. Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.
Der Abteilungsvorsteher am Physiologischen Institut der riedrich Wilhelms⸗Universität zu Berlin, 1 Froeficn Dr. Hans Piper ist zum außerordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät derselben Universität ernannt worden.
Nichlamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 24. Juni. 5 ine Majestät der Kaiser und König nahmen behese ein Kiel Uesttt rage des Kriegsministers, Generals der Kavallerie von Einem, des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini und des Chefs des
Marinekabinetts, Vizeadmirals von Müller entgegen. 8
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Die Rede, mit der Seine Majestät der Kaiser und König bei dem Festmahl des Norddeutschen Regattavereins in Hamburg auf die Ansprache des Bürgermeisters Dr. 858 erwiderte, hatte nach „W. T. B.“ folgenden
Wortlaut: 1 Meine verehrte Magnifizenz! Ich bitte, meinen herzlichsten und erührtesten Dank entgegennehmen zu wollen für die freundliche grüßung im Kreise mir Aleichasinnter und wohlbekannter Männer. Es war in der Tat für mich ein schwerer Gewissenskampf, als ich zwischen meine Pflicht und mein Vergnügen auf der Elbe und in en gestellt wurde, eventuell die Freude, der Gast der Hambhaürger sein zu dürfen, gufgeben zu müssen, aber es verstand sich von elber, daß der Wohlfahrt des Reiches gegenüber persönliche Wünsche zu chweigen hatten, und schweren Herzens entschloß ich mich daher, die shmeigen nach Hamburg gelangen zu lassen, daß es mir wohl nicht möglich sein würde, Ihr Gast zu sein und an den sportlichen Unter⸗ nehmungen teilnehmen zu können. Glücklicherweise haben sich die Verhältnisse günstig gestaltet, das mir vom Vulkan gelieferte Schiff, das Sie alle kennen, meine Jacht Hohenzollern, hat ihren altbewährten und guten Rohm von neuem wieder weltgemacht, wir haben uns beeilt und find durch die Ostsee geflogen, und was sie nicht beenden konnte, das besorgte die Eisenbahn, und so war es mir dann möglich, zu diesen schönen Veranstaltungen des Hamburger Renntages rechtzeitig ein⸗ treffen zu können und so wieder in den Kreis der mir so befreundeten und so sympathischen Männer und Frauen zu treten und zu 19 Zeit auch den Wünschen von M. S. entgegenkommen zu können. Der heutige Tag verpflichtet mich zu innigem Danke der Stadt Hamburg für ihren warmen und herzlichen Empfang, der sich wo⸗ möglich von Jahr 1. Jahr steigert, wenn das möglich wäre, für die Gastfreiheit im Heim Eurer Magnifizenz und nicht zuletzt für das chöne Fahrzeug, das mir eines Hamburger Meisters Hand geliefert at. Es ist damit endlich der Beweis geliefert, nach dem ich schon eit Jahren strebe, daß auch in dem Jachtbau wir auf eigenen Füßen stehen, wie im Kriegsschiffsbau und wie im Dampferbau. on deutschen Händen gefügt, aus deutschem Material geboren und von deutschen Männern von der Waterkant besetzt, ist es ein würdiges ahrzeug, das, wie ich hoffe, auch noch in diesem Jahre im Auslande ch gut zeigen und gut abschneiden wird. Wir treiben hier Sport und keine Politik; Eure Magnifizenz haben aber die Güte gehabt, die Punkte zu berühren, die aller Deutschen Herzen jetzt bewegen. Ich hoffe immer noch, daß der Gemeinsinn in unseren Volks⸗ vertretern sich über dem Parteisinn Bahn brechen wird, da ich doch annehme, daß niemand unter ihnen die Ver⸗ antwortlichkeit auf feine Schulter nehmen wird, das Scheitern einer 5 unser Vaterland nach innen wie nach außen unumgäng⸗ ich notwendigen Reform zu verantworten. Sie haben alle mit Interesse meine Reise nach den finnischen Schären verfolgt, wo ich so warme und gastliche Aufnahme seitens Seiner Majestät des Kaisers aller Reußen und der Seinen gefunden. Es freut mich, in der Lage zu sein, gerade Ihnen, als Vertretern der Handels⸗ und Ge⸗ schäftswelt, die Sie ein Interesse an der friedlichen Gestaltung der Zu⸗ kunft haben, das Folgende über die Bedeutung des Besuchs mitteilen zu können. Seine Majestät der Kaiser und ich sind dahin überein⸗ gekommen, daß unsere Zusammenkunft als eine energische Bekräftigung des Friedens aufzufassen ist. Wir fühlen uns als Monarchen unserem Gott verantwortlich für das Wohl und Wehe unserer Völker, die wir so weit als möglich auf friedlichemn Wege vorwärts bringen und zur Blüte emporführen wollen. Alle Völker brauchen den rieden, um unter seinem Schutze den großen Kulturaufgaben, hrer wirtschaftlichen und kommerziellen Entwicklung ungestört ob⸗ liegen zu können. Daher werden wir beide stets danach streben, so weit es in unseren Kräften liegt, mir Gottes Hilfe für Förderung und Wahrung des Friedens zu wirken. Unter diesem Frieden kann sich auch natürlich der Sport in vollster Weise entwickeln. Und so leere ich denn mein Glas auf die gastfreie Stadt Hamburg und meine Kollegen, die hier versammelt sind, drei Hurra für die Stadt Hamburg und die Hamburg⸗Amerika⸗Linie. Hurra, hurra, hurra!
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er Bundesrat versammelte sich heute zu einer
Pleseh angh vorher hielten die vereinigten des üsse für
Faftüm⸗ en, für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen,
ost und Telegraphen, die vereinigten Ausschüsse für Handel
und Verkehr und für Justizwesen, sowie der Ausschuß für nd Fereehe Eesn Her.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Luchs“ vorgestern in Siakwan eingetroffen und geht morgen nach Dschinkiang.
S. M. S. „Cormoran“ ist vorgestern in Ladikije an⸗ gekommen und gestern nach Tripoli gegangen.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Saaten⸗ stand im Deutschen Reiche um die Mitte des Monats Juni 1909 veröffentlicht. ’
Oesterreich⸗Ungarn.
Im österreichischen Abgeordnetenhause gestern die Budgetdebatte fortgesetzt.
