Beamte, die bei Aufhebung der Generalkommission nicht verwendet werden, bleilen bis zu ihrer Dienstunfähigkeit zur Verfügung des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und werden auf einem besonderen Etat geführt. Sie erhalten bis zu ihrer etwaigen anderweiten Anstellung auch im Falle ihrer demnächstigen Dienst⸗ unfähigkeit während eines Zeitraums von fünf Jahren unverkürzt ihr bisheriges Diensteinkommen einschließlich des Wohnungsgeldzuschusses in dem bisherigen Betrage, nach Ablauf des fünfjährigen Zeitraums dagegen drei Vfertel ihres pensionsfähigen Diensteinkommens.
Das Witwen⸗ und Waisengeld für die Hinterbliebenen dieser Beamten wird in jedem Falle unter Zugrundelegung einer Pension von drei Vierteln des pensionsfähigen Diensteinkommens gewährt.
Als Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzusehen, wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird oder der Bezug der für die Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten selbst wegfällt. 1
Die zur Verfügung des Ministers verbleibenden Beamten haben ch nach dessen Anordnung auch der zeitweiligen Wahrnehmung solcher Vemte —nf welche ihren Fähigkeiten und ihren bisherigen erhältnissen entsprechen. 1 beläbfsen 88 Dauer dieser Beschäftigung erhalten sie ihr früheres Diensteinkommen unverkürzt und sofern die Beschäftigung außerhalb ihres Wohnorts erfolgt, Reisekosten nach den für die im Dienste befindlichen Beamten bestehenden Vorschriften und eine von dem zuständigen Minister nach dem erforderlichen Mehraufwande fest⸗ zusetzende Entschädigung.
5. Erfolgt, abgesehen von dem Falle des § 4, eine Wiederbeschäftigun der Hee- im Reichs⸗ oder Staatsdienst im Sinne des § 2½ Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Pensionierung der unmittelbaren Staatsbeamten, vom 27. März 1872 (Gesetzsamml. S. 298) in der Fassung des Gesetzes vom 27. Mai 1907 (Gesetzsamml. S. 95), so finden die gesetzlichen Vorschriften über die Wiederbeschäftigung pensionierter Beamten auf die im § 3 Abs. 1 bezeichneten Bezüge entsprechende Anwendung. 86
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft; seine Ausführung erfolgt durch die zuständigen Minister.
Urkundlich unter Unserer 1“ Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Molde, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den
Wilhelm.
von Bethmgnn Follweg. Freiherr von Rheinbaben. Delbrück. Beseler. von Breitenbach. von Arnim. von Moltke. Sydow. von Trott zu Solz.
““
Die erinnerungsreichen Tage des jüngst verflossenen dritten Wettstreits deutscher Männergesangvereine um den von Mir geftifgeien Wanderpreis haben in Mir den
hinterlassen, daß alle Beteiligten mit freudiger Begeisterung zur Erfüllung der in Meinem Erlaß vom 27. Januar 1895 festgestellten vaterländischen Ziele mit⸗ uwirken bemüht gewesen sind. Insbesondere erkenne und würdige Ich gern und uneingeschränkt den Eifer und die Hin⸗ gabe, mit der die einzelnen mitkämpfenden Vereine sich ihrer Aufgabe gewidmet haben und den hohen Durchschnitt, den die Leistungen trotz der verschiedenartigen Zusammensetzung der Vereine und trotz der Mannigfaltigkeit der Bedingungen, unter denen die Vorbereitung erfolgt ist, aufzuweisen hatten.
Immerhin hat sich hierbei eine Reihe von Gesichtspunkten ergeben, deren Beruͤcksichtigung für die Folgezeit wichtig er⸗ scheint. Soweit die gesangliche Ausbildung in den Preußischen Schulen in Betracht kommt, behalte Ich Mir besondere Regelung vor. Die Anordnung des ganzen Festes hat sich durchaus bewährt. Ebenso wird an der Einrichtung der Preis⸗ chöre und der von den Vereinen selbst zu wählenden Chöre festzuhalten sein. Vor allem aber wird auf die volkstuüͤm⸗ vaü en Ausgestaltung des Wettstreits ein größerer Nachdruck gelegt werden müssen. Namentlich darf der erste Preischor nicht zu schwer gewählt werden. Bei den selbst⸗ gewählten Chören erscheint eine abwechselungsreichere Auswahl erwünscht. - 8
Um diesem Ziele zu genügen und einzelnen innerhalb des Wettstreits hervorgetretenen Beschwerden vorzubeugen, ist eine teilweise eghn Ergänzung der geltenden Bestimmungen nach Maßgabe des Folgenden erforderlich:
1) Bezüglich des den Vereinen vor dem Wettstreit zugehenden größeren Preischors ist zu verlangen, daß er melodisch wertvoll und von mittlerer Schwierigkeit sei, insbesondere die Grenzen der einzelnen Stimmen nicht dauernd in Anspruch nehme; er soll im wesentlichen vierstimmig gesetzt sein und die Zeit von fünf Minuten nicht über⸗ schreiten. Die Dichtung muß dem nationalen und künstlerischen Charakter des Wettstreits entsprechen.
2) Die Auswahl des Preischors erfolgt auf Grund eines all⸗ gemeinen oder beschränkten Wettbewerbs zwischen Komponisten deutscher Zunge, zu dem das Ausschreiben vor dem 1. Januar des dem Gesangwettstreit vorhergehenden Jahres erlassen wird. Dabei sind geeignete Texte seitens der musikalischen Kommission in Vorschlag zu bringen. Die Wahl anderer Texte verwandten Inhalts schließt jedoch von der Bewerbung nicht aus.
