8”
Ist der Schuldner mit der Erfüllung der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung im Verzuge, so ist die Schuldbuchverwaltung auf schriftliches Verlangen der Reichsbank berechtigt und verpflichtet, der Reichsbank auch ohne Nachweis des Verzugs gegen Löschung der ein⸗ getragenen Forderung oder eines entsprechenden Teiles dieser Forderung auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen auszureichen, es sei denn, daß eine gerichtliche Anordnung ü“ welche die Ausreichung an die Reichsbank untersagt, oder in dem Schuldbuche solche Rechte Dritter oder Verfüzungsbeschränkungen zu Gunsten Dritter vermerkt sind, welche früher als das Pfandrecht der Reichsbank eingetragen worden waren. Das Pfand haftet auch für die durch die Aus⸗ reichung entstehenden Kosten. 3
Die Schuldbuchverwaltung hat spätere Eintragungen bei der Ausreichung der Schuldverschreibungen der Reichsbank mitzuteilen.
Auf die Befriedigung der Reichsbank aus den von der Schuld⸗ buchverwaltung ausgereichten Schuldverschreibungen finden die Vor⸗ schriften des § 20 .““
rlikel 7. § 22 des Bankgesetzes wird durch folgende Vorschrift ersetzt:
Die Reichsbank ist verpflichtet, die Geschäfte der Reichshaupt⸗ kasse unentgeltlich zu besorgen. 1 8
Sie ist berächtigt, entsprechende Kassengeschäfte für die Bundes⸗ staaten zu übernehmen.
Artikel 8.
Die Artikel 3, 4, 5 und 6 dieses Gesetzes treten am 1. Januar 1910 in Kraft. Im übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Januar 1911 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Neues Palais, den 1. Juni 1909. 3
(L. S.) 8 Wilhelm. von Bethmann Hollweg.
1“
F“ 8 “ 8
Die von seuts ab zur Ausgabe gelangende Nummer 34 des Reichsgesetzblatts enthält unter
Nr. 3625 das Gesetz, betreffend Aenderung des Bank⸗ gesetzes, vom 1. Juni 1909, und unter
Nr. 3626 das Viehseuchengesetz, vom 26. Juni 1909.
Berlin W., den 5. Juli 1909. v
Kaiserliches Postzeitungsamt. Krüer. 8
1
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen ordentlichen Professor Dr. Hermann Schöne zu Basel zum ordentlichen Professor in der philo⸗ sophischen Fakultät der Universität zu Greifswald, den Ingenieur Hermann Nieten in Esch a. d. Alzette zum etatsmäßigen Professor an der Technischen Hochschule zu Aachen und den Direktor der Realschule in Riesenburg, Professor Franz Frech zum Realgymnasialdirektor zu ernennen 1
Finanzministerium. Königliche Seehandlung (Preußische Staatsbank).
Bei der Königlichen Seehandlung (Preußische Staatsbank) ist der Kanzleidiätar Haß zum Geheimen Kanzleisekretär er⸗ nannt worden. 8 “
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.
Dem Realgymnasialdirektor, Professor Frech ist die Direk⸗ tion des in der Entwicklung begriffenen Realgymnasiums in Danzig⸗Langfuhr übertragen worden.
1
Hauptverwaltung der Staatsschulden. 8
Bekanntmachung.
Bei der heute öffentlich in Gegenwart eines Notars be⸗ wirkten Verlosung der Köthen⸗Bernburger Eisenbahn⸗ aktien sind folgende Nummern gezogen worden:
Nr. 2378, 2385, 2387, 2389 bis 2394, 2396, 2398, 2401 bis 2406, 2408 bis 2413, 2415, 2418, 2421 bis 2423, 2425, 2427 bis 2431, 2433, 2434, 2437 bis 2439, 2441, 2443 bis 2448, 2454, 2455, 2457, 2461, zusammen 50 Stück über je 100 Taler = 5000 Taler = 15000 ℳ.
Dieselben werden den Besitzern zum 1. Januar 1910 mit
der Aufforderung gekündigt, die in den ausgelosten Nummern verschriebenen Kapitalbeträge vom 3. Januar 1910 ab gegen Quittung und Rückgabe der Aktien und der nach diesem Termine zahlbar werdenden Zinsscheine Reihe V Nr. 7 bis 10 nebst Erneuerungsscheinen für die nächste Zins⸗ scheinreihe bei der Staatsschulden⸗Tilgungskasse hierselbst, W. 8, Taubenstraße 29, zu erheben. Die Zahlung erfolgt werktäglich von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nach⸗ mittags, mit Ausschluß der beiden letzten Geschäftstage jedes Monats. Die Einlösung geschieht auch bei den Regierungs⸗ hauptkassen und in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse; die Effekten können einer dieser Kassen schon vom 1. De⸗ ember 1909 ab eingereicht werden, welche sie der Staats⸗ suldentilgungskasse sür Prüfung vorzulegen hat und nach er⸗ folgter Feststellung die Auszahlung vom 3. Januar 1910 ab ewirkt.
Der Betrag etwa fehlender Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten. “
Vom 1. Januar 1910 ab hört die Verzinsung der verlosten Aktien auf.
Zugleich werden die aus früheren Verlosungen rück⸗ ständigen Aktien, deren Verzinsung aufgehört hat, wiederholt aufgerufen.
Aus der Kündigung zum 1. Januar 1906.
Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe V Nr. 3 bis 10
nebst Erneuerungsschein.
Nr. 3614, 3630.
Aus der Kündigung zum 1. Januar 1908.
Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe V Nr. 5 bis 10
nebst Erneuerungsschein.
Nr. 3305.
Aus der Kündigung zum 1. Januar 1909.
Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe V Nr. 6 bis 10
nebst Erneuerungsschein.
