1909 / 172 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jul 1909 18:00:01 GMT) scan diff

den Gerichtsassessor Schuster in Neustadt a. Rübenberge zum Amtsrichter in Rotenburg i. Hannover,

den Gerichtsassessor Vaaßen in Mülheim a. Rhein zum Amtsrichter in Gemünd (Eifel) und

den Gerichtsassessor Scheffers in Barmen zum Amts⸗ richter in Elberfeld zu ernennen,

dem Amtsgerichtssekretär Wahrendorff in Strasburg (Westpr.) den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen, ferner

zu genehmigen, daß der Landgerichtsdirektor Suchsland in Torgau an das Landgericht in Naumburg a. S. und

der Erste Staatsanwalt Friedheim in Lyck an das Landgericht in Dortmund versetzt werde. G

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Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dden bisherigen Direktor des mit Realgymnasium ver⸗ bundenen Schillergymnasiums in Groß⸗Lichterfelde b. Berlin Dr. Julius Waßner zum Provinzialschulrat zu ernennen,

dem Schiffbaudirektor, Baurat Zimmermann in Stettin und dem Maschine baudirektor, Baurat Flohr ebenda den Charakter als Geheimer Baurat zu verleihen und

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Neisse getroffenen Wahl den Ersten Bürgermeister dieser Stadt, Oberbürgermeister Warmbrunn in gleicher Amtseigenschaft auf Lebenszeit zu bestätigen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Domänenpächtern, Oberamtmann Holst zu Groß⸗ Cordshagen, Oberamtmann Wegener zu Hermannshagen, Oberamtmann Modrow zu Gustebin im Regierungsbezirk Stralsund und Oberamtmann Schallehn zu Leubus im Regierungsbezirk Breslau den Charakter als Amtsrat zu ver⸗ leihen.

Seine Majestät der König haben den Anschluß der deutschen evangelischen Kirchengemeinden zu Neu⸗ Württemberg und zu Montalverne, beide im Staate Rio Grande do Sul (Brasilien), an die evangelische Landes⸗ kirche der älteren Provinzen der preußischen Monarchie Aller⸗ gnädigst zu genehmigen geruht.

8 Finanzministerium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreis⸗ Fl

in Allenstein, Regierungsbezirk Allenstein, ist zu

Justizministerium.

Dem Notar Wolff in Montjoie ist der Amtssitz in Gemünd angewiesen.

Ministerium für andwirtschaft, Domänen und Forsten.

Der Oberförster Arendt in Berlin und der Forstassessor enrion in Bonn sind auf ihren Antrag aus dem Staats⸗ Heniic entlassen worden, letzterer unter Verleihung des Charakters als Oberförster. Dem Domänenpächter Kinder zu Nochau im Regierungs⸗ bezirk Posen ist der Charakter als Königlicher Oberamtmann verliehen worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten. 1

Der Provinzialschulrat Dr. Waßner ist dem Provinzial⸗ schulkollegium in Cassel überwiesen worden.

in der Zweiten Beilage 5 heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungs⸗ urkunde, betreffend die Ausgabe von Schuld⸗ verschreibungen auf den Inhaber durch die Stadt Aachen, veröffentlicht.

Nichlamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Juli.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen. uu““ 4

Der Königliche Gesandte beim Päpstlichen Stuhle, Wirk⸗ liche Geheime Rat Dr. von Mühlberg hat einen ihm Aller⸗ höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesen⸗ heit werden die Geschäfte der Königlichen Gesandtschaft von dem Legationsrat Dr. von Bergen geführt.

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Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Iltis“ vorgestern in Amoy petroften und geht am 27. Juli von t Tsingtau in See.

8 Eachs sgtocz i grd geht heute von Nossi auf

Madagaskar nach Majunga auf Madagaskar in See.

Mecklenburg⸗Strelitz.

Seine Königliche Hoheit der Großher og Adolf riedrich hat gestern sein 61. Lebensjahr vollendet. Der ee des Landesherrn wurde in Stadt und Land in

der üblichen Weise gefeiert.

Großbritannien und Irland.

Der Staatssekretär der Kolonien Earl of Crewe hat gestern die Vorlage, betreffend den Zusammenschluß der südafrikanischen Kolonien, im Oberhause eingebracht.

Im Unterhause stand gestern die Beratung des Etats des Auswärtigen auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ übte der liberale Abgeordnete Dilke Kritik an der Balkanpolitik Englands und erklärte, daß England, indem es in Verbindung mit Rußland den Standpunkt vertreten habe, daß die Okkupation Bosniens und der Herzegowina durch Oesterreich⸗Ungarn voruͤbergehender Natur sei, sich in Gegen⸗ satz gesetzt habe zu der allgemeinen Auffassung, daß diese Okkupation nicht eine temporäre sein solle. England habe zu sehr auf der Doktrin von der Heiligkeit des Berliner Vertrages bestanden, der doch von der Türkei ebenso sehr verletzt worden sei, als von den anderen Mächten. Der Abg. Henderson (Arbeiterpartei) sprach sich gegen den beabsichtigten Besuch des Kaisers von Rußland aus und erklärte, der Kaiser und die russische Regierung seien un⸗ trennbar von der Verantwortung für die beklagenswerten Zustände in den russischen Gefängnissen und für die zahlreichen Hinrichtungen. Da die früheren 1e; Höflichkeitsbezeugungen keinen Einfluß auf die russische Politik ausgeübt hätten, solle die britische Regierung sagen, sie halte jetzt mit ihrer Gastfreundschaft zurück, bis Rußland Ordnung in seinem S geschaffen habe, es sei denn, daß die britische Re⸗ gierung die Beschuldigungen, die gegen die russische Politik erhoben worden seien, vollständig widerlegen könne. Die Arbeiterpartei werde darauf bestehen, daß über ihren Protest abgestimmt werde.

