das hat Herr Direktor Kühn Ihnen schon gesagt — nicht daran ge⸗ dacht, einzelne Fabriken auszunehmen, etwa die großen, und die kleinen dafür zu belästigen, — sondern man will einzelne Kategorien von Be⸗ leuchtungsgegenständen von der Banderolierung ausnehmen und unter Buchkontrolle stellen, und dann kann weder der Kleine noch der Große eine Schikane erleiden, sondern es wird beim Fabrikanten kontrolliert
Und wenn ich noch darauf zurückkommen darf, was Herr Dr. Weber gesagt hat, die Exportartikel betreffend, so wird im allgemeinen nach den Erkundigungen, die ich eingezogen habe, von den Händlern die Ware, die exportiert werden soll, bereits als Exportware bestellt. Dann beschränkt sich die ganze weitere Buchkontrolle darauf, ob der Händler auch wirklich die besogene Ware exportiert. Diese Kontrolle kommt überall vor, wo wir eine Steuer im Exportfalle erstatten.
Abg. Dr. Pichler (Zentr.) verwahrt seine 1e. gegen den Vorwurf der Mittelstandsfeindlichkeit. Im bayerischen Landtage habe es sich um die elektrische Energiesteuer gehandelt; jetzt handele es sich nur um einen Teil der Steuer, um die Glühkörper. scr “ Dr. Paasche erklart die Diskussion für ge⸗
ossen.
Abg. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.) eilt zu dem Präsidium, um das Wort zu erbitten. (Ohrenbetäubender langandauernder Lärm rechts und im Zentrum, stürmische Rufe: Raus! und Schlußrufe.)
Abg. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp) zur Geschäftsordnung: Ich wollte nur eine persönliche Bemerkung machen, möchte mir aber an den Herrn Präsidenten die Frage erlauben, ob es unter der neuen Konstellation gestattet ist, das Wort „Jesuit“ auszusprechen, ohne dafür gestraft zu werden.
Abc. Dr. Heim (Zentr.): Ich möchte den Herrn Präsidenten fragen, ob es gestattet ist, zu zitieren, wie es der Kollege Müller so oft tut. In Gutzkows Rittern vom Geiste heißt es: „Wenn man einen minoren Men rasch erkennen will, braucht man nur die Rede auf Jesuiten zu bringen.“ 8
In namentlicher Abstimmung wird § 1, der die steuer⸗ pflichtigen Gegenstände aufführt, mit 185 gegen 160 Stimmen und 2 Stimmenthaltungen angenommen.
Zu § 2, der die Steuersätze enthält, liegt der Antrag Weber vor, dieser wird abgelehnt und der § 2 unverändert angenommen, ebenso der Rest des Kommissionsantrages.
Schluß 7 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch, den 30. Juni, 1 Uhr. (Interpellation Albrecht, betreffend die zeitweilige Auf⸗ hebung der Getreidezölle.)
Ein Antrag des Abg. Singer, schon morgen eine Sitzung abzuhalten, wird gegen die Stimmen der Linken abgelehnt.
Preußischer Landtag. Herrenhaus. 18. Sitzung vom 25. Juni 1909, Vormittags 11 ½2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Das Haus verhandelt zunächst wiederum über den Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Stempelsteuergesetzes vom 31. Juli 1895, der vom Ab⸗ geordnetenhause in abgeänderter Fassung an das Herrenhaus zurückgelangt ist.
Berichterstatter Graf von Reichenbach⸗Goschütz beantragt, die gestern vom Abgeordnetenhause beschlossenen Abänderungen des Stempeltarifs (zum neuen Stempelsteuergesetz) gutzuheißen. Nach neueren Nachrichten werde die Automatensteuer mehr einbringen, als man vermutet habe; deshalb habe das Abgeordnetenhaus eine Milderung in der Weise beschlossen, daß bei Warenautomaten bis zu 4 Warenbehältern 1 ℳ Pehrl⸗ erhoben werden solle.
Herr von Buch: Ich kann in den Abänderungen des Abge⸗ ordnetenhauses keine Verbesserungen sehen. Wie kann man z. 5 beim Mietstempel eine Grenze bei einer solchen Zahl wie 360 machen, warum nicht runde Zahlen? Es scheint nur darauf angekommen zu sein, die Beschlüsse des Herrenhauses wieder abzuändern. In letzter Zeit nahm das Abgeordnetenhaus mehrfach eine derartige Haltung ein. Ich würde es bedauern, wenn es auf dieser Bahn fortfährt.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ich bin Herrn von Buch sehr dankbar für die Anregung, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses beizutreten, möchte aber doch das aussprechen, daß ich mich keineswegs im Abgeordneten⸗ hause mit den dort gefaßten Beschlüssen einverstanden erklärt habe; im Gegenteil, wie der Herr Graf von Reichenboch die Güte hatte aus⸗ zuführen, habe ich die Beschlüsse des Herrenhauses nachdrücklich im Abgeordnetenhause vertreten. Aber ich bin allerdings der An⸗ sicht, daß die Differenzpunkte, die geblieben sind, schließlich so un⸗ bedeutend sind, daß sie in der Tat nicht dazu Anlaß geben sollten, die Sache abermals an das andere Haus zurückgelangen zu lassen. Ich darf den Ausführungen des Herrn von Buch gegen⸗ über doch das hervorheben, daß das Abgeordnetenhaus sich in sehr wichtigen Punkten den Beschlüssen des Herrenhauses akkommodiert hat. Zunächst hat das Abgeordnetenhaus den Beschlüssen des Herrenhauses gemäß den Fahrradstempel fallen lassen. Zweitens hat das Abgeordnetenhaus das Ergebnis aus den Jagdpachtverträgen, ganz konform der Beschlußfassung des Herrenhauses, wesentlich gesteigert. Ich kann schon hier aussprechen, daß ich die Beschlußfassung des Herrenhauses für außerordentlich richtig und glücklich hielt, die dahin ging, mehr aus den Jagdpachtverträgen zu erzielen, als das Abgeordnetenhaus beschlossen hatte, und also die Stempel den Sätzen anzunähern, die wir beantragt hatten. Nach den früheren Beschlüssen des Abgeordnetenhauses sollte aus den Jagdpachtverträgen eine Summe von nur 267 000 ℳ erlöst werden; nach dem jetzigen Beschluß wird eine Summe von 732 000 ℳ erzielt. Also werden die Jagdpachtvertraäge ein Mehr von 465 000 ℳ ergeben. Die Beschlußfassung des Abgeordneten⸗ hauses weicht von dem Beschlusse, den dieses hohe Haus gefaßt hat, nur um einen Betrag von etwa 24 000 ℳ ab. Also das Abgeordnetenhaus hat dem Bestreben des Herrenhauses, einen höheren Ertrag aus der Jagdpachtbesteuerung zu erzielen, doch in der Hauptsache Rechnung getragen.