Nr. 516, 517, 520, 526, 534, 541, 544, 551, 552, 554
EEVV““ WWI1““ “ “ 11““ Formulare zu den Quittungen werden von den zeichneten Kassen unentgeltlich verabfolgt.
Berlin, den 2. Juli 1909. Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bischoffshausen.
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee. Beamte der Militärjustizverwaltung. 8
Durch Allerhöchsten Erlaß. 16. Juni. Dr. Medicus Dr. Boeder, Oberkriegsgerichtsräte bei den Generalkommandos des XV. Armeekorps bezw. des Gardekorps, der Stellenrang der dritten Klasse der höheren Provinzialbeamten verliehen.
Durch Allerhöchste Bestallung. 16. Juni. Stein⸗ berger, Kriegsgerichtsrat bei der 34. Div., zum Oberkriegsgerichtsrat ernannt.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 23. Juni. Steinberger, Okberkriegsgerichtsrat, dem Generalkommando des V. Armeekorps zugeordnet.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Allerhöchste Bestallungen. 16. Juni. Schultz, Intend. Rat von der Intend. des XVIII. Armeekorps, zum Obermilitärintend. Rat, Sauer, Tiller, Intend. Assessoren, Vorstände der Intendanturen der 16. bzw. 29. Div., — zu Militär⸗
intend. Räten ernannt. des Kriegsministeriums. 12. Juni.
Durch Verfügun Wicddch Müͤtrlärbauin p. in Plön, zum 1. Oktober 1909 als
technischer Hilfsarbeiter zur Intend des XV. Armeekorps versetzt. 8 18 SP Sixt v. Armin, Garn. Verwalt. Direktor auf Probe in Wesel, zum Garn. Verwalt. Direktor ernannt.
19. Juni. Schallehn, Intend. Rat von der Intend. des XV. Armeeckorps, als Vorstand zu der Intend. der Gardekav. Div., Pfeiffer, Intend. Rat von der Intend. des IV. Armeekorps, als Vorstand zu und Vorstand der Intend. der 8. Div, in gleicher Eigenschaft zu der Intend. der 5. Div., Weigt, Intend. Assessor und Vorstand der Intend. der 5. Div., zu der Intend. des V. Armeekorps, — zum 1. Oktober 1909 versetzt.
21. Juni. Henning, Ackurath Lazarettoberinspektoren auf Probe in Diedenhofen bzw. Frankfurt a. O., zu Lazarettoberinspektoren ernannt. Die Zahlmeister: Jürgens vom III. Bat. Inf. Regts. von Lützow (1 Rhein.) Nr. 25 zum X. Armeekorps, Jahme vom I. Bat. Inf. Regts. 89 Grolman (1. Posen) Nr. 18 zum III. Armeekorps, — veisetzt.
22. Fun 1 Verwalt. Insp. in Detmold, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
23. Juni. Koinzer, Proviantamtskontrolleur auf Probe in Cöln, zum Proviantamtskontrolleur ernannt. Lorenz, Dreyer, Proviantamtsassistenten bei der Armeekonservensabrit Spandau bzw. in Altona, zum J. August 1909 gegenseitig versetzt. Schwanke, Rechnungsrat, Garn. Verwalt. Direktor in Saarbrücken, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
24. Juni. Lemm, Intend. Referendar von der Intend. des Gardekorps, unter Ueberweisung zu der Intend. des XVII. Armee⸗ korps zum etatsmäß. Militärintend. Assessor ernannt.
25. Juni. Sinzingr, Intend. Rat von der Intend. des XI. Armeekorps, zu der des VII. Armeekorps, Schramm, Intend. Rat von der Intend. des Gardekorps, zu der des XI. Armeekorps, — versetzt. “ Königlich Bayerische Armee.
München, —90. Juni. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Anchan. Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich Allerhöchst er gefunden, nachstehende Per⸗ sonalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: a. bei den Beamten der Militärverwaltung: am 5. d. M. dem Oberzahlmstr. Bauer des 2. Inf. Regts. Kronprinz aus Anlaß seiner Versetzung in den Ruhe⸗ stand in Anerkennung seiner Dienstleistung den Titel eines Rechnungs⸗ rats zu verleihen; am 25. d. M. den Oberintend. Rat, Geheimen Kriegsrat Gleitsmann der Intend. II. Armeekorps auf Ansuchen auf Grund nachgewiesener Dienstunfähigkeit unter Anerkennung seiner Dienstleistung in den dauernden Ruhestand zu vpersetzen; am 28. d. M. den Oberkriegsgerichtsräten Gerstner und Binder beim Generalkommando I. Armeekorrs, letzterer zur Dienstleistung in das Kriegsministerium berufen, den Rang der Klosse III der Be⸗ amten der Militärverwaltung zu verleihen; ferner am gleichen Tage mit der Wnksamkeit vom 1. Juli d. J. in etatsmäß. Weise zu er⸗ nennen: zum Reichemilttärgerichtsrat (Bayer. Senat) den Ober⸗ kriegsgerichtsrat Haus beim Generalkommando I. Armeekorps, zum Kriegsgerichtsrat bei der 3. Div. den Militärgerichts⸗ praktikanten Mehling, Lt. der Res., des 9. Inf. Regts. Wrede; zu versetzen: die Kriegsgerichtsräte Schmid von der 4. Div. zum Generalkommando II. Armeekorps und Schmitt von der 3. Div. zur 4. Div., beide in gleicher Diensteseigenschaft; zu befördern: zum Oberkriegsgerichtsrat beim Generalkommando I. Armeekorps den Kriegsgerichtsrat Endres beim Generalkommando II. Armeekorps; b. außerdem: am 17. d. M. mit der Wirksamkeit vom 1. August d. J. den Reallehrer für neuere Sprachen an der Maria⸗Thexesia⸗Kreis⸗ Realschule in München Dr. Oeftering zum Gymnasiallehrer am Kadeitenkorps in etatsmäß. Weise zu ernennen.