Nach dem Bericht des „W. T. B. richtete der Abg. Breiter heftige Angriffe gegen den Reichskriegsminister, das ehrenrätliche und das Disziplinarverfahren. — Der Landesverteidigungsminister Frei⸗ herr von Georgi wies unter lebhaftem Beifall seine
wurde
An⸗
riffe gegen den Reichskriegsminister und dessen Orga fifteng Fee- ac en erteilte Breiter nachträglich einen Ordnungsruf.) — In der weiteren Beratung trat der deutschböhmische Abgeordnete Iro für die Lösung der Sprachenfrage durch Einführung der deutschen Sprache als Staatssprache ein. Iro erklärte sich ferner für den Anschluß der deutschösterreichischen Länder als Bundesstaat an das Deutsche Reich, dann könne man den flavischen und romanischen Völkern die Autonomie nach Belieben geben.
Das Haus nahm die Budgets der Landes verteidi⸗ gung, der Eisenbahnen, des Ackerbaues, des Handels und der öffentlichen Arbeiten an. Ueber einen sozial⸗ demokratischen Antrag auf Aufhebung der Getreide⸗ und Futterzölle bis zum 31. Juli 1910 verlangte der Abg. Seitz unmittelbare Abstimmun des Hauses, während der Bericht⸗ erstatter Steinwender Ueberweisung an den Budgetausschuß beantragte. Das Haus beschloß in namentlicher Abstimmung mit 240 gegen 180 Stimmen die Ueberweisung der Resolution an den Ausschuß. Darauf wurde eine Resolution Jaklic, betreffend Aufhebung der Zölle für Kraftfuttermittel, angenommen. Das Haus trat sodann in die Beratung der letzten Gruppe des Budgets, nämlich des Etats des Finanz⸗ ministeriums und des Finanzgesetzes, ein.
— Die Regierung hat gestern im Herrenhause einen Gesetzentwurf über Anerkennung der Anhänger des Islam nach hanefitischem Ritus als Religions⸗ gemeinschaft eingebracht.
Italien.
In der gestrigen Vormittagssitzung der Deputierten⸗ kammer wurde über das Budget des Ministeriums des Auswärtigen verhandelt.
Der Sozialist Norgari beantragte laut Bericht des „W. T. B.“ eine Tagesordnung, die die Regierung auffordert, die Initiative zu einer internationalen Konferenz für Schiedsgerichte und Abrüstung zu ergreifen, wobei er den Zaren sehr heftig angriff. — Der Minister des Auswärtigen Tittoni antwortete, Morgari habe mit der Freiheit des Wortes gesprochen, die in der italienischen Kammer nie jemand verwehrt worden sei, aber in einem Teil seiner Rede habe Morgari jede Grenie, jedes Herkommen und jedes Maß überschritten. In anderen Parlamenten seien ähnliche Gedanken entwickelt worden, aber niemand habe gegen das Oberhaupt eines befreundeten Staats so schwer beleidigende Worte esprochen wie Morgari. (Unterbrechungen auf der äußersten Linken;
ustimmung auf den andern Bänken.) In jenen Parlamenten hätten die verantwortlichen Minister pflichtgemäß protestiert. „Ich erfülle meine strikte Pflicht,, fuhr der Minister fort, „indem ich ebenso handle. Die Worte Morgaris verdienen keinerlei Beachtung. Gegen diese Worte protestiert lebhaft gleich mir die Mehrheit des Hauses und des Landes (lebhafte Zustimmung), das weiß und begreift, daß es keine auswärtige Politik mehr geben würde, wenn die Beziehungen zu anderen Staaten der Zuneigung oder Ahneigung gegenüber ihrer inneren Politik untergeordnet würden. Wir haben ausgezeichnete Beziehungen zu Rußland und wünschen nicht nur, k6- sie so bleiben, sondern wollen sie wirksam machen und immer mehr entwickeln. Wenn der Zar nach Italien kommt, wird er ein willkommener Gast sein, und wir werden ihn empfangen und begrüßen als das Oberhaupt eines befreundeten Staats. Daher erkläre ich im Namen der Regierung, daß wir keine Aufforderungen annehmen und keine Drohungen fürchten. Wir werden unsere Pflicht tun gegen jedermann“. (Lebhafter Beifall.) Der Minister erklärte schließlich, daß er die Tagesordnung Mor ari infolge seiner Ausführungen nicht annehmen könne, und wenn er sie aufrecht⸗ erhalten sollte, werde er die Kammer bitten, sie abzulehnen. (Stürmischer Beifall.) Die Sitzung wurde alsdann aufgehoben.
In der Nachmittagssitzung der Deputiertenkammer wurde die Debatte über das Budget des Ministeriums des Auswärtigen fortgesetzt.
