1910 / 20 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Jan 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,

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Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

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Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen vvg daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt⸗

Landtag. SHaus der Abgeordneten. 7. Sitzung vom 22. Januar 1910, Vormittags 11 Uhr. 8 (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser Sitzung ist bereits in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Es folgt die Beantwortung der in der Sitzung des vorher⸗ gegangenen Tages von dem Abg. Trimborn schon begründeten der Abgg. Dr. Porsch (Zentr.) und

nossen:

„Welche Stellung gedenkt die Köni liche Staatsregierung, ins⸗ besondere auch als Vertreterin des staatlichen Bergbaues, gegenüber der FFrhhan Organisation des Arbeitsna weises, wie er im Ruhrkohlenrevier von seiten der privaten Bergwerksunter⸗ nehmer mit Zwangscharakter eingerichtet worden ist, in der Folge einzunehmen?*

Minister für Handel und Gewerbe Sydow:

Meeiine Herren! Ich kann es nur willkommen heißen, daß durch die Interpellation, die heute auf der Tagesordnung steht, nach den Beratungen im Reichstage noch hier, an der zuständigen Stelle, der preußischen Bergverwaltung die Gelegenheit geboten ist, die Gründe

darzulegen, welche ihre Handlungsweise bisher bestimmt haben und

auch weiter bestimmen werden. Denn unerachtet der Erörterungen

m Reichstage verträgt die Frage der Oeffentlichkeit gegenüber immer

noch eine weitere Klärung.

Bevor ich in die Sache eintrete, möͤchte ich nicht unterlassen, em Herrn Abg. Trimborn hier meinen Dank auszusprechen für die Ruhe und Sachlichkeit, mit der er die schwierige Frage gestern be⸗ andelt hat.

Wenige Tage, nachdem im Oktober vorigen Jahres der Zechenver⸗ band den Beschluß gefaßt hatte, einen Zwangsarbeitsnachweis einzuführen,

andten sich, wie bekannt, die Vertreter der vier Bergarbeiterorganisationen an mich mit der Bitte, vermittelnd dahin einzutreten, daß der Arbeits⸗ nachweis in dieser Form nicht ins Leben trete. Die Bedenken, die sie

hervorhoben, lagen im wesentlichen darin, daß sie eine Beschränkung in der Freizügigkeit, eine Beschränkung in der freien Verwertung ihrer

Arbeitkraft befürchteten. Ihre Eingabe lief auch darauf hinaus, es möge seitens der preußischen Staatsregierung für eine gesetzgeberische Förderung der paritätischen Arbeitsnachweise gewirkt werden.

Der Zustand der Beschaffung der Arbeitskräfte und der Arbeits⸗ gelegenheit im Ruhrrevier war bisher, man kann wohl sagen, der einer vollständigen Anarchie. Auf der einen Seite suchten sich die Werksbesitzer durch Agenten die Arbeitskräfte zu beschaffen, und es traten dabei alle Mißstände des Agentenwesens oder richtiger ⸗unwesens hervor, nämlich eine Tätigkeit, die mehr auf den Provisionsgewinn als auf die Befriedigung des wirklichen Arbeitsbedürfnisses gerichtet war. Die Bergarbeiter andererseits suchten ihre Beschäftigung im Wege der Umschau, gingen von Zeche zu Zeche, verloren dabei Zeit und waren der Versuchung ausgesetzt, erlagen ihr auch oft, zu der⸗ selben Zeit für mehrere Stellen Arbeit anzunehmen. Daneben liefen dann auch die Eifersucht der Zechen unter einander und die Neigung einher, sich gegenseitig die Arbeiter abspenstig zu machen. Insofern muß jede erträgliche anderweite Organisation des Arbeitsnachweis⸗ wesens als ein Fortschritt begrüßt werden.

