Zugleich werden die bereits früher ausgelosten, noch rück⸗ ständigen Aktien: . Aus der Kündigung zum 1. Juli 1906. Nr. 14 832; 8 Aus der Kündigung zum 1. Juli 1908 wiederholt aufgerufen. “ “ zu den Quittungen werden von den oben⸗ ezeichneten Kassen unentgeltlich verabfolgt. Berlin, den 3. Januar 1910. Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bischoffshausen.
Königlich Preußische Armee.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 26. De⸗ zember. Hönecke, Oberzahlmstr. von der Reitenden Abteil. Torgauer Feldart. Regts. Nr. 74, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
27. Dezember. Frenkel, Oberzahlmstr. vom III. Bat. Metzer Inf. Regts. Nr. 98, auf seinen Antrag mit Pension in den R. Zestand versetzt.
8 Königlich Bayerische Armee. 8 München, 31. Dezember. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben mit Allerhöchster Entschließung vom 24. d. M. Allergnädigst zu verleihen geruht: den Titel eines Oberstabsveterinärs: den Stabsveterinären Gers heim des 1. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold und Grüner des 7. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold, den Titel und Rang eines Oberingenieurs: dem Ingen. Dr. Triebel bei der Geschützgießerei und Geschoßfabrik, den Titel und Rang eines Oberchemikers: den 8 hemikern Dr. Kinkelin beim Feeo Peprten Dr. Gerdeißen, Niederländer bei der Pulver⸗ abrik, den Titel eines Geheimen Rechnungsrats: den Rechnungsräten und Geheimen expedierenden Sekretären Holl im Kriegsministerium und S bei der Insp. des Ingen. Korps und der Festungen, den itel eines Rechnungsrats: den Geheimen expedierenden Sekretären reyland, Bleifuß, Miller im Kriegsministerium und Goller eim Militärbevollmächtigten in Berlin, den Oberintend. Sekretären Leichsenring, Nerschmann der Intend. der militärischen Institute, dem Administrator Otto des Remontedepots Schwaiganger, dem roviantmeister Brand des Proviantamts Ansbach, den Garn. Verwalt. Oberinspektoren Brückner der Garn. Verwalt. Lechfeld, Landgraf der Garn. Verwalt. Grafenwöhr und Kothmüller der Garn. Verwalt. Regensburg, den Titel eines Kanzleirats: den Ge⸗ heimen Registratoren Keiner, Sadowski, Röckelein im Kriegs⸗ ministerium. 0
XIII. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.
Offiziere, Fähnriche ushw. Im Beurlaubtenstande. Stuttgart, 22. Dezember. Prof. Dr. Blauel, Königl. preuß. Oberarzt der Landw. a. D., als Oberarzt der Landw. 1. Aufgebots ene mit einem Patent vom 18. Dezember 1901 im Armee⸗ orps angestellt. 1
Der Abschied bewilligt: Dr. Benischeck (Ravensburg), Ober⸗ arzt der Res., behufs Uebertrittts in Königl. preuß. Millitärdienste, Dr. Groß (Biberach), Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots.
8. Assist. Aerzten befördert die Unterärzte der Res.: Dr. Kost, Dr. Bullinger (Stuttgart), Cluß (Reutlingen), Dr. Blezinger (Mergentheim), Greiner (Ulm). —
tuttgart, 23. Dezember. Maier, Garn. Verwalt. Insp. in Ludwigsburg, seinem Ansuchen entsprechend mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt.
Stuttgart, 24. Dezember. Weiß, Garn. Verwalt. Insp. in Ulm, seinem Ansuchen entsprechend mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt. 1
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. Versetzt: Weil, Lazarettinsp. beim Garn. Lazarett Ludwigsburg, nach Wein⸗
arten, Kantzer, Garn. Verwalt. Insp. in Münsingen, zum 1. Fe⸗
ruar 1910 nach Ulm, Hinz mann, Intend. Sekretär von der Intend. der 27. Div. (2. K. W.) zur Korpsintend.
Richtamtliches. 1 Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 6. Januar. 3 Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Kriegsministers, Generals der Infanterie von Heeringen und des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.
Seine Majestät der Kaiser empfing gestern nachmittag im hiesigen Königlichen Schlosse in Anwesenheit Seiner Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, Ihrer König⸗ lichen Hoheiten der Prinzen Eitel⸗Friedrich, August Wilhelm und Oskar, des Reichskanzlers, der meisten Staatsminister und Staatssekretäre sowie anderer hoher Würdenträger die gestern früh hier eingetroffene chinesische Marinestudienkom⸗ mission. Dabei hielt Seine Kaiserliche Hoheit der Prinz Tsai⸗Hsün an Seine Majestät den Kaiser folgende Ansprache:
Im Auftrage meines erlauchten Souveräns bin ich nach Deutsch⸗ land gekommen, um mich mit den Marineverhältnissen vertraut zu machen. Auf den gnädigen Befehl Eurer Kaiserlichen Majestät bin ich bei meiner Ankunft in Berlin von Seiner Königlichen Hoheit dem Es Oskar von Preußen sowie von den Offizieren und Beamten
urer Majestät begrüßt und mit außergewöhnlichen Ehren empfangen worden.
Der Name der deutschen Marine hat in der ganzen Welt einen uten Klang, und die vorzüglichen Leistungen der deutschen Werften ind allgemein bekannt; daber gereicht es mir zu ganz besonderer Freude, jetzt aus eigener Anschauung Deutschlands Fortschritte auf maritimem Gebiet kennen zu lernen. 3 “
Es erfüllt mich dabei der lebhafte Wunsch, daß die freundschaft⸗ lichen Beziehungen unserer beiden Länder immer inniger werden und stets nur Friede und Eintracht herrschen mögen. Hiermit verbinde ich die Hoffnung, daß Eurer Majestät noch viele Jahre einer glück⸗ lichen Regierung beschieden sein mögen.
