1909 / 160 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Jul 1909 18:00:01 GMT) scan diff

gering

mittel Verkaufte

Ferahlter Preis für 1 Doppeltentner

Menge

niedrigster 890

höchster

niedrigster, höchster niedrigster, höchster Doppelientner

846

Außerdem wurden Durchschnitts⸗ Um vofigen am Markttage

9 9 Markttage 5Egagralse . nach überschläglicher 1 Doppel⸗ Schätzung verkauft Doppelzentner

jentner dem (Preis unbekannt)

Verkaufs⸗ wert

Liegnitz..

Hildesheim

Ma 1

Crefeld.

Neuß..

EZ““ Saarlouis.. Landshut. 8 . Augsburg 8 3 1 8 1 opfingen. G.“ Mainz.

15,70 21,20 22,00 20,43 20,60

19,80 19,75

Berllin, den 10. Juli 1909.

Noch: Hafer. 19,40 20,00 21,00 8„

22,00

18,00 19,00 17,20 18,70 22,00 22,40 23,40 23,70 21,51 22,04 22,00 22,20 20,00 20,40

20,00

22,00 19,00 18,70 22,60 24,00 22.58 22,60

20,40 28

19,40 20,40

18,00 17,20 21.60 22,70 20,97 21,40 20,00

18,80

15,70 21,40 22,60 20,43 21,20

19,80

20,00 19,75

20,00 8. 20,75 20,75

Kaiserliches Statistisches Amt. J. V.: Dr. Zacher.

22,00 17,20

23,40 20,43 20,97 19,00 20,27

22,00 17,20

23,40 21 82 21,69 20 00 20,12

emerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

in liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

279. Sitzung vom 9. Juli 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die dritte Beratung des Entwurfs eines Vesetes wegen Aenderung des Brau⸗ steuergesetzes.

Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Preußischer Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: Mieene Herren! Zum Art. VII sind vom Herrn Abg. Zehnter

und Genossen drei verschiedene Anträge gestellt worden.

Die ersten beiden Anträge enthalten nur redaktionelle Verbesse⸗ ungen, mit denen wir uns einverstanden erklären können. Eine

materielle Abänderung enthält nur der dritte Antrag, der dahin geht, einen neuen Absatz einzufügen folgenden Inhalts:

Die in § 6 Abs. 2 des Brausteuergesetzes vorgesehene vorüber⸗ gehende Erhöhung der Steuersätze hat auf die Berechnung der Uebergangsabgabe vom Bier keinen Einfluß.

Der Paragraph will also Vorsorge treffen, daß wegen dieser vor⸗ übergehenden Erhöhung der Sätze nicht auch eine erhöhte Uebergangs⸗ abgabe von den süddeutschen Brauereien erfordert wird. Ich kann namens der preußischen Regierung erklären, daß wir materiell mit dieser Regelung einverstanden sind. Nur in formeller Beziehung glauben wir aber, daß diese Regelung nicht durch Gesetz ausgesprochen werden soll. Es bedarf einer solchen Regelung auch nicht, da, wenn Preußen dieser Regelung, die von den süddeutschen Staaten gewünscht wird, zustimmt, schon damit die Majorität im Bundesrate gesichert ist. Ich glaube also, daß den Wünschen der Herren materlell vollkommen Rechnung getragen wird, empfehle aber, von einer Regelung durch das Gesetz abzusehen.

2*

Dr. Zehnter (Zentr.): Da durch diese Erklärung sicher

Abg. estellt ist, daß die vorübergehende Erhöhung der Steuersätze auf die I“ der Uebergangsabgabe keine Wirkung üben wird, ziehen wir den Antrag zurück.

Abg. Dr. Weber (nl.) verzichtet auf das Wort.

Art. VII wird mit mehreren lediglich redaktionellen Amendements der Abgg. Zehnter⸗v. Gamp angenommen.

Präsident Graf zu Stolberg: Da mehrere Verbesserungsanträge angenommen worden sind, kann über die Vorlage insgesamt sofort nur abgestimmt werden, wenn niemand widerspricht.

Abg. Gothein (fr. Vag.) zur Geschäftsordnung: Ich kann nicht zugeben, daß Verbesserungsanträge angenommen sind; es sind Ver⸗ schlechterungsanträge.

In der Gesamtabstimmung wird die Brausteuervorlage in namentlicher Abstimmung mit 204 gegen 160 Stimmen an⸗ Fh die eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt. 8

Es folgt die dritte Lesung des Entwurfs wegen Aenderung des Tabaksteuergesetzes.

Von den Abgg. Kreth, Müller⸗Fulda, Graf Miel⸗ zynsti, Schultz namens der neuen Mehrheit ist eine Reihe zum großen Teil redaktioneller Amendements eingebracht.

Der Abg. Giesberts (Zentr.) hat seinem in zweiter Lesung angenommenen Antrag wegen „Unterstützung geschädigter Arbeiter“ eine andere Fassung gegeben, wonach die innerhalb des ersten Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes vorübergehend oder für längere Zeit arbeitslos werdenden Hausgewerbe⸗ treibenden und Arbeiter bis zu einem Zeitraum von 2 Jahren Unterstützungen erhalten sollen, und zwar aus einem Fonds, der den Einzelstaaten bis zu einem Betrage von 4 Millionen zur Verfügung gestellt wird. Die Unterstützung darf nicht weniger als ¼ des entgangenen Arbeitsverdienstes betragen.

Die Sozialdemokraten wollen auch die berücksichtigt wissen, sie wollen ferner den Ausdruck „Unter⸗ stützungen“ durch „Entschädigungen“ ersetzen, verlangen die An⸗ hörung der Berufsorganisationen des Tabakgewerbes und wollen die Entschädigung, die nicht weniger als der entgangene Arbeitsverdienst betragen darf, allen Arbeitern und Angestellten gewähren, welche innerhalb zweier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes arbeitslos oder geschädigt werden.

Nach dem Antrage Kreth und Genossen soll das Gesetz bezüglich der Aenderung des Zigarettensteuergesetzes am 1. Sep⸗ tember 1909, im übrigen am 15. August 1909 in Kraft treten.

