1909 / 192 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Aug 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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Bekanntmachung, betreffend die Ausgabe von Schuldverschreibungen der Bayerischen Vereinsbank in München auf den Inhaber.

Der Bayerischen Vereinsbank A.⸗G. in München wurde die Genehmigung erteilt, innerhalb der geseglüchen und satzungsmäßigen limlaussgren⸗ nachstehende auf den Inhaber lautende, in Stücke zu 5000, 2000, 1000, 500, 200 und 100 eingeteilte Schuldverschreibungen in den Verkehr zu bringen:

Zwei Serien (71 und 72) unverlosbarer, vom 1. Sep⸗ tember 1909 an innerhalb 70 Jahren im Wege der Kündigung oder des Rückkaufs ein e jedoch in den ersten zehn

hahren seitens der Bank nicht kündbarer 4 prozentiger ypothekenpfandbriefe im Gesamtbetrage von 10 Millionen ark. Miuünchen, den 12. August 1909. Königlich bayerisches Staatsministerium des Innern.

Staatsrat von Krazeisen.

1“

Das im Jahre 1888 in Dumbarton aus Stahl erbaute, bisher unter britischer Flagge und unter dem Namen „Ruby“ efahrene Dampfschiff „Laura“ von 15,04 Registertons hat durch den Uebergang in das ausschließ⸗ liche Eigentum des deutschen Reichsangehörigen Hans Keller in Heifa das Recht zur Führung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches der Eigentümer Hamburg als Heimatshafen angegeben hat, ist von dem Kaiserlichen Konsulat in Glasgow unter dem 27. Juli 1909 ein Flaggenzeugnis erteilt worden.

Königreich Preußenä.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

auf Grund des § 28 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 (Gesetzsamml. S. 195) den Verwaltungsgerichts⸗ direktor Morgenbesser in Trier zum Mitgliede des Bezirks⸗ ausschusses in Liegnitz und zum Stellvertreter des Regierungs⸗ präsidenten im Vorsitz dieser Behörde auf Lebenszeit und

den Landrat Engelhard in Wiedenbrück zum Mitgliede des Bezirksausschusses in Trier und zum Vertreter des Regie⸗ rungspräsidenten im Vorsitz dieser Behörde mit dem Titel

1 Verwaltungsgerichtsdirektor auf Lebenszeit zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Gymnasialdirektor Franz Schickhelm aus Königs⸗ hütte zum Provinzialschulrat zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, der Landgemeinde Wetter im Landkreise Hagen die Städteordnung zu verleihen.

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4*

Finanzministerium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Euskirchen, Regierungsbezirk Cöln, ist zu besetzen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 1““

Es sind ernannt worden:

der Regierungshauptkassenbuchhalter Wende in Fürsten⸗ felde (Neumark) zum Forstkassenrendanten,

die Förster Bembennek in Weidgirren, Oberförsterei Wilhelmsbruch, Regierungsbezirk Gumbinnen, und Specht in Ganthen, Oberförsterei Pfeilswalde, Regierungsbezirk Allen⸗ stein, zu Revierförstern.

Die Oberförsterstelle Poggendorf im Regierungs⸗ bezirk Stralsund ist zum 1. Januar 1910 zu besetzen, Meldungen müssen bis zum 15. September d. J. eingehen. 8 F

Ministerium für Handel und .— Der Regierungsrat Neuhauß in Wiesbaden ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiter⸗ versicherung Regierungsbezirk Wiesbaden ernannt und der

worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten. Der Provinzialschulrat Schickhelm ist dem Provinzial⸗ schulkollegium in Münster i. W. überwiesen worden. Dem Privatdozenten in der philosophischen und natur⸗ wissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms⸗Universität

gelegt worden.

Bekanntmachung.

Das Programm der Technischen Hochschule zu Berlin

für 1. Oktober 1909/10 ist erschienen und vom Sekeetarsat für 50 ₰, ausschließlich Porto für Uebersendung, iu beziehen. Imma⸗ trikulationen finden in der Zeit vom 1. bis 24. Oktober 1909 und vom 1. bis 20. April 1910 statt. L1““ Charlottenburg, den 13. August 1909. u Der Rektor 1— 8 der Königlichen Hochschule zu Berlin.

H etiner.

Angekommen:

Der Ministerialdirektor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat von Chappuis, vom Urlaub.

Seine Exzellenz der Staats⸗ und Justizminister Dr. Beseler

mit Urlaub nach Süddeutschland und der Schweiz,

Seine Exrzellenz der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke mit mehrwöchigem Urlaub nach Tirorl.

Preußen. Berlin, 16. August. .“

Seine Majestät der Kaiser und König hörten am Sonnabendnachmittag im Schloß Wilhelmshöhe den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini und heute vormittag denjenigen des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Freiherrn v

Der Kaiserliche Gesandte in Buenos Aires von Waldt⸗ hausen ist vom Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

2 *

Der Oberrechnungskammerdirektor, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Dr. Koch ist von seiner Urlaubsreise nach Potsdam zurückgekehrt. 8 8 8

über ein definitives

Der Präsident des Königlichen Konsistoriums der Provinz Brandenburg, Wirkliche Oberkonsistorialrat Steinhausen ist auf Urlaub nach Misdroy abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Vaterland“ am 12. August von Suifu (Yangtse) nach Tschungking abgegangen.

S. M. Tpbt. „S. 90“ ist am Sonnabend in Tsingtau eingetroffen 3

8 Württemberg. Die Zweite Kammer hat am Sonnabend den Etat für die Jahre 1909 und 1910 in der Schlußabstimmung mit 63 Stimmen gegen 14 Stimmen der Sozialdemokraten an⸗ genommen. Die Sozialdemokraten erklärten, daß sie den Etat wegen der Steigerung der indirekten Steuern im An⸗ schluß an die Reichsfinanzreform ablehnen müßten.

