1909 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Nov 1909 18:00:01 GMT) scan diff

8 8 F. 3.

Medizinaluntersuchungsamt in Magdeburg

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Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Regierungs⸗ und. Schulrat Wilhelm Ewerding in Königsberg i. Pr. zum Provinzialschulrat zu ernennen,

dem Direktor des Dorotheenstädtischen Realgymnasiums in Berlin, Professor Dr. Oskar Ulbrich den Charakter als Geheimer Regierungsrat zu verleihen un

der Wahl des Oberlehrers Dr. Rudolf Münch an dem Prinz Georg⸗Gymnasium in Düsseldorf zum Direktor der Real⸗ schule in Vohwinkel die Allerhöchste Bestätigung zu erteiler

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den in die erste Pfarr⸗ und Ephoralstelle in Bromberg be⸗ rufenen Oberpfarrer Brinckmann, bisher in Halberstadt, zum Superintendenten der Diözese Bromberg, Regierungsbezirk romberg, und den in die Oberpfarr⸗ und Ephoralstelle in Prettin be⸗ rufenen bisherigen Divisionspfarrer Leisegang in Straßburg i. E. zum Superintendenten der Diözese Prettin, Regierungs⸗ bezirk Merseburg, zu ernennen. EEIEI111“ Finanzministerium.

der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse ist der zum Kassierer, der Diätar Beyer

Bei alter Wißmann uchhalter ernannt.

Bu zum

Justizm inisterin m.

Der Rechtsanwalt Freymuth in Schneidemühl ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Posen, mit Anweisung seines Amtssitzes in Schneidemühl, und

der Rechtsanwalt Dr. Cramer in Bielefeld zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Hamm, mit An⸗ weisung seines Amtssitzes in Bielefeld, ernannt worden.

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Ministerium des Innern. 9

Der Geheime Oberfinanzrat und vortragende Rat im Pee n n e an Fernow ist an Stelle des zum General⸗ irektor der direkten Steuern beförderten Wirklichen Geheimen Oberfinanzrats Heinke zum Mitgliede der Königlichen Prüfungskommisflon für höhere Verwaltungsbeamte ernannt

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v“ „Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.

Der Provinzialschulrat Ewerding ist dem Provinzial⸗ schulkollegium in Königsberg überwiesen worden.

Die Stelle des Kreisarztes und Vorstehers bei dem ist zu besetzen.

Königliche Akademie der Wissenschaften.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat den

Professor an der Universität Bologna Giacomo Ciamician

und den er an der Harvard⸗Universität zu Cambridge, Mass. Theodore William Richards zu korrespondierenden Mitgliedern ihrer physikalisch⸗mathematischen Klasse gewählt.

ö

Nachtrag zur Tagesordnung

für die Sitzung des Bezirkseisenbahnrats zu Breslau

am 4. Dezember 1909. 1) Antrag auf Einführung von Ausnahmefrachtsätzen in Höhe des

Spezialtarifs III unter Erlaß der halben Abfertigungsgebühr für

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1 5 Antrag auf Amfagegae oberschl.

eichte Steinkohlenteeröle mit einem spezifischen Gewicht unter 0,950, aber über 0,850 und einer Viskosität von höchstens 2,6 bei 200 von oberschlesischen Stationen sowie den Stationen Mochbern, Walden⸗ burg i. Schl., Erkner und Niederau nach Stationen der Tarif⸗ gruppen I bis IV. 3 ermäßigter Tarife für die Ausfuhr esischen Zements, insbesondere nach Oesterreich⸗Ungarn, sowie für den Versand oberschlesischen Zements nach schlesischen Stationen und nach dem Königreich Sachsen. Breslau, den 15. November 1909. Königliche ee Mallison.

3 1 Bekanntmachung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli

1893 (G.⸗S. S. 152) wird hiermitzuröffentlichen Kenntnis gebracht,

daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunalabgaben

einschätzbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1908/09 bei

reußischen Strecken auf 8 87 Fisch 18 986 14

er Nauendorf⸗Gerlebogker Eisenbahn bezüglich ihrer

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festgestellt worden ist. Magdeburg, den 13. November 19099.

Der Königliche Eisenbahnkommissar b 1“

In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Genehmigungsurkunde, betreffend eine Anleihe der Stadtgemeinde Liegnitz,

veröffentlicht.

Preußen. Berlin, 19. November.

In der am 18. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines ges⸗ es, betreffend die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche, und den Ausschußanträgen zu dem Entwurf einer Meßuhrordnung und zu dem Entwurf eines Lehrerbesoldungsgesetzes für Elsaß⸗Lothringen zugestimmt. Annahme fanden f die Anträge d

usschüsse zu dem

Etat für das Auswärtige Amt, das Reichsamt des Innern, das Reichspostamt und zu mehreren anderen Etats. Endlich wurde über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt.

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Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für Oktober 1909 betrugen nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:

1I egen das Vorjahr im auf 389. 8 (mehr, weniger) gangeg 1 Km im ganzen auf 1 km Ab Proz.

1) für alle Bahnen im Monat Oktober 1909:

Personen⸗

verkehr . 62 696 486 1 256 †3 928 491 + 65 + 5,46 Güter⸗ 30 + 1,01

verkehr 153 224 811] 2 99213 598 747 + 2) für die Bahnen mit dem WE1“ 8

y“

April März in der Zeit vom 1. April 1909 bis 11909. h-

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3,40

8

Personen⸗

verkehr . 421 696 779 9 719 + 19823051 + 320 + Güter⸗

verkehr . 857 129 247] 19 290] + 35249108 + 497 + 2,64

3) für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre Januar —Dezember in. der Zeit vom 1. Januar 1909 bis Ende Oktober 1909: Personen⸗

verkehr 81 695 906 12 978 —+4 193 175 + Güter⸗

verkehr . [148 460 643] 22 937]23 737 282 + 425 + 1,89 Die Gesamtlänge der Bahnen betrug 51 500,96 km, gegen

das Vorjahr + 737,83 km.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Jaguar“ am 16. November in Hongkong eingetroffen.

