, das weder aus römischer, noch aus byzantinischer, sondern wahrscheinlich aus baktrischer Zeit stammt. Jedenfalls war Rakka, das zur byzantinischen Zeit Nicephorium hieß, zu allen Zeiten ein be⸗ deutender Ort; nur wechselte es, wahrscheinlich nach wieder⸗ holten Zerstörungen, seine Stelle. Das Stadtgebiet des Rakka des 8.—9. Jahrhunderts war ein anderes wie das des 12.—13., und das moderne Rakka liegt wieder an anderer Stelle. Dieser Umstand bringt den heutigen Bewohnern von Rakka guten Nutzen. Sein Ruf als archäologischer Fundort hat viele zur Niederlassung hier bestimmt, die Bevölkerung ist in den letzten 5 Jahren um das Drei⸗ bis Vier⸗ fache gestiegen, und überall sieht man innerhalb des weiten Stadt⸗ gebiets nach Altertümern, im besonderen nach keramischen Gefäßen und Scherben, graben, die in Konstantinopel einen guten Markt nden. Rakka besitzt auch eine alte Arkadenmoschee mit rundem inarett, deren Restaurierung nach einer in Ton vorhandenen Inschrift 1165/66 n. Chr. stattgefunden hat. Die Turmanlage — unten ein Steinbau, darüber ein runder Backsteinbau — geht wohl in das 10. Jahrhundert zurück. Auf das rechte Euphratufer zurückkehrend kamen die Reisenden zu der Stelle, wo der Strom, einen Engpaß von nur 50 m Breite durchbrechend, plötzlich nach Süden umbiegt. Von hier bis zur Chaburmündung zeigt der Euphrat rechts und links frühere Befestigungen, links Zelebije und rechts etwas oberhalb davon Zenobsa Halebije, das besucht wurde. Der am hoben Ufer errichtete, noch in der Verwahrlosung der Jahrhunderte sehr fest gebliebene Bau, Mauern mit gewaltigen Türmen, den nahen Strom beherrschend, rührt wahrscheinlich von Justinian her, wenn auch ein Teil des Kastells, wie die Scherbenfunde beweisen, aus islamischer Zeit stammt. Zenobia dürfte sich in der byzantinischen Zeit zu Sergiopolis wie eine wirkliche große Grenzfestung gegen die unruhigen östlichen Nachbarn zu einem befestigten großen Truppen⸗ lager in Reserve verhalten haben. Die Stadt enthält die Ruinen von 2 Basiliken, ähnlich denen von Rusafa, aber ohne die letztere auszeichnende Schmuckformen. An eine Ruine ist ein Turm agsebaut vielleicht im Anschluß an ein Palatium, dessen Mauern aus Gipsquadern aus dem Euphrattal errichtet waren und von dem noch ein Gewölbeteil mit kleinen, schießschartenartigen usfn vorhanden ist. Im Norden von Zenobia finden sich Graban⸗ scßn von großer Aehnlichkeit mit solchen bei Palmyra, zum Teil Felsengräber wie dort und gleich diesen interessanten Schmuck, auch. Büsten, bergend. Den Euphrat zum zweiten Male bei Der überschreitend, verfolgten die Reisenden nun das Tal des Chabur aufwärts bis zur Einmündung des Dscharadschak in der Chabur. Dies Tal muß in altorientalischer Zeit ungemein gut angebaut und bewohnt gewesen sein. Eine Menge von Tells, d. h. künstlichen Hügeln, die Wind und Wüstensand auf der Stelle alter Ansiedlungen gebildet haben, legen Zeugnis hierfür ab, ebenso eine noch vorhandene steinerne Brücke, die heute über trockenes Land führt, weil der Chabur inzwischen seinen Lauf geändert hat, die 75 durch eine noch vorhandene Inschrift, die es ab⸗ zuklatschen gelang, bekundet, daß sie von Badr⸗eddin⸗Lulu, Beherrscher von Mosul (1233 — 1259 n. Chr.) erbaut worden ist. Das hier durchwanderte Land ist von Europäern ersichtlich bisher wenig besucht worden, wie die durchaus unzulänglichen Karten be⸗ weisen. Es gewährte den Reisenden daher Genugtuung, auch außer⸗ halb ihrer eigentlichen Zwecke sich kartographisch betät sen zu koͤnnen durch genaue Aufnahmen des bisher auf den Karten an falscher Stelle verzeichneten Sees von Chatunije und der ihm benachbarten Berge.
