1909 / 146 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Jun 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Falle des Unvermögens oder in dem Falle unterstuͤtzt, daß es sich deren Berufung der Schul⸗ verband ein Wahlrecht oder Berufungsrecht nicht gehabt hat, estrichen, sodaß auch für die taat haftet; dasselbe

um eine Lehrperson handelt, bei

hat die Justizkommission Lehrer und Lehrerinnen der b soll für die Lehrpersonen der Schulsozietäten sowie der sonstigen zur Unterhaltung von öffentlichen Unterrichts⸗ anstalten verpflichteten Verbände und des öffent⸗ lichen Rechts gelten. Im d hat die Kommission die Vorlage unverändert nach den Beschlüssen des Abgeordneten⸗ hauses angenommen.

Berichterstatter Herr Dr. Hamm referiert über die Kommissions⸗ verhandlungen und ne6 darauf hin, daß es sich hier nur um Amts⸗ pflichtverletzungen bei Ausübung der öffentlichen Gewalt, also eines Hoheitsrechts handele. Es sei allgemeines Verlangen im Volke, daß in diesen Fällen der Staat hafte.

Justizminister Dr. Beseler: Meine Herren! Der Gesetzentwurf, we heute zu Ihrer Beratung steht, ist bisher im Plenum dieses hohen Hauses nicht ver⸗ handelt worden. Ich halte es deshalb für meine Pflicht, eine allgemeine Uebersicht über die Entstehungsgeschichte und über die Lage, in der augenblicklich der Gegenstand sich befindet, zu geben. Die Frage, ob der Staat für den Schaden, welcher dadurch verursacht wird, daß einer seiner zur Ausübung eines Hoheitsrechts berufenen Vertreter schuldhaft handelt, eintreten müsse, ist schon seit langer Zeit vielfach erörtert worden. Die gegenwärtige Rechtslage in unserm Staate ist die, daß mit Ausnahme des Rheinlandeg eine solche Haft⸗ pflicht des Staats nicht besteht, während sie in der Rheinprovinz auf Grund einer Bestimmung des zum Teil noch in Kraft gebliebenen rheinischen Bürgerlichen Gesetzbuchs dahin geregelt ist, daß der Staat für solche Vergehen, die bei Ausübung eines Hoheitsrechts unter⸗ gelaufen sind, haften muß. Bei der Beratung des Bürgerlichen Ge⸗ etzbuchs ist auch diese Frage eingehend erörtert und geprüft worden. Es ist in dem Bürgerlichen Gesetzbuch bekanntlich bestimmt, daß ein Beamter, auch wenn er Hoheitsrechte ausübt, für den Schaden, den er schuldhaft verursacht, haftet. Es ist des weiteren in dem Bürger⸗ lichen Gesetzbuch angeordnet, daß der Staat, soweit er als Privat⸗ rechtssubjekt auftritt, für Versehen seiner Vertreter haften muß. Da⸗ gegen ist nichts darüber bestimmt, wie der Staat stehen solle, wenn einer seiner Angestellten bei Ausübung eines Hoheits⸗ rechts schuldhaft handelt und dadurch Schaden verursacht. Man hat geglaubt, daß diese Frage, da sie das öffentliche Recht berührt, nicht in den Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehöre, und hat im Einführungsgesetze bestimmt, daß diese Angelegenheit den Einzelstaaten vorbehalten bleiben solle. Demäzufolge ist in der Mehrzahl der deutschen Staaten eine gesetzgeberische Regelung dieser Frage erfolgt. In Preußen ist im Ausführungsgesetze nur gesagt, daß die Bestimmungen des rheinischen Zivilrechts, wonach eine Haftung des Staats bestand, aufrecht erhalten bleiben sollen. Im übrigen blieb also eine Lücke. Die Staatsregierung hat die Regelung dieser Frage damals als besonders dringlich nicht erachtet aber sehr bald haben sich die Stimmen gemehrt, welche dringend forderten, daß das Versäumte nachgeholt werden müsse. Nicht nur aus juristischen Kreisen, sondern auch aus kaufmännischen Kreisen, namentlich aber aus der Mitte der Parteien des preußischen Landtags sowohl wie des Reichstags ist die Forderung der gesetzlichen Regelung immer bestimmter hervorgetreten. Das hat dazu geführt, daß auch in einer Reihe anderer Bundesstaaten die gesetzliche Regelung nunmehr in Angriff genommen ist, und auch das Reich hat einen dem unserigen ähnlichen Entwurf in Vorlage gebracht. Neben Preußen sind es zur Zeit nur noch wenige kleinere Staaten, welche nicht an diese Regelung herangetreten sind. Da ergab sich für die Stlaatsregierung die Notwendigkeit, dieser Frage eine gründliche Prüfung zu teil werden zu lassen, und die Regierung konnte sich nicht verhehlen, daß der Grundgedanke, welcher diese Regelung fordert, durchaus zutreffend ist. Der Staat, welcher die höchste Gewalt ausübt, kann, wenn dabei Versehen vorkommen, nicht sagen, die Ver⸗ gehen habe nicht er begangen, sondern sein Vertreter. Das verletzt das Rechtsgefühl. Denn der Schaden wird unter Umständen ver⸗ ursacht, gegen die derjenige, der darunter leidet, nichts tun kann: er muß einer Anordnung der Behörde bei Ausübung des Hoheitsrechtes Folre leisten und ist nicht in der Lage, den Schaden zu vermeiden. Es entspricht dem Ansehen des Staats, daß er für jeden, der für hn auftritt, die volle Verantwortung übernimmt.