S. M. S. „Scharn t“ und S. M. Tpdbt. „S 90“ sind gestern von Tsingtau in See gegangen.

E. M. Flußkanonenboot „Vorwärts“ ist gestern in

Schanghai eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die am 20. Oktober in Wien eröffneten und später in Budapest fortgesetzten she erhandlungen zur Erledigung verschiedener bei der Auslegung und Ausfühanng einzelner Bestimmungen des Handelsvertrags zwischen Oesterreich⸗Ungarn und dem Deutschen Reiche, des Viehseuchenübereinkommens, des Vertragszolltarifs der beiden Staaten der österreichisch⸗ungarischen Monarchie, des deutschen Zolltarifs, ferner des heen eingesetzes und der deutschen Gerstenzollordnung hervorgetretenen Wünsche und Meinungsverschiedenheiten sind zum Abschlusse gebracht worden. Die Unterzeichnung der hierüber aufgenommenen Schriftstücke hat, wie das „W. T. B.“ meldet, gestern im Ministerium des Aeußern in Wien stattgefunden. .

vn der Audienz, die der ungarische Ministerpräsident Dr. Wekerle gestern beim König Franz Joseph hatte, hat dieser, obiger Quelle zufolge, entschieden, daß Anfang nächster Woche unter seinem Vorsitz ein ungarischer Mi⸗ nisterrat in Wien stattfinden solle.

Im österreichischen Herrenhaus erörterte gestern der Ministerpräsident Freiherr von Bienerth eingehend die Fragen der inneren Politik.

Laut Bericht des „W. T. B.“ sagte der Ministerpräsident, die Regierung sei entschlossen, die Verwaltung der de eflejanc durch nationale Parteien zu entziehen und sie auf rein sachlicher Grundlage im Interesse des Gemeinwohls zu fähger. Die an sich sehr wünschenswerte Ausübung der vollziehenden Gewalt durch Ver⸗ trauensmänner perfaglent e güer Mehrheiten habe zur unumgänglichen daß eine sachliche Grundlage für ihr ersprießliches Zu⸗ sammenarbeiten vorhanden sei. Sofern es sich um einen Kampf gegen die Personen der gegenwärtigen Regierung handle, würden weder er noch seine Kollegen am Amte kleben, wenn sie nur zu gehen brauchten, um damit alles gut zu machen. Aber nicht unter C“ sondern unter den Fe geerscgeiszanga historischer Prozesse leide Staat und Parlament. Auch werde die Beständigkeit in der Verwaltung durch fortwährenden Fersenenvechfet in Frage gezogen. Man habe der Regierung von slavischer Seite eine Bevorzugung der deutschen Elemente in Böhmen und Mähren und ee der Tschechen durch die böhmischen Sprachengesetze dedee⸗ Fr, der Minister⸗ präsident, kenne keine national gesonderten Beamtenkategorien, sondern nur Kaiserlich⸗Königlich österreichische Staatsbeamte, deren Richtschnur ihre beschworene Amtspflicht zu sein habe und für deren Verwendung nur ihre dienstliche Tüchtigkeit ,8 sei. Die Fefhncsen⸗ vorschläge der Regierung enthielten sogar die gesetzliche Festlegung der inneren Fgezicen Amtssprache, womit ein alter Herzens⸗ wunsch der Tschechen Erfüllung finde. Auch sei die Regierung keineswegs dem Parlamentarismus feindlich. Wäre sie das, so müßte es sie mit Genugtuung erfüllen, wie die Parteien sich gegenseitig schwächten. Die Regierung habe im Gegenteil unerschütterlich an der Hoffnung festgehalten, daß das Parlament zur Erfüllung seiner großen Aufgaben zurückkehren werde. Freilich müßten die Parteien auf die Obstruktion verzichten und es aufgeben, die Hemmung des Verfassungslebens als politisches Kampfmittel zu

ebrauchen. Die Regierung würde es als ein großes Unglück für den

taat betrachten, wenn die nationalen Parteien nichts von ihren sperderungen aufgeben, nicht auf Kompromisse eingehen, sondern sich ür eine Fortdauer des nationalen Kriegszustandes erklären würden, womit sie sich selbst dem Volke entbehrlich machten.

Großbritannien und Irland.

Ein Berichterstatter des „Reuterschen Bureaus“ hatte mit

dem portugiesischen Minister des Aeußern Bocage eine Unterredung, in der der Minister, „W. T. B.“ zufolge, auf die Wichtigkeit des Besuchs des Königs von Portugal hin⸗ wies, der das denkbar beste Ergebnis fün die Beziehungen vcan den beiden Verbündeten gezeitigt habe. Der Minister sagte erner: Er hoffe, der englisch⸗portugiesische Handelsvertrag, über den jetzt in Windsor werde, werde das, was in den Beziehungen zwischen England und Portugal noch fehle, ergänzen. Fom schen der portugiesischen und der britischen Verwaltung in Südafrika beständen die .ea eziehungen, das Gerücht, Portugal wolle einen Teil seiner dortigen Besitzungen aufgeben, sei lächerlich.