Sollten die eingesandten Kompositionen den vorstehenden Be⸗ dingungen nicht entsprechen, so wird die Kommission als Preischor eine geeignete Nummer des Volksliederbuchs bestimmen.
3) Um berechtigten Klagen aus Sängerkreisen wegen Ueberhäufung mit Proben zu begegnen, wird die Frist für die Einübung des größeren Preischors von sechs auf zehn Wochen verlängert.
4) Bei den der eigenen Wahl der Vereine überlassenen Chören findet eine Bewertung der Schwierigkeit nicht statt. Um Ueber⸗ schätzung der Kräfte und andere Mißgriffe zu vermeiden, ist den Vereinen zu empfehlen, in erster Linie das auf Meine Veranlassun herausgegebene Volksliederbuch zu berücksichtigen und es auch für fre gewählte Chöre als 8 zu betrachten. 1
Es steht den Vereinen frei, statt eines Chores auch zwei kürzere Chöre, von denen wenigstens einer dem Volksliederbuch entnommen ist, zu wählen, falls deren Gesamtdauer die eines einzelnen Chores von mittlerer Länge nicht überschreitet. 1
Die Klassiker des Männergesanges sollten unter den Vorträgen nicht fehlen. Im übrigen liegt es der musikalischen Kommission ob, urch äebnun ungeeigneter, wie durch Beschränkung der Auswahl hinsichtlich zu bäufig angemeldeter Chöre und durch Ratschläge aller Art auf angemessene und mannigfaltige Ausgestaltung des Programms
herigen Bestimmungen Ziffer 4 bezeichneten
Ebenso ist es selbstverständlich, daß jeder an⸗
emeldete Sänger nur in einem Verein mitwirken darf. Daß einzelne
ßSänger besonders für den Zweck des Wettsingens mit oder ohne Ver⸗ gütung angeworben werden, ist unstatthaft.
ie musikalische Kommission hat sich über die Einhaltung dieser
Bestimmungen durch Einforderung von Erklärungen der Vorsitzenden und EöA“ Vereine zu vergewissern.
6) Der für den einzelnen Wettstreit ernannten mustkalischen Kommission, die bis zur vollen Abwicklung der Geschäfte in Wirk⸗
samkeit bleibt, ist es unbenommen, weitere zur Ausführung der erlassenen Bestimmungen erforderliche, nicht ersichtlich in den Bereich anderer Instanzen gehörige Anordnungen zu treffen.
Sofern sich wegen der Auswahl der Preischöre oder der vor⸗ zuschlagenden Texte Zweifel ergeben, hat die Kommission Meine Ent⸗ scheidung einzuholen. Sollte zur Beurteilung der Kompositionen eine probeweise Ausführung vor der Kommission erwünscht sein, so sind die erforderlichen Gesangskräfte seitens Meines Hof⸗ und Domchors zur Verfügung zu stellen.
Eure Exzellenz ermächtige Ich, die Fassung der unter dem
2. Juli 1898 von Mir genehmigten Bestimmungen unter Be⸗
achtung des Vorstehenden abzuändern und die Fristen für die
einzelnen zur Vorbereitung künftiger Wettstreite erforderlichen
Maßnahmen entsprechend festzusetzen, auch diesen Erlaß und
die abgeänderten Bestimmungen zur Kenntnis der beteiligten
Kreise zu bringen.
Berlin im Schloß, den 16. Juli 1909.
WVvvVelm RF.
von Trott zu Solz. An den Minister der geistlichen, Unterrichtss und Medizinalangelegenheiten. 1
“ “ Finanzministerium. “ Der Bundesrat hat in der Sitzung vom 24. d. M. beschlossen: „Die Uebergangsabgabe von dem in die norddeutsche Brausteuergemeinschaft aus Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß⸗Lothringen eingeführten Biere wird mit Wirkung vom 1. August 1909 ab auf 5 ℳ für 1 hl fesigesettn. Sis beteiligten Amtsstellen sind hiernach mit Anweisung zu versehen. Berrlin, den 30. Juli 1909. Der Finanzminister. Im Auftrage: Köhler. 89 An sämtliche Königliche Oberzolldirektionen (einschließlich Erfurt.) 1b
“
Der Universitätskuratorialsekretar Gorr in Greifswald ist zum Rentmeister bei der Königlichen Kreiskasse in Strelno
ernannt worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 8
Die Oberförsterstelle Woltersdorf im Regierungs⸗ bezirk Potsdam ist zum 1. Oktober 1909 zu besetzen. el⸗ dungen müssen bis zum 17. August eingehen.
Ministerium des Innern.
Der Oberpräsidialrat Schimmelpfennig und der Oberregierungsrat Tidick sin Provinz Schlesien zugeteilt worden.
Der Z“ van de Sandt bei der Ber werksdirektion in? eckfenghause ist zum B
worden. ö
8
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.
Dem Privatdozenten in der medizinischen Fakultät und Oberarzt an der Medizinischen Klinik der Universität in Greifswald Dr. Eduard Allard, dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität zu Breslau Dr. Johannes Zie kursch und dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität zu Bonn Levison ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.
Regierungsbezirk Magdeburg, mit dem Amtssitz in Salzwedel, ist zu besetzen.
BGHekannmtmachun
Die Bücherei und das Lesezimmer des Königlich preußischen Statistischen Landesamts (Lindenstr. 28) blfiüben während des Monats August des laufenden Jahres eschlossen.
8 Berlin, den 27. Juli 1909. Der Präsident des Königlich preußis Se Statistischen Landesamts.
8 “ 1
Forstakademie Eberswalde. 8
Vorlesungen im Wintersemester 1909/110.
