1910 / 48 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

sondern

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Berlin, den 25. Februar 1910.

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Die verfaufte Menge wird auf volle Doppelzentner balten für Preise hat die Bedeutung,

16,60 16,40 14,60 14,40 15,10 14,60

15,70 15,00 14,50 16,00 15,40 15,40 16,50

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und der Verkaufswert au

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16,60 16,40 14,60 14,90 15,40 14,80

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16,80 14,80 15,00 15,50 15,00 14,40 16,10 15,50 15,50 16,80 15,80

16,85 15,80

17,10 15,00 15,50 15,80 15,00 14,80 16,10 16,00 15,50 16,80 16,00

17,00 15,80

f volle Mark abgerundet mitgeteilt. daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist,

Kaiserliches Statistisches Amt. Borg

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16,80 16,60 14,60 14,60

14,80 14,60 14,60 14,60

15,33 15,31 15,00 15,00 16,28 15,90

15,43 15,40 16,85 16,50 15,80 15,50

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17. 2. 23. 2. 17. 2.

17. 2. 17. 2. 17. 2.

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Der Durchschnittspreis wird aus den unab ein Punkt (.) in

erundeten Zahlen berechnet.

den letzten sechs Spalten, prechender Bericht fehlt.

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daß ent

Deutscher Reichstag. 43. Sitzung vom 24. Februar 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Etats für das Reichsamt des Innern.

Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Göring (Zentr.) ortfahrend: Die Handwerkskammer⸗ sekretäre entfalten ja eine sehr anerkennenswerte Tätigkeit, aber sie sind zu sehr Theoretiker, zu wenig mit den Verhältnissen des Handwerks vertraut, als daß wir sie als Vertreter dieser Interessen ins Parlament bringen können. Man hält den Handwerkern immer die Arbeitervertreter und ihre soziale Schulung entgegen. Wir erkennen gern und neidlos an, daß die Arbeiter hier viel weiter sind als die Handwerker; aber die letzteren tragen zu diesem Ergebnis ein gut Teil bei, so auch durch die ach⸗ und Fortbildungsschulen, die das Handwerk eingerichtet at, und deren Kosten es mit trägt. Die Handwerker G die Verbesserung des Loses der Arbeiter die Gesetzgebung ihrerseits durchführen helfen, aber den großen Fehler gemacht, nicht die Gegenforderun eines Aequivalents geltend zu machen; sie müssen jetzt diese Forderung in zahllosen Petitionen wiederholen.

an hält den Handwerkern vor, sie hätten den modernen Zeitgeist nicht verstanden. Ich muß diesen Vorwurf in seiner Allgemeinheit zurückweisen; die Tätigkeit, die die 1897 entfaltet haben, beweist das Gegenteil. Verdienstlich ist auch die Wirksamkeit der katholischen Gesellenvereine, wie diejenige unserer Jugendorganisationen, die die Aufgabe haben, den künftigen Staats⸗ bürger sittlich⸗religiös zu festigen. Dem Handwerk muß auch billiger Kredit gewährt werden, mit bloßen guten Ratschlägen ist da nichts etan. Für das bisher dem Handwerk bezeigte Entgegenkommen sol den verbündeten Regierungen die Anerkennung nicht ver⸗ sagt werden; wir haben den kleinen Befähigungsnachweis, das Gesetz wegen Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker und das Gesetz Einige Landesregierungen Trotzdem herrscht des Handwerks noch ein großer essimismus.

