1909 / 157 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Jul 1909 18:00:01 GMT) scan diff

gering

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

niedrigster

26

höchster

niedrigster

ℳ6

höchster

niedrigster

höchster

Verkaufte Menge

Doppelzentner

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1 nach überschläglicher Schätzung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)

. Peemhhen

für 8 1 Doppel⸗ aüns. zentner preis

Verkaufs⸗ wert

Eq.“ Memmingen I1ö“ Waldsee i. Wrttg.. Pfullendorrert . Allenstein.. Goldap.. Thorn... Schneidemühl Breslau.

Freiburg i. Schl.

Glogau . Neufladt O.⸗Schl.

annover.. dogs .Iö“ ö11““

111““ Memmingen. Schwerin i. Mecklb.. Neubrandenburg Saargemünd.

aaaassssuaussssesau ususa b8-

2 8 2 82 . 2 . 2* 2. . 8. . —— e. 2* 2. . 2 „* 25 2₰ 2. . .„ . *. 2. 2. * 2 . 2 ⸗. 2 . 2 2 . . 2 „v * .

Allenstein.. Goldapg. Thorn . Schneidemühl. Breslau. Freiburg i. Schl.

G Braugers Futtergerf

Rlat

Neustadt O.⸗Schl. annover 2 chwerin i. Mecklbg. 8.

Neubrandenburg...

uaasassasaaaaa2

Allenstein . Goldapg vEin88. Schneidemühl. Breslau.. Melburg i. Schl. E1ö11“ Glogau . Neuftadt O.⸗Schl. Lo agen i. W.. OEE11““ I111I11I1“ Pritkh.. .. Memmingen. Schwabmünchen Waldsee i. Wrtts. Schwerin i. Mecklbg Neubrandenburg..

Die verkaufte Menge wird auf voll

6.

Bemerkungen.

Ein liegender Strich ([—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,

Berlin, den 7. Juli 1909.

29,00 2710

17,50 18,30

18,40 17,40 18,30 17,50

18,00 17,60 18,50

Doppelzentner und der Verkaufswert auf v. daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist,

29,00 27,10

17,50 18,30

18,40 18,30 18,50 18,00

18,40 17,80 18,50

*

Kernen (euthülster Spelz, Dinkel, Fesen).

27,60 29,10 28,00 27,26 27,30

18,50 18,50 18,40 18,60 18,40 18,60 18,50 18,40 18,50 18,00 19,00

19,00 18,20 18,50

18,50

15,75 16,50 15.80 17,70 14,40 18,30 15,60 18,00 16,80 16,00 18,00

27,60 29,10 28,00 27,26 27,60

18,50 18,50 18,60 18,60 18,80 19,00 18,50 18,40 18,90 18,60 19,00

19,00 18,20 19,00

18,50

8 15,75 16,50 15,80 17,70 14,70 18,60 15,90 18,00 17,30 17,00

Roggen.

27,80 29,20

27 60

19,50 18,70 18,70 18,80 18,90 19,10 19,00 18,80 19,00 18,90 19,50 20,62 20,00

19,00 19,30 19,50

erste.

Hafer.

18,00

16,40 18,00 14,80 18,70

16,00

18,50

17,40

19,00

18,00

20,80 18,00 19,40 20,00

21,80 19,75 21,00 18,70 22,00 22,32 20,60

20,00 20,40

27,80 29,20

27,60

19,50 18,70 18,90 18,80 19,50 19,30 19,50 18,80 19,40 19,10 19,50 20,62 20,00 19,50 19,30 19,50

18,00

16.40 18,00 15,00 19,00 16,20 19,00 18,00 20,00

18,00

20,80 18,00 19,50 20,00 20,00 20,50 19,00 20,00 19,40 22,00 19,75 21,00 18,70 22,00 22,32 20,60

20,25 20,40

olle Mark abgerundet mit

Kaiserliches Statistisches Amt.

J. P.: Dr. Zacher.

8 8

17,87 19,35 19,80

19,38 19,60

19,86 19,92 18,70 18,90

21,00 20,00 17,20 17,20 21,96 21,31

20,40 19,80 20,30 19,60

20,40 20,33

1 000

eteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. 85 Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremde

Börsenplätzen

für die Woche vom 28. Juni bis 3. Juli 1909

nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche.

8 1000 kg in Mark.

Renher

—— —ö

8

Berlin.

Roggen, guter, gesunder, mindestens 712 g das 1.