Oberforstmeister, Professor Dr. Möller: Waldbau. — Ueber die Bedeutung der Pilze für das Leben des Waldes. — Forstliche Exkursionen. 8
Forstmeister Dr. Kienitz: Forstschutz. — Landwirtschaft (Acker⸗ bau). — Forstliche Exkursionen. 1
Forstmeister Wiebecke: Forstbenutzung. — Forstliches Praktikum. — Forstliche Exkursionen.
Geheimer Regierungsrat, Forstmeister, ncjesser Dr. Schwappach: Holzmeßkunde. — Forstgeschichte. — Forstliche Exkursionen.
Professor Schilling: Forsteinrichtung (Theorie und Methoden). — Nationalöͤkonomie I. Theil. — Forstliche Exkursionen.
Forstmeister Zeising: Einleitung in die Forstwissenschaft. — Forstliche Exkursionen. 4
Professor Dr. Schubert: Geodätische Aufgaben. — Physik. — Meteorologie. .
Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Remelé: Mineralogie. — Mineralogisches Praktikum. — Allgemeine und anorganische Chemie.
Privatdozent Dr. Vogel von Falckenstein: Fhensl e Technologie. — Theoretische Grundlagen der Chemie. — Chemisch⸗ technische Frcn bonen
Professor Dr. Albert: Bodenkunde (Technologie des Bodens), Bodenkundliches Praktikum. — Exkursionen.
Professor Dr. Schwarz: Allgemeine Botanik mit Praktikum. Botanisches Seminar. 1
Professor Dr. Eckstein: Allgemeine Zoologie. — Wirbeltiere. — Wirbellose Tiere (ohne Insekten). — Forftschädliche Tiere. — Fisch⸗
ucht. — Zoologische Uebungen und Exkursionen. 89 ro 2 Pr. Dickel: Sachenrecht.
hefarzt Dr. Heidemann: Erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen.
dem Oberpräsidenten der 8 88 “
r. Wilhelm
Die Kreisarztstelle des Kreises Salzwedel,
[hätten, die imstande seien, die unruhigen Elemente im
Das Wintersemester beginnt Freitag, den 15. Oktober 1909 und endet Sonnabend, den 19. März 1910.
Anmeldungen sind möglichst bald unter Beifügung der Zeugnisse über Schulbildung, sertse Lehrzeit, Führung und Besitz d forderlichen Unterhaltsm nisses an die Forstakademie Eberswalde zu richten.
Eberswalde, den 2. August 1909. 116“
Der Direktor der Forstakademie. Dr. Möller.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 23 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 10 978 das Gesetz, betreffend die Aufhebung der
Generalkommission für die Provinzen Westpreußen und Posen in 24. Juli 1909. Berlin W., den 3. August 1909. 8 Königliches Gesetzsammlungsamt. 8 Krüer.
8
e von der E1“ Gesetzsammlung enthält unter
r. 10 976 das Gesetz, betreffend die Gebühren der
Medizinalbeamten, vom 14. Juli 1909, und unter
Nr. 10 977 die Verordnung, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Medizinalbeamten in gerichtlichen An⸗
gelegenheiten, vom 14. Juli 1909. Berlin W., den 4. August 1909. Königliches Gesetzsammlun Krter.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 4. August.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten
gestern vormittag auf der Jacht „Hohenzollern“ während de Fahrt von Odde nach Swinemünde, woselbst Allerhöchstderselb am Nachmittag eintrafen, die Vorträge des Chefs des Marine kabinetts, Vizeadmirals von Müller, des Chefs des General
stabs der Armee, Generals der Infanterie von Moltke und des Vertreters des Auswärtigen Amtes, Gesandten von Treutler. Heute vormittag nahmen Seine Majestät, „W. T. B.“ fu⸗
folge, die Vorträge des gestern abend in Swinemünde ein⸗
getroffenen Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg und des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Freiherrn
von Lyncker entgegen
8
Der Präsident des Patentamts, Wirkliche
Geheime Oberregierungsrat Hauß ist vom Urlaub zurück⸗
gekehrt.
Der E““ Dr. Lisco ist mit Urlaub nach Süddeutschland abgereist.
Der Direktor beim Rechnungshofe des Deutschen Reichs, Wirkliche Geheime Hernseh uggaer. Maaß ist von seiner Urlaubsreise nach Potsdam zurückgekehrt.
1“ “ ““
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Vater⸗ land“ am 1. August von Kiating am oberen Nangtse abge⸗ gangen und an demselben Tage in Steifu eingetroffen.
S. M. S. „Iltis“ ist gestern in Tsingtau eingetroffen.
Großbritannien und Irland.
Der gestrige Tag des Besuchs des Kaisers von Rußland war hauptsächlich einem Jachtrennen gewidmet. Am Abend fand auf der russischen Kaiserjacht „Standart“ ein Prunkmahl statt.