München, 30. Juni. Kriegsministerium. Der Abschied wird bewilligt: den Obervpeterinären Hosemann (Zweibrücken) von der Res. und Liebl (Ingolstadt) von der Landw. 2. Aufgebots; ernannt werden: zu Oberveterinären die Unterveterinäre der Res. Reimann, Clevisch, Lücking (1 München), Solleder (Dillingen), Dr. Schmidt (Mindelheim), Hoffmann (Kaiserslautern), Sprater (Neustadt a. H), Keyßner (Würzburg), Schrems (Nürnberg), Hohenner und Strauß (Hof) und Haag (Regensburg), die Unterbeterinäre der Landw. 1. Aufgebots Ruühm und Leeb (I München). 2
Das Kriegsministerium hat nachstebende Personalveränderungen bei den Beamten der Militärverwaltung verfügt: am 2. d. M. wurden mit der Wirksamkeit vom 1. d. M. die Kaserneninspektoren Kohler von der Garn. Verwalt. Neuburg a. D. zur Garn. Verwalt. München und Michaeli von der Earn. Verwalt. Lechfeld zur Garn. Verwalt. Neuburg a. D. in gleicher Diensteseigenschaft versetzt un d der Kaserneninspektor Schwenk der Garnisonverwaltung München zum Hausinspektor bei der Inspektion der Militärbildungs⸗ anstalten in etatsmäßiger Weise ernannt, ferner wurden auf Ansuchen auf Grund nachgewiesener Dienstunfähigkeit in den dauernden Ruhestand versetzt: am 7. d. M. der Oberzahlmstr. Bauer des 2. Inf. Regts. Kronprinz, am 18. d. M., der Garn. Verwalt. Kontrolleur Beyer der Garn. Verw. Germersheim, am 23. d. M. der Lazarettverwalt. Insp. Vogl des Gatn. Lazaretts Erlangen und
am 26. d. M. der Garn. Verw. Oberinsp., Rechnungsrat Scheurer der Garn. Verwalt. Neu⸗Ulm, letztere drei unter Anerkennung ihrer Dienstleistung. 8
Seine Exzellenz der Präsident der Seehandlung (Preußische Staatsbank), Wirkliche Geheime Rat von Dombois, auf Urlaub;
der Ministerialdirektor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten, Wirkliche Geheime
Oberregierungsrat Dr. Förster auf Urlaub.
bis 558, 562.
den des
der Intend. der 8. Div., Dr. Krüger, Intend. Assessor
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 6. Juli.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten vorgestern in Travemünde an Bord der „Hohenzollern“ den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten von Treutler, und gestern vormittag auf der Fahrt nach Saßnitz
Chefs des Marinekabinetts, Vizeadmirals von Müller.
8 “
Die Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen, 18 Handel und Verkehr und für Rechnungswesen hielten heute vormittag Sitzung.
*
Angekommen sind die Bevollmächtigten zum Bundesrat:
Königlich bayerischer Staatsminister des Königlichen Hauses
Dr. jur. und des Aeußern, Vorsitzender im Ministerrate Dr. Freiherr r, lur. von Podewils⸗Dürniz,
Königlich bayerischer Staats⸗ der Finanzen Ritter von Pfaff, sächsischer vorsitzender Staatsminister und Minister der Finanzen Dr. von Rüger, Königlich sächsischer Ge⸗ heimer Rat, Ministerialdirektor Dr. Schroeder, König⸗ lich württembergischer Präsident des Staatsministeriums,
minister
Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten Dr. von Weizsäcker, Königlich württembergischer Staatsminister der
Finanzen von Geßler, Großherzoglich badischer Minister der Finanzen Dr. Honsell, Großherzoglich hessischer Staats⸗ minister Dr. Ewald, Großherzoglich hessischer Minister der
inanzen Dr. Gnauth, Großherzoglich mecklenburgischer
taatsrat, Vorstand des Finanzministeriums von Pressentin, Großherzoglich sächsischer vorsitzender Staatsminister im Ge⸗ samtministerium Dr. Rorhe, Großherzoglich sächsischer Ge⸗ heimer Staatsrat Dr Hunnius, Herzoglich braunschweigischer Staatsminister Dr. von Otto, Herzoglich sachsen⸗meiningenscher Staatsminister Freiherr von Ziller, Herzoglich sachsen coburg und gothaischer Staatsminister Dr. von Richter, Fürstlich
schwarzburgischer Staatsminister Freiherr von der Recke, Fürstlich schwarzburg⸗rudolstädtischer Geheimer Staatsrat Dr. Körbitz, Landesdirektor, Präsident von Glasenapp aus Arolsen, Fürstlich reußischer Staatsminister von Hinüber, 8
“ schaumburg-lippischer Staatsminister von Feilitzsch, Senator Dr. Fehling aus Lübeck
Dr. Sthamer aus Hamburg. G
Lant Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. am 3. Juli in Mossamedes eingetroffen und geht heute von dort nach San Paolo de Loanda in See.