Seine Majestät der Kaiser antwortete, wie folgt:
Eurer Kaiserlichen Hoheit danke Ich für Ihre freundlichen Worte * 1 die guten Wünsche, die Sie für Meine Person zum Ausdruck e 8 Es hat Mich mit lebhafter Genugtuung erfüllt, daß Seine Maäjestät der Kaiser von China Eure Kaiserliche Hoheit an der Spitze einer Kommission hoher Würdenträger zum Studium der
äischen Marineverhältnisse auch nach Deutschland entsandt hat,
g
und Ich habe befohlen, die Erfüllung der Aufgaben der Kommission in jeder Weise zu erleichtern. “
Bei der hohen Einsicht Eurer Kaiserlichen Hoheit zweifle Ich nicht, daß Sie unsere Einrichtungen und Leistungen zu würdigen wissen werden, und Ich gebe Mich der Hoffnung hin, daß Sie unter dem, was Sie sehen werden, manches finden mögen, was Ihnen von Frteeh und der Beachtung wert erscheint.
Ueberzeugt, daß auch Eurer Kaiserlichen Hoheit Besuch in Deutschland dazu heitragen wird, die zwischen China und dem Deutschen Reich bestehenden so freundschaftlichen Beziehungen zu fördern und zu festigen, heiße Ich Eure Kaiserliche Hoheit und Ihre Begleiter in unserer Mitte von Herzen willkommen.
An die Audienz schloß sich eine Frühstückstafel.
Seine Majestät der Kaiser verlieh Seiner Kaiser⸗ lichen Hoheit dem Prinzen Tsai⸗Hsün das Großkreuz des Roten Adlerordens mit der Kette. Gegen Abend stattete der Prinz dem Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg einen Besuch ab.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für die Verfassung, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justiz⸗ wesen sowie der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.
8 1“
Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Großherzoglich mecklenburgischer Staatsminister Graf von Bassewitz⸗Levetzow aus Schwerin, Fürstlich schwarzburgischer Staatsminister Frei⸗ herr von der Recke aus Sondershausen, Fürstlich schwarz⸗ burgischer Geheimer Staatsrat Dr. Körbitz aus Rudolstadt, Bürgermeister Dr. Marcus aus Bremen und Senator Dr. us Hamburg sind in Berlin angekommen.
1 1“ 8 11“
8
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ vorgestern in Kingston (Jamaica) eingetroffen und geht am 11. Januar von dort nach Havana in See.
S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist am 3. Januar in Canton eingetroffen und geht heute von dort wieder in See.
S. M. S. „Bussard“ ist auf der Heimreise gestern von Aden nach Port Said in See gegangen. 1“
Stettin, 6. Januar. Die chinesische Marinestudien⸗ kommission traf, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag mit Sonderzug hier ein und begab sich nach der Werft des „Vulkan“ in Bredow zu eingehender Besichtigung der Anlagen des Wer kes.
Großbritannien und Irland.
Aus Anlaß der Wahlen veröffentlicht der Britische Flottenverein eine Kundgebung, in der, „W. T. B.“ zufolge, erklärt wird:
Die britische Vorherrschaft zur See werde Fen der größten Militärmacht des Kontinents bedroht, die im Begriff sei, eine unge⸗ heure Kriegsflotte zu bauen. England müsse für jedes deutsche Kriegs⸗ schiff seinerseits zwei Kriegsschiffe auf Stapel legen. Es sei dem britischen Volke dringend ans Herz zu legen, bei den kommenden Wahlen einzig für die Aufrechterhaltung einer unangreifbaren Vor⸗ macht der enghis en Flotte 8. Stimme abzugeben.
* 1 Rußland.
4¼
Im Beisein des Kaisers Nicolaus, der fremden Fürstlichkeiten und der Mitglieder des Kaiserlichen Hauses ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag die in der Peter⸗ Paulskirche in St. Petersburg aufgebahrte Leiche des Großfürsten Michael eingesegnet und dann feierlich in der Kirche beigesetzt worden.
— Der Generalkommandant des Odessaer Militärbezirks, General Baron Kaulbars, ist zum Mitglied des Kriegsrats
ernannt worden.
Türkei.
Auf Veranlassung Hakki⸗Beis hat die Pforte, wie das „W. T. B.“ meldet, dem italienischen Konsul in Hodeida erlaubt, sich an den Ort der Ermordung des Italieners Benzoni zu begeben. Der Konsul ist bereits dorthin abgereist.
“ Griechenland.
In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer brachte der Ministerpräsident Mavromichalis die Vorlage, betreffend die Dienstaltersgrenze der diplomatischen und konsularischen Beamten, ein. Nach den Bestim⸗ mungen der Vorlage hätten alle griechischen Gesandten, mit Ausnahme derjenigen in Washington, London und Sofia, die Dienstaltersgrenze erreicht. Wie das „W. T. B.“ meldet, empfahl Theosokis im Laufe der Sitzung dem Finanz⸗ minister, eine Vorlage, betreffend Aufnahme einer Anleihe für öffentliche Arbeiten, einzubringen. Der Minister erwiderte, er sei mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage beschäftigt.
1 Amerika.
Nach einer Besprechung mit den Mitgliedern des Kabinetts und einer Reihe von Senatoren hat der Präsident Taft, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern beschlossen, das Gesetz, be⸗ treffend den zwischenstaatlichen Handel, und das Antitrustgesetz in eine Botschaft zusammenzufassen, die er dem Kongreß heute zugehen lassen wird.
— Blättermeldungen aus New York zufolge hat der Staatssekretär Knox ein Rundschreiben an die Mächte ge⸗ richtet, in dem vorgeschlagen wird, den geplanten internationalen Prisengerichtshof mit den Machtbefugnissen und Funktionen eines internationalen Schiedsgerichts für alle im Frieden wie im Krieg auftauchenden Streitfragen auszu⸗ statten.
— Der argentinische Spezialbevollmächtigte bei der Re⸗ gierung von Uruguay Saenz Penna hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern das Uebereinkommen über die Hoheitsrechte auf dem La Plata unterzeichnet, durch das die freundschaft⸗ lichen Beziehungen zwischen Uruguay Argentinien wieder⸗ hergestellt werden.
8
1e 8 Koloniales.