In der Generaldiskussion bemerkt der

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Die Mehrheit sollte doch durch die große Anzahl von Petitionen, die gegen dieses Tabaksteuergesetz ein⸗

egangen sind, stutzig werden. Diese Petitionen kommen aus allen

egenden Deutschlands, sie sind auch keineswegs ein Machwerk des Deutschen Tabakvereins; der Reichskanzler ist schlecht informiert, wenn er in dem Tabakverein die eigentliche Triebfeder für den Widerstand gegen dieses Gesetz sieht. Ein großer Teil der Petitionen ist aus Baden gekommen, aus Versammlungen, in denen entweder der Bürgermeister den Vorsitz führte und der Pfarrer sprach, oder der Pfarrer den Vorsitz führte und der Bürgermeister sprach, und das Zentrum wird 899 wohl nicht behaupten, daß die Pfarrer in Baden im Dienste des Tabakvereins stehen. Mehr als 500 000 Unter⸗ schriften unter den Petitionen sind von Tabakarbeitern gegeben, die Unterstützung für den Fall der Arbeitslosigkeit haben wollen. Es gibt keinen größeren Gegensatz als zwischen dem Tabakverein und dem Tabakarbeiterverein. Durch dieses Gesetz aber 88 die Gegensätze ausgeglichen, weil heide Teile gemeinsam hre Interessen bedroht sehen. Auf diese Weise machen Sie viel⸗

leicht auch einmal ein Gesetz, wobei Hue und Kirdorf zusammenstehen. In der Geschichte der Hohenzollern wird oft gesagt, wie dieser oder jener König Industrie und Handel in seinem Lande gefördert habe, und das ist ruhmreicher als gewonnene Schlachten. Hier aber handelt es 2— um ein kulturfeindliches Gesetz. Frankreich sollte uns ein abschreckendes Beispiel sein. Es bezieht allerdings die nette Summe von 370 Millionen Franken aus dem Tabakmonopol, aber die Produktion ist viel geringer als bei uns. Die Brennereiinteressenten sind natürlich für diese Steuer, denn wenn Unterernährung im Volke eintritt, wächst der Schnapskonsum. Die Regierung bestreitet zwar mit Worten die Möglichkeit des Konsumrückganges, aber aus den Ertragsrechnungen geht doch hervor, daß sie mit einem Rückgang des Tabakverbrauchs von 12 % rechnet, und daz bedeutet 20 000 arbeitslose Arbeiter auf der Landstraße. Die Fahrikanten werden die Steuer zunächst auf den Arbeitslohn abzuwälzen suchen, um die Preissteigerung zu ver⸗ meiden, die sofort eine ach im Konsum verursacht. Daher müßte diese Steuer, wenn es parlamentarisch zulässig wäre, geradezu als korrupt bezeichnet werden. Die Wertsteuer trifft gerade die Kleinfabrikanten am schärfsten, da der kleine Fabrikant den Tabak viel teurer einkauft als der Großfabrikant, und die Steuer na den gezahlten Preisen sich richtet. Zudem schwanken die Preise vielfach im Jahre, und der Groß⸗ fabrikant kann in den Zeiten kaufen, wo die Preise billig sind. Das Monopol, dieses von der Regierung angestrebte Ideal, wird durch die Vorlage sehr gefördert, denn diese wird sehr bald einen roßen Teil der kleinen Existenzen des Tabakgewerbes vernichtet haben.

enn Sie das wollen, sagen Sie es doch gerade heraus! Das ist also die soziale Gerechligkeit, die dem Gesetze zu Grunde liegt: Wer kein Geld hat, soll auch keine Rechte haben. Der Wertzoll auf Tabak ist selbst in den wertzollwütigsten Landen, den Vereinigten Staaten von Amerika, wegen seiner Unvernünftigkeit niemals in Frage gekommen. Glauben Sie, daß Sie einen Mann von Ehre finden werden, der in das famose Prüfungsamt für den Wert von Tabak eintreten wird? Wie immer man das Gesetz ansieht, der große Nachteil für die armen Arbeiter 19 in die Augen. Aber Sie wollen ja ein solches Gesetz annehmen; Sie wollen den Ar⸗ beitern diese Schädigung beibringen. Gestern sprach der Abg. Graf Schwerin von dem PDpfer“ noch 5 Jahre den Zucker teuerer be⸗ zahlen zu müssen; solche „Opfer“ kriegen die Herren fertig, da sind sie „Patrioten’ genug; aber im übrigen müssen die Armen opfern, müssen sie die Liebesgaben in die Taschen der Reichen schaffen; das ist Ihre (nach rechts) Politik.

Abg. Giesberts (Zentr.): Wir haben eine fixe Summe von 4 Millionen in unseren Unterstützungsantrag hineingesetzt, um dem nächsten Bedürfnis genügen zu können; eventuell werden wir im Herbst anderweite Anträge auf Grund der bis dahin gemachten Erfahrungen stellen. Gegen das Verlangen des Verbandes christ⸗ licher Tabakarbeiter, die innerhalb zweier Jahre arbeitslos Ge⸗ wordenen zu berücksichtigen, haben meine Freunde schwere Bedenken. Auch dem Verlangen, den ganzen entgangenen Arbeitsverdienst als Unterstützung zu gewähren, wird leider nicht entsprochen werden können. Daß unter „Arbeitern“ auch Arbeiterinnen verstanden werden, erscheint selbstverständlich, ebenso, daß die Unterstützungen keine Armen⸗ unterstützungen sind. Wenn die Behörden angewiesen werden, arbeits⸗ los werdenden Tabaksarbeitern Beschäftigung zu gewähren, so wird das übrigens viel wirksamer sein als die ganzen Unterstützungen.

