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v. Krohn, Korv. Kapitän vom Admiralstab der Marine auf sein Gesuch mit der gesetzlichen Pension zur Disp. sestänt unter Belassung Fern hnntralltet den Marine behufs Verwendung in einer Stelle
r ziere zur Disp.
Der Abschied bewilligt: Paasche, Oberlt. zur See von der II. Marineinsp., unter Verleihung des Charakters als Kapitänlt. mit der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform; die Regelung seiner Pensionsansprüche hat nach den gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen; Dr. Senf, Marineoberstabsarzt, Div. Arzt der 1. Werftdiv., mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform; Troll (Alfred), Kapitänlt. von der II. Marine⸗Insp., Möhmking, Marineoberstabsingen., Insp. Ingen. der Insp. des Bildungswesens der Marine, Dr. Behrens, Marineoberstabsarzt von der Marinestatlon der Nordsee, — mit der gesetzlichen Penfbon, der Erlaubnis zum Tragen der bis⸗ herigen Uniform und der Aussicht auf Anstellung im en Wsenneh Dr. Schlick, Marineoberstabsarzt vom Stabe S. . Linienschiffs „Lothringen“, mit der gesetzlichen Pension.
Quassnigk und Lüders, Fähnriche zur See von der Marine⸗ schule, sind zur Marineres. beurlaubt. Hartmann (Wilhelm), Fähnr. zur Ste von der Marineschule, behufs Invalidisierung nach den Bestimmungen des Mannschaftsversorgungsgesetzes aus dem Marinedienst entlassen. Gloystein, Marineoberingen. a. D., zuletzt von der II. Werftdiv., unter Fortfall der ihm bei seiner Verab⸗ schiedung erteilten Aussicht auf Anstellung im Zivildienst mit der gesetzlichen Pension zur Disp. gestellt und gleichzeitig in einer Stellung für pensionierte Ingenieure bei der Ingen. und Deckoffizierschule
Deutscher Reichstag. 268. Sitzung vom 23. Juni 1909, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend ö im Finanzwesen. Der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg, der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben und der Staatssekretär des Reichsschatzamts Sydow wohnen den Verhandlungen bei.
Im Artikel III des Gesetzentwurfs hat die Finanz⸗ kommission eine neue Reichssteuer von dem Umsatz und dem Wertzuwachs der Immobilien vorgeschlagen. Nachdem die verbündeten Regierungen sich entschlossen haben, eine besondere Umsatzsteuer auf Immoblien vorzuschlagen, und diese vorgelegt und nach der ersten Beratung an die Finanzkommission verwiesen ist, sind heute von dem Referenten Abg. Grafen v. West arp (bkons.) zu den 8§ 1 bis 3 der Kommissionsvorschläge Abänderungs⸗ anträge eingebracht worden, die darauf abzielen, die Umsatz⸗ steuer einstweilen auszuschalten und lediglich die Kommissions⸗ vorschläge, betreffend die Einführung einer Wertzuwachssteuer von Reichs wegen, in Beratung zu nehmen. Diese Anträge werden der heutigen Beratung zugrunde gelegt
Abg. Graf von Westarp (dkons.). Der Zweck meines Antrags ist, die zweite Lesung der Kommissionsbeschlüsse für jetzt auf die Wertzuwachs⸗ steuer zu beschränken, nachdem die neuerliche Regierungsvorlage, betreffend die Einführung einer Umsatzsteuer auf Immobilien, heute in der Finanz⸗ kommission bereits Gegenstand der Erörterung ewesen ist. Es wird sich also jetzt nur darum handeln, sich über die Zwe mäßigkeit und Möglich⸗ keit der Einführung einer Reichswertzuwachssteuer auszusprechen. Diese Zweckmäßigkeit hat die Kommission einstimmig anerkannt; auch der Schatzsekretär hat keine prinzipiell ablehnende Haltung ein⸗ genommen, sondern nur die sofortige Durchführbarkeit in Zweifel ge⸗ zogen und uns eine Denkschrift zugesagt, die inzwischen dem Reichs⸗ tage zugegangen ist. Die Denkschrift will den Beweis führen, daß die Durchführung des neuen Gedankens eine längere Zeit erfordert, daß vor zwei bis drei Jahren nicht daran zu denken ist, eine Wert⸗ zuwachssteuer einzuführen. Nach meiner Meinung wird der Nac weis, daß dieser Zeitraum nötig ist, durch die Denkschrift nicht geführt. Der Werkzuwachs ist auch für das Reich ein durchaus geeignetes Steuerobjekt. Bei voller Autonomie der Gemeinden wird die Wertzuwachssteuer vielfach ein Gegenstand heißer Interessenkämpfe und kommt deswegen nicht zur vollen Geltung; auch darum ist es nicht ratsam, den Gemeinden die volle Ent⸗ schließungsfreiheit auf diesem Gebiete zu belassen. Die Kommission hat im 8 13 demgemäß vorgeschlagen, daß 50 % der Beträge in die Reichskasse fließen, 50 % den Gemeinden überlassen bleiben follen. Letzteres vorbehaltlich anderweiter Bestimmungen der Landes⸗ gesetzgebung. Nehmen wir jetzt diese Steuer von Reichs wegen nicht an, so wird in allernächster Zeit eine sehr große Anzahl von Ge⸗ meinden sie einführen und eine spätere Regelung von Reichs wegen auf sehr große Schwierigkeiten stoßen, weil inzwischen die Finanz⸗ Eenus einer übergroßen Menge von Gemeinden mit auf diese
teuer basiert erscheinen würde. Die Frage, von wann ab und wie der Wertzuwachs steuerlich erfaßt werden soll, ist in den einzelnen Gemeinden, die diese Steuer haben, sehr verschieden geregelt. Die oöͤrtlichen Verhältnisse einzelner Gemeinden lassen ja vielleicht an⸗ gezeigt erscheinen, die Sache verschieden zu regeln. Die Kom⸗ mission hat die Bedeutung der Frage wesentlich eingeschränkt, indem sie nur bis auf den letzten Erbgang zurückzugehen beschloß. Die Freilassung des Wertzuwachses unter 10 % von der Steuer, wie sie die meisten städtischen Ordnungen enthalten, schien der Kommission nicht zulässig; sie hat daher beschlossen, in diesem Falle 10 % zu erheben. Der Ertrag der Wertzuwachssteuer ist in der Denkschrift viel zu gering Sese die von den Gemeinden er⸗ zielten Erträgnisse lassen die Berechnung eines viel höheren Ertrages zu. Wir empfehlen dem 789 die Annahme der Kommissions⸗ vorschläge mit den von mir beantragten Abänderungen.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Sydow:
Mieine Herren! Ich habe bereits neulich bei Beginn der Beratung über die Ersatzsteuer in kurzen Grundzügen die Stellung der ver⸗ bündeten Regierungen gegenüber einer Wertzuwachssteuer dargelegt.