— Der russische Minister des Aeußern Iswolski wies
estern in einer Unterredung mit einem Vertreter des „Daily “ h“ auf die Ergebnisse der Freundschaft zwischen den beiden heer erhäusern und den beiden Ländern hin, die eine der stärksten Garantien des europäischen und außereuropäischen Friedens sei. Iswolski bezeichnete, „W. T. B.“ zufolge, besonders Persien als ein Beispiel für die Vorteile der Entente und erklärte, daß “ beabsichtigt werde, die Truppen sobald als möglich aus Persien zurückzuziehen, und zwar sobald die Ordnung dauernd veöehenehe t sei, das heißt sobald die Verwaltungsorgane der öffentlichen Ordnung ernannt und in Tätigkeit getreten seien, also in Täbris, Teheran und Kaswin Männer die Verwaltung übernommen
Zaume zu halten. Außerordentlich befriedigt äußerte sich der Minister über seine Unterredung mit Grey am Tage vorher und er⸗ klärte, er hoffe zuversichtlich, daß die Schwierigkeiten in bezug auf Kreta zur Zufriedenheit aller Beteiligten glücklich
gelegt würden. 1 — In der gestrigen Sitzung des Unterhauses fragte eußern, ob er noch die von
Dillon den Staatssekretär des
der deutschen Regierung gegebene Erklärung als in gutem Glauben getan annehme, daß Deutschland sein Sch fts bauprogramm nicht beschleunigen wolle und bis Ende 1912 nicht mehr als dreizehn Schiffe vom Dreadnoughttyp einschließlich der Kreuzer haben werde, und ferner, ob vor dem 26. Juli d. J. irgend eine Nachricht an die britische Regierung gelangt sei, die zu der Annahme berechtigen könne, daß irgend eine Aenderung in den Absichten der deutschen Regierung eingetreten sei. Laut Meldung des „W. T. B.“ antwortete der Parlamentsunter⸗ sekretär im Auswärtigen Amt Mac Kinnon Wood auf den
ersten Teil der Frage bejahend, auf den zweiten verneinend.
Frankreich. J.“
Im gestrigen Ministerrat äußerte der Präsident alliêres, wie das „W. T. B.“ berichtet, seine Befriedigung über die in Cherbourg gewonnen Eindrücke. In seinen Unterredungen mit dem Kaiser von Rußland sei wiederum das völlige Einvernehmen zwischen der
französischen und der russischen Regierung zutage ge⸗
. — t er er 16 8 ttel sowie unter Angabe des Militärverhält.
heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 22
und Kontrolle.
8
treten und der gemeinsame Wille, durch ihr Bündnis zur Festigung des Friedens beizutragen. Der Minister des Aeußern Fügn berichtete über seinen Meinungsaustausch
mit Iswolski, aus dem sich die volle Uebereinstimmung
zwischen den französischen und russischen Diplomaten in allen gegenwärtig im Vordergrunde des Interesses stehenden inter⸗ nationalen Fragen ergeben habe. Nach einer Mitteilung über die ruhigere Lage in Spanien äußerte sich Pichon über Kreta. Die vier Schutzmächte seien in Unterhandlungen ge⸗ treten, um die vollständige Durchführung der der Ff ab⸗ gegebenen Erklärung zu sichern, wonach die Mächte die Auf⸗ rechterhaltung des Status quo verbürgten. Schließlich ge⸗ nehmigte der Ministerrat die Ernennung des Generals Laffon de Ladébat zum Chef des Generalstabes der Armee.
8 Spanien.
Nach Meldungen des „W. T. B.“ herrscht jetzt in Barcelona vollkommene Ruhe; der Eisenbahn⸗und Dampfer⸗ verkehr ist wieder regelmäßig und die Arbeit ist allenthalben wieder aufgenommen worden. Die Revolutionäre beabsichtigen jedoch, wieder zu den Waffen zu greifen, falls die Gefangenen nicht in Freiheit gesetzt werden sollten. Die amtlichen Meldungen über die Verluste auf Seiten des Militärs beziehen sich nicht auf die Gendarmen, die eine ganz bedeutende Zahl Toter und
gerwundeter hatten.
Türkei.
Der Minister des Aeußern brachte nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ dem griechischen Gesandten in Konstantinopel das Verlangen der Pgsorte nach Abberufung der griechischen Offiziere von Kreta zum Ausdruck und erklärte, die Pforte werde dort nur noch die kretische Flagge dulden.
Das Exekutivkomitee in Canea veröffentlicht gleichzeitig im Amtsblatt eine Verfügung, nach der auf der Festung all⸗ täglich, auf verschiedenen anderen öffentlichen Gebäuden an Sonn⸗ und Feiertagen die kretische eee gesetzt werden soll. Die Miliz erhält außerdem in ihrer Flagge das Bild des Heiligen Georg.
— Bei der in der gestrigen Kammersitzung fortgesetzten Beratung des Budgets bestanden, wie das „W. T. B.“ meldet, mehrere Deputierte auf einer erheblicheren Herabsetzung der Beamtengehälter. Der Großwesir Filme Pascha ver⸗ langte die Wiederherstellung e“ ositionen in seinem Resßort, widrigenfalls er demissionieren würde. Das betreffende Kapitel wurde an die Kommission eeeeag. Hierauf lehnte die Kammer mit 91 gegen 52 Stimmen die von dem Minister des Innern verlangte Wiederherstellung eines Postens im Budget ab; doch machte der Minister keine Vertrauens⸗
frage daraus. Schweden.
Die Vertreter des Verbandes der niederen Feeh bahnbeamten verhandelten, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern und gestern über die Stellung des Verbandes zum General⸗ ane gah⸗ und beschlossen, daß die Verbandsmitglieder vor⸗ läufig nicht an dem Ausstand teilnehmen sollen, solange dieser den Charakter eines gewerklichen Streits zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf einzelnen Ge⸗ bieten hat. 1 8 F1X““
“ Handelsvertrag ist
Der deutsch⸗venezolanische 8 einer Meldung des „W. T. B.“ aus Caracas nunmehr auch von der Deputiertenkammer in zweiter und dritter Lesung angenommen worden. 8
— Die chilenische Deputiertenkammer hat, obiger Quelle zufolge, die Hinausschiebung des Notenkonver⸗ tierungsgesepes bis zum Januar 1915 beschlossen, indem sie sich die Möglichkeit vorbehielt, die Konversion früͤher an⸗ zuordnen, wenn während sechs aufeinanderfolgender Monate der Wechselkurs nicht unter 17 Pence auf den Piaster Papier gesunken ist.
