.ne. Köhler (wirtsch. Bgg.) erklärt sich gleichfalls gegen den Der Antrag wird abgelehnt, § 2 unverändert angenommen, ebenso die §§ 3 bis 5. Die §§ 6 und 7 enthalten die Ab⸗ wehrmaßregeln egen die Einschleppung von Seuchen aus dem Auslande. Es liegen mehrere Anträge auf Abschwächung des § 6 und ein der Sozialdemokraten auf Streichung des § 7. vor. 8 6 lautet nach den Kommissionsbeschlüssen: „Die Einfuhr von Tieren, die an einer übertragbaren Seuche leiden, und von verdächtigen Tieren, sowie von Erzeugnissen solcher Tiere ist verboten. Dasselbe gilt für die Kadaver und. Teile von Tieren, die an iner über⸗ tragbaren Seuche 1. sind und zur Zeik des Todes an einer olchen gelitten haben oder seucheverdächtig gewesen sind, endlich ür Gegenstände aller Art, von denen nach den Umständen es Falles anzunehmen ist, daß sie Träger des Ansteckungs⸗ stoffes sind.“ § 7 sieht „zum Schutz gegen die Gefahr der Einschleppung von übertragbaren Seuchen der Haustiere aus „dem Auslande“ vor, daß die Finfuhr lebender oder toter Tiere, tierischer Erzeugnisse oder Rohstoffe, sowie von Gegen⸗ ständen, die Träger des Ansteckungsstoffes können, all⸗ oder für bestimmte Grenzbezirke und für diese auch er Verkehr mit Tieren verboten oder beschränkt werden kann.
Die Abgg. Wehl (nl.), Stolte (Soz.) und Fegter (fr. Bea. bertscen auf das Wort. bg. Stücklen (Soz.): Für uns ist klar, daß die Agrarier mit diesen Bestimmungen beabsichtigen, vor allem die Einfuhr von Milch und Rahm auszus vr. nachdem der Zolltarif Milch und Rahm zollfrei gelassen hat. Man will auf diesem Wege ein Volksnahrungs⸗ mittel verteuern und so unter falscher Flagge eine weitere Ver⸗ teuerung der Lebensmittel herbeiführen, obwohl wir schon jetzt unter Notstandspreisen für alle Lebensmittel leiden müssen. Mit dem Worte „seuchenverdächtig“ kann der unglaublichste Mißbrauch ge⸗ trieben werden. Die Lederindustrie und andere können durch das Verbot der Häuteeinfuhr unbegrenzt geschädigt und die Preise für Leder und Ledererzeugnisse, Handschuhe usw. enorm in die Höhe ge⸗ trieben werden. Wir müssen das ganze Gesetz ablehnen, wenn die §§ 6 und 7 zur Annahme gelangen.
Die Anträge werden abgelehnt, § 6 unverändert an⸗
genommen. 3
Bei § 7 verwahrt sich der
Abg. von Pfetten (Zentr.) nochmals gegen die gestrigen Aus⸗ führungen des Abg. Scheidemann und tritt den Bemerkungen des Abg. Stücklen bezüglich der Gefährdung der Industrie entgegen.
Abg. Dr. Hahn (dkons.): Ich habe mich gefreut, daß auch der Abg. Wehl, trotzdem er selber Großgerber ist, sich für das Gesetz aus⸗ gesprochen hat. In den Ausführungen des Abg. Wachhorst de Wente war manches, was mir sehr gefallen hat. In den Reihen der National⸗ liberalen sind ja auch manche Agrarier. Ja, ich kann ein Lied davon singen, denn wenn wir unsere Wahlkosten berechnen, dann ist das Konto der Nationalliberalen dabei mit einem großen Teile belastet. Der Abg. Fegter verkennt den Bund der Land⸗ wirte, dieser hat mit seinen Wünschen auf diesem Gebiete immer nur an die Allgemeinheit gedacht. Wir sind keine wirtschaftlichen Partikularisten wie die Liberalen, die je nach lokalen ÜUmständen sich bald für die Schweinezucht, bald für andere Dinge ins Zeug legen und den Leuten nach dem Munde reden. Bei der Beratung dieses Gesetzes sind nicht nur Landwirte, sondern auch Fleischer und Viehhändler iugeogen worden. Den Abg. Kobelt kann ich beruhigen; ich habe gestern den Block nicht unter⸗ minieren wollen; er kann ruhig schlafen oder nach Magdeburg fahren.
Abg. Scheidemann (Soz.): Die Bemerkung des Abg. Dr. Diederich Hahn über die Kosten der Wahlkampagne hat meinen gestrigen Bemerkungen über den Einfluß desselben auf die Kom⸗ mission eine sehr erwünschte Unterlage gegeben. Es scheint übrigens, als ob die Viehseuchen leichter auszurotten sind, als gewisse Ideen, die uns mit Gewalt zum Feinde der Landwirtschaft stempeln wollen.
Abg. von Pfetten (Zentr.) tritt den Ausführungen des Abg. Scheidemann entgegen.
Abg. Fegter (fr. Vgg.): Der Abg. Dr. Hahn und der Bund der Landwirte vertreten nur einen kleinen Teil der Landwirte, haupt⸗ sächlich den Großgrundbesitz, und nicht das gesamte Volk.
Abg. Bindewald (wirtsch. Vgg.): Die bisberige Tätigkeit der Sozialdemokraten zeigt in der Tat, daß sie Feinde der Landwirte sind.
Ahg. Dr. Hahn (dkons.): Der Bund der Landwirte hat gerade die Interessen der kleinen Landwirte vertreten. Prof. Wagner hat bei den Steuer⸗ und Wirtschaftsreformern die Landwirte entschieden in animoser Weise angegriffen, indem er sagte: „Ihr — er sagte nicht Sie — wollt nicht bezahlen.“
Abg. Scheidemann (Soz.): Wenn ich mit den Herren von der Landwirtschaft polemisieren soll, dann wünsche ich mir andere Gegner als den Abg. Bindewald, der, wenn wir ihm entgegentreten, gleich loslegt, als wenn man einen Groschen in den Automaten wirft.
Abg. Fegter (fr. Vgg.) tritt nochmals unter großer Unruhe und fortgesetzten Zwischenrufen des Hauses dem Abg. Dr. Hahn entgegen.
Abg. Bindewald (Ref.⸗P.): Ich begreife, daß der Abg. Scheidemann sich mit mir nicht einlassen will, er weiß ja genau, daß ich in der Lage bin, die sozitaldemokratischen Bauernfeinde ad absurdum zu führen. Ich habe schon mit bedeutenderen Führern der Sozial⸗ demokratie als den Abg. Scheidemann zu kämpfen gehabt.