Es war nun, wenn man diese Frage gesetzlich regeln wollte, nicht uͤßer acht zu lassen, daß bei diesem scheinbar kleinen und kurzen Gesetz fast das ganze innere preußische Staatsrecht in Frage kommt. Die Aufgabe der Regierung, eine Regelunzg des Gegenstandes zu finden, war deshalb besonders schwierig, denn es mußte unter allen Umständen vermieden werden, daß bei einem Sondergesetz, als welches dieses erscheint, allgemeine staatsrechtliche Fragen eine Regelung in einer Weise fänden, die bisher noch nicht anerkannt war. Es mußten also alle Bestimmungen unter dem Ge⸗ sichtspunkte geprüft werden, ob sie mit dem bestehenden Staatsrecht auch in Einklang seien. Das hat uns dam geführt, daß man den Gedanken der Staatshaftpflicht für Versehen der Beamten bei Aus⸗ übung der Staatsgewalt an die Spitze des Gesetzes stellte, und in den weiteren Paragraphen dann die Folgerungen zog, welche sich für andere Verbände ergeben mußten, bei denen eine Ausübung von Hoheits⸗ rechten in Frage kommt. Sie finden deshalb im § 1 des Gesetzes diese allgemeine Bestimmung über die Hastung für die Beamten und in den folgenden Paragraphen die Bestimmungen, welche die anderen staatlichen Verbände betreffen. Der ursprüngliche Entwurf, der dem Landtage vorgelegt worden ist, war mit der allergrößten Folge⸗ richtigkeit durchgeführt, dem Gedanken entsprechend, daß der Vertreter des Staats oder der staatsähnlichen öffentlichen Korporationen, wenn er ein Versehen begeht, nicht direkt haften, sondern der Verband für ihn eintreten soll. Bei den langen Erörterungen, die sich in den wiederholten Kommissionsberatungen und auch in den Plenarverhand⸗ lungen des anderen Hauses ergeben haben, hat man sich davon über⸗ zeugt, daß eine möglichst kurze und allgemeine Regelung das Richtige sei.

Nun ergaben sich aber Bedenken namentlich deshalb, weil gesagt wurde, soweit die Schulen in Frage kämen, könne die strenge Durch⸗ führung des Grundsatzes zu Häͤrten führen, indem ja möglicherweise

ein Schaden entstehen könnte, den ein schwacher Verband nicht tragen könnte. Die Regierung erkannte an, daß dieser Gedanke richtig sei

wenigstens, zweifelhaft gebliebene Punkt das ganze Gesetz doch nicht

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in seinen Folgen bewähren wird. Sie glaubte zuerst, es würde genügen, wenn die Erklärung abgegeben würde, daß für die Leistungen, die der Staat schon nach dem Grundsatze der Verfassung übernehmen müsse, wenn eine Gemeinde zu schwer belastet würde, ein Fonds in den Etat gestellt werde, der dazu dienen soll, solche Schäden auszugleichen. Es wurde auch anerkannt, daß diese Er⸗ klärung dem entspreche, was man wünschte; aber immerhin wurde ge⸗ sagt, das sei doch zu wenig und zu unsicher, dadurch würden die kleineren Verbände doch nicht genügend geschützt. Lange Verhand⸗ lungen haben dann darüber stattgefunden, und die Staatzsregierung ist schließlich allen Wünschen, die im Hause der Abgeordneten in dieser Richtung vorgetragen wurden, nachgekommen. Es handelte sich darum, eine bestimmte Gewähr in dem Gesetz dafür zu finden, daß die Gemeinden, die nicht die nötige finanzielle Kraft be⸗ sitzen, die etwaigen Verpflichtungen zu erfüllen, die ihnen aus den Versehen ihrer Lehrer erwachsen möchten, von der Haftpflicht befreit werden sollten. Das konnte nun aber nicht in der Weise ge⸗ schehen, daß man sagte: die Gemeinden scheiden aus, hier tritt der Staat ein. Das ging nicht aus den von mir bereits erwähnten Gründen, daß in diesem Sondergesetz allgemeine staatsrechtliche Fragen nicht entschieden werden können. Nun ist ja bekannt, daß über die Frage, in welcher Weise die Verhältnisse der Schulen zu dem Staate geregelt werden sollen, Meinungsverschiedenheiten bestehen. Die Staats⸗ regierung hat jedoch stets daran festgehalten, daß die Schullasten grundsätzlich von den Gemeinden zu tragen sind, und daß der Staat nur insoweit einzutreten hat, als die Gemeinden hierzu nicht imstande sind. Das ist auch namentlich beim Volksschulunterhaltungsgesetz zum Ausdruck gebracht worden. Das ist ein Stand⸗ punkt, an dem die Staatsregierung unter allen Um⸗ ständen festhalten muß, zumal bei diesem Gesetz, wo doch die ganze Frage unmöglich abweichend von den bisher befolgten Grundsätzen geregelt werden kann. Deshalb ist der Weg beschritten worden, der auch im Abgeordnetenhaus als gangbar anerkannt worden und zur Annahme gelangt ist, daß nämlich, wenn eine leistungsunfähige Schul⸗ gemeinde wegen eines Versehens eines ihrer Lehrer in Anspruch ge⸗ nommen wird, dann der Staat der Gemeinde dasjenige gewähren soll, was sie infolge der Haftung zahlen muß. Damit ist der Grundsatz festgehalten, daß die Gemeinden haften und daß der Staat nur aus⸗ hilfsweise eintritt. Es ist damit aber auch ferner erreicht, daß die Gemeinden, die leistungsunfähig sind, von aller Gefahr befreit sind dadurch, daß der Staat ihnen immer das alles ersetzt, was sie etwa tragen müssen. Einem Wunsche des Abgeordnetenhauses entsprechend ist außerdem eine Bestimmung getroffen, daß, wenn die Schulverbände von ihren Wahlbefugnissen, soweit sie solche haben, keinen Gebrauch machen, dann auch der Staat eintritt.

Ich kann nun aber mit voller klären, daß nach einem Beschluß des Staatsministeriums die Gemeinden, welche Ergänzungszuschüsse auf Grund des Volksschulunterhaltungsgesetzes erhalten, schlechthin für unver⸗ mögend im Sinne dieses Gesetzes angesehen werden sollen, daß damit jedoch nicht gesagt ist, daß nur diese für unvermögend an⸗ gesehen werden sollen, sondern auch alle andern, bei denen sich auf andern Grundlagen das Unvermögen herausstellt, ein vom Standpunkt der Staatsregierung aus sehr weites Entgegenkommen, welches die leistungsunfähigen Gemeinden vollkommen sichert. Die Staats⸗ regierung ist deshalb der Meinung, daß diese Regelung, wie sie im Abgeordnetenhause nach langen Verhandlungen festgestellt ist, als richtig und durchaus ausreichend anerkannt werden muß. Von dem Standpunkte, den die Regierung eingenommen hat, abzugehen ist aus den von mir bereits erwähnten Gründen nicht möglich. Die Regie⸗ rung muß also größten Wert darauf legen, daß es bei der Fassung des Abgeordnetenhauses verbleibt.