Wie „W. T. B.“ aus Chalons gemeldet wird, wird daselbst am 22. August eine englische Militärmission, bestehend aus dem General French und sechs Offizieren, er⸗ wartet, die den Manövern der 1. und 4. Kavalleriedivision bis zum 27. August beizuwohnen gedenkt. Die Kaiserin⸗Witwe, der Großfürst Michael Alexandro⸗ witsch, die Großfürstin Olga Alexandrowna nebst Gemahl und

Prinz Peter von Oldenburg sind auf der Kaiserjacht „Polar⸗ stern“ nach Dänemark abgereist. 8

Der Schiedsspruch, den der König in dem Streit zwischen Peru und Ecuador fällen soll, ist, „W. T. B.“

zufolge, vertagt worden, da der Ministerrat die Angelegenheit wegen des Feldzuges bei Melilla noch nicht hat prüfen können.

Türkei. 8

Den Vorstellungen, die die Botschafter der Schutzmächte, wie bereits gemeldet, bei der Pforte erhoben haben, war am Freitagabend eine gemeinsame Beratung über die Lage sowie über Maßnahmen zur Vermeidung eines bewaffneten Zusammenstoßes vorausgegangen. Für die Vorstellungen wurde die Form einer gemeinsamen Note gewählt, in der, wie „W. T. B.“ meldet, erklärt wird, die Schutzmächte gewährleisteten der Türkei die Oberhoheit über Kreta, seien jedoch ent⸗ schlossen, den Ausbruch eines Krieges zu verhüten. Sie lenkten aher die Aufmerksamkeit der Regierung darauf, daß ein Erscheinen der türkischen Flotte vor Kreta die Gefahr ernster

Verwicklungen mit sich bringe, und forderten die Pforte au Regierungsrat Bresges daselbst von diesem Amt entbunden a ch 2

die Flotte aus der nhhe der kretischen Gewässer zurückzuziehen sowie Maßregeln zur Beruhigung der kriegerischen Stimmung im Lande zu ergreifen.

Der „Turquie“ zufolge ist die v Antwortnote der Türkei am Freitagabend nach einer Beratung des. Großwesirs mit den Ministern des Innern, der Finanzen und

der öffentlichen Bauten beschlossen und sofort nach Athen

telegraphiert worden. Der Minister des Aeußern wurde später davon verständigt. Obwohl die Pforte den freund⸗

zu Münster Dr. Leo Wiese ist das Prädikat Professor bei⸗ schaftlichen Erklärungen und Friedensversicherungen vertraut,

fordert sie Griechenland auf, formell und offiziell zu erklären,

es sei an der Kretafrage nicht interessiert. Die Minister

berieten auch über eine Mitteilung an die Schutzmächte.

Im Anschluß daran führt das Blatt aus: Wenn die Groß⸗ mächte einem bewaffneten Konflikt vorbeugen wollen, müssen sie bona fides Griechenlands garantieren und mit der Türkei utonomiestatut für Kreta verhandeln.

Nachdem die Türkei ein Geschwader ihrer Flotte nach Karpathos entsandt hatte, wurden die Botschafter der Schutzmächte bei der Pforte vorstellig, um ihr mitzuteilen, daß die Regierungen der Mächte Maßnahmen zur Entfernung der griechischen Flagge auf Kreta getroffen hätten, und um die Pforte zu ersuchen, ihr Geschwader nicht in die Gewässer von Kreta zu entsenden.

Die kretische Regierung bat die Generalkonsuln der Schutzmächte benachrichtigt, daß ihr Zureden erfolglos gewesen und sie nicht in der Lage sei, die auf der Festung von Kanea gehißte Flagge zu entfernen. Die kretische Regierung hat für Sonnabend die Deputiertenkammer einberufen. Sie wird ihre Demission geben.

Eine Note der „Agence Havas“ besagt: Infolge der Mitteilung der kretischen Regierung haben die Schutzmächte beschlossen, je ein zweites Kriegsschiff nach Kaneg zu schicken. England hat die sofortige Abfahrt eines bei Malta stationierten Schiffes angeordnet und hält ein drittes bereit. Frankreich hat den Panzerkreuzer „Victor Hugo“ von Toulon nach

Kanea abgehen lassen und hält ebenfalls ein drittes Schiff bereit, Italien wird gleichfalls ein zweites Schiff entsenden undtrifft die⸗

selben Vorbereitungen wie England und Frankreich. Rußland wird bis zur Ankunft eines zweiten russischen Kriegsschiffs in den kretischen Gewässern ein Kanonenboot dorthin beordern. So⸗ bald die Verstärkung der Seestreitkräfte in den kretischen Ge⸗ wässern vollzogen ist, wird zur gewaltsamen Entfernung der strittigen griechischen Flagge geschritten werden, wenn diese bis dahin nicht bereits von den Kretern selbst niedergeholt sein sollte.

Dänemark.

Der König beauftragte nun endgültig den Grafen Hol⸗ stein⸗Ledreborg, das neue Ministerium auf der Grund⸗ lage der zwischen den Linkengruppen getroffenen Vereinbarungen über die Lösung der Landesverteidigungsfrage zu bilden mit völliger Freihelt bezüglich der Zusammensetzung.

Amerika. Das Marinedepartement erwägt, wie die „New York

Tribune“ aus Wasßhington meldet, den Bau zweier Schlacht⸗

schiffe von 30 000 Tonnen. Afrikag.