Die Kolonialabteilung der Deutschen Landwirt, schaftsgesellschaft bietet jetzt kolonialen Landwirten, besonden
armern in Südwestafrika, die häufig vor Ergreifung ihres jetzigen
erufes keine Gelegenheit hatten, sich mit Wollkunde und Zucht von Wollschafen eingehend zu befassen, Gelegenheit, sich sowohl in Wollkunde auszubilden, wie auch fic über Beschaffenheit der von ihnen erzielten Wolle ein sachverständiges Urteil zu beschaffen. Da die Wolle der wichtigste Ausfuhrartikel für Südwestafrika zu werden vex⸗ spricht, und der Preis, der von deutschen Fabrikanten gezahlt werden kann jeweilig von der Güte der Wolle abhängt, ist zu wünschen, daß von den getroffenen Einrichtungen recht viel Gebrauch gemacht wird, be⸗ sonders da von seiten der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft keine besondern Kosten erhoben werden. An den genannten Kursen in der Wollwäscherei und ⸗kämmerei in Hannover⸗Döhren hat bereits ein junger, nach Südwestafrika hinausgehender Landwirt teilgenommen. Zur Förderung der Wollkunde in den deutschen Kolonien, insbesonden in 1.“ sind im einzelnen folgende Einrichtungen getroffen worden:
1) Die Wollwäscherei und ⸗kämmerei in Hannover⸗Döhren hat sich bereit erklärt, Landwirte und Farmer, die als Viehzüchter in die deutschen Kolonien gehen wollen, oder Farmer, die sich gelegentlich zu längerem Aufenthalt in Deutschlandkbefinden, zur Teilnahme an den Sortierarbeiten in ihrer Fabrik in vier⸗ bis sechswöchigen Kursen aufzunehmen. Die Teilnehmer müssen sich verpflichten, die von der Fabrikleitung festgesetzte Arbeitszeit gewissenhaft inne⸗ zuhalten und sich mit Ernst und Fleiß an den Arbeiten zu beteiligen. Der Eintritt kann jederzeit erfolgen; jedoch ist die Teilnehmerzahl beschränkt. Herren, die gleichzeitig auch die wissenschaftlichen Grund⸗ lagen der Wollkunde kennen lernen wollen, haben hierzu Gelegenheit durch Teilnahme an den von Ende Oktober bis Ende Dezember d. J.
stattfindenden Vorlesungen des Professors Dr. Leb mann, Vorstehers des Zootechnischen Instituts der Landwirtschaftlichen Hochschule in
Berlin, Invalidenstraße 42. An den Besuch dieser Vorlesungen wird sich zweckmäßig ein praktischer Kursus in Hannover⸗Döhren an⸗ schließen. Meldungen sind möglichst frühzeitig an die Kolonial⸗ abteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin SW., Dessauer Straße 14, zu richten.
2) Der Kolonialabteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft können aus den Kolonien Wollvließe zur Begutachtung ein⸗ gesandt werden, die unter Leitung des Professors Dr. Lehmann durch einen in der Praxis stehenden Sortierer, Angestellten einer hervorragenden Wollimportfirma, erfolgt. Die Begutachtung erstreckt sich im einzelnen auf Bestimmung der Sortimente, deren Gewicht im
mutz, Angabe des ungefähren Rendements, Hinweis auf etwaige Fehler oder Vorzüge der Wolle bezw. auf die Pflege derselben auf dem Tier sowie Taxe des Wertes im Vergleich mit den Konjunkturen der letzten Märkte. Auf Wunsch können in geeigneten Fällen Ratschläge in züchterischer Beziehung erteilt werden. Die sind vollständig, ohne Entfernung der defelkense Teile (Randteile, Brand u. dgl.) in möglichst wenig zerrissenem Zu⸗ stande, gut zusammengeschlagen und nicht zu fest verpackt einzusenden. Unvollständige bezw. zerrissene Vließe können von der Begutachtung zurückgewiesen werden. Auch wird Verfügung über die eingesandten Vließe vorbehalten. Für jedes Vließ sind Anmeldebogen, die durch die Kaiserlichen Gouvernements, den Farmerbund und die Farmer⸗ bezw. Pflanzervereinigungen zu beziehen sind, in doppelter Ausfertigung und nach Möglichkeit dem Vor⸗ druck entsprechend ausgefüllt einzusenden. Die Gebühren für Begutachtung sind vorläufig für das erste einzusendende Vließ einer Sendung oder einzelne Vließe auf 10 ℳ, für jedes weitere einer Sendung auf 3 ℳ festgesetzt worden, die zur Entschädigung des Sortierers benutzt werden. Die Erledigung der Begutachtung der eingesandten Vließe erfolgt möglichst innerhalb 14 Tage nach Eingang.
Anträge auf Besorgung von Böcken und Schafen aus Deutschland sind nach den allgemeinen „Bedingungen für die Be⸗ schaffung von Zuchtvieh durch die Deutsche Landwirtschaftsgesell⸗ schaft“ an die Kolonialabteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesell⸗
schaft zu richten.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die preußischen Sparkassen im Rechnungsjahre 1908.