S. M. S. „Iltis“ geht heute von Hongkong nach Canton in See.
1—
Saßnitz, 6. Juli. Die Jacht „Hohenzollern“ mit Seiner Majestät dem Kaiser an Bord und die Begleit⸗ schiffe „Hamburg“ und „Sleipner“ sind, „W. T. B.“ zufolge, gestern um 5 Uhr auf der Reede von Saßnitz angekommen. Heute vormittag traf Seine Majestät der König von Schweden mit dem Panzer „Oskar II.“ und drei schwedischen Kriegsschiffen hier ein. Nachdem die Schiffe auf der Reede Anker geworfen hatten, machte Seine Majestät der König Gustav Seiner Majestät dem Kaiser an Bord der „Hohenzollern“ einen Besuch, den dieser alsbald auf dem Panzer „Oskar II.“ erwiderte. 8 1
8— Oesterreich⸗Ungarn. 8
Der ungarische Ministerrat hat gestern zu dem Wunsche des Königs Stellung genommen, daß das Kabinett, das demissioniert hat, bis zum Herbst die Geschäfte weiterführe. Der Ministerrat erklärte „W. T. B.“ zufolge, es würde den parlamentarischen Grundsätzen widersprechen, wenn das Kabinett, das demissioniert habe, noch längere Zeit an der Spitze der Re⸗ gierung verbliebe. Es sei im Interesse der parlamentarischen Verantwortlichkeit wünschenswert, daß ein Kabinett mit Ueber⸗ gangscharakter neuerdings ernannt werde. Da das Kabinett jedoch nicht imstande sei, die parlamentarischen Verhandlungen behufs Lösung der Krise zu leiten, so werde es zu Beginn der Herbsttagung zurücktreten. Dieser Beschluß wurde von den drei koalierten Parteien angenommen. Falls der König ihn genehmigt, wird demnächst die Wiederernennung des Kabinetts Wekerle, di al mit interimistischem Charakter, erfolgen.
Frankreich. 8
In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer richtete der Abg. Denys Cochin (kons.) an den Minister des Auswärtigen Pichon eine Anfrage über die Zurück⸗ ziehung des französischen Kontingents aus Kreta und verlangte die Zusicherung, daß die provisorische Regierung unter der Garantie und dem Schutz der Flaggen der vier Mächte aufrecht erhalten werde. .
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ legte der Minister Pichon dar, unter welchen Bebingungen im Jahre 1897 Kreta vom Sultan unter den Schutz der vier Mäͤchte gestellt worden sei, und erklärte, der Augenblick wäre zur Erörterung der künftigen Regierungsform der Insel schlecht gewählt. Die Schutzmächte behielten sich vor, sich darüber zu verständigen, wenn die Umstände es gestatteten. Vom 27. Juli ab würden die internativcnalen Truppen durch vier Kriegs⸗ schiffe ersetzt werden. Die Mächte zählten auf die Weisheit und die Mäßigung der Türkei, Griechenlands und Kretas, um Schwlerigkeiten zu vermeiden, welche die verhängnisvollsten Folgen haben könnten.
Der Zwischenfall war damit geschlossen, und die Kammer nahm die Erörterung des Zolltarifs wieder auf.
Im Laufe der Debatte erklärte der Handelsminister Cruppi⸗ die Regierung könne sich nur einem klugen und wohlüberlegten Revisionswerk anschli'ßen. Der Minister hob hervor, daß das Zoll⸗ regime nicht ein 1-ee Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung fei; denn das freihändlerische England und das schutzzollnerische Deutschland erfreuten sich beide einer großartigen wirtschaftlichen Ent⸗ wicklung. Die Wirtschaftspolitik Frankreichs müsse eine Politik der Ausdehnung und des mäßigen Schutzes sein. Der Minister wies sodann 8 die Bedeutung der Märkte Englands, Belgiens und
1
Deutschlands hin und führte unter anderem aus, die von Deutschland
Königlich
„Imparcial“ von Mulay Hafid in Audienz empfangen
Gewerbetreibenden
8 8
geübten Spezialisierungen hätten Proteste hervorgerufen, die man beachten müͤsse; das hiadere aber nicht, daß Frankreichs Handel in Deutschland Fortschritte mache. Im Laufe seiner wiiteren Aus⸗ führungen ging Cruppi auf den Bericht der Zollkommission näher ein und gab der Meinung Ausdruck, daß die Kommission in gewissen Fällen den Generaltarif allzusehr erhöhe. Die Regierung lehne es in aller Form ab, die Kommission, die gewisse Sätze des Minimal⸗ tarifs erhöhen wolle und dadurch die Gefahr einer Kündi⸗ gung des zwischen Frankreich und der Schweiz kürzlich vereinbharten Vertrages heraufbeschwöre, hierin zu folgen. Sie werde bezüglich dieser Angelegenheit die Vertrauensfrage stellen. Nicht einverstanden sei die Regierung mit der Kommission auch in der Frage der ölhaltigen Kerne. Der Minister schloß mit der Erklärtung, daß die Politik der Regierung eine Politik der wirtschaftlichen Ver⸗ ständigung sei.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung forderte der Vor⸗ sitzende der Zollkommission die Deputierten, die bE1 sowie die auf Vertagung der Debatte abzielende Resolution eingebracht hatten, auf, ihre Anträge zurückzuziehen.
Rußland.
Die Kaiserliche Familie ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern abend aus den finnischen Gewässern nach Feterhof zurückgekehrt.
— In der Stadt Batum ist der außerordentliche Schutz und in ganz Kaukasien mit Ausnahme der Stadt und des Kreises Tiflis und des sch an der transkaukasischen Bahn⸗ linie hinziehenden Landstreifens der Kriegszustand J“ 8 “
““
IFarkei 8 Die der Pforte zu überreichende Note der vier Schutz⸗ mächte Kretas ist bereits vorbereitet und den Kabinetten zur Genehmigung unterbreitet worden. Die Mächte erklären „W. T. B.“ zufalge in der Note, daß über das definitive Regime der Insel zu angemessener Zeit verhandelt werden wird. Sollten die Kreter Unruhen provozieren, würden die Mächte die notwendigen Maßnahmen treffen.
— Die Deputiertenkammer hat in der gestrigen Sitzung einen Antrag angenommen, zur Erinnerung an die Einführung der Verfassung den 23. Juli als nationalen Festtag zu feiern.
