1909 / 152 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Jul 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Vizepräsident Dr. Paasche: Von verschiedenen Seiten ist der Fbassh. nn. hahs h ö - ommission ein Antrag der freisinnigen Partei auf Au ebung des

ordentlichen Kalamität sprechen können, von einem Notstand, wie wir Identitätsnachweises besprochen worden und es zu einer Beschluß⸗

ang der 90 er Jahre erlebt haben, wie wir ihn aber assung darüber gekommen aft, gkeichzeitin der Buickt ern Sluc. Crts aan. hanen 3 Die Verhältnisse sind damals ungünstiger ge.,. züitrd ssluage 8 hier 9 deg. Absincht den üban is d nebenbei bemerkt: wir haben eine außergewöhnliche e68s e: Budgetkommission würde morgen nachzuholen sein. Die ü i „5ᷓühußs dieses Wunsches wäre aber nur möglich, wenn niemand Spannung zwischen den Preisen für Roggen und Weizen ch 8S:z glaube, nichts kann uns in Deutschland mit unserer Gewohnheit, mehr Roggen bei der Brotbereitung zu verwenden als Weizen, einen besseren Beweis dafür geben, wie außerordentlich wichtig eine nachhaltige und ausgiebige Versorgung Deutschlands mit ein⸗ heimischem Brotgetreide ist. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, der Herr Vorredner hat gesagt, wenn wir einmal eine Hungersnot bekommen, wird von allen Kulturvölkern Deutschland am schlechtesten stehen wegen seiner Wirtschaftspolitik. Ich bin einer anderen Ansicht: wir würden eine Kalamität über uns hereinbrechen sehen, wenn unsere Landwirtschaft niederginge. Nun, meine Herren, die Getreidepreise haben in den letzten Monaten dauernd eine Auf⸗ wärtsbewegung erlitten; im Vergleich dazu, und das muß man mit

Abg. Fegter (fr. Vgg.): Ich hoffe, daß mir die Ehr nicht zu teil werden wird, von dem Abg. Dr. Hahn nach meiner Rede so beglückwünscht zu werden. Mit der großen Ein wanderung von Arbeitern kann doch nur gemeint sein der Zuzug von Russen, Galiziern usw., die als Saisonarbeiter ins Land gezogen werden. Es ist doch sehr die Frage, ob diese Erscheinung ein Segen für Deutschland ist, und ob es nicht viel wünschenswerter wäre, wenn wir ohne diese Einwanderung auskommen könnten, wenn bei uns der deutsche ländliche Arbeiter so viel verdienen könnte, daß er auf der heimischen Scholle bliebe. Die Interpellation könnte man als einen Sturmvogel bezeichnen, der den Orkan des ausbrechenden Volks⸗ willens ankündigt. Fürst Bismarck hat einmal gesagt, auch der wütendste Agrarier werde nicht einen höheren Getreidezoll als 3 fordern; da hat er nicht mit dem Bund der Landwirte gerechnet. Der letztere hat 7,50 Getreidezoll verlangt auch sogar für Futtergerste. Derselbe Bund der Landwirte hat die Vorschläge der Regierung bei der Finanz⸗ reform bekämpft. (Abg. Dr. Hahn ruft: Zur Sache!) Es macht mir besonderes Vergnügen, wenn ich Sie erregt sehe. Die Entwicklung der Getreidepreise erinnert an den Aal, der sich in den Schwanz beißt. Die Industrie⸗ und Getreidezölle müßten aber allmählich zu einer Zeit der Hochkonjunktur abgebaut werden; dadurch würde allein eine ge⸗ sunde Fortentwicklun unserer Volkswirtschaft gewährleistet. Wollten wir plötzlich von auf morgen die Getreidezölle aufheben, so würde eine große Krisis eintreten. Das ve vehasese werden. Die jetzige Finanzmisere ist auf die verfehlte Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte T“ Die Erhöhung des Preises der Bedarfsartikel macht sich in Heer und Marine und überall fühlbar, in Beamtenbesoldungserhöhungen usw. Um so unverantwortlicher isft es, daß die Parteien, die die 8ebshung der Zölle beschlossen haben, sich gegen allgemeine Steuern auf den Besitz sperren. Hätten sie das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit walten lassen, dann hätten sie aus Patriotismus jenen Steuervorschlägen zustimmen müssen. Aber alles rächt sich auf Erden (Lachen rechts), ja, Herr Hahn, kratzen Sie sich schon jetzt hinter den Ohren. Ich komme eben aus verschiedenen Wahlkreisen und habe die Stimmung weiter Volks⸗ kreise kennen gelernt. Man sieht, wie die Konservativen zu Hörigen des Bundes der Landwirte herabgedrückt werden. Es ist nur schade, daß die Konservativen so kurzsichtig sind, sich vom Bunde der Land⸗ wirte ins Schlepptau nehmen zu lassen.

Abg. Kulerski (Pole): Die große Not unter den Arbeitern ist nicht zu leugnen, und der Wunsch, abzuhelfen, ist uns shmpathisch. Die Getreidepreise haben eine abnorme Höhe erreicht. Wir meinen daß eine zeitweise Herabsetzung der Getreidezölle zu diesem Zweck notwendig ist. Das Wohl der Landwirtschaft muß uns ja am

erzen liegen, weil wir vorwiegend landwirtschaftliche Kreise vertreten.

obald aber der Bauer selber Getreide 89 muß, leidet er ebenso an den Getreidezöllen wie der Arbeiter. Wir stehen in dieser Be⸗ niehung noch auf dem Standpunkt, den der Abg. von Czarlinski 1907 vertreten hat.

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Man konnte wohl verlangen, daß derjenige die Interpellation beantwortet hätte, der die Zollpolitik

nehmen, und erst wenn da eine außerordentliche, eine ganz abnorme

in ernsthafter Weise an die Frage heranzutreten, Höhe für beide Brotfrüchte erreicht wird, wird man von einer außer⸗

endlich abgeholfen werden kann, und nicht erst warten.