Die zweite Division der Fesn ctsftgtte, die aus acht

Schlachtschiffen der King Edward Klasse, fünf Panzerkreuzern und

vierundzwanzig Torpedobootszerstörern besteht, wird, der Meldung eines Londoner Blattes zufolge, Anfang des nächssen Jahres als dauernden Stützpunkt die Orkney⸗Inseln erhalten. Die erste Division der Heimatsflotte, nämlich rier Dread⸗ noughts, vier andere Schlachtschiffe, drei. Invicibles und zwei weitere Panzerkreuzer, wird in Sheerneß stationiert werden, anstatt wie bisher in Portland. Die atlantische Flotte erhält Dover als Kriegshafen. Auch die alte Kanal⸗ flotte wird wahrscheinlich wieder ins Leben gerufen und dem⸗ gemäß die Zahl der Schlachtschiffe in den heimischen Gewässern von zweiundzwanzig auf achtundzwanzig erhöht werden.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer setzte gestern ihre Beratung über das Budget fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ schrieb der Abg. Jaurds die Erhöhung der europäischen Staatshaushalte den Ausgaben für militärische Zwecke zu, die ihrerseits wieder in der englisch⸗deutschen Rivalität begründet seien. Er glaube jedoch an eine freundschaftliche Lösung dieser Rivalität, denn Deutschland würde im Falle eines be⸗ waffneten Konflikts seine Flotte und seine wirtschaftliche Macht⸗ stellung aufs Spiel setzen, und England würde Gefahr laufen daß es in seinen Kolonien zu Aufständen käme. Der Redner wies sodann auf die Proteste des deutschen Bürgertums gegen die Steueraufschläge und auf den eng⸗ lischen Budgetkonflikt hin und sagte, er schließe aus diesen beiden Tatsachen, daß sowohl England als auch Deutschland Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens hätten. Dennoch müsse rankreich wachsam bleiben, denn eine abenteuerlustige alldeutsche Minderheit träume davon, Frankreich im Falle eines Krieges als Geisel zu be⸗ nutzen. Jaurès sprach sich sodann anerkennend über die würdige, friedfertige Haltung der französischen Politik aus und gedachte lobend Elsaß⸗Lothringens, das mehr als dreißig Jahre lang geträumt habe, die Ungerechtigkeit, durch die es deutsch geworden sei, werde wieder gut gemacht werden, das aber 8 verzichtet habe, seine Befreiung von der Gewalt der Waffen zu erwarten, und an Stelle dessen den mutigen Entschluß gefaßt habe, Achtung vor seiner Eigen⸗ art zu fordern. Es wolle innerhalb seiner Grenzen seine eigene Physiognomie bewahren in dem Bewußtsein, daß sich Frankreich und Deutschland vielleicht eines Tages über Elsaß⸗Lothringen hinweg die Hände reichen würden. Der Redner erklärte sich sodann für eine Reform der militärischen Organisation und behauptete, daß das Gesetz über die zweijährige Dienstzeit einen Mangel an Menschenmaterial nach sich ziehen werde. Zum eigentlichen Budget forderte Jaurès, man solle die Einnahmen aus der Erb⸗ schaftssteuer vollständig dem Artebeherserganngsfonde der Arbeiter zu⸗ weisen, man solle ferner ein Alkoholmonopol schaffen und die Ein⸗ kommensteuer einführen. Der Generalberichterstatter für das Budget Doumer führte aus, er verstehe, daß England nicht gestatten wolle, daß Deutschland die Hegemonie zu Lande und zu Wasser erwerbe. Weiter sagte Doumer, die französische Armee würde durch die zwei⸗ jährige Dienstzeit nicht geschwächt, die französische Armee sei so viel wert wie jede andere. Frankreich dürfe keine Schattenrolle spielen und könne nicht neutral bleiben. Es würde eine eigen⸗ tümliche Politik sein, wenn Frankreich seinen Freunden sagen wolle, sie dürften nicht auf Frankreich rechnen, während Frankreich auf sie rechnen wolle. Frankreich habe das Recht, die Rolle einer großen Nation zu spielen, und brauche sich vor niemandes Willen zu beugen.

Nachdem Doumer für die Notwendigkeit indirekter Steuern eingetreten war, wurde die Weiterverhandlung auf heute vertagt.

Rußland.

Der finnische Landtag ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern durch kaiserlichen Erlaß aufgelöst worden. Die Neu⸗ wahlen sollen am 1. Februar n. St. stattfinden; die Ein⸗ berufung des neuen Landtages ist auf den 1. März fest⸗ gesetzt worden. 8

Beim Empfange französischer Pilger, die vom Kardinal Vincenzo Vannutelli vorgestellt wurden, erwiderte der Papst laut Meldung des „W. 9 B.“ auf eine Ansprache

Vannutellis: In Frankreich bleibe

der Glaube trotz der gegen ihn ge⸗ richteten Verfolgung unbesiegbar. Diese Verfolgung finde ihre Be⸗ stätigung in dem nneesser Krieg gegen die Bischöfe, die ihre Stimme gegen den Gebrauch gottloser, unmoralischer Bücher in den Schulen erhoben hätten. Während jeder französische Bürger das Recht habe, seine Meinung zu äußern, sei die von den Bischöfen verkündete Wahrheit Gegenstand des Hasses und der Feind⸗ seligkeit. Trotz dieser Verfolgungen würden aber weder der Papst noch die Bischöfe die gavebch verlieren, daß Gott ihre Tränen an den Feinden der Kirche zu rächen wissen werde.