Direktor im Reichsschatzamt Kühn: Regierungsseitig wird das Gesetz auch mit der Bestimmung des Antrags Giesberts und auch in seiner nunmehrigen Fassung angenommen werden. In der zweiten Lesung konnte nur eine allgemeine Sympathieerklärung, nicht aber eine bindende Erklärung abgegeben werden. Die Bedenken, die gegen die Einrichtung als solche, die ein vollständiges Novum daistellt, früher von der Regierung geltend gemacht wurden, werden mit Rück⸗ sicht auf den Zweck zurückgestellt.

Abg. Dr. Frank (Soz.): Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich hörte⸗ daß an unserem Antrage das Zentrum „Verbesserungen“ vornehmen wollte. Sie haben keine Verbesserung, sondern eine wesentliche Verschlechterung eingefügt, indem nicht mehr als 4 Millionen für zwei Jahre für den Zweck verwendet werden dürfen. Sie haben nach der Gewohnheit der neuen Mehrheit eine Kontingentierung vorgenommen. Es ist heute verboten worden, den neuen Block so zu nennen, wie er genannt worden ist. Ich glaube aber, daß gegen die Bezeichnung „Kontingentierungsblock“ nichts einzuwenden sein wird. Unser Antrag ist in wesentlichen Punkten aufgebaut auf einer Petition der christlichen Arbeiter. Es ist nicht das erste Mal, daß wir die Interessen der christlichen Arbeiter zu verteidigen haben gegen ihre Freunde. Wir wollen durch unsern Antrag Ihnen ein letztes Mal Gelegenheit geben, zu beweisen, daß Sie für die Arbeiter nicht bloß Worte haben, sondern auch Taten. Ich bin überzeugt, daß die heutige Abstimmung eine Rolle spielen wird bei den nachsten Wahlen. Der Triumph des soztialen Gedankens ist nur möglich, wenn der neue Kontingentierungsblock möglichst bald auf den Sand gesetzt wird.

Abg. Potthoff (fr. Vgg.): Diese Steuervorschläge charak⸗ terisieren sich dadurch, daß die Mehrheit täglich zu ihren eigenen Anträgen Abänderungsanträge und wieder Abänderungsanträge zu den Abänderungsanträgen stellt. Demgegenüber gibt es nur einen Weg: die Steuerwalze so bald wie möglich ablaufen zu lassen, um die Steuermacherei ad absurdum zu führen. Mir hat ein Zentrums⸗ mitglied im Privatgespräch zugegeben, daß die Zentrumspartei reaktionär sei in Wirtschaftsfragen, aber nicht in sozialen Fragen. Das ist ein Widerspruch. Der Antrag Giesberts brachte den organisierten Tabakarbeitern einen Hoffnunggstrahl. Aber der christ⸗ liche Tabakarbeiterverband hatte doch Zweifel und stellte Forderungen auf, die so bescheiden und selbstverständlich sind, daß man nichts dagegen sagen kann. Man hätte erwarten sollen, daß der Abg. Giesberts und nicht die Sozialdemokraten sich diese Anregungen der christlichen Arbeiter angeeignet hätten. Der jetzt vocliegende Zentrumsantrag ist leider eine Verschlechterung der Beschlüsse zweiter Lesung. Wenn wir mit einem Rückgang von 12 % rechnen, so kämen 20 000 Arbeifter für die Entschädigung in Frage. Es entfielen bei vier Miniionen auf jede Familie 200 ℳ, womst selbstverständlich nicht der Ausfall am Verdienst gedeckt werden kann, zumal die hohen Ver⸗

waltungskosten mit vielleicht 1 Million auch noch abgezogen werden.

Wenn die Herren ehrlich sind, sollen sie entweder die 4 Millionen 1 streichen oder Mindestsätze einstellen, damit man draußen weiß, was sie eigentlich wollen. Ich nehme auch an, daß die „Arbeiter“ im 8 weitesten Sinne des Wortes verstanden werden, also auch Werkmeister, Zwischenmeister usw. darunter fallen. Wenn das Wort „Unterstützungen“ nicht durch „Entschädigungen“ ersetzt wird, so bleibt der Verdacht be⸗ stehen, daß die Antragsteller die bedauerliche Beschränkung des Wahl⸗ rechts nicht ungern sehen. Ich bitte dringend, den Verschlechterungs⸗

antrag Giesberts nicht anzunehmen, dagegen dem Verbesserungzantrag

der Sozialdemokraten zuzustimmen. Abg. Giesberts (Zentr.): Eine Kontingentierung soll in der Begrenzung auf 4 Millionen nicht liegen. Es muß eine Summe

festgesetzt werden, um der Regierung die Möglichkeit wie das Recht zu geben, die Unterstützungen zu gewähren, im nächsten Jahr können ch den Etat weitere Mittel bewilligen. In der Petition der christlichen Arbeiter wird von „Unterstützungen“ gesprochen. Es 8 Die Steuerreform ist und Genossen politisch ver⸗ Ich kann diesen Ausspruch nicht

wir dur

handelt sich nicht um Amengnterstäßnngen. gerade von seiten der Abgg. Pottho

giftet. (Vizepräsident Kaempf: als parlamentarisch zulässig bezeichnen.) die anderen kleinen Angestellten betrachtet werden.

Als Arbeiter sollen auch

Antrag an.

Abg. Dr. Stresemann (nl.); Wer die Broschüren des Abg.

Erzberger und seine Ausführungen über indirekte Steuern gelesen hat, wird hinter die Bemerkungen des Abg. Giesberts zwei große Frage⸗ zeichen setzen müssen. In der zweiten Lesung haben wir für den An⸗ trag Giesberts gestimmt. Was inzwischen aus dem Antrag gemacht ist, ist keine Verbesserung, sondern eine Verschlimmbesserung. beantragen, die Worte „bis zum Gesamtbetrage von 4 Millionen“ . streichen. Wir wollen den Regierungen keine Bindung auf⸗ erlegen.

858 gehen oder sie in der Achtung ihrer Mitbürger herabgesetzt werden.

Abg. Dr. Frank (Soz.): Ich spreche dem Abg. Giesberts mein Beileid aus, daß er sich an Arbeiterfreundlichkeit durch den Abg. Strese⸗ mann hat übertreffen lassen. Stellungnahme zur Tabaksteuer sei von der Linken politisch vergiftet.