Hierauf besprach der Staatssekretär des Aeußern Grey ver⸗ schiedene während der Debatte aufgeworfene Fragen und erklärte: „Wir haben Spezialabkommen, die aller Welt bekannt sind, mit gewissen europätschen Mächten, aber wir betrachten diese Abkommen nicht als eine Schranke zwischen uns und anderen Mächten; wir sehen darin kein Hindernis für uns, mit anderen Mächten in guten Be⸗ ziehungen zu leben. Mit anderen Worten: Die Interpretation, die wir diesen Abkommen geben, ist die, daß kein Grund vorhanden ist, weshalb wir oder eine andere Macht, die an diesen Abkommen be⸗ teiligt ist, wegen dieser Vereinbarungen in schlechten Beziehungen stehen sollten zu irgend einer anderen Macht; und wenn wir sehen, daß europäische Maͤchte Fragen unter sich in freundschaftlicher Weise erledigen, so sehen wir das mit aufrichtigem Wohlwollen. Wir wollen an diesen Abkommen festhalten, da sie stets ein höchst schätzenswertes Mittel gewesen sind, Reibungen zwischen uns und den Mächten, mit denen wir Abkommen getroffen haben, zu beseitigen. Wir erwarten, daß diese Abkommen mit der gleichen freundschaftlichen Gesinnung von den anderen europäischen Mächten aufgefaßt werden.“ In Verteidigung der englischen Politik auf dem Balkan sagte Sir Edward Grey: „Als im nahen Osten die Schwierigkeiten aufstiegen, haben wir uns durch nichts anderes als durch die Abmachungen des Berliner Ver⸗ trages verpflichtet gehalten. Nach Abschluß dieses Vertrages waren alle früheren Abkommen hinfällig. Wir sind Rußland nicht in allen Stücken gefolgt und haben unsere eigenen Ansichten gewahrt. Was unser Verhältnis zur österreichisch⸗ungarischen Regierung betraf, so hatten wir dieser gegenüber keinerlei moralische Verpflichtungen, auch ist von dieser während des ganzen Verlaufes der Verhandlungen eine solche Behauptung nicht erhoben worden. Seit der Rede von Dilke be⸗ schäftigen sich meine Gedanken mit den Versicherungen, die im Jahre 1880 Gladstone gegeben wurden und in einem von ihm veröffentlichten Briefe an den österreichisch⸗ungarischen Botschafter enthalten sind. Es heißt dort: „Eure Exzellenz sind so liebenswürdig, mir zu versichern, daß Ihre Regierung nicht den Munsch hegt, die im Berliner Vertrage er⸗ worbenen Rechie in irgend einer Weise auszudehnen, oder ihnen irgend etwas hinzuzufügen, und daß irgend solche Erweiterungen für Oester⸗ reich⸗Ungarn durchaus nachteilig sein würden.“ In Beantwortung der Versicherung des österreichisch⸗ungarischen Botschafters gab Gladstone ihm dann gewisse Erklärungen. Ich bringe dies jetzt hier nicht etwa deswegen vor, weil ich es für ein Moment halte, in dem eine Ver⸗ pflistung zwischen den beiden Mächten für die gegenwärtige Zeit enthalten sei, sondern weil es eine gute Antwort für Dilke ist, wenn er sagt, daß in irgend etwas, was vor dem Berliner Ver⸗ trage gesprochen sei, eine moralische Verpflichtung enthalten sei. Dilke hat versucht, die Bedeutung des Berliner Vertrages abzu⸗ schwächen; mein Wunsch ist, die Unverletzlichkeit solcher inter⸗ nationalen Verträge aufrecht zu erhalten. Dilke sagte, der Berliner Vertrag sei bereits früher verletzt worden. Aver wir haben auch schon früher gegen Verletzungen, des Vertrages Einspruch erhoben, und wir sind im Falle ein Ahilichen Vertrages, der verletzt wurde, im Jahle 1871 mit anderemn ächten überelngekommen, daß, obgleich internationale Verträge nicht unabänderlich seien, ein⸗ zelne Teile derselben durch die U11 einer Macht ohne vor⸗ heriges Befragen der anderen Vertragsmäͤchte nicht geändert werden dürfen. In diesem Fall ist die Aenderung des Berliner Vertrages ohne vorheriges Befragen der anderen Mächte mitgeteilt worden. Obgleich die Aenderung eine solche sein mag, daß sie anerkannt werden kann und gegen die nicht bedingungslos Einspruch zu er⸗ heben ist, so wäre sie doch nicht anzuerkennen, ehe nicht ein Be⸗ fragen der anderen Mächte stattgefunden hat. Hieran halten wir uns in erster Linie gebunden. Eine Angelegenheit, die uns be⸗ rührte, war unzweifelhaft die Tatsache, daß die Aenderung des Berliner Vertrages ein ernster Schlag war gegen das Prestige der Türkei, die im Begriff war, in eine höchst kritische, aber hoffnungsvolle Lage einzutreten, und daß die Aenderung zu einer Zeit geschah, die für die türkische Regierung nachteilig sein mußte und in der sie bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden hatte; aber nichts desto weniger war sie voller Hoffnung, sich zu besseren Verhältnissen durchzuringen. Die Ereignisse des letzten Herbstes und Winters haben bald der einen, bald der anderen Macht große Be⸗ sorgnis verursacht. Ich sage nicht: Besorgnis mit Bezug auf uns. Wir haben keine gemeinsame Grenze, die von einer dieser Fragen berührt wird, aber für den allgemeinen europäischen Frieden und die Stellung gewisser Mächte, bald der einen, bald einer anderen Macht, und besonders für die Türkei selbst, gab es Zeiten großer Be⸗ sorgnis. Alle diese Gefahren sind nlücklich vorübergegangen. Sie müssen diese Dinge nach den Resultaten beurteilen, und das Resultat war, daß ich sage nicht, nur dank unserem Vorgehen unter An⸗ wendung von vieler Geduld und Zurückhaltung der gesunde Menschenverstand in Europa in vollem Maße siegte und daß sich eine friedliche Regelung ergab. Ich meine, daß jetzt, wo eine friedliche Regelung erzielt ist, niemand irgend welchen Mächten die sehr schwierige Verhandlungen zu führen hatten, Vorwürfe wird machen wollen. Ich denke, daß unsere Haltung jetzt besser verstanden wird, und es ist unser Wunsch, daß die Reibungen vorübergehen mögen und daß die Besserung in den diplomatischen Beziehungen, die durch die Tatsache erzielt worden ist, daß das Resultat ein friedliches war, anhalten möge. Was Kreta anbetrifft, so ist die Insel den vier Mächten anvertraut geblieben, die auch weiter der Verpflichtung nachkommen, die Hoheitsrechte der Türkei zu wahren.“’ Der Redner verbreitete sich sodann ein⸗ gehend über die Congofrage und stellte es in Abrede, daß England in letzter Zeit eine weniger feste Haltung in der Frage bewahrt habe. Englands Wunsch sei gewesen, daß Belgien freie Hand haben solle, und er erkläre jetzt, daß Belgien mehr Zeit haben solle, seine Absichten kund zu tun, und daß England keine besonderen Maßregeln angeben könne, die es befolgen werde, bevor der belgische Kolonialminister von seiner Reise nach dem Kongo im September zurückgekehrt sei. Wenn aber am Schluß des Jahres die Lage noch dieselbe sein sollte, werde die Regierung sich zu überlegen haben, welche Schritte sie unternehmen solle, um ihre unzweifelhaften Ver⸗ tragsrechte zu wahren. Zu den von Henderson ee gatas