Nachdem der Minister des Auswärtigen Tittoni auf die Aus⸗ führungen verschiedener Redner erwidert hatte, betonte er, daß in diesen Ausführungen nur gelegentlich von der internationalen Politik die Rede gewesen sei. Das sei natürlich; denn, wenn man verstehe, daß ein Land aus Anlaß ernster Ereignisse die Ziele und Er ebnisse seiner auswärtigen Politik prüfe und erörtere, so würde man doch nicht begreifen, wenn es ohne Not bei jeder Gelegenheit auf diese seine Politik zurückkommen wollte, um zu sehen, ob es sich empfehle, ihre Grund⸗ lagen und ihre Richtung zu ändern. Man würde an der Klugheit eines Landes zweifeln, das so handeln wollte. So sei die große Debatte vom Dezember vorigen Jahres nicht nur notwendig, sondern unvermeidlich gewesen, und man habe ihm, Tittoni, zu Unrecht einen Vorwurf daraus gemacht, daß er sie entschlossen gewünscht habe. Aber heute stelle sich die Lage ganz anders dar. Die seitherigen Ereignisse hätten ein helleres Licht auf Tatsachen geworfen, die zuerst nicht in der richtigen Beleuchtung erschienen seien, und an deren Verdunkelung manche Leute zu verschiedenen Zwecken ge⸗ arbeitet hätten. Er habe im Dezember des längeren von den Beziehungen Italiens zu Rußland und von dem ttalienischen Programm im europäischen Orient gesprochen; weder hier noch dort sei eine Aenderung eingetreten. Die Begegnung von Bajae und die patriotischen Kundgebungen aus Anlaß der Wiederkehr der glorreichen Tage der nationalen Erhebung Italiens seien neue Beweise seiner aus⸗ gezeichneten Beziehungen zu den befreundeten Ländern England und Frankreich. Desgleichen hätten die Begegnung von Brindisi und die zwsschen dem Deutschen Kaiser und dem Kaiser von Oesterreich und dem König von Italien gewechselten herz⸗ lichen Telegramme die unerschülterliche Festigkeit des Drei⸗ bundes bewiesen. Man habe davon gesprochen, als ob diese Ereignisse bestimmt wären, sich gegenseitig aufzuheben und ihre Wirkung gegenseitig zunichte zu machen. Nichts sei falscher als das. Diese Ereignisse höben sich nicht auf, sondern das eine träte zu dem andern ergänzend hinzu. Es sei seltsam, daß die Politik der Bünd⸗ nisse und Freundschaften, die im Ausland von den Verbündeten und von den Freunden als Friedenselement hochgeschätzt werde, nur in Italien kritistert werde von Leuten, die sich bemühten, den Ver⸗ bündeten und Freunden Italiens ein Mißtrauen, einen Verdacht und eine Eifersucht nahe zu legen und juguschreiben, die sie nicht hätten. Dieselbe Erscheinung habe sich bei den Rüstungsausgaben geleigt, die das Parlament soeben mit patrio⸗ tischer 1 gut geheißen habe und die, wie er nie müde ge⸗ worden sei zu wiederholen, unentbehrlich seien, wenn man bei der gegenwärtigen Lage Europas auswärtige Politik machen wolle. Im Auslande habe jedermann ihre Bedeutung und Notwendigkeit begriffen und niemand habe daran gedacht, daran etwas Kritisches zu finden. Nur in Italien habe man behauptet, daß sie jemand verletzen könnten. Nein, im Gegenteil, sie verletzten niemand, weil sie gegen niemand gerichtet seien, weil die Politik, die Italien verfolge, eine Politik des Friedens sei und weil es in dieser Politik res Friedens fest verharren werde, durchdrungen von der Ueberzeugung, daß es die Politik sei, die den wahren Interessen des Landes am besten entspräche. Gewissen vorübergehenden Kundgebungen der Presse oder der öffentlichen Meinung, sei es in Italien, sei es im Ausland, dürfe man nicht zu viel Wichtigkeit beimessen. Der Minister gab sodann eine „bestimmte Antwort auf die bestimmte Frage“ Barzflais über die angebliche vor⸗ zeitige Erneuerung des Dreibundes, indem er sagte: „Der Dreibund ist nicht nur nicht vorzestig erneuert worden, sondern ich kann in der formellsten Weise versichern, daß an diese vorzeitige Erneuerung keine der vertragschließenden Parteien jemals gedacht hat oder heute denkt. Es gibt keinen Grund, den festgesetzten Ablauf⸗ termin nicht abzuwarten. Die Vorwegnahme könnte nur durch Furcht oder Zweifel veranlaßt sein. Aber es gibt nicht nur keine derartigen Stimmungen, sondern die verbündeten Staaten sind von dem voll⸗ kommensten gegenseitigen Vertrauen beseelt.’ Der Minister schloß,
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indem er versicherte, ungeachtet ei iger Augenblicke der Bitterkeit, ver⸗ ursacht durch gewisse feindselige Angriffe, die unter seltsamen Vor⸗ wanden der auswärtigen Politik gegen ihn gerichtet worden seien, habe er immer das feste Gesühl der Pfltch gehabt, den Blick auf die Interessen des Vaterlandes gerichtet und den Glauben an seine
Bestimmung im Herzen.
Nach einer Rede des Berichterstatters Demarinis wurde beschlossen, über die Tagesordnung Morgari namentlich abzustimmen. Die von der Regierung bekämpfte Tagesordnung wurde mit 205 gegen 27 Stimmen bei drei Stimmenthaltungen abgelehnt.
Niederlande.
Bei den gestrigen Stichwahlen zur Zweiten Kammer sind nach Meldungen des „W. T. B.“ 13 Liberale, 5 De⸗ mokraten, 6 Sozialisten, 20 Protestanten und 9 von der ese der historischen Christen gewählt worden. Darnach ist die Zusammensetzung der neuen Kammer fihenb 25 Liberale, 8 Demokraten, 7 Sozialisten, 25 Katholiken, 23 Protestanten und 12 von der Partei der historischen Christen. In der neuen Kammer beträgt also die Anzahl der Abgeordneten der rechts⸗ stehenden Parteien 60, die der linkestehend n 40 gegen
beziehungsweise 51 in der alten Kammer.
Türkei.
Aus Saloniki wird der „Frankfurter Zeitung“ gemeldet, daß infolge der Verhaftung des Feiechsches Metropoliten von Drama in Kavalla Unruhen ausgebrochen sind.
Amerika.
Der amerikanische Senat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, einen Zusatzantrag zum Folütarif angenommen, durch den der Kohlenzoll von 67 auf 60 Cents für die Tonne
erabgesetzt wird. h ges Asien.
Auf Forderung der Endschumen in Täbris sin nach einer Meldung des „W. T. B.“ die persischen Gesandten in London und St. Petersburg ggeeis en worden, auf Ab⸗ berufung der russischen Truppen aus Persien zu
bestehen. Afrika.
Nachrichten aus Fes besagen nach einer Meldung der „Agence Havas“, daß Mulay Kebir mit den Zemmurs die Kasba ulal besetzt halte. Der Ort liegt zwei Stunden von Mekines entfernt. Die Lage sei kritisch. Mulay Hafid habe in Fes eine Mahalla von 2000 Eingeborenen gebildet, deren Treue zweifelhaft erscheint. Man Fveeer sie werden zu dem Roghi übergehen. Die Europäaer bereiten sich darauf vor, die Stadt zu verlassen, die sich für die Belagerung Alle Stämme wenden sich dem Roghi zu.
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tags, des Herrenhauses sowie der Schlußbericht über die estrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten verhandelte in der heutigen (99.) Sitzung, welcher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben und der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Delbrück beiwohnten, zunächst über den vom Herren⸗ hause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Abänderung des Stempel⸗ steuergesetzes vom 31. Juli 1895.