Die Deputiertenkammer hat gestern ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Bei Beginn der Sitzung gedachte Ferri (Soz.) des Heimgangs Lombrosos in ehrenden Worten. Der Ministerpräsident brachte eine Vorlage, betreffend eine Reform der Steuern, ein. Die Vorlage schlägt, obiger Quelle zufolge, eine Herabsetzung der Fuckerstener und eine entsprechende Ermäßigung des Einfuhrzolles auf Zucker vor, und zwar soll der Zoll vom 1. Januar 1911 ab 8 Zucker erster Klasse von 28,85 Lire auf 20 Lire für den

oppelzentner und der Zoll für Zucker zweiter Klasse von 20,80 Lire auf 16 Lire, vom 1. Januar 1913 ab auf 18 bezw. 14,75 Lire und vom 1. Januar 1915 ab auf 15 bezw. 12 Lire ermäßigt werden. Um den dadurch erwachsenden Einnahmeausfall von ungefähr 40 Millionen zu decken, sollen verschiedene Verbesserungen des Gesetzes, be⸗ treffend die auf Erbschaften und Schenkungen, vor⸗ genommen und eine progressive Einkommensteuer auf Einkommen über 5000 Lire jährlich eingeführt werden. Die Steuer beträgt ür Einkommen von 5000 bis 10 000 Lire ein Prozent und fün,⸗ bis zu sechs Prozent für Einkommen, die mehr als 200 000 Lire betragen.

Niederlande.

In der Zweiten Kammer griff während der General⸗ diskussion des Budgets ein Sozialist den ehemaligen Minister Kuyper an, weil er einen reichen, getauften Juden namens Lehmann auf Ansuchen einer Abenteurerin dekoriert habe. Kuyper verlas darauf eine umfangreiche Erklärung.

Wie das „W. T. B.“ berichtet, begründete der Minister die Dekoration damit, daß der Dekorierte den aus der Gefangenschaft in Südafrika zurückkehrenden Niederländern Vorteile gewährt habe, und stellte ferner jeden Zusammenhang zwischen dieser Dekorierung und Spenden an die antirevolutionäre Mäbltasse in Abrede. Man könne ihm Unvorsichtigkeit, aber nicht Gewissenlosigkeit vorwerfen.

Die Erklärung Kuypers, die von der Rechten mit Beifall aufgenommen wurde, gab zu lebhaften Erörterungen zwischen den Parteiführern Anlaß.

Türkei.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist die Villa Allantini, in der der frühere Sultan Ab dul Hamid wohnt, von allen Seiten mit hohen Mauern umgeben worden. Die vofis⸗ Abschließung des Sultans von de

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r Außenwelt ist hiermit

11““ 11.X“

Belgien. In der Deputiertenkammer wurde gestern die Spezial⸗ beratung des Militärgesetzes fortgesetzt. Nach einer erregten Debatte wurde, wie daz „W. T. B.“ meldet, die Befreiung vom Militärdienst für Geistliche und Mönche angenommen, und sodann mit 100 gegen 58 Stimmen die Aufhebung des Ersatzmännersystems beschlossen. Es muß also fernerhin jeder selbst seiner Militärpflicht genügen.

Griechenland.

Der Finanzminister hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern in der Deputiertenkammer einen Gesetzentwurf, betreffend die Besteuerung des einheimischen Zuckers, eingebracht und die guten Ergebnisse hervorgehoben, die die Versuche, Zucker aus Rosinen zu gewinnen, gehabt haben.

Bulgarien.

In der Sobranje wies gestern der Minister des Aeuxern in seinem Exposé über die politische Lage die Behauptung der Opposition zurück, daß die Beziehungen zu Rußland der Aufrichtigkeit entbehrten, und führte, „W. T. B.“ zufolge, weiter aus:

ie Beziehungen zu Serbien müßten aufrichtig sein und die Regierung wünsche, daß sr sich bessern mögen. In dem Ver⸗ hältnis zur Türkei herrsche zwar kein genügendes Vertrauen, die Regierungen hätten aber den besten Willen, eine wachsende Herzlichteit zwischen den beiden Ländern herzustellen. Die künftigen Beziehungen würden abhängen von der Lage der Kon⸗ nationalen Mazedoniens, welchen, wie die Regierung hoffe, das konstitutionelle Regime die grundgesetzlich zugesicherten Rechte zur friedlichen Entwicklung gewährleisten würde. Für das Bestehen von Banden verschiedener Nationalitar in Mazedonien fei Bulgarien nicht verantwortlich. Die Regierung habe alle Maßnahmen getroffen, um eine Bandenbildung in Bulgarien zu verhindern, sie wünsche nur eine riedliche Entwicklung der Bulgaren Mazedoniens. Bulgarien sei ftien enug, seine Rechte und Interessen zu verteidigen, und werde bei⸗ zukinstigen politischen Kombinationen auf dem Balkan diejenige wählen, die seinen Interessen am besten entspreche. 1 Amerika. Nach Meldungen des „W. T. B.“ wird das amerikanische Marinedepartement dem Kongreß den Bau zweier Schlacht⸗ schiffe von je 26000 Tonnen und eines Reparaturschiffes vorschlagen.

Zwei Amerikaner, die der Armee der Re⸗ volutionäre von Nicaragug Dienste geleistet hatten und ge⸗ 8 genommen waren, sind vom Präsidenten Zelaya zum

ode verurteilt worden. Devpeschen, die beim Fenes hss e Staatsdepartement eingegangen sind, besagen, daß das Urteil

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bereits vollstreckt worden sei. Der nicaraguanische Geschäftsträger

in Washington ist in einer peremptorischen Note vom Staats⸗

departement aufgefordert worden, vollständige Aufklärung über die Hinrichtung der beiden Amerikaner zu geben; zugleich sind zwei amerikanische Kriegsschiffe nach Nicaragua entsandt worden. Der Empfang des neuen Gesandten von Nicaragua durch den Präsidenten Taft ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. In New Orleans angekommene Reisende berichten, daß über fünfhundert Personen, die verdächtigt waren, mit den Revo⸗ lutionären zu sympathisieren, in summarischem Verfahren er⸗ schossen worden seien, und daß der Präsident Zelaya weitere Hinrichtungen vornehmen lasse.

Einem weiteren Telegramm des „W. T. B.“ zufolge hat sich die amerikanische Regierung geweigert, einem mit Waffen für die Regierung von Nicaragua von New Orleans nach

Nicaragua abgegangenen Dampfer Schutz vor den Insurgenten u gewähren und dadurch die Insurgenten als kriegführende Pattei anerkannt.