Statistiken über Einkerkerungen und Hinrichtungen in Rußland sagte Grey: „Es ist nicht unsere Sache, das genau zu kennen, was die inneren Angelegenheiten anderer Länder, wo wir keine Vertragsrechte haben, betrifft; es auch sicherlich nicht 889 Sache, amtliche Erkundigungen einzuziehen, und selbst wenn wir etwas wissen, können wir darüber nicht in Ver⸗ handlungen eintreten. Die innere Verwaltung eines fremden Landes kritisieren oder diese Verwaltung rechtfertigen, ist fast gleichbedeutend

aus Debatten über innere Angelegenheiten fremder Länder zu⸗ Phu⸗ würde, so würde es die Regierung in eine unmögliche Lage bringen und unseren Einfluß zerstören. Ich möchte ein

Beispiel anführen.

Henderson bat mich, ihm ju bestätigen,

daß der Besuch des Königsg in Reval im vorigen Jahre auf 866 inneren Angelegenyeiten Rußlands von wohltätigem Einfluß ge⸗ wesen sei. Wenn dies der Fall gewesen wäre, würde ich nicht so sprechen. Ich würde nicht zulassen, daß solche Besuche irgend einen Einfluß auf innere Angelegenheiten hätten. Es würden viele n verständnisse vermieden werden, wenn Sie hier im Hause, ehe Sie Anfragen stellen oder etwas in die Debatte ziehen, sich überlegen, was ähnliche Fragen oder Debatten in einem fremden Parlament hier für einen Eindruck hervorrufen würden. Wenn irgend ein Grund für die Annahme vorhanden wäre, daß die jetzige oder irgend eine englische Regierung ausübe auf die inneren Angelegenheiten irgend einer anderen Macht in irgend einem Teile der Welt zur Unterdrückung der Tyrannei und Ungerechtigkeit, dann würde das Haus das Recht haben, das zur Sprache zu bringen und es zu tadeln. Das Haus hat aber nicht das Recht, von irgend einer englischen Regierung zu verlangen, daß sie den Beweis erbeinge, daß das Verhalten der englischen Regierung, und noch weniger, daß das Verhalten unseres Herrschers Einfluß genommen oder beabsichtigt hat, Einfluß zu nehmen auf die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes. Ich behaupte, daß es nicht unsere Sache ist, Einfluß auf die inneren Angelegenheiten fremder Länder auszuüben, und wenn ich eine andere Stellung zu dieser Frage nehmen würde, so würde die Wirkung, wenn eine solche überhaupt einträte, unzweifelhaft dem Stand der Dinge in unserem Lande nachteilig sein.“ Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen erklärte dann Grey, er könne die von Henderson an⸗ geführten statistischen Angaben nicht gelten lassen; Henderson sollte in Betracht ziehen, daß in den Jahren, auf die er Bezug genommen, eine große Zahl terroristischer Gewalttaten in Rußland verübt worden seien. „Das Haus sollte begreisen“, fuhr Grey fort, „daß Henderson von uns verlangt, die Begrüßungzhöflichkeiten, die von allen unseren Nachbarn in Europa geübt werden, zu unterlassen. Ich appelliere an den gesunden und praktischen Menschenverstand des Hauses und bitte die Mitglieder desselben, zu bedenken, daß der Kaiser von Rußland in der Geschichte un⸗ zweifelhaft als der Herrscher bezeichnet werden wird, unter dessen Re⸗ gierung dem Lande die Konstitution gewährt wurde. Im Namen der Regierung erkläre ich, wir heißen den Kaiser willkommen als das Haupt einer Großmacht (Zwischenrufe der Nationalisten und der Mit⸗ glieder der Arbeiterpartei), mit dessen Regierung und Volk wir in freundschaftlichen Beziehungen zu stehen wünschen. (Beifall bei den Ministeriellen und der Opposition.) Zum Schluß seiner Aus⸗ führungen wies Grey darauf hin, was die Regierung getan habe, um politische Differenzen zwischen den beiden Regierungen zu be⸗ seitigen, und erklärte, sie habe bereits den Beweis, daß das, was die beiden Regierungen getan hätten, der Beginn dazu sei, einen höchst segensreichen Einfluß auf die Gefühle der beiden Völker auszuüben. Er sei sicher, das Haus werde nicht durch einen Akt von Unhöflichkeit gegen das Haupt des russischen Staates das gute Werk zerstören, das etan sei, und eine Trennung berbeiführen, nicht allein zwischen den Fesernr gen, sondern auch zwischen den Völkern.

Das Haus lehnte den von der Arbeiterpartei eingebrachten Antrag auf Kürzung des Budgets als Protest gegen den Besuch des Kaisers von Rußland mit 187 gegen 79 Stimmen ab.

Frankreich.

Der Präsident Fallières hat nach einer Meldung „W. T. B.“ gestern nachmittag den Justizminister Briand im Elysée empfangen und ihm die Mission zur Bildung des neuen Kabinetts angeboten. Briand erklärte, er wer em Präsidenten heute eine endgültige Antwort geben.

Italien.

Gestern vormittag hat, „W. T. B.“ zufolge, in Varese die Trauerfeier für den spanischen Kronpräten⸗ denten Don Carlos im Beisein der Herzogin von Madrid, Don Jaimes, einiger spanischer und französischer Persönlich⸗ keiten sowie von Vertretern der Behörden in Varese statt⸗ efunden. Der Erzbischof von Mailand zelebrierte die Messe. Per Leichnam ist am Nachmittag nach Triest übergeführt worden.

Türkei.

Die Antwort der Pforte auf die Kretanote ist einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, den Vertretern der Schutzmächte gestern zugestellt worden.