Nun gehe ich das will ich von vornherein sagen davon aus, daß die Arbeitsnachweise keine anderen Zwecke verfolgen sollen, als einerseits den Arbeitern geeignete Arbeitsgelegenheit, anderseits den Arbeitgebern geeignete Arbeiter zu verschaffen. (Sehr richtig!) Daß auch ein Arbeitsnachweis, der sich vollkommen darauf beschränkt,

irtschaftliche Wirkungen ausübt zugunsten dessen, für den er tätig ist, liegt auf der Hand und ist nicht zu vermeiden. Er nützt, wenn er von den Arbeitgebern organisiert ist, ihnen, indem er ihnen die

Arbeiter zuführt; er nützt, wenn er von Arbeitern organisiert ist, ebenso denen, indem er ihnen Arbeitsgelegenheit gibt.

Jetzt wird nun insbesondere von seiten der Arbeiter das Verlangen gestellt, daß unter allen Umständen ein Arbeitsnachweis paritätisch sein müsse, sei es als gemeinnütziger, sei es als ein von den Beteiligten errichteter Facharbeitsnachweis, weil nur auf diese Weise zu verhüten sei, daß der Arbeitsnachweis als ein Machtmittel zu anderen Zwecken verwandt wird. (Sehr richtig!) Es war in dieser Beziehung nicht immer die Meinung der Arbeiterkreise dieselbe. In den 90 er Jahren, besonders auf dem Gewerkschaftskongreß in Frankfurt a. M., ist auf das bestimmteste das Verlangen zum Ausdruck gekommen, die einseitigen Arbeitsnachweise der Arbeiter als Mittel zu verwenden, um die Arbeit⸗ geber zu zwingen, nur solche Arbeiter anzunehmen, die den Bedingungen der Organisation entsprechen. Wenn also jetzt, wie der Herr Inter⸗ pellant gestern vorgelesen hat, im Jahre 1909 auf einer Versammlung der Arbeitgebernachweise ähnliche Tendenzen laut geworden sind, kann man wohl sagen: wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es wieder heraus. Ich bin nicht der Meinung, daß dieser Standpunkt zu billigen sei; ich will ihn nur erklären. Tatsächlich sind ja, insbesondere seit dem großen Arbeiterstreik von Crimmitschau, die Arbeitergeber dazu übergegangen, in größerem Maße als bisher eigene Arbeitsnachweise zu schaffen, und praktisch haben diese Nachweise so große Erfolge gegenüber den einseitigen Arbeitsnachweisen der Arbeiter und ihren Organisationen erzielt, daß nunmehr die Arbeiter eine Schwenkung vorgenommen haben und den Wunsch nach paritätischen Arbeits⸗ nachweisen an die Spitze stellten; es braucht ja ein einseiter Arbeits⸗ nachweis nicht notwendig eine Kampforganisation zu sein. Es ist bekannt, es gibt eine Reihe einseitiger Arbeitsnachweise, die sogar durch Tarifverträge geschaffen sind, und es gibt auch außerdem eine Reihe einseitiger Arbeitsnachweise, die keineswegs Kampfzwecke irgend einer Art verfolgen. Daß die paritätischen und die gemeinnützigen solche Zwecke nicht verfolgen, ist bekannt. Und so meine ich, soll man sich im Prinzip auf den Standpunkt stellen: an sich kann jede Art von Arbeitsnachweisen nützlich wirken. Sie tut es auch. Es wirken einseitige Arbeitsnachweise der Arbeiter, es wirken einseitige Arbeitsnachweise der Arbeitgeber und es wirken die paritätischen in vieler Beziehung mit gleichem Erfolge. Eine größere Zahl von Arbeitsvermittlungen er⸗ folgt ja jetzt durch die Nachweise der Arbeitgeber, als durch solche der Arbeitnehmer. Das, worauf es ankommt, ist nur, daß ein solcher Arbeitsnachweis nicht mit Bedingungen verknüpft wird, die, ich will ein⸗ mnal sagen, vor der höheren Gerechtigkeit und Billigkeit nicht bestehen können. (Sehr richtig!) Nach diesem Gesichtspunkte hin lag es mir ob, die Absichten zu prüͤfen, mit denen im Oktober vorigen Jahres der Zechenverband an die Oeffentlichkeit trat; und da waren es besonders zwei Bestimmungen, die mein Bedenken erregten. Die eine