wie dem Uebelstande die nächste Ernte ab⸗

Abg. Graf von Schwerin⸗Löwitz (dkons.): Solche Inter⸗ pellationen sind wir in der Jahreszeit, wo die Getreidepreise immer hoch sind, schon Pnehnf. Es ist auch wieder mit Aus⸗ sprüchen des Deutschen Landw rtschaftsrats operiert worden. Ich erinnere Sie deshalb daran, daß, als der Deutsche Landwirtschaftsrat bei der Fleischnotdebatte aus der Höhe der Fleischproduktion im Deutschen Reiche den vernünftigen Schluß zog, daß man einen so be⸗ deutenden Produktionszweig nicht leichtfertig durch Einschleppung von Seuchen gefährden dürfe, unsere Gegner den Schluß zogen, daß die deutsche Landwirtschaft eigentlich kein Getreide zu bauen brauchte, weil sie so viel Fleisch produziere. Ich gebe durchaus zu, daß die Getreide⸗ preise heute eine unerwünschte Höhe Wir Landwirte haben niemals exorbitant hohe Preise gefordert, sondern nur auskömmliche Preise auf gleichmäßiger mittlerer Höhe. Aber es ist unzulässig, die Ursache für den hohen Preisstand ausschließlich oder überwiegend auf die Ge⸗ treidezölle zurückzuführen. Die Spannung zwischen den Weltmarkt⸗ preisen, 3. B. in New York und Berlin für den Juli, entspricht auch nicht annähernd dem Zollbetrag. In New PYork steht Weizen auf 232, wozu noch 17 Fracht kommen, das macht 249 ℳ, während in Berlin der Weizen mit 258 notiert wird. Bei dieser Spannung von 9 ℳ, während der Zoll 55 beträ t, kann niemand behaupten, daß der Follsas schuld sei. In der „Berliner Volks⸗Zeitung“ wurden am 23. April dem Getreidehandel Vorwürfe gemacht; es hie daß der Getreidehandel in Deutschland in diesem Jahre seine wirtschaft⸗ liche Aufgabe nicht erfüllt habe, 8. die Herbeischaffung von Brotgetreide zu sorgen, und daß die Getreidehändler sich zwar über das System der Einfuhrscheine beklagten, aber von dessen Vorteilen reichlich Gebrauch machten. Die hohen Getreide⸗ preise sind also durch den Getreidehandel verschuldet. Von größerer Bedeutung als die Schuldfrage ist aber der Umstand, daß die Roggenpreise auch nicht annähernd in dem Maße gestiegen sind wie die Weizenpreise. Die S annung zwischen eizen⸗ und Roggenpreisen ist bis auf 80 gestiegen. Der Roggenpreis an der Berliner Börse ist noch nicht so hoch, daß man von einem Not⸗ stand sprechen kann, die Gesamternährung der deutschen Arbeiter ist also trotz der hohen Weizenpreise nicht gefährdet. Dazu sind die Schweinepreise im 5 Jahre erheblich gesunken, und auch die Kartoffelpreise nd gewichen, von einer allgemeinen Teuerung kann also keine Rede sein. Für die Arbeiter kommt es überhaupt nicht allein auf die Lebensmittelpreise, sondern auf das Verhältnis dieser Preise zum Arbeitsverdienst an, und die Arbeits⸗ löhne sind gestiegen. Nach amtlicher Statistik sind die Arbeitslöhne im letzten Jahrzehnt um 30 bis 40 % gestiegen, die Lebensmittel⸗ preise aber nur um 10 bis 20 %. Wse sehr von den Arbeitern selbst anerkannt wird, daß es sich für sie nicht so um die Lebens⸗ mittelpreise wie um den Arbeitsverdienst handelt, beweist schlagend die Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Die Verhandlungen über die ersten Handelsverträge vor 15 Jahren wurden noch von der Vorstellung

eziehung etwas Wesentliches dem damals Gesagten nicht hag 8 nur das eine betonen: die verbündeten Regierungen werden von den Grundlagen einer wohl erwogenen und von der überwiegenden Mehrheit dieses hohen Hauses wiederholt und nachdrücklichst gebilligten Wirtschaftspolitik nicht abweichen. (Bravo! rechts; Hört, hört: bei den Sozialdemokraten.) Das werden mir doch auch die Gegner unserer Wirtschafts⸗ politik zugeben: wirtschaftliche Maßregeln irgend welcher Art und unter irgend welchem wirtschaftlichem System können das erstrebte Ergebnis unzweifelhaft nur dann erzielen, wenn sie stabil sind, wenn man konsequent an der einmal befolgten Politik festhält (Heiterkeit links), und wenn man sich nicht durch vorüber⸗ gehende Erscheinungen, wie sie mit den unvermeidlichen Schwankungen auf dem Weltmarkt notwendig verbunden sind, von den Prinzipien des einmal als richtig Anerkannten abbringen läßt. Kein wirtschaft⸗ liches System kann gut wirken, wenn sich die einzelnen Kräfte im Wirtschaftskörper nicht dauernd und mit Sicherheit auf ein bestimmtes System verlassen und einrichten können. Unser Zolltarif, meine Herren, ist als ein einheitliches Ganzes unserem wirtschaftlichen Gesamtkörper angepaßt, und man kann aus diesem einheitlichen Ganzen nicht ein einzelnes Stück herausbrechen, ohne den ganzen Bau zu gefährden; so würde, wenn Sie das System unserer land⸗ wirtschaftlichen Zölle erschüttern, darunter nicht nur die Landwirtschaft leiden, sie würde nicht nur den notwendigen und gewollten Schutz verlieren, sondern Sie würden darüber hinaus unseren gesamten Wirtschaftskörper in unheilvoller Weise beeinflussen.

Meine Herren, nun kann ich mich auch nicht davon überzeugen, daß der Vorschlag, den die Herren Interpellanten machen, die zeit⸗ weise Suspension der Getreidezölle, das Ziel erreichen würde, das die Herren anstreben, nämlich ein nachhaltiges Herabdrücken der Getreide⸗ preise. Wie mein Herr Amtsvorgänger, so habe auch ich im Jahre 1907 darauf hingewiesen, daß diejenigen Länder, welche mit solchen Suspensionen vorgegangen sind, nicht die Erfolge erzielt haben, welche die Herren Interpellanten von einer solchen Maßregel erwarten. Von einer zeitweiligen Suspension der Getreidezölle würde nicht der Konsument den Vorteil haben (Sehr richtig! rechts), auch nicht der Getreidehandel in seiner Gesamtheit: wohl aber würde die nach⸗ haltige Versorgung des Inlandes mit Getreide gefährdet werden.

Wenn ich nun über die grundsätzlichen Erwägungen hinaus auf die gegenwärtigen Verhältnisse mit einigen Worten eingehe, so ist es

Deutscher Reichstag. 1. Sitzung vom 30. Juni 1909, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

er Tagesordnung steht die Interpellation der Abgg. us dere” Genossen wegen Vorlegung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend eine zeitweilige Aufhebung der Getreidezölle, der Zölle auf Futtermittel sowie des § 11 des Zolltarifgesetzes vom 25. Dezember 1902 über