§ 7 wird unter Ablehnung der Anträge Albrecht, von Trzceinski und Fegter angenommen.
§ 17 a zählt in 18 Punkten die Maßnahmen auf, die zum Schutze gegen die ständige Gefährung der Viehbestände durch Viehseuchen angeordnet werden können.
Die Abgg. Fegter (fr. Vgg.) und Struve wollen diese Befugnis erst bei Ausbruch einer Seuche und nur für den durch die Seuche gefährdeten Bezirk erteilt wissen und die Vorschrift einer räumlichen Trennung der Viehhöfe von den Schlachthöfen auf den Fall von Neuanlagen beschränken.
Abg. Hilpertlb. k. F.) will unter diese Maßnahmen auch die Feane des Handels mit Vieh aufnehmen, der ohne vorgängige schriftliche Bestellung stattfindet. (Das Wort „schriftliche“ fehlt in den Kommissionsbeschlüssen.)
§ 17 a wird unverändert angenommen.
§ 37 trifft nähere Bestimmungen über die Behandlung der Tollwut. Es kann hier die sofortige Tötung polizeilich ange⸗ ordnet werden, für Hunde und Katzen auch dann, wenn nur Seuchenverdacht vorliegt. Auch kann für Hunde statt der Tötung ausnahmsweise eine mindestens dreimonatige Ein⸗ sperrung gestattet werden, falls dies durchgeführt werden kann, und der Besitzer des Hundes die Lasten trägt. 8
Abg. Fegter (fr. Vgg.) will den letzten Satz streichen.
89 wird unverändert angenommen.
Die weiteren Lvee e 9 er Vorlage bis zu § 67c inkl. werden unter Ablehnung aller Its geafh enden Anträge nach der Kommissionsfassung ohne erhebliche Debatte angenommen, so auch 5 57, :298, h; die Entschädigung für Viehverluste, und 5 58, wonach die Einzelstaaten Paluber, wer die Entschäbigung zu gewähren hat, wie sie aufzubringen,
ermitteln und festzustellen ist, Bestimmung zu treffen
aben (jedoch mit der Maßgabe, daß bei Maul⸗ b Klauen⸗ euche die Hälfte, bei Tuberkulose ½ der Entschädigung aus Staatsmitteln bestritten werden muß). § 67 d regelt das Be⸗ schwerderecht der Viehbesitzer. Es liegen dazu vor die Anträge Fegter und Albrecht auf obligatorische Einsetzung von Laien⸗ ommissionen. “ 1114“
selbst bei seiner früheren Rede
1“ 1“ 85 vl1“]
Nachd e Abgg. Fegter (fr. Vgg.) und Stolle (Soz.) diese Anträge begründet haben, beantragt der Abg. Singer (Soz.) die Abstimmung uͤber die Anträge und den § 67d auszusetzen.
Der Antrag wird gegen Sozialdemokraten und Freisinnige abgelehnt.
Darauf hbezweifelt der Abg. Singer (So.) vor der Ab⸗ stimmung über § 67d die Beschlußfähigkeit des Hauses.
Nach längerer Pause erklärt der Vizepräsident Kaempf, daß das Bureau darüber einig sei, daß eine beschlußfähige Anzahl von Mit⸗ gliedern nicht anwesend ist.
— Der Präsident Graf zu Stolberg setzt die nächste Sitzung 8 Montag 1 Uhr Sren. jer erdnuns: Fortseßung er Beratung des Viehseuchengesetzes, erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Verwaltung des Reichs⸗
invalidenfonds, zweite Lesung des Entwurfs, betreffend den ünz⸗ und Bank⸗
unlauteren Wettbewerb, dritte Lesung des gesetzes. vW111X““
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 88. Sitzung vom 15. Mai 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus setzt zunächst die dritte Beratung des Staats⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1909, und zwar die Besprechung des Etats des Ministeriums der h. e Jcsh, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegen⸗ eiten, fort.
Abg. Strosser (kons.): Der Abg. Hoffmann hat uns den schweren Vorwurf gemacht, daß wir bei Zitaten fälschen. Er hat sich aber für den von ihm gebrauchten Aus⸗ druck „Bauernlümmel“ auf die konservative Presse bezogen. Ich stelle fest, daß in der rechtsstehenden Presse sich niemals ein solcher Ausdruck befunden hat. Der Abg. Hoffmann hat dann auch davon Fsprochn, daß die Wissenschaft dem Christentum widerspräche.
uch hierin hat er einseitig zitiert; große Leuchten der Wissen⸗ schaft, wie Kopernikus, Kepler, Newton, Robert Mayer, Marxwell, sind positive Christen gewesen. Der große Astronom Herschel hat gesagt, es wäre unbegründet, der Wiffenschaft den Vorwurf zu machen, daß sie dem Glauben an die Unsterblichkeit der Seele zuwiderlaufe, die natürliche Wirkung der Wissenschaft würde auf jeden wohl⸗ beschaffenen Geist gerade die entgegengesetzte sein. Sie, Herr Hoff⸗ mann, sind am wenigsten der berufene Vertreter der Wissenschaft. Stellen Sie es sich auch selbst vor, Herr Hoffmann, was würde aus einer Schule herauskommen, wenn diese nach Ihrem Rezept geleitet würde! Sie, Herr Hoffmann, machen aus dem Christentum des Stifters der christlichen Religion ein Zerrbild. Der vorgelesene Lehrerbrief des Herrn Hoffmann beweist ebenso wenig etwas für die Lehrer, wie der neulich vorgelesene Brief des Abg. Borgmann für die Förster. Der Abg. Hoffmann hat in seiner früheren Rede sich sogar heraus⸗ genommen, uns Vorlesungen über den guten Ton zu halten. Aber Sie sind doch der Allerunberufenste dazu. (Zuruf des Abg. Borg⸗ mann.) — Herr Borgmann, ich nehme auch Sie nicht aus. Ihr guter Ton geht so weit, daß Sie selten ohne Ordnungsruf auskommen. Wir sollen den Abg. Hoffmann nicht haben zu Worte kommen lassen! Ich frage, welche Partei kommt mehr zu Worte im Verhältnis zu ihrer Zahl, als gerade die Ihre? Sie bilden gar keine Fraktion, und dennoch kommen Sie bei jeder Sache zum Wort. kann also Ihren Vorwurf nicht anders als eine Unverfrorenheit bezeichnen. (Vizepräsident Dr. Porsch: Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, solche Ausdrücke zu unterlassen. — Abg. Hoffmann ruft: Beinahe hätten Sie einen Ordnungsruf bekommen!) Wir müssen uns also derartige Belehrungen verbitten, Herr Hoff⸗ mann. Wenn Sie später einmal wieder in das Haus eintreten, haben Sie hoffentlich etwas mehr gelernt.