8. 8
kahle Sindschar⸗Felsengebirge in östlicher Richtun überschreited, gelangten sie nach der Stadt Rfchtung Sitz eines türkischen Kaimakams und Mittelpunkt der Wohnplätze einer mohammedanischen, von den Streng läubigen verketzerten Sekte, der Sufi, deren Bekenntnis lemente der uralten persischen Religion (Zoroaster, gutes und böses Prinzip aufgenommen hat. Mehrere Bauten mittelalterlichen Ursprungs sin in Sindschar von Interesse, u. a. ein vom Jahre 598 der Hedschra stammender Turm, der aus Ziegeln erbaut, kunstvolle, allein mittels Ziegeln ausgeführte Muster zeigt. Ein als Heiligtum verehrter Bau mit hübschen Stuckverzierungen enthielt Inschriften, die kopiert wurden. Das am Tigric gelggene Meodil-ist reich an Aanaschen Bast w, nameetl ic⸗h⸗ 1. die als Erbauer Nureddin⸗Machmud W“ und als Jahr r Ecrichtung 543 der Hedschra (1148 n. Chr.) verzeichnen. Charakte⸗ ristisch für die Pracht dieser gut erhaltenen Bauten ist ihre Auf⸗ führung in Backstein unter Anbringung reicher Musterung der vor⸗ beschriebenen Art, namentlich an Türmen, sowie die vielsa e Ver⸗ wendung kostbaren Alabasters bei Herstellung der stets die ichtung nach Mekka angebenden Mihrab oder Gebetsnischen in den Moscheen. Die Vollendung dieser Schmuckformen, ihre herrliche Arbeit weisen auf eine hohe Blüte dieser islamischen Kunst, etwa im 13. Jahrhundert, hin. as sich am linken Tigrisufer hin erstreckende Mosul ist in seiner gegenwärtigen Gestalt verhältnismäßig jung, seine Mauer stammt aus dem 17. Jahrhundert; doch gibt es ein altes, sich viel weiter nach Norden ausdehnendes Mosul, das Trümmerfelder einschließt, die wie mit Scherben übersät sind. Hier gibt es auch noch teilweise in Ruinen liegende schloßartige Kioske, interessant durch stuckartige Verzierungen, die vermutlich früher farbig bemalt waren. Wo hierbei Menschen dargestellt sind, fehlen merkwürdigerweise überall die Köpfe. Aus der Zeit des schon ge⸗ nannten Badr⸗eddin⸗Lulu hat sich der Oberteil eines großen Wasser⸗ gefäßes erhalten mit sitzenden, Becher in der Hand tragenden Figuren. Ein anderer Bau, etwa aus der gleichen Zeit, stellt wahrscheinlich ein Mausoleum vor; es verrät seine jüngere durch reich geschnittene Ziegel und vorhandene Glasur. Auch christliche Kirchenbauten der chaldäischen und jakobitischen Kirchen enthält Mosul, als solche gekennzeichnet durch Relief⸗ darstellungen aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Recht beieichnend für die Güte der Hilfsmittel, welche der wissenschaftlichen Forschung heute durch die Technik an die Hand gegeben werden, ist der Erfolg, den die Reisenden mit ihrem 2.8.e Teleobjektiv bei photo⸗ graphischer Aufnahme einer Inschrift hatten, die sie auf der Kaimauer am Tigris in den Stein eingehauen sahen. Es war unmöglich, von dem reißenden Fluß aus eine Aufnahme zu erreichen, aber vom entgegengesetzten Ufer aus, über den Fluß hinweg, wurde die Inschrift mit großer Schärfe photograpbiert. Die Fahrt Tigris abwärts auf einem Floß erlaubte den Reisenden, nach einem “ Ausflug nach Niniveh und Assur, an ver⸗ schiedenen, sie wegen ihrer Bauweike interessierenden lätzen aus⸗ zusteigen. In Keschschaf an der Mündung des Jab wurden eine alte Festungsanlage besichtigt, bei Eintritt des Tigris in die Ebene in Tekrit, das wahrscheinlich einst Bischoffitz gewesen, die Reste einer Toranlage. Islamische Bauten aus dem 9. und 10. Jahrhundert gab es auch dier, wie in Dur am linken Flußufer, wo ein islamischer Backsteinbau mit kufischer, datumloser Inschrift aufgenommen wurde. Säüdlich von Dur ginnt am linken Tigrisufer das kolcssale Ruinenfeld von Samarra, das, von Dr. Herzfeld u. a. früher bereits untersucht, diesmal nur in seinem nördlichen Teil besichtigt murde. Sehr lohnend erwies der Besuch der aus gebrannten Ziegeln erbauten Pfeilermoschee von Abu Delif und des m hohen Spiralturmes. Unter⸗ sucht wurde auch eine Schloßanlage, ein wahrschet sassanidischer Steinbau, sowie ein achteckiges Kastell, Festung von sehr bedeutenden Abmessungen, die aber bewohnt gewesen zu sein scheint. In Bagdad war der Eindruck