Meine Herren, es ist ein Hauptzweck dieses Gesetzes, Rechts⸗ einheit in unserem Staate zu schaffen und dem, der bei der Ausübung staatlicher Hoheit mit beteiligt ist, Sicherheit dafür zu bieten, daß er nicht gezwungen wird, wenn er ein Versehen begangen hat, nachher die ganzen Folgen eines solchen Versehens, namentlich also die ganze Prozeßführung, die ganzen Verhandlungen mit dem Verletzten, zu tragen. Das alles soll auf den haftfähigen Verband, Staat, Ge⸗ meinde usw. fallen, und für die Geschädigten bleibt der große Gewinn, daß immer ein leistungsfähiger Gegner da ist, der den Ersatz leisten muß. In bezug auf die Feststellung des Unvermögens von Schulverbänden will ich nochmals verlesen, was ich schon im Abgeordnetenhause er⸗ klärt habe:

„Die Staateregierung versteht unter leistungsunfähigen Ee⸗ meinden immer solche, welchen auf Grund des Schulunterhaltungs⸗ gesetzes dauernd Ergänzungszuschüsse gewährt werden. Das bedeutet aber nicht, daß nur in diesem Falle eine Leistungsunfähigkeit an⸗ genommen werden soll, sondern es ist das nur ein besonders hervor⸗ gehobenes Beispiel. Die Leistungsunfähigkeit kann selbstverständlich auch auf andere Weise festgestellt werden.“

Meine Herren, das Gesetz hat eine größere Bedeutung als sein geringer Umfang vermuten läßt. Es bedeutet, daß, wenn es zustande kon mt, nicht nur die Rechtseinbeit

sondern daß auch im Rei

nimmt, indem es nicht fast allein dasteht als der Staat, der diese von vielen Seiten mit Recht als sehr wichtig anerkannte Frage nicht geregelt hat.

Ich habe deshalb namens der Staatsregierung bei diesem hohen Hause zu beantragen und zu befürworten, daß die Aenderung, welche in der Kommission beschlossen worden ist, nicht aufrecht erhalten werden möge. Die Regierung würde das nicht annehmen können. Denn sie würde damit ihre bisherige staatsrechtliche Stellung auf⸗ geben, und das kann, wie ich sagte, in einem Sondergesetze unmöglich geschehen. Das Zustandekommen des Gesetzes ist nach der Meinung der Reglerung eine politische Notwendigkeit. Den Bedenken, welche dagegen vorgebracht sind, ist die Regierung nachgekommen, soweit es im Bereiche der Möglichkeit lag. Ich glaube, das hohe Haus wird sich meiner Auffassung anschließen, daß dieser eine, in der Kommission

Bestimmtheit er⸗

gefährden darf. Ich bitte um Prüfung des Gesetzes aus diesem Ge⸗ sichtspunkt, und ich boffe, daß auch bei der großen Mehrheit dieses hohen Hauses das Gesetz so, wie es vom Abgeordnetenhause nach langen und sehr gründlichen Erwägungen angenommen worden ist, als das

uund sagte sih auch: ein Gesetz ist nicht Selbstzweck, bei einem Gesetz

ist die Hauptsache, wie es wirkt und wie es sich bei der Handhabung

Richtige erscheinen und so zustande kommen werde.

In der Spezialdiskussion werden die 1 bis 4 un⸗ verändert nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses an⸗ genommen.

Zu § 5 beantragen die Herren Dr. Loening, von Plehwe und Gen. die Wiederherstellung der Abgeordneten⸗ hausfassung (Haftung der Schulverbände mit eventueller Unterstützung durch den Staat).

Berichterstatter Herr Dr. Hamm empfiehlt den Kommissiong. beschluß, daß der Staat auch für die Lehrer zu haften habe; der Kommission komme es darauf an, das Prinzip festzustellen, ndg der Lehrer ein Staatsbeamter sei. Die erste Lesung der Kommission habe das Er⸗ gebnis gehabt, daß in dem Streite fuͤr und wider der ganze § 5 ab⸗ gelehnt wurde, sodaß die Lehrer ganz aus diesem Gesetze heraus⸗ fielen. Bei der zweiten Lesung habe man aber anerkannt, daß es do das Rechtsgefühl verletzen würde, wenn war für die Gymnastallehrer eine Haftung bestehe, aber nicht für die Volksschullehrer, sodaß gerade die ärmeren Klassen benachteiligt würden, wenn z. B. ein

Kind infolge der Züchtigung durch den Lehrer Schaden erlitte. Die Kommisston habe sich deshalb für die Haftung des Staats auch für die Volksschullehrer entschieden. Herr Dr. von Plehwe: Der Beschluß der Kommission unterliegt schweren Bedenken, und wir haben deshalb die Wiederher⸗ stellung der Abgeordnetenhausfassung beantragt. Die Regierung kann den Beschluß unserer Kommission nicht annehmen, es würde also das ganze Gesetz scheitern. Der § 5 ist der einzige Streitpunkt in diesem Gesetz. Der § 5 hat dad ur die große Bedeutung, die man ihm bei⸗

legt. Der Lehrer ist kein unmittelbarer, sondern nur ein mittelbarer Staatsbeamter, ein Kommunalbeamter. Die Regierung ist konsequent gewesen und hat anerkannt, daß für Versehen der Lehrer der Schul⸗ verband haften muß, aber sie ist auch weit entgegengekommen und will den Staat für die Schulverbände eintreten lassen, wenn sie un⸗ vermögend sind oder kein Berufungsrecht für die betreffende Lehrperson gehabt haben. Wir können an diesem Streitpunkte nicht ein so großes wohltätiges Gesetz scheitern lassen. Das Herrenhaus kann nicht die Verantwortung übernehmen, wenn gerade der große Staat Preußen im Deutschen Reich allein sich der Pflicht entzteht, für

amten zu haften. Ich bitte also, § 5 in der Fassung des Abgrordneten⸗ hauses wieder herzustellen.