Afrika.
Einer Depesche des „W. T. B.“ zufolge wird amtlich aus Melilla gemeldet, daß die Mauren in der Nacht zum Dienstag einen Angriff auf ein im Bau befindliches Blockhaus unternommen, aber unter großen Verlusten von den Spaniern zurückgeschlagen worden seien, und eine 150 m lange Strecke der Eisenbahn aufgerissen hätten. Der General Marina habe befohlen, die Bahnstrecke wiederherzustellen und zur Sicherung der Bahnverbindung den Blockhausbau zu vollenden. Die Schluchten des Guruguberges werden von einem Fessel⸗ ballon aus beobachtet. 8— .
Statistik und Volkswirtschaft.
8 Gemeindebetriebe. “
Seit einiger Zeit machen sich auch in den deutschen Städten Bestrebungen bemerkbar, immer mehr Betriebe, die bis dahin in der Regel Gegenstand privater Unternehmungen waren, auf eigene Kosten zu betreiben. Diese Gemeindebetriebe sind auf verschiedenen Gebieten Feeionec. das allgemeine Wohl, die Volksgesundheit zu fördern, indem ie 1. B. für hygienisch einwandfreie Marklhallen mit Aufbewahrungs⸗ räumen, Schlachthäuser, Wasserbeschaffung usw. sorgen und gleichzeitig in vielen Gemeinden die Finanzen aufbessern. Im weitesten Sinne genommen, umfaßt der Gemeindebetrieb heute Unternehmungen recht mannigfaltiger Art. Am bekanntesten, weil am frühesten begründet, sind die Leihhäuser, Wasser⸗ und Gaswerke, zu denen in neuerer Zeit auch Elektrizitätswerke gekommen sind. Weiter gibt es städtische Verkehrs⸗ anstalten (Straßenbahnen). Die Zahl der Restaurants und Saal⸗ bauten im städtischen Betriebe hat gleichfalls zugenommen, ebenso die Zahl der Sparkassen, Schlacht⸗ und Viehhöfe, Markthallen,
afenanlagen, Lagerhäuser, Heilanstalten, Beerdigungsanstalten, Desinfektionsbetriebe, Bibliotheken, Lesehallen. inzugekommen
nd in einzelnen Orten städtische Einrichtungen für Fleisch⸗ und Fischversorgung, die aber nicht recht gedeihen wollen. Auch die Verabreichung von Kindermil ist in manchen Orten in bestimmtem Umfange Aufgabe der städtischen Ver⸗ waltung geworden, oder sie geschieht wenigstens unter ihrer Beihilfe Ebenso greift der Stadtbetrieb immer mehr in das ewerbe der Ser . 2in. ein. Die Gemeindearbeits⸗ vachweise sind schon heute eine wichtige und wohltätige Einrichtung auf dem Arbeitsmarkt, und sie werden in Zukunft noch sehr erheblich an Bedeutung gewinnen. Die Mannigfaltigkeit der städtischen Be⸗ triebe ist mit den aufgezählten Tätigkeitsgebieten noch längst nicht erschöpft; aber man sieht schon aus ihnen, daß die Gemeinden immer mehr Erwerbszweige an sich ziehen.
Alle diese Betriebe und Einrichtungen tragen jedoch einen wirt⸗ 1c gänzlich verschiedenen Charakter. Es läßt sich sofort eine anze Anzahl solcher ausscheiden, die ihren Ursprung lediglich ozialen und hygienischen Erwägungen verdanken und aus⸗ nahmslos von den Gemeinden Zuschüffe erfordern. Bei ihnen handelt eg dsich lediglich darum, den emeindeangehörigen gewisse Leistungen zund Annehmlichkeiten zu verschaffen, deren Kosten zum Teil oder gänzlich
aus den allgemeinen Steuern oder aus anderen Einnahmenbestritten werden. Diesen gegenüber stehen dann solche Betriebe, bei deren Begründung und Verwaltung zwar gleichfalls mitunter soziale und hygienische Erwägungen mitspielen, die aber keine Zuschüsse erfordern, sondern in der Mehrzahl der Fälle Ueberschüsse abwerfen. Zu diesen letzteren, die man in der Regel als gewerbliche Betriebe bezeichnet, gehören namentlich Gas,, Elektrizitäts⸗ und Wasserwerke, Straßenbahnen, Schlacht, und Viehhöfe, Leih⸗ und Lagerhäuser usw. Bei diesen gewerblichen Betrieben ist fast durchweg die Art der Verwaltung und die Preisfestsetzung darauf zugeschnitten, daß bei geschickter Ver⸗ waltung Ueberschüsse oder Unternehmergewinne für die Stadt erzielt werden. Dieser letzteren wegen haben in jüngster Zeit auch viele Dorfgemeinden Gas⸗, Wasser⸗ und Elektrizitätswerke gegründet und in eigenen Betrieb genommen. Natürlich gibt es auch Fälle, wo die Erwartungen durch eine unkaufmännische Verwaltung oder durch widrige Umstände getäuscht werden und, statt Ueberschüsse zu er⸗ zielen, selbst bei den gewerblichen Betrieben Zuschüsse geleistet werden müfsenn In den ersten Betriebsjahren ist dies besonders häufig er Fall.