Ich halte es trotzdem für geboten, hier noch einmal etwas näher auf die Frage einzugehen und glaube dadurch zur Abkürzung der Debatte, wenigstens soweit die Beteiligung der Regierung in Frage kommt, beizutragen. Ich hoffe, es wird mir dann möglich sein, von dem Eingehen auf die einzelnen Paragraphen mich im großen und ganzen fernzuhalten.
Die Frage der Einbeziehung der Wertzuwachssteuer in die Finanz⸗ reform ist in einem verhältnismäßig späten Stadium auf die Tages⸗ ordnung gekommen. Erst in der Sitzung vom 1. Mai wurde ein dahingehender Antrag gestellt, beraten und in dem Sinne angenommen, daß die Regierungen dieser Frage möglichst schleunigst näher treten sollten. So schwierig die Frnge ist, so kann ich wohl sagen, daß ich zunächst in der Hoffnung an die Einzelheiten herangegangen bin, noch jetzt für die Finanzreform eine Vorlage bringen zu koͤnnen. Unbedingt geboten war aber dazu eine Besprechung mit Männern, die theoretisch oder praktisch sich mit der Frage beschäftigt hatten. Ich habe binnen zehn Tagen hier eine Kommission zusammenberufen (Zuruf rechts: Gegner!) Es wird mir eben der Zuruf gemacht: Gegner! Das ist ein Irrtum. Ich habe die Wahl nicht danach ge⸗ troffen, wie die Leute voraussichtlich sich zu der Steuer stellen würden, sondern ich habe gesucht, Männer, die Erfahrungen auf dem Gebiete
schwerer ist als in
1 ““ haben, heranzuziehen und habe einzelne dabei gehabt, die als Förderer de Reichswertzuwachssteuer galten, wie z. B. Herrn Professor Adolf Wagner. Außerdem aber waren unter den Bürgermeistern und Stadträten, die ja natürlich in erster Linie Auskunft geben konnten, verschledene, die sich für die Idee der Ausdehnung der Wertzuwachssteuer auf das Reich von vornherein mit Nachdruck aussprachen; aber das Ergebnis dieser Erörterungen war doch, daß die Schwierigkeiten, die in der Mitte liegen, und die dem Erlasse einheitlicher Bestimmungen für das ganze Reich, sowohl für die Städte, wie für das Land, entgegen⸗ stehen, überwiegen, daß man daher augenblicklich noch nicht mit einem wirklichen Entwurf, der sich auch als gangbar erweisen dürfte, vor das Land treten kann.
Der Herr Referent hat auf die Denkschrift Bezug genommen, die im großen und ganzen das Ergebnis dieser Beratungen widergibt. Ich kann sie vielleicht im Tone etwas nüancieren. Wenn die Denk⸗ schrift objektiv das Für und Wider einer Reichswertzuwachssteuer er⸗ örtert und die Bedenken dagegen nicht verschweigt, so bin ich in der Lage, hier auch im Namen der verbündeten Regierungen im großen und ganzen die prinzipiellen Bedenken mehr zurückzustellen und nur die Frage, ob augenblicklich schon der Zeitpunkt für die Vorlegung eines Gesetzes gekommen sei, etwas schärfer zu pointieren.
Die Schwierigkeiten einer einheitlichen Regelung sind nicht zu leugnen; aber prinzipiell stehe ich und stehen die verbündeten Regierungen auf dem Standpunkte, daß auch dem Reiche ein Anteil an dem Immobilienwertzuwachs gewährt werden soll (Sehr richtig! in der Mitte), während daneben nicht verkannt wird, daß auch den Gemeinden ihr Anteil gebührt. Das Reich hat — ich glaube, das kann nicht bestritten werden — durch den Schirm, den es während dreier Jahrzehnte und länger dem Frieden gewährt hat, durch die Zu⸗ sammenfassung der wirtschaftlichen Kräfte der Nation viel dazu beigetragen, daß sich der Wohlstand im allgemeinen gehoben hat, daß insbesondere auch der Wert der Grundstücke an vielen Stellen gewachsen ist. Auf der anderen Seite haben aber auch die Gemeinden sehr erhebliche Ein⸗ richtungen getroffen, die unmittelbar eine wertsteigernde Wirkung auf die Grundstücke ihres Bezirks ausüben. Es kommt also darauf an, den Interessen beider gerecht zu werden. —
Nun lag uns an Erfahrungen im wesentlichen doch nur das Material der großen Städte vor. Die großen Städte haben sich in einer Reihe von Wertzuwachssteuerordnungen mit der Materie befaßt. Diese Wertzuwachssteuerordnungen weichen vielfach von einander ab, sind auch in derselben Stadt oft schon wiederholt geändert worden, und es ergibt sich auch aus der verschiedenen Regelung, die sie der Materie zu teil werden lassen, daß eben die Verhältnisse in den ver⸗ schiedenen Teilen des Reichs recht erheblich von einander abweichen.
Fast ganz fehlt es dagegen an Erfahrungen für das flache Land. Wohl haben einzelne Kreise und Gemeinden — ich spreche hier nicht von den Vorortgemeinden der großen Städte, die ja mehr denselben Gesichtspunkten wie die großen Städte selbst unter⸗ liegen —, wohl haben einige Gemeinden des flachen Landes auch solche Zuwachssteuerordnungen eingeführt, aber erstens ist ihre Zahl sehr gering, und zweitens sind die Erfahrungen damit noch geringer.