Die Besorgnis,

Herr Dr. Rive⸗Halle: Gesetz scheitern könnte, ist recht anfechtbar. In der Kommission ist auch die Frage aufgeworfen worden, ob denn überhaupt für ein solches Gesetz ein so großes Bedürfnis vorhanden sei. Eigentlich ist es nur eine Forderung der Juristen. Gewiß wird die Rechtsgleichheit im Deutschen Reiche durchbrochen, wenn Preußen auf diesem Gebiete zurückbleibt, aber wir haben au auf manchen anderen Gebieten noch keine Rechtsgleichheit im egierung wollte ursprünglich auch nicht die Haftung

daß das ganze

Reiche. Die R des Staates für die Standesbeamten, die Kommunalbeamte sind, zu⸗ lassen, hat aber doch in diesem Punkte nachgegeben. Warum soll also der St ch die Haftung für die Lehrer übernehmen? Lehrer sei kein unmittelbarer, sondern nur mittel barer Staatsbeamter. Was ist das überhaupt für eine neue Art von Staatsbeamten? Stellt der Lehrer etwa in der Beamtenwelt ein drittes Geschlecht dar? Die Regierung muß Farbe kennen und sagen, wie sie den Lehrer behandeln will. Daß sie erklärt, der Lehrer sei unmittelbarer Staatsbeamter, darauf legt niemand Wert, aber die Regierung soll zugestehen, daß sie die Lehrer den unmittelbaren Staatsbeamten gleich zu achten hat. Der Staat hat das Unstellungsrecht, die Gemeinden haben nur Pflichten, deshalb wollen sie aus prinzipiellen Gründen die Haftung nicht übernehmen. Warum soll dieses Gesetz nicht der geeignete die prinzipielle Stellung der Lehrer zu entscheiden? Allerdings haben wir jetzt keinen Kultusminister, der eine Erklärung abgeben könnte, aber das ist doch nicht für uns ein Grund, auf unsere prinzipielle Au fassung zu ver⸗ zichten. Ein größerer Schade wäre es, wenn die Gemeinden, die so viel für die Schule getan haben, geschädigt werden, als wenn dieses Gesetz wirklich scheitern sollte. Dem Herrenhaus kann man daraus 8 eeetfe machen.

err Dr. Loening⸗Halle: Ich hatte auch Bedenken egen die Fassung des Abgeordnetenhauses und habe in der Komms on Abänderungsanträge gestellt, bin aber damit nicht durchgedrungen und muß deshalb im Interesse des Zustandekommens des Gesehes meine Bedenken zurücktreten lassen und die Annahme der Abgeordneten⸗ hausfassung empfehlen. Es handelt sich nicht bloß um eine Ford.⸗ rung der Juristen, sondern um ein praktisches Bedürfnis. Dank der Tüchtigkeit unserer Beamten kommen ja nur wenige Fälle vor, in denen das Gesetz zur Anwendung gelangen kann, aber es geht dech nicht an, daß die Bürger des Staates durch einen Beamten, der keinen Schadensersatz leisten kann, benachteiligt werden. Wir stehen der bestimmten Erklärung der Regierung gegenüber, daß das ganze Gesetz fällt, wenn der Beschluß unserer Kommission an⸗ genommen wird. Das Gesetz hängt also von der Beschlußfassung des Herrenhauses ab. Die rein akademische Frage, ob die Lehrer mittel⸗ bare oder unmittelbare Staatsbeamte. sind, brauchen wir bei diesem Gesetz nicht zu entscheiden; an dieser Doktorfrage sollten wir das Gesetz nicht aus bloßer theoretischer Halsstarrigkeit scheitern lassen. Den Nachteil hätte nicht die Bureaukratie, sondern die Bevölkerung. Man könnte ja ein Ge etz beantragen, welches die Rechtsstellung der Lehrer ordnet. Aber wenn man ein Gesetz ablehnen will, weil darin nicht die Rechtsstellung der Lehrer geordnet wird, so ist das nicht praktisch, und es könnte wichtigste Gesetze verhindern. lediglich aus praktischen Gründen, die 2 evölkerun verstehen, wenn man dieses Gesetz scheitern ließe.

Freund dieses Ge⸗

Herr Dr. Wilms⸗Posen: Ich bin ein setzes und erkenne ein gewisses praktisches Bedürfnis dafür an; es wird sogar größere Bedeutung gewinnen, denn es werden sich im Wege einer Klage haftbar gemacht

die Fälle, wo die Beamten werden, sehr wesentlich vermehren, während sie bisher wegen ihrer alles dies kann mich nicht be⸗

znntexastber Füber

immen, den 8 n anderer Fassung anzunehmen, als unsere Kom⸗

mission beschlossen hat. Der Lehrer übt in seinem Beruf flactliche

Funktionen aus, er ist also tatsächlich unmittelbarer Staatsbeamter,

b ganz wegfallen; dann würde ch für die Lehre lüc, 9 p

1 äre bedauerlich, we ur

dieses 2e das gute Verhältnis der Landgemeinden und Gutsbezirk⸗

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zu ihren Lehrern gestört würde. Herr Dr. Oebler,Crefeld: Der Lehrer ist kein Kommunal⸗ ommune, sondern in dem

heseh 88 shs Fecht in Dfenste der K Se Staates. Weshalb soll also der Schulverband füt 7 Der Kreisschulinspektor ist doch auch ein ü haften haftet der Staat. Ich bitte deshalb um Ableh

Loening⸗Plehwe.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Gestatten S

folge der Aeußerungen der Herren Vorredner.

gegenüber dem Herrn Oberbürgermeister Rive zu erkla

den Erfahrungen, die wir in der Verwaltung machen, das Bedürfnis nach diesem Gesetze doch ein weit größeres ist, als er anzunehmen scheint. Ich habe mich auch bereits dahin geäußert, daß die Wünsche,

mannsstandes, und namentlich die Parlamente gesprochen haben, und dies gibt doch sicherlich einen sehr be⸗ deutsamen Anhalt zur Unterstützung der Auffassung, daß in der Tat ein solches Bedürfnis vorhanden sei, ganz abgesehen davon, daß das Gesetz aus staatzrechtlichen Gründen notwendig ist, weil der preußische

Damit schließt die Generaldiskussion.