Von dem Umfang der Gemeindebetriebe läßt sich nicht leicht ein sicheres Bild gewinnen, da nicht die Höhe des Zuschusses oder Ueber⸗ schusses, sondern die Qualität der dem Gemeinwohl geleisteten Dienste ausschlaggebend ist. Einen Maßstab für den Umfang des Betriebes bildet die Zahl der beschäftigten Arbeiter. Nach einer Aufstellung von P. Mombert in dem von Professor Fuchs im Auftrage des Vereins für Sozialpolitik heraus⸗ gegebenen Werke „Gemeindebetriebe“ Fealch von Duncker u. Humblot, Hethng) wurden 1903 in 57 deutschen Städten mit über 50 000 Einwohnern zusammen 70 527 Arbeiter und Arbeiterinnen in Gemeindebetrieben beschäftigt. Fißt ist die Zahl natürlich viel größer geworden. Die meisten städtischen Arbeiter beschäftigte Berlin, nach der Aufstellung Momberts rund 13 000; es kommen dann Hamburg mit 10 000, Dresden und Cöln mit rund 3600, Ueanfettt a. M. mit 3317, München mit 3271, Breslau mit 1883,
eipzig mit 1805 usw.
Sehr deutlich bemerkbar wird das schnelle Wachstum der städtischen Betriebe, wenn man die Steigerung der Gemeindearbeiterzahl be⸗ trachtet. Sie erhöhte sich z. B. in Frankfurt a. M. 1900 — 1906 von 3085 auf 7866, in Düsseldorf 1890 — 1907 von 534 auf 3035, in Mannheim 1898 —- 1908 von 759 auf 1839, in Breslau 1885 — 1903 von 484 auf 3730, in Magdeburg 1898 — 1906 von 969 auf 1870. Auch die Anzahl der in städtischen Betrieben beschäftigten Beamten und fest Angestellten hat sich entsprechend vermehrt. Es liegen hierfür genauere Angaben aus Frankfurt a. M. und Dortmund vor. In der Mainstadt stieg die Zahl dieser Beamten und Angestellten 1903 — 1906 von 2165 auf 2564, mit den Arbeitern zusammen auf 10 430, in Dortmund 1891—1903 von 185 auf 528, mit den Arbeitern zusammen auf 1156.
Diese Entwicklung wird mit dem Wachzstum der Städte jeden⸗ falls nicht nur fortschreiten, sondern ihrem zahlenmäßigen 1 voraussichtlich voraneilen. So ist zum Beispiel mit den höheren An⸗ sprüchen an Hygiene und Reinlichkeit die Zahl der in Berlin und Dresden bei der städtischen Straßenreinigung beschäftigten Arbeiter weit stärker als die Bevölkerungsziffer gewachsen. Als Berlin 1 104 992 Einwohner hatte, betrug die Zahl dieser Arbeiter 594, bei 2 040 148 Einwohnern jedoch 2036; und als die Einwohnerzahl Dresdens 380 500 betrug, gab es 363 Straßenreinigungsarbeiter, bei 516 996 Einwohnern dagegen 828.
Natürlich hat der städtische Gewerbebetrieb auch Gegner. Man wirft ihm unter anderem vor, daß er manchen Berufen das Leben erschwert und den Stadtsäckel immerhin mit einem Risiko belastet. Im allgemeinen kann man es jedoch nur billigen, wenn die städtischen 5”-SeSe solche Tätigkeitsgebiete, wie Elektrizitätswerke, die be⸗ sonders geeignet sind, dem Allgemeinwohl und gleichzeitig den städtischen Finanzen zu dienen, in eigenen Betrieb zu nehmen suchen. Die Aufgaben der Gemeinden sind außerordentlich gewachsen und werden weiter große Ansprüche an die Steuerkraft stellen; es ist daher eine weise städtische Wirtschaftspolitik, wenn man beizeiten neue Einnahmequellen zu er⸗ schließen sucht, die den Steuerzahler etwas entlasten. C1uöe“
Zur Arbeiterbewegung.
Der Lohnkampf der Berliner Schlosser hat sich, der „Voss. Ztg.“ zufolge, erheblich verschärft. In verschiedenen Betrieben haben heute früh die Bau⸗ und Kunstschlosser die Arbeit niedergelegt. Der Arkheitgeberschutzverband der Schlossereien will nunmehr diesem Teilausstand durch die Aussperrun der Baäu⸗ und Kunstschlosser entgegentreten, zumal auch im Ausstand der Geldschrankschlosser noch keine Einigung erzielt ist. Nach dem Plan des Vorstandes soll sich die IIerne zunächst auf 50 v. H. der Beschäftigten erstrecken und, falls diese Matnahme nicht zur Be⸗ endigung des Streiks führt, auf alle beteiligten Arbeitnehmer aus⸗ edebar werden. Der Arbeitgeberschutzverband wird morgen in einer Generalversammlung zu dem Aussperrungsantrag des Vorstandes Freluns nehmen und ihm vboraussichtlich zustimmen. Damit würde die Zahl der an dem Lohnkampf der Schlosser beteiligten Arbeitnehmer P. um rund 5000 vermehren. Der von den streikenden Geldschrankschlossern ausgearbeitete neue ermäßigte Tarifentwurf ist von der Streikleitung den einzelnen Arbeitgebern zur Anerkennun vorgelegt worden. Diese haben aber Einzelverhandlungen abgelehn und 9. Streikleitung an den Vorstand des Arbeitgeberschutzverbandes verwiesen.
Die Former und Gießereiarbeiter der Maschinenfabrik R. Wolf in Buckau bei Magdeburg sind, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, in den Ausstand getreten.