Abg. Stychel (Pole) wiederholt seine früheren Beschwerden, daß den polnischen Kindern der Religionsunterricht nicht in der Mutter⸗ sprache erteilt werde, trotzdem der Ministerialdirektor erst kürzlich wieder erklärt habe, daß an dem darauf bezüglichen Erlaß vom Jahre 1872 im Prinzip nichts geändert sei.
Abg. Dr. Schepp . Volksp.): Die Dienstinstruktionen, die mit dem letzten Erlaß des Ministers nicht im Einklang stehen, müssen um⸗ earbeilet werden. In Köslin besteht noch eine solche veraltete Dienst⸗ nstruktion, in der das sogen. Konferenzrecht der Lehrer nicht enthalten ist, und worin immer noch der Passus steht, daß der Direktor der Dienst⸗ vorgesetzte des Lehrers sei und ein Recht zur Disziplinarbestrafung habe. Zur Erlangung eines Krankenurlaubs müssen Beamte und Lehrer ein Attest vom Kreisarzt beibringen, auf das eine Steuer von 1,50 ℳ, jetzt sogar 3 ℳ gelegt ist; es sollten auch Atteste von anderen Aerzten genügen. Ferner sollte die Regierung ihr Augenmerk darauf richten, daß nicht Kinder, die auf Grund eines Attestes vom Schul⸗ arzt von gewe ssen Unterrichtsgegenständen befreit werden, nun von den Eltern ausgenutzt werden, wie es mehrfach vorgekommen ist. Daß gegen die Gesellschaft zur Verbreitung der Volksbildung in einseitiger Weise vorgegangen ist, beweist auch der Umstand, daß Landrats⸗ ämter, welche in früheren Jahren gern Bücher von der Gesellschaft bezogen haben, jetzt plötzlich bei ihr teine Bestellungen mehr machen. Für die Tätigkeit der Lehrer an Idiotenanstalten hat ja eine große Anzahl der Psychiater ein 89 Verständnis, im Namen der ge⸗ samten Lehrerschaft muß ich aber gegen den Ausspruch eines Sanitätsrats protestieren, der Lehrer und der Masseur seien Gehilfen des Arztes. Wo es sich um wirklich Geisteskranke handelt, soll der Arzt den Vorrang haben, aber bezüglich der bildungs⸗ fähigen Idioten ist nicht der Arzt der eigentliche Leiter, sondern der Lehrer und der Geistliche. Bei Gelegenheit der Jubiläumefeier der Städteordnung sind der Selbstverwaltung große Loblieder gesungen worden; aber das Verhalten der Regierung gegenüber vielen Städten steht damit nicht im Einklang. In der Stadt Hirschberg sollte die Realschule in eine Oberrealschule umgewandelt werden; auch ein Schuldiener sollte angestellt werden, die Stadt wollte aber den Schuldiener nicht als Beamten anstellen. Ich muß nun scharf tadeln, daß die Regierung die Genehmigung dieser Umwandlung davon abhängig gemacht hat, daß der Schul⸗ diener Beamter würde. Dabei erhält die Stadt gar keinen Zuschuß. Mit der Erklärung des Ministerialdirektors, es solle keinem Lehrer ein Haar gekrümmt werden wegen freisinniger oder Überaler Ge⸗ hannng fteht ein Fall in e i. Thür. in Widerspruch. u Stelle des früheren Hauptkassierers Weißenfels der dortigen Schulsparkasse war der freisinnige Lehrer Hartwig gewählt worden. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Kasse, Diakonus Stelle, der zugleich Ortsschulinspektor in Weißensee ist, bat bekundet, daß die Leistungen Hartwigs durchaus nichts zu wünschen übrig ließen. Trotzdem hat der Regierungs⸗ und Schulrat Eichhorn die Wahl nicht genehmigt. Auf eine Bitte des O tsschul⸗ inspektors Stelle wurde diesem mitgeteilt, daß der Regierungs⸗ und Schulrat Eichhorn auf Urlaub sei, daß sich aber auch jedes Kommen erübrige, weil an dem Bescheide nichts ge⸗ ändert werden könne. Das Ganze ist ein Beweis für die Abneigung gegen die Ortsschulaufsicht, und der Ortsschulinspektor hat auch die Konsequenz daraus gezogen und sein Amt niedergelegt. Im Mäcz erschien der Regierungsrat Eichhorn in Weißensee und suchte einen Lehrer, der das Amt übernehmen sollte; alle Lebrer lehnten ab. Er fand schließlich den früheren Hauptkassierer Weißen⸗ fels bereit, das Amt trotz seiner Erkrankung weiterzuführen. en
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vollständig gesunden Lehrer Hartwig hielt man aber nicht für ge⸗ eignet, das Amt im Nebenamte zu führen. Es handelte sich d nur um eine Maßregelung eines freisinnigen Lehrers. Im Wahl⸗ kreise Eschwege⸗Schmalkalden wird jetzt gleichfalls ein Lehrer wegen seines Eintretens für den Kandidaten Wendlandt schikaniert und mit seiner Nebenbeschäftigung polizeilich kontrolliert. Herrn Hoffmann bemerke ich, daß ich bei meiner Bemerkung, 8 Lehrer anderz dächten, als sie sagen, nur an den Religionsunterricht gedacht habe. Ich habe nicht von der Gesamtheit der Lehrer gesprochen, die Mehr⸗ zahl der Lehrer will vielmehr den Religionsunterricht in der Schule behalten. Ich weise ferner auf die Prozesse hin, die die Re⸗ gierung dem Hauptlehrer Krüger in Frauendorf bei Stettin gemacht hat. Diese Sache zeigt, daß der Pfarrer Woldt als Ortsschul
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‚önspekt. scht smnde ier sen ift. n F̃eveik in ver Semeis 3
aufrechtzuerhalten. Der Pfarrer Woldt hat Schreiben im Namen des Gemeindekirchenrats erlassen, die gar nicht der Meinung des
Kirchenrats entsprechen, um so weniger, als gar keine Sitzung des Ge.
meindekirchenrats stattgefunden hatte. Er hat am 27. April 1906 bereits einen Verweis erhalten, aber er hat es fertig gebracht, einem W a. D. auf der Straße die Zunge herauszustrecken.
egen eine Frau hat er eine Bemerkung gemacht, die ich im Inter⸗ esse des Hauses nicht wiedergebe. Anfangs dieses Jahres ist der Pfarrer Woldt auch aus dem Kriegerverein ausgeschlossen worden. Ein solcher Mann sollte schleunigst im Interesse der Gemeinde und in seinem eigenen Interesse aus der Gemeinde entfernt werden. Herr Marx hat mir in der zweiten Lesung den Vorwurf gemacht, daß ich die Kirche die Stiefmutter der Schule genannt hätte. Ich hahe gesagt, daß die Kirche sich vielfach als die Stiefmutter der Schule erwiesen habe. — Der Redner bedauert nochmals die Errichtung einer Vorschule in Hörde i. Westf.; die Volksschule habe dort noch 12 fliegende Klassen; man solle lieber zunächst für die Volksschule sorgen, anstatt Standesschulen zu errichten.