Gerade die Tabaksteuer ist aber ein Schulbeispiel dafür, wie die Haltung des Zentrums durch politische Rücksichten bestimmt wird, es

hat die Tabaksteuer bewilligt, weil es den Fürsten Bülow los werden

wollte. Der Abg. Giesberts als Vertreter der christlichen Arbeiter,.

organisation sollte andere Sorgen baben als die Frage der Kanzler⸗ schaft. Der Abg. Giesberts fühlt sich stark genug, die Verantwortung zu tragen. Herr Giesberts, wir schätzen Sie als Kollegen, aber nicht als starken Mann. Die Ersetzung des Wortes „Unterstützung“ durch „Entschädigung“ kostet nichts als eine kurze Verständigung mit der Regierung, und darin haben ja die Herren vom Zentrum Uebung. Der Abg. Erzberger hat allerdings an der Beamtenbesoldung mit⸗ gearbeitet, aber die deutschen Beamten wären froh, wenn der Abg, Fesbeer etwas weniger mitgearbeitet hätte.

Abg. Dr. Potthoff (fr. Vgg.): Gesetze müssen wir so formulieren, daß nicht eine Anwendung durch die Verwaltung möglich ist, die dem Willen der Antragsteller widersprechen würde. Entweder nennt man das Ding Unterstützung“, und dann ist es eine Unterstützung durch öffentliche Mittel, oder man nennt es, um das zu vermeiden, „Ent⸗ schädigung“. Daß diese Steuergesetze unabwendbar seien, ist eine Redensart, die man nicht ernst nehmen darf, denn diese Steuern wären abwendbar gewesen. Vergiftet ist die ganze Steuergesetzgebung dadurch, daß man jede vernünftige Besteuerung des Besitzes der Wohlhabenden abgelehnt hat und ein Konglomerat von Steuern für die Besitzlosen beschlossen hat.

Direktor im Reichsschatzamt Kühn: Wegen der laut gewordenen Befürchtungen in bezug auf die Auslegung möchte ich betonen, daß diejenigen, welche auf Grund des Gesetzes eine Unterstützung erhalten, von der Regierung nicht als Personen angesehen werden werden, die eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erhalten.

Damit schließt die Diskussion; die Vorlage wird nach den Beschlüssen zweiter Lesung mit den Anträgen Kreth an⸗

enommen. Bei der Abstimmung über Art. II a (Unter⸗

stützung arbeitslos werdender Arbeiter) wird der Antrag Everling⸗Stresemann auf Ersetzung des Wortes „Unterstützunge durch „Entschädigung“ und auf Streichung der Worte „bis um Gesamtbetrage von 4 Mill. Mark“ in namentlicher Ab⸗ 1. vh mit 226 gegen 139 Stimmen abgelehnt.

Es folgt die Abstimmung über die Anträge Albrecht um Beschlusse zweiter Lesung. Ueber den ersten Antrag, auch ie arbeitslos werdenden „Angestellten“ entschädigungsberechtigt zu erklären, findet ebenfalls ngmentliche Abstimmung statt;

has Ergebnis ist die Ablehnung mit 218 gegen 151 Stimmen. Ein Pfuiruf, der von der äußersten Linken ertönt, wird vom Vizepräsidenten Dr. Paasche scharf gerügt.

Der zweite Antrag Albrecht, die „innerhalb zweier Jahre“ (anstatt „innerhalb des ersten Jahres“) nach Inkraft⸗ treten des Gesetzes arbeitslos werdenden Arbeiter zu entschädigen, wird in namentlicher Abstimmung mit 211 gegen 155 Stimmen verworfen; ein Mitglied enthält sich der Abstimmung. Auch die übrigen Anträge Albrecht werden abgelehnt. Der Antrag Giesberts, der an die Stelle des Art. II a zweiter Lesung treten soll, wird darauf gegen die Linke und die National⸗ liberalen angenommen.

In namentlicher Abstimmung wird darauf der Gesetz⸗ entwurf wegen Aenderung des Tabaksteuergesetzes nach den Beschlüssen der dritten Lesung im ganzen mit 197 gegen 165 Stimmen genehmigt; 6 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung.

Es folgt die dritte Lesung des Entwurfs eines Brannt⸗ weinsteuergesetzes.

8 Hefeerzeugung

wirtschastliche Großgrundbesitzer auf. Stets hat man bisher abgelehnt,

Da die Tabak⸗ steuer einmal unabwendbar ist, so nehmen Sie wenigstens unseren 1

Wir

1 Ferner wollen wir anstalt „Unterstützung“ sagen „Ent⸗ schädigung“, damit nicht etwa politische Rechte den Arbeitern ver⸗

Der Ab. Geesberts meint, die sachliche

gehabt.

eine Sicherung ihrer Existenz zu erwarten hat, daß sie ihn engagiert Dabei bleibe ich.

setzen.

u den Beschlüssen zweiter Lesung liegt eine lange Reihe von Amendements des Abg. Nehbel (dkons.) vor, die größten⸗ teils redaktioneller Natur sind. Die Sozialdemokraten bean⸗ tragen, einen neuen § 149 aufzunehmen, wonach der zehnte Teil des Aufkommens aus diesem Gesetz fähr ich. ur Be⸗ kämpfung der Trunksucht verwendet werden soll. Von der linksliberalen Fraktionsgemeinschaft ist u. a. beantragt, den § 692a (Vergällungspflicht) zu streichen. 1u“