Das nach Melilla beorderte spanische Geschwader

setzt sich, wie dem „Matin“ gemeldet wird, aus einem Panzer⸗ kreuzer, fünf leichten Kreuzern, fünf Torpedobootzerstörern und acht Torpedobooten mit etwa zweihundert Geschützen zusammen. Es wird erwartet, daß General Marina gegen Seluan, das etwa 30 km entfernt ist, vorgehen wird; auch die Befestigung der auf dem Wege nach Seluan liegenden Posten bei Restingga und Cabodeagua deutet darauf hin. Vor dem Ahmarsch der Spanier von Melilla müssen jedoch erst die Zugänge nach der Stadt gesichert sein, sind doch erst am Freitag, als General Marina die erste Jägerdivision zu Fuß Revue passieren ließ, die vorbeimarschierenden Truppen von Marokkanern beschossen worden. Es wurden daher alle spanischen Stellungen, selbst das Lager unmittelbar vor der Stadt mit einem dreifachen Stacheldrahtzaun umgeben. In Seluan ist der maurische Führer Chaldi mit einem starken Kavalleriekontingent aus dem Innern des Rißfs eingetroffen und läßt dort eiligst Schanzen bauen.

Der „Matin“ meldet ferner aus Tanger, daß der Gouverneur von Elkassar, Bagdadi, Fes an der Spitze einer Gesandtschaft verlassen wird, um im Auftrage Mulay Hafids zu versuchen, im Rifgebiet Ruhe zu schaffen. Die Ge⸗ sandtschaft wird nur von einer schwachen Eskorte begleitet sein,

da man befürchtet, daß sich die scherifischen Truppen mit den

Rifioten vereinigen.

Statistik und Volkswirtschaft. 8 Die Ergänzungssteuerpflichtigen und ihre Haus⸗ haltungsangehörigen in den Provinzen Preußens 1908.

Im Anschluß an die bereits erfolgte Mitteilung der Hauptergeb⸗ nisse der preußischen Ergänzungesteuerveranlagung für 1908/10 zeigen wir im folgenden, wie sich die Ergänzungssteuerzensiten und die er⸗ gänzungssteuerpflichtige Bevölkerung (Zensien mit Einschluß ihrer Angehörigen innerhalb oder außerhalb des Hauses, sofern letztere bei der Veranlagung nicht selbständig behandelt werden) auf die Gesamt⸗ bevölkerung der einzelnen Landesteile in Stadt und Land verteilen.

Es entfielen aufs Tausend der Bevölkerung nach der „Stat. Korr.“

in den Städten auf dem Lande

in der ergänzungssteuer⸗ einschl. ergänzungssteuer⸗ einschl.

; 1 2 ri⸗ 2 Provinz pflichtige Zeasiten donrhen pflichtige Zensitengehörige

1895 1905 1908 1998 1895 1905 1908 1908 Ostpreußen. 33.35 35,92 37,03 107,62 21,74 21,60 23,06 107,48 Westpreußen 32,85 34,79 35,21 113,08 19,70 19,33 21,97 107,75 Stadtkreis

Berlin 32,65 30,51 28,78 71,65 Brandenburg 45,98 46,38 47,82 130,15 38 02 41,03 43,09 149,95

42,85 41,56 43,71 133,49 27,60 28,52 31,60 132,80

32,96 32,66 33,88 123,58 17,87 18,92 21,70 110,46

39,07 38,74 38,95 114,91] 22,39 21,39 22,28 92,64 1 8 188 48,38 48,00 48,76 144,69 45,85 49,36 51,32 181,81

Holstein 44 53 43,94 45,34 136,45 54,39 56,17 62,81 233,55 Hannover. 50,20 48,24 48,78 147,26 51,44 54,17 58,46 230,70 Westfalen. 38,98 34,47 34,52 124,61 37,97 35,66 35 98 166,89 Hessen⸗Nassau 61,60 63,81 63,58 181,43 39,25 44,20 48,48 197,06 Fees seh 41,26 39,71 39,18 127,76 42,87 42,61 44,57 180,90

ohenzoll.

Lande.. 87,27 87,68 271,54 74,30 79,39 309,07 im Staate 41,78 40,98 41,26 124,97] 34,43 35,63 38,00 154,70.

Hiernach waren im Verhältnis zur städtischen wie zur ländlichen Bevölkerung die Ergänzungssteuerzensiten weitaus am zahl⸗ reichsten in den Hohenzollernschen Landen; es folgen in beträchtlichem Abstande die Städte der Provinz Hessen⸗Nassau sowie die Land⸗ bezirke der Proinzen Schle’wig⸗Holstein und Hannover, während die städtische Bevölkerung in Berlin, sodann in der Proviaz Posen (1895

in Westpreußen), die ländliche in den Provi zen Posen und West⸗

preußen am wenigsten mit Eessemmngsstederffstsene durchsetzt ist. In den östlichen Landesteilen findet man im Stadtgebiete durch⸗ weg eine dichtere Zensitenbesetzung als auf dem Lande; im Westen trifft dagegen das Umgekehrte zu, so in den Provinzen Schleswig⸗ Holstein, Hannover, Rheinland sowie neuerdings auch in Sachsen uand Westfalen. Die städtischen Zensitenziffern zeigen im Berichtsjahre einen Rückgang gegen 1895 (das erste Veranlagungejahr der Er⸗ gänzungssteuer) in Berlin, in Schlesien, Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz, außerdem auch noch gegen das Vorjubr in Hessen⸗ Nassau und in der Rheinprovinz; anderseits ist auf dem Lande gegen 1895 nur in Schiesien und Westfalen, gegen das Vorjahr aber

nirgends eine rückläufie Bewegung wahrzunehmen. Die Entwicklung war also im Verhältnis zur Bevölkerung auf dem Lande im all⸗

gemeinen erheblich günstiger als in den Städten, wo der wachsende starke Zuzug vermögensloser Personen die Verschlechterung der Häufig⸗ keitsziffern verursacht.