Wi Einfuhrscheinen. 8 Irteln 8 von gfäfuh sce Sitzung ist in der gestrigen

mmer d. Bl. berichtet worden. 8 Abg. Molkenbuhr (Soz.) fortfahrend: Im Jahre 1908 haben wir geradezu eine Rekordernte gehabt; trotz alledem bve wir, daß das Getreide schon jetzt anfängt, knapp zu “] Woran liegt das? An der Praxis unserer großen Getreide⸗ produzenten, das heimische Brotgetreide ins Ausland auszuführen und das Privileg der Einfuhrscheine zur weiteren 18sg der breiten Volksmassen zu benutzen, ja direkt eine ver. che Getreide⸗ und Hungersnot zu erzeugen. Ein ganz erheblicher Teil des Zolles wird in Einfuhrscheinen bezahlt. -12 Abg. Roesicke meinte, die Einfuhrscheine seien keine Liebesgabe. Aber was haben denn die Besitzer dem Reiche gegeben dafür, daß sie in den Besitz dieser geldwerten Dokumente gelangten? Nach der Anschauung der Herren Agrarier erweist man allerdings dem Vater⸗ lande durch die Ausfuhr heimischen Getreides einen Dienst und 82 dafür mit solchen geldwerten Dokumenten belohnt werden. Die Ein⸗ fuhrscheine erleichtern es den Herren ungemein, Deutschland 8 von Getreide zu entblößen, so daß die Mühlen feiern müssen, weil sie kein Getreide mehr zu vermahlen bekommen. In der Flottenvorlage hieß es, Deutschland müsse diese kolossale Flotte haben, weil es 85 so viel Lebensmittel produziert, als es braucht; im Falle eines Kr eges müsse die Flotte da sein, um die Wasserstraßen für die erforderliche Einfuhr freizuhalten. Also da werden ungeheure Lasten dem Volke auferlegt, um für die Verproviantierung der Bevölkerung zu sorgen. Auf der anderen Seite bringt man das einheimische Getreide durch die Einfuhrscheine 8e. ins LE. e. 6 shels afe gr ährlich etwa .Mark. . gihen Veüuc,- brg1 en Die Rechte macht dem Kohlensyndikat den Vorwurf, daß es die Kohle billiger nach dem Auslande verkauft, aber sie ist es doch, die das Getreide nach dem Auslande billiger verkauft mit Hilfe von Einfuhrscheinen, also aus den Taschen der Steuerzahler. Man sagt, Deutschland sei ein 1e2eng staat. Die Berufs⸗ und Gewerbezählung zerstört diese Legende. Von Handel und Industrie leben 56 % der Bevölkerung in Deutschland, von der Landwirtschaft nur 22 %. Selbst in reußen, wo ja die Junker herrschen, besteht ungefähr dasselbe Ver⸗ ältnis. Die Junker haben es verstanden, sich eine mächtige

4 1885824

28

2. Hothein (fr. Vgg.): Ich halte diesen Vorschlag doch B zesonders geeignet. Es sind zwei verschiedene Gegenstände, sich hier handelt. Wir haben überhaupt keinen schriftlichen

1½, der Budgetkommission erhalten, und nach unserer gegen⸗

szeschäftsordnung darf sich an eine solche Interpellation vnhzimmung knüpfen. Ich erachte deshalb einen solchen Vor⸗

vüt für zulässig. tenbisident Dr. Paasche Da Widerspruch erhoben worden *5 Vorschlag als beseitigt anzusehen. b 28 Lr. Pieper (Zentr.): Meine Partei steht in dieser Frage auf vbemr Siznepunkt, den sie bei Abschluß des russischen Handelsvertrages eingenommen hat. Damals hielten die Anhänger des Zentrums, nicht bloß diejenigen, die der Landwirtschaft angehörten, sondern auch Angehörige anderer Berufskreise, nicht zuletzt die industriellen 4 Arbeiter, eine mäßige Erhöhung der Schutzzölle für notwendig, aus einbeziehen, um die ganze Sachlage zu würdigen, haben die Vieh⸗ der Erwägung heraus, daß eine Erstattung der allgemeinen Selbst⸗

preise, abgesehen von Kälbern und Hammeln, die für die Volks, einer angemessenen Verzinsung die Land⸗

n könne wie jeder andere Stand. Die S 8 EEb111 1 88 Erfahrungen des letzten Jahrzehnts bekräftigen diese Notwendigkelt. etzten Monaten .

veae⸗ Daß die Getreidezölle nur einen beschränkten Einfluß auf die Ge⸗ preise stehen erheblich unter den Preisen der Vorjahre; wir müssen treidepreise haben, ist Tatsache; seit 1879 sind bei öö bis 1902 zurückgehen, wenn wir niedrigere Preise finden wollen, als

Preise nes; ist dec Feefe 8 a hoen 8 daß er zum Ausdruck kommt, aber gegenüber dem Weltmarktpreis wir sie in den letzten Monaten gehabt haben, und auch ü 2 8e kommt er erfahrungsgemäß nie voll zur Geltung. Au neeis preise sind zurückgegangen. (Widerspruch links.) Ich weiß nicht, b116“ he. g die allerletzten Notizen sind, wir haben aber jedenfalls im Vergleich zum n erster Stelle durch Angebot und NRa Pirage deebef häshe Januarpreis für den Mai einen Preis, der um rund 10 % geringer steht. An

Daß hierbei einmal plötzliche Schwankungen entstehen, haben wir

orden sind. zweiter Stelle kommt in Frage, ob

eine zeitweilige Suspendierung der Zölle eine gewisse Milde⸗ jedesmal erlebt, zumal bei den Schweinepreisen pflegt es der Fall zu sein. Die Kartoffelpreise zeigen, wie mir scheint, auch weiter eine

rung herbeiführen kann. In den letzten Monaten ist der chutzzoll doch aber höchstens zu in der sprunghaften Preissteigerung 11 ruck gekommen; solche sprunghaften, vorübergehenden Preis⸗ sinkende Tendenz. So glaube ich nicht, daß man von einer allgemeinen 1hshazn können, wie schon Dr. Lieber seinerzeit ausgeführt hat, Teuerung unserer Lebensverhältnisse nach der Richtung hin sprechen ee. iweise aufzuheben. kann. Daß unser Leben teuerer geworden ist in den letzten Jahren, ‚osz zest viele Monate alt; niemand kann voraussagen, wie lange ist eine so abgetretene Weisheit, daß ich das selbstverständlich nicht 1nhetcten werden, das hängt ab von der nächsten Ernte, die ja n1 t. Eine Suspendierung würde nur der Sie nicht sprechen können. Ich habe hier eine ganz instruktive Inter⸗ 72 auf lauerten, daß der Weizenpreis auf 270 steigt, so wird pellation, die seitens der sozialdemokratischen Partei in Oesterreich . Neichstage derartiges wohl nicht ernst genommen werden. eingebracht ist, weil die österreichische Regierung gewisse Begünstigungen Sit sich die neue Ernte erst d. übersehen, und läßt sie erkennen,

1 7 1 5 87

.2*

,—, . n2982223

2 .

ꝙ49 1172

202 Peorhht 42 8025,—sEn=’nnn 42 III △ρ 22—266272228— n

52vn*2822

5252299212228

2

22

8 p .,—

asaanehn,8n29802828b2—282827,48822

8 2

02

2

8.2

2* 2* 35

=822 322899 58378928888,ö98ö—.—.7885

onsZSSnöe.

——

enga2n.