Abg. von Arnim⸗Züsedom (kons.) verwahrt sich nochmals gegen den Vorwurf von sozialdemokratischer Seite, daß er aus der „Bremer Bürgerzeitung“ falsch ztiert habe. Den Versuch, den Abg. Hoffmann zu belehren, lehne er als allerdings aussichtslos ab. Der Redner verliest ein längeres Zitat wörtlich aus der „Bremer Bürgerzeitung“, aus dem her⸗ vorgeht, daß die Soztaldemokratie an Gewalt denke, und in dem es heißt, daß das Proletariat großen Kämpfen entgegengehe, und daß die Revisionisten im Reichstage daran denken müßten, daß sie Vertreten der „revolutionären“ Sozialdemokratie seien. Er überlasse also das Urteil, ob er zutreffend zitiert habe, dem Hause und lege die „Bremer Bürgerzeitung“ auf den Tisch des Hauses zur Einsicht nieder.
Abg. Freiherr von Wolff⸗Metternich (Zentr.) wünscht, da die sogenannten Rektoratsschulen so ausgestaltet werden möchten, 8 bort Abiturienten zum Studium an der Universität Berechtigung er⸗ alten.
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich möchte zunächst die Auf⸗ merksamkeit des Ministers darauf hinlenken, daß die Fonds für die Universitätsbibliotheken viel zu gering sind. Sodann habe ich zu er⸗ klären, daß wir mit den gestrigen Erklärungen des Unterstaatssekretärz über die Vorgänge am Königlichen Gymnasium zu Essen durchaus einverstanden sind. Wenn aber der Abg. Dr. Heß sich gestern hier als Sieger auf die Tribüne des Hauses gestellt hat, als ob er meinen hen ekfrenn⸗ Dr. Maurer vernichtet hätte, so muß ich doch zunächst ür den Abg. Dr. Maurer geltend machen, daß es durchaus begreiflich ist, wenn er aus Ritterlichkeit seinem Essener Kollegen beigesprungen ist. Der Unterstaatssekretär hat auch das anerkannt, was der angegriffene Direktor in seinem Rechtfertigungsartikel über seine Motive selbst ausgesprochen hat, nämlich daß er sich nur den Wünschen der Eltern gefügt habe. Dr. Heß hätte als Schulmann schon aus Kollegialität etwas anders vorgehen müssen. Eine Anfrage an den Minister, ob diese Zeitungsnachrichten zu Recht beständen, hätte genügt. Aber der Abg. Dr. Heß wollte eine große theatralische Sache in Szene setzen. Der Abg. Dr. Heß hatte von vornherein ganz genau gewußt, worum es sich handelte; wenn also der Abg. Dr. Maurer seine ganze Drapierung für ernst gehalten hat, so ist also eigentlich der Abg. Dr. Maurer auf den Kollegen Heß hineingefallen und nicht auf den Essener Direktor. Der Abg. Dr. Heß hat zurem offene Türen eingerannt, denn er wußte, daß durch eine Revision bereits am 15. Januar in Essen alles festgestellt und Remedur geschaffen worden war. Wenn aber der Abg. Dr. beß als junges Mitglied des Hauses davon sprach, daß der Abg. Dr. Maurer wider besseres Wissen esprochen hätte, so möchte ich doch wünschen, 8 eine solche
onart hier nicht einreißt. Mag der Abg. Dr. Heß auch bei seiner Partei Beifall gefunden haben, — ob sein Ansehen aber alt Kollege, Schulmann und Parlamentarier gewonnen hat, darüber will ich mir kein Urteil erlauben. — Weiter möchte ich darauf hinweisen, daß der preußische Staat anscheinend nicht fähig ist, sich tüchtige Leute zu erhalten. Ich erinnere an die Fälle Bracht, Wallot, Wvchgram und jetzt von Tschudi. Ich hoffe, daß an die Stelle dieses Mannes ein anderer tritt, der volle wissenschaftliche und künstlerische
Qualitäten hat, um sein Werk weiterführen zu können. Ich fühle mich
in meinem Gewissen gedrungen, nochmals auf den Fall Kimpel zurück⸗ zukommen. Allerdings ist die Betätigung sozialdemokratischer Gesinnung für Volksschullehrer ausgeschlossen, aber darum handelt es sich hier nicht. Man konnte nicht verlangen, daß Herr Kimpel aus der Ver⸗ sammlung, in der auch Sozialdemokraten waren, fortgehe. Man durfte kein Disziplinarverfahren deswegen erheben, weil er es nicht getan hat. Wenn der Ministerialdirektor es den Lehrern übelnimmt, daß sie das Schulunterhaltungsgesetz ihres Vorgesetzten, des Ministers, kritisieren, wie denkt er dann über das Vorgehen des Ober⸗ präsidenten in Danzig, der vor einigen Wochen in einer kon⸗ servativen Versammlung gegen die Erbschastssteuer gesprochen bat⸗ Ich habe schon und man kann doch von einem Lehrer nicht mehr Takt ver⸗ langen, als von einem Oberpräsidenten. Der zweite Vorwurf gegen den Lehrer Kimpel ist, daß er als Vorsitzender der Versammlung nicht einen sozialvemokratischen Diskussionsredner unterbrochen und ihn wegen seiner Ansicht nicht zur Rede gestellt hat; er hat doch aber als Vorsitzender eine Versammlung unparteiisch zu leiten und kann nicht jeden Redner zur Rede stellen, der eine andere Ansicht äußert. Bei einer Stichwahl kann man doch wohl einen Sozialdemokraten als das kleinere Uebel ansehen; - Partei macht denn das nicht so? Das ist doch eine taktische Frage. Die Freiheit der Wahl steht jedem Staatsbürger zu. Wäre der Ministerialdirektor auch gegen den Fürsten Bismarck ein eschritten, der seinerzeit telegraphieren ließ: „Fürst wünscht Sabor“? Wenn man einen Lehrer sozialdemokratischer Gesinnung beschuldigt, so muß man es ihm klar beweisen; das ist hier nicht der Fall. Der Mnnisterialdirektor mag he mit seiner großen Dialektik nicht seine Ansicht aufrechterhalten, sondern die Maß⸗ regelung des Lehrers zurücknehmen.*
Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Wegen der Ausführung des Schulunterhaltungsgesetzes ist eine Rundfrage ergangen; sämtliche Regierungen haben geantwortet, daß Anträge auf Errichtung von Simultanschulen nicht gestellt sind. Die Verlegung der Elisabeth⸗ Schule in Berlin hängt mit einem Neubau der Augusta⸗Schule zu⸗ sammen; die erstere soll in die alten verfügbaren Räume der letzteren verlegt werden. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß es den Lehrern nicht versagt sei, ihre abweichende Meinung über Regierungsvorlagen auszudrücken. Wenn wir jeden Lehrer wegen seiner Meinung über das Schulunterhaltungsgesetz hätten bestrafen wollen, hätte eine großt Menge bestraft werden müssen. Wir machen Herrn Kimpel den Vorwurf, daß er zusammen mit der Sozialdemokratie als Referent in einer Frene gegen das Gesetz aufgetreten ist, da er in der Form seiner Agitation also zu weit gegangen ist. Da das unzulässig ist, daran muß ich festhalten. Es wied zur Klärung beider Fälle, Brandau und Kimpel, beitragen, wenn sich herausstellt, daß Kimpel der Mitbegründer des Nationalsozialen Vereins in Wiesbaden gewesen ist, daß er also eigentlich nationalsoztal ist.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
v
früher gesagt, das ist eine Sache des Takltes,
Schwierigkeiten gem
zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Zweite Beilage
Berlin, Montag, den 17. Mai
1909.