Was die ergänzunggssteuerpflichtige Bevölkerung (Zen⸗ siten einschließlich der Angehörigen) betrifft, so schwankte deren Bruchteil 1908 nach vorstehender Uebersicht sehr erheblich, und zwar beim Stadt⸗ gebtete von rund einem Dreizehntel ver Gesamtbevölkerung in Berlin, demnächst etwas mehr als einem Zehntel in Ostpreußen bis zu über einem Sechstel in Hessen⸗Nassau und über einem Viertel in den Hohenzollernschen Landen, bei den Landbezirken von etwa einem Elftel

in Schlesien, hierauf je etwas über einem Zehntel in Ost, und West⸗ preußen bis zu je annähernd einem Viertel in Schlerwig⸗Holstein

sowie Hannover und etwas mehr als drei Zehnteln in den Hohen⸗ zollernschen Landen.

Im Osten der Monarchie ist die im Sinne des Ergänzurggsteuer⸗ gesetzes „vermögende“ ländliche Bevöskerung nur in der Prorinz

Brandenburg dichter und in Ostpreußen sowie in Pommern fast ebenso dicht wie die städtische, während letztere im Westen nirgends überwiegt. auch nicht mehr in der Provinz Hessen⸗Nassau, wo im Jahre 1905 aufs Tausend der Bevölkerung in den Stadten 188, auf dem Lunde 183 als Zensiten oder Angehörige von solchen an einem steuerbaren Vermögen beteiligte Personen entfielen. 1

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Zur Arbeiterbewegung.

Der langwierige Ausstand der Spiegelglasarbeiter in Oberfranken, an dem 20 Betriebe mit 600 Arbeitern beteiligt waren, ist, der „Köln. Ztg.“ zufolge, beendet. Die Arbeiter haben die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder aufgenommen.

18. 8g. Faben 5. 88 in r, , be⸗

Saale ahrt Angestellten in Hamburg, Te⸗ en, v ig, Magdeburg und Dresden gleichzeitig den Beschluß Außt ihre Forderungen bei den Gesellschaften durch zwei Vertreter der Organisation energisch vecfolgen zu lassen. Dadurch erhält die Lage einen ernsteren Charakter. .

In Innsbruck hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, der Ausstand der Buchdrucker, bei dem es sich nicht um Lohnfragen handelte, mit

einem großen moralischen Erfolge der Arbeitgeber geendet. Heute, Montag, sollte die Arbeit wieder aufgenommen werden,

Seitens der Arbeiter der Aluminium⸗Industrie⸗Aktien⸗ gesellschaft in Badisch⸗Rheinfelden, die sich seit einiger Zeit im Streik befanden, kam es, wie „W. T. B.“ berichtet, am Freitag⸗ abend zu Ruhestörungen und Tätlichkeiten. 200 bis 300 Ar⸗ heiter waren vor das Fabrikgebäude gerückt und stießen dort mit der zum Schutze erschienenen Gendarmerie zusammen. Die Gendarmerie machte von der Schußwaffe Gebrauch. Dabei gab es auf Seiten der Streikenden einen Toten und einen Schwer⸗ verwundeten. Als nun Sonnabendabend wieder eine große Zu⸗ sammenrottung stattfand, erbat die Fabrikleitung aus Konstanz militärische Hilfe, worauf um 11 Uhr 20 Minuten von Konstanz eine Kompanie Infanterie und zwei Maschinengewehrabteilungen nach Badisch⸗Rheinfelden abgingen, wo sie gestern, Sonntag, früh eintrafen. Die Ruhe ist seither nicht mehr gestört worden. Der Ausstand ist nnse beendet; die Arbeit ist heute früh wieder aufgenommen worden.

Der allge meine Ausstand, in Schweden darf nach den vorliegenden Meldungen des „W. T. B.“ in der Hauptsache als miß⸗ lungen angesehen werden. Das schöne Wetter, das die g ea 12 Arbeiter bisher ins Freie lockte, ist zu Ende. Stockholm hatte am gestrigen Sonntag ein ödes Aussehen. Ein Mangel an Verkehrsmitteln besteht nicht mehr. Das endgültige Ergebnis uüber den Ausstand der Eisenbahnarbeiter wird erst heute oder morgen bekannt werden. Der Sympathiestreik der Ackerbauarbeiter nimmt nur geringen Umfang an. Der Typographenstreik ist mißlungen. Die Zeitungen erscheinen gedruckt, viele sogar im gewöhnlichen Format. An derscledene⸗ Stellen im Reiche und auch in Stockholm selbst ist mehrfach die Arbeit wieder aufgenommen worden. Am heutigen Montag oder einem der nächsten Tage beabsichtigen die organisierten Hafenarbeiter in Göteborg, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Fe verein der Bäcker hat den Stockholmer Krankenhäusern damit gedroht, daß er Brotmangel eintreten lassen werde. Die Zufuhr an Lebensmitteln ist aber größer als der Bedarf. Die Ordnung ist mustergültig. Die staatlichen Werke und Institutionen arbeiten ohne jede Betriebs⸗ störung. Die Streikleitung versucht jetzt die Straßenfeger in den Streik hineinzuz'ehen, wahrscheinlich aber ohne Erfolg. Sollten die Straßenfeger heute, Montag, nicht zur Arbeit zurückkehren, so ist die Bürgerwehr bereit, auch diesen Dienst auszuüben. Der Zuzug ausländischer Arbeiter ist niemals erörtert worden, da für ihn keine Notwendigkeit besteht. Der König und die Regie⸗ rung stimmen in ihrer Stellung zur Streikfrage vollständig überein. An eine Vermittlung zwischen den Parteien wird wohl nicht gedacht werden, solange keine von beiden darum bittet. Das Straßenleben hat sein gewöhnliches Aussehen angenommen. Verkehrsmittel aller Art sind wieder im Betriebe. Zur Aufnahme der Arbeiten im Hafen haben sich genug nichtorganisierte Arbeiter ge⸗ meldet; vielleicht schließen sich ihnen die organisierten Arbeiter an. Die Kohlendampfer werden ihre Ladungen löschen