1

2

geinzipiellen Anhängern des Schutzzolles kein Anlaß sein, die Die anormalen Preise für Weizen sind

8 ten; bestreite, und darüber können wir 5Fulation, nicht aher den Landwirten nützen. Wenn behauptet von so abnorm schlimmen Verhältnissen in Deutschland aber werden grohe Horran. peft 044† sther sie hinaus die anorma

ation in dem Bunde der Landwirte zu schaffen, der all⸗

8 eine solche politische Macht geworden ist, daß er eigent⸗ lich Deutschland beherrscht. Die Nationalliberalen haben sich 1902 der Macht des Bundes der Landwirte gebeugt. Auch die Regierung hat sich ihm gebeugt, obwohl sie ihn ursprüngli a. kämpft hat. Das erste Opfer war Graf Caprivi. Seitdem ha man alles versucht, die Agrarier zu versöhnen, aber v. geblich. Dieselbe Politik haben wir in den letzten Tagen mit⸗ erlebt. Fürst Bülow war ja eigentlich immer Agrarier, wenn er sich auch in seiner ersten Rede über die Parteien stellte; schon damals sagte er: Sie wissen ja gar nicht, wie der Hase läuft. Derselbe Herr, der auf seinem Leichenstein die Inschrift wünschte: Hier ruht ein agrarischer Reichskanzler“, hat die Agrarier r.

bevorzugt, und zwar auf Kosten der Steuerzahler. 8 der 5** der Landwirte hat ja seinen Triumph gefeiert. Der Block der Linken ist dahin. Die hohen Futterpreise werden in der nächsten Zeit enc die Fleischpreise noch mehr erhöhen. Da fragt es sich doch, ob die Re nicht nach Mitteln und Wegen suchen müßte, um diesem otstande zu begegnen. Was kann die Regierung tun? Soll etwas Wirksames geschehen, so muß eine Aenderun der Zollgesetze herbeigeführt werden, obwohl ich überzeugt bin, da die jetzige Mehrheit dies nicht tun würde. Aber wir leben in einer Zeit, wo es zu einem Kampf mit den Agrariern kommen muß, wie 88 Schippel schon 1898 vorausgesagt hat. Die Aufhebung der Einfuhrscheine wäre sehr wohl möglich, ohne die Landwirtschaft zu schädigen. Ein Reich wie Deutschland kann es auf die Dauer nicht ertragen, unter dem Terrorismus der Agrarier zu leiden. Wenn die Regierung sich scheut, den Reichstag wegen der Finanzfrage aufzulösen, so könnte sie es ruhig tun mit der Parole: Für oder eegen die Agrarier. Das wäre eine klare Wahlparole. Früher oder

später müßte sie es doch tun. Das Volk hat jedenfalls das Recht, eine Antwort auf die Frage zu verlangen, ob es durch das System der Einfuhrscheine noch weiter ausgehungert werden soll.

Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Die Interpellation verlangt Auskunft zu drei Punkten: zur zeitweiligen Aufhebung der Getreidezölle, der Zölle auf Futtermittel und der Einfuhrscheine.

Ich nehme den letzten Punkt vorweg. Wir haben uns über die Einfuhrscheine am 22. April d. J. sehr eingehend unterhalten. Der Reichstag hat beschlossen, die Angelegenheit der Budgetkommission zu überweisen. Die Budgetkommission hat heute beraten, und sie hat die Frage in überwiegender Majorität als noch nicht geklärt angesehen (Bewegung bei den Sozialdemokraten) und den Beschluß gefaßt, dem Plenum vorzuschlagen, die verbündeten Regierungen um die Vorlegung einer Denkschrift zu bitten. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Falls das Plenum in diesem Sinne beschließen sollte, wird die Reichs⸗ verwaltung das kann ich schon heute erklären gern bereit sein, dem Wunsche auf Vorlegung einer Denkschrift nachzukommen. Aber, meine Herren, Sie werden bei dieser Sachlage Verständnis dafür haben, wenn ich meinerseits heute nicht zu der Sache abermals Stellung nehme (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), in einem Moment, wo Ihre Kommission vorschlägt, die Regierung um die

egung einer Denkschrift zu bitten. vsegig, Herren, ich komme zu den Zöllen. Wer die parla⸗ mentarische Geschichte der letzten Jahrzehnte überblickt, der weiß, daß diese Interpellationen bei einer höheren oder geringeren Steigerung der Getreidepreise wiederzukehren pflegen (sehr richtig! rechts); der weiß, daß diese Interpellationen eingebracht worden sind nicht erst, seitdem die gegenwärtigen Lebensmittel⸗

zoͤlle im Jahre 1906 eingeführt wurden, sondern schon Jahre vorher. Und jedesmal, meine Herren, wiederholt sich das alte Spiel. Die grundsätzlichen Gegner unserer Wirtschaftspolitik greifen aus grund⸗ sätzlichen Erwägungen unsere Wirtschaftspolitik und Zollpolitik an, und sie können gar nicht anders. Auf der anderen Seite haben die Verteidiger unserer Wirtschaftspolitik genau mit denselben grund⸗ sätzlichen Erwägungen zu operieren, welche die Mehrheit dieses hohen Hauses und die verbündeten Regierungen veranlaßt haben, die Wirt⸗ schaftspolitik zu führen, unter der wir leben. So bleibt es für beide Seiten, für Sie und für uns, nicht aus, daß wir uns, wenn wir uns über diese Frage unterhalten, in sehr vielen Beziehungen wieder⸗