Nun hat die Kommission allerdings einen Entwurf hier vor⸗ gelegt, der durch die zweimalige Beratung, glaube ich, gewonnen hat. Er schließt sich bekanntlich an die Cölner Wertzuwachssteuer an. Aber auch der Entwurf der Kommission läßt noch eine Reihe von Fragen offen, und hat bei manchen Entscheidungen doch noch recht große Be⸗ denken gegen sich. Ich will nicht zu sehr auf die Einzelheiten ein⸗ gehen, nur ein paar Punkte hervorheben.
In der Frage der sogenannten Rückwirkung, d. h. in der Frage, wie weit bei dem ersten Verkauf nach dem Inkraft⸗ treten des Gesetzes auf seinen Erwerbspreis zum Vergleich zurückgegangen werden darf, der vor dem Inkrafttren des Ge⸗ setzes lag, hat die Kommission als Jahr, bis auf welches zurückgegangen werden kann und muß, das Jahr 1884 genommen. Das kann richtig sein, es kann auch zu wenig, es kann aber auch zu viel sein. Es ist zu wenig für alle die Gemeinden, in denen der starke Aufschwung vor dem Jahre 1884 eingesetzt hat. Es ist zu lange überall da, wo der Maßstab für den Wert, den ein Grundstück vor 25 Jahren gehabt hat, fehlt.
Einzelne von den großen Gemeinden, wie Frankfurt a. M., ferner Hamburg, gehen ja viel weiter zurück. Diese haben aber auch besondere Aufzeichnungen über die Grundstückspreise auf Jahrhunderte zurück. Hier wäre es ein Unrecht, die Möglichkeit abzuschneiden, einen Wertzuwachs, der gegenüber einem früheren Zeitpunkt als 1884 ent⸗ standen ist, in Betracht zu ziehen. Aber wieder anderswo — und das ist auch die Meinung derjenigen Vertreter der Städte, die wir hier gehört haben — macht es schon Schwierigkeiten, weiter als 10 Jahre zurück den damaligen Wert eines Grundstücks, oder den effektiven Verkaufspreis eines Grundstücks oder einer Parzelle fest⸗ zustellen.
Ferner ist die Frage, was unverdienter Wertzuwachs sei, nach unserer Meinung in dem Entwurf nicht so gelöst, daß man darauf ein Gesetz aufbauen könne. Darin liegt überhaupt die ganze Haupt⸗ schwierigkeit der Frage, die Idee des unver dienten Wert⸗ zuwachses praktisch herauszuarbeiten. Es heißt im Entwurf nur, daß abgezogen werden dürfen die Kosten für Verbesserungen des Grund⸗ stücks sowie für Neubauten und Umbauten. Ja, was sind „Ver⸗ besserungen“? Wie weit kommt insbesondere die Arbeitskraft des Eigentümers dabei in Betracht? Mann kann doch nicht sagen, daß es ein unverdienter Wertzuwachs sei, wenn sich ein ländliches Grundstück durch die Intelligenz und den Fleiß seines Eigen⸗ tümers bei der Bestellung und Bearbeitung im Werte gehoben hat. (Sehr richtig! links) Man kann bei städtischen Grundstücken auch nicht sagen, daß lediglich das, was bar in ein Grundstück hinein⸗ gesteckt ist, die Verbesserung, die abgezogen werden darf, umfaßt, und alles das, was darüber hinausgeht, unverdient ist. Nehmen Sie den Fall eines Architekten, der ein Haus durch besonders intelligente Art des Umbaus im Werte steigert: da kommt die Intelligenz des Mannes auch in Betracht, und was daraus mehr erwachsen ist, ist doch nicht unverdient. (Sehr richtig! links.)
Es wird wahrscheinlich im Gesetz auch nötig sein, für das Land noch besondere Bestimmungen zu treffen, da gerade auf dem flachen Lande der Nachweis der Verbesserungen, die durch Baraufwendungen gemacht sind, und der Nachweis derjenigen Verbesserungen, die durch die Intelligenz und den Fleiß des Eigentümers entstanden sind, viel der Stadt. Es hängt das zum Teil
L
damit zusammen, daß die Buchführung auf de icht so
twickelt ist, wie es im allgemeinen bei städtischem Besitz der Fal
ist. Also darüber wird auch noch eine Bestimmung getroffen werden müssen.
Einer besonderen Ordnung bedarf z. B. auch der Fall, daß ein
Grundstück mit einem darauf befindlichem Erwerbsgeschäft veräußert wird. Da muß man sich doch klar darüber werden, was von dem Preis auf das Grundstück, das Haus selbst, und was auf das Geschäft gerechnet werden darf. Scheidet man das nicht, so wird einfach der Umgehung Tür und Tor geöffnet. Es wird der ganze Preis, soweit er höher ist als der Ankaufspreis, auf das Erwerbsgeschäft geschoben und das Reich hat das Nachsehen.
Wenig ausreichend scheint mir auch die Lösung, die die Frage gefunden hat, wie der Wertzuwachs zu berechnen sei, wenn zwischen dem ersten und dem zweiten Verkauf ein Erbfall in der Mitte liegt. Der Entwurf der Kommission geht dahin, daß man alles ignorieren soll, was vor dem Erbfall liegt. Der Erbfall soll — das ist ganz richtig und gerecht — nicht unter die Bestimmungen des Wertzuwachssteuergesetzes
fallen. Es würde also bei einem späteren Verkauf nur der Unter⸗ 8
schied zwischen dem Preise, zu dem der Erbe das Grundstück über⸗ nommen hat, und dem Preise, den er nachher dafür erhalten hat, in Rechnung kommen. Der ganze Gewinn, der darin steckt, daß bereits in der Erbmasse der Wertzuwachs enthalten ist, geht verloren. Also gesetzt den Fall, es hat jemand ein Grundstück, das er billig gekauft hat, durch mündliche Verabredung zu einem hohen Preise an jemanden anders zugesagt, darauf stirbt er, sein Erbe übernimmt das Grund⸗ stück aus der Masse zu einem Preise, den er sicher ist von den anderen zu bekommen, so würde in diesem Falle nach den Bestimmungen des Entwurfs keinerlei Steuer zu bezahlen sein. Hätte der Erblasser da⸗ gegen das Geschäft gemacht, so wäre die Steuer zu zahlen gewesen.