Aus Anlaß der heutigen Nationalfeier hat der Sultan eine Amnestie erlassen für alle an den Ereignissen vom 13. April beteiligten und bisher kriegsgerichtlich nicht verfolgten Personen. Ferner sind fünf zum Tode verurteilte Personen, unter ihnen ein Armenier, begnadigt worden. 1

Nach einer Meldung der „Jeni Gazeta“ hat die Pforte an die Wilajets Van und Bagdad Befehl ergehen lassen, alle türkischen Truppen aus Persien mit Aus⸗ nahme der Abteilungen 18. Schutz der Konsulate in Urmia, Salmas und Choi zurückzuziehen und keine Truppen mehr dorthin zu entsenden.

Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem Deutschen Kailer an Hord it WB zufege, gestern Wum 2 ½ Uhr mit den Begleitschiffen in Aalesund eingetroffen. Um 5 ¼ Uhr ging der Kaiser mit Gefolge an Land, um die neue Kirche, deoncese die von ihm gestifteten Kirchenfenster zu besichtigen, und kehrte danach auf die „Hohenzollern“ zuruͤck.

Amerika.

Nach einer dem Staatsdepartement in Washington zu⸗ gegangenen amtlichen Mitteilung sind Bolivia und Peru übereingekommen, direkte Verhandlungen mit einander ohne Einmischung einer anderen Nation zu eröffnen. Sie hoffen, eine Aenderung in dem Schiedsspruch Argentiniens herbeizuführen, die alle Beteiligten befriedigt. F

Asien.

Die englische und die russische Gesandtschaft in Teheran haben dem Ministerium des Auswärtigen nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ amtlich mitgeteilt, daß ihre Regierungen den neuen Schah anerkennen. Beide Gesandtschaften bemühen sich eifrigst für eine baldige Abreise des früheren Schahe0.

Afrika. 8 8

Nach Meldungen des „W. T. B.“ hat El Guebbas, der beauftragt war, im Namen des Sultans Mulay Hafid⸗ gegen die kriegerische Aktion Spaniens im Rif gebiet Einspruch zu erheben, auf den Rat der fran⸗ zösischen und einiger anderer Gesandtschaften diesen Schritt unterlassen. 1

Der General Marina ist mit seinem Stabe vom Ge⸗ fechtsfelde nach Melilla zurückgekehrt. Der General erklärte, der 20. Juli und die Nacht zum 21. seien die härtesten ge⸗

Norwegen.

mit einem Angriff auf das betreffende Land, und wenn das

wesen seit Beginn der Operationen. Er glaube, der gegen⸗ wärtige Konflikt werde länger dauern, als man angenommen habe. Der „Correspondencia de Espana“ zufolge betrugen auf spanischer Seite die Verluste während des Kampfes am Abend des 20. Juli 20 Tote, in der Nacht zum 21. Juli

30 T nd 93 Verwundete.

Der Negus Menelik ist nach einem Telegramm der „Kölnischen Zeitung“ schwer erkrankt. Die Kaiserin Taitu hat die Regierung übernommen und die dem Kaiser ergebenen Großen aus iner Umgebung entfernt. Im Norden ist es, der obigen Quclle zufolge, zu einem Gefecht der An⸗ hänger des Negus gegen die Parteigänger der Kaiserin ge⸗ kommen.

Statistik und Volkswirtschaft.

8 Zur Arbeiterbewegung.

In einer öffentlichen Versammlung der in der Damenkonfektion beschäftigten Schneidergehilsen und ⸗gehilfinnen Leipzigs wurde, wie die „Lpzg. Ztg.“ mitteilt, der vom Verband der Arbeitgeber für das Schneidergewerbe ausgearbeitete neue Tarif, der im Herbst zur Ein⸗ führung gelangen soll, namentlich wegen der darin vorgesehenen Zeit⸗

und Stücklöhne als unannehmbar bezeichnet, weil die Arbeiten schon

jetzt besser bezahlt und weil in anderen Orten, wie in Berlin, Ham⸗ burg, München usw., erheblich bessere Löhne gezahlt würden. In einer Resolution kam die Forderung der Zeitlöhne noch zu besonderem Ausdrucke. Die Versammlung beauftragke eine besondere Kommission mit entsprechenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband.

Infolge einer Herabsetzung des Lohnes haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Nieter der Flensburger Schiffswerft die Arbeit niedergelegt. Da Verhandlungen ergebnislos geblieben sind, wird eine allgemeine Aussperrung befürchtet.

Die schottischen Kohlenbergwerksbesitzer und die Grubenarbeiter sind, wie „W. T. B.“ meldet, übereingekommen, die Lohnkürzungen und den Ausstand, die am 26. d. M. erfolgen sollten, um eine Woche zu verschieben zur Weiterführung der Ver⸗ handlungen.

2500 beim Geschwaderneubau beschäftigte Werftarbeiter des Sex Kriegshafens Ferrol sind, wie der „Ferkf. Ztg.“ aus

adrid telegraphiert wird, in den Ausstand getreten, weil die 88 lische Unternehmerfirma Vickers bei der Uebernahme der Werke viele ältere Arbeiter entlassen und die Arbeiterlöhne unter die früher vom spanischen Staat bezahlten Sätze herabgesetzt hat.

Kunst und Wissenschaft.