Nach einer dem nicaraguanischen Generalkonsulat in Berlin

8 zugegangenen Nachricht vom Ministerium des Auswärtigen der

ist der Hafen von San Juan del Norte von den und für den Handel wieder

epublik Regierungstruppen zurückerobert

eröffnet worden. 88

8 . 8

Das persische Kabinett hat, einer Meldung des W. T. B.“ zufolge, demissioniert. Zu Vizepräsidenten es Medschlis sind Hussein Kuli Khan, Nawwab und Musteschar ed Dauleh gewählt worden. 8 8

Koloniales. Nach einer telegrapfischen Meldung aus Daressalam hat die Gleisspitze der deutsch⸗ ostafrikanischen Zentralbahn Kilometer 140 hinter Morogoro erreicht. Wie die Bau⸗ firma weiter berichtet, sind seit dem 11. Oktober, an welchem Tage das Gleis die Station Kidete erreichte, rund 19 km. vorgelegt worden; die Leistung der letzten Woche betrug 8,4 km. Die Bau⸗ firma hofft, daß der öö im Gleisvor noch einige Zeit so vachältsn wird und daß bis zum Beginn der Regenzeit monaklich wenigstens 30 km Gleis verlegt werden können.

Durch Verordnung des Kaiserlichen Gouverneurs von Deu tsch⸗ Neuguinea ist die Regierungsstation Simpsonhafen (Rabaul) auf⸗ gehoben, ihr Bezirk dem Bezirksamt Herbertshöhe zugeteilt und es zeitig der Sitz des Feshetsamts Herher 9e Simpsonhafen

Rabaul) verlegt worden. as Bezirksamt führt fortan die Be⸗ seschnung „Kaiserliches Bezirksamt Rabaul“. In Herberts⸗ öhe wird ein mit einem Polizeimeister besetzter Posten errichtet, der dem Bezirksamt Rabaul untersteht.

Statistik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung. 8 ““ Die Unstimmigkeiten in der Seidenbandindustrie des Bergischen Landes (vpgl. Nr. 272 d. Bl.), die zur Aussperrung der Flemten Ciehenbanczwirte dehälfen geführt haben, sind, wie heet. beigelegt. Die Fabrikanten wie auch die Gehilfen aben die Einigungsvorschläge angenommen, die, wie die Köln. Ztg.“ berichtet, das Ergebnis vierstündiger Verhand⸗ ungen am Freitag in Ronsdorf unter dem Vorsitz des dortigen ürgermeisters Staas waren. Die Einigungsvorschläge lauten eiderseitige Zurücknahme der Kündigungen in allen Petrieben, B24. iederaufnahme der Arbeit zu einem bis zum 27. November zu ereinbarenden Lohntarif. 3) Bis zum Zustandekommen eines 12 en ungefähre Abschlagszahlungen auf den verdienten Lohn. Nach Abschluß er kenfcge . erfolgt die Restzahlung nach Maßgabe der Uötteren. 4) Bei Nichtverständigung über eine neue Lohnliste erfolgt 8. endgültige Abrechnung nach der Lohnliste vom 9. Oktober 1909. ieser Satz soll nur juristische Bedeutung haben bei etwaigen Lohn⸗ agen.) 5) Wiedereinstellung der Arbeiter nach Bedarf. Bis zum 4 ct ovember dürfen Arbeiter, die in anderen Betrieben tätig waren, ni Beingestell werden, es sei denn, daß alle alten Arbeiter wieder etrieb sind. 6) In der Uebergangszeit bis zum 27. d. M. gilt

in allen Betrieben eintägige Kündigung. Vom 28. ab tritt die Kündi⸗ gungszeit der Fabrikordnung in Kraft. Schwarze Listen dürfen nicht geführt werden. 1

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.) 1 ]

Kunst und Wissenschafft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 11. November unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen eine Gesamtsitzung, in der Herr Tobler die Reihe seiner Ver⸗ mischten Beiträge zur französischen Grammatik fortsetzte. Er sprach von den noch heute nicht seltenen, in die frühere Zeit hinaufreichenden, auch in den Schwestersprachen be⸗ gegnenden Fällen, wo das Verhältnis eines durch Konjunktion eingeleiteten Umstandssatzes zur Aussage des Hauptsatzes durch eine Präposition angezeigt wird, sodaß Präposition und Konjunktion neben einander zu stehen kommen, ohne doch zusammen zu gehören. Zu einem Konditionalsatz tritt oft ein Hauptsatz gar nicht hinzu, sondern an seiner Statt ein adverbialer Ausdruck, um anzugeben, daß die ee. Bedingung kaum verwirklicht gedacht werden könne; statt solches Ausdrucks bisweilen auch die im Sinne einer Verneinung nicht unübliche Verwünschung. pas un sou vaillant darf natürlich nicht so angesehen werden, als wäre vaillant attributivp oder prädikativ zu sou zu nehmen; es ist vielmehr letzteres Objektakkusativ zu vaillant, und dieses soviel wie valant, (oder in älterer Zeit qui vaut). Daß jaus cent mit „ihrer hundert“ zutreffend übersetzt wird, ist sicher; es soll aber auch der grammatische Charakter der Wendung nicht verkannt werden. Zu dem unvollständig scheinenden Ausdrucke je me garni de defendre „ich machts mich bereit, mich zu wehren“ kann man ähnlich geartete stellen, die in entsprechender Weise zu erklären sind. Nicht bloß nach dem Komparativ kann die Bezeichnung des zum Vergleich Herbei⸗ gezogenen mit de angereiht werden, sondern auch nach Ausdrücken der Gleichheit. Vermengung der doch ungleichartigen Beziehungen kennt ja auch das Deutsche („größer wie“ und andererseits „ebenso groß als“).