ͤo11*“ Roggen, Pfälter, ru 111““ Weizen, Pfälzer, ru Hafer, ba öö“

eer, amerik., rumän., mittel badi 7. .— adische, zer, m I111” Gerse veiasch⸗ 6665 Wien.

Roggen, Feßier Boden . Welzen, Theis.. . gfer, ungarischer I.. 4 erste, sovakische.. 8 Mais, ungarischer 3

Buda Mittelware

e st.

Roggen,

Odessa.

Roggen, 71 bis 72 kg das hll.. Wöüben Ulka, 75 bis 76 kg das hl.

1 (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Weizen

Weitze

Weizen Hafer

Roggen Weizen Mais Gerste

Weiten

Roggen, 71 bis Weizen, 78

Donau Ode

Kurrach

Sbesss Nr.

Riga.

Paris.

Antwerpe , mittel.

2 2. 2

ee 0⁴ 2 .

Kalkutta Nr. 2. Australier.

Amsterdam.

Asow ge Od

La P

La Plata. .. ..

amerikanischer a Plata.

bb6656

etersburger.

bunt

London.

e a 90 9 2 90 2 0 9 Bessteze Winter⸗ l

0 6 9 6 900 9 0

n.

lieferbare Ware des laufenden Monats

. 2*

englisches Getreide,

vFtz roter Winter⸗ Nr. Manitoba Nr. 2

La Pl.

884,0 JI

Kurrachee..

I Australter Hafer, englischer weißer.

Gerste, Futter⸗

2

. amer

2 2 ²

Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)

Liverpool.

.,.·.“—“

151,45 191,50

142,38 214,91

212,71 212,31

212,55 191,28 197,35 215,55

147,40 154,65 218,49 232,58 135,32 124/,33

212,35 204,52

200,27 155,87 153,02

208,42

212,64 209,13

211,23 173,15

Mais amexikan., bunt La Plata, gelber..

Chicago. L“ september

Dezember.

Neu York. roter Winter⸗ Nr. 2, 8 4

Lieferungsware]/¶ September Dezember.

Mais 9 Juli Buenos Aires. Weizen

Menn Durchschnittware....

¹) Angaben liegen nicht vor.

AAmIr6ö66“

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner er. duktenbörse = 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsätzen an 196 Marktorten des Köͤnigreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. ngefes: 1 Bushel Weizen = 60, 1 ü. Mais = 56 Pfund englisch. 1 Pfund enalisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen

„Mais = 2000 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchentlichen Huegscnichweglchare an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, 8. London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und

en 81 die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die ders au Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Peelse in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie. Berlin, den 7. Juli 1909.

Weizen, Lieferungsware Mais 8

Weizen

Kaiserliches Statistisches Amt. J —: Dr. Zacher.

1““

Deutscher Reichstag. 276. Sitzung vom 6. Juli 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Entwurfs eines Fe. betreffend die zollwidrige Ver⸗ wendung von Gerste.

Ueber den Anfang der Sitzung Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Hufnagel (dkons.): Ueber die Gründe für das Zurückgehen der Einfuhr an Malzgerste und das Steigen der Einfuhr von Futter⸗ erste kann man im Zweifel sein. Man kann sagen, diese Aenderung bringen die Verhältnisse mit sich, näher liegt doch aber sicherlich der Schluß, daß sehr viel Futtergerste als Malzgerste verwendet wird. Vor dem Gesetz kann sich doch nur der unreelle Handel fürchten. Ich hätte es sogar gern gesehen, wenn es erweitert und die Bestimmungen noch etwas strikter und exakter gefaßt worden wären. In einer hier vorliegenden landwirtschaftlichen Zeitung wird auseinandergesetzt, daß die Färbung mit Eosin ganz ohne Nachteil vor sich gehen kann. Wenn die Tiere einmal ein Futtermittel angenommen haben, so ist ar nicht daran zu denken, daß sie es später nicht mehr nehmen. Hie Großbrauereien haben gar keine Viehhaltung, also auch keine Veranlassung, Futtergerste zu kaufen. Bei den kleinen Betrieben ist die 1v leicht auszuüben. Wir empfehlen das Gesetz dringend zur Annahme. 1 Abg. Carstens (fr. Volksp.): Der vorgeschlagene § 1 würde in Wirklichkeit nichts anderes als eine gerade in unserer Zeit ganz und gar nicht zu verantwortende Verschleuderung von Reichsgeldern be⸗ deuten. Wir haben es gar nicht mehr mit dem Entwurf der ver⸗ bündeten Regierungen zu tun, sondern mit einem nach den Intentionen des Abg. Speck und des Zentrums zugeschnittenen Gesetz. In dieser Gestalt halten wir die verschlechterte Vorlage für einen hyperagrarischen Wechselbalg. In der Kommission haben die Regierungen diese heffung in allen Stadien der Beratung als unannehmbar bezeichnet. uch wir wollen betrügerischen Manipulationen keinen Vorschub leisten und haben deshalb gegen den ersten Absatz keine Bedenken. Zwischen dem Brotgewicht und dem Gewicht der Gerste bei der Ver⸗ ollung stellen oft ganz erhebliche Differenzen heraus. Wenn erner auch behauptet wird, das Eosin habe keine schädliche Wirkung auf die Tiere, die mit roter Futtergerste gefüttert werden, so sind die efabrungen darüber noch lange nicht ache lofsen und bedürfen eines längeren Beobachtungszeitraums. Die Gerste hat einen beträchtlichen euch keitsgrad, und der Zusatz von Eosin vermehrt die Gefahr, daß