Ddie Khniglich preußische Akademie der Wissenschaften hielt am 15. Juli unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Auwers eine Gesamtsitzung, in der Herr Hertwig über den „Einfluß von Radiumstrahlen auf embryonale tierische Zellen“ las. Im Winter und Sommer 1909 wurden verschiedenartig variierte Experimente an jungen Axolotlarven, an befruchteten Froscheiern während vier verschiedener Anfangsstadien ihrer Ontogenese sowie an den Geschlechtsprodukten von Echinodermen (Strongylocentrotus) und von Rana viridis angestellt. Die Ergebnisse werden in einem der folgenden Hefle der Sitzungsberichte noch im Laufe des Jahres ver⸗ öffentlicht werden. Hr. Hertwig legte ferner eine mit Unterstützung der Akademie ausgeführte Untersuchung von Herrn Professor Poll, Erstem Assistenten des Anatomisch⸗Biologischen Instituts, vor: „Ueber Nebennieren bei Wirbellosen: die chrombraunen Zellen im Zentral⸗ nervensystem der Ringelwürmer“. Hr. Lenz überreichte eine Mit⸗ teilung des Herrn Dr. Paul Ritter: „Drei neue Briefe von Leibniz“. Hr. Engler legte eine Mitteilung des Herrn Dr. J. Mildbraed vor, der mit akademischer Beihilfe die Expedition Seiner Hoheit des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 1907 1908 als Bolaniker be⸗ gleitet hat: „Die Vegetationsverhältnisse der zentralafrikanischen See⸗ jone vom Victoriasee bis zu den Kiwuvulkanen“. (Ersch. später.) Es werden geschildert die Vegetation der Kageraniederung, von Süd⸗ mpororo, des Hochplateaus von Ruanda, des Rugegeberglandes, des Bugpoier Waldes und der Vulkane am nördlichen Grabenrand. Von besonderem Interesse sind die an den Vulkanen beobachteten For⸗ mationen: die Bambusbestände, der Hageniawald, die Ericaceen⸗ formation und die Senecioformation. Herr Branca legte die Arbeit des Herrn Professors Dr. Tornquist in Königsberg vor: „Ueber die außeralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien“. Die vom Verfasser auf Sardinien nachgewiesene außeralpine Triasfacies ist in ganz ähnlicher Weise auch auf den Balearen ausgebildet und findet sich in gleicher Ausbildung in Cata⸗ lonien. Der bisher behauptete Gegensatz zwischen der ver⸗ meintlichen alpinen Facies auf Menorca und der ganz richtig er⸗ kannten außeralpinen in Catalonien besteht also nicht. Es werden jedoch auf Menorca vom Verfasser zwei Horizonte nachgewiesen, in denen diese außeralpine Trias an die alpine anklingt. Das ist einmal der obere Muschelkalk mit seiner zwar außeralpinen Gesteins⸗ ausbildung, aber doch alpinen Ammonitenfauna. Zweitens aber erinnert der Steinmergelkeuper petrographisch an den alpinen Haupt⸗ dolomit. Daraus ergibt sich das interessante palaecogeographische Bild: Das deutsche Binnenmeer der Triaszeit erstreckte sich weit gen Süd⸗ west in das Gebiet des heutigen Mittelmeers hinein, das heutige Sardinien, die Balearen und Catalonien in sich schließend. In der Fitt des oberen Muschelkalkes erweiterte sich die Verbindung dieses innenmeeres mit dem offenen Ozean; und zur Steinmergelkeuperzeit erfolgte der Einbruch des Ozeans in das Binnenmeer. Von eingegangenen Druchkschriften wurden vorgelegt Band II Teil I der akademischen Ausgabe des Ibn Saad: „Die Feldzüge Muhammeds“, herausgegeben von J. Horovitz, Leiden 1909, und Werke korrespondierender Mitglieder: J. Bywater, „Aristotje on the Art of Poetry“, Oxford 1909, und Griffith und H. Thompson, „The Demotic Magical Papyrus of London and Leiden“, Vol. III. London 1909; ferner durch Herrn Waldeyer zwei Veröffentlichungen des Neurologischen Instituts in Frankfurt a. M.: „Riechbahnen, Septum und Thalamus bei Didelphys marsupialis“, und „Unter⸗ uchungen am Zentzlnfrhegsistem von mit Arsacetin behandelten äusen“, von Dr. Paul Röthig.

In der Galerie Eduard Schulte ist für kurze Zeit eine mpnumentale Kreuzigung „Consummatum est“ von dem Bildhauer J. Weirich⸗Rom nsefter Das von der Firma Gladenbeck in Bronze gegossene Werk ist für die neuaufgebaute Berliner Garnison⸗ kirche bee. Der Künstler ist in Berlin bereits vorteilhaft be⸗ kannt durch seine Gruppe „Der tote Abel“, die 1901 in der Großen Berliner Kunstausstellung ausgestellt war.

Literatur.

Detlev Freiherr von Lilienecron ist, wie gemeldet, gestern in Alt⸗Rahlstedt bei Hamburg, wo er seit Jahren seinen Wohnsitz hatte, verstorben. In ihm verliert die deutsche Literatur einen Dichter von ursprünglichster Eigenart, einen Lyriker, dessen soldatisch knappe, dabei doch farben⸗ und bilderreiche Sprache, dessen hinreißender e. Deutschland im Sturme eroberten. er⸗ hältnismäßig spät widmete sich Lilieneron, der am 3. Juni 1844 in Kiel geboren wurde, der Literatur. Er trat zunächst in die Armee ein und machte als Offizier die Feldzüge von 1866 und 1870 mit, wurde in beiden verwundet und nahm dann seinen Abschied. Er bildete sich darauf im Eckernförder Landratsamt für den Verwaltungsdienst aus, wurde Hardesvogt in Pellworm, später Kirchspielvogt in Kellinghusen, gab aber diesen Posten 1887 auf und ging nach München, um seinen schriftstellerischen Neigungen zu leben. Später siedelte er nach Alt⸗ Rahlstedt über. Er trat gleich mit seinen ersten Gedichten (Ad⸗ jutantenritte“ 1884; „Gedichte“ 1889; „Der Heidegänger“ 1891 usw.) und Skizzen („Unter flatternden Fahnen“ 1888, „Krieg und Frieden“ 1891) als ein echter Lyriker und Stimmungsbildner von urwüchsiger Kraft und Frische auf, dem alle Süßlichkeit fernliegt und der die Herzen

in seinen Bann zwingt. Seine Dramen: „Knut der Herr“ (1885), „Die

Rantzows und die Pogwisch“ (1886; im vergangenen Jahre im hiesigen

nd Palermo“* (1886), „Die Merowinger* (1887) und seine Romane und

fiitanfn Novellen FEie Hummelsbüttel“ 1886; „Eine Sommer⸗ chlacht“, 1887; „Mit dem linken den⸗ leiden an einer ge⸗ wissen Zerfahrenheit der Komposition und zerfallen in Einelbilder, sind aber dennoch stets interessante Dokumente eines durchaus origi⸗ nalen Dichters. Die meisten Vorzüge hat sein „kunterbuntes“ sub⸗ jektives Epos „Poggfred“ (Berlin 1896, 5. Aufl. 1905). Liliencrons sämtliche Werke erschienen in Berlin 1904/05 in 14 Bänden. Im Jahre 1904 erfuhr der Dichter zahlreiche Auszeichnungen an seinem 60. Geburtstage.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand in Oesterreich für die erste Hälfte des Monats Juli 1909.