„Herr Lenz teilte ein Schreiben des Herrn Dr. Ritter in Friedrichshagen mit, in dem dieser über seine jüngsten Leibniz⸗ Forschungen in der Stadtbibliothek von Hamburg berichtet. Die in dieser Bibliothek aufbewahrte Uffenbach⸗Wolffsche Briefsammlung enthält danach 19 Briefe von und 11 Briefe an Leibniz, außerdem eine reiche Fülle fremder Korrespondenzen, die wichtige Aufschlasfe über Leibniz; Verhältnis zu Joh. Christian von Boineburg und zum Kurfürsten Johann Philipp von Mainz ö“ Herr F. W. K. Müller legt eine Abhandlung des Dr. A. von Le Cog vor, betitelt: Einchristliches und ein manichäisches Manuskriptfragment in türkischer Sprache, aus Turfan (Chinesisch⸗Turkistan). Den Inhalt bilden zwei anscheinend apokryphe christliche Textstellen und ein Teil der manichäischen Fassung der Buddha⸗Legende in „uigurischem“ Typendruck nebst Uebersetzung. Es folgen Erläute⸗ rungen und Verbesserungen zu dem manichäischen Text Chuastuanit“ von W. Radloff.

Vorgelegt wurden das mit Unterstützung der Akademie gedruckte Werk H. Winkler, Der Uralaltaische Sprachstamm, das 22 nische und das Japanische. Berlin 1909, und die von dem orrespondierenden Mitglied Sir William Huggins in London übersandten „Scientific Papers“ Se London 1909.

Die Akademie hat das auswärtige Mitglied der philosophisch⸗ historischen Klasse Herrn Henri Weil in Paris am 5. November und das korrespondierende Mitglied derselben Klasse Herrn Wilhelm Ahlwardt in Greifswald am 2. November durch den Tod verloren.

Literatur. 6

Reden und Aufsätze von D. Otto Pfleiderer, weil. Professor an der Universität in Berlin. Verlag von J. F. Lehmann in München (geh. 4 ℳ, geb. 5 ℳ). Die Tochter des verstorbenen Gelehrten hat in diesem Bande eine Auswahl aus seinen Reden und Aufsätzen veranstaltet, die als wertvolle Er änzung zu seiner weit⸗ verbreiteten Trilogie „Christentum und Religion⸗ elten kann. war in hohem Grade die schöne Gabe eigen, sein gelehrtes

issen in einer klaren, von innerer Wärme durchdrungenen Form weiten Kreisen zu übermitteln; so werden auch diese bisher in Zeit⸗ schriften und Broschüren zerstreuten Reden und ufsätze den Leser fhett und bereichern. Im engeren Sinn thelogische Stücke, wie die Aufsätze über „die Aufgabe der visensSeenehe heologie für die Kirche der Gegenwart“ und über „Theologie und Geschichtswissenschaft“ wechseln mit 9 en, in denen religiöse Probleme weiter gefaßt wurden, wie in den Auf 8 „Der deutsche Volkscharakter im Spiegel der Religion“ und „Luther als Begründer der Rüscar csn Weltanschäuung“.

Lebhaftem Interesse dürfte auch das schöne E say „Goethes religiöse Weltanschauung“ begegnen. Auf historisch⸗po itisches Gebiet führen der dhn „Das deutsche Nationalbewußtsein in Vergangenheit und Gegenwart“ und die „Rede zur Vorfeier des Geburtstages des Fürsten Bismarck (1895)“. v seien die Auffäße „Die Idee des ewigen Friedens“ und „Schillers Geschichtsphilosophie“ erwähnt. Der Leser wird in dem wertvollen Buche reiche Anregungen finden.

Strand. Ein Geschichtenbuch von Man Dreyer. (Geh.

3,50 ℳ, geb. 4,50 ℳ. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt.) Dreyers frische Urwüchsigkeit gibt den vier in diesem Buche ver⸗ einigten Geschichten ihr Gepräge, das um so sympathischer ist, als jene hier, im Gegensatz zu manchen Stellen aus des Dichters Dramen nirgends den Eindruck prononzierter Derbheit macht. Alles gibt sich ungesucht und natürlich. Fesselnd ist auch die Charakteristik, scharf⸗ umrissen in ihren Grundzügen, fein durchgeführt in ihren Einzel⸗ heiten; dabei ohne flache Breite, vielmehr knapp und doch lückenkos. Ein feiner Humor, der über den Personen und Geschicken steht und sir doch nicht nur freundlich von außen verklärt, sondern auch den in jenen elbst ruhenden Humor ans Licht zu ziehen weiß, erhöht noch den Reiz der Lektüre. Endlich kann man dem Buche nachrühmen, daf es echte Heimatskunst bietet. Nicht jene Salonheimatskunst, die Allerwelts⸗ eute mit e; zu Bewohnern einer bestimmten Landschaft herausputzt. Es sind echte Leute von der Waterkant, die Dreyer vor uns hinstellt, ein tenschenschlag, den er wirklich kennt und lie t, wie ihm ihr großes, freies Meer ans Herz gewachsen ist. So liest man denn das Buch mit vollem Behagen und freut sich seiner rische und Natürlichkeit und des liebevollen Verstehens, das aus ihm spricht.