ist in der gestrigen

e zu schimmeln anfängt. Die Qualität guter Gerste und guten Gersten⸗ brots ist schon an der Naturfarbe der Gerste zu erkennen, beim Zusatz von Eosin geht diese Möglichkeit verloren. Das Verlangen in Abs. 2

eht weit über die Vorlage hinaus, die nur in Zweißelsfällen die Fentlichmochumne vorschreiben wollte. Gerste, die zur Bereitung von Malz ungeeignet ist, gibt es eigentlich gar nicht, also müßte alle zu 1,70 eingehende Gerste gefärbt werden. Das würde einen flagranten Verstoß gegen die Handelsverträge bedeuten. Nützen könnte die Maßregel nur einem ganz kleinen Teil der Landwirtschaft, den wenigen Gerste⸗Agrariern. Sind Sie (rechts) denn schon so weit, daß Sie allein die Gesetze machen, daß Sie die Er⸗ klärung der Regierung gar nicht mehr beachten? Haben Sie doch Mitleid mit der Regierung, oder haben Sie wenigstens Respekt vor dem Auslande.

Direktor im Reichsschatzamt Kühn: Bei der Regierungsvorlage handelte es sich nicht um eine Maßnahme im Se nteresse, sondern lediglich um die Ausfüllung einer Lücke. Nach der Begründung zum Entwurf war es möglich und wahrscheinlich, daß eine Umgehung des Zolles vorhanden war; dem mußte entgegengetreten werden. Die Vorlage sollte auch ein Werk des Friedens sein und die große Streit⸗ frage, was Malzgerste sei, aus der Welt schaffen. Wir sind gebunden an das praktisch Durchführbare und das nach den bestehenden Ver⸗ trägen Zulässige. Wie schwer eine allgemeine Zwangsfärbung durch⸗ zuführen wäre, ist in der Kommission dargelegt worden. Die ver⸗ hündeten Regierungen halten das Verlangen, welches in dem Absatz 2 des § 1 liegt, mit den bestehenden Verträgen für nicht vereinbar und würden einem Gesetz, in dem dieser Absatz stände, ihre Zustimmung nicht geben können.

Abg. Vogt⸗Hall (wirtsch. Vgg.) bestreitet den Abgg. Stolle und Carstens, daß die Vorlage der kleinen Landwirtschaft eine schwere Schäbigung zufügen würde. Die Hoffnung, daß die Regierung viel⸗ leicht doch noch dem Kommissionsbeschluß zustimme, wolle er nicht aufgeben. Daß der Abg. Stolle so unangenehm berührt ist, bemerkt der Redner weiter, weil die Regierung endlich dem Drängen des Reichstags nachgegeben und dieses Gesetz vorgelegt hat, kann ich nicht verstehen, denn gerade die Partei des Abg. Stolle hält doch immer darauf, daß die Regierung den Beschlüssen des Reichstags Fag⸗ leiste. Mit bedeutender Mehrheit hat der Reichstag eine Resolution auf Vorlegung eines solchen Gesetzes angenommen, und auch die National⸗ liberalen sind damals dafür gewesen. Die Kosten der Färbung mit Eosin würden nur 5 für den Zentner betragen. Der geringe Wasserzusatz von 0,2 % kann nicht als gefährlich für die Gerste angesehen werden. Wenn die Freisinnigen diese Sache als Agitations⸗ mittel benutzen und dem Brauer sagen wollen, daß Gerste, die zum Zollsatz von 1,30 eingeführt ist, als Braugerste verwendet wird, so können sie was erleben. In der zweiten Lesung werden wir der Kom⸗ missionsfassung zustimmen.