Handwerkskorporationen seit

geßen den unlauteren Wettbewerb bekommen. 9

aben auch das Fachschulwesen erheblich gefördert. in weiten Kreisen

Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß wir an unseren Mittelstandsforderungen festhalten, die unser Fraktionsgenosse Trimborn seinerzeit vertreten hat, und die wir in einer Anzahl von Resolutionen aufgestellt haben. Wir fordern die Regierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den Bestimmungen zur Be⸗ grenzung von Fabrik und Handwerk festgesetzt und unter Zuziehung der beteiligten Kreise Instanzen zur Entscheidung der bezüg⸗ lichen Streitigkeiten geschaffen werden. Ferner wünschen wir, daß auch juristische Personen in die Zwangsinnungen einbezogen werden und zu deren Kosten beitragen. § 100 f G.⸗O. steht diesem Wunsche nicht entgegen. Es geht doch nicht an, daß man durch Gründung einer Gesellschaft m. b. H. sich seinen Verpflichtungen entzieht. Den Handwerkern sollte sodann die Möglichkeit, sich in das Handelsregister als Vollkaufleute eintragen zu lassen, erleichtert werden. Die Fest⸗ setzung von Mindestpreisen und demgemäß eine Abänderung des § 100 G.⸗O. wird von allen Handwerkern verlangt. Bei öffentlichen Submissionen wünschen wir die Zuziehung von Sachverständigen zur Aufstellung von Voranschlaͤgen und den Wegfall der Vergebung in Generalentreprise usw. Ausgeschlossen müßten diejenigen von der Lieferung sein, die ihren Ver⸗ pflichtungen gegen die Berufsgenossenschaften nicht nachkommen. Das sind die Pfuscher⸗ die billige Angebote machen. u empfehlen ist, daß Arbeiten nicht zu billig an Zuchthäuser und trafanstalten vergeben werden. Die freie Arbeit darf durch diese Zuchthausarbeit nicht geschädigt werden. Wenn die Leistungen der Handwerker bei Submissionen nicht immer genügen, so muß dabei be⸗ rücksichtigt werden, daß die Vergebung an Handwerker sich noch nicht ganz eingebürgert hat. Für das Handwerkerblatt sind in diesem Etat 6000 eingesetzt. Ein Antrag Bassermann will 10 000 eingesetzt sehen. Damit kann das deutsche Handwerk zufrieden sein. Ich bitte, dieser Resolution beizutreten. Ueber den Schaden, den die Wanderlager stiften, brauche ich kein Wort zu verlieren. Die Steuer für diese Wanderlager müßte verdoppelt werden und die Erteilung des Wander⸗ gewerbescheins von dem Bedürfnis abhängig gemacht werden, vor allem der Gemeinde, die dadurch geschädigt werden kann. Die Ge⸗ nehmigung müßte unter allen Umfkänden versagt werden, wenn eine Täuschung vorliegt. Die Abzahlungsgeschäfte sind ja nicht immer schädlich. Es ist z. B. nützlich, daß eine arme Näherin eine Näh⸗ maschine, ein armer Seminarist sich ein Klavier allmählich auf Ab⸗ zahlung anschaffen kann. Im allgemeinen wirken aber die Ab⸗ zahlungsgeschäfte schädlich. Es müßte in das Gesetz wenigstens die Vorschrift aufgenommen werden, daß die Klage von dem Ab⸗ zahlungsgeschäft nur am Wohnort des Käufers angestrengt werden darf.

Beim Hausierhandel wäre eine schärfere Ueberwachung der Personen

nd Waren notwendig. Eine Unterdrückung des Hausierhandels wünschen wir nicht; wir wollen nur, daß in jedem Falle geprüft wird, ob der Hausierer würdig ist, Hausierhandel zu treiben. Für die Warenhäuser fordern wir die Einführung einer Umsatzsteuer. Die Sonntagsruhe auf dem Lande und in den kleinen und Mittelstädten darf nicht so geregelt werden wie in den großen Städten; man muß da die Verhältnisse der Bauern und kleinen Händler berücksichtigen. Was den Hansabund betrifft, so ist das erwähnte Flugblatt kein Entwurf, bei sämtlichen Mitgliedern der Handelskammer in Koblenz verbreitet worden, und auch zwei Mitglieder unserer Fraktion haben Exemplare erhalten. Der geschäftsführende Aus⸗ chuß des Deutschen Handwerker⸗ und Gewerbekammertages hat in Wiesbaden gegen den Hansabund Stellung genommen, ebenso der Bayerische Handwerkerbund und der Sächsische Mittelstandsbund. Danach kann davon keine Rede sein, daß das deutsche Handwerk dem Hansabund beigetreten ist. Die Herren vom Hansabund möchten uns vorspannen, damit wir seine Geschäfte besorgen. Es wird behauptet,

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zu tun habe. Zu die Frauen übertragen als z. B. Handwerk nicht fortse

Es ist bisher auch

setzung ist. § 103 a G.⸗O. Abhilfe tätiger Frauen und

ehr wenig ausgebildete bildung für solche im eigenen Lande.

bescheidenen Wünsche de ledigung bringt.

Abg. Findel (nl.):

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stand einzutreten. befunden, ebenso wie herauszukommen. Im zehnten ein Gefühl aus dem er nicht Dosen, mit einigen das sich so eingewurz

standes verkannt wird.

wird. Der Aufmerksamkeit zugewen

werk nicht schon längst an Mittelschulen.

eine gute Vorschule. bisher berücksichtigt Erwähnung findet. H daß das preußische Das Hauptgewicht

kredits gelegt werden.

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soliden, leistungsfähigen,

Abg. Carstens (frs. aber über schiedener Meinung sein.

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daß ihm durch eine gesun

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nicht über die viel Ist der Staatssekretär des Mittelstandes, denkt er Baukontrolle durch Arbei

schlägt? rechts? Es wäre Auskunft erhielten.

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Deswegen

Weise sich gehoben haben, erschlossen sind, hören die Klagen aus den Kreisen Mittelstandes und die Beschwerden übe auf, sie verschärfen sich vielmehr no h Beziehung gefe gewesen, der sein Interesse viel zu hat, anstatt energisch, zielbewu Gewiß wirtschaft Krisen durchgemacht

muß

kann. Vieles in der jetzigen Innern kaum noch etwas zu wenn hier stundenlang über den H Landwirte diskutiert wird?

eingebrachten 51 Resolutionen Sache des puren Zufalles, ob sie nachher angenomme präzise Stellun habe ich beim Staatssekretär vermißt;

regungen und machte schöne Worte.