Was schließlich den Stempel für die Mieten betrifft, meine Herren, so war es im Herrenhause der Wunsch, bei 300 ℳ anzufangen, im Abgeord⸗ netenhause bei 400 ℳ. Nun hat das Abgeordnetenhaus eine mittlere Linie gezogen und vorgeschlagen, die Besteuerung bei 360 ℳ be⸗ ginnen zu lassen. Es hätte eigentlich, um die mittlere Linie genau zu treffen, noch 10 ℳ abziehen und 350 ℳ nehmen müssen. Aber, meine Herren, das sind, wie gesagt, doch nicht Differenzpunkte so erheblicher Art, um deswegen eine erneute Beschlußfassung eintreten zu lassen, und dies zu umgehen, bewegt mich wiederum der finanzielle Gesichtspunkt, der doch hier in diesem Hohen Hause wiederholt Aner⸗ kennung gefunden hat. Meine Herren, wir stehen kurz vor dem 1. Juli. Nur mit der äußersten Anstrengung wird es möglich sein, das Gesetz noch bis zum 1. Juli in Kraft treten zu lassen. Findet eine weitere Verzögerung statt, so ist es nicht mehr möglich, den
Termin des 1. Juli innezuhalten. Alsdann würden wir das Gesetz, da wir es nicht mitten im Monat in Kraft setzen können, voraus⸗ sichtlich erst am 1. August in Kraft setzen. Das würde einen Verlust von 1 ½ Millionen Mark mit sich bringen. Ich glaube, eine Differenz von 90 000 ℳ zwischen dem Abgeordnetenhause und dem Herrenhause — so stellt sich die Sache ungefähr — ist es nicht wert, daß wir ihretwegen 1 ½ Millionen aufs Spiel setzen. Da die Differenz nicht so erheblich ist und da sich das Abgeordnetenhaus in den von mir bezeichneten Punkten den Wünschen des Herrenhauses akkommodiert hat, kann ich mich in Uebereinstimmung mit Herrn von Buch nur dahin aussprechen, daß das hohe Haus neigen wolle, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses seine Zustimmung zu erteilen.
Fürst von Lichnowsky sieht in der Art, wie die Jagdpacht⸗
verträge besteuert werden, die Bekundung einer ganz schiefen Auf⸗ fassung sozialpolitischer Pflichten.
Herr Ehlers⸗Danzig: Ich muß Herrn von Buch durchaus bei⸗ stimmen. Das Abgeordnetenhaus fängt an, uns nach dem Rezept zu behandeln: Wir wollen uns verständigen; wenn wir derselben Meinung
nd, sollst du recht haben, wenn wir verschiedener Meinung sind, soll ch recht haben. Ich finde, daß das Herrenhaus sich neben den anderen immer noch sehen lassen kann. Hätten wir z. B. die
eichsfinanzreform zu machen, so würde das Herrenhaus sie jedenfalls schneller machen, und wahrscheinlich würde sie nicht schlechter werden, als es geschehen wird.
Darauf wird das Stempelsteuergesetz in der letzten Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen.
Der Gesetzentwurf, betreffend den Anschluß des Lehrpersonals an öffentlichen nichtstaatlichen mitt⸗ leren Schulen an die Alterszulagekasse der Volks⸗ schullehrer, wird unverändert ohne Debatte angenommen.
Vizepräsident Herr Becker teilt darauf dem Hause mit, daß das Abgeordnetenhaus heute den Gesetzentwurf, betreffend die Haftpflicht des Staats für seine Beamten ec., bereits beraten und den § 5, der nach den Beschlüssen des Herrenhauses dem Staate die Haftpflicht auch für die Lehrer⸗ schaft auflegen wollte, gänzlich gestrichen hat.
Da kein Widerspruch erfolgt, so wird die Beratung des DS Gesetzentwurfs sogleich auf die Tagesordnung gesetzt.
Als Berichterstatter für diesen Gesetzentwurf fungiert Graf von Behr⸗Behrenhoff, der die Annahme empfiehlt.