Das Herrenhaus hat den Stempeltarif in folgender Weise geändert:
In Tarifstelle 11a für die Automaten und Musikwerke ist die Abstufung der Besteuerung nach dem Ertrage ersetzt worden durch eine Abstufung nach der Anzahl der Warenbehälter bei den Automaten und nach dem Anschaffungspreis bei den Musikwerken. Bei den Automaten soll die Steuer 1 ℳ bei einem oder zwei Warenbehältern, 2 ℳ bei drei und vier Warenbehältern, 3 ℳ bei mehr als vier Waren⸗ behältern betragen; Stereoskop⸗, Schau⸗ oder Scherzautomaten sollen 3 ℳ tragen; bei Musikautomaten, mechanischen Musikwerken, Grammo⸗ phonen, Phonographen und ähnlichen Apparaten soll die Steuer bei einem Anschaffungspreis von unter 100 ℳ mit 2 ℳ beginnen und bis auf 50 ℳ bei einem Anschaffungspreis von über 4000 ℳ steigen; Automaten anderer Art sollen 1 ℳ tragen. Unter die Steuer⸗ befreiungen hat das Herrenhaus auch die Gas⸗ und Elektrizitäts⸗ automaten für veeür. rvihec Zwecke aufgenommen.
In Tarifstelle 25 (Gesellschaftsverträge) sollen nach dem Herrenhausbeschluß die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, die lediglich vorübergehende Zwecke verfolgen (Gelegenheitsgesell⸗ schaften), nur einen Fixstempel von 10 ℳ tragen, während nach dem Abgeordnetenhausbeschluß auch diese Gesellschaften, wie die übrigen Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, 20 ℳ tragen sollten.
In Tarifstelle 48 (Pacht⸗ und Mietverträge) hatte das Abgeordnetenhaus den Mietsstempel bei einem Mietspreis von 400 ℳ mit ⁄10 % beginnen und bis zu 2 % bei einem Mietspreis über 22 000 ℳ steigen lassen. Das Herrenhaus hat zwei untere Stufen eingefügt mit 1½0 % bei einem Mietspreis von mehr als 300 bis 400 ℳ und ²½10 bei mehr als 400 bis 500 ℳ; der Stempel von 210 % soll dann erst bei mehr als 500 ℳ Mietzins erhoben werden.
Für die Jagdpachtverträge hatte das Abgeordnetenhaus den Stempel mit ¼ % bei einem Pachtzins von mehr als 300 bis 700 ℳ beginnen und bis auf 6 % bei mehr als 5000 ℳ steigen lassen. Das Herrenhauz⸗Jat die Stempelgebühren, wie folgt, festgesetzt;: bei mehr als 300 bis 1000 ℳ 3 %, bei mehr als 1000 bis 4000 ℳ 5 %, über 4000 ℳ 7 ½ %.
Die Anpachtung gemeinschaftlicher Jagdbezirke soll bei einem Pachtzins bis 1000 ℳ (Abgeordnetenhaus: 1500 ℳ) einem Stempel von ½ % (Abgeordnetenhaus: 16½10 %0) unterliegen.
Die vom Abgeordnetenhause angenommene Fahrradsteuer hat das Herrenhaus ganz gestrichen.
Hierzu liegen folgende Kompromißanträge der Kon⸗ ervativen, Freikonservativen, des Zentrums und der National⸗ iberalen vor:
Die Warenautomaten sollen bis zu vier Warenbehältern 1 ℳ, bei mehr als vier Warenbehältern 2 ℳ tragen.
Bei den Mietsverträgen soll der Stempel bei mehr alt 360 bis 400 ℳ Mietzins mit 7 beginnen und auf 2 % bei einem Mietpreise von über 20 000 ℳ steigen.
Bei den Jagdpachtverträgen wird folgende Skala be⸗ antragt: bei einem Pachtzins von mehr als 300 ℳ bis 500 ℳ 2 % bis 1500 ℳ 3 %, bis 3000 ℳ 5 %, bis 6000 ℳ 7 %, bis 8000 ℳ 9 %, über 8000 ℳ 10 %. Die Anpachtung gemeinschaftlicher Jagd⸗ bezirke soll bis zum Pachtzins von 1500 ℳ 1 0 % tragen.
bg. Dr. von Kries (kons.): Gestern sind eine Anzahl Ver⸗ trauensleute verschiedener Parteien des Hauses zusammengetreten, um 1u erwägen, ob ein einheitliches Vorgehen sämtlicher Parteien gegenübe
den Beschlüssen des Herrenhauses möglich und angängig sei. Leider hat sich eine völlige Einigkeit nicht erzielen kassen, immerhin
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Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗
stellte
se Mehrzahl der Parteien sich zu gemeinschaftlichen Anträgen vereinigt. Die Beschlüsse des Herrenhauses sind zum Teil als direkte Verbesserungen aufgefaßt worden. An dem Stempelsteuer⸗ isetz hat das Herrenhaus nur redaktionelle Aenderungen vor⸗ tenommen. Die materiellen Aenderungen des Tarifs haben aber Bedenken ervorgerufen. In bezug auf die Warenautomaten schlagen wir eine Ermäßigung des Stempels vor; wir hoffen, daß bei dieser Aenderung die Automatenindustrie die neue Auflage wird tragen können. Was den Mietsstempel anbetrifft, so haben wir zwischen den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses und des Herrenhauses einen Mittelweg vorge⸗ schlagen insofern, als wir den Stempel bei Mieten von 360 ℳ beginnen lassen. Die Befreiung bis zu diesem Betrage empfiehlt sich deshalb, lit es sich dabei um die Wohnungen der kleinen Leute handelt. Unser Vorschlag, vermeidet eine Belästigung weiter Schichten der Bevölke⸗ rung. Die 360 ℳ Miete entspricht der üblichen Zehntalermonatsmiete. Dagegen schlagen wir vor, die Luxusmieten schon bei 20 000 ℳ mit 29 % zu treffen. Meine politischen Freunde sind weiter der Auffassung, daß die Beschlüsse des Herrenhauses bezüglich des Stempels auf Jagdpachtverträge die kleinen Grundbesitzer nicht ausreichend zerücksichtigen. Wir haben die betreffenden Sätze entsprechend eändert. Mit der Freilassung der Fahrräder können wir uns ein⸗ verstanden erklären, da der Ausfall durch höhere Erträge aus dem Automatenstempel gedeckt werden dürfte. Wir können nur hoffen, daß mit den von uns vorgeschlagenen Aenderungen auch das Herrenhaus
einverstanden sein wird. Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) kann sich mit den Kompromiß⸗
hat die gro
anträgen, namentlich soweit sie die Besteuerung der Jagdpachtverträge
betreffen, nicht einverstanden erklären.