olen müssen. 1 Ich kann, meine Herren, nachdem ich im Herbst 1907 auf Grund

icht richtig der Herr Begründer der Interpellation hat es, s8s. 85 nicht getan, aber ich habe es wiederholt in den Zeitungen gelesen —, wenn man von einer abnormen Höhe unserer Getreidepreise überhaupt spricht (Hört, hört! und Rufe: noch immer nicht? bei den Sozialdemokraten) bitte, unterbrechen Sie mich nicht, ich störe Sie ja auch nie, Sie stören mich aber dauernd! (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Ist parlamentarischer Brauch!) Der Roggenpreis, über den wir uns im Herbst 1907 bei der gleichen Interpellation unterhalten haben, war höher als der gegen⸗ wärtige, er ist dann 1908 dauernd gefallen gegenüber dem Preise vom Herbst 1907, er ist dann in den Frühjahrsmonaten wieder dauernd gestiegen, aber er hat doch nicht die Höhe erreicht, die er im Jahre 1907 hatte. Und nun wollen Sie bedenken, meine Herren, daß der Roggen das Hauptbrotgetreide für das deutsche Volk ist. Im Jahre 1907/08 hat die auf den Kopf der Bevölkerung verfügbare Menge Roggen 142 kg gegenüber 84 kg beim Weizen betragen, und unsere Produktion an Roggen hat sich im letzten Jahrzehnt derart gehoben, daß der Anteil an ausländischem Roggen, den wir für unsere Er⸗ nährung gebrauchen, dauernd gesunken ist. Es sind das Zahlen, die einigermaßen interessant sind. Wir hatten im Jahre 1900/01 noch 9,4 % ausländischen Roggen gebraucht, und dieser Prozentsatz ist mit einer Abweichung im Jahre 1905/06 heruntergegangen, bis er im Jahre 1907/08 1,9 % betrug. (Hört, hört! rechts.) Nun ist es richtig der Herr Vorredner hat darauf hin⸗ gewiesen —, daß wir im Jahre 1907/08 eine große Ernte gehabt haben; aber die Herren wollen doch bedenken, daß es unserer heimischen Landwirtschaft möglich gewesen ist, der wachsenden Be⸗ völkerungszunahme entsprechend, den Roggen, den wir brauchen, bis auf diesen kleinen Betrag zu produzieren, und daß es nicht nur möglich gewesen ist, diese Quantität zu erzielen, sondern worauf man auch einiges Gewicht wird legen dürfen daß sich auch die Qualität des Roggens außerordentlich verbessert hat dank der besseren ldung der Landwirtschaft. 1 ““ Sie nur einmal auf diesem Gebiete die tatsächlichen Leistungen der Landwirtschaft bedenken, dann werden die Herren, welche bezweifeln, daß dem Deutschen Reiche noch der Charakter eines Agrarstaates beiwohne ich will auf das Nähere nicht ein⸗ gehen: ich bin der Ansicht, Deutschland ist weder ein Agrar⸗ noch ein Industriestaat; ich bin der Ansicht, daß wir gegenwärtig eine glückliche Mischung haben, die wir hoffentlich noch recht lange behalten werden —, nicht sagen dürfen: weil die Zahlen der Berufsstatistik eine Abnahme der in der Landwirtschaft tätigen menschlichen Kräfte zeigen, hätte die agrarische Bedeutung von Deutschland nachgelassen. Im Gegenteil, meine Herren: wenn wir in der Lage sind, eine immer mehr wachsende Bevölkerung mit mehr und besserem Getreide zu ver⸗ sorgen, so kann ich nicht sagen, daß wir anfangen, unseren agrarischen Charakter abzustreifen. (Sehr richtig! rechts.) Anders liegen die Verhältnisse beim Weizen. Da gebe ich ganz offen zu: die gegenwärtigen Weizenpreise sind ganz abnorm, und ich bin der erste, der ihr baldiges Heruntergehen wünscht. Das ist ein ganz ungesunder⸗Zustand. Dazu kommt, daß wir beim Weizen um⸗ gekehrt wie beim Roggen zu einem wesentlichen Teil auf die Einfuhr aus anderen Ländern angewiesen sind. Der Anteil des Auslandes an der Versorgung mit Weizen hat im letzten Jahre 40 % betragen. Der Herr Vorredner hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß wir bei den Weizenpreisen einer internationalen Preissteigerung gegenüber⸗ stehen, die ja auch erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß in den letzten beiden Jahren die Welternte in Weizen um über 6 Millionen Tonnen hinter der Ernte der beiden letzten Jahre zurückgeblieben ist. Und so haben wir die Erscheinung, daß in Wien, Pest und Amsterdam die Preissteigerung in Weizen größer ist als bei uns (sehr richtig! rechts), daß sie in London fast ebensoviel beträgt wie in Berlin und erheblich mehr als in Mannheim. Wie gesagt: ich beklage die Höhe dieser Weizenpreise. Aber wenn wir zu einer richtigen Beurteilung der Verhältnisse kommen wollen, dann dürfen wir bei dem Anteil, den der Weizen an der Ernährung unseres Volkes im Vergleich zum Roggen hat, nicht allein von dem Weizen ausgehen, sondern wir

im Grenzverkehr aufgehoben hatte oder aufheben wollte, weshalb die Herren im österreichischen Parlament gebeten haben, diese Ver⸗ günstigungen wieder einzuführen oder nicht zu unterdrücken, darüber bin ich nicht so genau orientiert. Die Interpellation liegt mir vor; aus ihrer Begründung möchte ich einen Satz vorlesen, der sehr inter⸗ essant ist: Durch die ungeheure Verteuerung der Lebens⸗ und Bedarfsartikel in Oesterreich sehen sich die Arbeiter gezwungen, sich dauernd in Preußen niederzulassen. (Hört, hört! rechts.) Das ist ein kleines Streiflicht mit auf die Verhältnisse, wie sie uns von verschiedenen Seiten dargestellt werden. Die Interpellation spricht weiter auch von den Zöllen auf Futter⸗ mittel. Diese spielen natürlich eine erheblich geringere Rolle als die Zölle auf Brotgetreide, und der neue Zolltarif hat das Prinzip verfolgt, die Zölle auf Futtermittel möglichst niedrig zu halten; s⸗ sind die reinen Futtermittel wie Heu, Kleie, Oelkuchen überhaup mit keinem Zoll belastet, und diejenigen Futtermittel, welche in Konkurrenz treten mit dem Brotgetreide, sind mit einem niedrigeren Zoll belegt. Im übrigen können, wenn die Suspension dieser Futter⸗ mittelzölle beantragt wird, nur die gleichen Erwägungen angestellt werden wie bezüglich der Zölle auf Brotgetreide. Nun, meine Herren, ich sagte schon vorhin, unserer Leben ist teuerer geworden, und was ich mit den Herren Interpellanten ebenso beklage, ist diese Zunahme der Kosten der Lebensunterhaltung in einem Moment, wo unsere industriellen Verhältnisse schwer zurück⸗ gegangen sind. Das ist etwas, was jeder von uns wird beklagen müssen. (Zuruf links: Helfen Sie doch ab!)

Ich habe Ihnen in diesem Winter einmal darzulegen versucht, daß sich die notwendigen Folgeerscheinungen jeder industriellen Depression, wie die ist, die wir gegenwärtig erleben Arbeitsnot, Arbeitslosigkeit, Rückgang der Ausfuhr —, bei uns relativ weniger schwer fühlbar gemacht haben als in sehr vielen anderen Ländern. (Sehr richtig! rechts.) Es sind in der Zwischenzeit nach dieser Richtung hin auch statistische Zahlen veröffentlicht worden, die, wie ich meine, die Richtigkeit meiner damaligen Ausführungen nachweisen. Ich wiederhole aber: es ist ein verhältnismäßig günstiges Bild, das sich für Deutschland ergibt. Das schließt nicht aus, daß 2 die wirtschaftliche Depression schwer auf uns lastet, daß Arbeies⸗ einschränkungen stattgefunden haben, daß zum Teil auch die Löhne zurückgegangen sind. Daß in solchen Zeiten Teuerungen schwerer empfunden werden, ist selbstverständlich. Aber auch wenn dem so ist, kann sich die Reichsverwaltung und können sich die verbündeten Regierungen doch nur auf den Standpunkt stellen, daß sie, wenn sie ein mögliches Mittel wüßten, hier Besserung zu schaffen, dieses ge⸗ brauchten; aber es kann sie nicht veranlassen, unter Abweichung von den Grundlagen ihrer Wirtschaftspolitik Experimente mit einem Mittel zu machen, das sie selbst für unpraktisch halten. Das ist ganz unmöglich; wir würden damit genau das Gegenteil von dem erreichen, was von uns verlangt wird: wir würden eine weitere Um⸗ sicherheit in unser Wirtschaftsleben tragen; wir würden die nah⸗ teiligen Folgen des wirtschaftlichen Rückgangs verbreitern, ver⸗ schärfen; wir würden sie ausbreiten gerade auf denjenigen Stand uid auf diejenigen Volkskreise, deren Kaufkraft für unsere Industrie lei zurückgehendem Export von besonderer Wichtigkeit ist. (Sehr walr! rechts.) Wir würden die Verhältnisse nur verschlechtern. Ich hche aus den Ausführungen des Herrn Vorredners doch auch schon ꝛn Zweifel heraushören müssen, ob er denn selber daran glaubt, wir den Weg, den er empfiehlt, jetzt würden einschlagen können. Sch kann ihm diese Zweifel nur bestäigen. Auf derartige Experimette können sich die verbündeten Regierungen nicht einlassen, sondern je halten es im wohlverstandenen wirtschaftlichen Interesse des Ganze⸗, und indem sie hinaussehen, hinüberblicken über Schwierigkeiten er Gegenwart, die ich nicht verkenne, für richtig, festzuhalten an der Wirtschaftspolitik, die sie unter Zustimmung der Majorstät vdes Reichstags eingeführt haben und fortzuführen gedenken. (Brave!