Justizminister Dr. Beseler:
Meine Herren! Die Staatsregierung hatte, wie ich bei der letzten Sitzung die Ehre hatte zu erklären, an dem Standpunkt festgehalten, daß das Gesetz, wie es hier verabschiedet war, für sie unannehmbar sei. Herr Graf Behr hat erwähnt, daß ich mich gegen den damals in Aussicht gestellten Antrag, den § 5 zustreichen, ausgesprochen habe. Meine Herren, damals hatte ich eine Entscheidung dieses Hohen Hauses noch nicht, und ich hegte die Hoffnung, daß das Gesetz verabschiedet werden würde, wie es vom Abgeordnetenhause gekommen war. Nach⸗ dem sich diese Hoffnung aber nicht erfüllt und nachdem das Haus der Abgeordneten nunmehr den Beschluß gefaßt hat, den § 5 zu streichen, ist auch die Stellung, welche ich einzunehmen habe, eine wesentlich andere geworden. Wenn der Weg, den das Abgeordnetenhaus eingeschlagen hat, um das Gesetz, wenngleich mit einer Lücke behaftet, zustande zu bringen, auch hier betreten wird, so wird der große Gewinn gegenüber dem jetzigen Zustande immerhin bestehen bleiben, daß für die allerweitesten Beamtenkreise die Wohltaten des Gesetzes, wie es von der Königlichen Staatsregierung gedacht ist, eintreten werden. Inbetreff der Strelchung des § 5 will ich auch hier kurz folgendes erklären: In der Re, gierungsvorlage war unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß die Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen weder als unmittelbare Staatsbeamte noch als Gemeindebeamte anzusehen seien; gerade deshalb sind in dem Gesetzentwurf besondere Bestimmungen über die Haftung für Amtspflichtverletzungen der Lehrer auf⸗ genommen worden. Sollten diese Bestimmungen nunmehr ge⸗ strichen werden, so würde das vorliegende Gesetz die Haftung für die Lehrer, abgesehen von den Lehrern an staatlichen An⸗ stalten, ungeregelt und insoweit den bisherigen Rechtszustand bestehen lassen. Also, meine Herren, es würde eine Lücke in dem Gesetze sein. Aber sie wird sich meines Exrachtens ertragen lassen, so sehr ich be⸗ dauere, daß sie eintreten wird, weil die Lehrerschaft von ihrem Stand⸗ punkte aus eine Zurücksetzung darin finden könnte. Andererseits sind die Vorteile des Gesetzes so weitgehend, daß die Bedenken, die ich früher gegen diese Behandlung der Frage vorgebracht habe, von mir nicht aufrechterhalten werden. Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf in der Form, wie er im Abgeordnetenhause jetzt angenommen worden ist, auch Ihrerseits anzunehmen, und ich werde voll dafür eintreten, daß die Königliche Staatsregierung sich diesen Beschluß dann aneignet.
Nach kurzer Debatte wird die Vorlage, mit Ausnahme des vom Abgeordnetenhause gestrichenen § 5, angenommen.
Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Auf⸗ hebung der Generalkommission in Bromberg, wird nach einem Bericht des Herrn Knobloch⸗Bromberg eben⸗ falls in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung an⸗ genommen. 8 Für verschiedene Rechnungen der Staatsverwaltung wird Entlastung erteilt.
Präsident Freiherr von Manteuffel unterbricht die Ver⸗ handlungen mit der Verlesung einer Einladung der Regierung zu einer gemeinschaftlichen Sitzung beider Häuser des Land⸗ tags, um eine Allerhöchste Boißnas entgegenzunehmen.
Ueber den Antrag der Herren Graf von Haeseler und Dr. Zorn, betreffend das Fortbildungsschul⸗ wesen, berichtet namens der Unterrichtskommission Herr Dr. Klein⸗Göttingen. Die Kommission hat dem Antrag im wesentlichen zugestimmt und beantragt die An⸗ nahme in folgender Fassung: eine saegebesvorlag in die Wege zu leiten, durch welche der Besuch der Fortbildungs⸗ schule nach der Entlassung aus der Sluch, der For⸗ bis zum vollendeten 18. Lebensjahre für obligatorisch erklärt wird. usti 1,29 von Haeseler bittet kurz, dem so geänderten Antrage zu⸗
Herr Dr. Hillebrandt⸗Breslau schließt sich dem an und betont die Bedeutung des Fortbildungsschulwesens. Er ist der Meinung, daß eine geteilte Leitung dieses Unterrichts unter den Ministerien des Unterrichts, der Landwirtschaft und des Handels kein eee sei. Man könne das Fortbildungsschulwesen nicht von Memel bis zum Rhein einheltlich gestalten.
Herr von Puttkamer weist auf die Schwierigkeiten hin, die der Einfuͤhrung des Fortbildungsschulwesens auf dem platten Lande ent⸗ gegenständen. uch müsse eine Ueberlastung mit Gedächtnizkram vermieden werden. 2
Der Antrag wird angenommen.
veber ge g. s nbacs Stadtverwaltung zu Kirchhain
(Bezirk Cassel) um Abstandnahme von der geplanten Reichs⸗!
steuer für Gas und Elektrizität wird zur Tagesordnung über⸗ gegangen, ebenso über eine Petition des Apothekers Sauer zu Berlin um Aufhebung einer auf sein Fabrikat Haemacolade bezüglichen öffentlichen Warnung des Polizeipräsidenten von Hannover.
Verschiedene Petitionen aus Hannover um kommunal⸗ politische Gleichstellung der Provinz Hannover mit den anderen preußischen Provinzen werden nach dem Referat des Herrn Dr. Struckmann der Regierung als Material überwiesen. 8
Damit ist die Tagesordnung erschöpft.
Nachdem der Präsident Freiherr von Manteuffel eine Uebersicht über die vom Hause verabschiedeten Vorlagen ge⸗ geben hat, erstattet Herr Dr. Koch ihm den Dank des Hauses für seine umsichtige Geschäftsführung, den der Präsident auch für die Schriftführer in Anspruch nimmt.
Die Sitzung schließt mit einem dreimaligen begeisterten Hoch auf Seine Majestät den König. Schluß 2 Uhr.
““ Abgeordneten. 88 8 100. Sitzung vom 25 Juni 1909, Vormittags 11 U (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ess steht zunächst wieder der Gesetzentwurf über die Haftung des Staats und anderer Verbände 1 1111““ von Beamten bei
usübung der öffentlichen Gewalt zur Beratung, der vom Herrenhause in abgeänderter Fassung an das Abgeordneten⸗ haus zurückgelangt ist.