Abg. Gothein (fr. Pgg.): Ich bin erstaunt, 2 der Abg. Speck, als er aufgerufen werden sollte, sich von der Rednerliste streichen ließ; er scheint das letzte Wort haben zu wollen. Der Abg. Graf Kanitz be⸗ hauptete neulich, ich sei an der ganzen Differenzierung des Gerstenzolles und an diesem ganzen Unglück schuld, da ich seinerzeit dafür gestimmt hätte. Das ist eine seiner Legendenbildungen, denn ich habe weder für den

olltarif noch für den russischen Handelsvertrag gestimmt.

ie Vorlage bedeutet eine Abänderung des Zolltarifgesetzes und widerspricht dem Grundsatz, daß, was einmal ver⸗ zollt ist, dem freien Verkehr angehört, so daß jeder damit machen kann, was er will. Wenn diese grundlegende Be⸗ stimmung des Zolltarifgesetzes durch ein solches Gelegenheitsgesetz abgeändert wird, so verstößt das gegen reu und Glauben. Wenn ich sage, daß das Ausland darin eine Verletzung von Treu und Glauben sehen kann, so vertrete ich nicht das Ausland, sondern gerade das deutsche Vaterland und das Ansehen des Deutschen Reiches. Die Begründung der Vorlage sagt klipp und klar, daß sich die Be⸗ schwerden über die Verwendung von als Futtergerste eingeführter Gerste zu Brauzwecken nicht als begründet erwiesen hätten; die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist also absolut nicht nachgewiesen. Nun, wir haben in den letzten Wochen ja manches an Umfall erlebt bei den verbündeten Regierungen. Wir können nur mit dem Wort des Dichters von ihnen sagen: Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten. Der Abg. Vogt meinte, wir sollten uns freuen, daß die Regierung den Wünschen des Reichstages nachkommt. Es ist nur merkwürdig, daß die Regierung nur agrarischen Wünschen nachkommt. Die Streitfrage, was Malz⸗ und andere Gerste ist, braucht nicht erst durch dieses Gesetz entschieden mu werden; dazu gibt schon der russische Handelsvertrag eine Handhabe; ob dies eine gute Handhabe ist, ist eine andere rage, das neue Gesetz wird jedenfalls keine bessere Handhabe bieten. ieser Gesetzentwurf ist ein untaugliches Mittel an untauglichen Objekten. Im allgemeinen können die verbündeten Regierungen zu den Agrariern sagen: Ich habe für euch bereits so viel getan, daß mir für euch zu tun fast nichts mehr übrig bleibt. Allerdings glaube ich in bezug auf die Regierung an keine Unerfüllbarkeit agrarischer Wünsche. Das ist das Allerungesundeste, was es gibt, 8 schließlich eine Regierung, die angeblich uüber den Parteien steht, sich unter die Feetfeen stellt und ihre Forderungen erfüllt. Die Herren vom neuen ranntweinblock hätten alle Ursache, aus den Kulissen heraus⸗ zutreten und vor dem Volke die Verantwortung zu tragen, also selbst die Regierung zu übernehmen. Wir wollen dafür sorgen, daß sie diese Verantwortung auch bei den Neuwahlen übernehmen.

Inzwischen ist folgender Antrag Semler und Genossen eingegangen: Dem § 1 Absatz 2 zußufügen: „oder daß sie zu Brenn⸗ oder Futterzwecken verwendet wird“.

Direktor im Reichsschatzamt Kühn: Wir haben bereitwillig den In⸗ teressenten Proben in genügender Menge zur Verfügung gestellt, und die darüber uns zugegangenen Berichte lauten günstig. Die angeblichen Wider⸗ sprüche in der Velrüedung der Vorlage bestehen tatsächlich nicht. Seit der Einbringung des Entwurfes sind weitere Erfahrungen gemacht, die die ursprüngliche Annahme der Regierung bestätigen. Eine vorsorgende Verwaltung hat Umgehungen des Gesetzes vorzubeugen, auch wenn sie noch nicht stattgefunden haben. Die allgemeinen Ausführungen des Vorredners zum Schluß stehen mit diesem Spezialgesetz doch in keiner Beziehung. Schon im März 1208 ist die Einbringung der Vorlage angekündigt worden. Wenn der Abg. Gothein angedeutet hat, die verbündeten Regierungen dürften doch vielleicht bis zur dritten Lesung in diesem Punkte noch umfallen, so würde ich glauben, den ver⸗ bündeten Regierungen zu nahe zu treten, wenn ich auf diesen Vorwurf noch antwortete.