können. Der eist des Militärs in der und in den Provinzen ist vorzüglich. Es ist von dieser Seite niemals zu Demonstrationen oder Sympathiekundgebungen für die Streikenden gekommen. Die Oberleitung der Streikenden erließ gestern ein Rundschreiben an sämtliche Streikausschüsse, etwa 400, mit dem Ersuchen, anzugeben, wieviel not⸗ leidende Arbeiter der Hilfe bedürften. Wenn die Antworten ein⸗ gelaufen sind, wird die Oberleitung mit der Aukteilung von Lebens⸗

mitteln beginnen.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage

Der kürzlich in Aachen verstorbene Fabrikant August Erckens hat, „W. T. B.“ zufolge, zum Besten seiner Arbeiter und Angestellten eine Stiftung im Betrage von 100 000 verfügt.

Kunst und Wissenschaft.

Im Kunstgewerbemuseum ist eine Sonderausstellung von

Arbeiten aus den kunstgewerblichen Meisterkursen des

Bayerischen Gewerbemuseums in Nürnberg eröffnet. Seit acht Jahren sind dort unter der Leitung berufener Künstler, Professor Peter Behren, R. Riemerschmid und P. Haustein, jährlich die tüchtigsten Kunsthandwerker mit den Ansprüchen und Formen des neuzeitigen Kunstgewerbes vertraut gemacht worden. Die Möbel, Schnitzereien, Drechslereien, Metallarbeiten, Schmuckstücke u. a., die aus diesen Kursen entstanden sind, zeigen erprobte Techniken und zeitgemäße Kunstformen auf das Beste vereinigt. Sie sind in den vorderen Ausstellungssälen aufgestellt und bieten sowohl den Kunstfreunden wie den Handwerkern und den Förderern des Handwerks Interesse. Die

Ausstellung wird bis Ende September geöffnet bleiben.

Die Bedingungen für den Wettbewerb zur Erlangung

von bildhauerischen Entwürfen zur Ausschmückung des

Harba ga ahet in Schöneberg sind festgesetzt. Es sind eine plastische Darstellung der Anlage, einschließlich etwa vorgesehener Architekturteile im Maßstabe von 1:10, ein Erläuterungsbericht und eine Planskizze im Maßstabe von 1:100, insofern die veren Platzverhältnisse zu ändern sind, einzuliefern. Ge⸗ gebenenfalls können auch die figürlichen Einzelheiten im Maßstabe von 1:5 beigefügt werden. Die Gesamtkosten der Anlage dürfen 25 000 nicht überschreiten. Das Preisgericht besteht aus den Bild⸗ hauern Professor Manzel, Berlin, Professor Hosäus, Grunewald, und den Mitgliedern der Schöneberger Kunstdeputation. Berechtigt zur Teilnahme am Wettbewerb sind alle in Groß⸗Berlin ansässigen Bild⸗ hauer. Als Preise sind 1200, 800 und 500 ausgesetzt. Außerdem steht eine Summe behufs Ankaufs nicht preisgekrönter Entwürfe zur Verfügung. Die Einsendung der Arbeiten muß bis zum 1. No⸗ vember 1909 beim Magistrat in Schöneberg erfolgen. Die näheren Bestimmungen des Wettbewerbs können im Rathause, Bureau I, Zimmer 22, von 9 bis 3 Uhr in Empfang genommen werden.

Wie „W. T. B.“ aus München meldet, ist dort der ordentliche Professor der medizinischen Fakultät und derzeitige Rektor der Universität, Geheimer Rat Dr. von Bollinger gestorben.

.“ 8— Literatur. Kurze Anzeigen

““

neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt.

Ginsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelmstraße 32, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

9 Wissenschaft und Bildung. Bd. 46, 54 u. 55: Der 84 um die Herrschaft im Mittelmeer. Von Dr. P. Herre. Gebdn. 1,25 ℳ. Das Christentum im Veltanschauungskampf der Gegenwart. Von Preofessor Dr. unzinger. Gebdn. 1,25 ℳ. Richard Wagner. Von

r. Eugen Schmitz. Gebdn. 1,25 ℳ. Leipzig, Quelle u. Meyer.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Ernteergebnisse in Bulgarien.

„Der Kaiserliche Konsul in Varna berichtet unterm 10. d. M.: Die Witterung des Monats Juli war im diesseitigen Bezirk den Erntearbeiten günstig, dagegen verderbenbringend für die Mais⸗ und Bohnensaaten; Niederschläge fehlten bei sengender Hitze pöllig; Bohnen gelten deshalb heute für verloren, für Hirse wird gefürchtet, auch in Mais wird mit einer Mißernte gerechnet; daß der Ertrag in Mais den örtlichen Bedürfnissen genügen dürfte, wird bezweifelt; die Wiesen sind verbrannt, starker Futtermangel für Vieh steht daher in sicherer Erwartung.

Ueber die Ergebnisse der Körnerernte liegen bisher amtliche Angaben nicht vor; in der Güte übertrifft die neue Ware die vor⸗ jährige, und auch das Gewicht hat befriedigt, allerdings nicht im Um⸗ fange der ursprünglichen Schätzung. Daß die Ernte hinter der vor⸗ jährigen stark zurückstehen wird, ist die herrschende Ansicht; der Ausfall im Ertrag wird Leees gaae auf 30 40 % angegeben. scli f18 bisherigen Feststellungen lassen auf folgenden Ertrag

eßen:

Buchweizen 14 —15 hl für den Hektar, 78 79 kg für das Hekloliter,

Hartweizen 12 14 *8

Roggen 15 16 72 73 8

Gerste.. Ib5. 61 62 2

Hafer.. ““ 47 * 8 Der Stand der Reben ist noch aussichtsvoll.