Staat doch nicht allein im Deutschen Reiche ohne ein kann. Aber ich möͤchte noch hinzufügen, daß wir aus p -“

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das Gesetz zustande kommen zu sehen, keineswegs vornehmlich aus Juristenkreisen stammen, sondern daß auch Körperschaften des Kauf.. sich dafür aus.

fahrungen alle Tage lernen, wie groß das Bedürfnis ist. Immer wieder kommen Anträge von solchen, die sich durch Staatsbeamte ge⸗ schädigt wähnen und Ersatz von der Staatsregierung verlangen. Ich darf z. B. auf die vielen Fälle hinweisen, in denen dies hinsichtlich der Gerichtsvollzieher geschieht und die Staatsregierung ist dann immer gezwungen, sagen zu müssen: daß der Staat nicht eintreten könne. Da glaube ich doch nicht, daß der Herr Oberbürgermeister seine Behauptung aufrecht erhalten könne, daß kein Bedürfnis zur gesetzlichen Regelung vorliegt. Es ist ferner betont worden, daß die Staatsregierung es unklar lasse, wie sie die rechtliche Stellung der Lehrer auffasse. Der eine der Herren Vorredner hat auch gesagt, das Verhalten der Regierung gegenüber dem jetzt von der Herrenhauskommission gemachten Vorschlage sei auf mich zurückzuführen. Meine Herren, die Stellung der Staatsregierung ist ganz konsequent immer die gewesen, daß die Lehrer mittelbare Staatsbeamte seien, und daraus folgt auch die Regelung, welche die Frage im Gesetz gefunden hat. Ich erlaubte mir bereits, hervorzuheben, daß es eine schwierige Auf⸗ gabe war, allen diesen einzelnen Fragen gerecht zu werden, ohne irgendwie in die allgemeinen staatsrechtlichen Verhältnisse einzugreifen. Die Staatsregierung glaubt, daß in ihrem Entwurfe eine richtige Lösung gefunden sei, und im großen und ganzen ist es im Hause der Abgeordeten auch bei dem Entwurfe geblieben. Die Annahme, daß ich allein Widerstand geleistet hatte, muß ich für unbegründet er⸗ kären; denn was ih hinsichtlich der Lehrer gesagt habe, beruht auf ausdrücklichem Beschluß des Staatsministeriums. Diese Stellung des Stꝛatsministeriums in der Schulfrage ist auch bei dem Schulunter⸗ haltungsgesetze zum Ausdruck gebracht worden, und sie beruht am letten Ende auf der Direktive, welche in der Verfassung gegeben ist⸗ Diese geht dahin, daß alle Lasten, welche durch den Schulbetrieb ent⸗ stehen, von den Schulverbänden zu tragen seien, und daß der Staat nur da helfend einzutreten habe, wo es erforderlich ist, weil sonst Ueberbürdung entsteht. Diesem Gedanken ist Ausdruck gegeben in dem § 5, wie das Abgeordnetenhaus ihn angenommen hatte, und wie die Staatsregierung meint durch eine Lösung, die sie annehmen lönne, obgleich sie auch dagegen ihre Bedenken hatte.

Es ist also daran festgehalten, daß die Schulverbände diejenigen sind, welche nach den Grundsätzen des Gesetzes und nach der bis⸗ herigen konsequenten Auffassung der Staatsregierung zu haften haben. Deshalb möchte ich dringend darum ersuchen, daß die Herren sich dieser korrekten und konsequenten Auffassung, der das Haus der Abgeordneten gefolgt ist, anschließen wollten.

Wenn gesagt ist: die Frage über die Stellung zwischen Staat und Schule müsse hier jetzt prinzipiell erledigt werden, so halte ich das bei diesem Sondergesetze für gänzlich ausgeschlossen. Die Staatsregierung hat bei der Gestaltung des Gesetzes alle Fragen, welche zu einer prinzipiellen Entscheidung auf diesem Gebiete hätten führen können, vermieden und ist lediglich den gelteden Rechtsgrundsätzen gefolgt. Ich glaube deshalb, daß s konsequent, richtig, unbedenklich und im Interesse des Staats und sener Angehörigen dringend wünschenswert und geboten ist, daß die Herren den gestellten Antrag auf Wiederherstellung der Fassung des Abgeordnetenhauses annehmen.

He nberg, Fürst von Hatzfeldt: Der S ul⸗ T“ Aageed,Sürsgenog 89 chul⸗ nehmen, wenn er kein Berufungs⸗ oder Vorschlagsrecht bei der Lehrer⸗ unstellung ausgeübt hat. In der Praxis werden also die Gemeinden auf ihr Vorschlagsrecht verzichten, das sowieso nicht bedeutend ist. So wird das bisherige Verhältnis zwischen den Gemeinden und den Lehrern ge⸗ füört werden. Die Gemeinde wird den Lehrer dann nicht mehr als den Erzijeher ihrer Kinder betrachten, sondern nur als den Mann, für den sie die Hauptsumme der Besoldung hergeben muß. Aus diesem Grunde kann sch die Fassung des Abgeordnetenhauses nicht annehmen. Machen wir och den Versuch, warten wir ab, ob die Regierung wirklich das

vüst scheitern läßt, wenn wir den Beschluß unserer Kommission an⸗ nehmen.

Graf Finck von Finckenstein: Die Gründe für die Annahme unseres Kommissionsbeschlusses sind genügend ansgesprochen worden. Da aber die Regierung daran das Gesetz scheitern lassen will, möchte chbeantragen, den § 5 ganz zu streichen. Vielleicht ist das ein weg zur Annahme des Gesetzes durch die Regierung. Die Ent⸗ sceidung der Frage, wer haftet, bleibt der Justiz überlassen.