Das Herrenhaus hat die Beschlüsse des Abgeordneten⸗ hauses dahin geändert, daß für die Amtspflichtverletzungen von Lehrern und Lehrerinnen der Volksschule nicht der Schul⸗ verband, sondern der Staat haften soll.
Der Abg. Boehmer (kons.) hat mit Unterstützung von Mitgliedern aller Parteien den Kompromißantrag ein⸗ gebracht, den darauf bezüglichen § 5 ganz zu streichen, sodaß die Lehrer aus dem Gesetz überhaupt Cirs end..
Abg. Boehmer kkons.): Die Stellung meiner Freunde, die wir bei der früheren Beratung dargelegt haben, hat sich nicht geändert. Wir sind auch heute eigentlich noc nicht von der Notwendigkeit und Nützlich⸗ keit dieses Gesetzes überzeugt; auch im Herrenhause ist von einem Redner die Meinung ausgesprochen worden, daß dieses Ges tz nicht einem Verlangen des Volkes, sondern nur einem solchen der Juristen entspricht. Die Regierung hat nun im Herrenhause den § 5 mit der Bestimmung über die Haftung des Staais für Amtepflichtverletzungen von Lehr⸗ personen für unannehmbar erklärt. Deshalb haben wir den Kom⸗ promißantrag gestellt, den § 5 ganz zu streichen.
Abg. Reinhard (Zentr.): Die Regierung will das Gesetz, wenn die Fassung des Herrenhauses nicht abgeanrert wird, überhaupt fallen lassen, und das können wir nicht verantworten. Wir haben aber auch die Ueberzeugung, daß die Majerität des Herrerhauses ihre Meinung nicht ändern wird, und da bleibt nichts anderes übrig, als auf den Boden des Kompromißantrags zu treten. Es ist ja sehr peinlich, auf diese Weise eine Lücke in dem Gesetz zu schaffen; aker bei der Zwangslage, in der wir das Uebrige rerten wollen, müssen wir dem Antrage zustimmen.
Abg. Boisly (nl.) spricht sich gleichfalls für die Annahme des von ihm unterstützten Kompromißantrags aus.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons): Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, werden meine Freunde gleichfalls für die Streichung des § 5 stimmen, um das Gesetz zu verabschieden. Die in das Gesetz gerissene Lücke sehen wir els sehr mißlich an; wir halten den Herrenhausbeschluß für allein richtig sowobl für die Lehrer und die Schule wie für die Schulverbände und die Geschädigten, aber das ganze Gesetz würde fallen, wenn wir diesen Be⸗ schluß annehmen würden. Hoffentlich bekommen wir in der näd sten Session von der Regierung einen Vorschlag, der dem Standpunkt des E Rechnung tlägt; das wird hoffentlich um so eher der
all sein, als wir dann einen Unterrichtswinister haben werden. Wenn die Regierung einen solchen Gesetzentw icht vorlegt, so werde ich ihn selbst einbringen. 88 ö““
Justizminister Dr. Beseler: 1
Meine Herren! Der abändernde Beschluß, welchen das Herren⸗ haus zu dem vorliegenden Gesetzentwurf gefaßt hat, ist von mir namens der Staatsregierung für unannehmbar erklärt. Auf diesem Standpunkt muß die Regierung nach wie vor stehen bleiben; denn es ist nach ihrer Ansicht unmöglich, die Frage des Verhältnisses der Schule zum Staat in einem Sondergesetz gewissermaßen nebenher, wenigstens in einer Hinsicht, zu regeln; und das würde geschehen, wenn der Beschluß des Herrenhauses zum Gesetz erhoden würde. Die Regierung ist sich aber auch darüber klar, daß das Herrenkaus seine Stellung zu ändern nicht geneigt sein wird. Das haken die kürllich dort stattgefundenen Verhandlungen klar ergeben. So kann die Re⸗ gierung nach meiner Auffassung den jetzt vorgeschlagenen Weg zur Sicherung des Gesetzes nur begrüßen, wenngleich auch sie aufrichtig beklagt, daß, wenn der heute ge⸗ stellte Antrag angenommen wird, eine Lücke im Gesetz entsteht. Die Folge der Streichung des § 5 würde meines Eracht ns die sein: In der Regierungsvorlage ist unzweideutig zum Ausdrock gebracht worden, daß die Lehrer an öffentlichen Volksschulen weder als unmittelbare Staatsbeamte, noch als Gemeindebeamte anzusehen seien⸗ Gerade deshalb sind in dem Entwurf die besonderen Bestimmungen über die Haftung für Amtspflichtverletzungen der Lehrer aufenommen worden. Sollten diese Bestimmungen nunmehr gestrichen werden, so⸗ würde das vorliegende Gesetz die Haftung für die Lehrer, abgesehen von den Lehrern an staatlichen Anstalten, ungeregelt und insoweit den bisherigen Rechtszustand bestehen lassen.
Ich will damit unzweideutig meiner Rechtsauffassung dahin Aus⸗ druck geben, daß, wenn der Antrag angenommen wird, die Haftpflicht in bezug auf die Lehrer so fortbesteht, wie sie bisher war, d. h, daß dann ein ungleichartiger Rechtszustand in unserem Staat bestehen bleibt insofern, als sowohl im Rheinland wie im übrigen Staats⸗ gebiet die bisherigen Grundsätze in Geltung bleiben. Das Gesetz, wie es dann zur Verabschiedung kommen wird, wird mit anderen Worten keinen Einfluß auf die Fälle ausüben, wo ein Volksschullehrer eine schuldhafte Handlung in Ausübung seines Amtes begeht. Das ist, wie ich bemerkt habe, eine Lücke, und zwar auch nach Meinung der Regierung eine sehr empfindliche Lücke. Ich werde aber, wenn das Haus den jetzt ge⸗ stellten Antrag annimmt, entschieden dafür eintreten, daß die Staats⸗ regierung ihm zustimmt. Das halte ich für eine Notwendigkeit, da⸗ mit das Gesetz überhaupt zustande kommt, ein Gesetz, welches lange gewünscht worden ist, und für welches die Regierung mit vollem Nach⸗ druck eingetreten ist. Die Wirkungen des Gesetzes würden auch mit dieser Lücke so bedentsam sein, daß diese in Kauf genommen merden muß· (Bravo!) 8
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Zweite Beilage
Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preu
Berlin, Sonnabend, den 26. Juni
8
ischen Staatsanzeiger.