Das preußische Statistische Landesamt hat jetzt die vorläufigen Ergebnisse der Statistik der Sparkassen Preußens 8 das Rechnungs⸗ jahr 1908 hinsichtlich der Zahl der Sreeehe eer und der Ein⸗ lagen sowie der Bewegung von beiden nach Staat, Provinzen und Regierungsbezirken in der „Stat. Korr.“ veröffentlicht. Diesen Ergeb⸗ nissen zufolge, die den bisherigen Erfahrungen genäß nur sehr wenig von den . abweichen dürften, wurden im Rechnungsjahre 1908, das bei der Mehrzahl der Sparkassen das Kalenderjahr 1908, bei einem großen Teil der Kassen aber das Jahr vom 1. April 1908 bis 31. Män 1909 und bei einigen die Zeit vom 1. Juli 1908 bis 30. Juni 1909 ist. von 1679 Sparkassen Preußens 1 630 523 Sparkassenbücher aus⸗ gegeben und 1 273 786 zurückgenommen. Im Umlauf be⸗ fanden sich am Schlusse des Rechnungsjahres 190 3 395 184 Sparkassenbücher mit Einlagen bis zu 60 ℳ, 1 642 870 mit Einlagen von über 60 bis 150 ℳ, 1 454 477 mit über 150 bis 300 ℳ, 1 691 132 mit über 300 bis 600 ℳ, 2 071 545 mit über 600 bis 1500 ℳ, 927 572 mit über 1500 bis 3000 ℳ 581 770 mit über 3000 bis 10 000 ℳ und 77 478 mit Einlagen von über 10 000 ℳ, insgesamt 11 842 028 Sparkassenbücher. Es belief sich der Gesamtbetrag der Ein⸗ lagen am Schlusse des Fefrumfeb⸗ rjahres 1907 auf 9 121 315 000 ℳ, der Zuwachs während des Rechnungsjahres 1908 durch Zu⸗ öreihghg von Zinsen auf 289 321 000 ℳ, durch Neueinlagen auf 2 528 198 000 ℳ, der Betrag der Rückzahlungen im Rechnungs⸗ jahre auf 2 365 746 000 ℳ, der Gesamtbetrag der Einlagen am Schlusse des abgelaufenen Rechnungsjahres auf 9 573 088 000 ℳ, der Betrag des Reservefonds, wie er an Schlusse des Rechnungsjahres zu Buche stand, auf 570 474 000 ℳ. Betrachtet man die Bewegung der Zahl der Sparkassenbücher zunächst für den Gesamtstaat, so wurden im Laufe des Berichtsjahres wie bereits erwähnt, 1 630 523 ausgegeben und 1 273 786 zurück⸗ enommen, sodaß sich ein Ueberschuß von 356 737 Stück ergab. Fn den fünf Vorjahren waren die entsprechenden (allerdings end⸗ gültigen) Ziffern 388 913 bezw. 453 426, 430 303, 439 303 und 393 141 gewesen. Das Berichtsjahr hat also den ungünstigsten Plat⸗ Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß mit der fortschreitenden Ver⸗ reitung des Sparkassenbuches im Volke der Spielraum für die Ge⸗ winnung neuer Sparer sch allmählich verengert, und daß in Preußen bereits 30,22 Bücher auf je 100 Einwohner entfallen. Was die Größenklassen der Bücher nach der Höhe der Ein⸗ lagen betrifft, so haben sich die bis 60 ℳ um 5,38 v. H., die von mehr als 60 bis 150 ℳ um 1,12, die von 150 bis 300 ℳ um 0,73. die von 300 bis 600 ℳ um 0,85, die von 600 bis 3000 ℳ um 3,40, die von 3000 bis 10 000 ℳ um 6,49, die über 10 000 ℳ um 10,42 v. H., die Sparkassenbücher überhaupt um 3,12 v. H. vermehrt. Aus diesen Verhältniszahlen könnte man zunächst den Eindruck ge⸗ winnen, als sei die Zunahme im wesentlichen auf die größten und kleinsten Konten beschränkt gewesen; es ist dies aber einer der zahl⸗ reichen Fälle, in denen die Verhältniszahl allein irreführt und du die absolute Zahl ergänzt werden muß. Letztere zeigt eine Zunahme
a. bei den Büchern bis zu 60 ℳ um 173 453, b. von 60 — 150 18 120, c. 150 — 300 10 599, d. 300 — 600 14228 e. 600 — 3 000 98 738, f. 3 000 — 10 000 35 443, g
über 10 000 7314,
im ganzen um 357 889 Stück. *) Hier zeigt sich, daß die verhältnis⸗ mäßig so große Zunahme der Bücher mit über 10 000 ℳ Einlage tatsächlich doch nur 7314, also viel weniger als bei allen anderen Klassen ausmacht. Daß im übrigen nur die Bücher mit mehr als 600 ℳ, die zu einem erheblichen Teile im Eigentume der besitzenden Klassen oder juristischen Personen u. dergl. sein werden, sowie die ganz kleinen Bücher stark an Zahl zugenommen haben, sieht allerdings nicht be⸗ sonders erfreulich aus; denn die große Zunahme bei der untersten Klasse kann wenigstens teilweise durch Herabsinken aus höheren Klassen erklärt werden. Es muß dann aber eine Menge neuer kleiner Sparer aufgetaucht sein; denn wäre die Bewegung bei den bisherigen Sparern der untersten Klasse ebenfalls so wenig günstig wie bei den nächsthöheren Klassen gewesen, so hätte dem Zugange aus diesen ein Abgang infolge von Abhebung der ganzen kleinen Einlage entgegen⸗ stehen müssen. Im ganzen wird man sagen dürfen: das Bild 1” ver⸗ hältnismäßig nicht b aber es hätte in Anbetracht von mancherlei ungünstigen Einflüssen, unter denen die Volkswirtschaft im Zeitraume der Berichterstattung zu leiden hatte, noch viel ungünstiger sein können. Im ganzen hat die Zahl der Sparkassenbücher immer noch reichlich doppelt so stark zugenommen wie die Bevölkerung.
Erwähnt sei noch, daß von der Gesamtzahl der Bücher auf die Gruppe zu aà 28,67, zu b 13,87, zu c 12,28, zu d 14,28, zu e 25,33, zu f 4,91, zu g 0,65 v. H. trafen. Die Gruppe e konnte im Be⸗ richtsjahre zum ersten Male in zwei Untergruppen: über 600 bis 1500 ℳ mit 17,49 und über 1500 bis 3000 ℳ mit 7,83 v. H. zerlegt
werden. Betrachtet man die Bewegung der Zahl der Sparkassenbücher
wenigstens im ganzen 8. noch nach Provinzen und Bezirken, so stellt sich
heraus, daß in Hohenzollern die Zahl der zurückgenommenen Bücher
um ein geringes, in Berlin dagegen (wie schon im Vorjahre) bedeutend
größer als die der neu ausgegebenen war. Die Provinzen hatten jedoch⸗
sämtlich einen Ueberschuß des Zugangs, zum Teil — wie Branden⸗ burg, Schlesien, Sachsen, Hannover, Westfalen und die Rheinprovinz — sogar einen recht ansehnlichen. Bei den Regierungsbezirken (außer Sigmaringen) tritt die gleiche Erscheinung hervor.