Abg. Speck (Zentr.): Die Frage, ob Gerste, die zu Brennzwecken verwendet werden soll, in jedem Falle den höheren Zollsatz zu zahlen hat, ist bereits vom Reichstage in bejahendem Sinne entschieden. Die niedrige Verzollung der zur Herstellung von Malzkaffee bestimmten Gerste bedeutet eine Verschlechterung des bestehenden Zollschutzes für die Inlandsgerste. Die Tendenz der Schutzzollpolitik ist es doch, möglichst das Inlandsfabrikat vor dem ausländischen zu bevorzugen. Im eeenepkange znit der Erhöhung des Kaffeezolls wird diese Begünstigung des Malzkaffees eine weitere Abwanderung vom Kaffee⸗ zum Surrogatgenuß zur Folge haben. Auch mit Oesterreich haben wir einen Handelsvertrag, dem wir die Treue zu wahren haben. Die österreichischen Gersteproduzenten, die nach Deutschland exportieren, haben einen gerechten Anspruch darauf, daß nicht durch eine ungenügende Zollgesetzgebung bei uns die Einfuhr russischer Futtergerste begünstigt wird. Das Gesetz hat keinerlei agrarische Tendenz, es soll lediglich die mißbräuchliche Verwendung der niedrig verzollten Gerste unter Strafe gestellt werden. Nicht nur für die Gerste bauende, sondern auch für die Gerste konsumierende Landwirtschaft hat das Gesetz den allergrößten Wert.

Vizepräsident Paasche teilt mit, daß ein Antrag auf Schluß der Debatte eingegangen ist.

Schlaegebänger (Soz.) beantragt namentliche Abstimmung über den ußantrag.

Abg. Dr. Semler (nl.): In diesem Augenblick war der Abg. Graf Carmer bei mir und teilte mir mit, wenn ich zu dem von mir ge⸗ stellten Antrage nur 5 Minuten sprechen wolle, so sollte der Schluß⸗ antrag jetzt noch nicht gestellt werden. Ich kann nur annehmen, daß die Herren vom Zentrum dazu die Hand nicht bieten werden. Es wird auf diese Weise die Redefreiheit unterbunden.

Abg. Got hein (fr. Vgg.): Ich stelle fest, daß dieselbe Mehrheit, die gestern das Gesetz auf die heutige Tagesordnung gebracht hat, jetzt den Schluß der Debatte beantragt.

In namentlicher Abstimmung wird der Schlußantrag mit 184 gegen 149 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. (Pfuirufe links; Vizepräsident Dr. Paasche erklärt diese Rufe für unparlamentarisch.)

Abg. Dr. Semler (nl.) bemerkt persönlich: Ich konstatiere nochmals, da vorhin viele Herren nicht im Saale waren, daß der Abg. Graf Carmer von der konservativen Partei zu mir gekommen und mir mit kurzen Worten erklärt hat, daß die Herren, die den Schlußantrag gestellt haben, mir 5 Minuten Redezeit geben wollten, oder sie müßten den Ssol axteag sofort einbringen. Ich erklärte darauf, ich könnte eine solche Bedingung nicht eingehen. Sollte das bestritten werden, was ich nicht annehmen kann, so bemerke ich, daß der hinter mir sitzende Abg. Prinz Carolath die Feantf Unterhaltung mit angehört hat. Ich konstatiere, daß ich zur eüfgtdicnf eines Antrags meiner ganzen Fraktion das Wort nehmen wollte. (Vizepräsident Paasche: Das kann ich als persönliche Bemerkung nicht gelten lassen. Lebhafte Rufe: Zur Geschäftsordnung!) Dann will ich zur Geschäftsordnung sprechen. (Vizepräsident Bas che. Das ist auch nicht zur Geschäftsordnung, Sie elegenheit, beim nächsten Paragraphen das zu bemerken.) b