Das Kaiserliche Konsulat in Rustschuk berichtet unterm 7. d. M.: Die heiße und trockene Witterung des Juli war dem Ausreifen und Schnitt des Getreides sehr förderlich. Die Ernte ist, mit Ausnahme von Hafer, dessen Schnitt erst gegen Schluß des Monats begonnen hat, überall beendet und der Drusch im vollen Gange. Der Ertrag der diesjährigen Getreideernte dürfte, soweit bis jetzt zu überblicken war, einen ziemlichen Ausfall gegen das Vorjahr aufzuweisen haben, dafür soll aber die Qualität des Getreides im allgemeinen besser ausgefallen sein als im Vorjahre, und wird das Durchschnittsgewicht des Weizens auf 79, das des Roggens auf 75 und das der Gerste auf 62 kg für das Hektoliter angegeben. Auf der anderen Seite hat der vollständige Mangel an Niederschläzen während des ganzen Berichtsmonats den Stand der Mais, und Hirse⸗ felder, die noch gegen Anfang des Monats eine befriedigende Ernte zu versprechen schienen, dermaßen nachteilig beeinflußt, daß die Ernte in diesen Getreidearten in den meisten Gegenden des Amtsbezirks, mit Ausnahme einiger Landstriche in den Kreisen von Plevna und Tirnowo, als verloren angesehen werden kann.

Die Zufuhren nach den Donauhäfen blieben auch im Juli schwach, da der Bauer mit Erntearbeiten beschäftigt war. Die Aus⸗ fuhr beschränkte sich in der Hauptsache auf Mais, wovon etwa 6000 t aus sämtlichen Donauhäfen zur Verladung gelangten. Die Preise 89 mit Ausnah ne von Mais, gegen den Vormonat erheblich ge⸗ allen und stellten sich am 1. d. M., wie folgt: 8

Weizen .18,50 19 Fr. Roggen .15,50 1 EE1—1—118

Mais . . 13,30

Der Stand der Reblauskrankheit im Deutschen Reiche 1907 und 1908, die Kosten ihrer bisherigen Bekämpfung.

Die Kaiserliche Biologische Anstalt für Land⸗ und Forstwirtschaft hat jetzt die 30. Denkschrift über die Bekämpfung der Reblauskrank⸗ heit veröffentlicht, die sich auf die Jahre 1907 und 1908 bezieht, soweit bis Ende November 1908 Material dazu vorgelegen hat, von den einschlägigen amtlichen Erlassen die bis Ende März 1909 er⸗ gangenen berücksichtigt. Sie behandelt zunächst die Organisation der Reblausbekämpfung im Deutschen Reiche, sodann den Stand der Reblauskrankheit in Deutschland und im Auslande. Wir entnehmen dieser Denkschrift die folgenden Mitteilungen über den Stand der Reblauskrankheit im Deutschen Reich.

In der preußischen Rheinprobinz wurden im Jahre 1907 die Revisionen der alten Herde zum ersten Male durch die Bezirkssach⸗ verständigen, statt, wie bisher, durch die Sachverständigenabteilungen, ausgeführt. Dabei wurden in den Gemarkungen Rheinbrohl und Niederhammerstein eine größere Anzahl von Stockausschlägen, in den Gemarkungen Oberheimbach, Kreuznach, Langenlonsheim, Laubenheim, Sarmsheim und Münster bei Bingen einige Stockausschläge aufgefunden. Rebläuse oder Reblausspuren wurden nicht gefunden. Ein Herd aus dem Jahre 1904 sowie eine Anzahl 1905 er Herde sind zu landwirtschaft⸗ licher Benutzung, ausschließlich der Rebkultur, freigegeben worden. Auf einer groͤßeren Anzahl früherer Herde, die sich in landwirtschaft⸗ licher Benutzung befinden, wurden beim Begehen weder Stockausschläge noch verbotswidrige Pflanzungen vorgefunden.

Die unter der Oberleitung des Gartenbaudirektors Ritter, des Oberleiters Ew. H. Rübsaamen und des Landrats von Nasse aus⸗ geführten engeren Untersuchungen und Begehungen führten zur Auf⸗ findung von 16 neuen Reblausherden mit 239 verseuchten Stöcken. Vernichtet wurden im ganzen 71 330 Rebstöcke auf einer Fläche von 8,0164 ha.

Bei den im Jahre 1908 ausgeführten Untersuchungen wurden 28 Reblausherde aufgefunden, und zwar je 1 Herd in den Gemar⸗ kungen Bodendorf, Oberdiebach und Oberwesel, je 2 Herde in den Gemarkungen Rheinbreitbach und Urbar, je 3 Herde in den Gemar⸗ kungen Langenlonsheim, Laubenheim, Niederhammerstein und Westum und 9 Herde in der Gemarkung Damscheid.

In der Provinz Hessen⸗Nassau wurden bei der ersten Revision auf den 1906 er Herden 1752 oberirdische und 93 unterirdische Stock⸗ ausschläge, auf den 1905 er und älteren Herden ein einziger unter⸗ irdischer Ausschlag aufgefunden. Bei der zweiten Revision wurden auf den 1906 er Herden 169 Ausschläge festgestellt. Auf Grund des Ergebnisses der wiederholten Revisionen wurden ein Herd aus dem Jahre 1904 und mehrere 1905 er Herde im November 1907 für die Bebauung mit oberirdisch ahzuerntenden Früchten mit Ausschluß der Rebe freigegeben.

Durch die Untersuchungen im Berichtsjahre 1907 sind 10 neue Reblausherde aufgefunden worden; hiervon entfallen 2 mit 12 kranken Stöcken auf die Gemarkung Wellmich und 8 mit 587 kranken Stöcken auf die Gemarkung Lorch. Es wurden im ganzen 84 278 Rebstöcke auf einer Gesamtfläche von 5,7512 ha vernichtet.