rechts.) Auf Antrag des Abg. Singer

einer ähnlichen Interpellation den Standpunkt der verbündeten Regierungen zu den aufgeworfenen Fragen vertreten habe, in grund⸗

müssen immer die Weizenpreise mit den Roggenpreisen zusammen⸗

Singer (Soz.) tritt das Haus n die Beratung der Interpellation ein.

Danach

Mängeln abzuhelfen.

8 letzten lich richtig?

aaober schon heute immer weniger Getreideüberschuß zufenden, und der

d. en Preise fortbestehen, so muß die Fezie;ung Mittel und Wege ergreifen, um dem Mißstand abzuhelfen, natüͤrc ich nach Anhörung einer Sachverständigenkommission. Vorher aber einschreiten, wäre ein Fehler. Wenn bemerkt worden ist, daß die Einfuhrscheine auch verwertet werden bei der Einfuhr von Petroleum und Kaffee, so könnte ja erwogen werden, ob diese Berechtigung einzuschränken wäre. Unter den anormalen Verhältnissen des Jahres 1908 mögen sich ja mit den Einfuhrscheinen herausgestellt haben, wie z. B. eine forcierte Haferausfuhr. iese Erscheinung kann aber uns nicht veranlassen, in den Ruf einzustimmen: We mit den Einfuhr⸗ scheinen! Wir verschließen uns also nicht dem Ernst der Situation und erachten die Erörterung der Frage als dringlich; anderseits kann die kurze Spanne Zeit, in der wir es mit solchen Ausnahmezuständen zu tun haben, uns nicht veranlassen, an die Regierung die Aufforderung nach Einschreiten zu richten; ob das geschehen muß, wird von der Entwicklung der nächsten Zeit abhängen.

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Wir sehen keinen Grund, aus Anlaß der Interpellation unsere Stellung zu den landwirtschaftlichen Zöllen zu revidieren. Auch scheint uns der gegenwärtige Moment der ungeeignetste für die Erörterung und weitere Verfolgung dieser Frage. Der Staatssekretär hat sich in seinen Ausführungen vollkommen mit unseren Anschauungen identifiziert. Die Suspension der Getreidezölle im jetzigen Augenblick würde nur der S ekulation zugute kommen, neben den Landwirten würden namentli auch die Reichsfinanzen sehr schwer darunter zu leiden haben. Eine solche einschneidende Maßregel würde nur aus Anlaß eines Notstandes, als Folge einer Mißernte ernsthaft in Erwägung zu ziehen sein. Der Zolltarif hat sich gerade für die Landwirtschaft so außerordentlich bewährt, daß wir daran durchaus festhalten müssen, denn er hat die Landwirtschaft be⸗ fähigt, in einer Zeit der Krisis eine Stütze der gesamten Volks⸗ wirtschaft zu werden. Wir können deshalb der Interpellation nur so ablehnend wie möglich gegenüberstehen.

Abg. Kaempf (fr. Volksp.): Die Erwägungen, die der Vor⸗ redner erst anstellen will, wenn ein Notstand unmittelbar droht, konnten doch schon längst, mindestens im November 1907, angestellt werden; schon damals wurde uns vom Bundesrat erklärt, die da⸗ maligen abnorm hohen Preise seien eine vorübergehende Erscheinung. Der Abg. Dr. Roesicke meinte damals, die Hauptsache sei doch, daß dem Volke reichlich Arbeitsgelegenheit verschafft werden könne. Im April 1909 kamen aber 183 Stellensuchende auf 100 offene Stellen. könnte man sagen, die herrschende Wirtschafts⸗

Fentss habe sich schlecht bewährt. Mit dem „Auf und Ab“ im irtschaftsleben uns einfach zu trösten, damit können wir uns nicht abfinden lassen, ebensowenig mit der Erklärung, daß unser jehiges wirtschaftspolitisches System ein noli me tangere sei. Wmeenn sich Mangel an dieser Wirtschaftspolitik zeigen, dann müssen Reichstag und Regierung auf Mittel sinnen, die geeignet sind, diesen Der Roggenpreis ist allerdings niedriger als im wir haben eine Ernte im vorigen Jahre gehabt, wie nie zuvor. Der Weizenpreis ist heute höher als 1907. Auf der Regierung liegt eine Feohr Verantwortung. In früheren Jahren, als die Getreidezölle eingeführt wurden, hat man darauf hingewiesen, das Ausland erdrücke uns mit Getreide, die Zölle eingeführt werden.

November 1907. Aber

und infolgedessen mußten 8 Die exportierenden Länder können uns Preis auf dem Weltmarkte nimmt zu. Getreidehandel, Getreidepreis und Getreideproduktion haben sich in der ganzen Welt verändert. Es muß daher von der größten Bedeutung sein, wenn die Inlands⸗ preise noch künstlich gesteigert werden. Für die künstliche Erleichterung es in Getreide ist auch die Börsengesetzgebung von chädlicher Wirkung gewesen. Auch das System der Einfuhr⸗ cheine trägt dazu bei, den Getreideexport zu erleichtern und die Verteuerung des Brotgetreides in Deutschland zu unterstützen. Wir müssen denselben Weizen, den wir nach dem Auslande aus⸗ ühren, zurückführen, da sich in diesem Jahre die merkwürdige Er⸗ cheinung herausstellt, ß augenblicklich es uns an inländischem Weizen fehlt ausländischen Weizen können wir haben, soviel wir Dieser ausländische Weizen allein ist aber für uns

icht brauchbar. Es ist eine Mischung von ausländischem und nländischem Weizen notwendig. Augenblicklich ist inländischer Weizen so gut wie gar nicht vorhanden, was bei den hohen Preisen ja auch begreiflich ist. Es sind ungefähr seit der rnte 400, 000 Tonnen nach dem Ausland verkauft worden. Ist diese Begünstigung der Ausfuhr von Weizen volkswirtschaft⸗ Die Einfuhrscheine haben die Ausfuhr jedenfalls begünstigt. Die ins Ausland exportierten Quantitaten werden in der Regel teurer zurückgekauft, als wir sie verkauft haben. In Liverpool kann man unseren Weizen billiger kaufen als in Deutschland! Die Interpellanten schlagen nun eine Suspension der Getreidezölle vor. ir können eine Lagr Maßregel oder eine plötzliche Aufhebung der Getreidepreise nicht befürworten. Wir halten vielmehr nur eine allmähliche e der Getreidezölle für möglich. Alle plötzlichen und gewaltsamen Maßregeln erweisen sich