Das ist also auch eine Frage, die noch nicht erschöpft ist, und so könnte ich Ihnen, wenn ich mir nicht vorgenommen hätte, Sie nicht
unnütz lange aufzuhalten, noch eine Reihe von Fällen vortragen.
Sie brauchen sich bloß den Fragebogen vorzunehmen und selbst den Versuch zu machen, an der Hand des Entwurfs diese Fragen zu 8
beantworten. Der Herr Berichterstatter hat gesagt: auf die meisten Fragen bekommt man eine Antwort. Ja, ob es aber immer die richtige ist, und ob man die Ueberzeugung hat, die richtige Antwort zu bekommen, ist eine weitere Frage. Es gibt auch eine ganze Menge von Fragen, für die die Antwort nicht darin gegeben ist, und wenn ein Gesetz vorgelegt ist, muß doch der Gesetzgeber sich bemühen, für jede Frage ausdrücklich oder implicite eine Antwort zu geben.
Ganz besonders aber habe ich gegenüber dem Gesetzentwurf ein
Bedenken in bezug auf die Art und Weise, wie die Beteiligung der Gemeinden im Verhältnis zur Beteiligung des Reichs geregelt ist 8 Zunächst soll von der Steuer, die das Reich erhebt, die Hälfte den Gemeinden zukommen; daneben soll aber den Gemeinden noch die Daß den Gemeinden in letzter Beziehung freie Hand gelassen werden soll und gelassen werden
Freiheit zur eigenen Besteuerung bleiben.
muß, ist ganz meine Meinung. Ist das aber der Fall, dann ist der
Anteil von 50 % an der Reichssteuer, wie mir scheint, doch wohl
etwas zu hoch. (Sehr richtig!)
Nun hat man gesagt, man könne die Freiheit der Gemeinden
dadurch betätigen, daß man ihnen Zuschläge gestatte, sodaß ihnen die
Möglichkeit der Berücksichtigung der lokalen Interessen gegeben sei. Es handelt sich aber nicht bloß darum, Zuschläge zu erheben, sondern
die Gemeinde muß in der Lage bleiben, ihre besonderen örtlichen 8 Verhältnisse zu berücksichtigen. Wenn also als Normaljahr das Jahr 1884 genommen wird, und das Reich setzt für seine eigenen Zwecke
auch dieses Jahr fest, weshalb soll dann den Gemeinden, in denen der Wertzuwachs eher begonnen hat, verboten werden, für ihre Zwecke ein früheres Jahr festzusetzen? Ferner muß man aber den Gemeinden auch noch die Möglichkeit lassen, wenn sie besondere Verbesserungen für gewisse Stadtteile getroffen haben, wenn sie z. B. durch große Aufwendungen für Straßenanlagen, Brückenbauten, kostspielige Kanalisationsanlagen, Ankäufe von Festungegelände und dergleichen den Wert dieses Terrains auf Gemeindekosten besonders hoch gesteigert haben, dann auch noch eine ganz besondere Belastung der Adjazenten gerade dieses Stadtteils der Zuwachssteuer hinzuzufügen. Auf der anderen Seite bin ich aber der Meinung, daß man den Gemeinden nicht volle Freiheit lassen kann — es gibt gewisse Sachen, die einheit⸗ lich geregelt werden müssen, ich erwähne nur die Festsetzung des Wertes zur Zeit des Verkaufes —, denn sonst käme man zu zwei Veranlagungsverfahren, in denen derselbe Grundfaktor verschieden ein⸗ gestellt ist, und die Möglichkeit eines solchen doppelten Veranlagungs⸗ verfahrens, die hier nach dem Entwurf offen bleibt, ist ein Unglück. Was soll denn der arme Steuerpflichtige machen, wenn erst die eine Berechnung kommt, die im Rechtsmittel⸗ zuge für die Staatssteuer zu Ende geführt wird, und daneben eine andere, die nun im Rechtsmittelzuge für die Kommunal⸗ steuer in Grundlage und Ergebnis ganz andere Resultate ergibt. Man muß suchen, das doppelte Veranlagungsverfahren zu vermeiden und gewisse Hauptgrundsätze sowohl für die staatliche Veranlagung als für die Veranlagung der Gemeinde einheitlich festzusetzen.
Endlich aber auch werden wir für die Gemeinden, die jetzt schon die Wertzuwachssteuer haben, doch gewisse Uebergangsbestimmungen schaffen müssen. Wir können den Gemeinden, die in ihrem Haushalt seit einigen Jahren mit diesen Einnahmen rechnen, nicht einfach das Geld nehmen oder sie kurzweg in ihren Einkünften beschränken, wir werden ihnen wohl, wie man das auch hei anderen Gelegenheiten anderswo getan hat, das Durchschnittseinkommen der letzten Jahre auf eine Reihe von Jahren lassen müssen (Sehr richtig! links), wenigstens denjenigen Gemeinden, die zum jetzigen Zeitpunkt, ehe der Reichstag die Absicht nachdrücklich zu erkennen gegeben hat, die An⸗ gelegenheit reichsgesetzlich zu regeln, eine solche Wertzuwachssteuer⸗ ordnung bereits eingeführt haben; auf diejenigen, die es später tun, bis das Reichsgesetz kommt, brauchen wir vielleicht nicht in dem Maße Rücksicht zu nehmen. Im übrigen bin ich aber durchaus der Meinung, daß die Gemeindefinanzen ohnehin alle Rücksichtnahme durch das Reichsgesetz erheischen; das ist doppelt nötig, wo jetzt durch die Aufhebung der städtischen Oktrois vielen Gemeinden, besonders in Süddeutschland eine erheblich Einnahmequelle verschlossen ist. Was
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(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichsanze
â⁴l 146.