Die Witterung, die nach den Niederschlägen anfangs Juni mit den darauf folgenden schönen, warmen Tagen einen Fäͤnstsgen Verlauf zu nehmen schien, kennzeichnete sich laut Bericht des K. K. Ackerbau⸗ ministeriums hauptsächlich durch Nässe und förmliche Kälte und stand mit den wiederholten Schneefällen, einigen Nachtfrösten und Reif in einem wahren Kontraste zur sommerlichen Jahreszeit. Schon Ende der zweiten Junidekade leiteten Schneefälle in den Hoch⸗ alpen und im Karpathenhochlande der Bukowina nebst Wolkenbrüchen mit Hagelschlägen einen abnormen Temperatursturz ein, welcher in den Hochlagen der Alpen sowie vereinzelt in jenen der Sudeten leichte Nachtfröste im Gebirge und Reif im Tale zur Folge hatte, sodaß von Mitte Juni an fast überall eine bedeutende Wärmeabnahme, besonders in den Nächten, zu konstatieren war. Die in der zweiten Monatshälfte sehr zahlreichen, meist in Form von heftigen Gewitterregen, mitunter auch als Hagelschloßen auftretenden Niederschläge waren indes ungleich verteilt und es herrschte in einzelnen Gegenden Nieder⸗ und Oberösterreichs, in den südlichen Alpenländern (Untersteiermark, Kärnten und Krain), sowie in Dalmatien in der dritten Juniwoche bereits sommerliche Trockenheit, während sonst überall regnerische und sonnige Tage häufig miteinander wechselten. Am ausgiebigsten waren die Niederschläge Ende Juni in den Alpen-, Süd“ und Sudetenländern, in welchen heftige Gewitter, verbunden mit Hagel, Sturm und Schneefällen in den Hochalpen, sonst Landregen und anfangs Juli wolken⸗ bruchartige Regengüsse in den Karpathenländern sich ein⸗ stellten. Die Schneefälle reichten bis 1800 m Seehöhe herab und führten im Vereine mit den tagelang anhaltenden Regen wieder eine tief unter dem Normale stehende Temperatur⸗ erniedrigung herbei. Durch diese ungünstigen Witterungsverhältnisse wurden besonders hart die Alpenweiden und die noch nicht ganz ein⸗ gebrachte oder im Zuge befindliche Heuernte betroffen, welche vielfach dem Verderben preisgegeben ist, in erheblichem Grade aber auch in Tieflagen das zum großen Teile gelagerte Getreide sowie die Hack⸗ früchte, welche unter Nässe leiden und in Gefahr sind, auszufaulen. Zudem wird in fast allen Ländern über Hagelschäden am Winter⸗ getreide, an Wein⸗ und Obstkulturen, desgleichen über verheerende een von Wolkenbrüchen, beziehungsweise Ueberschwemmungen geklagt.

Den Wintersaaten haben die vielen Niederschläge in den Ge⸗ birgslagen noch eine kleine Besserung gebracht, im übrigen aber viel Lagerung verursacht und die Blüte bei Roggen sowie bei Weizen ge⸗ stört, beziehungsweise verzögert, wodurch die ohnehin verspätete Ernte noch weiter hinausgeschoben wurde. Die Aehren sind überall ziemlich gut ausgebildet, die Halmlängen meist normal bis auf diejenigen der in trockenen Lagen, namentlich in den Alpen⸗ und Südländern, schütter und kurz gebliebenen Spätsaaten. Das Aussehen des an manchen Orten verhagelten, gelagerten, mitunter ganz niedergedrückten oder vom Sturm zerzausten Getreides, in welchem stellenweise schartige oder taube Aehren vielfach vorkommen und das in Flußniederungen durch Nässe bereits gelitten hat, bietet bei dem derzeit ungünstigen Ernte⸗ wetter keine Gewähr für die Verwirklichung der bisherigen Aussichten auf ziemlich gute Korn⸗ und Stroherträge. Es dürfte somit sowohl Quantität als auch Qualität vielfach nicht befriedigen.

Die Roggenernte im Küstenlande und in Dalmatien ergab in Korn „mittlere“, in Stroh „schwach mittlere“ Erträge. In ebenen Lagen oder an sonnigen Hängen in Kärnten, Krain und in Südtirol sowie im Wiener Becken ist der Roggen bereits geschnitten, die Ernte aber nur zum Teile geborgen. In den Mittellagen der Alpen⸗ sowie in den wärmeren Lagen der Sudetenländer nähert sich das Korn der Gelbreife und wird der Schnitt voraussichtlich Mitte Juli, hingegen im Flachlande der Karpathenländer und teilweise auch in Schlesien eine Woche später erfolgen. Die in fast allen Ländern durchwegs „ziemlich guten“ bis „guten⸗ Aussichten betreffs des Korn⸗ und die „mittleren“ Aussichten hinsichtlich des Strohertrags werden in Berück⸗ sichtigung der schütteren Spätsaaten, der starken Lagerung und der sett noch so unbeständigen Witterung möglicherweise eine Einschränkung erfahren müssen.

Bei Weizen, der im allgemeinen noch mehr Lagerung aufweist als Roggen, ist die Ernte in Dalmatien auf besseren Böden „ziemlich gut“, auf mageren „schwach mittel“ und im Küstenlande „mittel“ ausgefallen. Die Kornqualität ließ nichts zu wünschen übrig, Stroh

ab es jedoch sehr wenig. In Südsteiermark und in Krain ist der

chnitt im Flachlande im Zuge und in warmen Lagen Südtirols begonnen, sonst aber noch sehr im Rückstande, nachdem die Einkörnung bei dem feuchten Wetter zwar gut, aber langsam vor sich geht. In den Hochlagen der Alpen⸗ und Sudetenländer und in rauheren Lagen der Karpathenländer ist der Weizen erst in letzter Zeit zur Blüte gelangt. Die Ernte wird sehr ungleiche Resultate aufzuweisen haben, da Früh⸗ und Spätsaaten je nach Lage und öö“” mehr oder weniger stark von ein⸗ ander abweichen, ferner Rost und Steinbrand in den Alpenländern, Stein⸗ und Flugbrand in Böhmen und Mähren, ferner Rost sowie Larven der Weizenfliege in Schlesien und Galizien die Qualität, teil⸗ weise auch die Quantität beeinflussen dürften. Hinsichtlich des Er⸗ trages wird in Krain, Böhmen, Schlesien und in den Karpathen⸗ ländern auf eine „mittlere“, in den übrigen Ländern auf eine „mittlere“ bis ziemlich gute“ Ernte in Körnern und auf eine „mittlere“ bis „schwach mittlere“ in Stroh gerechnet. Der Raps hat bei sehr schütterem Stande in einigen Gebieten Böhmens nur ausnahmsweise reich⸗ liche Schoten angesetzt, sonst ist überall der Besatz sehr ungleich und werden auch die Körner von kaum besserer als „mittlerer“ Qualität sein. Die Ernte, welche in Niederösterreich sowie in den Sudeten⸗ und Karpathenländern zum Teil eingebracht ist, kann daher im Durch⸗ schnitt nur als „schwach mittel“ angenommen werden.