Justizminister Dr. Beseler:

Ich möchte auf die Ausführungen Seiner Durchlaucht des Herzogs don Trachenberg nur kurz hervorheben, daß mir, als über die Frage sesprochen wurde, ob die kleinen Gemeinden infolge der neueren Be⸗ üimmungen des Gesetzes auf ihr Wahlrecht oder auf ihre Mitwirkung dabei gänzlich zu verzichten geneigt sein würden, erwidert worden ist —und zwar aus Kreisen, die ich als sehr erfahren in diesen Dingen insehen mußte —, daß dies nicht zu befürchten sei; denn die Gemeinden vürden sich bei der Ausübung des Wahlrechts, soweit sie daran be⸗ teilit sind, von der Ueberzeugung leiten lassen, daß sie ein Recht aus⸗ wüühen hätten und ausüben wollten, und daß die Besorgnis vor einer nüglicherweise eintretenden Haftpflicht sie nicht abhalten würde, ihr Rezt auszuüben. Ich glaube deshalb, daß die Ausführungen, welche dahin gehen, daß der Zusatz des Abgeordnetenhauses als ein unglück⸗ icher zu bezeichnen sei, nicht zutreffen. Ich kann hervorheben, daß namentlich auch die Schulverwaltung durchaus nicht wünscht, daß die Lerbände sich etwa bestimmen lassen sollten, bei der Anstellung nicht nützuwirken, sondern daß sie im Gegenteil Wert darauf legt, daß iis nicht geschieht. Die kleinen und unvermögenden Verbände haben sterhaupt nichts zu befürchten, und die anderen würden sich vor dem nüäglichen Schaden, auch wohl nicht von ihrer Mitwirkung bei der ehrerwahl abhalten lassen, ganz abgesehen davon, daß ihnen auch die

ersicherungsmöglichkeit bleibt.

Herr Graf von Finckenstein hat bemerkt, daß die Lehrer vielleicht tan aus dem Gesetz ausscheiden könnten. Meine Herren, das würde doch eine außerordentlich bedenkliche Maßnahme sein. Ich habe schon

tont, daß es nicht nur für die Geschädigten, sondern auch für die

kamten von großem Werte ist, dieses Gesetz in der Weise verab⸗ tiedet zu sehen, wie die Regierung es vorgeschlagen hat. Nicht zu mnterschätzen ist der hohe Wert, den es für den Einzelnen haben muß, nn er nicht selber den Kampf durchzufechten hat, sondern das tten Verbande überlassen kann Ich möchte deshalb sagen, daß es

e schwere Verantwortung sein würde, wenn man einfach sagen vollte: allen soll der Vorteil gewährt werden, nur den Lehrern nicht;

würden dies als eine empfindliche Zurücksetzung betrachten.

ch möchte deshalb dringend bitten, das Gesetz so anzunehmen, *† im Abgeordnetenhause verabschiedet worden ist, und ich bitte 9 demgemäß, Ihre Bedenken, welche in der Tat nicht von aus⸗ ülagender Bedeutung sein können, zurückzustellen. Ueber die prinzipielle

Frage, wie der Staat sich zu den Schulverbänden und den Volks⸗ schulen zu stellen hat, die insonderheit von den Herren Oberbürger⸗ meistern hier betont wird, können wir bei der gegenwärtigen Beratung unmöglich zu einer endgültigen Antwort kommen. 1 .

Herr Dr. Bender⸗Breslau: In meiner Praxis ist mir nicht ein einziger Fen in der Schule bekannt geworden, wo dieses Gesetz hätte praktisch werden können. Anders liegt es bei den Staats⸗ heamten, da können leicht Fälle vorkommen, wo der Staat eine Heftung übernehmen muß. Der Staat hat ja in sich die Versicherung ür alle Verbände, Frage kommen können. Wenn aber die Schulverbände sich gegen diese Last erst versichern sollten, so könnten die Kosten leicht größer werden, als diese geringe Last. Die Uebernahme dieser Last folgt gar nicht aus der Schulunterhaltungspflicht,

des Lehrers, der ein Versehen begeht. Gesetz hat den Zweck, möglichst wenige Personen zu inkommodieren, und das geschieht am besten, wenn der Staat die Haftung übernimmt. Es klingt fast wie Ironie, daß wir erst Anträge wegen der Rechts⸗ stellung der Lehrer stellen sollten. Es handelt sich hier lediglich um die Uebernahme einer Last, und es kommen nach der Statistik nur wenige tausend Taler in Betracht, da ist es doch besser, daß der Staat die Last gleich übernimmt, statt daß eine große Schreiberei beginnt über die Unterstützung der Schulverbaͤnde.

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Justizminister Dr. Beseler:

Es ist keine Geldfrage, um die es sich hier handelt, die Höhe der Last hält die Staatsregierung nicht ab, so zu handeln, wie es von anderer Seite gewünscht wird, aber ich habe schon wiederholt betont, es kann hier prinzipiell über die Stellung des Staats zur Schule un⸗ möglich entschieden werden. Deshalb muß so verfahren werden, wie es im Abgeordnetenhause bei der Regelung des § 5 geschehen ist. Ich muß namens der Staatsregierung erklären, daß, wenn jetzt eine Staatehaftung im Falle des § 5 eingeführt werden soll, wie ihn der Beschluß der Kommission darstellt, dann das Gesetz für die Regierung unannehmbar sein würde.

Dr. Graf Botho zu Eulenburg: Von allen Seiten ist ein gewisses Bedürfnis für dieses Gesetz anerkannt worden. Dann kann man nicht nach dem Vorschlag des Grafen Finck eine Lücke lassen, indem man einfach die Lehrer herausläßt. Die Lehrer nehmen eine Mittelstellung zwischen Staats⸗ Vund Kommunal⸗ beamten ein, aber sie nähern sich mehr den Kommunalbeamten. Es kommt darauf an, in wessen Dienst der Lehrer Cah. lt ist, und er ist angestellt für den Dienst des Schulverbandes. Man soll dem Staat keine Last auferlegen, für die er rechtsverbindlich nicht einzu⸗ treten hat. Die ursprüngliche Regierungsvorlage schrieb einfach die Haftung des Schulverbandes vor, da kam aber das Abgeordnetenhaus und machte den Zusatz, daß der Staat helfend eintreten solle, wenn die Gemeinde unvermögend ist oder kein Anstellungsrecht oder Vor⸗ schlagsrecht ausgeübt hat. Gegen diese Formulierung habe ich ebenso Bedenken wie Herr Dr. Loening, aber ich lasse auch diese Bedenken fallen, um das Gesetz zustande zu bringen.

Herr Dr. Wilms widerspricht der Auffassung, daß die Lehrer sich mehr den Kommunalbeamten nähern. Der Staat gebe den Lehrauftrag und habe daher auch die Haftung zu übernehmen. Nach dem rheinischen Recht komme es darauf an, wer den Auftrag erteile. Aus der Schulunterhaltungspflicht der Gemeinden lasse sich diese Last nicht herleiten. 818

Justizminister Dr. Beseler:

Vom rechtlichen Standpunkte möchte ich noch bemerken: der Gesetzentwurf steht nicht auf dem Boden des rheinischen Rechts, sondern er sagt: es solle gehaftet werden von demjenigen Verbande, für den der in Rede stehende Beamte angestellt ist. Das ist, eine andere Grundlage.