Amerika.
Der amerikanische Senat hat gestern „W. T. B.“ zu⸗ 87 die Resolution Aldrich angenommen, die im Sinne er jüngsten Botschaft des Präsidenten Taft eine Verfassungs⸗ änderung zum Zwecke der Einführung einer Einkommensteuer vorsieht. 8 ö*“ In Erwiderung auf Vorstellungen der englischen und russischen Gesandtschaft hat Sipahdar einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge mehrere Forderungen, ins⸗ besondere die Räumung des persischen Gebiets durch die russischen Truppen sowie die Bildung eines neuen liberalen Kabinetts, gestellt. Die britische und die russische Gesandtschaft werden heute antworten, daß sie z. Z. wegen der Forderungen Sipahdars beim Schah nichts unternehmen könnten. — Großbritannien, Oesterreich⸗Ungarn und die Ver⸗ einigten Staaten von Amerika haben obiger Quelle zufolge zur Kenntnis der chinesischen Regierung gebracht, daß sie das russisch⸗chinesische Abkommen über die Verwaltung der russischen Eisenbahnzone in der Mandschurei nicht anerkennen, da Bestimmungen, die das Ansiedlungsrecht internationaler Niederlassungen in China berühren, aus einem Vertrag der Mächte hervorgehen müßten.
Afrika. Wie das „W. T. B.“ berichtet, ist der Direktor des
worden und hat aus seinem Munde folgende Erklärung erhalten:
Die Gesandischaft, die ich nach Madrid entsandt babe, bedeutet nicht, daß irgend welche Sckwierigkeiten zwischen Spanien und Marokko bestehen. Aber der Gesandte, der von Spanien an msch geschickt worden ist, hat sich mir gegenüber so unverträglich gezeigt, daß es nötig geworden ist, daß meine Gesandten über das verhandeln, was er nicht hat erledigen wollen.
Während des Gesprächs lehnte der Sultan jede Aeußerung über die Rif⸗Angelegenheit ab und erklärte, diese Frage sei eine einfache Frage der Gerechtigkeit.
— Aus Oran wird, obiger Quelle zufolge, gemeldet, daß im Tafiletgebiet eine aus sechshundert Reitern bestehende Harka gebildet wird, die den an der algerisch⸗marokkanischen Grenze gelegenen und gegenwärtig nur von etwa vierzig süserischen Schützen verteidigten Posten von Targit angreifen soll. Der Posten habe die Garnison von Colomb Bechar um
Parlamentarische Nachrichten. 8
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.
— Als erster Gegenstand steht auf der Tagesordnung der heutigen (276.) Sitzung des Reichstags die zweite Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die zollwidrige Ver⸗ wendung von Gerste. Die 39. Kommission hat die Vor⸗ lage mit einigen Abänderungen angenommen. § 1 soll jetzt auten:
Es ist verboten, Malz aus Gerste, die bei der Einfuhr in das deutsche Zollgebiet nach einem niedrigeren Zollsatze als dem für Malzgerste bestehenden verzollt worden ist, zu Brauzwecken zu ver⸗ wenden.
Die aus dem Auslande eingehende Gerste, auf die der Zollsatz von 1,30 ℳ für 1 dz zur Anwendung kommt, ist kenntlich zu machen, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, daß sie zur Be⸗ restung von Malz ungeeignet ist, oder daß sie hierzu nicht ver⸗ wendet wird.
Jeder Verkäufer der zu niedrigerem Zollsatz verzollten und nicht kenntlich gemachten ausländischen Gerste ist verpflichtet, dem Käufer ausdrücklich von der erfolgten Verzollung nach dem niedrigeren Zollsatze Kenntnis zu geben.
Der Bundesrat erläßt die zur Durchführung des Verbots er⸗ forderlichen Bestimmungen.
„Bei Eintritt in die Beratung beantragte der Abg. Südekum (Soz.) den Gegenstand von der Tagesordnung abzusetzen.
Der Antrag wurde nach Probe und Gegenprobe für ab⸗ gelehnt erklärt und das Haus trat in die Beratung ein.
Abg. Stolle (Soz.): Wie ist es moͤglich, daß die Regierung mit einemmale dem Reichstage diese Vorlage machen kann, die
“
8 8 1 8
heißt es: „Die Reichsfinanzverwaltung hat es sich in Falle angelegen sein lassen, den Beschwerden auf den Grund zu gehen; es haben sich aber, von wenigen Einzelheiten abgesehen, die Beschwerden nicht als begründet erweisen lassen. Es darf als wenig wahrscheinlich bezeichnet werden, daß die Feststellung umfang⸗ reicher Mißbräuche den berufenen Behörden und Beamten im ganzen Reiche nicht möglich gewesen sein forte. Die Auffassung, daß Miß⸗ stände in ausgedehntem Maße nicht vorliegen, findet auch eine wesentliche Stütze in der amtlichen Statistik über die Ein⸗ fuhr von Gerste aus den Haupteinfuhrländern vor und nach dem 1. März 1906.“ Hiernach nimmt die Regierung also als nicht erwiesen an, daß Futtergerste zu anderen Zwecken verwendet wird, als deklariert ist. Die Behauptung, daß Unterschleife bei der Verzollung vorkommen, ist einentlich eine Beleidigung für die Zollbeamten, die ihre Pflicht voll und ganz erfüllt haben. Man verlangt nun die Kennzeichnung der Futtergerste, damit sie zum niedrigeren Zollsatz beesöcer werden kann. Die Regierung hat in der Kommission verschiedene Verfahren vor⸗ geführt, wodurch die Gerste gekennzeichnet werden kann, es handelt sich insbesondere um das Färben mit Eosin. Es ist aber zweifelhaft, ob nicht diese Färbung schädlich sein wird. Die Einfuhr von Futtergerste sollte nicht erschwert werden, denn jemehr sich unser Viehstand gehoben hat, umsomehr ist die Einfuhr von Futtergerste gestiegen. Unter der Erschwerung der Gersteneinfuhr leidet natürlich nicht der Großgrund⸗ besitz, sondern gerade der kleine Viehzüchter, der nicht in der Lage ist, seine Futtermittel selbst in genügender Menge zu bauen. Durch dieses Gesetz wird den kleinen Bauern eine Auflage von 2 Millionen aufgehürdet. Was verstebt man weiter darunter, daß eine Defraudation vorliegen soll, wenn Gerste, die nach dem niedrigeren Zollsatz verzollt worden ist, oder aus solcher bereitetes Malz „in die Räume einer Brauerei“ eingebracht oder dort vorgefunden wird? Auch die Strafbestimmungen des Gesetzes sind außerordentlich rigoros; es wird eine Geldstrafe von 50 — 5000 ℳ angedroht. Werfen Sie dies Gesetz im Interesse der Billigkeit und Gerechtigkeit dahin, wohin es gehört, in den Orkus.