xnRenaeescsktasre
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
*½ Zf die Kakiosalfozlalen-nicht nach rechts neigen, braucheich nicht.
zu beweisen. Die Betätigung der Anschauungen des Lehrers Kimpel war unzulässig; ich muß daran festhalten. Der Lehrer Brandau hat in einem Wahlkreise agitiert, dem er gar nicht angehört, das ist an sich nicht unzulässig, aber es kommt auch hier auf die Form an. Er hat nicht gesagt, er wolle sich der Stimme enthalten, sondern er hat das gerade offen gelassen. Wir verlangen von einem Staatsbeamten, daß er in keiner Weise die Sozialdemokratie fördert. Er hätte erklären müssen, für einen Sozial⸗ demokraten könne ein preußischer Beamter nicht stimmen. Es handelt sich um nationalsoziale Lehrer; ich stelle als wert⸗ volles Ergebnis der Debatte fest, daß kein Vorwurf wegen Maß⸗ regelung eines freisinnigen Lehrers erhoben worden ist. In dem Falle in Frauendorf ist einem Pfarrer Woldt die Ortsschulinspektion entzogen worden. Ihn aus seinem kirchlichen Amte zu ent⸗ fernen, ist nicht Sache des Staates, sondern der Kirche. Ueber diesen Fall haben wir keinerlei Beschwerde bekommen, uns ist der Fall nicht bekannt. In der ganzen Debatte ist also kein Fall erwähnt worden, in dem gegen einen freisinnigen Lehrer mit einer Maßregelung vor⸗ gegangen ist. Die Frage der Rektoratsschulen liegt anders als die Frage der Mittelschulen; es fragt sich, ob die Mittelschule nicht einen besseren Weg für den Uebergang zur höheren Schule gibt als die Rektoratsschule. Ein Uebelwollen gegen die Rektoratsschulen besteht aber nicht, sie können neben den Mittelschulen bestehen bleiben. Dem Abg. Siychel erwidere ich, daß wir — man mag die Frage der Mutter⸗ sprache ansehen, wie man will — mit den natürlichen Verhältnissen rechnen müssen. Wir können, wenn in den Gemeinden der Wunsch besteht, daß deutsch gesprochen wird, doch nicht den Leuten vorschreiben, polnisch zu sprechen. Die Schule kann nicht benutzt werden, um Kinder, die naturgemäß deutsch sprechen, zu veranlassen, polnisch zu sprechen. Es ist der natürliche Verlauf, daß das Deutsche in der Schule vor⸗ wärtsdrängt. Der Abg. Hoffmann hat mir vorgeworfen — ich habe seiner Rede nicht ganz beiwohnen können, da ich in der Herrenhauskommission sein mußte —, daß ich falsch zitiert hätte. Ich kann hier das Liederbuch zeigen mit der Parodie auf das Died „Stille Nacht, heilige Nacht’. Ich würde mich freuen, wenn die Sache den Erfolg bat, daß Sie Ihre Liederbücher verändern. Ein Buch: „Der freie Turner“, herausgegeben vom Arbeiterturner⸗ bund, mit dem Lied liegt hier vor mir. Ich habe nur gesagt, daß solche Lieder den Geist in den Arbeiterturnvereinen beweisen. Ich habe allerdings das Lied nicht vollständig vorgelesen; ich kann doch nicht alle Lieder vorlesen. In der Presse ist aber das Lied als harmlos hingestellt worden. Der Verfasser interessiert mich gar nicht, es kommt mir nur auf den Geist in den Turnvereinen an, den solche Lieder beweisen. Ich will noch zwei Verse aus dem Liede Ihnen zitieren: „O deutsche Treu und Redlichkeit! Familienkrug der Fürsten! Draus tun dem Volke sie Bescheid, wenn sie sein Gut verbürsten. Aus unserem Honig ihren Met, den brau'n sie ohne Scheue, wir singen dann der Majestät das Lied von der deutschen Treue. Geraten wir einmal in Wut und rütteln an der Kette, so läßt man flugs uns etwas Blut sanft mit dem Bajonette. Geheilt sind wir vom Fieber schon, wir danken noch voll Reue und singen noch aus neuem Ton zum Lied von der deutschen Treue.“ Daß wir mit allen Mitteln gegen einen solchen Geist vorgehen, durch den die Jugend vergiftet wird, ist selbstverständlich.
Abg. Volger (frkons.) spricht sich gegen die geistige Ueberbürdung der Schüler aus und wünscht, daß die letzten Unterrichtsstunden regel⸗ mäßig die Stunden mit leichterem Stoffe seien; der Nachmittag solle auf dem Lande für die Kinder zu landwirtschaftlichen Arbeiten frei bleiben. Eine gewisse Abwechselung zwischen Feldarbeit und Schul⸗ arbeit sei für die Gesundheit der Kinder zu empfehlen.