Dem Sozialstatistiker werden die Ziffern über die Sparkassen⸗ bücher, dem Wirtschafts⸗, insbesondere dem Kreditstatistiker die über die Einlagen interessanter sein; denn nach deren Stande richtet sich im wesentlichen auch die Bedeutung der Sparkassen als Geldgeber und als Verwalter eines ansehnlichen Teiles unseres Volksvermögens. Auch hierüber gibt die vom Statistischen Landesamt veröffentlichte Uebersicht Auskunft. Es waren bei den berichtenden Kassen im ganzen Staate am Schlusse des Rechnungsvorjahres 1907 9121,32 Millionen Mark an Einlagen vorhanden; durch Zuschreibung von Zinsen allein kamen im Rechnungsjahre 1908 289,32 Millionen hinzu, d. i. mehr, als in den Vorjahren bis einschl. 1894 und auch noch im Jahre 1900 der gesamte Zuwachs mit Einschluß des Ueberschusses der Neueinlagen über die Rücklagen betragen hatte. Die Neueinlagen machten 2528,20, die Rückzahlungen 2365,75 Millionen aus. Es ergab sich darnach ein Endbestand von 9573,09 Millionen Mark und ein Zu⸗ wachs von 451,77 Millionen Mark (in den fünf Vorjahren 331,68 ezw. 493,52, 534,21, 531,55 und 500,66 Millionen Mark). Der Zuwachs ist also immerhin größer als im Vorjahre, und es ist fast mit Sicherheit anzunehmen, daß die preußischen Sparkassen am Ende des Jahres 1909 die zehnte Milliarde an Einlagen annähernd vollendet oder überschritten haben werden.
Sieht man von dem Zuwachse durch zugeschriebene Zinsen ab und betrachtet man nur das Verhältnis der Neueinlagen zu den Rück⸗ zahlungen, so ergibt sich für den ganzen Staat ein Ueberschuß der ersteren in Höhe von 162,45 Millionen Mark. Es ist dies sehr viel weniger als der Zuwachs durch Zinsen. Bei einer Vergleichung mit den Vorjahren steht das Berichtsjahr zwar etwas besser da als das Vorjahr mit nur 67,34 Millionen Mark Ueberschuß der Neueinlagen über die Rückzahlungen, aber weit schlechter als alle früheren Jahre rückwärts bis 1895, mit Ausnahme der Jahre 1900 und 1899, wie fol anen Ziffern ergeben, nach denen jener Ueberschuß be⸗
agen hat:
im Jahre 1895 „ 1896
1897
1898
1899
1900
1901
Hoffentlich
311,94 Mill. ℳ 300,18 314,64 301,47 243,83
233,05 Mill. ℳ im Jahre 1902 187,97 . „ 1908 186,91 8 1904 182,26 2 1905 8 1906
145,47 1907 67,34
95,37 313,67 ’ 1908 162,45 .
lich leitet das Berichtsjahr mit dieser Bewegung eine dauernde, 218 bloß einmalige Wendung zum Besseren ein. Be⸗ achtenswert ist in dieser Hinsicht noch, daß im Berichtsjahre die Neu⸗ einlagen nur in Ostpreußen, im Stadtkreise Berlin, in Sachsen und den Hohenzollernschen Landen geringer als die Rückzahlungen waren, während dies im Jahre 1907 außerdem auch in Westpreußen und chleswig⸗Holstein zutraf. Regierungsbezirke mit weniger Neueinlagen als Rückzahlungen gab es allerdings eine ganze Reihe, nämlich (abge⸗ ehen von Berlin und den Hoßenzollernschen Landen) Königsberg, Aülgaftein, Köslin, Magdeburg, Merseburg, Hildesheim, urich.
Am 14. Dezember ist der dem bayerischen Statistischen andesamt neu angegliederte Statistische Beirat in München nter dem 8gn von Ministerialrat Henle aus dem Ministerium des Innern zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Die voll⸗ bählig erschienenen Mitglieder (im ganzen 13) sind einerseits Ver⸗ reter der einzelnen Staatsministerien und des Statistischen Landes⸗ amts, andererseits Vertreter der Praxis (Landwirtschaft, Gewerbe und Handel) und der Wissenschaft. Die Aufgabe des Beirats ist, wie er Vorsitzende einleitend hervorhob, ein einheitliches Zu⸗ ammenwirken zwischen den verschiedenen Zweigen der Staats⸗ erwaltung und der geaflichen Statistik zu vermitteln und das Statistische Landesamt bei Vornahme statistischer Erhebungen und ei Ausnutzung ihrer Ergebnisse zu unterstützen. Namens des tatistischen Landesamts betonte Ministerialrat Dr. Zahn, wie not⸗ vendig für die Durchführung der zahlreichen Aufgaben seines Amts ine innige Fühlung mit Vertretern der Praxis und der Wissenschaft ei und wie um deswillen die jetzige Zusammensetzung des Beirats kom Standpunkt der amtlichen Statistik besonders willkommen er⸗
eine. Unterstaatssekretär a. D., Universitätsprofessor Dr. von Mayr rwiderte dankend mit dem Hinweis darauf, daß die jetzige Form des Heirats zweifellos eine zeitgemäße Ausgestaltung der Statistischen Pentralkommission bedeute; er, der dieser Kommission als damaliger eiter der bayerischen Statistik angehörte, freue sich, als Mitglied des stzigen Beirats wiederum im Dienst der heimischen Statistik amtlich mitwirken zu können.