Herr Dr. von Studt: Die Schulunterhaltungspflicht liegt den Gemeinden ob, der Staat stellt die Lehrer an, aber nicht als Staatsbeamte, sondern als Kommunalbeamte. Das ist allerdings eine gang eigenartige Organisation, aber daraus folgt die eigentümliche Sonderstellung der Lehrer. Von der Regierung ist niemals anerkannt worden, daß die Lehrer Staatsbeamte seien; sie haben nur hinsichtlich ihrer disziplinaren Stellung die Rechte und

flichten der Staatsbeamten. Das Mißtrauensvotum kann man den chulverbänden nicht erteilen, daß sie, um nicht einmal regreßpflichtig gemacht zu werden, auf ihr Vorschlagerecht verzichten sollten. Die Frage hat praktisch nur minimale Bedeutung, aber das Gesetz darf nicht scheitern, Preußen kann nicht allein hinter den anderen Staaten zurückbleiben. Herzog zu Trachenberg, Fürst von Hatzfeldt: Ich hätte ge. laubt, der Vorredner käme von der Voraussetzung, daß die Schule eine Veranstaltung des Staates sei, zu dem Ergebnis, daß auch der Staat die Lasten zu üͤbernehmen habe. Wenn das Gesetz nur minimale praktische Bedeutung hat, so weiß ich nicht, warum der Staat nicht die Haftung übernehmen soll. Es entspricht nicht der Gerechtigkeit, den Schul⸗ verbänden die Last aufzuerlegen. Die Gemeinden haben nur das Vorschlagsrecht, und das ist so gut wie kein Recht; deshalb sollte man ihnen nscht diese Last aufbürden.

Darauf wird die Diskussion geschlossen.

§ 5 wird in der Fafsung der Herrenhauskommission (Haftung des Staates für die ehrer) angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes und bei der Gesamtabstimmung auch das Gesetz im ganzen. Die dazu eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt.

Der vom Abgeordnetenhause auf Antrag des Abg. von Bülow⸗Homburg gr) angenommene Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Schulver äumnisse im Gebiete des vor⸗ maligen Herzogtums Nassau und der vormaligen Landgraf aßt Hessen⸗Homburg, wird vom Bericht⸗ erstatter Grafen Norck von Wartenburg zur Annahme empfohlen, jedoch mit einem Abänderungsantrag, wonach in das Gesetz auch diejenigen Gebietsteile einbezogen werden sollen, die früher zum Großherzogtum Hessen gehoͤrten und 1866 an Preußen gekommen sind.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat von Bremen ist mit dieser Abänderung einverstanden.

Die Vorlage wird nach dem angenommen.

Es folgt der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über den Entwurf eines Eisenbahnanleihegesetzes (so⸗ genannte Nebenbahnvorlage). 1

Berichterstatter Herr von Graß befürwortet die Annahme der

Antrage des Berichterstatters

Vorlage in der von dem Abgeordnetenhaus abgeänderten Form.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Der Herr Berichterstatter, dem ich für seine freundliche Aus⸗ führungen bei Beurteilung des Gesetzentwurfs meinen Dank ausspreche, hat an mich die Frage gerichtet, an welcher Stelle die Mittel für den Verschleiß der Betriebsmittel in den Etat eingestellt werden, und er hat eine Bestätigung von mir erwartet, daß sie nur im Ordinarium aufgeführt seien. Die Mittel für den Verschleiß sind von jeher im Ordinarium und zwar im Titel 9 des Etats untergebracht worden. Es waren aber dort stets nicht nur die Mittel für den reinen Ver⸗ schleiß, sondern sehr erhebliche Beträaͤge über den Verschleiß hinaus,

etwa rund 20 Millionen eingestellt.

Graf Grote beklagt e8, daß die bereits seit 1885 geforderte Nebenbahn Uelzen Dannenberg im Hannoverschen noch immer nicht in Angriff genommen sei; diese Bahn habe nicht nur lokalen Charakter.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Ich bin in der Lage, ausdrücklich festzustellen, daß die bislang negative Behandlung des Bahnprojekts Uelzen —Dannenberg durch die preußische Regierung keinesfalls in der Absicht erfolgt ist, auf die Großherioglich mecklenburgische Regierung irgend einen Druck aus⸗ zuüben dahin, daß sie in die preußisch⸗hessische Eisenbahngemeinschaft eintrete. Ein solcher Druck ist von Preußen bisher nach keiner Seite ausgeübt worden, und ich glaube aussprechen zu dürfen, er wird auch niemals in Zukunft ausgeübt werden. Was den Stand des Projekts betrifft, so liegt die Frage des Bahnbaus Uelzen Dannen⸗ berg schwierig. Die preußische Staatsregierung ist bisher von der Auffassung ausgegangen, daß diese Bahnlinie überwiegend rein ört⸗ lichen Bedürfnissen zu dienen haben werde, also nicht etwa dem großen Durchgangsverkehr zwischen Mecklenburg und Hannover. Ein Per⸗ sonenverkehr von Mecklenburg nach Hannover über diese Linie mit der Absicht, ihn gegenüber bestehenden Verkehrswegen zu beschleunigen, würde voraussetzen, daß eine neue Hauptbahn gebaut wird; in dieser Richtung haben sich die Projekte niemals bewegt. Güterverkehr wird, soweit es sich um den Durchgangsverkehr handelt Erhebliches zu erwarten sein, weil für Artikel, Kohle und Eisen, heute Mecklenburg Ausnahmetarife mäßigungen gewähren, sodaß die Abkürzung des Bahnweges keine Verkürzung der Tarife zur Folge haben würde. Das Projek 8 ist also überwiegend unter lokalen Gesichtspunkten zu beurteilen. E ist neuerdings von mir angeordnet worden, da immer wieder Anträge auf Ausführung der Bahnlinie an mich herantreten, in eine erneute Untersuchung des Projekts einzutreten. 8

Herr von Puttkamer bedauert es, daß die diesjährige Neben⸗ bahnvorlage für die Provinz Pommern keine Nebenbahn enthalte. 1