Abg. Dr. Maurer (nl.): Nach dem Ergebnis der Untersuchung des Falles in Essen hat der Fall allerdings ein anderes Ge⸗ sicht bekommen. Ich muß zugeben, daß der Direktor seine Amtsführung ungeschickt gehandhabt hat. Der Abg. Friedberg hat mir in seiner Rede gegen den Abg. Heß sekundiert, ich bin ihm dank⸗ bar dafür, aber ich bedauere es auch, weil ich deswegen manches wiederholen muß. Ich kann auch heute noch nicht zugeben, daß das, was er hier zur Begründung der üblen Zustände am Essener Gym⸗ nasium angeführt hat, genügt hätte, um ohne weiteres einen Stein auf den Direktor dieses Gymnasiums zu werfen. Der Abg. Dr. Heß hat lediglich von Gerüchten gesprochen, und ich hielt mich auf seine dürftige Begründung hin für durchaus berechtigt, für einen Kollegen bier einzutreten. Es war von mir lediglich ein Gefühl der Kollegialiät, einem Draußenstehenden, der sich hier nicht ver⸗ teidigen kann, beizustehen. Ich bedauere das auch heute keineswegs, daß ich das getan habe, und werde mich auch in Zukunft in diesem Gefühl nicht irremachen lassen. Der ÜUnterstaatssekretär hat in der zweiten Lesung erklärt, daß ihm von den Verhältnissen in Essen, wie sie der Abg. Heß geschildert hat, nichts bekannt sei. Ich selbst hatte die Mitteilung durch ein Mitglied dieses Hauses erhalten, daß bereits im Januar eine Revision durch zwei Räte des Provinzialschul⸗ kollegiums in Essen stattgefunden hätte. Ich habe mir dies von dem Direktor in Essen bestätigen lassen, und wenn in dem Antwort⸗ telegramm hinzusefügt war, daß, wenn in Essen nicht alles in Ord⸗ nung wäre, das Ministerium davon wissen müsse, so wird man mir zugeben müssen, daß ich zu meinem Vorgehen berechtigt war. Ich frage die Regierung, wie es kam, daß diese Revision ihr nicht bekannt war, oder wie es kam, daß wir hier die Auskunft erhalten konnten es sei nichts dayon bekannt, daß dort etwas nicht in Ordnung wäre. Ich soll nun dem Abg. Heß den Vorwurf der Unehrlichkeit, ja der Unterschlagung gemacht haben. Ich habe nur gesagt, daß er zur Charakterisierung des Falles nicht nur das, was gegen den Direktor, sondern auch das, was für ihn in der Presse geschrieben war, hätte anführen müssen. Es lag mir durchaus fern, damit nun etwa auf die Motive des Abg. Heß hinzuweisen. Wenn man auf der Tribüne dieses Hauses eine solche Sache, die die amtliche Existenz einer Persönlichkeit aufs Spiel setzt, vorbringt, dann muß man auch alles, was zur Klärung beitragen kann, bringen. Ich wollte hier nur die Einseitigkeit seiner Darstellungsweise be⸗ leuchten. Mit diesem Vorwurf bezweckt der Abg. Dr. Heß — „legt ihr nicht aus, legt ihr doch unter!“ —, daß ich draußen als ein Ver⸗ leumder erscheine; denn das wäre ich, wenn ich ihn der Unter⸗ schlagung geziehen hätte. Die Hauptsache, die die Untersuchung klar⸗
esstellt hat, ist, 8 der S bona fide gehandelt hat. Der bg. Dr. Heß hat sagen wollen, ee d ich mich nicht selber schuldig fühlte. Das ist nichts anderes als das Hinübertragen des pol tischen Kampfes auf das Gebiet der persönlichen und der Berufsehre. Was draußen geschieht, um mich zu verdaͤchtigen, kümmert mich hier nicht, aber diese wenig versteckten Anspielungen des Abg. Dr. Heß in diesem Hause weise ich mit aller Entschiedenheit zurück; mag er mich politisch bekämpfen, aber meine Berufvsehre soll er mir nicht anfassen. Das Material des Essener Falles wuß gründlich geprüft werden, es muß alles, was möglich ist, geschehen zur Sanierung der dortigen Verhältnisse, besonders des Verhältnisses zwischen dem Direktor, und seinen Kollegen. Die Angelegenheit sollte zum Gegenstand einer Ver⸗ bügung gemacht werden, die dem Direktor das Gefühl für die soziale erechti ärfen möge. 8
E— (Zentr.): Se sghcthen e an;) 5. Regierung, d rern wegen ihrer politischen Anschauung keine — Fee sollen. Diesen Grundsatz billigen 88 “ 1“ 8 “ 11““ 11 8
—
ich wäre nicht für den Direktor
wir durchaus, und die einzelnen Fälle will ich nicht mehr unter⸗ suchen. Der Abg. Schepp hat ohne allen Grund den Pfarrer Woldt angegriffen; die Regierung hat ja erklärt, daß das eine kirchliche Angelegenheit sei. Es ist jedenfalls nicht richtig, jemanden hier in seiner Amtstätigkeit so anzugreifen, und ich bedauere es, wenn das geschehen ist. Der Abg. Friedberg nannte das Vorgehen meines Freundes Heß theatralisch; wenn Retourkutschen
erlaubt wären, so könnte ich dem Abg. Friedberg das zurückgeben und
sagen, er habe in dieser Weise eine Sache zu halten gesucht, die nicht zu halten ist. Ich möchte dann die Regierung bitten, nach Möglich⸗ keit konfessionelle Privatschulen, namentlich in der Diaspora, zuzu⸗ lassen; ferner bitte ich, den Termin für die Ergänzungsprüfung von Lehrerinnen in den fremden Sprachen länger hinauszuschieben. In der Stadt Frankfurt a. M. wünscht die katholische Gemeinde den Ausbau einer Schule zu einem Vollgymnasium. Ich bitte die Re⸗ gierung, diesen Wunsch zu unterstützen.
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Persönlich bemerkt
Abg. Strosser (kons.): Ich habe den Ausdruck Unverfrorenheit, den der Präsident gerügt hat, gebraucht, weil während meiner Rede von dem Abg. Hoffmann und seinen Freunden mehrfach die Zwischen⸗ rufe „Frechheit, Unverschämtheit, Fälschung“ fielen. (Lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Ja wohl, meine Freunde sie auch gehört, und sie waren der Grund für meine
eußerung.
Vizepräsident Dr. Krause: Hier im Präsidium sind solche .“ nicht gehört worden, sonst wäre darauf ein Ordnungsruf erfolgt.
Abg. Borgmann (Soz.): Der Abg. Strosser sagte, ich hätte noch nie eine Rede halten können, ohne einen Ordnungsruf zu erhalten. Ich konstatiere, daß ich noch nie einen Ordnungsruf erhalten habe. Ob das eine Unverfrorenheit war, überlasse ich dem Hause.