Die Tarifbewegung im Leipziger Glasergewerbe ist laut Mitteilung der „Lpz. Ztg.“ beendigt. Wie am Sonn⸗ abend in einer Gehilfenversammlung berichtet wurde, ist nach langen Verhandlungen eine Einigung erzielt worden, und zwar hauptsächlich auf Grund folgender Bestimmungen: für Bank⸗ arbeiter wird der Lohn für das Stück sofort um 3 ₰ und in 2 Jahren um weitere 3 ₰ erhöht, für Bauarbeiter sofort um 2 ₰ und in 2 Jahren um 3. Der Mindestlohn für Bauarbeiter steigt von 58 auf 63 ₰, für Bankarbeiter von 53 auf 59 ₰. Alle be⸗ stehenden Löhne erhalten einen sofortigen Zuschlag von 2 ₰, am 1. Juli 1911 einen weiteren von 3 ₰. Die Arbeitszeit wird um † Stunde wöchentlich verkürzt. Die Gehilfenversammlung stimmte diesem neuen Tarif zu, der bereits in Kraft getreten ist.
Am 1. August begaben sich, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, die Arbeiter sämtlicher Glasfabriken des Beckens von Charleroi gruppenweise zu den Arbeitgebern und kündigten für den Fall, daß ihre Löhne nicht um 15 v. H. erhöht würden. Die Arbeitgeber haben die Kündigung angenommen und beschlossen, mit dem 31. August die Betriebe zu schließen.
u der allgemeinen Ausstandsbewegung in Schweden
(vgl. Nr. 181 d. Bl.) berichtet „W. T. B.“: Die Straßenbahn⸗ beamten haben heute die Arbeit niedergelegt. Die Zahl der Reisenden in Stockholm ist augenblicklich die hern seit Jahren. Die Touristen haben die Stadt verlassen, der Straßen⸗ bahn⸗ und Srsfceeenerhens ist eingestellt. Ein ununterbrochener Menschenstrom besuchte in den letzten Tagen die Waffenhandlungen, die Banken kauften massenhaft Revolver. Die Gasanstalt und die Elektrizitätswerke werden militärisch bewacht. Der Vorstand des Landessekretariats erklärte, auch die Arbeiter dieser Betriebe würden streiken, falls das Militär nicht zurückgezogen würde. — Der Fachverein der schwedischen Reichstelephonarbeiter hat einstimmig beschlossen, ch dem Generalstreik anzuschließen. Einzelne Kategorien
estangestellter Beamten des Telephonwesens werden sich dagegen an dem Streik nicht beteiligen. Die Stockholmer ilchkutscher beabsichtigen sich der Bewegung anzuschließen, jedoch hoffen die Milchhändler, die Milchversorgung der Hauptstadt aufrecht⸗ erhalten zu können. Wie der „Dagen“ erfährt, beschlossen auch die Stockholmer Kommunalarbeiter, sich dem Streik an⸗ zuschließen, ebenso die Beleuchtungs⸗ und Müllabfuhrarbeiter.
— Die Fachvereine in Malmö, mit Ausnahme der Straßenbahn⸗ angestellten, beschlossen, sich dem Ausstand anzuschließen.
Land⸗ und Forstwirtschefft. Ernteaussichten und Getreidehandel in Rußland.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Odessa berichtet unterm 25. v. M.: Das Wetter hat sich im Berichtsmonat noch günstiger für die Entwicklung des Getreides gestaltet als im vergangenen Monat. Anhaltende Kühle und regnerische Witterung halfen den verdorrten Pflanzen auf, sodaß das in der zweiten Hälfte des Berichtsmonats ein⸗ setzende beständige heiße Wetter die Körner voll zur Entwicklung brachte. Da die Hitze teilweise erst kurz vor dem Schnitt einsetzte, so hat sie süe geschadet, sondern die letzte Reife glänzend gefördert. Nur Ulkaweizen ist streckenweise durch die Hitze im Wachstum etwas beeinträchtigt worden. Winterweizen hingegen zeigt eine selten gute Qualität. Nach den bisher eingegangenen Nachrichten haben die Pflanzen durch Schädlinge wenig gelitten.
Im ganzen wird das Ergebnis der Ernte in Sommergetreide als übermittel, in Wintergetreide als mittel geschätt. Besonders gut lauten die Nachrichten aus dem Gebiet des Asowschen Meeres. Die Ernte hat vor zwei Wochen begonnen, etwas später als in anderen Jahren. Roggen und Gerste sind schon geschnitten, die Weizenernte wird innerhalb der nächsten zwei Wochen beendet sein.
Der Getreidemarkt C“ sich im Berichts⸗ monat durch verschwindend kleine Bestände und durch anhaltend hohe Preise. Die Zufuhren haben fast ganz aufgehört, sodaß seenmürtig das Geschäft völlig stockt. Die Odessaer Filialen n Nikolajew und Cherson sind zeitweilig geschlossen worden. Trotz der zu erwartenden großen Ernte hofft man auf dauernd hohe Preise an den russischen Märkten, da die Nachrichten über die Ernte der anderen in Betracht kommenden Länder ungünstig lauten. Die Verschiffungen der neuen Ernte werden kaum vor Anfang Fuae beginnen. Vorläufig sind Gutsbesitzer und Spekulanten mit Ab⸗ schlüssen noch zuruüͤckhaltend, da sie eine Steigerung der Preise für nicht unwahrscheinlich halten. Alle Sorten sind bisher ge⸗ tiegen, mit Ausnahme von Roggen, welcher um 2—3 Kopeken das
ud gefallen ist. Die fast gänzlich erschöpften Zufuhren von Weizen
nd bereits durch die ersten Ergebnisse der neuen Ernte, welche
ch als über Erwarten gut erweist, verstärkt worden. Für 1 Pud neuen Weizen, Lieferung im August, wurden 1,23 — 1,28 Rbl. bezahlt, während alter Weizen von den einheimischen Mühlen mit 1,50 Rbl. bewertet wurde. Da die Vorräte im Berichtsmonat ganz gering waren, konnten auch Abschlüsse nur in kleinem Umfang gemacht werden. Einige Sendungen gingen nach Rotterdam, Hamburg und an den Rhein. Durchweg wurden hohe Preise bezahlt.