Bei den im Jahre 1908 ausgeführten Untersuchungen wurden, soweit die bisherigen Meldungen reichen, 8 neue Reblausherde auf⸗ gefunden, und zwar 1 Herd in der Gemarkung Caub, 2 Herde in der Gemarkung Hochheim und 5 Herde in der Gemarkung Lorch.

Bei der in Bayern vorgenommenen Revision der Seuchenherde aus den Jahren 1905 und 1906 wurden festgestellt: in Sulzfeld 1 Stockausschlag, in Mainbernheim 2 Stockausschläge und 1 Sämling, in Iphofen 14 Stockausschläge und etwa 600 Sämlinge beziehungs⸗ weise 4 Sämlinge und 34 geringfügige Austriebe von Rebteilen. Die vorgefundenen Stockausschläge wurden vorschriftsmäßig vernichtet. Auf Grund des befriedigenden Ergebnisses der Revisionen konnte für einen Teil der 1905 er Herde die Freigabe zum Wiederanbau mit oberirdisch abzuerntenden Gewächsen (ausschließlich der Reben) be⸗ fürwortet werden.

Bei den 1“ der Weinberge im Jahre 1907 wurden 10 neue Reblausherde aufgefunden; davon entfallen je 3 auf die Ge⸗ markungen Iphofen und Sickershausen und je 2 auf die Ge⸗ markungen Rödelsee und Mainbernheim. Es wurden im ganzen 41 743 Rebstöcke (einschließlich von 2 Stockausschlägen) auf einer Gesamtflüche von 6,4920 ha vernichtet.

Bei den Revisionsarbeiten in Württemberg wurden im Jahre 1907 bei sorgfältiger Begehung der alten, mit Schwefelkohlenstoff und Petroleum behandelten Herdflächen von 1904 und 1905 weder Stockausschläge noch lebende Rebwurzeln aufgefunden. Dagegen fanden sich auf den lediglich herausgehauenen, nicht desinfizierten Flächen der Markungen Oedheim, Kochendorf und Criesbach⸗Niedern⸗

hall je einige Stockausschläge vor, die möglichst tief herausgehauen, untersucht und durchweg reblausfrei befunden wurden. Beim Be⸗ fehen und gleichzeitigen Auswerfen von Gräben und bei der Unter⸗ uchung der dabei zu Tage geförderten Wurzeln wurden Stockausschläge 1 in geringer Zahl auf den Herdflächen von Kochersteinsfeld, Neckar⸗ weihingen, Groß⸗Heppach und Schornbach ermittelt. In Groß⸗ Heppach und in Schornbach wurden in einer Tiefe von 50 cm noch gut erhaltene Rebläuse an frischen Rebwurzeln gefunden. Die ver-⸗ seucht befundenen Stellen wurden einschließlich einer genügend breiten Sicherheitszone nochmals gründlich mit Schwefelkohlenstoff und desinfiziert. Im Herbst 1907 konnten die Herdflächen der ahre 1896 bis 1901 in den Markungen Criesbach und Niedernhall, diejenigen von 1901 in den Markungen Neckarsulm, Oedheim und Kochendorf für den Rebenanbau freigegeben werden.

Ueber den Stand der Reblauskrankheit im Großherzogtum Hessen im Jahre 1907 ist in der vorjährigen (29.) Denkschrift berichtet worden. 8

Bei den im Jahre 1908 in Hessen vorgenommenen Untersuchungen der Rebpflanzungen ist die Reblaus, soweit die bisherigen Meldungen reichen, in folgenden Gemarkungen festgestellt worden: a. im Juli in Wöllstein an der Grenze des Reblausherdes von 1907 2 schwach⸗ verseuchte Rebstöcke, b. im August in der Gemarkung Kempten, nächst der Gemarkungsgrenze nach Ockenheim, an 4 Stöcken und in der Ge⸗ markung Gumbsheim, 120 m südlich vom vorjährigen Reblausherd, 2 verseuchte Stöcke.

Durch die Revisionsarbeiten in Elsaß⸗Lothringen konnten in den in den Jahren 1905 und 1906 vernichteten Herden Stockausschläge nur in verhältnismäßig geringer Anzahl, Rebläuse überhaupt nicht mehr ermittelt werden.

Durch die Untersuchungen im Jahre 1907 wurden in den Reichs⸗

landen in 25 Gemarkangen insgesamt 196 neue Reblausherde mit 46 286 verseuchten Reben ermittelt. Vernichtet wurden im ganzen 129 097 Stöcke auf einer Gesamtfläche von 14,2040 ha. Hiervon entfielen: 1) auf den Bezirk Lothringen: 3 Gemarkungen mit 10 Herden und insgesamt 127 kranken Reben; vernichtet wurden 5071 Reben auf einer Fläche von 0,4010 ha; 2) auf den Bezirk Oberelsaß: 14 Gemarkungen mit 68 Herden und insgesamt 14 026 kranken Reben; vernichtet wurden 53 796 Reben auf einer Fläche von 4,9483 ha; 3) auf den Bezirk Unterelsaß: 8 Gemarkungen mit 118 Herden und insgesamt 32 133 kranken Reben; vernichtet wurden 70 230 Reben auf einer Fläche von 8,8547 ha. Bei den Untersuchungen im Jahre 1908 wurden in den bisher für unverseucht geltenden Gemarkungen Chérisey und Nebing, Beziik Lothringen, Bennweier, Bergholz⸗Zell, Winzenheim und Wünheim, Sefüh hehegsot. sowie Mutzig, Bezirk Unterelsaß, Reblausherde aufgefunden.