über⸗ wältigend, welche außerordentliche Pracht hier vor der 1258 mit dem Sturz des Kalifats, hereingebrochenen Zerstörung gewesen sein muß, wenn so diel Herrliches noch erhalten ist und bei der Güte der Bauausführung dem Zahn der Zeit widerstanden hat. Dies gilt besonders von mehreren Miraretts zu verschwundenen Moscheen, kunsthistorisch einzig dastehend durch ihre Ziegeldekorationen; von dem außerordentlich reichen Maßwerk und Fregelschmus einiger Wände; von einigen profanen Backsteinbauten, merkwürdig durch die Anwendung verschiedenfarbiger, verschieden geschichteter und fe⸗ brannter Ziegel; von wohlerhaltenen Mihrabs ähnlich kurstvoller Herstellung wie die in Mosul gesehenen, endlich von dem berühmten Talisman⸗Tor. Bei dessen beträchtlicher Höhe gelang es wiederum allein durch das Teleobjektiv das seltsame Relief zu photographieren, das sich oberhalb der Toröffnung befindet und zwei gegen⸗ einander fauchende Drachen mit Schlangenleibern darstellt, zwischen denen eine weibliche Gestalt steht, mit den Händen die Ungebeuer abwehrend. (Diese Gestalt kann auch Apoll in derselben Auffassung darstellen, die ihm nach Maßgabe von in Chinesisch.Turkestan gefundenen Bildern, nach ihrem Bekanntwerden mit griechischer Kunst, astatische Künstler der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung gaben.) Von Bagdad wurde noch Ktesiphon am linken Tigrisufer ein längerer und Seleucia am rechten Ufer ein kürzerer Besuch gemacht. Die Architekturreste in beiden Städten gehen in die letzten Jahrhunderte vor und in die ersten nach unserer Zeitrechnung zurück. Mehrfach fanden sich Mauerzüge waren kaum noch erkennbar; nur vom Sassanidendalast: Ktesiphon, erbaut von Sapor I. (240 — 271 n. Chr.), stebt z. Z. ein beträchtlicher Teil, nachdem innerhalb der letzten Jahrzehnte bedeutender Einsturz stattgefunden hat, dor dessen die viel imposantere Ruine zum Glück don einem Reisenden photographiert worden ist. An dem noch Baurest ist die äußerst massibve Bauweise und die Art der bemerkenswert, aber Marmorbekleidung der Wände konnte nicht entdeckt werden; vielmehr ausschließlich Stuck, der früher wahr⸗ scheinlich bemalt gewesen ist. An beiden Orten 9 Reisenden den Eindruck, daß ein Teil der Bauten wohl system abgetragen worden ist. — Auf ihrem Ausflug nach Süden, Absicht, auch Babylon einen flüchtigen Besuch abzustatten, passierten die Reisenden bei Burele die Stelle, an der einst der jetzt trockene Kanal Schatt en Nil zum Euphrat hinüberging, und verfolgten ihn auf einer weiten Strecke. Noch zur omejadischen Zeit bestand dieser Kanal, dessen Ufer einst mit Häusern und Gärten besetzt waren. Nun ist sein Bett und seine -—v Umgebung der Fundort für viele vorislamische Scherben. — Dem Vortrag folgte lebhafter Beifall. In seinem Dank hob der Vorsitzende, Professor von Luschan gebührend hervor, wie erfreut man sein dürfe, wenn zwei Männer don so Kenntnis und so sicherer Beobachtung des Gebietes der Archäologie sich zu einer solchen Forschungsrelse vereinigten.
Das fast ganz
Die Liste derjenigen fremden Nationen, die sich mit eigenen Sammlungen von Kunstwerken an der diesjährigen (X.) Inter⸗ nationalen Kunstausstellung im Königlichen las- palast zu München bheteiligen, ist abgeschlossen. Es beteiligen sich Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Jralten, Holland, Des reich, Rußland, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Türket Ungarn. Die Türkei und Bulgarien beteiligen sich zum ersten an einer Münchener Ausstellung.
Theater und Musik.
Schillertheater O. (Wallnertheater.)
Gustav Davis; Komoödie „Jungser Obrigkeit“
gestern bei ihrer ersten Aufführung in Berlin einen freund Erfolg⸗ Es ist eine frische Dorfkomödie mit einer gesunden ꝙ— von Rührung im letzten Akt, aber gerade dieser herhafte Gefühls⸗ ausbruch verhalf dem Werk zuguterletzt zu erquickender △ Ueberhaupt besitzt der Veree ein glückliches Gefühl
dramatis mcespigte Aktschlüssfe. Nach dem lauen Humor und der iemlich westschweifigen Kleinmaleret in den
beiden ersten Aufzügen regte jedesmal eine belustigende