Im Verlage von B. G. Teubner in Leipzig sind zwei S riften über Schiller erschienen, auf die gerade jetzt, wo wir eben den 150. Geburtstag des Dichters feiern konnten, bésonders hingewiesen sei. Professor Dr. P. U hle hat in einem sehr lesenswerten Blüchlein „Schiller im Urteil Goethes“ die Zeugnisse Goethes über Schiller in Wort und Schrift gesammelt und durch die Zeugnisse Mit⸗ lebender ergänzt. (2,40 ℳ.) Es ist das ein sehr dankenswertes Unter⸗ nehmen; denn die vielfachen Zeugnisse seines großen E müssen uns für das Verständnis und die Wuͤrdigung Schillers als Dichter und Mensch, für die Kenntnis seines innersten Wesens als eine der tiefsten und reinsten Quellen gelten. Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Goethe und Schiller kann der Verfasser mit vollem Recht behaupten: „Wenn der Dichter über den Dichter, der Freund über den Freund spricht, so folgen wir willigst, folgen wir blind seiner Führung“. In dem Büchlein sind mit Fleiß und Geschick die zahlreichen Aeußerungen Goethes über Schiller, die in erstaunlicher Zahl in Briefen, Mitteilungen zur eigenen Lebens⸗ E Gespächen und Dichtungen vorliegen, zu einem Gesamt⸗ ilde vereinigt. Die Anordnung ist derart getroffen, daß die Zeugnisse über das persönliche Verhältnis der beiden Dichterheroen zu einander vorangestellt wurden, dann folgen die Zeugnisse über Schiller als Dichter und als Mensch.

Unter dem Titel „Die Erschlieh ug des Luftmeeres“ hat der Herausgeber der „Motorluftschi E Arthur Eir hb aff im Verlage von Otto Spamer in feihgig eine grögere

Schrift er Fe. lassen (geh. 5 ℳ, geb. 6 ℳ). Im ersten Teil findet der Leser einen leschichelichen Ueberblick über die Entwicklung

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der Luftschiff⸗ und Flugmaschinen von den ersten Anfängen bis auf unsere Tage, ferner alles dem Laien Wissenswerte über Drachen, Registrierballons und Drachenboote sowie Ausführungen über die prak⸗ tische Bedeutung der Luftschiffahrt. Im zweiten Teile kommen die be⸗ kanntesten Luftschiffer serbst mit Schilderungen einer ihrer Fahrten die sie selbst für die halten, zu Wort. Das Buch ift mat 138 sehr instruktiven Abbildungen, unter denen sich zahlreiche im Ballon in verschiedenen Höhenlagen aufgenommene Bilder be inden, ausgestattet. Bei dem großen Interesse, das alle Verkokreife der Luftschiffahrt entgegenbringen, kann das Buch auf die freundliche Auf⸗ nahme rechnen, die es wegen seines Inhalts verdient.

III. Sonderheft der Architektur des XX. Jahrhunderts. „Das Warenhaus Tietz in Düsseldorf.“ Vorzugspreis 775 ℳ, Ladenpreis 12 ℳ. Verlag von Ernst Wasmut ⸗G.⸗ Berlin. Das im genannten Verlag erschienene Sonderheft verdient Beachtung, weil es die erste Veröffentlichung ist, die ein modernes Warenhaus im Aeußeren und Inneren mit allen Einrichtungen und Einzelheiten zur Darstellung bringt. Der Grundriß des von Olbrich geschaffenen Baues ist lbe gcclch 8 und klar; die Verkaufsräume gruppieren sich um drei Li thöfe, die einen grandiosen Raumeindruck hervorrufen. Ueber hohen Marmorpfeilern zieht sich ein breiter Kassettenfries hin; darüber spannt sich leicht und elegant ein netzförmiges Oberlicht. Schwere Beleuchtungskörper vermitteln die Weite des Raumes. Den größten Eindruck empfängt man im Mittelbau, vor der großen Treppe und den aufsteigenden Fenstern. Auch die Wirkung des Aeußeren dieses Riesenwerkes ist enpaltig Ein großer, sb . Aufbau dräng sich empor, in zahllose Pfeiler gegliedert. Die Schwierigkeit in der äußeren Gestaltung des Warenhauses liegt in der usammenfassung einer großen Zahl von Stockwerken, Sälen, Treppenhäusern zu einem einheitlichen Ganzen. Die Verwendung des Pfeilers in einfacher Reihung bewältigt zwar die Massen, gibt aber immer einer gewissen Konflikt im Uebergang zum Dache. Olbrich hat die Schwierig⸗ keit in verschiedener Weise durch die Führung der Dachlinien über⸗ wunden. Das ganze Werk ist künstlerisch empfunden und taktvo durchgebildet, die Ausführlichkeit der Veröffentlichung läßt dies im großen wie in den Einzelheiten erkennen. 8

Technik.

A. F. Die Schiffsbautechnische Gesellschaft, deren Allerhöchster Protektor Seine Majestät der Kaiser ist, eröffnete am 18. November, Vormittags 9 Uhr, unter dem Vorsitz ihres höchste Ehrenvorsitzenden Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs von Oldenburg ihre 11. Hauptversammlung in der Aula der Technischen Hochschule zu Charlottenburg. Die Gizun ist zuf 2 Tage berechnet, 8 Vorträge mit daran si laeereses is⸗ kussion sind in Aussicht genommen, mehrere darunter ver eißen hoch⸗ interessante Mitteilungen und Erörterungen. Seine Majestät der Kaiser hatte in einem an den höchsten Ehrenvorsitzenden gerichteten Tele⸗ gramm sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß es ihm versagt sei, dies mal persönlich an der Versammlung teilzunehmen. Er werde sich über die Verhandlungen, denen er guten Erfolg wünsche, genau berichten lassen. Nachdem auf Vorschlag des Ehrenvorsitzenden an Seine Majestät ein Antworttelegramm gesandt war, wurde über die allgemeine Lage der Gesellschaft kurz berichtet. Die Mitgliederzahl ist auf 1545 an gewachsen, von denen 524 anwesend waren. Die Tätigkeit der Ge sellschaft im Berichtsjahre war recht vielseitig, u. a.