Abg. Leinert (Soz.): Ich kann mich mit den jetzigen Vor⸗ chlägen bezüglich der Besteuerung der Automaten nach der sehh der salnente bälter nicht einverstanden erklären, am allerwenigsten aber mit dem Heerase die untere Grenze für steuerfreie Mieten bei 360 ℳ Mietzins festzulegen. Man kann es auf der Rechten den lleinen Leuten gar nicht nachfühlen, wie schwer diese Steuern drücken. Wir kennen Ihre Lar Rechten) Gefühle; Sie haben die Macht, die Sie sich durch Ihren unverschämten Terrorigmus bei den Wahlen verschafft haben. (Präsident von Kröcher: Der Vor⸗ wurf der Unverschämtheit gegen Mitglieder dieses Hauses ist nicht zu⸗ lässig; Herr Abg. Leinert, ich rufe Sie zur Ordnung.) Der Finanz⸗ minister hat selbst gesagt, daß dem Volke erst die Augen aufgehen werden über die neue Steuerbelastung.
Hierauf nimmt der Finanzminister Freiherr von Rhein⸗ baben das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut wieder⸗ gegeben werden wird. 11111113“
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
8. Zur Arbeiterbewegung. 8 b Eine Versammlung der ausständischen und ausgesperrten Kieler städtischen Arbeiter hat beschlossen, im Ausstand zu ver⸗ harren und unter den vom Magistrat vorgeschlagenen Bedingungen die Arbeit nicht wieder aufzunehmen. Die Stadtverwaltung ist, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, jetzt bereit, den Achtstundentag für Retortenarbeiter und Kesselheizer im Etat 1910/11 vorzuschlagen und somit am 1. April 1910 einzuführen. (Vergl. Nr. 145 d. Bl.)
Die eingeschriebenen Seeleute in Marseille sind „W. T. B.“ zufolge im Prinzip mit der schiedsrichterlichen Ent⸗ scheidung des Marineministers einverstanden unter der Voraussetzung, daß die Schiffahrtsgesellschaften die aus der Zeit vor dem Ausstande stammenden Engagements anerkennen.
Zwischen den Grubenbesitzern und Grubenarbeitern von Südwales haben in den n. Tagen in Cardiff Unterhand⸗ lungen stattgefunden, die, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, aber zu keinem Ergebnis geführt haben, da die Grubenarbeiter die Ein⸗ fühnun der Doppelschichten von der Zustimmung ihres Ausschusses 88es wollten, was die Zechenbesitzer ablehnten. (Vergl.
2 .Bl.
Kunst und Wissenschaft.
Die ausgestorbenen Riesentiere Deutsch⸗Ostafrikas. Vor mehreren Jahren machte B. Sattler, Ingenieur der Schürf⸗ gesellschaft im Hinterlande von Lindi am Berge Tendaguru, die Ent⸗ deckung, daß sich dort versteinerte Tierknochen von ungewöhnlicher Größe vorfinden. Er berichtete darüber nach Europa, wodurch die Sache der landeskundigen Kommission des Kolonialamts zur Kenntnis kam. Zufällig war damals der württembergische Geologe, Professor Dr. E. Fraas auf einer Forschungsreise in Ostafrika und konnte die Fundstelle besuchen. Er fand die Angaben Sattlers bestätigt und
fest, daß es sich um 8v-B. Reste von riesen⸗ haften Dinosauriern handelt, die in der ersten Stufe der Kreideperiode dort gehaust haben. Nachdem diese Tatsache fest⸗ stand, wurden unter dem Protektorat Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regenten von Braunschweig, die Mittel zu einer deutschen Expedition in das Hinterland von Lindi ge⸗ sammelt. Die Leitung wurde Dr. Janensch vom geologisch⸗paläonto⸗ logischen Institut zu Berlin übertragen, der in Begleitung von Dr. Hennig die Erforschung des Geländes und Sammlung der überaus wichtigen fossilen Ueberreste begonnen hat. Bereits sind die ersten Berichte über die Erfolge der Expedition in Berlin eingetroffen. Die „Vossische Zeitung“ macht darüber Mitteilungen, denen nach⸗ folgendes entnommen ist: „Am 6. April“, schreibt Dr. Janensch, „trafen wir mit dem Dampfer „Feldmarschalle in Lindi ein. Infolge vorbereitender Schritte Sattlers erwarteten uns bereits 100 Träger, 50 weitere überließ uns das Bezirsamt. Im ganzen setzten wir 162 Mann in Beywegung, von denen 40 zwei Tage vorausgeschickt wurden, um das Lager herzurichten. Am 12. April erfolgte der Abmarsch. Ursprünglich wollten wir den gleichen Marsch machen wie Fraas, doch war der Weg durch Regen so aufgeweicht, daß am zweiten Tage die Route auf den Rat Sattlers geändert wurde. Nach fünf Marschtagen erreichten wir am 16. April den Tendaguru, wo ein Lagerplatz bereits hergerichtet war. Wir konnten uns gleich davon überzeugen, daß sich die Saurierknochen in weiter Ausbreitung in der Umgebung des Tendaguru finden. Wir erhielten den Eindruck, daß die Knochen ein bestimmtes Niveau einhalten, denn an den 5585 tießen wir fast stets in dem vermuteten Niveau auf olche. Die Vermutung von Fraas, daß mehr oder weniger zusammen⸗ ängende Skelette, vielleicht auch ganze Skelette vorkommen, können wir nur bestätigen. Die dahlchich zusammen umherliegenden großen Knochen deuten darauf hin. Am 20. Tage begannen wir mit der An⸗ lage eines Schürfgrabens, fünf Minuten südlich von unserem Lager. Unter einer ganz flachen Kuppe zieht sich die Knochenschicht anscheinend san⸗ dicht, vielleicht höchstens 3 m unter dem höchsten Punkt hin. Wir etzten den Graben an der nördlichen Abdachung an einer Stelle an, wo Fraas einen Wirbel erbeutet hatte und noch mehrere andere zu⸗ tage lagen. Außerdem wurden an dieser Stelle zur Auffindung weiterer Reste des herauswitternden Skelettes größere Flächen freigelegt. Wegen der Lage unmittelbar unter der Oberfläche sind die Knochen dieses Skeletts zum Teil stark angewittert. Die Knochen liegen etwa 20 m vom Anfangspunkt des Grabens itesee etwa 1 ½ m unter der Ober⸗ fläche in frischem Gestein. Dieses ist ein bröckliger lasssge Mergel von grauer und roter Farbe, er ist mit der Haue sehr leicht zu bear⸗ beiten und löst sich ganz leicht von den Knochen ab. Diese sind in dem verwitterten Gestein ausgezeichnet erhalten, anscheinend unver⸗ drückt, allerdings von Querbrüchen durchzogen. Wir hoffen, an dieser Stelle mehr zu nden Da größere Vorsicht beim Graben anzuwenden ist, so geht die Arbeit langsamer vonstatten. Im übhrigen arbeiten die Leute über meine Erwartung schnell, dabei aber auch zugleich recht sorgsam, auch haben sie einen guten Blick dafür, was Knochen und was Gestein ist. In fünf Tagen Arbeit haben durchschnittlich 15 Leute