In Roggen hat das Geschäft fast ganz aufgehört. Auch neuer Roggen hat trotz täglicher Preisabbröckelungen bisher an ausländischen Märkten noch kein Interesse finden können, da die Preise hier immer noch höher waren. Dasselbe gilt von der Gerste, jedoch mit dem Unterschied, daß hiervon größere Zufuhren eintrafen, welche auf die Preise der schwimmenden Ware eine verbilligende Wirkung ausübten. Für den Herbst ist das Interesse noch schwach. Einige Abschlüsse wurden mit Rotterdam und Hamburg gemacht. Für 1 Pud neuer Ernte, im August lieferbar, wurden 76 Kopeken gezahlt. Die Bestände an Hafer sind g2 erschöpft. Die Preise blieben fest. Abschlüsse fehlten fast ganz. Einige Mengen Schwarzhafer gingen nach England. Die neue Ernte verspricht einen guten vnees. Auch in Mais war das Geschäft matt, da die hiesigen Preise dauernd über den La Plata⸗Angeboten blieben. Die Aussichten für Mais sind günstig, aber für eine befriedigende Ernte ist noch Regen nötig. Vorläufig fehlt es immer noch an gutem ver⸗ ladungsfähigen Mais. Von der Verladung von noch nicht ganz trockener Ware sind die Ablader durch die hohen Entschädigungen, welche sie in einzelnen Fällen für feuchten Mais haben zahlen müssen, abgeschreckt worden. Leinsaat wurde, wie im vergangenen Monat, gut gefragt, auch für spätere Monate. Die Ernte scheint in den einzelnen Gouvernements recht verschieden zu sein. In Kolza, worin die Ernte ganz versagt, konnte kein Geschäft zustande kommen. . fehlte auch am Markt, aber man erwartet eine große
rnte.
Die Preise an der Odessaer Börse am 24. Juli waren folgende: “ ebbööe 1114“*“ Roggen . 0,95 — 1,05 Gerste.. u . . 0,78 — 0,88 Mais “ ͤ . 0,76 — 0,84 E“ . 0,80 — 0,90 e“ 1,95 A1AAAA“*“ 1,65 A“ 1,08
Die Vorräte, sind noch mehr zusammengeschmolzen, sodaß ein⸗
jelne Rubriken san. fehlen. Am 1./14. Juli 1909 waren vorhanden: ta. 1 dz,
Die Verladungen aus Odessa, 8Se. Cherson, betrugen in:
Weizen . 1 ½ Mill Roggen 8I5. 8 ͤCAA 4X“ 8 EEEEqEEETE6 1“ 5u16 8 Am Oelkuchenmarkt war die Lage sehr fest, in Leinkuchen, in den anderen Kuchensorten flau. Die Preise betrugen für 1 Pud frei an Bord: Leinkuchenln. 1,09 - 1,10 Rbl., Kokoskuchen (Sirsarore) in Säcken 0,92 8 (Ceylon)
„ 0 „ 1 ederichkuchen, hydraulische.. derichbauernkuchen.. e Rapskuchen wurde nicht gehandelt. Die Frachtenpreise haben infolge der guten Ernteaussichten bedeutend angezogen. Es wurden notiert: Rotterdam, Weser, London, Hull . mburg, Antwerpen. .. ür September: Rotterdam, Weser, London, Hull . 9 Hamburg, Antwerpen 9 ½ 8 ganze Dampfer für September 10. 1 8
Das Kilerliche Konsulat in Charkow berichtet untem 25. v. M.: Der Roggen ist fast durchweg gemäht und zu Hocken gehäuft. Der Menge nach ist das Ergebnis in diesem Jahre ein außergewöhnlich gutes, 250 Pud, stellenweise auch 270 Pud auf die Desjatine (etwa 4 preußische Morgen). Bei den Gemeindebauern und kleineren 1Saeeee. Bauern, die bei dem Mangel an guten landwirtschaftlichen Maschinen den Boden nicht vorteilhaft beackern konnten, kommt das Ergebnis etwa nur auf die Hälfte. Für den Roggen wurden 85 Kopeken für das Pud geboten; der Preis kann sich bis zu einem Rubel steigern, besonders wenn die Nachfrage aus Deutschland stärker wird. Der Weizen ist in den Gouvernements Charkow und Jekaterinoslaw gleichfalls zum größten Teil gemäht; in den Gouvernements Kursk und Woronesh soll er noch zurück sein. Auch der Weizen (Winterweizen) steht L.e. gut; der Preis beträgt zurzeit 1,05 bis 1,15 Rubel für das Pud und kann bis 1,30 Rubel tteigen. Der Hafer steht ebenfalls gut und ergibt die beträchtliche
enge von 150 Pud für die Desjatine; der Preis beträgt für das Pud zurzeit 65 bis 75 Kopeken. Bei der Gerste ist ein nicht minder günstiges Ergebnis zu erwarten und zwar 120 bis 150 Pud für die
esjatine; der Preis erreicht 90 Kopeken bis 1 Rubel das Pud. Sommerroggen wird in hiesigen Gegenden fast gar nicht gesät,
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onen Pud,