In der Generaldiskussion bemerkt der

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Bei der Ankündigung einer großen umfassenden Reichsfinanzreform rechnete man allgemein mit der Ab⸗ schaffung der Liebesgabe für die Branntweinbrenner. Wenn die Ab⸗ schaffung nicht gelungen ist, so nur deshalb, weil dieses Gesetz von Interessenten gemacht und von Interessenten zur Abstimmung gebracht ist. Die Liebesgabe ist nicht bloß erhalten geblieben, sondern noch durch neue Bestimmungen über den Durchschnittsbrand usw. gesichert worden, die wie eine zweite Mauer um die Kontingentsmauer gezogen sind. Eine gewerbliche Brennerei hat 9,50 ℳ, bei gleichzeitiger 12,50 Belastung des Hektoliters, eine land⸗ wirtschaftliche nur eine Belastung von 4,50 ℳ. Diefe Bevorzugung der landwirtschaftlichen Brennereien prägt dem Gesetz seinen Charakter als Fürsorgegesetz nicht für notleidende, sondern für einflußreiche land⸗

die Namen der Kontingentsempfänger zu nennen; die Regierung will nicht erkennen lassen, welche Grafen, Fürsten, Prinzen, Könige usw. an dieser Liebesgabe beteiligt sind; präsumtiv ist jeder daran beteiligt, der dafür hier im Hause stimmt. Die landwirtschaftlichen Brennereien schließen gegen den jetzigen Zustand noch mit einem Plus ab. Das Schlimmste in diesem Punkte leistet § 69 a (Vergällungs⸗ zwang). Im Zentrum hat man sich bemüht, eine gerechtere Fassung dieser Bestimmung zu schafen. Der Abg Dr. Heim hat sie formuliert, aber als er damit zu den Konservativen kam, wurde ihm gesagt, diese würden lieber das Gesetz und die ganze Reform ab⸗ lehnen, als darauf verzichten. Das ist derselbe Vorgang, der sich bei dem Bürgerlichen Gesetzbuch ereignete. Heute heißt es: Entweder oder Fall des Branntwein⸗ steuergesetzes. Dieses Gesetz ist ein Gesetz der Interessenten, der Spirituszentrale. Großkapitalistische Unternehmungen kaufen sich verbrauchte aktive oder inaktive höhere Beamte, um sich deren Einwirkung nutzbar zu machen. 821 erinnere nur an die Uebernahme des Ministerialdirektors Micke in die Verwaltung der Großen Berliner Straßenbahn. Ich könnte von Admiralen bei Krupp sprechen, deren Beziehungen man braucht. Das sind beklagenswerte Korruptionserscheinungen. Das Parlameyt war bisher davon noch verschont, einen parlamentarischf Direktor hat sich ein großkapltalistisches Unternehmen bisher noch nicht angeschafft. Aber das haben wir jetzt erlebt, venn der Abg. Kreth hat der Meldung nicht widersprochen, daß er als Pögktor der Spirituszentrale angestellt worden ist. Ich stelle fest, daßevis neue Engagement den Abg. Kreth nicht verhindert hat, bei doß efle denden Hestimmmngen für dieses Gesetz zu votieren. Ich hoffe, daß seine Tätigkeit hier küͤnftighin nur eine ephemere sein wird; aber sein Name wird eingegraben sein in die Geschichte des Parlaments. Was unseren Antrag betrifft, so will er die Trunksucht in Deutsch⸗ land bekämpfen, denn ein jeder Trunksüchtige bildet eine soziale Gefahr. Wir wollen nicht mit unserem Antrag eine Abstinenten⸗ bewegung fördern, sondern wir wollen prophylaktisch wirken. Die Beförderung des Verbrauchs an Trinkbranntwein gibt diesem Gesetz seinen besonderen Charakter. Sie tun gut, das Gesetz abzu⸗ lehnen oder wenigstens die Bestimmung anzunehmen, die wir bean⸗

Preußischer Finanzminister Freiherr von Rhein baben:

Meine Herren! Ich beabsichtige nicht, auf die sachlichen Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners einzugehen, aber seine ersten Be⸗ hauptungen nötigen mich zu einem entschiedenen Protest. Er hat eingangs seiner Ausführungen von beklagenswerten Korruptions⸗ erscheinungen gesprochen und hinzugefügt, daß unsere aktive und in⸗ aktive Bureaukratie dem Einfluß des Großkapitalismus unterworfen sei. Gottlob! steht unser Beamtentum zu hoch, um derartige Vor⸗ würfe zu verdienen. (Bravo! Heiterkelt bei den Sozialdemokraten.) Unser Beamtentum ist vollkommen intakt und tut seine Pflicht ohne jede Beziehung zum Großkapital oder zur Großindustrie, und wenn der Herr Vorredner sogar von einem ausgeschiedenen Ministerial⸗ direktor gesprochen hat, der in den Privatdienst übergetreten ist, den ich nur oberflächlich kenne, so überlasse ich dieses Vorgehen der Be⸗ urteilung des hohen Hauses, einen Mann hier anzugreifen, der nicht imstande ist, sich hier zu verteidigen. (Bravo! Unruhe links.)

Abg. Kreth (dkons.): Ich glaube, alle agständigen Menschen auch in diesem Hause, sind daria einig (Vizepräsident scen. s asche: Das dürfen Sie nicht sagen; in diesem Hause nd nur anständige Menschen.) Daß nur ein gemeiner Ehr⸗ abschneider (Fortgesetzter großer Lärm links, in dem die Worte des Redners verloren gehen.) Ich kann die Herren beruhigen; ich bin vom 1. Oktober ab in die Verwaltung der Spirituszentrale gewählt, ich habe aber davon, wie das Gesetz gestaltet wird, persönlich nicht den geringsten Vorteil, es ist ganz gleichgültig, ob Sie das Gesetz annehmen, oder wie Sie es gestalten. Ich habe mich üͤber⸗ haupt an der Beratung dieses Gesetzes so wenig wie möglich beteiligt. Wenn Sie aber alle Personen, die irgendwie Vertreter von Interessen⸗ vertretungen sind, vom Stimmrecht ausschließen wollen, so möchte ich wissen, wie viele von Ihnen (zu den Sozialdemokraten) noch mit⸗ stimmen würden, denn Sie sind ja zum großen Teil besoldete Ver⸗ kreten denmaabecgrf ,a Stolb räsident Graf zu Stolberg: Ich bitte Sie, Abgeordnete ni als besoldet zu bezeichnen. 8 3 Abg. Kreth (dkons.): Als ich aber ein Besoldeter des Spiritus⸗ ringes genannt wurde, habe ich nicht den Schutz des Präsidenten