ging dahin, daß der Nachweis unter allen Umständen erst in Tätigkeit treten solle, wenn der Arbeiter einen Kündigungsschein vorwies; daß hieß also, den Arbeitern die Möglichkeit abschneiden, sich vor der Kündigung nach anderer Arbeitsgelegenheit umzusehen. Es liegt auf der Hand, daß das die Stellung des Arbeitsuchenden verschlechtert hätte. Zweitens wurde gesagt, daß den Arbeitern, die sich an den Arbeitsnachweis wenden würden, soweit als möglich eine Beschäftigung an den Orten, die sie wünschen, gewährt werden solle. Das hat die Auffassung hervorgerufen und konnte sie nach dem Wortlaute auch hervorrufen, als sollte es dem Arbeitsnachweise vorbehalten bleiben, die Arbeiter an die Orte und in die Stellen zu schieben, die ihnen selber nicht erwünscht sind. Ich habe mich mit den Werksbesitzern in Verbindung gesetzt, habe mich mit ihnen über die ganze Frage unterhalten und habe mit Nachdruck Wert darauf gelegt, daß vor allem diese beiden Bestimmungen ausgemerzt werden. Wie Sie wissen, sind sie ausgemerzt worden. Es ist sogar schriftlich festgelegt worden, daß erstens die Arbeitgeber ihren Angestellten gestatten würden, auch Arbeitern, die sich direkt an sie wenden, Arbeitsgelegenheit zuzusagen, bevor sie gekündigt haben, unter dem Vorbehalt, daß sie nach einer bestimmten Zeit den Kündigungsschein beibringen; damit ist der eine Punkt beseitigt. Es ist ferner diese Klausel „soweit als möglich“ ge⸗ strichen, und es ist festgelegt, daß unter keinen Umständen ein Arbeiter einen Arbeitsschein für eine Stelle, an einem Orte oder für eine Zeche bekommt, die er nicht wünscht; damit ist auch der zweite Punkt beseitigt.

Nun glaube ich, daß, wenn man die Bestimmungen, wie sie jetzt gelten, ansieht, die Bedenken schwinden, als sei in ihnen eine Be⸗ schränkung der Freizügigkeit, eine Erschwerung in der Verwertung der Arbeitskraft gegeben. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Sie werden ja nachher Gelegenheit haben, das auszuführen; zunächst darf ich wohl meine Ausführungen hier beendigen. Die Bestimmungen gehen also dahin, daß jeder, der einen Kündigungsschein vorweist⸗ einen Arbeitsnachweiszettel bekommt. Hat er keinen Kündigungsschein⸗ so wird angefragt, ob er wegen Kontraktbruchs entlassen ist; auf diese Frage komme ich nachher. Voraussetzung ist nur, daß eine für den Arbeiter passende Arbeitsgelegenheit vorhanden ist; dann bekommt er den Nachweis nicht zu einer Stelle, die er nicht will, sondern nur zu einer Stelle, die ihm erwünscht ist. Ausnahmen finden in zwei Richtungen statt: einmal, wenn ein Arbeiter Kontraktbruch begangen hat, das zweite Mal, wenn ein Arbeiter den Nachweis für eine Stelle bekommen und diese angenommen hat, die Arbeit aber nicht antritt; dann wird er auf 14 Tage zurückgestellt. Daß diese Folge des Kontraktsbruchs eine Milderung gegenüber dem bisherigen Zustande darstellt, hat der Herr Interpellant gestern selbst anerkannt. Daß eine Bekämpfung des Kontraktbruchs an sich be⸗ rechtigt ist, wenn sie mit maßvollen Mitteln geschieht, das, glaube ich, muß man aufrechterhalten. (Sehr richtig!) Die Schwierigkeit besteht darin das erkenne ich an —, daß Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob im einzelnen Falle Kontraktbruch begangen ist. Es wäre mir sehr lieb gewesen, wenn ich einen Weg gefunden hätte, für diese Frage eine außerhalb der Arbeiterkreise wie der Arbeitgeberkreise stehende Instanz ich will einmal sagen: Behörde zu finden, die in diesem Falle die Entscheidung zu treffen hat. Da aber die ganze Frage sich innerhalb 14 Tagen erledigt, so hätte das keinen praktischen Erfolg gehabt. Bis eine Entscheidung der Behörden ergangen wäre, würde in der Regel die Frist abgelaufen sein. Deshalb wird man sich damit beruhigen müssen, daß, wenn der Arbeiter rechtswidrig als kontraktbrüchig be⸗ zeichnet oder behandelt ist, ihm die gerichtliche Verfolgung seines Schadensanspruchs gegen den, der ihm das Unrecht getan hat, übrig bleibt.