Berlin, Donnerstag, den 24. Juni
iger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
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“
1909.
as- 4 Pxraasag
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
nun unsere Schätzung des Steueraufkommens betrifft, so ist sie natürlich wie alle Schätzungen anfechtbar. Wenn Sie sich die Zahlen hier in der Denkschrift auf Seite 41 ansehen, so fehlt eigentlich für die Schätzung des Aufkommens aus Orten mit 5000 bis 20 000 Ein⸗ wohnern die genügende Grundlage. Es gibt in Preußen im ganzen sechs Orte dieser Größe mit Wertzuwachssteuerordnungen; wenn sich da ein Durchschnitt von 5 ℳ pro Kopf der Bevölkerung ergibt, so liegt das einfach daran, daß sich Zehlendorf bei Berlin darunter befindet, das ein Aufkommen von 17,5 ℳ pro Kopf der Bevölkerung aufweist, das läßt sich nicht verallgemeinern, da die Verhältnisse, die diese Zahl ergeben haben, zu ungewöhnlich sind. Einigermaßen Anhalt finden kann man an den Zahlen für die großen Orte, weil da eine größere Menge von Orten mit einer großen Bevölkerung beteiligt ist, und da kommt man dann ungefähr auf 70 ₰ pro Kopf. Man wird wohl zugeben können, daß abgesehen von solchen anormalen Verhältnissen, wie sie in Vororten großer Städte oder bei Arlegung neuer Bahnen, Anlegung von Kanälen, Entdeckung neuer Gruben sich bieten, im allgemeinen in den kleineren Städten und auf dem Lande der Wertzuwachs viel langsamer vor sich geht wie in großen Städten, wo das Zusammenströmen der Bevölkerung eine seiner Hauptursachen bildet. Wenn man nun danach die Berechnung aufstellt, so wird man über die Zahlen, die Sie hier in der Denkschrift auf Seite 28 finden, schwerlich hinaus⸗ gehen lönnen, wenn man bedenkt, daß hiernach für die Orte bis zu 5000 Einwohner und für die Landbezirke von einem geschätzten Gesamtzuwachs von 22 ¼ Millionen, 5 ¾ Millionen, das ist ein Viertel, aufgebracht werden sollen. Das ist meiner Meinung nach schon zu viel. Denn abgesehen davon, daß die Veräußerungen doch seltener sind wie in Städten, abgesehen davon, daß überhaupt der Gesamt⸗ wert der Grundstücke auf dem Lande nur %⅛ des Gesamtwertes sämtlicher Grundstücke in Stadt und Land ausmacht, kommt noch dazu, daß die Wertsteigerung auf dem Lande langsamer vor sich geht wie in der Stadt. Schwankend wird die Einnahme aus der Wertzuwachssteuer immer bleiben. Trotzdem gebe ich gerne zu, daß sie mit der Zeit bei zunehmender Ent⸗ wicklung und zunehmendem Wohlstande, erheblich werden kann. Man wird aber dann vom finan ztechnischen Standpunkte gut tun, diese Ein⸗ nahmen — wie es auch große Gemeinden, besonders Frarkfurt am Main, das ja in dieser Frage an der Spitze marschiert, getan haben — nicht auf die laufe den Ausgaben, sondern auf ungewöhnliche Aus⸗ gaben zu verweisen, wie z. B. auf die Schuldentilgung und dergleichen, die man schließlich auch von Jahr zu Jahr variieren kann.
Wenn ich den Standpunkt der verbündeten Regierungen zusammen⸗ fassen darf, so sind sie der Sache durchaus sympathisch. Es ist nicht bloß — um meinen Ausdruck von neulich anzuwenden — eine Ver⸗ beugung, die ich hier vor der Strömung im Hause mache, sondern es ist unsere ernstliche Absicht, an die Frage heranzugehen. Wir würden auch nichts dagegen haben, wenn Sie uns durch eine gesetzliche Klausel auferlegten, einen Entwurf innerhalb — sagen wir: dreier Jahre vor⸗ zulegen. Dann aber würden wir die Sache so behandeln, wie wir es für nötig erachten: wir würden zunächst mit Sachverständigen die Einzelheiten durcharbeiten, dann die Kommunen und die Männer, die sich in der Theorie damit beschäftigt haben, fragen, dann den Ent⸗ wurf veröffentlichen, ihn der öffentlichen Kritik unterbreiten. Ich glaube, dann läßt sich eher etwas Brauchbares zustande bringen. Andernfalls besteht die Gefahr — und diese ist besonders nach der Beratung, die ich am 10. Mai mit den Sachverständigen hatte, von den eifrigsten Freunden der Regelung betont worden —, daß man durch ein über⸗ eiltes, nicht in allen Punkten durchdachtes Eingreifen von seiten des Reichs Grundsätze aufstellt, die die gesunde Fortentwicklung der Frage in den Gemeinden hemmen, statt sie zu fördern.
Abg. Dr. Hieber (nl.): Ich habe namens der nationalliberalen Partei folgende kurze Erklärung abzugeben. Obwohl wir den Wert⸗ zuwachs an Boven in Stadt und Land als geeignete Steuerquelle betrachten, so sind wir doch nicht in der Lage, dem Kommissions⸗ antrage auf sofortige Einführung einer Reichswertzuwachssteuer zuzu⸗ stimmen. Einmal erblicken wir, im Einklang mit der Denkschrift der Regierung, in einer Wertzuwachssteuer einen besonders geeigneten Weg zum Ausbau der Gemeindefinanzen; sodann halten wir die Aus⸗ dehnung dieser Steuer auf das Reich in diesem Augenblick für verfrüht, da sichere Grundlagen für einheitliche Ver⸗ anlagung und Erhebung unstreitig noch nicht gewonnen sind. Endlich vermögen wir, schon wegen der unzureichenden und schwankenden Höhe des zu erwartenden Ertrages, in dieser Steuer einen Ersatz für
eine allgemeine Besitzsteuer nicht zu erkennen. Eine solche finden wir nach wie vor nur in der Erbanfallsteuer. Solange daher die Annahme der letzteren nicht gesichert erscheint, sind wir nicht in der Lage, dem Kommissionsvorschlage einer Reichswertzuwachssteuer zuzustimmen.