1909.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Es ist ja eine eigentümliche Sit e die Lehrer von der Wohltat des Ge⸗ auch zu bedauern, daß der s Lehrers sich wie bisher Wir stimmen dem Gesetze Zustandekommen sonst unmöglich wäre, auch daß die Bedeutung der Frage außerordentlich über⸗
Die Fälle, wo infolge von Amtspflichtverletzungen Schädigung von Gesundheit und Vermögen ise nur sehr selten; durch Uebernahme einer ein Minimum reduziert werden. ärung des Justizministers bei der bisherigen Preußen, und wir begrüßen daher eventuell in der nächsten Session zur Regelung der Sache die Initiative zu er , der auch heute dabei t des Volkes, sondern nur der Juristen Wir verkennen nicht, daß lte Forderung unserer Partei ver⸗ Aber es kann dem ganzen Lande inzelne Staatsbürger weiß, daß itung der obrigkeitlichen Amtsgewalt für die
Abg. Cassel (fr. Volksp): Beamten gerad es ausgeschlossen werden sollen. Es ist Geschädigte für Amtspflichtverletzungen de lediglich an den Lehrer so gleichwohl zu, wei weil wir glauben, trieben worden ist. des Lehrers eine erhebliche vorliegt, sind glücklicherwe Versicherung kan Allerdings beläßt es die Erkl Ungleichheit des Rechtszustandes in die Erklärung des Abg. von Zedlitz,
wenn von allen
U halten können.
n die Belastung auf
esetzgeberischen ussührung des Abg. Boehmer sich bier um ein Bedürfnis nich handle, muß ich entschieden entgege das jetzige Gesetz, welches eine a wirklicht, nicht alle Wünsche erfüllt. nur zum Segen gereichen und wo er bei Ueberschre erfolgte Schädigung Ersatz finden kann. Abg. Peltasohn (fr. Vgg) antrage zustimmen Lehrer von über
lieb, daß es
, wenn der e
wir werden dem Kompromiß⸗ setz unter diesen Umständen für die
wie der Minister bgesehen von diesem chtlichen Stellung der Lehrer; igfachen Beziehungen, wie z. B. gebühren, täglich zu unlieb⸗
Daß das Ge⸗ 3 haupt keiner Bedeutung wäre, meinte, bestreite ich. Notwendig ist auch Gesetz, die endliche Fixierung der staatsre die jetzige Unklarheit führt in mann in der Frage der Berechnung der Zeugen samen Differenzen.
Damit schließt die Generaldiskussion.
Eine Spezialberatung einstimmig gestriche somit nochmals an angenommen.
Der Gesetzentwurf, nisse im Gebiete des der vormaligen
§ 5 wird
findet nicht mehr statt; 1 Vorlage, die
n und in dieser Fassung die Vorlage, di das andere Haus gehen muß, einstimmig
betreffend die Schulversäum⸗ Herzogtums Großherzoglich hessischen e und der vormaligen Landgrafschaf s in abgeänderter Fassung ist, wird in der vom lossenen Fassung ohne Debatte endgültig ge⸗
en einer Beleidigung des Hauses der Abgeordneten, er „Erfurter Tribüne“ vom 9. und Mandatsraub im Dreiklassenhause etenhause“, ist die Ermächtigung des Redakteurs Petzold und des nachgesucht worden. Die Geschäftsordnungs⸗ rmächtigung nicht zu erteilen. Ohne nach den Referaten der Abgg. d Schaube (frreikons.) beschlossen.
nen, welche den Bau von Eisen⸗ ietsteilen auf dem linken Rhein⸗ berweist das Haus ohne Debatte der Regie⸗
vormaligen Nassau, Gebietsteil Hessen⸗Homburg, der gleichfall von dem Herren
— hause zurückgelangt Herrenhause besch
enthalten in zwei Artikeln d 22. Mai 1909 über den „ bezw. im preußischen Abgeordn zur strafrechtlichen Redakteurs Dahl kommission beantragt, die E Diskussion wird demgemäß Dr. Zimmer (Zentr.) un
Eine Reihe von Petitio bahnen in den pre ufer befürworten, ü⸗ rung als Mate
Abg. von schäftsordnung, Beratung der bei Berli züglich der Verhandlung des Hauses über
Tagesordnung beantragt, währen Ueberweisung der
Verfolgung
ußischen Geb
Pappenheim (kons.) beantragt Tagesordnung stehende Petition des Magistrats zu Schöneberg n um Erhaltung des Grunewaldes (be⸗ en die Agrarkommission mit Rücksicht auf die frühere diese Angelegenheit Uebergan d der Abg. von Branden Petition an die Regierung von der Tagesordnung abzusetzen, da si iskusston hervorrufen würde, diese aber es nicht mehr anhängig sei. f der Tagekordnung stehenden A nl.), betreffend gesetzliche ulpflicht und der Straf⸗ i ungerechtfertigten Schulversäumnissen, von der alls eine längere Diskussion ver⸗
(kons.) die Erwägung bea Geschäftslage des Haus Er beantragt ferner, auch den später au des Abg. Dr. Gottschalk⸗Solin Regelung de bestimmungen be⸗ Tagesordnung ablusetzen, da er gleichf
Wallenborn (Zentr.) stimmt diesem Antrage zu und etition wegen des Grunewaldes nicht so wichtig sei. Volksp.) widerspricht dieser Auffassung; gerade sei, könne sie bei der Geschäftslage des Hauses Dagegen müsse sie, sobald das Haus alsbald von neuem behandelt werden.