Abg. Hausmann (nl.): Die Angelegenheit ist in der Kom⸗ mission hinreichend erörtert worden. Die Getreidezölle haben mit dieser Vorlage gar nichts zu tun. Es handelt sich nur darum, Klarheit zu schaffen in zolltechnischer Beziehung. Die Kom⸗ mission hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, weil sich in der Praxis herausgestellt hat, daß seit 1906/07 bis jetzt die Einfuhr von Braugerste auf die Hälfte zurückgegangen ist, während die Einfuhr von Gerste, die einem Zoll von 1,30 ℳ unter⸗ worfen ist, zugenommen hat. Auch der Reichskasse gehen erhebliche Beträge verloren. Die Kommission hat mit Absickt davon abgesehen, ein besonderes Verfahren für die Denaturierung festzulegen, weil die Praxis jeden Tag neue Verfahren schaffen kann. Durch die Verhand⸗ lungen der Kommission ist festgestellt, daß Gerste, die für Malzkaffee verwendet wird, zum Zoll von 1,30 ℳ eingeführt werden darf. Meine Freunde sind im Zweifel, ob der Absatz 1 klar genug gefaßt ist. Was die Kostenfrage anbetrifft, so trägt ja die Reichs⸗ kasse die Kosten, und diese werden für die Zukunft geringer sein. Es handelt sich hier um Ersparnisse und um Vereinfachungen, von einer Belastung des kleinen Mannes kann nicht gesprochen werden. Wir brauchen uns auch nicht den Kopf der verbündeten Regierungen zu zerbrechen, ob das Gesetz mit den Handelsverträgen vereinbar ist. Es enthält Vorschriften, die Sicherheit und eine reelle Basis für den Handel schaffen. mindestens bedeutet 1“ besentliche Verbesserung
gegenüber dem jetzigen Zustande. (Schluß des Blattes.)
Dem Reichstage ist der am 26. Januar d. J. in Caracas unterzeichnete Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Freistaat Venezuela zugegangen.
Statistik und Volkswirtschaft
Zur Arbeiterbewegung.
Die in den Geldschrankfabriken Groß⸗Berlins be⸗ schäftigten Arbeiter erklärten sich, der „Voss. Ztg.“ zufolge, in einer Versammlung nach mehrstündigen Verhandlungen nur unter der aus⸗ drücklichen Bedingung, daß keine Verschlechterungen des bisher geltenden Tarifs eintreten dürfen, für die von den Arbeitgebern geforderte Ver⸗ tagung der Verhandlungen bis zum 19. Juli.
Die in Tischlereien und Drechslereien beschäftigten Holzarbeiter Magdeburgs traten, wie die „Voss. Ztg.“ erfährt, in eine Lohn⸗ bewegung ein. Während seit einigen Tagen in einzelnen Betrieben bereits gestreikt wurde, ist der Ausstand gestern wegen Nichtgewährung der Lohnforderungen allgemein geworden.
Der Ausstand der Leipziger Steinarbeiter hat, der „Lpz. Ztg.“ zufolge“, nach achtwöchiger Dauer am Sonnabend sein Ende gefunden Die Ausständigen haben gestern früh die Arbeit wieder aufgenommen. Der Tarff ist bis 30. April 1910 anerkannt worden, und zwar unter Bewilligung der Erhöhung des Stundenlohnes von 72 auf 75 ₰. b
Aus Graz wird der „Voss. Ztg.“ gemeldet, daß in Pinggau die Tunnelarbeiter der Wechselbahn wegen Lohnstreitigkeiten in den Ausstand getreten sind.
In Marseille haben sich die eingeschriebenen Seeleute gestern vormittag versammelt. Rivelle, der Sekretär des Syndikats der Eingeschriebenen, gab den Spruch des Schiedsgerichts be⸗ kannt und teilte mit, daß alle früheren Mannschaften wiedereingestellt werden sollen. Die Eingeschriebenen kehrten an Bord zurück. Der Ausstand ist beendet.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage)
Kunst und Wissenschaft.