Nun hat der Herr Interpellant gestern zunächst dies Bedenken geltend gemacht, daß insofern eine Beschränkung der Bewegungs⸗ freiheit des Arbeiters eingetreten sei, als er jetzt zu der Nachweis⸗ stelle hingehen muß. Ich glaube, das ist eher eine Erleichterung als eine Erschwerung. Bisher lief der Arbeiter von einer Zeche zur anderen. Jetzt hat er eine Stelle, wo die ganze Ansammlung der Stellenangebote stattfindet. Der Herr Interpellant hat ferner geltend gemacht: man befürchte, daß auf diesem Wege eine Boykottierung der Gewerkschaften eintreten könnte. Das kann nach den Be⸗ stimmungen, wie sie vorliegen, ganz gewiß nicht der Fall sein. Der Arbeitsnachweisschein muß erteilt werden, einerlei, ob der Mann der Gewerkschaft angehört oder nicht. Dasselbe gilt von der Frage: ob man den Arbeitsnachweis etwa benutzen könne im Falle eines Streikk, um an Stelle der streikenden Arbeiterschaft der Zeche andere Arbeiter wider ihren Willen zuzuweisen. Eine andere Frage ist natürlich, ob nachher die Arbeitgeber Leute an⸗ nehmen wollen, die den Arbeitsnachweisschein haben. Die Frage liegt auf einem ganz anderen Felde. So wenig der Arbeiter verpflichtet ist, auf Grund eines Arbeitsnachweisscheines die Stelle, die ihm darin nachgewiesen ist, anzunehmen, so wenig ist natürlich auch der Werks⸗ besitzer verpflichtet, den Arbeiter, der zu ihm kommt, und gegen den er unter Umständen sachlich berechtigte Einwendungen haben könnte, seinerseits zu nehmen. Die weitere Befürchtung, daß die Heranziehung der Arbeiter über den Bedarf gefördert werden würde, kann ich in keiner Weise teilen. Am meisten wird sie gerade durch das Agenten⸗ wesen gefördert, und dieses Agentenwesen ist für das Inland aus⸗ geschlossen, für das Ausland noch nicht. Aber mir ist versichert worden, daß die Bestrebungen des Zechenverbandes dahin gehen, auch für das Ausland die Beschaffung der Arbeiter durch Agenten zu vermeiden. Das soll heißen, daß im Inlande der Zechenverband, wenn es nötig ist, Arbeiter aus anderen Be⸗ zirken durch seine Beauftragten heranzieht, und daß er das künftig auch für das Ausland in Aussicht genommen hat, in beiden Fällen natürlich nur nach Maßgabe der vorhandenen Arbeitsgelegenheit.

Nun wird der Einwand gemacht: ja, der Arbeitsnachweis ist nicht paritätisch. Der Herr Interpellant hat ja selbst gestern anerkannt, und zwar inbezug auf die gemeinnützigen Arbeitsnachweise, daß für diese nicht überall der Boden ist, daß man die Verhältnisse danach prüfen muß, ob für gemeinnützige Arbeitsnachweise dasselbe gilt natürlich auch für paritätische, die in dieser Beziehung gleich zu be⸗ handeln sind der geeignete Boden vorhanden ist. Ich habe das in meiner Antwort an die Vertreter der Bergarbeiterorganisation aus⸗ gesprochen und kann das nur aufrecht erhalten. Nach meiner Kenntnis der Verhältnisse und nach meiner Ueberzeugung ist der Boden für einen paritätischen Arbeitsnachweis im Ruhrrevier noch nicht vor⸗ bereitet. Es hieße den Kopf in den Busch stecken, wenn man be⸗