edlitz und Neukirch (freikons.) meint sei; er selbst würde Bemerkungen machen müssen, und darüber ließe
r Dauer der
bemerkt, daß die P Abg. Cassel (fr. weil die Sache wichtig mehr erledigt werden. wieder zusammenkomme, Abg Freiherr von Z itz gleichfalls, daß die Sache wichti über den Zweckverband Groß⸗Berlin sich nicht mehr diskutieren.
Dr. Gottschalk (nl.) widerspricht der Absetzung seines An⸗
chdem die Kommission dem Antrag zugestimmt habe, er auch vom Hause erledigt werden.
Das Haus beschließt die Absetzung beider Gegenstände von der Tagesordnung.
Es folgt eine Aenderung der Städteordnung und eine Petition der ommunalbeamten in Hannover und Linden um Able Privilegs der Königlichen Beamten
errechtsgewinnung in Hannover. ommisston beantragt, diese Petitionen der
Reihe von Petitionen aus Hannover um ür die Provinz
Hannover eichs⸗, Staats⸗ und
der Aufhebung des lich der freien Bür Die Gemeinde Regierung zur Erwägung zu über 8 Abg. Leinert (Soz.) erklärt Beamten in Hannover das B unentgeltlich erwerben könnten, Zahl der Beam groß, daß es einmal dahi Mehrheit der Stadtveror Städteordnung habe eine zwungen, das die anderen Bürger recht zu erwerben. Die Re und geheime Wahlrecht auch f führen. Ungeheuerlich sei es auch, da eigentümlichen Wahlbestimmu gänze, anstatt von den Bür Steuerzahler in Hannover mü alb dem Kommissionsantrag zustimmen. Haus beschließt nach dem Kom
es für eine große Gefahr, daß die errecht und damit das Wahlrecht während alle anderen dafür zahlen ten in der Stadt Hannover sei so n kommen könne, daß die Beamten die tenversammlung beherrschten. Keine andere folche Bestimmung. Die Hausbesitzer seien ge⸗ selbst wenn sie Idioten seien,
Bürgerrecht zu erwerben das Bürger⸗
hätten aber vielfach nicht das Geld dazu, gierung möge das allgemeine, gleiche, direkte ür die Stadtverordnetenwahlen ein⸗ ß der Magistrat infolge der er sich eigentlich selbst er⸗ ervertretern gewählt zu werden. ten gleich behandelt werden, das Haus
ng in Hannov
missionsantrage.
„Eine Petition von stud. phil. Eberbach u. Gen. in Steglitz wünscht Neuregelung der studentischen Rechtsverhältnisse. Die Unterrichtskommission, Berichterstatter Abg. Strosser⸗ Breslau, beantragt Uebergang zur Tagesordnung.
Die Abgg. Flesch Hir Polken. u. Gen. beantragen Ueber⸗ weisung zur Erwägung, die Abgg. Leinert (Soz.) u. Gen. Ueber⸗ weisung zur Berücksichtigung.
Abg. Dr. von Liszt (fr. Volksp.): Wir haben Ueberweisung zur Erwägung beantragt Wenn wir nicht mit den Sozialdemokraten Ueberweisung zur Berücksichtigung beantragen, so geschieht es nicht deshalb, weil wir diese Berücksichtigung nicht wünschten, sondern weil wir über den Rahmen der Kommissionsverhandlungen nicht hinaus⸗ seben wollen. Man hat den Petenten die Kompetenz bestritten; auch
er Regierungsvertreter hatte das in der Kommission getan. Die Petition ist hervorgegangen aus einer Akademikerversammlung im Anschluß an die Auflösung der Finkenschaft. Inzwischen ist durch das Entgegenkommen des jetzigen Rektors die Finkenschaft reaktiviert worden. Im übrigen kann doch jeder Staatsbürger petitionieren; was gefordert wird, ist eine zeitgemäße Reform der gkademischen Disziplinarordnung, eine Forderung, die auch der verstorbene Althoff als berechtigt anerkannt hat. Jetzt hat der Universitätsrektor das Recht, jede Studentenversammlung zu verbieten, z. B. wenn er meint, es dürfe eine Frau in einer solchen Versammlung nicht redend auftreten, oder wenn er meint, daß Geschlechtskrankheiten nicht zum Thema der Merhansgise einer solchen Versammlung gemacht werden dürfen. Ferner wird die Herstellung eines geordneten Inan ⸗ weges mit Recht für notwendig erklärt, man verlangt also nur eine zeitgemäße Reform, nicht eine Aufhebung der Disziplinarbefugnisse. Ich bitte das Haus dringend, die Petition der Regierung zur Er⸗ wägung zu überweisen. Es wäre die Ersetzung des jetzigen patriarchalischen Systems durch eine zeitgemäße Reform im Interesse aller Beteiligten gelegen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wir sind auf diesem Gebiete gegenüber anderen Kulturstaaten weit zurück. Es ist fast unglaublich, daß unsere akademische Jugend genötigt ist, sich die staatsbürgerliche Gleichberechtigung auf dem Wege der Petitionen zu verschaffen. Man spricht immer davon, daß die Studenten ein privilegierter Stand seien. Nichts falscher als das! Sie haben das einzige „Privileg“, daß sie aus ihrer Minderjährigkeit keinen Einwand gegen ihre Verpflichtung, die Kollegienhonorare zu zahlen, herleiten dürfen. Disziplinarisch haben sie aber gleich drei Instanzen über sich: den Rektor, den Richter und den Senat; für sie besteht noch die wirklich unzeitgemͤß ge⸗ wordene Karzerstrafe, die sonst nur noch beim Militär vorkommt. Der Universitätsrektor kann bis zu drei Tagen dieses Arrestes ver⸗ hängen; ein solches Privileg sollte doch endlich verschwinden. Selbst beim Militär gilt das Rechtsmittel; bei den Studenten ist jegliches Berufungsrecht ausgeschlossen, abgesehen von der Relegation und dem Consilium abeundi; er kann nichts machen, auch wenn 14 Tage Karzer verhängt sind, es bleibt ihm nur