8 Ministerialrat Zahn gab dann einen über die Ent⸗ . lung der bayerischen Statistik im Jahre 1909. Er act. die Versammlung in einem umfassenden Ueberblick mit den e Füsen neuen Arbeiten bekannt, die das Statistische Landesamt im dac aufenen Jahre auf dem Gebiete der Bevölkerungs⸗, Wirtschafts⸗, 5. . und politischen Statistik eingeleitet und durchgeführt habe, 48 betonte zum Schlusse mit besonderer Genugtuung, daß die Er⸗ faüg der Arbeiten in weiten Kreisen große Beachtung fänden, nicht bcet dank der bereitwilligen Unterstützung, welche die Presse aller bej eien hierbei leiste. Diesen Ausführungen folgte eine eingehende ahprechung. Professor von Mayr und Landtagsabgeordneter Segitz b 185 Gelegenheit, ihre Freude und Anerkennung über das neu er⸗
ene „Statistische Jahrbuch“, das die Frucht der vom Vorredner
—
2) Der kleine Unterschied ie obige Zi gegen die obige Ziffer von 356 737 Stück ruht darauf, daß bei den Pontenklassen die Vermehrung 98—
Gumbinnen, Stade und
dn Endbeftand des Vorzahres bei den in diesem berichtenden Kassen
heeselt wicd, die sich nicht völlig mit den Kassen des Beri ts⸗
eschilderten Reformarbeiten darstelle, hervorzuheben. Ersterer egrüßte auch die Verfügung des Ministers des Innern, auf Grund deren die äußeren Verwaltungsbehörden mit statistischem Material über ihre Bezirke versehen werden. Abg. Segitz wünschte eine Er⸗ weiterung der Statistik über die Eisenbahnwanderungen der Arbeiter vom Wohnort zum Arbeitsort sowie der Statistik über den Milchverkehr; ferner stellte er eine Reihe von Wünschen in bezug auf das „Statistische Jahrbuch“ zur Erwägung. Der Ver⸗ treter des Verkehrsministeriums, Oberregierungsrat Dr. Heubach äußerte sich über die Ausführbarkeit der vom orredner angeregten Ausgestal⸗ tung der Wanderungsstatistik. Gutsbesitzer Heil brachte den Wunsch vor, die monatlichen Saatenstands⸗ und Ernteberichte auch auf den Futterrübenbau zu erstrecken. Der Vertreter des Ministeriums des Aeußern, Legationsrat Dr. Donle teilte die Pläne hinsichtlich besserer en der bayerischen Handelsinteressen mit. Die Vertreter von Gewerbe und Handel Kommerzienrat Dr. Jodlbauer und Fleischermeister Weinberger⸗Nürnberg begrüßten ebenso wie der Abg. Segitz diese Mitteilungen mit dem Beifügen, daß die Besonder⸗ heiten der wirtschaftlichen Verhältnisse Bayerns am besten durch Auf⸗ bereitung des Erhebungsmaterials seitens der Landesbehörden, ins⸗ besondere seitens des Statistischen Landesamts ermittelt werden würden und nur so auch richtig wahrgenommen werden könnten. Die Erörterung aller dieser Anregungen gestaltete sich so eingehend, daß der weitere Punkt der Tagesordnung: Reform der Preisstatistik, einer späteren Sitzung überwiesen werden mußte.
4
„Wie die Londoner Zeitung „Daily Chronicle“ aus Chicago erfährt, ist der Aus stand der Weichensteller von 20 bis 30 über Chicago verkehrenden Eisenbahnen wenigstens für den Augenblick abge⸗ wendet durch ein Uebereinkommen zwischen den Vertretern der Weichen⸗ steller und den Generalvertretern der Eisenbahngesellschaften, nach dem das Verlangen der Weichensteller nach wesentlicher Auf⸗ besserung der Löhne einem Schiedsgericht unterbreitet werden soll. Diese Uebereinkunft weckt lebhafte Genugtuung, denn der Streik würde den Eisenbahnbetrieb eines sehr weiten Gebiets lahmgelegt und etwa 140 000 Mann, betroffen haben. 4
Kunst und Wissenschaft. 1 Die Anton Graff⸗Ausstellung in der Galerie Schulte. .Ein offizieller Anlaß für diese Gedächtnisausstellung des kur⸗ sächsischen Hofmalers Anton Graff liegt zwar nicht vor (seinen hundertsten Todestag werden wir erst 1913 feiern), doch ist eine so umfassende historisch und kunsthistorisch wichtige und erejcnsvolle Ausstellung seiner Werke, wie sie die Galerie Schulte gerüstet hat, deshalb nicht weniger dankbar zu begrüßen. Und ein Maler wie Graff hat es nicht nötig, dem Publikum unter dem pietätvollen Deckmantel eines Gedenktages vorgesetzt zu werden. Trotzdem sucht man unwillkürlich nach einem Anlaß, der einer so mühsam errungenen Veranstaltung jene Aktualität verleihen soll, die heutzutage allein dem Schweiße der Edlen zu lohnen pflegt, und findet ihn vielleicht in dem Beifall und Erfolg, sich vor zwei Jahren die englische “ zu erfreuen hatte. Allein der innere und äußere Gegensatz dieser beiden uns zeitlich in kurzer Folge vor⸗ übeten Bilderschauen hat aktuelles Interesse. Dort die atlas⸗, eiden⸗ und samtrauschenden Mylords und Mpladies des englischen Hochadels der prachtliebenden Georgenzeit — hier, wenn wir von den wenigen Fürsten und Feldherren absehen, die deutschen Gelehrten, Dichter und Künstler aus Deutschlands geistigen Befreiungstagen. Man lebte nicht mehr in der Zeit der Verfürstlichung, da sich jeder biedere Leipziger Spießer mit der pompösen Gebärde eines Groß⸗ inquisitors malen ließ, sondern in der Zeit der Verbrüderung, da Bettler an ihre Verwandtschaft von Adam her appellierten, und Fürsten Dichter zu Freunden hatten. In dieser Zeit der Durch⸗ geistigung mußte ein Künstler geschätzt sein, der es verstand, die eistige Individualität seinen Personen ins Gesicht zu schreiben und einer verstand dies damals besser als Graff. „Graff trifft, wie man sagen möchte, in höherem Sinne; er malt nicht den Leib, sondern den Geist, und weiß fast immer mit einem unglaublich glücklichen Takt den Moment zu ergreifen, wo sih nicht bloß eine oder die andere charakteristische Eigentümlichkeit, ondern die ganze Individualität des Innern in dem ruhigen Aeußern abspiegelt“, sagt ein Zeitgenosse von ihm. Verstand er es auch mitunter, das wenige Beiwerk glänzend zu malen, 5 konzentriert sich das Hauptinteresse seiner Bildnisse wne auf den hell aus dem Dunkel herausgearbeiteten Kopf und auf die Augen, den Spiegel der Seele. — Sein Leben nahm einen ruhigen, glücklichen Verlauf. Im Jahre 1736 in Winterthur eboren, ein Sohn der damals an Hervorbringung eistiger und künst⸗ erischer Persönlichkeiten so überaus fruchtbaren Schweiz, landete er nach unruhigen Wanderjahren im Jahre 1766 als kurfürstlicher Hof⸗ maler in Dresden. „Von dieser Zeit an“, erzählt er in seiner kurzen Selbstbiographie, „ging es mir immer glücklich; ich hatte viel Perrpät zu malen.