Die den Regierungen der deutschen Einzelstaaten in Reb⸗ lausangelegenheiten bis zum Schlusse des Haushaltsjahres 1906 be⸗ ziehungsweise des Kalenderjahres 1906 entstandenen Kosten beliefen sich nach der vorjährigen (29.) Denkschrift auf 16 686 301,70 ℳ. Im Rechnungs⸗ beziehungsweise Kalenderjahre 1907 haben die Kosten 1 044 668,14 betragen. Insgesamt sind somit von den Regierungen der Einzelstaaten 17 730 969,84 für Reblausangelegenheiten aus⸗ gegeben worden. Seitens des Reichs sind außerdem seit dem Jahre 1879/80 bis zum Schlusse des Rechnungsjahres 1907 87 954,24 aufgewendet worden.

FäFa heater und Mufsik. 8

Kammerspiele des Deutschen Theatere.

Die Sommerdirektion Held. Runge brachte am Sonnabend als letzte neue Gabe ein Werk des auch hier wohlbekannten englischen Lustspiel⸗ dichters Somerset⸗Maugham. Das Stück heißt „Freund Jack“ und ist mit Recht als „sehr leichte Komödie“ bezeichnet, ob man das nun im literarischen Sinne versteht oder auf den un-

ezwungenen Plauderton bezieht, der darin vorherrscht. Jedenfalls aber gh das Stücklein ebenso harmlos wie kurzweilig und kann es mit weit

anspruchsvolleren Werken, die an derselben Staͤtte im Winter zuweilen

gegeben werden, aufnehmen. Der Knoten ist so geschürzt: ein seit Jahren verschollener und ein Abenteurerleben führender Großfürst von „Georgien“ befindet sich als Kellner in einem internationalen Hotel. Eine Dame der Gesellschaft, die sich an der Familie eines reichen Emporkömmlings rächen will, macht ihm den Vorschlag, sich von ihr als hohen Aristokraten in jene Familie einführen zu lassen, um im gegebenen Augenblick die Maske fallen zu lassen und die Protzengesellschaft zu blamieren. Der vermeintliche Kellner geht auf den Vorschlag ein, weil er sich in die Tochter des Emporkömmlings verliebt hat und in ihrer Nähe weilen möchte; er läßt sich als Großfürst von „Georgien“ in der Parvenufamilie gebührend feiern, bis der Augenblick kommt, wo seine Auftraggeberin den Racheplan für reif hält. Die Entlarvungs⸗ szene findet statt, aber der vermeintliche Kellner weigert sich, vom pleße zu weichen, und spielt seine Großfürstenrolle zur Ver⸗ zweiflung aller Parteien ruhig weiter, bis er von dem Botschafter „Georgiens“ zur allgemeinen Verwunderung als der lang. gesuchte Großfürst erkannt wird und mit Genehmigung seines Kaiserlichen roßvaters auch die Dame seines Herzens heim⸗ führen darf. Reizvolle Situationskomik und ein sorgfältig behandelter Dialog sind die Vorzüge des Stückes, das auch vortrefflich dargestellt wurde. Erich Kaiser⸗Titz spielte die dankbare Rolle des Großfürsten, der alle Trümpfe in der Hand hält, mit der erforderlichen Eleganz und Ueberlegenheit. Mit zwar derbe zupackender, aber wirksamer Komik stattete Frau Werckmeister die Frau des Emporkömmlings aus, die dem Großfürsten schmeichelt und den Kellner beschimpft. Auch die

erren Mariow, Stange, Garrison, Hartberg, die Damen Rheinen, Brandt und andere boten gute Leistungen. Stück und Darstellung fanden lebhaften Beifall. ve

Schillertheater.

8 4 Vor einem vollbesetzten Hause wurde am Sonnabend im Stammhause des Schillertheaters, dem alten Wallnertheater, die diesjährige Winterspielzeit mit Shakespeares wuchtiger Tragödie „Macbeth' eröffnet. Mit der vor einiger Zeit erfolgten Ein-⸗ studierung dieses Werks hatte die Bühne einen starken, Achtung ge⸗ bietenden Erfolg erzielt. Die Besetzung der Rollen zeigte gegen früher nur wenige Veränderungen. Der Macbeth Max Pateggs stand dabei an hervorragender Stelle; der Künstler malte wieder in schlichten, ergreifenden Zügen den Kampf der Geister des Lichts und der insternis, der Macbeths Brust durchtobt. Auch erfreuten sich der esonderen Gunst des Publikums der launige Pförtner Heinrich Oesterhelds, der ritterliche Banquo H. Berneckers und dann G. Paeschkes Leistung, welche die aufrechte Heldengestalt Macduffs packend versinnlichte. Neu besetzt war die Rolle der Lady durch Hedwig Pauly; wohl hatte die Darstellerin den Grundton dieses dämonischen Charakters richtig erfaßt; um ihn voll er⸗ klingen zu lassen, fehlen ihr jedoch die Mittel. Das Weib, das der zaudernden Ehrsucht des Gatten voranschreitet auf dem blutigen Pfade des Königsmordes, muß über stolzere, zwingendere Töne gebieten. Die Milde und Freundlichkeit König Duncans fand in der Darstellung M. Reimers, der diese Rolle zum ersten Male spielte, einen wirksamen Ausdruck. Die Zuschauer folgten der Auf. führung mit gespannter Aufmerksamkeit und wurden nach den Akt⸗ schlüssen zu lebhaften Beifallsspenden angeregt. 1 Im Schillertheater in Charlottenburg wurde die neue Spielzeit mit einer frischen Darstellung von Paul Lindaus Lust⸗ spiel „Ein Erfolg“ begonnen. Wie früher schon, unterhielt die leichte Bewegung der Handlung, der treffende Witz des Dialogs das aufs beste. Das gewandte und frohlaunige Spiel der Dar⸗ tteller trug redlich dazu bei, alle Vorzüge des Werks ins hellste Licht

zu setzen. Ihrem Wohlgefallen an der gelungenen Aufführung gaben

die Zuschauer durch starken Beifall Ausdruck.