die Beschwerde beim Unterrichtsminister. Das Disziplinarverfahren gegen Studenten entbehrt also jeder Garantie. Die akademische Disziplin entbehrt auch jeder festen rechtlichen Basis, da der Unterrichtsminister und die Universitätsbehörden hier ganz nach Be⸗ lieben schalten können. Man hat also nicht von Sonderrechten, sondern nur von Sonderpflichten, und zwar von unwürdigen Sonder⸗ pflichten der Studenten zu sprechen. Von der gerühmten akademischen Freiheit ist bei solcher diskretionären Gewalt der Behörden nicht viel zu merken. Aus dem Tempel der freien Wissenschaft der die Üniversität sein soll, ist leider ein kapitalistischer Markt gemacht worden. Bei den letzten Reichstagswahlen hat man auch die akademische Jugend und selbst die Gymnasiasten zur poli⸗ tischen Agitation herangezogen, man hat sie für den Flottenverein zu interessieren versucht; für Sie (rechts) ist das ja nicht „Politik“ im landläufigen Sinne des Worts, sondern Betätigung einer nationalen Gesinnung. Eine wirkliche akademische Frefheit wünschen Sie nicht; für die sprudelnde Frische der Jugend haben Sie kein Verständnis. Sie möchten die Universitäten zu Drillanstalten machen. Wir Sozialdemokraten freuen uns über jede freie Regung auf dem Gebiete der Wissenschaft, weil alles, was sich frei bewegen kann, nur der Sozialdemokratie zugute kommen wird.
Abg. Stull (Zentr.): Die Universität soll der Vorbereitung auf den Beruf dienen; daneben bleibt dem Studenten Zeit, sich wissenschaft⸗ lich im allgemeinen zu bilden. Er kann sich auch politisch bilden durch das Hören von staatswissenschaftlichen Vorlesungen usw. So⸗ bald er wahlmündig ist, kann er auch seine staatsbürgerlichen Rechte ausüben. Wir meinen deshalb, daß es nicht angebracht sei, dem Studenten weitere Rechte zu geben. Bei den letzten Wahlen sollen nicht nur Studenten, sondern sogar Gymnasiasten in die politische Bewegung hineingezogen worden sein. Im Interesse der Studenten selbst brauchen wir die Disziplinarbefugnisse; wir wollen nicht, daß die Studenten durch eine politische Betätigung von der Vor⸗ bereitung für ihren Beruf abgezogen werden. Der Berufscharakter bildet sich am besten in der Stille des Hörsaales und des Labo⸗ ratoriums. (Abg. Dr. Liebknecht: Konfessionelle Verbindungen 1) Die konfessionellen Verbindungen sind etwas anderes; für die politische Betätigung ist der Student noch nicht reif, aber seine Konfession kann man in jedem Alter zum Ausdruck bringen. Wir stimmen für den Uebergang zur Tagesordnung.
Damit schließt die Diskussion. 3
Berichterstatter Abg. Strosser⸗Breslau wendet sich in seinem Schlußwort gegen die Ausführungen des Abg. Dr. Liebknecht; die politische Bildung solle den Studenten nicht beschränkt werden, wohl aber die polit ische Betätigung. Die russischen Studenten wollten hier in Deutschland ihren Unfug weitertreiben, den sie auf den russischen Universitäten gelernt hätten. Die Universitäten sollten licht Fmmechläͤte der politischen Agitation werden, sondern Stätten
er enschaft.
Das Haus beschließt nach dem Antrage der Kommission den Uebergang zur Tagesordnung. 8
Eine Petition des Praͤparandenlehrers Torbrügge in Osna⸗ brück um Gleichstellung der Seminarpräparanden⸗ anstaltslehrer mit den Lehrern an Königlichen Präparandenanstalten wird nach dem Antrag der Unter⸗ richtskommission der Regierung als Material überwiesen.
Außerdem erledigt das Haus noch einige Petitionen persönlichen
Inhalts. Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Präsident von Kröcher teilt mit, daß von dem Ministerpräsidenten die Einladung zur gemeinschaftlichen Schlußsitzung beider Häuser des Landtags auf heute nachmittag 5 unh eingegangen ist; er teilt ferner mit, daß der Abg. von Ditfurth kons.), gewählt in der Grafschaft Schaumburg im Regierungsbezirk Cassel, 6 Mandat niedergelegt hot⸗ v. sodann, daß das Haus am Ende seiner Geschäfte an⸗
elangt sei. Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Meine Herren, gestatten Sie mir, ehe wir schließen, da ich Sie bitte, mich zu er⸗ mächtigen, dem verehrten Herrn Präsidenten unseren aufrichtigen Dank dafür auszusprechen, daß er auch in dieser Session die hundert Sitzungen so unparteiisch und so getreu geleitet hat. Sie haben sich zum Zeichen dessen erhoben. 1“ Präsident von Kröcher: Ich danke dem Herrn Redner für seine freundlichen Worte und Ihnen allen für den Beifall, mit dem Sie
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diese Worte aefhslot e haben. Ich in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich Sie bitte, den Dank, den der Abg. von Zedlitz ausgesprochen hat, auch auf die Herren Vizepräsidenten und Schriftführer mit ausdehnen zu dürfen. Im Namen der Vize⸗ präsidenten, der Schriftführer und in meinem Namen sage ich Ihnen verbindlichsten Dank. Ich c die Sitzung mit dem Rufe, mit dem wir unsere Sitzungen begonnen haben (die noch anwesenden Sozialdemokraten Leinert und Liebknecht verlassen unter der Heiterkeit des Hauses eiligst den Saal): Seine Majestät der Kaiser, unser Allergnädigster König und Herr lebe hoch! 1 Das Haus stimmt dreimal begeistert in den Ruf ein. . ... 1I.