bg. Graf von Carmer⸗Osten (kons.): Nachdem sämtliche Parteien zum Wort gekommen waren, hatten wir einen Schlußantrag mit den anderen Parteien verabredet. (Lärm und Zwischenrufe links: Per⸗ sönlich! Vizepräsident Paasche: Das ist etwas anderes; nach⸗ dem der Abg. Semler den Abg. Grafen Carmer angegriffen hat, kann dieser eine persönliche Bemerkung machen.) Darauf wurde mir vom Präsidium mitgeteilt, daß der Abg. Semler sich gemeldet habe, um seinen Antrag zu begründen. Da ich hörte, daß der nächste Redner, der Abg. Dr. Hahn, von unserer Partei sei, bin ich zu dem Abg. Semler gegangen und habe ihm gesagt, der nächste Redner sei von unserer Partei, wir seien aber bereit, dem Abg. Semler den Platz einzuräumen zur Begründung seines Antrages, wenn er nicht zu lange sprechen wolle, und ich habe gesagt 5 Minuten.

Abg. Dr. Semler (nl.): Damit wird also bestätigt, daß die Bemerkung von den 5 Minuten gemacht ist. war ich aber gemeldet, denn lange vorher hatte der Abg. Dr. Hahn sich hinter den Abg. Südekum in der Rednerliste umschreiben lassen. Ich habe die Rednerliste selber gesehen.

Vizepräsident Dr. Paasche: Der Abg. Hahn sagte mir, er wolle noch nicht reden, und ließ sich hinter den Abg. Südekum einschreiben. Davon habe ich dem Abg. Semler Kenntnis gegeben.

Abg. Graf von Carmer (kons.): Ich konstatiere, daß ich dem Abg. Semler gesagt habe, das nächste Wort hätte ein Abgeordneler unserer Partei. Ich hatte das so gehört, habe dann aber gehört, daß der Abg. Dr. Semler sich zum Wort üenede hat. Ich kann das nur konstatieren und kann ebenfalls den Prinzen Carolath zum Zeugen dafür anrufen. Wenn der Abg. Semler darüber so erregt war und das nicht gehört hat, so bedauere ich das. Es ist genau so gewesen. Die „fün ö werden oft genug gebraucht, sind aber nicht so buchstäbli zu nehmen.

Abg. Dr. Hahn e; Ich stelle fest, daß die Ausführungen des Abg. Grafen Carmer, soweit sie meine Person betreffen, voll⸗ kommen zutreffen. Ich bin, ohne dem Abg. Grafen Carmer oder jemandem etwas zu sagen, zum Präsidenten gegangen und habe ihn

ebeten, mir einen späteren Platz in der Rednerliste zu geben. Das aben Sie alle schon öfter getan, und ich sehe nicht ein, warum man das nicht tun soll.

Vizepräsident Paasche: Daß der Abg. Graf Carmer in gutem Glauben gehandelt hat, hat niemand hhnae. Der Abg. Hahn ist zu mir gekommen, und ich habe ihn hinter den Abg. Südekum ein⸗ schreiben lassen; dem Abg. Semler habe ich dann gesagt, er sei der nächste Redner, das ist der Vorgang gewesen.

Abg. Dr. Semler (nl.): Ich konstatiere, daß ich mir eine Be⸗ dingung über eine Redezeit nie und nimmer gefallen lassen würde.

In der Abstimmung wird sodann auf Antrag des Abg. Speck der Antrag Dr. Semler in folgender Fassung an⸗ enommen: „oder daß sie zu Brennzwecken verwendet wird“.

eber den so veränderten § 1 wird wiederum namentlich ab⸗ gestimmt.

§ 1 wird in so veränderter Fassung in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 255 gegen 85 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung angenommen.

Nach § 2 macht sich der Zolldefraudation schuldig, wer es unternimmt, gegen die Vorschriften des § 1 zu handeln. Die Geldstrafe beträgt mindestens 50 für jeden einzelnen Fall; kann der Betrag der vorenthaltenen Abgabe nicht fest⸗ gestellt werden, so ist auf Geldstrafe von 50 bis 5000 zu erkennen.