einen Graben von etwa 50 m Länge und 1—2 m Tiefe gezogen und außerdem weitere 40 m etwa ½ m ausgehoben. Von Eingeborenen sind uns weitere Fundpunkte eine halbe Stunde südlich und eine Stunde nördlich gezeigt worden. An einem dritten, dicht bei unserm Lager, fand sich ein riesiger oberer Extremitätenknochen, der trotz seiner abgewitterten Enden eine Länge von 1,80 m besitzt.“ — Dr. Hennig schreibt u. a.: „Wir dürfen uns bereits jetzt mancherlei wichtige Ergeb⸗ nisse stratigraphischer Art versprechen. Wir entdeckten reiche Fofsil⸗ unkte auf dem Gipfel des Tendaguru, also über den Saurierschichten, odaß sich deren Alter 7.S. wird feststellen lassen. Interessant ist aran auch, daß allem Anscheine nach das Land nachmals unter „2 gesetzt wurde. Die Knochenfunde selbst sind bereits beim ersten oher⸗ äͤchlichen Rundgang so unglaublich reichlich, daß mit Bestimmtheit eim Graben noch viel Gutes erwartet werden darf. Wir müssen an⸗ (Feinend den ganzen Berg abtragen, denn es ist kaum eine Stelle ohne Knochenreste. Im übrigen geht es im Lager ungemein gemütlich und behaglich zu. Die Arbeiter und Träger haben ihre Frauen und Kinder mitgebracht und sind im Begriff, ein kleines Dorf aus Bambus und Gras entstehen zu lassen. Für die Arbeit ist es insofern von Wert, als wir von 2 bis 6 Uhr werden graben lassen können und die Leute dann ihr fertiges Essen vorfinden, dann bleibt der Nachmittag für geologische Betrachtungen frei. Der Verkehr mit den Schwarzen gestaltet sich sehr nett, von Arbeitsscheu ist keine Rede, sie sind stets heiter und zufrieden sowie bescheiden und nur zum Teil ein wenig scheu.“ Die reiche und wichtige Ausbeute wird im zoologisch⸗ 1 Museum der Unlversität zu Berlin aufgestellt werde 88 Technik.
A. F. In der letzten Versammlung des „Vereins deutscher Flugtechniker“ sprach Dr. F. Huth über den Kraftbedarf von Drachenfliegern. Die streng mathematische Beweisführung durch den Vortragenden ergab natürlich nur die Methode und die
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Formeln, nach denen unter Eiasetun der Maße (Fläche, Gewicht, Luft⸗
druck ꝛc.) von Fel zu Fall zu rechnen ist; aber sie ließ, wie die nachfolgende angeregte Debatte erwies, bei aller Anerkennung des Scharfsinns der Beweisführung und ihrer Richtigkeit, doch recht viele Fragen noch unbeantwortet. Hierher gehört vor allem die den Flächen zu gebende Gestalt und . Eine mehr in die Breite als in die Höhe entwickelte Fläche bietet bei ganz gleichem Flächeninhalt erfahrungs⸗ mäßig der Luft erheblich größeren Widerstand als eine mehr hoch als brest entwickelte, auch dann, wenn beider rechteckige Form z. B. genau die nämliche ist. Ebenso ist bei gleichen, aeschieformten und gleichgerichteten Flächen, die hintereinander gestellt sind, — Doppeldecker — als Widerstand wahrscheinlich nicht der doppelte Widerstand der einzelnen Fläche, sondern weniger anzusetzen. Letzterer Meinung, begründet auf die Ansicht, daß Luftwiderstand bezw. Wind⸗ druck in vS Linie wirksam sind, widersprach Baumeister Gustav Lilienthal mit der Behauptung, die Elastizität der Luft begünstige, bei dem ertngcgfn sich ihr entgegenstellenden Widerstand zumal, wellenförmige Wirkungslinien des Luftwiderstandes. Das wollte allerdings Major von Parseval nicht einräumen; aber es ergab sich, daß es für die eine oder die andere Ansicht noch am experimentellen Beweis mangele, den zu erbringen man über Methoden nachdenken sollte. Großes Interesse erweckte Lilienthal durch die zur Unterstützung seiner Anschauung mitgeteilte, von ihm wiederholt ge⸗ machte Beobachtung, daß beim Zuge großer Zugvögel, wie Kraniche, das stärkste Individuum zwar den Zug eröffne, aber nach einiger Zeit abgelöst werde und sich als letzter dem Zuge anschließe. Das spreche wohl für die Erfahrung der Vögel, daß das eröffnende Individuum die schwerste Flugarbeit habe und daß die Luft in einen ihren Widerstand für die Nachfolgenden verringernden Zustand der Bewegung, nämlich in den wellenförmigen, gerate. — Vom Verein wird eine Ausstellung von Flugapparaten seiner Mitglieder be⸗ absichtigt, zu der bisher etwa ein Dutzend Apparate angemeldet sind, welche die verschiedensten Ertndusgeesfnubn verwirklichen. Es herrscht frisches Leben in dem jungen erein.
Ausstellungsnachrichten. 8*
Die großen organisatorischen Arbeiten für die Erste inter⸗ nationale Jagdausstellung Wien 1910 haben vorläufig mit der konstituierenden Versammlung ihren Abschluß gefunden, die der neugewählten Großen Kommission die Sorge für die weitere Ent⸗ wicklung und Ausgestaltung des Werkes anvertraut hat. Die Rkallenische Regierung hat die an sie ergangene Einladung, sich an der Jagdausstellung offiziell zu beteiligen, mit einer Note beantwortet, in der sie ihre offizielle ve zusagt und in sichere Aussicht stellt.