Abg Dr. Jäger (Zentr.): Der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden ist einer der vrößten Krebsschäden im wirtschaftlichen Leben der deutschen Nation. Millionen,/ sind auf dem Wege der Bodenspekulation dem deutschen Volke abgenommen worden, ohne daß der Fiskus davon den ihm gebührenden steuer⸗ lichen Anteil gehabt hat. Ich kann mir deshalb eine gerechtere Steuer gar nicht denken als die Wertzuwachssteuer. Diese Steuer ist so gerecht, daß auch die Parteien, die sie heute ablehnen, mit ihrer Grundidee durchaus einverstanden sind. Die Schwierigkeiten der Ermitilung des Wertzuwachses sind ebenso wenig unüberwindlich wie rie Verteilung der Steuer zwischen Ge⸗ meinden und Reich. Der Redner, der mit sehr leiser Stimme spricht und bei der Unruhe des Hauses nur bruchstück weise auf der Journalisten⸗ tribüne verständlich ist, erkennt einen großen Vorzug dieser Steuer darin, daß sie nicht abwälzbar ist. Die ganze Spekulation im Bau⸗ gewerbe beruhe ja auf diesem ganz unverdienten Wertzuwachs. Die Wertzuwachssteuer entspreche dem Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit. .
Abg. Dr. Südekum (Soz): Wir haben es hier eigent⸗ lich mit einer ersten Lesung zu tun. Die Verletzung der Geschäftsordnung rächt sich dadurch, daß d'ie Beratung doch in der Foim einer ersten Lesung geführt werden muß. Wir sind prinzipiell geneigt, für die Reichs⸗ wertzuwachssteuer einzutreten. Die Bestrebungen, die darauf hinaus⸗ laufen, dem Volke billigere Wohngelegenheiten zu bieten, wären schon weiter geriehen, wenn nicht die Haus⸗ und Bodenbesitzer mit ihrer
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großen und unberechtigten Uebermacht sich dagegen gewehrt hätten, und zwar sind es sowohl Liberale wie Klerikale, die diesen Bestrebungen entgegentreten. In Cöln z. B. waren es die Klerikalen, die dieser Steuer hegeüberttaien⸗ Niemand kann sich der Einsicht verschließen, daß der kolossale Wertzuwachs doch nicht ausschließlich auf die Tätigkeit der Gemeinden zurückzuführen ist, auch das Reich hat das Seinige dazu getan durch seine Institutionen, ja durch seine bloße Existenz, durch Kanalbauten, Eisenbahnbauten, ja durch Kasernen. Beim Militär⸗ etat haben wir auf die Notwendigkeit hingewiesen, daß das Reich an diesem Zuwachs teilnehme. Beim letzten Zolltarif haben wir den Gedanken eines Reichszuwachses in die Debatte geworfen. Durch die letzten Zölle ist der Wert des ländlichen Grund⸗ besitzes um 20 Milliarden gesteigert worden; daß ein Teil dieses Zuwachses dem Reich wieder zugeführt wird, ist um so not⸗ wendiger, als infolge der hohen Getreidepreise geradezu eine Hungerznot herrscht. Da die Rückständigkeit und der Druck der Rechten es stets verhindern wird, daß in einem ländlichen Bezirke eine Wertzuwachssteuer eingeführt wird, so bleibt nichts übrig, als daß das Reich eine solche Steuer einführt. Der Antrag des Grafen Westarp erscheint uns aber als ein untaugliches Mittel. Wir können ihn in der vorliegenden Form nicht unterstützen.
Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volk⸗p): Ich habe namens der linksliberalen Fraktionsgemeinschaft folgende Erklärung abzugeben. Wir sind keine prinzipiellen Gegner der Wert!uwachesteuer. Wir halten die steuerliche Heranziehung des unverdienten Wertzuwachses für an sich berechtigt urd für die Gemeinden für sehr geeignet.
ir sind auch bereit, diese als Reichssteuer zu akzeptieren, wenn sie praktisch durchführbar und mit den berechtigten Interessen der Ge⸗ meinden zu vereinbaren ist. Wir verhbeblen uns anderseits nicht, daß die Einführung dieser Steuer für das Reich den allergrößten Schwierig⸗ keiten begegnen würde, da durch die örtliche Besonderheiten die einheit⸗ liche Regelung für das ganze Reich, auch in den grundlegenden Be⸗ stimmungen äußerst schwierig sein würde. Dazu kommen die schwan⸗ kenden und schwer einzuschaͤtzenden Erträgnisse einer solchen Abgabe. Eine Steuer wie die Wertzuwachssteuer kann, wenn sie nicht ganz ungleich wirken soll, nur nach einheitlichen Grundsätzen veranlagt und erhoben werden. Der vorliegende Entwurf der Kommission hat die Behebuna dieser großen Schwierigkeiten nicht einmal ernstlich versucht. Seine Begründung ist eine völlig unzureichende, seine Ausführung muß nach unserer Ueberzeugung mit den größten Schwierigkeiten für die deutschen Gemeinden verbunden sein. Aus allen diesen Gründen lehnen wir diesen auf rein lokale Verhältnisse zugeschnittenen Gesetzentwurf unserseits ab und sehen dem weiteren Vorgeben der verbündeten Regierungen, die ja die nötigen Vorarbeiten für diese Wertzuwachssteuer vorgenommen haben, entgegen.