Abg. Stolle (Soz.) verwahrt sich gegen den ihm vorhin gemachten Vorwurf, er habe sich zum Vertreter des Auslandes aufgeworfen, und trägt eine Liste von Reichstagsbeschlüssen vor, die von den ver⸗

aben

Als der nächste Redner

bündeten Regierungen nicht berücksichtigt worden seien, während hier bei der Gerste wie bei allen ggrarischen Forderupoe⸗ die Regierung sich der Rechten und dem Zentrum geborsam unterwerfe. ie kann man bei dieser Finanzklemme 2 Millionen so leichtfertig zum Fenster hinauswerfen! Der Abg. Dr. Semler hätte den verbündeten Re⸗ gierungen sehr beweiskräftige Belege über die Ungenießbarkeit und Unverwendbarkeit gefärbter Gerste vortragen können, die die Mehrheit ihm vorzubringen unmöglich gemacht habe. Die Annahme der Vor⸗ lage bedeutet nichts anderes, als dem ganzen deutschen Zollbeamten⸗ stande den Vorwurf der Unredlichkeit bei der Zollbehandlung der Gerste zu machen.

Direktor im Reichsschatzamt Kühne: Es liegt kein Vorwurf für die Zollbeamten darin, wenn gesagt wird, die Hinterziehung von Gerstenzoll sei wahrscheinlich. Die Kosten für die Denaturierung hat die Wareneinfuhr nicht zu tragen.

§ 2 wird angenommen, ebenso die 3 und 4 ohne Debatte nach den Kommissionsbeschlüssen.

Nach § 5 soll das Gesetz am 1. September 1909 i Kraft treten. 24

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Wir beantragen den Zusatz „Gleichzeitig treten die Bestimmungen des Zolltarifgesetzes übe die Getreideeinfuhrscheine außer Kraft.“ Die Herren gedachten hie so ganz nebenbei, gewissermaßen zwischen Tür und Angel, einen kleinen Extraprofit einzuheimsen. Vorläufig ist die Finanzreform nach dem Willen der neuen Mehrheit noch nicht abgeschlossen; einst weilen sind bloß die einzelstaatlichen Finanzminister wiedergekommen Die Vorlage soll nichts weiter, als den Gerstenpreis im Inland i

die Höhe treiben; sie wird auch Gesetz werden. Das ist mir um s

wahrscheinlicher, nachdem die Regierung sie für unannehmbar erklä⸗ hat, denn wir wissen ja, daß die Regierung immer das annimmt, w sie vorher mit größter Emphase für unannehmbar erklärt hat. Wenn es erlaubt ist, im Sinne der lex Speck an unserem Zolltarifgese etwas zu ändern, so muß es auch uns erlaubt sein, dies zu tun durch unseren Antrag auf Beseitigung der Einfuhrscheine im Interesse der überwiegenden Mehrheit des Volkes. Ich bitte Sie, unseren Fntra einstimmig anzunehmen, auch zum Besten der deutschen Vieh⸗ altung.

Abg. Dr. Heim (Zentr.): Gewiß sind unsere Bauern auf Zukauf von Futtermitteln angewiesen, namentlich in den Industrie⸗ gegenden hält sich auch der Arbeiter ein oder zwei Schweine. Es wäre bedauerlich, wenn diesen Leuten das Futtermittel wirklich verteuert würde; aber ich glaube, daß die Herren in ihrer genauen Kenntnis der Landwirtschaft irregehen. Wenn Futter gferste nachgewiesenermaßen zu Brauzwecken verwendet wird, st das bis heute nicht strafbar. Insofern zeigt das Gesetz eine Lücke. Dasselbe gilt auch von der Verwendung der Gerste z Mageetße es wird dazu vorwiegend russische Futtergerste ver⸗ wendet.

Abg. Bassermann (nl.): Ich habe die Erklärung abzugeben daß meine Partei dem Antrage der Sozialdemokraten nicht beistimmen

. Die Angelegenheit der Einfuhrscheine beschäftigt die Kom mission. Es ist eine Denkschrift verlangt, und wir werden die vo der Regierung zugesagten Erhebungen abwarten.

Von sozialdemokratischer Seite ist ein Antrag auf nament⸗ liche Abstimmung über die Anträge zu § 5 eingegangen.

Abg. Carstens (fr. Volksp.): Wir haben selber einen Antra über diesen Gegenstand eingebracht und werden deshalb gegen de sozialdemokratischen Antrag stimmen.

Abg. Dr. Südekum (Soz.) zieht hierauf den Antra auf namentliche Abstimmung zurück. 8 Der Antrag Albrecht wird abgelehnt, § 5 angenommen.

5

Darauf setzt das Haus die Spezialberatung der Gesetz⸗ entwürfe zur Reichsfinanzreform fort.

Die Vorlage, betreffend die Einführung einer Gas⸗ und Elektrizitätssteuer wird ohne jede Debatte in allen ihren Teilen in zweiter Lesung abgelehnt.