Präsident Graf zu Stolberg: Wenn ich das gehört hätte hätte ich Sie dagegen in Schutz Uöng aittn 9 ö.“ Abg. Kretb (dkons.): Wenn hier einer solche Vorwürfe gegen mich erhebt, der nach seiner 585 Vorbildung wissen muß, daß er in dem Bewußtsein spricht, daß er draußen nicht zu vertreten braucht, was er hier sagt, so muß ich das, selbst wenn ich von dem Präsidenten rektifiiet vs 85 v räsident Graf zu olberg: Der Ausdruck „erbä 8 ist 25 ve .. (e B Fen g. Dr. Südekum (Soz): Nach meinem Empfinden ehört der Abg. Kreth, nachdem er das hier zugegeben hat, vnninageheort mehr hierher. Ich habe nicht gesagt, daß der Abg. Kreth gerade aus diesem Gesetz Vorteil hat, sondern, daß die Spirituszentrale davon

und daß er für dieses Gesetz zu votieren den guten Geschmack hat.

Präsident Graf zu Stolberg: Sie dürfen einem Abgeord⸗ neten nicht vorwerfen, daß er aus anderen Gründen als nach seiner Ueberzeugung stimmt.

Damit schließt die Generaldiskussion.

In der Spezialdiskussion wird § 1 ohne De atte an⸗

genommen.

Zum § 2 (Verbrauchsabgabe) beantragen die Abgg. Bassermann (nl.) u. Gen., die Verbrauchsabgabe für den Kontingentspiritus auf 1,10 ℳ, vom 1. Oktober 1912 ab auf 1,15 und vom 1. Oktober 1915 ab auf 1,18 und die Verbrauchsabgabe für den außerhalb des Kontingents her⸗ gestellten Spiritus auf 1,30 für das Liter Alkohol festzu⸗

zweiter Lesung mit den Anträgen Nehbel ohne weitere Dis⸗

die Mehrheit gegen den Antrag stimme. Auf den lebhaften Widerspruch der Linken, der sich darauf stützt, a nrecbhesten lich die Zentrumsreihen Luͤcken aufweisen, nimmt der Präsident die Gegenprobe vor und erklärt danach die Abstimmung für zweifelhaft. Bei der Auszählung wird der Antrag Bassermann mit 217 gegen 134 Stimmen abgelehnt. § 2 wird unverändert (Abfind 8 u 8 ndungsbrennereien) haben die Abagg. Bassermann, Dr. Weber u. Gen. die 5 Höchstgrenze für die Zulassung von 30 auf 50 hl beantragt. ie namentliche Abstimmung hierüber ergibt die Ablehnung P.e ca⸗ nnüt gegen 148 Fkimmen. Die Anträge n zu wegen weiterer äßi iebs⸗ aäßtg hpaahs kwechn ßigung der Betriebs ach 8 werden aus den Einnahmen an Betriebsauf⸗ lage und dem dadurch 1nge Geldbestande Luf⸗ Uüngen fun volfennasg v für den mit anderen a ig unvollständig vergällten ü ü brnoiden Müghn g verg und für ausgeführten Z tb besagt: Der Bundesrat wird ermächtigt ür Branntwein, der zur Herstellung von Bleiweiß n etesa fer Salzen mit einem anderen Mittel als Essig unvollständig ver⸗ ällt wird, den Vergütungssatz für vollständig vergällten Kezefn. 59 b er Abg. Nehbel (kons.) beantragt eine andere Fassun . wonach diese Ermächtigung auch gelten soll bei der 2 8 und S Nnhr oder Rüaech hergestelltem ein in Flaschen bis zu einem Lit ä 8 9 ““ z er oder in Fässern qin Antrag Ablaß (fr. Volksp.) geht dahin, in §8 54 die Worte „mit anderen Mitteln als fsgeh zu hiene in 8 Ein Antrag Bas sermann (nl.) bezweckt das gleiche. Die Diskussion wird ausgedehnt auf § 107, worin nach Beschluß zweiter Lesung der Holzessigsäure und aus essigsauren Salzen hergestellten Essigsäure eine Verbrauchsabgabe von 24 ir dag Aedehfatgin Hüferlegt ist. 65 Antrag Nehbel will atz au erhöhen, ein Antrag i 17 E“ ““ Abg. Haugmann (nl.) befürwortet den Ant 1 1 zu § 54. Die Essiakabrikation stleze ohnehim schieche dürfe einen solchen Erwerbszweig nicht dem Ruin reisgeben. Abg. Schweickhardt (Südd. Volkep.) spricht sich zu Gunsten des Antrages aus, besonders im Interesse der süddeutschen Essig⸗

fabrikanten. Abg. Freiber von Gamp (Rp.): In Anerkennung der schwierigen

Lage der Essigfabrikanten haben wir im § 107 nicht de

zweiten Lesung aufrecht erhalten, sondern eine dh zen Beschla 85

brauchsabgabe für den Holzessig von 24 auf 30 vorgeschlagen.

Damit hoffen wir einen Ausgleich geschaffen zu haben. Wenn man

die Belastung für Holzessig angemessen normiert, liegt ein Bedürfnis

8G * vbegünstigung den Finnob. n0g hicht vor. Die Vorredner

önnten ens eine Erhöhung der Holzessigsteuer p lagen,

im Hause manche Sympathien finden würde. 1 ee Die Anträge Nehbel werden angenommen.

Den § 69a (Vergällungspflicht) beantragen die Abgg. Ablaß und Genossen zu streichen, Abg. Bassermann E event. eine andere Fassung einführen, die auch die unvoll⸗ ständige Vergällung allgemein zuläßt. Die Anträge Nehbel Flagen eine redaktionelle Aenderung der Beschluͤsse zweiter

esung vor.

Eine Debatte findet nicht statt.