streiten wollte, daß kein vertrauensvolles Verhältnis

zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern besteht, und dadurch, daß man sozusagen zwangsweise die beiden leider so häufig streitenden Teile an einen Tisch setzt, wird noch kein gutes Verhältnis hergestellt. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Wir haben ja Erfahrungen bei der Bochumer Knappschaftskasse, dieser alten gefestigten Organisation. Sie werden sich erinnern, daß vor einigen Jahren die gedeihliche Fortentwicklung der Kasse dadurch stark gefährdet wurde, daß der alte Bergarbeiterverband die Frage der Statutenänderung I einer Kraftprobe zu machen versuchte. Ebenso ist es bekannt, daß jede Wahl von Knappschaftsältesten als Kraftprobe der Organisation benutzt wird. (Sehr wahr! bei den Nationalliberalen.) Wenn nun das schon bei einer Einrichtung, die doch ausschließlich im Interesse der Arbeiter besteht, der Fall ist, wie viel mehr ist es dann bei einer Einrichtung zu befürchten, die sich noch nicht so eingelebt hat, und die zweifellos auch zum Nutzen der Werksbesitzer tätig sein sol. Nun ist mir im Reichstag und in gewisser Beziehung auch von dem Herrn Interpellanten entgegengehalten: ja, wenn der Arbeits 6 nachweis so ausgeübt wird, wie es die Werksbesitzer zugesichert haben, dann mag es vielleicht gehen; aber wir haben nicht das Vertrauen, daß das geschehen wird. Ich kann mich nicht auf diesen Standpunkt stellen. An sich schon würde ich es ablehnen, Männern, die in der Industrie und im gewerblichen Leben eine so angesehene Stellung ein⸗ nehmen, ohne die allerzwingendsten Beweise zuzutrauen, daß sie ein gegebenes Versprechen nicht halten werden. Aber wenn ich auch nicht

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die Klugheit zwingt sie, ihr Versprechen zu halten. Die Staatsregierung ist in der Lage, wenn es nötig wäre, die Herren darauf hinzuweisen, daß sie seiner Zeit diese beruhigenden Erklärungen abgegeben haben, und würde, wenn irgend diesen Erklärungen nicht Folge geleistet würde, mit Nachdruck darauf bestehen, daß es künftig zu geschehen hat. (Bravo! rechts.) Und sollte das nicht geschehen, dann würde ein Sturm der Entrüstung sich gegen die Werksbesitzer entfesseln, den zu verhüten sie das allergrößte Interesse selber haben. (Sehr richtig! rechts.)

Nun ist allerdings von dem Herrn Interpellanten und in der Oeffentlichkeit auf die Erfahrungen von Mannheim und Hamburg hingewiesen worden. Die Mannheimer Verhältnisse kenne ich nicht genau genug, es ist mir in der Zeit bisher nicht möglich gewesen, authentische Informationen darüber zu erhalten. Die bekannte rote Broschüre kann ich als eine authentische Information noch nicht ansehen, weil ich weiß, daß in der Oeffentlichkeit die Richtigkeit der Tatsachen teil⸗ weise bestritten ist. Die Hamburger Verhältnisse sind mir bekannt. Beide Arbeitsnachweise unterscheiden sich sehr wesentlich von dem jetzt ins Leben getretenen darin, daß sie es in das Ermessen der Arkeitsnachweise stellen, ob sie dem sich um Arbeit bewerbenden Arbeiter einen Ausweisschein geben wollen. Dies Er⸗ messen ist hier ausgeschaltet, und damit fallen die Konsequenzen, die in Hamburg und Mannheim gegen die Einrichtung gemacht werden, in ihrer Schlüssigkeit für den hier vorliegenden Fall.

Es ist auch noch von den Personalkarten und den darin ein⸗ getragenen Urteilen und Geheimzeichen die Rede gewesen. Gegen die Personalkarten an sich wäre ja nichts zu sagen, sondern nur dagegen, daß darin Urteile eingetragen werden durch Geheimzeichen, ohne daß die Leute, die sie angehen, sich haben äußern können, sodaß sie un⸗ gehört verurteilt werden. Ich wäre der Letzte, eine solche Einrichtung zu befürworten; aber es liegt auch nicht die mindeste Veranlassung vor, anzunehmen, daß solche Personalkarten mit derartigen Eintragungen hier beabsichtigt sind.