Schluß 1 ³l Uhr.
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Kg. Sitzung beider Häuser des Landtags im itzungssaal des Abgeordnetenhauses vom 25. Juni 1909, Nachmittags 5 Uhr. Der Präsident des Herrenhauses Freiherr von Man⸗ teuffel eröffnet die Sitzung und ernennt ’u Schriftführern
die Mitglieder des Herrenhauses Graf von Arnim⸗Boitzenbur und Dr. von Burgsdorff sowie die Abgg. Holtschke und Gra
Praschma.
Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Bülow:
Ich habe den beiden Häusern des Landtags eine Alllerhöchste Botschaft zu verkünden. (Die Versammelten erheben sich.) Die Bot⸗ schaft lautet:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw., haben auf Grund des Artikels 77 der Verfassungsurkunde vom 1 31. Januar 1850 den Präsidenten Unseres Staatsministeriums, Fürsten von Bülow, beauftragt, die gegenwärtige Sitzung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie am 25. Juni d. J. in Unserem Namen iu schließen.
Gegeben Kiel, an Bord M. J. Hohenzollern, den 24. Juni 1909.
Wilhelm. Gegengezeichnet von dem Königlichen Staatsministerium.
Ich habe die Ehre, dem Herrn Präsidenten die Urkunde zu über⸗ geben. — Auf Grund des mir erteilten Allerhöchsten Auftrags erkläre ich die Sitzungen des Landtags für geschlossen.
Präsident Freiherr von Manteuffel: Meine Herren! Ehe wir aus⸗ einandergehen, vereinigen wir uns in dem Rufe: Unser Allergnädigster Kaiser und König, Wilhelm II., König von Preußen, lebe hoch! (Die Versammelten stimmen begeistert dreimal in den Ruf ein.) Ich schließe die Sitzung.
Schluß 5 Uhr 5 Minuten.
Handel und Gewerbe.
Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 23. Juni . 1909 betrugen (+ und — im Vergleich zur Vorwoche): Aktiva: 1908
Metallbestand 9,2 stand an kurs⸗ fähigem deutschen Gelde und an Gold in Barren oder aus. ländischen Münzen, das Kilogr. fein zu 2784 ℳ berechnet) 1 152 264 000 1 117 819 000 967 739 000
(+ 28 717 000) (+ 40 649 000) (+ 13 605 000) darunter Gold 8 875 820 000 8 kassenscheinen.. 72 976 000 69 364 000 87 359 000 (◻ 354 000) (+ 1 033 000) (+ 641 000) Bestand an Noten
anderer Banken. 31 030 000 32 254 000 30 918 000 5 788 000) (+ 6 149 000) (+† 8 088 000) Bestand an Wechseln 881 242 000 902 108 000 998 533 000
- (+ 1 834 000) (s— 16 096 000) (4‿ 5 082 000) Bestand an Lombard⸗
forderungen.. 84 246 000 63 542 000 74 224 000 919 000) (— 10 001 000) (— 9686 000) Bestand an Effekten 195 087 000 52 704 000 54 406 000 (s— 11 290 000) (+ 28 275 000) (+† 13 852 000)
Bestand an sonstigen
wö““ 169 012 000 176 760 000 96 350 000 (— 41 000) (— 13 392 000) (+ 86 000) Passiva:
Grundkapital .. 180 000 000 180 000 000 180 000 000 (unverändert) (unverändert) (unverändert) Reservefonds ... 64 814 000 64 814 000 64 814 000
(unverändert) (unverändert) (unverändert) Betrag der um⸗
laufenden Noten. 1 442 568 000 1 396 275 000 1 382 898 000 (+ 30 645 000) (+ 15 973 000) (+ 13 003 000) sonstige täglich fällige
Verbindlichkeiten. 866 732 000 730 516 000 640 848 000 (— 5 687 000) (+ 19 833 000) sonstige Passiva.. 31 743 000 42 946 000
((+ 1 323 000) (+ 811 000) († 1 291 000)
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.)
Deutsches Reich.
Veredelungsverkehr mit ausländischen Schmuckgegen⸗ ständen aus old oder Silber und aus vergoldeten unedlen Metallen sowie mit ausländischen goldenen Taschenuhren und ausländischem Mineralöl. Der Bundes⸗ rat hat in seiner Sitzung am 21. Mat 1909 beschlossen, gemäß § 5 der Veredelungsordnung anzuerkennen, daß hinsichtlich der Anträge,
für ausländische Ech muagegenstände aus Gold oder Silber — Tarif⸗Nrn. 771 und 776 — und aus vergoldeten unedlen Metallen — Tarif⸗Nr. 884 —, die teils auf Karten aus Pappe genäht, teils in entsprechend geformte, im Inland hergestellte Etuis ein⸗ gelegt werden sollen, und für ausländische goldene Taschenuhren — Tarif⸗Nr. 929 —, die in solche Etuis eingelegt werden sollen, sowie für ausländisches Mineralöl bis zu 0,812 Dichte bei 15 ° C. — Tarif⸗Nr. 239 —, das im Inland durch Vermischen mit Kreide,