Abg. Raab (wirtsch. Vga.): Also auch hier hören wir wieder das Nein der Liberalen, obwohl sie uns hier wenigstens so weit ent⸗ gegenkommen, daß sie nicht grundsätzlich die Wertzuwachssteuer ab⸗ lehnen. Der Reichsschatzsekretär meinte, man müsse der Regierung drei Jahre Zeit zur Herstellung eines gut anwendbaren, wohl durchvachten Gesetzentwurfes geben. Ja, der Gedanke selbst ist längst zur öffentlichen Diskussion gestellt. Vor 8 Jahren regte ich ihn hier im Reichstage an; 1905 haben wir einen formulierten Gesetzentwurf eingebracht. Bei der Beratung der kleinen Finanzreform des Reiches wurde er in den Besprechungen abermals angeregt; dawals entgegnete der preußische Finanzminister, es sei für diese Steuer als Reichs⸗ steuer schon zu spät. Auch in der ersten Lesung der Reichsfinanzreformvorlagen bin ich wiederum darauf zurück⸗ gekommen. Es lag auch eine große Masse wissenschaftlicher Vor⸗ arbeit bereits vor, auf dieser Grundlage hätte sich eine gesetz⸗ geberische Fassung des Gedankens wohl ermöglichen lassen. So rasch wie das Reichsschatzamt eine anderweite Branntweinsteuer⸗ vorlage ausarbeiten konnte, hätte sie auch ihre Kunst an der Wert⸗ zuwachssteuer beweisen können. Ein solches Gesetz soll ja auch nicht für Jahrhunderte unabänderlich sein; es kann vielmehr sehr bald geändert werden, wenn sich Einzelbeiten a's unbrauchbar berausstellen, wenn die Notwendiakeit einer Revision erkaant worden ist. Solche kleinen Unstimmigkeiten lassen sich ohne große Mühe ausgleichen. Leider haben auch die Nationalliberalen uns eine Avsage trotz prin⸗ zipieller Zustimmung erteilt; sie ziehen sich auf die Interessen der Gemeinden zurück. Soll auf diesem Gebiete etwas Brauchbares ge⸗ schafften werden, so muß es von Reichs wegen geschehen. Wir ge⸗ brauchen die Einnahmen für die Finanzreform, die wir durchführen wollen, wir wissen nicht, wie die Lücken, die besteben, anders aus⸗ gefüllt werden sollen. Hier bietet sich eine Möglichkeit, auf die wir nicht verzichten können. Darum werden auch meine Freunde für die Wertzuwachssteuer stimmen. t
Abg. Graf von Westarp (ckons.): Gewiß darf das Gesetz nicht erlassen werden, ehbe es gehörig durchgearbeitet worden ist; aber die Zurückhaltung geht doch zu weit, wenn man verlangt, daß es richt er⸗ lassen werden darf, ehe man genügende Erfahrungen gemacht hat. Es handelt sich ja hier um eine ganz neue Materie, es wird also mehr oder minder ein Sprung ins Dunkle getan Ich fürchte sehr, wenn wir auf den Weg der Vertagung über drei Jahre treten, daß dann inzwischen eine allgemeine Spekulation in Grundstücken sich entwickeln wird, die von den allerschlimmsten Folgen begleitet sein muß. Auch dieser Gesichtspunkt bestimmt uns, das Haus zu bitten, den Kommissionsbeschlüssen zuzustimmen.
Abg. Freiberr von Gamp (Rp): Wir sind der Meinung, daß die Wertzuwachssteuer nicht bloß prinzipiell annehmbar ist, sondern daß sie auch als Reichssteuer eine besondere Berechtigung hat. Die Hauptursache für die erhebliche Wertsteigerung des Grund und Bodens liegt doch hauptsächlich in dem Bestehen und der Tätigkeit des Reichs, wenn auch die Kommunen immerhin Erhebliches auf diesem Gebiete geleistet haben. Wir verkennen auch unserseits nicht, daß Spekulationen der eben erwähnten Art einsetzen können, die einen Teil der Vorteile der Wertzuwachssteuer vorwegnehmen können; das kann uns aber nicht hindern, eine gründliche Durcharbeitung zu fordern
und die Bedenken zur Prüfung zu stellen, die wir haben. Hoffentlich
gelingt das bis zur dritlen Lesung. In der zweiten Lesung stimmen wir für den Vorschlag der Finanzkommission. 1
Abg. Dr. Südekum (Soz.) stellt richtig, daß tatsächlich in Cöln auch das Zentrum für die Wertiuwwachssteuer gestimmt bu; er habe sich eines Irrtums bezw einer Verwechslung schuldig gemacht. DamEit schließt die Diskussion. Für § 1 des Art. III in der von dem Abg. Graf Westarp vorgeschlagenen Fassung erheben sich die gesamte Rechte und
das Zentrum. Die Erklärung des amtierenden Vizepräsidenten daß das Bureau zweifelhaft sei, wird von der
Kaempf, au zu Rechten und dem Zentrum mit betäubendem aufgenommen. e
Bei der Gegenprobe erheben sich die g - Nationalliberalen; die Polen bleiben jetzt wie vorher sitzen. § 1 wird für angenommen erklärt.
§ 2, der in der Fassung
äußerungsgeschäften in betreff der Steuerpflicht als Ver⸗
äußerungen behandelt werden, ebenso das Einbringen in eine § 4 ver⸗ §
Aktiengesellschaft usw., wird mit der Diskussion des bunden, der den Begriff der Wertsteigerung definiert
amte Linke und die
des Antrags Graf Westarp be⸗ sagt, daß Uebertragungen der Rechte der Erwerber aus Ver⸗
Abg. Graf von Westarp (dkons.) erläutert kurz die Tragweite der vorgeschlagenen Bestimmungen.
Abg. Cuno (fr. Volkap;⸗ Wenn ein Millionenbauer, dessen Grundstücke auf einen Wert von 2 Millionen gewachsen sind, in die Notlage kommt, sich mit seinen Kindern auseinandersetzen zu müssen, so wird er es natürlich vermeiden, Grundstücke zu verkaufen, sondern Anleihen aufnehmen, die bei seinem Tode rückzahlbar sind. Beim Todesfall wird ja der Wertzuwachs nicht in Rechnung gestellt. Das zeigt Ihnen die ganze Unhaltbarkeit des Gesetzes, und damit wird diesem auch das Mäntelchen einer Besitzsteuer heruntergerissen. Das ist eine Steuer, die ausdrücklich beabsichtigt, das Erbe zu schonen, ein Steuervorschlag, der sich Ihrer Ablehnung der Erbschaftssteuer (nach
rechts) würdig an die Seite stellt.
Abg. Dr. Südekum (Soz.): Ich schließe mich dem Vorredner vollständig an. Selbst von den Freunden des Grafen Westarp ist sich der dritte Teil über die Bestimmungen, die hier beraten werden, nicht klar. Die Bestimmungen sind eist vor drei Minuten wieder geändert, jedem Beteiligten ist es unmöglich, ihre Tragweite abzusehen. Eine solche Gesetzesmacherei ist des Reichstags unwürdig.