Wenn ich mich zunächst an den Wortlaut der Interpellation halten soll:

Welche Stellung gedenkt die Königliche Staatsregierung, ins⸗ besondere auch als Vertreterin des staatlichen Bergbaues, gegenüber der einseitigen Organisation des Arbeitsnachweises, wie er im Ruhr⸗ kohlenrevier von seiten der privaten Bergwerksunternehmer mit Zwangscharakter eingerichtet worden ist, in der Folge einzunehmen?

so resümiere ich die Antwort dahin: die Staatsregierung wird mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln darauf halten, daß der Arbeitsnachweis in dem Sinne ausgeübt wird, wie es der Staats⸗ regierung gegenüber festgelegt ist. Ob noch etwa, wie der Herr Staatssekretär des Innern im Reichstag angedeutet hat, bei Be⸗ ratung des Stellenvermittelungsgesetzes eine Bestimmung zu treffen sein wird, wonach die Staatsregierung unter gewissen Bedingungen ein Kontrollrecht über alle derartigen Arbeitsnachweise hat, das ist eine Frage, die zurzeit der Erörterung im Bundesrat unterliegt und die seinerzeit im Reichstage würde weiter besprochen werden können. Ich selbst würde kein Bedenken gegen solche Kontrollvorschriften haben. Wer rechtschaffen handelt, hat sie nicht zu fürchten.

Nun ist aber noch eine zweite Frage gestellt: wie sich die Staats⸗ regierung, insbesondere als Vertreterin des staatlichen Bergbaues, dazu zu verhalten gedenkt. In der Beantwortung dieser Frage kann ich mich kurz fassen. Die Staatsregierung hat stets auf dem Standpunkt gestanden, sich bei der Ordnung der Arbeitsverhältnisse vollkommen freie Hand zu wahren, sich nicht durch Majoritätsbeschlüsse, am wenigsten von solchen privater Unternehmungen binden zu lassen. Die preußische Bergverwaltung ist infolgedessen dem Zechenverbande nicht beigetreten, und wird es auch nicht tun. Sie wird sich auch nicht dem Zwangsarbeitsnachweis anschließen.

Wenn nun Herr Abg. Trimborn die Befürchtung geäußert hat, um seine Worte zu wiederholen, es könnten dann die Zechen um Recklinghausen ein refugium Peccatorum, vielleicht auf deutsch ein Salon der Zurückgewiesenen werden, so teile ich diese Be⸗ fürchtung nicht. Es könnte umgekehrt sein. Haben wir bisher schon brauchbare Arbeiter bekommen wir haben sie knatürlich auch unter denen ausgesucht, die sich meldeten —, so werden wir vielleicht jetzt Leute bekommen, denen es nicht paßt, durch den Zwangsarbeitsnachweis zu gehen, sie werden sich vielleicht in größerer Zahl an die Staatszechen wenden.

8 Wenn nun weiter gefragt wird, wie die Staatswerke ihren Beda gedeckt haben, so ist die Sache so: Es haben sich genügend Arbeite gemeldet, und wir sind in der Beziehung niemals in Verlegenheit ge wesen, werden es auch weiterhin nicht sein und brauchen dafür be⸗ sondere Einrichtungen nicht zu treffen.

Der Herr Abg. Trimborn hat am Schluß seiner Rede noch einen Appell an den Zechenverband gerichtet, er möchte doch alles vermeiden, was dazu beitragen könnte, den ohnehin vorhandenen Zündstoff weiter anzuhäufen, damit keine Explosion erfolge. Ich kann das Wort für Wort unterschreiben. Aber, meine Herren, die Gerechtigkeit erfordert,

denselben Appell an die Organisationen zu richten. (Sehr richtig!) In der Bergarbeiterzeitung ist zu lesen: 8 86

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an ihr Ehr⸗ und Pflichtgefühl glaubte, so würde ich mir sagen, schoen