Die Veranstaltung der Pferdeausstellungen erfolgt in zwei
auptabteilungen, die wieder in mehrere Serien gegliedert sein werden, 89. im Frühjahre 1910 Sonderausstellungen von Jaßdpferden, Trag. die Ausstellungen der K. K. österreichischen und der Königl. ungarischen
eren, Wagenpferden und Trabern und schweren Zugtieren, im Herb Pferdezuchtanstalten sowie der Privatgestüte stattfinden werden. Für die letztgenannte Serie ist auch die Teilnahme des Hosmarstalles und der Hofgestüte zu erwarten. Dem internationalen Charakter der Aus⸗ stellung entsprechend, wird auch das Ausland eingeladen werden, an den Pferdeausstellungen teilzunehmen. Das Komitee plant auch ein Preisspringen der Jagdpferde und ein Vorspringen.
Von dem Komitee der Klasse VII „Der Jagd dienende Publi⸗ kationen“ ergeht der Aufruf an alle Industrie⸗ und Gewerbetreibenden, ch an der Jagdausstellung durch Anmeldungen über auszustellende, eststehende oder zerlegbare Jagdhäuser, Jagdhütten und deren Ein⸗ richtung recht zahlreich zu beteiligen und hiermit durch ihr Bestes zum Gelingen des Ganzen ihr Möglichstes beizutragen.
In den letzten Tagen hat sich auch die Abteilung „Kunst⸗ gewerbe“, der ein eigener Pavillon eingeräumt werden wird, gebildet. Die Abteilung teilt sich in zehn Gruppen, an deren Spitze wieder Gruppenobmänner berufen wurden, denen die Gewinnung und Ein⸗ teilung der Aussteller obliegt. Diese Gruppen sind: Bronzen, Glaswaren, Keramik, Gold⸗ und Silberwaren, Juwelen, Lederwaren, Textilwaren, Papierwaren, Graphisches und verviel⸗ fältigendes Kunstgewerbe, Dekoration und Diverses. Es liegt bereits eine große Anzahl von Beteiligungsanmeldungen in, und ausländischer Pe ig.eeteewende vor. Alle Anmeldungen sind an das General⸗ kommissariat der Ersten internationalen Jagdausstellung Wien 1910, Wien III, Lothringer Straße 16, zu richten.
Land⸗ und Forstwirtschaft. 8
Ernteergebnisse und Getreidehandel in Sprien.
Das Kaiserliche Konsulat in Beirut berichtet unterm 5. d. M.: Das Getreideausfuhrverbot, das im Februar für die Provinzen Aleppo und Damaskus erlassen wurde, ist infolge der reichen Ernten wieder aufgehoben worden. Auch die Provinz Beirut hat ein sehr gutes Ernteergebnis zu verzeichnen. In dem Mutessariflik Jerusalem da⸗ gegen und den Distrikten von Gaza, wird, ist die diesjährige Ernte unter dem Einfluß ungünstiger Witierungsverhältnisse um die Hälfte geringer als im Vorjahre.
In den Monaten Februar, März, April, Mai wurde über Beirut ausgeführt: 8
An Weizen: 20 500 dz nach türkischen Häfen, 5 140 dz nach Aegypten,
msammen: 25 640 dz. An Gerste: 35 040 dz nach Antwerpen und England, 7 380 dz nach Aegypten, 8
2 510 dz nach türkischen Häfen
zusammen: 44 930 dz. Saatenstand in Anatolien.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Konstantinopel berichtet unterm 10. d. M.: Die Herbstaussaaten in Anatolien sind infolge
der milden Witterung, die während der Wintermonate herrschte, fast
überall gut durch den Winter gekommen
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Auch in diesem Frühjahr waren die Witterungsverhältnisse fast durchweg so günstig, daß die Bodenbearbeitung rechtzeitig zu Ende geführt werden konnte. Die Saatarbeiten gingen fast überall bei milder, feuchter Witterung vor sich, und die aufgehenden Saaten waren abwechselnd von Regen und gutem Wetter begünstigt. Zwar hat an manchen Orten die Einsaat infolge Mangels an Saatgetreide geringe Verzögerungen erlitten; immerhin wurde 22 jedoch dadurch noch rechtzeitig ermöglicht, daß die Regierung unentgeltl. Saatgut verteilen ließ und daß auch seitens der Anatolischen Eisen⸗ bahngesellschaft durch Vermittlung der hiesigen Landwirtschaftsbank finanzielle Beihilfen gewährt wurden. Wenn auch die Bauern nicht überall die verlangten Getreidemengen zur Aussaat erhalten haben, so 1 man darum doch nicht befürchten zu müssen, daß der dies⸗ jährige Ernteertrag hinter dem des Vorjahres zurückbleiben wird; man hofft vielmehr in verschiedenen Bezirken, daß selbst bei geringerer Anbauflache ein erhöhter Ernteertrag ausgleichend wirken wird. Viel⸗ fach hängt aber ein günstiges Ernteergebnis noch davon ab, daß in nächster Zeit noch chatebige Regenmengen niedergehen.
Im einzelnen ist hinsichtlich der von der Anatolischen Eisenbahn durchschnittenen Gebiete folgendes zu bemerken:
Im Bereiche der Linie Jsmidt — Eski —Schehir — Angora ist die Einsaat fast durchweg unter den günstigsten Wjtterungsverhältnissen erfolgt, und man hofft auf eine gute Ernte, wenn der erforderliche Regen nicht auf sich warten läßt. 8s. 3
Auf der Strecke Eski. —-Schehir — Konia können die Saatverhältnisse ebenfalls als günstig, teilweise sogar als vorzüglich bezeichnet werden. Jedoch hängt besonders in der Gegend von Konia und in der Konia- ebene alles von dem baldigen Eintritte von Niederschlägen ab; sollten diese ausbleiben, so wird der Ernteertrag die Aussaatmenge kaum über⸗ steigen. Eine Ausnahme von diesem allgemeinen günstigen Saaten-⸗ stand macht der Bezirk von Jipiren; hier herrscht unter der Be-⸗ völkerung, der nicht genügend Saatgut zu Gebote stand und deren Opium und Roggensaaten durch Ueberschwemmungen vernichtet worden sind, großes Elend.
Aus dem Gebiete der Bagdadbahn lauten die Saatenstands⸗ berichte ebenfalls günstig, doch werden auch dort noch teilweise Nieder⸗ schläge mit Sehnsucht erwartet.