Vizepräsident Dr. Krause: Dieser Ausdruck ist bereits vom räsidenten gerügt worden, es wäre eine Rücksicht gegen den Prä⸗ denten gewesen, wenn Sie den Ausdruck nicht wieder gebraucht
hätten. Ich muß nun die Rüge, die gegen den Abg. Strosser aus⸗ gesprochen ist, auch gegen Sie aussprechen.
Abg. Hoffmann (So.) macht eine lange persönliche Bemerkung, in der er wiederholt vom Präsidenten darauf aufmerksam gemacht wird, daß er den Rahmen der persönlichen Bemerkung überschreite. Er bestreitet, daß die vom Abg. Strosser erwähnten Zwischenrufe ge⸗ fallen seien. (Lebhafte Ruse kechts: Wir haben sie gehört!) Dem Ministerialdirektor Schwartzkopff erwidere er, daß in den Jugend⸗ abteilungen der Arbeiterturnvereine die angefochtenen Liederbücher nicht verbreitet seien. Der Abg. von Arnim habe in seinem Zitat aus der „Bremer Bürgerzeitung“ den Satz fortgelassen: „Es ist richtig, daß wir die friedliche Verwirklichung unserer Ideale wünschen.“ Wo in der konservativen Presse gestanden habe, 8 Arbeiter⸗ lümmel und Bauernbengel die Universität nicht besuchen sollten, könne er nicht angeben; wenn er alle Preßangriffe gegen seine Partei sammeln wollte, müßte er eine Wohnung dazu mieten. Er habe es nicht an Rücksicht auf die Krankheit des Ministers fehlen lassen, sondern nur die Ernennung eines anderen verlangt. Wegen des guten Tones möge der Abg. Strosser sich an den Kammerherrn von Pappenheim wenden.
Abg. Dr. Heß (Zentr.) verwahrt sich dagegen, daß der Abg. Fried⸗ berg ihm gegenüber sich zum Zensor aufwerfe, und widerspricht einigen Ausfühbrungen der Abgg. Maurer und Friedberg. .
bg. von Arnim (kons.) bemerkt, daß er den Satz über die fried⸗ lichen Ziele der Sozialdemokraten habe auslassen können, weil die übrigen Sätze des Zitats wichtiger gewesen seien. — 6*2
Abg. Strosser (kons.): Ich habe mich nur versprochen, ich meinte nicht den Abg. Borgmann, sondern den Abg. Hoffmann, der immer Ordnungsrufe erhält. Von meinen Parteifreunden ist mir freiwillig mitgeteilt worden, daß sie die Zwischenrufe „Unverschämt⸗ heit“ usw. gehört haben.
Abg. Dr. Friedberg bemerkt, daß er nicht ein Zensoramt aus⸗ geübt habe; er habe aber seinen Freund Maurer gegen den Vorwurf des Herrn Heß verteidigen müssen, daß er wider besseres Wissen ge⸗ sprochen habe. — .
8 Abg. Dr. Heß (Zentr.) bestreitet, diesen Vorwurf gemacht zu haben.
Abg. Dr. Friedberg erwidert, daß übereinstimmend in den Zeitungsberichten die Aeußerung des Abg. Heß gestanden habe: es werde der Anschein erweckt, als ob der Abg. Maurer wider besseres Wissen gesprochen habe, und es werde ihm selbst schwer, an dessen guten Glauben zu glauben.
Abg. Dr. Heß (Zentr.): Das ist mir nicht eingefallen.
Auf Wunsch des Abg. Gyßling (fr. Volksp.) wird dessen Antrag zum Kultusetat wegen Neuordnung des Privat⸗ schulwesens von der Tagesordnung abgesetzt, um jedoch so bald als möglich besonders beraten zu werden.
Der Kultusetat wird bewilligt.
Darauf wird auch der Etat im ganzen sowie das Etats⸗ esetz und das Anleihegesetz gegen die Stimmen der ozialdemokraten genehmigt.
Es folgt die Beratung des Staatsvertrages zwischen Preußen und Hamburg vom 14. November 1908, betreffend die Verbesserung des Fahrwassers der Elbe und andere Maßnahmen zur Förderung der Seeschiffahrt nach Hamburg, Altona und Harburg (Köhlbrandvertrag), in Ver⸗ bindung mit der zweiten Beratung des Ges etzentwurfs über die Aenderung der Landesgrenzen gegen die Freie und Hansestadt Hamburg im Landkreise Harburg.
Die XIII. Kommission, Berichterstatter Abg. Rein⸗ hard (Zentr.), beantragt, den Staatsvertrag zu genehmigen. In den Gesetzentwurf hat die Kommission drei neue Para⸗ graphen a bis c eingefügt; nach § a hat der preußische Staat für allen Schaden durch die Regulierungsarbeiten auf seinem Hoheitsgebiete aufzukommen. Nach § b soll über Schaden⸗ ersatzansprüche von Beteiligten, die nicht im Einigungsver ahren erledigt werden, auf Anruf der Beteiligten ein Schiedsgericht unter Verzicht auf den Rechtsweg entscheiden. Nach § wc sollen Brücken ühber die Seeschiffahrtsstraße nach Harburg im Zuge des Köhlbrands und der Süderelbe nicht zugelassen werden.
Während der Kommissionsverhandlungen ist noch ein Nachtrag zum Schlußprotokoll zwischen Preußen und Ham⸗ burg vereinbart worden, wonach die beiden Staaten innerhalb bestimmter Gebiete sich auf Schadensersatzklagen derart ein⸗ lassen sollen, daß deren Abweisung wegen angels an Passiv⸗ legitimation ausgeschlossen ist. 1
Die Kommission beantragt ferner einige Resolutionen, wonach Harburg bei eventueller Hochlegung der unterelbischen Eisenbahn bezüglich der Kosten möglichst geschont werden soll, wonach ferner die preußischen Orte gegen Nachteile geschützt werden femner die ihnen als Wohngemeinden von Arbeitern
erwachsen, die in Hamburg beschäfst werden, Altona zu ê verbesserungen eine Staatsbeihilfe gewährt werden soll und Fablich die Wünsche der Anlieger tunlichst berücksichtigt werden ollen.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Die Kommission des hohen Hauses hat in langer, sorgfältiger und, wie alle diejenigen, die ihr angehört haben, bestätigen werden, mühevoller Arbeit den Staatsvertrag und das dazu gehörige Gesetz geprüft. Für diese Mitwirkung spreche ich der Kommission, insbesondere aber auch dem Herrn Berichterstatter, der die Verhandlungen in diesem hohen Hause auch durch einen trefflichen Bericht gefördert hat, den Dank der Staatsregierung aus.