Herr Dr. von Burgsdorff weist auf die Notwendigkeit der Höherlegung des Bahnhofes in Finsterwalde hin. 3

Minister der öffentlichen Arbeiten p on Breitenbach:

Herr von Puttkamer hat darauf hingewiesen, daß die Provinz Pommern diesmal in der Nebenbahnvorlage nicht berücksichtigt worden ist. Wir haben uns allerdings, wie aus den Endsummen erkennbar ist, einige Beschränkungen bei der Beschaffung von Mitteln für den Bau von Nebenbahnen auferlegen müssen. Vier Provinzen sind nicht berücksichtigt worden, und zu denen gehört Pommern. Wir haben aber dabei beachtet, daß Pommern im vergangenen Jahre durch die Nebenbahn von Barth nach Prerow bedacht worden ist. Wir werden selbstverständlich die Interessen der Provinz Pommern, wie sie es im weitesten Maße verdient, auch bei zukünftigen Projekten im Auge behalten, aber ich darf darauf hinweisen, daß nach der Statistik die Provinz Pommern, was die Ausgestaltung des Staatsbahnnetzes betrifft, unter sämtlichen preußischen Provinzen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl prozen tual am besten steht.

Was die Verhältnisse der Stolpetalbahn und der damit in Zu⸗ sammenhang gebrachten Neubauprojekte betrifft, so werde ich der Frage meine Aufmerksamkeit zuwenden. Das Projekt für den Ausbau des Bahnhofs Finsterwalde ist in Bearbeitung, und zwar soll es in einem Umfange ausgeführt werden, daß es den Bedürfnissen des Verkehrs durchaus entspricht. Ich hoffe sogar, daß es bald gelingen wird, das Projekt aus bereiten Mitteln zur Ausführung zu bringen.

Graf von Mirbach: Ich möchte die Gelegenheit nicht vorüber* gehen lassen, ohne auf den seltsamen Umstand aufmerksam ge⸗ macht zu haben, daß man für eine Schlafwagenkarte von einer öst⸗ lichen Station, etwa von Königsberg, bis Eydtkuhnen 10 zu zahlen hat, während man umgekehrt in jedem Falle den vollen Preis von 13 für die ganze Strecke von Eydtkuhnen bis Berlin zu be⸗ zahlen hat, auch wenn man nur z. B. bis Königsberg fährt. Auch das Rauchverbot in den Speisewagen erregt noch immer Mißstimmung, wie überhaupt bei der Verteilung der Abteile die Nichtraucher entschieden bevorzugt sind, so daß man befürchten könnte, es wird no dahin kommen, daß jeder, der auch nur das leiseste Atom von Rau in seinen Kleidern hat, überhaupt von der Fahrt ausgeschlossen wird. Eine Beeinträchtigung der Eisenbahneinnahmen erfolgt offenbar jetzt durch die Automobile. Wenn fast jeder Mensch ein Automobil hätte, und man dann die Eisenbahn mit ihrer heutigen vollkommenen Form erfinden würde, so würde sie jeder als wunder⸗ voll bezeichnen, weil man bequem fahren und im Zuge sogar schlafen und speisen kann. Heute liegt aber die Sache umgekehrt. Leider werden dadurch der Eisenbahn viele Passagiere erster und zweiter Klasse entzogen. Man muß sich klar machen, daß die Staats⸗ eisenbahn eine Transportgesellschaft ist, man sollte daher nicht in der dritten Klasse dieselben Ansprüche machen können, wie in der ersten Klasse, wo man das Doppelte bezahlt. Die Tendenz bei unserer Ver⸗ waltung F aber, wie auf vielen anderen Gebieten des Lebens,

D

die bauptsächlichsten

bereits zwischen Ruhr un 8 die weitgehende Er⸗

bestehen,

eher na der umgekehrten Richtung. Es wird dadurch eine Art emagogie getrieben. Wohlfahrtseinrichtungen sind ja sehr schön, aber wenn die Eisenbahnverwaltung in einem Jahre allein 33 Millionen dafür als nicht einmal aus⸗ reichend befunden hat, so ist das doch etwas viel. Die Eisenbahnverwaltung sollte wie ein sparsamer Privatmann wirtschaften. Nach meiner Ansicht gibt es kein besseres Tarif⸗ system als das der Staffeltarife; der Oberpräsident von Schlesien hat mit Recht erklärt, daß der Ausbildung dieses Systems nichts weiter entgegensteht als eine Menge von Vorurteilen. Die Agitation gegen diese Tarife ähnelt der Bewegung gegen den Großgrundbesitz. Außer den Herren, die ihr Vermögen in Stein⸗ kohlenschätzen der Erde haben, existiert kein reicher Großgrundbesitz. Wenn man nicht an angeborener Dummheit und Ignoranz krankt, wird man niemals be aupten können, daß der Großgrundbesitz Steuern hinterzieht. Gerade bei ihm ist das doch nicht möglich. Nach meiner Ansicht werden noch viel zu viel eüberflüssige Unter⸗ führungen gebaut; umgekehrt kenne ich einen Fall in meiner Heimat, wo trotz großer Frequenz und der Gefahr von Unglücksfällen der Bau einer Unterführung abgelehnt wurde.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Ich kann dem Herrn Grafen von Mirbach nur dankbar sein für die Anerkennung, die er der Staatseisenbahn⸗ verwaltung in seinem Schlußworte gezollt hat. Der Herr Graf von Mirbach hat eine Reihe von bedeutsamen Fragen zur Erörterung gestellt, die freilich zum überwiegenden Teile schon bei der Beratung des Etats hier erörtert wurden. (Sehr richtig!) Es sind ja Fragen, wie die Frage der Staffeltarife, die niemals zur Ruhe kommen werden; die Auffassungen gehen hier stark auseinander. Die Auffassung des Ministeriums deckt sich grundsätzlich mit der Auffasung des Herrn Grafen von Mirbach, daß der Staffeltarif diejenige Form des Tarifs ist, die die Staatseisenbahn⸗ verwaltung erstreben muß. Ich darf hinzufügen, meine Herren, daß wir heute bereits in viel weiterem Umfange Staffeltarife besitzen, als angenommen wird. Es werden, wenn ich auch die Güter

Auch für den