Ueber den § 69 a in der Fassung des Antrages Nehbel erfolgt namentliche Abstimmung. Dieselbe ergibt Annahme dieser Fassung mit 207 gegen 150 Stimmen bei 5 Ent⸗ Der Eventualantrag Bassermann ist damit er⸗ edigt.

Zu den Bestimmungen des § 102 über die amtliche Ueberwachung der Branntweinreinigungsanstalten bemerkt der

Abg. Dietrich (kons.): Im Interesse des Mittelstandes .... (Lautes Gelächter links.) Sie haben so viel vom Mittel⸗ stand gesprochen, daß Sie mir dies auch mal gestatten können. Finden Sie es nicht mittelstandsfreundlich, wenn man den kleineren Reinigungsanstalten unter 10 000 hl auch die Vergünstigung zu⸗ teil werden läßt, unter Steuerkontrolle zu reinigen, weil bei einer höheren Steuerbelastung die großen Betriebe, die ohne Kontrolle reinigen, durch die Vergütung des Schwundes ganz ungeheuer bevor⸗ zugt sind? Diesem Gedanken sollten die verbündeten Regierungen Hed enen 4 gencen b

rektor im Reichsschatzamt Kühn: Die Antwort auf diese Frage ist nicht leicht. Wo aber Erscheinungen hergortreten, die 8 wünschenswert machen, werden wir in Erwägungen eintreten.

Im § 103 wird abweichend von den Beschlüssen zweiter Lesung beschlossen, die Zollsätze für Branntwein in Fässern zu erhöhen, und zwar für Liköre auf 350 ℳ, für anderen Brannt⸗ wein in Fässern auf 250 ℳ, f̃ür Branntwein in anderen Be⸗ hältnissen auf 350 ℳ, für Aether und Kognaköl in Fässern auf 275 ℳ, in anderen Behältnissen auf 350 ℳ, für äther⸗ und weingeisthaltige Riechmittel usw. auf 400 ℳ, für Essigsaͤure auf 42 bezw. 48 ℳ, und den Bundesrat zu ermächtigen, diese Zollsätze vom 10. Juli 1909 ab auf 300, 225, 300, 225, 300, 350 herabzusetzen. Den § 4 will der Antrag Nehbel durch die in zweiter Lesung abgelehnte Bestimmung ergänzen: „Unter der Be⸗ zeichnung Kornbranntwein darf nur Branntwein feilgehalten werden, der ausschließlich aus Roggen, Weizen, Buchweizen, Hafer oder Gerste hergestellt ist.“ Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Man kann nicht absehen, warum die noch vor drei Tazen mit großer Mehrheit abgelehnte Vorschrift jetzt wieder hergestellt werden soll. Seit Jahrzehnten wird unter der Bezeichnung Kornbranntwein ein Produkt verkauft, das einen Zusatz von Kartoffelsprit hat. Der Antrag Nehbel wird durch Auszählung mit 230 gegen 79 Stimmen angenommen. Die Verkündung des Ab⸗ stimmungsresultats wird mit stürmischer, anhaltender, sich immer wiederholender Heiterkeit aufgenommen.

§ 139 trifft Bestimmungen über die Nachsteuer. Nach dem Beschluß zweiter Lesung sollte sie 40 für das Liter

chlägt Herabsetzung auf

betragen. Der Antrag Nehbel 35 vor. Abg. Schweickhardt (Südd. Volksp.) befürwortet die Herab⸗ setzung auf 25 ₰. § 139 wird gemäß dem Antrag Nehbel angenommen. Der Rest der Vorlage gelangt nach den Beschlüssen

kussion zur Annahme.

Zu dem Antrage Albrecht auf Anfügung eines neuen Schlußparagraphen, wonach der zehnte Teil des Aufkommens aus diesem Gesetz jährlich für die Zwecke der Trunksucht⸗ bekämpfung verwendet werden soll, haben die Abgg. Wölzl (nl.), Dr. Mugdan und Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.) die Aenderung beantragt, nur den hundertsten Teil des Aufkommens

Bei der Abstimmung erklärt der Präsident zunächst, daß

Abg. Wölz!l (nl.) erklärt sich mit der Gru e

demokratischen Antrages einverstanden. 1 % des re. erce

8 und dhs großen r5 damit auf dem Ge⸗ giene erreicht werden. änd d

Gebiete vorbildlich gewirkt.

Staatssekretär des Reichsschatzamts Sydow:

Mieine Herren! Ich kann meinem Vorredner ja darin beitreten, daß unter uns wohl niemand ist, der die Bestrebungen zur Be⸗ kämpfung der Trunksucht nicht gern unterstützen würde. Eine andere Frage ist es aber, ob es Sache des Reichs ist, hier einzutreten. (Rufe links: Jawohl!) Sie können doch nicht jede nützliche Aufgabe de Reich auferlegen. Für diese Art der Tätigkeit kommt in erster Lini die Privatwohltätigkeit und Fürsorge in Betracht. (Ohol links. Sehr richtig! rechts.) Vor allen Dingen aber frage ich: wie steht diese Frage hier mit dem Gesetze in Zusammenhang? (Sehr richtig rechts.) Es kann doch wohl niemand behaupten, daß durch ein Ge setz, welches tatsächlich eine Verteuerung des Trinkbranntweins zur Folge hat, die Trunksucht befördert wird. Ich bitte Sie deshalb, diesen Antrag abzulehnen. (Bravo! rechts.)

Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Die Preiserhöhung des Trin branntweins von 1887 hat einen Konsumrückgang 88e1g Müinieinn Liter zur Folge gehabt. Das war eine erfreuliche Seite der da maligen Steuererhöhung. Mit Sicherheit läßt sich annehmen, da auch jetzt der Trinkbranntweinkonsum ganz erheblich zurück gehen wird. Diese gute Seite des Gesetzes müßten auch Sie an erkennen. Im Etat finden sich viele Positionen für Zwecke, die das Reich noch viel weniger zuständig ist. Der Gedanke findet auch bei uns die größte Sympathie, und wenn Sie ihn in einer Re⸗ solution äußern wollen, so werden wir ihr gern beitreten.