Die Anbauflächen haben sich auch in diesem Jahre wieder in vielen Gegenden wesentlich vergrößert; so beträgt die Zunahme in
Kalaidjik 1. 80 1 9
“ Föd⸗ isch alova 8 Spoungourlou “ Nur in vier Ortschaften war die Anbaufläche kleiner als im Vorjahre, ein Umstand, der teils auf ungünstige Witterungsverhältnisse im Winter, teils auf Mangel an Saatgut oder auf Ueberschwemmung zurückgeführt werden muß. 3
Getreidehandel und Saatenstand im Mississ am 31. Mai 1909.
Die Abwickelungen des Maitermins auf den amerikanischen Ge⸗ treidemärkten gingen lautlos vor sich, ohne die Börsen im geringsten zu beunruhigen. Die Preislage für Kasseweizen und für zukünftige Lieferungen blieb unperändert. Es ist das der beste Beweis dafür, daß die jetzigen Preise nicht auf mutwilligem Börsenspiel beruhen, sondern die natürliche Folge der Erschöpfung aller Vorräte und auch der Aussicht auf eine nur mäßige Weizenernte sind. Man kommt mehr und mehr zu der Ansicht, daß die Menge der vorig⸗ jährigen Winterweizenernte — 435 Millionen Bushels nach der amt⸗ lichen Angabe — überschätzt war. 28 der Winterweizen von 1908 in der Müllerei ein höchst unbefriedigendes Ergebnis lieferte und daß viel Winterweizen infolge seiner geringen Haltbarkeit in den Speichern der Farmer verdorben ist, erklärt zum Teil das verblüffend Manko in den Vorräten. Brot ist heute noch das billigste Nahrungs⸗ mittel; während der Zeiten des geschäftlichen Niedergangs ist 25* 1 offenbar sein Verbrauch gestiegen. Man nimmt heute an, daß Amerika, das in den letzten Jahren nur mäßige Weizenernten hatte, von den Vorräten gezehrt hat, und zwar schon seit längerem. Bleibt das seit einigen Tagen warme Wetter weiter günstig und S die Entwicklung der Pflanzen normal voran, so wird die
inte Ende dieses Monats in vollem Gange sein. Der Mai war außer⸗ seaezanich trocken und kalt; sollte nun die übliche Sommerhitze mit
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Interieurs,
wo hauptsächlich Gerste gebaut
die geringere Anbauflä
der Mittelwesten nur mit
chweren Regen einsetzen, so könnte das Ernteergebnis 55 beein⸗ trächtigt werden. Der Stand der Felder ist im ganzen befriedigend und hat sich FFene östlich vom Mississippi sichtlich gehoben. Aber e und viele Fehlstellen lassen auf keinen höheren Ertrag als etwa 400 Millionen Bushels schließen. Fällt die Qualität der Frucht recht gut aus, so dürfte die Ernte im Brotgehalt der letzt⸗ jährigen ziemlich nahe kommen Unter den obwaltenden Umständen ist auf eine nennenswerte Aus fuhr von Weizen auf dem Weltmarkt nicht eher zu rechnen, als bis eine reiche Ernte von Sommerweizen im Spätherbste zur Ausfuhr drängen sollte. Die Aussichten hierfür sind nicht ungünstig, obgleich die Aussaat verspätet war. Der Boden ist von Regen reich gesättigt und 2—3 Monate täglichen Sonnenscheins von 15—18 Stunden können viel leisten. Die Vergrößerung der Anbaufläche im Nord⸗ westen und in Canada wird im ganzen auf etwa 5 % Fücha dabei sind die neuen Farmen im hohen Norden berücksichtigt. Mais ist für den amerikanischen Farmer unentbehrlich und von allen Futterstoffen der lohnendste. Bei den gegenwärtigen hohen Maispreisen bezieht der Bauer 85 verfügbaren Acker in den Maisbau ein. Da sich auch bis jetzt der junge Maisschößling * entwickelt hat, so wird emsig weiter gepflanzt, sodaß die Anbaufläch in Mais in diesem Jahre eine besonders hohe zu werden verspricht. Ueber Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Sorghum, Buch⸗ weizen, Bohnen, Kartoffeln, Hackfrüchte, Leinsamen, Flachs, Hanf, Obst, Gartenfruüchte und Wiesen ist nichts erwähnenswertes zu melden. Der Stand ist im allgemeinen normal. All das hat lediglich lokale Bedeutung. Auf dem Weltmarkt spielt seinem Weizen und . fine Rolle. our
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Bericht des Kaiserlichen Konsulats in St. Louis, L Juni 1909.) se 1 1 8
“ 8 8
Der „Schweizerischen Landwirtschaftlichen Zeitschrift“ wird unt dem 18. Juni über den Stand der Kulturen aus der Ostschweiz geschrieben: Juni. Endl ist der langersehnte ergiebe Rege erfolgt. Alle Kulturen sind nun wieder gesättigt und erquickt un
fällt
können sich wieder ungehindert fortentwickeln. Die anhaltende Trocken⸗ periode hatte nämlich nicht nur zur Folge, daß vielerorts gewaltiger ersese hee. eintrat, sondern auch die meisten Kulturen unter dem Einflusse der Trockenheit und der tropischen Hitze stark zu leiden batten. Die Blütezeit des Weinstocks sowie der Getreidearten zumeist in die zweite Hälfte des Monats; es ist daher von ganz besonderer Bedeutung, daß die Witterung von jetzt an wieder beständig wird. Die Heuernte hat überall begonnen. Wenn auch die Menge infolge der anhaltenden Trochkenheit derjenige im Vorjahre bei weitem nicht entspricht, so darf die Güte wirkli als ganz vorzüglich bezeichnet werden. In den Talschaften sind scho weite Wiesenflächen abgemäht, selbst bis in die Berggegende hinauf hat man mit der Heuernte begonnen. Einen vorzü lichen Stand weisen zurzeit die Weinreben auf. Die Stöcke, die vom Winterfroste nicht gelitten haben, hegn ein ausgezeichnetes Wachstum und die Traͤubchen sind im Verhältnis zur Jahreszeit entsprechend entwickelt. In den vorteilhaften Lagen hat der Blühe
begonnen oder dürfte demnächst den Lnfeng. nehmen; an den Spalierreben sind die Träubchen in vollem Blühet; ein Teil hat bereits abgeblüht. Man rühmt durchweg den befriedigenden Trauben⸗ ansatz und die vollkommene Entwicklung der Träubchen; wenn auch