Industrie aus den Handelsverträgen, rophezeit. Davon ist nichts eingetroffen. Die rbeiter ist von Jahr zu Jah

Arbeiterauswanderung eine Arbeitereinwanderung getreten. agelsch 300 bis 400 Millionen kehren diese zurück.

auf dem Arbeitsmarkt. Wie man in

und Spesen, so kommt doch das auch Ich kann den Herren von der Linken nur

Königsberg und Stettin zu lesen, dann

schlechtesten⸗Erfahrungen gemacht. Verlauf so sein, daß zunächst schon die einer Suspendierung stimulierend auf den eine Hausse veranlassen würde. Aber s ein Preisrückgang zu verzeichnen wäre,

treten. Bei der Beratung des habe ich in der damaligen Kommission d einen Ausgleich der Getreidepreise Aber es war alles vergebens. Die H kurzerhand, dem freien Spiel der die Gesetzgebung nicht Züͤgel an der Ausgleich ausdrücklich abgel und wenn die Konsumenten bei Ausgleich zurückwiesen.

erren von

elegt werden.

Es kann uns nur lieb

Abg. Dr. Paasche (nl. uch sätzlichen Auffassung festhalten und erachten, jetzt

will und muß zugeben, angesehen wurde, sich nich

können es

in die Höhe gegangen sind. solche Steigerung des Weizenpreises mit sich b das Brotkorn segegpiffer hat. (Zuruf v. wirt und kann diese Dinge mindestens so gut be

den guten deutschen Weizen exportiert, also reise. * links: Leider!) Ja, reihandels. Wie können Sie „‚leider⸗ nur ausgeben zu für wieder einz wo Getreide eingeführt

jenigen Gegenden, Aber die Vertreter des

sumenten zu gute.

Ansicht nach auch durchaus berechtigt. werden, ob der Klarheit wegen darauf verzichtet müssen wir ja immer no

jetzt etwas größer gewesen

ist. Die aber tatsächlich eine

vorübergehende, und Jetzt wird auch von Müllern nachweises petitioniert, während die Müller waren, die uns mit

bestürmten. Daß man die bequeme Form des wandte, entsprach ebenfalls gerade Monate kann man ihre Gültigkeit schweren Schaden anzurichten. heute für Getreide gezahlt werden müssen,

es doch

wir nicht, noch dazu unmittel regeln vorgehen, die sicher schaden können,

problematisch isl . Für viele andere Artikel die Preise auf dem Weltmarkte und bei uns besondere ist dabei an die Viehpreise

währ des L

zu erinnern.

einen andauernden Händedruck beglückwünscht; die

als schädlich. Die verbündeten Regierungen sollten aber nicht zögern,

Heiterkeit hervor.)

über die wir

ahr zurückgegangen. überschusses von fast einer Million ist an die in den letzten Jahren in überste Mit s Hera sen von insgesamt

rbeiter in ihre Heimat nkurrenz des Auslands einer Aufhebung der Einfuhr⸗ scheine einen Vorteil sehen kann, ist mir unerfindlich. Wenn mit diesen Scheinen die Möglichkeit gegeben wird zur Ersparung von Frachtkosten dem Konsumenten zugute. eehlen, die Aus⸗ te von Danzig,

Und dies alles trotz der steigenden Ko

Rickerts und die Handelskammerberi

würde

oft die Gelegenheit gegeben wird, das wahre wirtscha des Landes und auch doszedige unserer Arbeiter möglichst zu wahren. : Auch wir werden an unserer grund⸗

n eine Aenderung der Getreidezölle einzutreten. daß, was 1907 als vorübergehende Erschein zt als solche erwiesen hat, daß vielmehr nach kurzem Rückgang die Preise wenigstens für Roggen wieder sehr stark Aber in erster Linie sind es die ganz ungewöhnlichen Verhältnisse auf dem Weltmarkt gewesen, die 88 au Ich bin selbst Land⸗ urteilen wie Sie, viel⸗ leicht noch etwas besser. Der Getreidehandel hat noch in diesem Jahre zu mäßigem Sie sind doch Vertreter des rufen? Was die Einfuhr⸗ cheine betrifft, so würden ja meine Freunde an sich bereit sein, sie viirs uführendes Getreide. Daß der Einfuhrschein Gegenstand des Handels wird, kommt in den⸗ werden muß, den Kon⸗ Handelsstandes haben ja selbst die Verwendbarkeit der Einfuhrscheine auch für die Einfuhr von Kaffee, Petroleum usw. gefordert, und diese F

einer Forderun

nachdem er die Tribüne verlassen hat, von dem Abg. D

beherrscht, daß wir unsere Getreidepreise herabsetzen und Waren aus⸗ führen müßten, während man bei den letzten H 3 oder 4 Jahren schon zu einer anderen An 1905 hat uns der Abg. Gothein auch die größ

cht gekommen

Stelle

emp

sie

werden

mit

Versu

en

der

sein,

nicht für 9e—

rachten, die auch

noch

werden soll; Weizen

einführen, während die Roggenausfuhr gerügte

ist

einen

8v

wir haben

Anlaß, deshalb mit einer Aenderung der Zollgesetzgebung vorzugehen. wieder um Einführung des Identitäts⸗

seinerzeit gerade

Petitionen um dessen Aufhebung

Einfuhrscheines an⸗ der Linken. Auf

auch nicht herabsetzen, ohne Die ungewöhnlich hohen Preise, die sind eben bedingt durch ganz ungewöhnliche Verhältnisse auf dem Weltmarkt; und da können ar vor einer Ernte, mit

solchen Maß⸗ end ihr Nutzen ganz ebensbedürfnisses sind

niedriger geworden, ins⸗

(Der Redner wird, r. Hahn durch Stene ruft stürmische

andelsverträgen vnr ist. ten Schäden für die damals berieten, Auswanderung unserer

Trotz des Geburten⸗ dieser früheren igendem Maße

ahre 1895 gemacht, auf mittlerer Linie herbeizuführen. Linken erklärten wirtschaftlichen Kräfte dürfe durch Von der Linken wurde nt, heute ist er nicht mehr möglich jetzt die Getreidepreise so hoch gestiegen sind, so haben denen zu bedanken, die 1895