Die Sommersaaten (Weizen, Roggen), die früher in der Ent⸗ ajaflung nicht vorwärts kamen, haben sich infolge der reichlichen Nieder⸗ schläge fast durchwegs gut erholt und kräftig bestockt. Auf besseren Böden und in Tieflagen sind sie in Halm und Aehre gut entwickelt, manchmal sehr üppig, dabei leider auch stark gelagert und verunkrautet, und haben besonders in den Niederungen der Sudeten⸗ und Karpathen⸗ länder durch Nässe bereits gelitten. Roggen steht auch bei den Frmänfefaaen überwiegend besser als Weizen, welcher überdies in feuchten Lagen häufig von Rost befallen und von den Larven der Weizenfliege bedroht wird. In Westböhmen ist das Auftreten der Fritfliege und in Mittelböhmen die Zwergzikade beobachtet worden. Die Ernteaussichten lauten in Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Mäͤhaeg u „gut“, in allen übrigen Ländern durchschnittlich „ziem ut.

Gerste hat sich auf besseren Böden und in nicht zu feuchten Lagen in Halm und Aehre gut entwickelt und sind üppige Saaten durch die andauernden Niederschläge zur Lagerung gekommen. In höheren Lagen der Alpen⸗ und Sudetenländer ist die Gerste kurz und schütter, von Unkraut durchwuchert und zeigt in Nord⸗ und Ost⸗

ländern gelbliches Aussehen, welche Erscheinung auch bei den Gersten⸗ saaten in Flußniederungen auf bindigen Böden hi⸗ und da zu finden

böhmen, in Ostmähren, ferner in Schlesien und in den Karpathen⸗

ist. Im großen und ganzen sind die Ernteaussichten jedoch noch fast überall befriedigend, in Kärnten, Südtirol, Schlesien und in den

Karpathenländern „mittel“ bis ziemlich gut“, in Dalmatien „mittel“, Friedrich Wilhelmstädtischen Schauspielhause aufgeführt), „Die Trifels

in Nieder⸗ und Oberösterreich sowie in Steiermark „ziemlich gut“ bis

„gut“ und sonst durchschnittlich „ziemlich gut“. Aus Süd⸗ und West⸗ böhmen und aus Nordwestmähren wird über Vorkommen von Flug⸗ brand nebst schädigendem Auftreten von Drahtwürmern berichtet.

Hafer hat das naßkalte Wetter noch am besten vertragen, außer in Tieflagen, wo er auf hündigen Böden durch Nässe gelb geworden und von Unkraut überwuchert ist, sowie in einigen höheren Gebirgs⸗ lagen der nördlichen Alpenländer, von Nordwest⸗ und Ostböhmen und von Nordmähren, wo er durch leichte Nachtfröste geschädigt wurde. Solche im Wachstum zurückgebliebene, oft kaum spannhohe, schüttere Saaten dürften jedoch bei Eintritt sonniger, warmer Witterung noch viel gewinnen. In günstigeren Lagen und auf besseren Böden sst der Hafer kräftig entwickelt, hat nahezu normale Halmlänge und zeigt bereits Rispen, nicht selten aber bei üppigem Stande auch Lagerung welche in häufig anzutreffen ist und wo Rost und Flug⸗ brand günstige Bedingungen zu ihrer Ausbreitung finden. Der Stand ist somit ein sehr ungleicher, zum Teil nur „schwachmittel“ bis „sehr gut?; die Ernteaussichten können jedoch im Durchschnitt für die Sudeten⸗ und Karpathenländer als „ziemlich gut“, für die Alpenländer und das Küstenland teils als „ziemlich gur“ und „gut“ und für Dalmatien als mittel“ angenommen werden.

Mais, der früher in trockenen Lagen teilweise infolge mangelnder, später in Tieflagen infolge überschüssiger Feuchtigkeit und wegen Kälte im Wachstum zurückblieb, hat sich in der letzten Zeit rasch gebessert und entwickelt sich nach der zweiten Hacke, die in den Anbaugebieten von Mähren füni⸗ in Galizien und in der Bukowina zum größten Teile durchgeführt wurde, überaus schön und läßt nur in den Niederungen der letztgenannten Länder auf schweren Böden zu wünschen übrig, insbesondere bei spät⸗ oder nachgebautem Mais, wo die erste Hacke noch nicht vorüber ist. In wärmeren Tieflagen beginnt der frühgebaute Mais bereits zu blühen. Die Ernteaussichten sind derzeit durchschnittlich als fast „gut“ anzusprechen.

Kartoffeln zeigen nach den ausgiebigen Regen, besonders auf leichteren Böden und in trockenen Lagen prächtiges Gedeihen, besitzen noch frisches, gesundes Kraut und stehen im Flach⸗ sowie im Hügel⸗ lande der Alpenländer in schönster Blüte. Die übermäßige Feuchte, welche sich in Tieflagen auf undurchlässigem Boden ansammelte und die rechtzeitige Bearbeitung erschwerte, in vielen Fällen bei spät gebauten Kartoffeln in den Sudeten⸗ und Karpathenlaͤndern unmöglich machte, hatte zur Folge daß das Unkraut außergewöhnlich stark z nahm und die Gefahr der Naßfäule bei den noch unentwickelten Knollen immer größer wurde. Das Auftreten der Blattrollkrankheit (Kräusele krankheit) wurde in Nieder⸗ und Oberösterreich sowie in den Sudeten⸗ ländern hie und da bereits konstatiert. Frühkartoffeln haben bei guter Bearbeitung schöne und zahlreiche, gut entwickelte Knollen angesetzt und wurden teilweise in warmen Tallagen Südtirols, ferner in den Südländern für den Verbrauch schon ausgegraben. Zeitig gebaute Spätkartoffeln haben in kräftigen, nicht zu schweren, sowie in leichteren Böden zahlreiche, jedoch der verspäteten Vegetation entsprechend, nur kleine Knollen. Insofern sich die Witterungsverhältnisse in allernächster Zeit günstiger gestalten und dieselben den Kartoffelkrankheiten keinen Vo schub leisten, ist in allen Ländern bei Früh⸗ und eine durchwegs „gute“ bis „sehr gute“, in den schweren Niederungsböden eine „mittlere“ Knollenernte zu gewärtigen.