“ Die große Zahl der Gelehrtenporträts von raff verdanken wir einem mäzenatischen Einfall des „Fürsten der Leipz Pr Buchhändler“ Philipp Erasmus Reich. Wie der Dichter⸗ vater Gleim in Halberstadt die verschiedensten Maler für seinen Freund⸗ schaftstempel beschäftigte, wollte auch Reich eine Galerie der damals berühmten Schöngeister und Gelehrten anlegen und verpflichtete dafür neben Tischbein ausschließlich Graff. Diese geistige Ahnengalerie Deutschlands wurde später von Reichs Witwe der Leipziger Uni⸗ versitätsbibliothek geschenkt, deren Zierde sie heute ist. Reichs Auf⸗ trag führte Graff im Jahre 1771 auch nach Berlin, wo er Spal⸗ ding, Ramler, Mendelssohn und Sulzer malte und des letzteren Tochter Auguste kennen lernte, die bald darauf seine Frau wurde. Berlin verdankte er nach seinem eigenen Geständnis viel. Er malte nicht nur die Mitglieder des Königlichen Hauses, sondern erhielt im Jahre 1788 eine höchst ehrenvolle Berufung an die hiesige Kunstakademie, durch deren Ablehnung er seine Dresdner Position verbesserte. In Dresden blieb er zeit seines Lebens, von seinen zahlreichen kleinen Reisen ab⸗ gesehen. Er war ein offener, heiterer Charakter, dessen Liebens⸗ würdigkeit alle Leute für ihn einnahm. Am schönsten charakterisierte ihn sein Landsmann und Schwiegervater, der berühmte Aesthetiker Sulzer, der ihm seine Tochter gern gab „weniger wegen der Verdienste, die er sich um die Kunst, auf die er sich gelegt hatte, erworben hatte und die ihn zu der Ehre eines Hofporträtmalers am kursächsischen Hofe gebracht hatten“ als deshalb, weil er bei Graff „ein emüt fand, das so hell und rein war als der schönste rühlingstag“. Als liebenswürdigen älteren Herrn zeigt den chtundfünfzigjährigen das berühmte Selbstbildnis der Dresdner Galerie, das der Katalog als Umschlaggravüre bringt. Und als soignierten Hofmaler, der auf sein Aeußeres hielt, schilderte cn eec Förster: „Er war ein munterer alter Herr; der suder ließ nicht erkennen, ob das Haar meliert, saht oder vielleicht on weiß war; obschon er eine Brille trug, blitzten dennoch seine Augensterne durch die Gläser hindurch. Er trug einen braunseidenen Frack mit großen Stahlknöpfen, Vösseler Manschetten und Busen⸗ treif, eine geblümte, blauseidene Weste und schien die Artigkeiten, welche seine Nachbarin Frau Seydelmann ihm über seine Toilette machte, gern anzunehmen“. Unbegreiflich kleinbürgerlich mutet es uns heute allerdings an, wenn wir hören, daß er die kleine Wohnung, die er bei seiner Ankunft in Dresden 1766 als Jun gesene gemietet hatte, auch als Familien⸗ vater bis an sein Lebensende beibehielt. Die Malerin Luise Seidel schildert sie uns: „Er bewohnte auf dem Altmarkte nur ein einziges großes Zimmer mit zwei Fenstern. Dies war seiner ganzen Länge nach durch eine spanische Wand geteilt; in der einen Hälfte war des Künstlers Atelier aufgeschlagen, hier hantierte er, hier empfing er den Besuch der Muse. In der anderen Abteilung hielt sich seine Familie auf; dieser Raum war Wohn⸗, Eß⸗ und Schlafzimmer
Zur Arbeiterbewegung.
abgesehen von den indirekt Beteiligten,
alles in einem. Zuweilen verpflanzte sich auch hierher ein Stü Kunst; Graff rieb nämlich seine Farben c. 4 v.⸗ zu besorgen.“ Als nach der Bautzener Schlacht 17 000 Verwundete in Dresden bequartiert werden mußten, mußte auch er seine Wohnung räumen und zu seiner Tochter übersiedeln. Wenige Wochen später starb er, am 22. Juni 1813.
8 Die Ausstellung umfaßt hundertzweiundachtzig Bildnisse des Meisters und zeigt uns damit etwa zwei Drittel seiner heute be⸗ kannten Werke, deren ursprünglicher Umfang allerdings bedeutend größer war: Er hat zwölfhundertundvierzig Bildnisse gemalt. Diese Anzahl ist bei der leichten Produktivität Graffs nicht übermäßig goß⸗ da sie sich auf sechsundfünfzig Jahre Behauptung der Malerin Luise Geibel, der Meister habe wöchentlich ein Porträt für fünfzig Taler fertiggestellt, kann nur für gewisse besonders fruchtbare Zeiten Geltung behalten. Es ist auch leicht begreiflich, daß mittelmäßige Feni e von gleich⸗ gültiger Mache mit Meisterwerken der Endividug isierungskunst wechseln. ervorragende Männer wie Lessing, Gellert, Bodmer, Salomon Geßner, Wieland, Herder, Schiller, Christian G. Körner. und sein Kreis, Bürger, Hagedorn, Sulzer, Chodowiecki, Oeser, Iffland, J. R. Forster und Reich, mit denen er teilweise befreundet war, und schöne Frauen wie Minna und Dora Stock, Elisa von der Recke, das Urbild der heute sogenannten Corona Schröter, Baronin
ritsch oder Henriette Herz interessierten ihn natürlich mehr als die Leipziger Kramermeister und ihre Gattinnen. Man kann auch kaum von einer stets aufsteigenden Linie der künstlerischen Ent⸗ wicklung sprechen. Von den etwas steifen Bildnissen aus seiner Anfängerzeit abgesehen, hat Graf immer wieder Meisterstücke geliefert. Doch ist es wohl kein Zufall, daß die malerisch hervorragendsten Porträts der ganzen Sammlung innerhalb eines Jahrzehnts entstanden sind. Es sind dies das „Bildnis einer deutschen Fürstin“ (Nr. 10) von 1769, „Johanna Sophie Freifrau von Fritsch⸗ (Nr. 33) von 1772, Graffs Selbstbildnis (Nr. 35) aus demselben Jahr (obzwar fast alle seine Selbstbildnisse, ganz besonders das große der Dresdner Galerie hervorragend gemalt sind) und der Theaterdirektor Johann Jakob Engel (Nr. 48) von 1774. Doch sind in dieser kurzen Liste wirklich nur die Aünzendsten Perlen ausgesucht, und zwar mehr vom technisch⸗malerischen Standpunkt aus. Seine Meisterstücke der Physiognomie sind unter den Gelehrten und Dichtern zu suchen. Wie 99. und sympathisch ist das Antlitz des Philosophen Moses Mendelssohn herausgearbeitet, dessen Kopf in einem so merk⸗ würdigen ens⸗ zu 1e kleinen, verwachsenen Figur geformt war. „Im Gegensatz zu dem übrigen Körper war der Kopf sehr schön gebildet; die Stirn war hochgewölbt, in dem ganzen Schnitt des Gesichts lag etwas Antikes, und aus seinen tiefen dunkeln Augen leuchtete sein hoher Geist und sein herrliches Gemüt“ (Kayserling).