Abg. Dr. Mugdan Frr Volksp.): Nach der Reichsverfassun untersteht die Medizinalpolizei dem Reiche, zu deren Aufgaben abe gehört sicherlich mit in erster Linie die Bekämpfung der Trunksucht. Wenn der Vorredner sagte, er habe Sympathie für den Gedanken, so ist das außerordentlich kläglich.

Abg. Südekum (Soz.): Auch „aus dem Totalisatorgesetz werden den einzelnen Staaten Beiträge für die Förderung der Pferde⸗ zucht zugewiesen. Die verbündeten Regierungen würden das ganze Gesetz an solcher Bishseeang nicht scheitern lassen, aber Sie haben eben nicht den moralischen Mut, sie anzunehmen.

Abg. Raab (wirtsch. Vgg.): Auch ich sympathisiere mit dem Grundgedanken des Antrages, was mir aber mi fällt, ist, daß die Antragsteller Gelder hergeben wollen ür einen an sich lobenswerten Zweck, obgleich sie für die Aufbringung dieser Gelder vorher keinen Finger gerührt haben. Ich würde Ihnen vorschlagen, den Antrag dahin zu ändern, daß 1 % des Er⸗ trages der von Ihnen bewilligten Steuern dafür aufgewendet wird.

Abg. Speck (Zentr.): Dem Antrage stehen auch wir sympathisch gegenüber, halten aber das Reich nicht für zuständig. Sie können bei der Beratung des Etats eine Resolution einbringen, dann wird der Gedanke reiflich erwogen werden.

Abg. Gothein (fr. Vgg.) (mit Heiterkeit und Zurufen empfangen): Sympathien sind etwas sehr Schönes, aber sie lassen sich nicht in Geld umse en. Der Berliner sagt: Wat ick mir davor koofe. Wollen Sie wirklich etwas schaffen, so müssen Sie dem An⸗ trage zustimmen.

Derr Antrag Albrecht wird abgelehnt, der Antrag Wölz! in namentlicher Abstimmung mit 207 gegen 151 Stimmen bei 7 Enthaltungen verworfen. . In der Gesamtabstimmung wird die Vorlage in nament⸗ licher Abstimmung mit 229 gegen 137 Stimmen bei 2 Stimm⸗ enthaltungen definitiv genehmigt.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß 6 ³ Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 10 Uhr. (Dritte Lesung der Vorlage, betreffend enderungen im Finanz⸗ wesen, und der Novellen zum Schaumwein⸗, Stempel⸗ un

Handel und Gewerbe.

( den im Reichsamt des Innern zusammengest Ilte 8 „Nachrichten für Handel und Industris-)

Rußland.

Zolltarifierung von Waren. Laut Beschlusses des Tarif⸗ komitees vom 28. April d J., Nr. 197, sind EE1ö8 g. Gegenständen aus Eisenblech durch farbige Ränder oder Streifen auf einem allgemeinen Fond von anderer fünbe ait 1, ogte, Vern engen nansecfn, welche die Gegen⸗ ände na rt. 154, P. 2, des Tarifs zollpflichtig machen. irkula des Zolldepartements vom 5. Mai 1909, Nr. 16,es h eh Geflochtene Erzeugnisse (Bän der und Borten die Gummifäden enthalten, sind nicht, wie es bisher 5 schehen, nach Anm. 1 zu Art. 88 des Vertragstarifs, sondern nach dem entsprechenden Buchstaben des Art. 205, P. 2, des Tarifs zu verzollen, da das in Anmerkung 1 zu Art. 88 des Vertragstarifs vor⸗ mn⸗ Verzollungsverfahren, wie aus P. 2 der Anmerkung deutlich ervorgeht, sich ausschließlich auf Gewebe und nicht auf geflochtene 5. Mai

Erzeugnisse bezieht. (Zirkular des Zolldepartemenis v 1909, Nr. 13 525) G 8 8 8

8 Portugal.

Vorübergehende Freigabe der Weizeneinfuhr und Festsetzung des Einfuhrzolls auf Weijen. Bafunhe einer Königlichen Verordnung vom 1. Juni d. J. können 8 Millionen Kilogramm Weizen, die nach dem Gutachten des Landwirtschaftsrats bis zum Ablauf des mit dem 31. Juli d. J. endenden Erntejahrs für den heimischen Verbrauch noch erforderlich werden, zur Bereitung von Brot, Teigwaren, Zwieback und Biskuits bis zum 10. Juli d. J. zum Zollsatz von 6,5 Reis für 1 kg eingeführt werden. (Diario do Governo.) 8

Griechenland. Zollfreie Einfuhr von Geweben usw., die nach der Ver⸗ arbeitung zu Krawatten unter Zollverschluß wieder⸗ angsabet oder beim Zollamt Syra eingelagert werden. Eine Königliche Verordnung vom 12. März 1909 bestimmt auf Grund des Abs. 6 des Gesetzes vom 11. Februar 1901 ¹) und der Artikel 1 bis 7 des Gesetzes vom 13. Februar 1893,²) daß die zollfreie Einfuhr von Rohstoffen zur Herstellung von Krawatten und die Ausfuhr de fertigen Krawatten unter Zollverschluß oder ihre Einlagerung auch beim Zollamt Syra unter den Bedingungen der Königlichen Ver⸗ ordnung vom 22. März 1901 gestattet ist. (Griechische Regierungszeitung.)

ollbehandlung von künstlichem Indigo. Nach einem Erla. des griechischen Finanzministeriums an den ollamtsvorsteber in Piräus vom 22. April 1909 ist künstlicher Indigo dem natür⸗ lichen Indigo zolltarifarisch gleichzustellen und nach der Tarif⸗Nr. 59 b veftrage mägig mit 10 Drachmen in Metallgeld für 100 Dka zu ver⸗

¹) Deutsches Handelsarchiv 1901 I S. 458. ²) Ebenda 3 I1 S. 324.

für diesen Zweck zu verwenden. 18