8

einen solchen wenn uns recht

ftliche Interesse

ung

orderung ist meiner Immerhin könnte erwogen

bisher zu vertreten hatte, nämlich Fürst Bülow. Wenn er auch ein Reichskanzler auf Abbruch ist, wenn er auch weidwund geworden ist, so hätte er doch heute auf dem Platze sein müssen, um die Ver⸗ antwortung für die volksverwüstende Agrarpolitik zu übernehmen, die die verbündeten Regierungen im Interesse einer kleinen Minorität seit Jahren betrieben haben. Wenn es sich um eine Lebensfrage handelt wie hier, dann gehört der Reichskanzler auf seinen Platz, wenn noch einer da ist, nicht irgend ein Vertreter des Reichs⸗ kanzlers, sei es, wer es wolle. Wir halten das Verhalten des Reichs⸗ kanzlers für eine Pflichtverletzung, die den letzten Rest seines staats⸗ männischen Rufes austilgen müßte, wenn t seit den letzten Wochen noch etwas an staatsmännischem 1 bei ihm zu zerstören wäre. Der Staatssekretär von Bethmann Hollweg tat sich heute als Konsequenzenmacher auf, als Vertreter einer Regierung, die jede Spur von Konsequenz hat vermissen lassen, als es um einen Kampf gegen das Junkertum handelte. Er meinte, in der Manier der Grandseigneurs, von einer allgemeinen Teuerung könne man heute in Deutschland nicht reden. Weiß er

sehen, nicht, daß in allen Berichten d brikinspekt 8 daß die Scheine zu einer Verbilligung des Getreides führen. Mit 2 eben ichten ger Fabritinspektoren uvsw. die S.

der Suspendierung der Getreidezölle hat man im Auslande die Heute würde auch bei uns der Bekanntgabe der Tatsache Weltmarkt wirken und elbst wenn vorübergehend tödlicher Sicherheit eine anhaltende Stei erung des Weltmarktpreises ein⸗ ntrags Kanitz vom

veröffentlicht worden sind, allgem in zugestanden ist, daß wir unter einer beispiellosen, nicht mehr erträglichen Lebensmittelteuerung in Deutschland stehen? Kennt er nicht die Begründung der Beamten⸗ besoldungsvorlagen? Mit absolut zwingender Logik ergibt sich aus einem Vergleich zwischen den für Weizenpreise vergleich⸗ baren drei Plätzen Buenos Aires, Liverpool und Mannheim, daß der Preis bei uns in Deutschland genau um den Betrag der über⸗ triebenen Getreidezölle über den Weltmarktpreis gesteigert wird. Graf Kanitz sagte einmal, das ganze Schutzzollsystem wäre nichts wert ohne das System der Einfuhrscheine. Letzteres können Sie uns an⸗ preisen, wie Sie wollen. Man kommt nicht über die Tatsache hin⸗ weg, daß in einer Zeit, wo Deutschland nicht für 14 Tage Getreide in seinen Grenzen hat, der Getreidevorrat im Inlande künstlich herab⸗ gesetzt wird. Die ganze Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte war nichts weiter als ein Kampf zur Sicherung einer hohen Bodenrente Wenn in Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Hungersnot der Pro letarier sich vergeblich nach ilfe umsieht bei denen, die ihm wohl helfen könnten, aber nicht helfen wollen, weil sie unter der Botmäßig⸗ keit solcher Leute sind, wie der Abg. Dr. Hahn einer ist, wenn dann die Not die 1g8. von Sitte und Gesetz sprengt, dann hören Sie vielleicht noch von den Unseligen, denen Sie nicht helfen wollten, obschon Sie es konnten. Auch der Staatssekretär kennt genau die Zusammenhänge, die zwischen übermäßig gesteigerten Lebensmittel⸗ preisen und der Kurbe des Verbrechens be stehen. Wie wollen Sie es verantworten, daß so viele Ihrer Mitbürger zusammenbrechen, wie wollen Sie diesen bethlehemitischen Kindermord auf sich nehmen? (Lachen und lebhafte Zurufe.) Wer darüber lacht, richtet 88 selbst. Unser Strafgesetz zwingt uns, wenn wir Zeugen eines Ver rechens sind, dieses nach Kräften zu hindern. Einzelne Verbrechen können in einem Volke sehr viel Unheil anrichten, aber niemals kann das Verbrechen eines einzelnen so volkszerstörend wirken, wie die agrarische Zollpolitik bei unserem Volk volkzerstörend wirkt. „Abg. Dr. Heim (Fue. Die anfängliche Stellungnahme der süddeutschen Landwirtscha erfolgte nicht aus Dummheit, wie der Abg. Gothein in einem Zwischenruf meinte, sondern aus ganz natürlichen Ursachen. Seit 189 wächst in Bayern die konstant; dieses Mehl ist nicht aus bayerischem Getreide berar eitet, sondern ist verarbeitetes Auslandsgetreide. Diese Einfuhr hat dazu geführt, daß bayerisches Getreide im Inlande nicht mehr hinreichend zu Mehl verarbeitet werden konnte. Durch diese ÜUmstände war die tellung⸗ nahme zu den Einfuhrscheinen eine andere geworden. Ich elbst habe schon vor 10 Jahren mich dahin geäußert, daß die Einfuhr⸗ cheine die Regulatoren zwischen Einfuhr und wirklichem Bedarf im nlande sind. Für Braugerste kommt nur der Futtergerstezoll von 1,30 zur Ruckvergütung; trotzdem hat die Gerste die intensivste und anhaltendste Frereseagergg Schon daraus geht hervor, daß man die Bedeutung der Einfuhrscheine überschätzt. Trotz der Einfuhr⸗ scheine haben wir auf der anderen Seite gehabt. Mit allen Vorrednern dem Bedauern über die Höhe auch hier werden fealsche Schlüsse gezogen. Roggen aber ist 1907, ebenso Roggenmehl.

heute billiger als im Herbst Die Roggenmehlpreise sind aber nicht nur niedriger, sondern es ist noch in keinem Jahr so wenig Roggen eingeführt worden, als gerade in der beanstandeten Zeit; die Ausfuhr von Roggen ist um das Vier⸗ fache gestiegen. Hieraus können besonders die Herren auf der äußersten Linken die kolossale Bedeutung der Produklion im eigenen Lande erkennen. An der gegenwärtigen Preissteigerung ist die Landwirt⸗ schaft unbeteiligt und hat auch keinerlei materielles Interesse daran, weil sie keine Vorteile davon hat. Die rein bäuerlichen Genossenschaften, an denen ich beteiligt bin, und die sich nur mit dem Einkauf und Verkauf von Getreide befassen, ließen am 15. April die Bude und geben sich dem Sommerschlaf hin; wir haben eben kein Getreide mehr hinter uns (Zurufe).. . gewiß gibt es Ausnahmen, es gibt Leute, die den Roggen

die niedrigsten Haferpreise bin ich e ö in des Weizenpreises, aber