Den Zuckerrüben ist die hinlängliche Feuchtigkeit zwar sehr zustatten gekommen, sie entwickeln sich teilweise sehr schön und bedecken, wo rechtzeitig bearbeitet, mit ihrem Blattwerk den Boden, doch haben die häufigen, allzu reichlichen Niederschläge das Hacken sehr behindert und damit auch die Vermehrung des Unkrautes gefördert. Auf schweren Böden in Tieflagen sind die Rübenfelder stark vergrast, da die zweite Hacke nicht möglich war. Die Pflanzen litten unter Nässe, wurden stellenweise ganz ruiniert und sind in West⸗, Süd⸗ und Ostböhmen, in Nord⸗ und Mittelmähren auch von Wurzelbrand befallen. In den Niederungen von Schlesien und den Karpathen⸗ ländern ist bei den spät⸗ und Rübensaaten das Vereinzeln erst beendet, während die zweite Hacke in Niederösterreich sowie in den meisten Anbaugebieten von Böhmen und Mähren in letzter Zeit abgeschlossen wurde. Die in Tieflagen auf schweren Böden kaum „mittelmäßig“ stehenden Rüben dürften sich bei schöner, warmer Witterung und bei fleißigem Behacken beziehungsweise Jäten voraus⸗ sichtlich noch bessern. Im allgemeinen ist der Stand „mittel“ und „ziemlich gut“, in Niederösterreich, Böhmen und Mähren hin und wieder auch „sehr gut“, und können die Ernteaussichten in Berück⸗ sichtigung der vorerwähnten Schäden derzeit nur als „mittel“ gelten.

Die Kleeheuernte hat in den Gebirgslagen der Alpenländer wenig befriedigt, da die frühere Kälte und Trockenheit die schwachen und schlteren Kleebestände in der Vegetation zurückhielten und die Regen in der zweiten Junihälfte selbst dort, wo der Schnitt später stattfand, nur wenig zu helfen vermochten. Dazu kam noch, daß das Trocknen sowie das Einbringen nur von wenigen schönen Tagen be⸗ günstigt war und unberegnetes, ganz trockenes Heu sehr selten ein⸗ geführt werden konnte, wodurch die ohnedies meist nur „mittlere Quan⸗ tität auch noch an Qualität Einbuße erlitt. In den Sudeten⸗ und Karpathenländern hat der sehr verspaͤtete Schnitt auf kräftigen Böden in Mittellagen noch eine „ziemlich gute“, in Gebirgslagen der erstge⸗ nannten Länder eine „mittlere“ bis „schwach mittlere“ und in jenen der letzteren eine „mittlere“ bis „ziemlich gute⸗ Heuernte von wenig wertvoller Futterqualität ergeben, welche durch wiederholtes Beregnen noch weiter verschlechtert wurde. In höheren Lagen ist das Heu jetzt noch nicht ganz eingeführt und der Auslaugung und dem Verderben preisgegeben. Die Kleeheuernte kann somit im großen und ganzen bezüglich der Quantität als „mittel“, hinsichtlich der Qualität als „mittel“ bis „schlecht“ bezeichnet werden. Der Nachwuchs für den zweiten Schnitt zeigt sich bei den früher gemähten Kleeschlägen kräftig und läßt eine gute Grummeternte erhoffen. In den Südländern hat der zweite Schnitt von Luzerne und Rotklee auf besseren Böden Menäich gute“ bis „gute“, auf leichteren „mittlere“ Grummeternte ergeben.

Die Wiesenheuernte, die in viel höherem Grade durch die Witterungsungunst benachteiligt wurde wie die Kleeheuernte, ist zum großen Teile noch nicht eingebracht. Auf den Berg⸗ und Waldwiesen

er höheren I in den Alpen⸗ sowie in den Sudeten⸗ und Kar⸗

thenländern ist die Mahd noch im Zuge. Immer wiederkehrende

iederschläge verzögern das Trocknen und Einheimsen des ohnehin wenig gehaltvollen, überständigen Futters. In Tal⸗ und Niederungs⸗ wiesen ist ein erhebliches Quantum halbtrockenen Heus bereits gänzlich verdorben. Die mitunter „ziemlich guten“ bis „guten“ Erträge der Tal⸗ und Niederungswiesen, ebenso der einmähdigen und Waldwiesen können in Berücksichtigung der in höheren Lagen der Alpenländer nur „mittel“ bis „schwachmittel' und in den Sudeten⸗ und Karpathenländern bloß „mittel“ ausfallenden Heuernte nicht mehr ausschlaggebend sein, da in den Sudeten⸗ und Karpathen⸗ ländern sowohl die Qualität als auch die Quantität durch Wetter⸗ schäden bedeutende Verminderung erlitten. Der Ausfall bei der dies säbrigfn, erst zum Teile unter Dach gebrachten Ernte wird in den lpenländern auf 25 50, in den Sudetenländern auf 50 % geschätzt und dürfte auch in den Karpathenländern nicht geringer sein. Die kann daher im besten Falle als „schwach mittel“ bis „mittel“ bezeichnet werden. Die Entwicklung der Grummetgrasnarbe hat auf zeitig gemähten Sn gh recht gute Fortschritte gemacht, da⸗ gegen sind die Aussichten auf günstige Grummeternten auf den spät gemähten Wiesen schon jetzt besenelich geringere.

Für die Weinrebe war die naßkalte Witterung im Juni von sehr ungünstiger Wirkung. Die Vegretation derselben, beziehungsweise die Entfaltung der Blüte wurde in den Weinbaugebieten von Böhmen

und Mähren um Wochen verzögert, der Verlauf der Blüte in Nieder⸗ österreich, Steiermark und Südtirol teilweise gehemmt. Geschädigt

hierdurch sind besonders einige Weinbaugebiete in Niederösterreich,

in Mittelsteiermark sowie teilweise auch in Südsteiermark und in erster Linie aber Weinbaugebiete in Südtirol. Die früher reich⸗

lich vorhandenen Trauben begannen sich in ebenen Lagen bedeutend zu

lichten und sind in Südtirol fast zur Hälfte vernichtet. Ebenso ist auch die Entwicklung der Beeren wegen Wäãrme Anfang Juli zurückgeblieben, und zeigen sich die Trauben, besonders bei einigen Rotweinsorten, bereits schütter. Zudem hat die feuchte Witterung das Auftreten von Oidium und Peronospora in Nieder⸗