A. F. In der Juli⸗Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde gab Dr. Georg Wegener, der auf Einladung der britischen geographischen Gesellschaft an den in London dem Südpolarforscher Shackleton bereiteten Empfangsfestlichkeiten teilgenommen hatte, nach dem Berichte Shackletons eine gedrängte Uebersicht über die drei Expeditionen, die von Victorialand aus, von der westlischen Ecke der bis 780 s. B. tief einschneidenden Bucht gegenüber Neuseeland, zur Erforschung des Innern enisandt worden waren. Alle drei waren in verschiedener Art erfolgreich: die von Shackleton persönlich geleitete, indem sie dem Südpol bis 88° 23‧„ d. i. bis auf 171 km nahe kam, die zweite, welche den Vulkan Erebus erstieg und dos Vorhandensein einer hohen Gebirgskette von annähernd west⸗ östlicher Richtung feststellte, die nach der pazifischen Seite steil ab⸗ fällt, nach der atlantischen aber in ein Hochplateau übergeht, das sich langsam zum Meere senkt, die dritte endlich, der es gelang, den magnetischen Südpol zu entdecken. Es stehen hochinteressante Veröffentlichungen der Teilnehmer an der Expedition bevor. hseets biologisches Material wurde gesammelt und für die gerologische Forschung die bedeutsame Latsache festgestellt, daß auf der pazifischen Seite fast beständig Südwind von ziemlicher Stärke weht., die vermutete große Anticyclone also, wenn je vorhanden, wesentlich auf der atlantischen Seite zu suchen sein wird. Dr. Georg Wegener hat von Shackleton die Zusage empfangen, im nächsten Winter nach Berlin zu kommen und in der Gesellschaft für Erdkunde zu sprechen.
Den Vortrag des Abends hielt Dr. Max Moszkowski über seine Reise in Ost⸗ und Zentralsumatra. Der Redner begann damit, in großen Zügen ein Bild der ⅛ des Flächeninhalts Deutsch⸗
eine Gefahr für die gesamte kleine Landwirtschaft und die bedeutet. In der Begründung der Vorlage
landz bedeckenden Insel zu geben.
In ihrer Längsrichtung, näher
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ihrer West⸗ als ihrer Ostküste, von einem sich bis zu 4000 m er hebenden Gebirge durchzogen, das alle geologischen Epochen wider spiegelt und zuletzt auch hohe Vulkanberge hat entstehen sehen, ist die Insel aus diesen natürlichen Verhältnissen in eine West⸗ un eine Osthälfte gegliedert, die sich sehr charakteristisch voneinander unterscheiden. Die Westküste, der eine Menge kleiner Inseln vor⸗ gelagert ist, hat infolge dieser Nachbarschaft niemals Landzuwach durch Anschwemmungen empfangen. Sie fällt steil zum Meere a und nimmt in ihren zahlreichen Buchten nur kleinere Flüsse von kurzem Lauf aus dem nahen Hochgebirge auf. Ganz anders die gegen die Halb⸗ insel Malakka gerichtete Ostseite der Insel, die, durch zahlreiche An schwemmungen vergrößert, sehr flach ist und nur ganz allmählich von ausgedehnten Strandmorästen aufsteigt. Viel weiter von dem Ge⸗ birgsgrat der Insel entfernt als die Westküste nehmen die flachen Buchten der Ostküste viele wassereiche Ströme auf, die zum Teil im 69 langem Lauf, genährt durch viele Zu⸗ und Nebenflüsse, das ruchtbare Alluvialgebiet durchströomen. So ist auf der Ostseite Sumatras ein Zustand entstanden und zurzeit noch herrschend, daß aller und jeder Verkehr allein auf die gut schiffbaren Flüsse an⸗ gewiesen ist, alle Niederlassungen sich in deren Nähe befinden. Der Redner, welcher 1907 Sumatra bereist und seine Aufmerksamkeit wesentlich dem mittleren Teile der Osthälfte der Insel, nämlich den Staaten Siak und den vor wenig Jabren erst der holländischen Herr⸗ schaft unterworfenen Rokanstaaten in Zentralsumatra, zugewandt hat, war in seinen Ausflügen in das Innere natürlich auch auf die landes⸗ übliche Beförderung durch die „Prauwe“ angewiesen. Ausschließlich so hat er den bis 150 km vor der Mündung schiffbaren Siakstrom und später nördlich davon den die Rokanstaaten bewässernden Rokan befahren; aber nach Maßgabe einer Serie im Lichtbild vorgeführter, schöner Photographien hat er auf diesen Fahrten herrliche Vegetations⸗ ilder gesehen und mit den Bewohnern viele Anknüpfungen gehabt. Großartig waren die Eindrücke eines Pflanzen⸗ und Baumwuchses ohnegleichen namentlich, wo bei tieferem Eindringen in das Land die Ufer des Flusses zusammenrückten. Zu sörmlichen fast undurchdringlichen Wänden verdichten sich zuweilen diese Ufer, namentlich von Pandanus, Rotang ꝛc., überragt von mächtigen Wald bäumen. Auch die Fauna ist ungemein artenreich, namentlich gibt es viel Affen, unter ihnen eine von den Eingeborenen Unco genannte klein Gibbonart, die — ein Unikum im Affengeschlecht — statt des wilden Geschreiez und Kreischens anderer Affen melodiöse Taäne hören läßt, die den Reisenden angenehm ins Gehör fielen, namentlich des Morgens, wo sie allerwärts und regelmäßig gehört wurden. Die Reise des Vor⸗ tragenden nahm ihren Anfang in Siak, dessen Sultan die an ihm bekannte und gerühmte Gastfreundschaft auch Dr. Moszkowski und seinen beiden russischen Begleitern zuwandte. (Der europäischer Bildung teilhaftige Sultan ist leider voriges Jahr gestorben.) Freundlich und gastfrei ist der Vortragende auch überall sonst aufgenommen worden; aber sein Urteil über die aus vielen verschiedenen Rassen zusammengesetzte Bevölkerung Sumatras (3 ½ Millionen) ist dennoch kein günstiges Wentgstens spricht er ihr die Möglichkeit und Fähigkeit ab, sich jemals höher zu enfwickeln als zu dem gegenwärtigen halbwilden Zustande, und zwar ausschließlich auf Grund der Natur des Landes. Man vergegen wärtige sich nur, daß nicht einmal so viel Regen sich über Sumatra ergießt als über Deutschland, daß die Temperaturen jahraus jahrein ziemlich die gleichen bleiben, die Maxima von den Minima sich höchstens um 8—- 10° unterscheiden, daß Tag und Nacht jahraus jahrein gleich lang sind, Dämmerung ganz fehlt, um zu verstehen, daß das Klima einen erschlaffenden Ein⸗ fluß üben und der Mangel an Abryvechflun geisttötend wirken muß. Hierzu kommen die unberechenbaren Elementarschäden, nawentlich durch Wasserfluten, die Gefahren, die vor allem von Tigern und Krokodilen ausgehen, aber auch von den im dichten Wald unerreichbaren Elefanten, Naszhornen und Tapiren, von denen die Felder zerstampft werden, um zu begreifen, daß die Malaien trotz und wegen der reichen Natur, inmitten deren sie leben, ihres Lebens nicht froh werden. Die Nachdenklichen unter den Eingeborenen sind über ihre Ohnmach der Natur ihres Landes gegenüber auch vollständig im klaren und leisten Verzicht auf Versuche, ihre Lebenslage zu verbessern. Die Regenzeit dauert von Oktober bis März, der schlimmste Monat ist der Januar, der heißeste und trockenste Monat ist der Juli mit einer Temperatur von 31 — 320 C. In der 12 stündigen Nacht tritt eine nicht erhebliche Abkühlung ein. Zur Regenzeit sen die Vormittage meist regenfrei, um so heftiger stellen sich am Nachmittag zwischen 4—5 Uhr Regengüsse ttn. 8 h
Literatur.