Entsendung von Vertretern zu der Arbeit mehrerer, verwandte

Zwecke verfolgender Verbände, wie der Deutschen Dampfkessel⸗ normenkommission, des Internationalen ürteaneg. es

in Kopenhagen, des Deutschen Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München, des Deutschen Schulschiff⸗

vereins, des Deutschen nautischen Vereins u. a. 11

Die Reihe der Vorträge eröffnete der Professor J. Stumpf von der Technischen Hochschule zu Charlottenburg durch einen Bericht über seine neue Gleichstromdampfmaschine. Hatte man seit Jahren geglaubt, mit der Verbunddampfmaschine den Gipfel der Vervollkommnung der Dampfmotore erreicht zu haben, so belehren die Erfolge der Gleichstrommaschine darüber, daß eine höhere Oekonomie in der Ausnutzung des Dampfes, somit billigerer Betrieb, dennoch möglich ist. Der zu diesem Ziel eingeschlagene Weg ist darum besonders interessant, weil er von der hohen Komplikation, die von der drei⸗ auf vierfachen Ausnutzung des Dampfes als Hoch⸗, Mittel⸗ und Niederdruckdampf in 3 bis 4 miteinander verbundenen Zylindern untrennbar ist, zurücklenkt zu einer sehr einfgchen Konstruktion, die nahezu an die älteste Form der Nieder⸗ 8 druckmaschine erinnert und wie diese nur einstufig ist. Allerdings besteht zwischen der alten Konstruktion und dieser neuesten Entwicklungsphase ein fundamentaler Unterschied in der Anwendung eines Gedankens, der so einfach und in seiner Richtigkeit überzeugend ist, daß die in ähnlichen Fällen oft gehörte Frage auch hierauf paßt: Wie de- es kommen, daß man nicht schon früher auf diesen gescheiten Gedanken gekommen ist? In allen bisherigen Dampfmaschinen hat man nämlich den Dampf, nachdem er den Kolben bis zu dem äußersten Punkt des Kolbenweges gedrückt, gezwungen, seinen Weg rückwärts und seinen Austritt durch eine effnung am eginn des Kolbenweges zu nehmen. Hierdurch entstanden wenn auch nur geringe iderstärke und Auskühlungen der warmen Zylinder⸗ oberfläche, die von der neuen Konstruktion dadurch vermieden werden, daß man dem Dampf nach geleisteter Arbeit Austritt am Ende des Kolbenhubs, also an der entge engesetzten Seite wie bisher gibt. Gleichstrommaschine nennt Pro essor Stumpf seine Erfindung, weil der Dampf in gleichbleibender Richtung durch die Maschine ge⸗ trieben, nicht zur Umkehr genötigt wird. Die vom Vortragenden konstruierte Gleichstromdampfmaschine ist somit eine einstufige Maschine, bei der segliche Stufeneinteilung entfällt; se steht in gewolltem Gegensatz zu dem Verbundsystem. Es kommen bei ihr au die dSeöge. in Wegfall, da diese durch in der Mitte des Zylinders angebrachte und vom Kolben gesteuerte Schlitze ersetzt sind. Es darf als durch viele nach dem neuen Prinzip gebaute und in längerem Betriebe be indliche Dampfmaschinen als erwiesen gelten, daß mit ihr Dampfver rauchs⸗ zahlen gleich denjenigen der besten Verbund⸗ und Dreifachexpansions⸗ maschinen erzielbar o üerdem ist sie, verglichen mit Tandemmaschinen, Verbunds, oder Dreifachexpansionsmaschinen zwischen 25 50 % ihrer Eigfechheüt halber in der Fan billiger. Eingeführt ist die Gleichstromdampfmaschine bisher in den Lokomotiv⸗ und Lokomobil⸗ bau und den allgemeinen Betriebsmaschinenbau; die Einführung steht noch aus, ist aber im Werke auf dem Gebiet der Schiffsmaschinen, Walzenzugmaschinen und Fördermaschinen. Besonders günstig lauten die Cefäntungen auf dem Gebiet des Lokomotivbaues. In der sich anschließenden Diskussion fanden sich Freunde und Gegner des neuen Systems: die ersteren einig im Lob der großen Einfachheit der Konstruktion und, Billigkeit der Herstellung; die anderen Zweifel äußernd, ob überhitzter Dampf bei der Einstufigkeit der Maschine mit so großem Vorteil Verwendung finden könne wie bei Verbund⸗ maschinen. Es wurde dem gewiß recht befriedigenden Betriebs⸗ ergebnis der Gleichstromdampfmaschine von 4,5 kg Dampf für die die bisher von keinem andern System erreichte Ziffer von 3,58 kg der Verbundmaschine entgegengehalten. Der Erfinder hob mit Recht hervor, daß sein System zu neu sei, um allseitige Bewährung schon erwarten zu lassen, er vertraue aber, daß er recht behalten werde. Im übrigen führen viele Wege nach Rom. Der zweite Vortrag betraf „eine neue Lösung des Schiffs⸗ turbinenproblems“ durch Dr. ing. §. Föttinger. Jeder direkte Schiffsantrieb ha Turbinen, so große Bewunderung die verschiedenen Antriebsweisen auch verdienten, kommt nach der Behau tung des Vor⸗ tragenden bei der großen Verschiedenheit der Geschwindigkeiten von Tur⸗ bine und Schlffoschründe auf einen sowohl für den Propeller, wie für die Turbine allzu ungünstigen .e. heraus. Es liegen eine Menge Versuchsergebnisse vor, die es zweifellos machen, daß die zwischen Pro⸗ peller und Turbine gewählte Kompromißtourenzahl den Propeller⸗ wirkungsgrad um 10 15 %, den Dampfturbinenwirkungsgrad um

12 13 % verschlechtert. In diesem Dilemna glaubt der vortra ende