Die Kommission hat sich schlüssig gemacht, trotz mancher ent⸗ gegenstehenden Bedenken den Staatsvertrag und den Gesetzentwurf mit einigen Modifikationen dem Hause zur Annahme zu empfehlen.
Völlig einmütig war die Kommission in der Auffassung daß der Vertrag der Seeschiffahrt auf der Elbe in hohem Maße förderlich sein werde. Es wurde hier betont, daß de Staatsvertrag überwiegend die Interessen Hamburg fördere; aber, meine Herren, es ist von anderer Seite immer wieder an erkannt worden, daß die preußischen Elborte ebenso gefördert und gestützt werden werden, insbesondere und an erster Stelle Harburg, aber auch Altona und Wilhelmsburg. Aber über die Interessen beider Staaten, Hamburgs und Preußens, hinaus wird der Welt⸗ handel Deutschlands durch die wesentlichen Verbesserungen der großen Zufahrtstraße nach Hamburg gefördert werden. (Sehr richtig!)
Ihre Kommission hat beschlossen, dem Gesetzentwurfe 3 Para⸗ graphen hinzuzufügen. Ich bin in der Lage, im Namen der Köni lichen Staatsregierung auszusprechen, daß sie dieser Ergänzung de
Gesetzes zustimmt. Ebenso bestehen gegen die von der Kommission
gefaßten Resolutionen auf seiten der Königlichen Staatsregierung keine Bedenken.
Einer von der Kommission gewünschten Vervollständigung des Schlußprotokolls in Gestalt eines Nachtrags, betreffend die Passiv legitimation, die im Anschluß an § 18 zu 1 des Staatsvertrags geforder ist, ist durch Verhandlungen und Vereinbarungen mit dem Senat von Hamburg Rechnung getragen. Die Abmachungen liegen dem Hause bereits vor. Die formelle Vollziehung des Nachtrags durch die Bevollmächtigten beider Staaten steht noch aus; sie konnte bei der Kürze der Zeit noch nicht beigebracht werden, wird aber alsbald nach⸗ geholt werden.
Die Königliche Staatsregierung billigt die in der Kommission von den Vertretern derselben abgegebenen Erklärungen und ist bereit, dieselben, falls erforderlich, hier zu wiederholen. Für mein Ressort erkläre ich,
1) daß ich bereit bin, durch Anweisung an die zuständigen Landespolizeibehörden anzuordnen, daß bei der landespolizeilichen Prüfung der nach § 16 des Vertrages vorzulegenden Entwürfe in Preußen das Verfahren angewandt wird, welches in § 13 des Wasserstraßengesetzes vom 1. April 1905 für die Auslegung der Entwürfe und die Anhörung der Beteiligten vorgeschrieben ist;
2) daß — wie durch Schriftwechsel mit dem Senat von Hamburg festgestellt worden — die vertragschließenden Regierungen darüber ein⸗ verstanden sind, daß nach der Absicht des § 18 des Vertrages der Grundsatz der Billigkeit gemäß § 12 des Wasserstraßengesetzes nicht nur für die Erstattung bereits entstandenen Schadens, sondern auch für die Verhütung zu erwartender Schäden durch Anordnung der erforderlichen Anlagen Anwendung finden soll.
Ich empfehle wiederholt die Zustimmung zu dem Staatsvertrage
und zum Gesetzentwurf. (Bravo!)
Abg. von Arnim⸗Züsedom (kons): Ich kann mich namens de
stärksten Fraktion des Hauses den Worten, welche der Minister für die fleißige und vorzügliche Arbeit der Kommission ausgesprochen hat, nur anschließen. Es war überaus schwer, den erstatteten vor⸗ liegenden Bericht so sachlich und richtig zu machen, wie es eschehen ist, da gewisse Dinge nicht einmal zur Andeutung ge⸗ bracht werden durften. Ich muß mich aber dagegen wenden, wie meine in der ersten Lesung gebrauchten Worte in der Hamburger Bürgerschaft erörtert worden sind. Ich habe in der ersten Lesung gesagt, daß wir bereit seien, an der Weiterentwicklung Hamburg mitzuwirken, aber nur dann, wenn keine preußischen Interessen dadurch geschädigt würden. Ein preußischer Abgeordneter konnte nicht anders sprechen. Die Kommission hat den Vertrag in der jetzt vorliegenden Form einstimmig angenommen. Es ist an⸗ zunehmen, daß die jetzt vorgesehene Vertragsbestimmung über die Tiefe des Köhlbrands und des für später in Aussicht genommenen Tunnels allen Bedenken gerecht wird. Die Kommission ist zu der Ansicht gekommen, daß ohne wesentliche Schädigung der Interessen Preußens der Vertrag geschlossen werden kann. Es liegt hier ein Werk von großer politischer, nationaler und wirtschaftlicher Be⸗ deutung vor. 2
Abg. Waldstein (fr. Vgg.) erklärt, daß seine Freunde nach den Verhandlungen der Kommission ihre Bedenken gegen den Ver⸗ trag zurückgestellt hätten und zustimmen würden. Der Redner fragt an, ob die Haftung des preußischen Staates im vorliegenden Vertrage in derselben Weise gedacht sei wie beim Wasserstraßengesetz, und wie weit
ch das Gebiet der beiden vertragschließenden Staaten in bezug auf den Köhlbrand erstrecke. 1
Geheimer Oberjustizrat Greiff bejaht die erstere Frage.
Geheimer Regierungsrat Dr. Tull erklärt, daß das Vertrags⸗ gebiet sic auf beiden Seiten bie in die Mitte des Flußbettes erstrecke.
Abg. Just (nl.) gibt ebenfalls namens seiner Fraktion die Zu⸗ stimmung zu dem Vertrage; mit besonderer Freude könne er als Vertreter der Stadt Harburg das Zustandekommen des Vertrages begrüßen.
Nachdem auch noch die Abgg. Kisc (Zee Ecker⸗ Winsen (nl.) und Dr. Hahn (B. d. L.) ihre Befriedigung über den Vertrag und ihre Zustimmung ausgesprochen haben, wird der Vertrag und das Gesetz im einzelnen angenommen, ebenso die Resolution der Kommission.
Die dazu eingegangenen Petitionen werden ge den Kommissionsanträgen teils für erledigt erklärt, teils der Regie⸗ rung als Material oder zur Erwägung überwiesen. 8
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr. (Zweite Lesung des Gesetzes uͤber den Bergwerksbetrieb ausländischer juristischer Personen; zweite Lesung der Novelle zum gemeinen Berggesetz.)