Wie köstlich mutet uns der Hahnenkopf des kampflustigen Bodmer an, ein Porträt, das auch Goethe durch Bauses Stich bckannt war und das nach ihm „vollkommen den Mann darstellt, wie er auch uns erschien und zwar mitz seinem Blick der Beschauung und Betrachtung“ (eehng. und Wahrheit). Und wen könnte der prachtvolle jugend⸗ iche Kopf Lessings nicht fesseln, dessen Gestaltung die Beschreibung seiner Stiefkinder erfüllt: „Das Schönste von ihm war das Haupt, welches er auf dem gedrungenen Halse natürlich und frei empor⸗ zurichten pflegte. Aber vor allem waltete auf dem geistvollen Antlitz von blühender, nicht Ferade roter Gesichtsfarbe das offene, klare, 8 dunkelblaue Auge. Der Blick war nicht stechend, nicht heraus⸗ fordernd, aber entschieden und unbefangen, gleichsam ein un⸗ getrübter Spiegel, der seinen Gegenstand rein und scharf auffaßt.“ Den großen ganzfigurigen Stücken wußte Graff nicht jene be⸗ sonders durch das Beiwerk bedingte Brillanz der äußeren Erscheimung zu verleihen wie die an van Dyck geschulten englischen Zeitgenossen, doch findet man auch unter diesen manch prächtiges Gemälde. — Allen voran das stolze Porträt Johann Georgs, Chevalier de Saxe, des Feldmarschalls der sächsischen Armee und Gouverneurs von Dresden. Am wenigsten befriedigend in dieser Gruppe erscheint der gepanzerte Heinrich Prinz von Preußen, Bruder König Friedrichs II., in dessen gedrehter Stellung Graff noch einmal den Geist der barocken Portrüfan assung heraufzubeschwören versuchte, der jedoch ihm und einer biedern Zeit schon entfremdet war. 1“““
verteilt, und die
82
Wohlfahrtspflege.
Wie in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung in Cöln, „W. T. B.“ zufolge, mitgeteilt wurde, hat Frau Laura Oelber⸗ mann 150 000 ℳ für wohltätige Zwecke gestiftet, darunter 100 000 ℳ als Grundstock für eine Laura Oelbermann⸗Stiftung.
E
Land⸗ und Forstwirtschaft.
In der Januarsitzung des Teltower landwirtschaftlichen Vereins erstattete der nunmehr nach fünfzehnjähriger ersprießlicher Tätigkeit aus seinem Amte scheidende Schatzmeister des Vereins, Rittergutspächter Schmidt⸗Gottesgabe, den Geschäftsbericht, worauf ein Vortrag von Dr. Foth⸗Berlin über die industrielle Ver⸗ wertung der Kartoffel folgte. Anknüpfend an das neue Spiritus⸗ steuerheset, erörterte der Redner die Möglichkeiten, für die 3 bis 4 Millionen Doppelzentner Kartoffeln, die jährlich infolge der neuen Besteuerungsart weniger als bisher zu Spiritus würden verarbeitet werden, anderweite Verwendung zu finden. Die Stärkefabrikation sei zu sehr vom Weltmarkte abhängig, als daß sie dieser freigewordenen Kartoffelmenge gesicherte Aufnahme bieten könnte. Dagegen sei die Verfütterung der Kartoffel in Deutschland erheblicher Ausdehraung fähig, und namentlich wiesen die bedeutenden Fortschritte der Kartoffel⸗ trocknung auf diese hin, ganz abgesehen davon, daß die Kartoffelflocken auch sonst, in der Industrie, willigen Absatz eeg. Endlich aber fange man seit Abschaffung der Maischraumsteuer dem Vorschlage Delbrücks gemäß an, die Brennerei weniger 2. Höchstaus⸗ beute an Spiritus als auf Erzielung einer möglichst nahrhaften Schlempe einzurichten. Diese Wandlung lasse die Verarbeitung großer Kartoffelmengen ohne erhöhte Steuerbelastung zu, womit der Vorteil verbinde, daß infolge der Gärung die fast wertlosen Amid⸗ bestandteile der Kartoffel sich zu nahrhaften Eiweißstoffen umbilden. Die Besorgnis, daß die Verfütterung der weniger zur Spiritus⸗ gewinnung ausgenützten Schlempe Tierkrankheiten (Schlempe⸗ mauke). Fveerüfin könne, hält der Redner für unbegründet. Die 1gv rsache der Schlempemauke sei unbekannt, und wenn in der Regel büese Krankheit nach Betriebsstörungen auftrete, 8 sei eine planvolle Einschränkung der Spiritusgewinnung nicht glei⸗ edeutend mit Betriebsstörung. — Ein zweiter, von dem Sehri ⸗ steller Oskar Bolle⸗Wilmersdorf unter Zuhilfenahme zahlreicher Licht⸗ bilder gehaltener Vortrag über „märkischen Sand“ schilderte die landschaftlichen Reize der Mark, ihre altertümlichen Bauten — Burgen, Schlösser, Bauernhäuser, Kirchen, Klöster — sowie ihre vor⸗ sechchtlichen Denkmäler, Gletscherspuren u. a. — Der Sitzung schloß ich ein Festmahl zur Vorfeier des Geburtstags Seiner Majestät des Feisers und Königs anunu. 8
Verdingungen im Auslande. b (Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in decen
Expedition während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.)
Oesterreich⸗Ungarn.
Längstens bis 15. Januar 1910, 12 Uhr.
verwaltung in Wien: Lieferung von Gegenständen für Telegraphen⸗
und Telephonbetriebszwecke. Näheres bei der genannten Verwaltung. in Wien, I. Postgasse 17, I. Stock, und beim „Reichsanzeigerr.
K. K. Postökonomie⸗
bst und pflegte dies dort—