Abg. Dr. Roesicke (bkons.): Sorgen Sie doch dafür, daß der Entwurf verbessert wird; Sie haben nichts Positives beigetragen, sondern Ihre altgewohnte Tätigkeit, immer vur zu kritisieren, neu aufgenommen. Es gibt kein Gesetz, das nicht im Laufe der Praxis Aenderungen erfahren muß, und so wird es auch bei diesem Gesetz sein. Auch als wir die sozialpolitischen Gesetze mochten, wurde vom Bundesrat ausdrücklich hervorgehoben, daß es ein Sprung ins Dunkle sei.
Die §§ 2 und 4 werden nach den Anträgen des Grafen
Westarp angenommen. Graf von Westaꝛp (dkons.) empfiehlt hierauf seine Anträge
4 a.
Abg. Gothein (fr. Vgg.): Die positive Arbeit des Grafen Westarp und Dr. Roesickes bestand zum größten Teil in positivem Abschreiben. Ich beneide sie um diefe geistige Leistung nicht besonders und wünschte bloß, sie hätten wenigstens etwas besser abgeschrieben. Wir haben immer den Standpunkt vertreten, daß es Sache der ver⸗ bündeten Regierungen ist, unbedingt nötige Vorarbeiten zu machen. Die große Mehrzahl von Ihnen weiß gar nicht, was Sie beschließen. Deswegen kann man Ihnen mildernde Umstände zubilligen. Man kann nur sagen: Herr vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Dr. Paasche: Diese Bemerkung geht doch etwas zu weit.
Abg. Cuno (fr. Volksp.): Durch Ihr Abschreiben sind juristische Unmöglichkeiten herausgekommen. Unter einer „Uebertragung von Eigentum, das einen Kaufvertrag zum Gegenstande hat“, kann ich mir nichts vorstellen.
Abg. Dr. Roesicke (dkons.): Wenn wir wie die Linke sieben Monate gewartet hätten, könnten wir noch ein paar Jahre hier zu⸗ sfammen sein. Dann ist es immer noch besstr, wir haben abgeschrieben, als überhaupt nicht einmal die Fähiskeit geteigt, etwas Gutes ab⸗ schreiben zu können. Unser Standpunkt ist der gewesen, etwas zu⸗ stande zu bringen. Im übrigen hat sich ja die Situation merkwürdig geändert, denn nach Ihren muß doch das, was die Mehrheit will, immer richtig und gut sein. Wir bedauern sehr, daß wir Ihre hohe Einsicht nicht besitzen, die sieben Monate lang nichts zustande gebracht hat. 1 3
Abg. Cuno (fr. Volkep.): Ich beantrage Zurückverweisung an die Kommission.
Abg. Dr. Roesicke (dkons.): herauskommen. .
Der Antrag auf Zurückverweisung wird abgelehnt. 1
Zu 8 7 (Steuerfreiheit der Ueberlassungsverträge zwischen Eltern und Kindern bezüglich land⸗ und forstwirtschaftlich und gewerblich genutzter Grundstücke) bemerkt der
Abg. Cuno (fr. Volkep): Auch hier zeigt sich wieder in deem Puen Antrage die Tendenz der Schonung des landwirtschaftlichen
esitzes.
übg. Graf von Westarp (dkons.): Das ist ein Irrtum. Es bandelt sich um die Freilassung beim Uebergang der Grundstücke im Erbgang. In dieses Gesetz kann man nicht eine Erbschaftsbesteuerung einfügen, die gehört in das Erbschaftssteuergesetz.
Abg. Dr. Südekum (Soz.): Das Erbschaftssteuergesetz lehnen Sie doch überhaupt ab. Unter der Voraussetzung sind Ste dech nur on das vorliegende Gesetz herangetreten. Es bestätigt sich die alte Erfahrung, daß für unsere Agrarier ein Gesetz nur dann annehmbar
zu §
Es würde ganz dasselbe wiede
ist, wenn für sie besondere Vorteile dabei herausspringen.
§ 7a enthält die Steuerbefreiungen.
Abg. Cuno (fr. Volk⸗p.) weist darauf hin, daß auch diese Be⸗ stimmungen aus anderen Steuerordnungen abgeschrieben sind. Zur Befreiung der Kirchen⸗ und Religionsgesellschaften, die Bodenspekulation treiben und Gewinne einstreichen, von einer Wertzuwachssteuer von Reichswegen liege doch gar keine Veranlassung vor. Auch die übrigen Ausnahmebestimmungen seien im böchsten Grade anfechtbar, so auch die über die Baugenossenschaften.
Abg. Graf von Westarp (dkons.) hält diese Bedenken nicht für durchschlagend.
§ 7a wird angenommen, ebenso §8 8, 9, 10, 10 a bis 10h, 11, 13 und 14 nach den Anträgen des Abg. Grafen Westarp. An der Debatte beteiligen sich wiederholt die Abgg. Cuno 88 Volksp.) und Graf von Westarp (dkons.).
§ 12 (Besteuerung der Fideikommisse) wird nach dem An⸗ trage des Grafen Westarp gestrichen.
Damit ist Art. III der Vorschläge der Finanzkommission, soweit er die Wertzuwachssteuer betrifft, erledigt.
Hierauf wird Vertagung beschlossen. Schluß 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2 Uhr. (Zweite Lesung des Erbschaftssteuergesetzes.)
Herrenhaus. 16. Sitzung vom 23. Juni 1909, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Das Haus erklärt zunächst einige von der Petitions⸗ kommission für nicht geeignet zur Beratung im Plenum er⸗ achtete Petitionen für erledigt und geht dann zur Beratung des vom Abgeordnetenhause angenommenen Gesetzentwurfs über die Haftung des Staates und anderer Ver⸗
[bände für Amtspflichtverletzungen von Beamten
bei Ausübung der öffentlichen Gewalt über.
Nach der Vorlage haftet der Staat für die Amtspflicht⸗ verletzungen der unmittelbaren Staatsbeamten, kann aber den Beamten selbst regreßpflichtig machen. Die Bestimmung im 5, daß für die Lehrer und Lehrerinnen der Schul⸗ verband haftet, der Staat aber dabei die Schulverbände im