Bei der von der Finanzkommission ebenfalls zur Ablehnung Anzeigensteuervorlage weist

Abg. Dietz (Soz.) darauf hin, daß die Anzeigensteuer in erst Linie die kleine und die Fronee treffen würde. Namentlich die Fachpresse würde darunter zu leiden haben, denn sie würde die Steuer nicht abwälzen können. Diese Belastung sei um so ungerechter, als diese Fachpresse eine wichtige Kulturaufgabe erfülle.

Abg. Kreth (dkons.): Ich habe namens meiner Fraktion zu er klären, daß wir es bedauern, daß dieses Gesetz so sang⸗ und klanglos abgelehnt worden ist, ohne daß der Versuch gemacht worden ist, es zurechtzuflicken. Man wird es in weiten Kreisen des Volkes nich verstehen, daß auch die Plakatsteuer abgelehnt ist. Es ist leicht Regierungsvorlagen totzukritisieren, besonders wenn man keine Ersatz vorschläge macht und die von anderer Seite gemachten auch noch be⸗ kämpft. Die Zensur für solches Verhalten ist: Kritik gut, positive Leistungen mangelhaft.

Abg. Dietz (Soz.): Die Regierung hat ausdrücklich erklärt, ein Plakatsteuer ohne Inseratensteuer nehme sie nicht an.

Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Gegen die Plakatsteuer sind auch eine Reihe sachlicher Bedenken geltend zu machen, über die de Abg. Kreth hinweggegangen ist. Gerade eine solche Plakatsteue liefert keinen erheblichen Ertrag und ist eine schwere Benachteiligung der Industrie. Sie ist mit Recht in den Orkus geworfen, und darin wird sie auch bleiben.

Die Vorlage wird darauf einstimmig in ihren einzelnen Teilen abgelehnt.

Zur Geschäftsordnung beantragt der 8

Abg. Graf Westarp (kons.), den nächsten Gegenstand der Tages ordnung (Novelle zum Reichsstempelgesetz) abzusetzen. Es seien Anträge i Vorbereitung, über die Verhandlungen schwebten, deren Ergebnis noch nicht feststehe. 8

Abg. Singer (Soz.): Ich sehe keinen Grund für die Absetzung des Fegenftindes darin, daß die Herren mit der Regierung noch nicht eini

nd, wie sie Der Präsident rügt den Ausdruck als parlamentarisch unzu lässig.) Diese Art Steuermacherei kann vor dem Volke gar nicht genug gebrandmarkt werden. Der Reichstag ist keine beratende Körper⸗ schaft mehr, sondern eine Abstimmungsmaschinerie. Nachdem es einmal feststeht, daß der neue Block nur gesättigt nach Hause geschickt werden kann, wäre es besser, er nähme sich einige Tage Zeit und machte erst die ganze Geschichte fertig. Das Volk draußen hat schon längst die Meinung, daß hier die parlamentarischen Geschäft abgewickelt werden nach der Moral der Roßtäuscherei. (Prä sident Graf zu Stolberg: Dieser Ausdruck ist unparlamenta sc. Sie haben ja für die Kotierungssteuer schon die Talonsteuer erfunden. Wenn Sie wollen, daß das Verhalten der Steuermehrheit im Volke noch niedriger eingeschätzt wird, dann fahren Sie nur so fort. Drücken Sie nur immer dem Reichstag den Stempel einer Schacher bude auf. (Der Präsident läutet fortwährend und ruft, als de Lärm sich etwas gelegt hat, den Redner zur Ordnung.)

Das Haus nimmt hierauf den Antrag Graf Westarp gegen die Stimmen der Linken und Nationalliberalen an und wendet ich zur Fortsetzung der Spezialberatung des Gesetzentwurfs etreffend Aenderungen im Finanzwesen, und zwar zu dem von der Finanzkommission vorgeschlagenen Art. VI, betreffend eine Besteuerung der Zündwaren.

Abg. Singer (Soz.) (zur Geschäftsordnung): Um den Herren noch mehr Zeit für ihre anderen Geschäfte mit der Regierung zu geben, beantrage ich jetzt die Vertagung.

Die Vertagung wird gegen die Sozialdemokraten und einige Freisinnige unter großer Heiterkeit abgelehnt.

Nach § 1 des ⸗von der Kommission Entwurfs sollen die Zündwaren einer Zündwarensteuer unterliegen