Die sieben Wochentage“ und andere Erzählungen von Adolf Schmitthenner. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. Geb. 3,50 ℳ. — In diesem Buche sind eine Anzahl Novellen, realistische und märchenartige Erzählungen des bekannten, früh ver⸗ storbenen Heidelberger Stadtpfarrers vereinigt, die größtenteils schon veröffentlicht worden waren, aber zumeist an Stellen, wo sie bald dem Publikum unzugänglich geworden wären. Die Sammlung gibt von der Persönlichkeit des Dichters ein vollständiges, abgerundetes Bild. Den Meister der dramatisch bewegten, in knappem Rahmen ein anschauliches Zeitbild gebenden historischen Novelle zeigen die beiden ersten Erzählungen des Bandes: „Die Frühglocke“ und „Ein rasches Ende“, von denen die erste auf dem Schauplatze spielt, den Schmitthenner so sehr geliebt hat, im alten Heidelberg der kurpfälzischen Zeit, und durch ihren glücklichen Schluß den Leser herzlich erfreut, die zweite eine fesselnde Episode aus den französischen Revolutionskriegen schildert. Nach dem tragischen Aus- klang dieser Novelle wirkt doppelt erquickend der behagliche und doch nicht nur harmlose Humor der Idylle im „Pfarrkranz“. Ernstere Töne sind dann wieder in der einfachen, rührenden Geschichte vom „Dickkopf und Peterlein“ angeschlagen, und zu einer düsteren Familien⸗ tragödie wächst die Erzählung Ein Wort' an. Zante, bis zu tiefer Wehmut sich steigernde Empfindung klingt durch die beiden nächsten Arbeiten: „Der Besuch’ und „Helene“; besonders auf der erstgenannten liegt es wie ein Schatten von Vor⸗ ahnung des frühen Endes, das den Dichter hinweg⸗ nehmen sollte. Den schönsten Ausklang endlich bilden die beiden Märchen „Die vier Fichten“ (bisher unveröffentlicht) und „Die sieben Wochentage’. Das Märchen von den „Sieben Wochentagen“, nach dem der ganze Band benannt worden ist, gehört zu dem Besten, das auf dem Gebiete des Märchens einem „Kunstdichter“ in unsrer allem Mythischen so fremden Gegenwart gelungen ist. Unerschöpflich an echt poetischen, originellen und dabei ganz volkstümlichen Einzelzügen, bewundernswert in dem kunstvoll verschlungenen Aufbau, ist das Märchen als Ganzes eine tiefsinnig⸗liebliche Symbolisierung des Gedankens, wie alle Zeitlichkeit aus dem Schoße des Ewigen emporsteigt, um wieder in ihm zu versinken. Dieser Gedanke aber ist ganz in der „Handlung“ des Märchens aufgelöst, ganz Poesie ge⸗ worden. “
Land⸗ und Forstwirtschaft
Saatenstand in Ungarn. 8
Nach dem amtlichen Bericht des ungarischen Ackerbaum inisteriums vom 1. Juli wird der voraussichtliche Ertrag von Weizen auf 34,20, von Roggen auf 11,50, von Gerste auf 14,18 und von Hafer auf 12,64 gegen 41,42, 12,19, 12,26 und 10,18 Millionen Meterzentner im Vorjahre geschätzt. B 1
Rost und Brand traten sporadisch auf; Rostschäden zeigen sich nicht nur am Halm, sondern auch an der Aehre. Auch an den Sommerhalmfrüchten zeigen sich Rostflecken vornehmlich an der Gerste, welche einigen Rückschritt aufweist. Die üppigen und dichten Saaten haben sich zumeist gelegt und man befürchtet, daß die Körnerbildung mangelhast sein wird. Hafer hält sich sehr gut, aber auch er wurde vom Rost nicht verschont. Insekten richten sowohl in Winter⸗ als auch in Sommersaaten sporadisch un⸗ bedentenden Schaden an. Die Hackfrüchte, Gartengewächse und Krautarten stehen im Landesdurchschnitte nur
ut, werden die Feldarbeiten infolge der fortwährenden Regengüsse