Frage der Abkehr von unserer Schu

als bisher repräsentiert sein. über die Staffelsteuer des Umsatzes der Mühl wichtigere Frage nicht nur den be sondern auch der Arbeiter über die Sicherheitsmänner im über die Frage.

bereit,

Seine Syndikate hat uns auch

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daß die Gründung des Hansabundes mit de Zu denen, die das nicht Der kleine Befähigungsnachweis ist ohne Ein

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und sich in dadurch der Arbeiterstand. es doch möglich gewesen, mit Hilfe des Staa Mittelstand Unzufriedenheit

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bildung der Jugend läßt es fast unbeg zu Grunde geg die Lehrwerkstätten können bildung in den eigentlichen Werkstätten nicht ersetzen. Jedenfalls muß der und Es ist auffällig, daß der

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Wahlrecht auf die Von

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den. Deuts

vor allem der rastlosen Arbeit seines das Handwerk hervorragt;

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berücksichtigt wird; de Wahlrechtskonstruktion viel g Debatte hat inde

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Gesetzesparagraphen nicht Es scheint, daß an Stelle d Um zu zeigen, man nur an diejenigen Staaten zu er eines lebenskräftigen Mittelstands zu Regelung des Submissionswesens sollt daß über die Vergebung von einer k Der Lehrlingsausbildung und

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weiter eine Steuerpolitik treiben soll, die aller Gere Und wie stellt er sich zu der sehr verdienstlich, wenn Betrachtung nicht befriedigen können. egenstande wird auch keinen Fortschritt

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darf man durchaus ver⸗ Auch wir wünschen, daß der Handwerker⸗ er bei Staats⸗ und Reichs⸗ erkennen an, enützt werden s mit dem Etat des Welchen Zweck kann es haben, ansabund oder über den Bund der Anderseits werden sehr viele von den nicht einmal begründet; es ist eine

auch wir

Bergbau?

über die

r Reichsfinanzreform nichts glauben, gehöre ich auch. schränkung auch auf führt insofern zu Härten, ihres Mannes das 8 sie nicht die und Meisterprüfung gemacht hat. Hier wären nicht möglich, die weibli Gesellenausschüsse und die Berufsorganis zubringen, weil hierfür die Wählbarkeit sollte hier geschaffen werden. dchen in Berlin hat sich eine Ae dieser Richtung hin zur Aufgabe gemacht. gehen ungeheure Summen ins Ausland, Kräfte findet. Arbeiten fördern, hal Ich hoffe, daß der erks in

Ausnahmen am Platze. chen Handwerker in die ationen des Handwerks hinein⸗ zum Schöffen die Voraus⸗ Aenderung des Der Verband erwerbs⸗ nderung nach Für Putz und Kleider weil man im Inland noch Je mehr wir daher die Aus⸗ tteen wir das Nationalvermögen er Staatssekretär die n Bundesrat baldigst zur Er⸗ Während Handel und Industrie in ungeahnter neue Absatzgebiete des gewerblichen r seine ungünst von Jah

vorgetragenen

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r zu Jahr. hlt hat, so ist es der Staat Industrie zugewandt auch für den Mittel⸗ auch die Industrie und die Land⸗ hilfsbedürftiger Lage Aber ihnen allen ist ts aus der Misere

homöopathischen man aus der Welt scha ie Bedeutung des Mittel⸗ wie gefährlich es ist, braucht innern, die an dem Mangel Grunde gegangen sind. Eine e nach der Richtung erfolgen, ollegialen Behörde entschieden

muß besondere i mangelhafte Aus⸗ reiflich erscheinen, daß das Hand⸗ Namentlich fehlt es praktische Aus⸗ Sie sind aber Mittelstand mehr als gogen Schmutzkonkurrenz geschützt werden. Mittelstand kaum noch in einer Thronrede richtiges Bewußtsein seiner hauptungen Front Vorteil des Mittelstands⸗ genossenschaftskasse in stiefmütterlich nd die Lasten für die der Schwache noch schwächer er mehr Gefahr, chland verdankt, w Bürgertums,

zum Hörigen as es heute ist, unter dem wieder wir müssen alles aufwenden, uns einen esunden Mittelstand zu erhalten. Volksp.) Wir unterschreiben diese die Art ihrer Verwirklichung

n oder abgelehnt gnahme zu den meisten Fragen er gab in der Hauptsache An⸗ hat er lediglich die und Handelspolitik, und bbruch dieser Politik raten sthalten und plötzlicher Umkehr Die Erziehungspolitik, die der Staats⸗ doch endlich einmal aufhören, nämlich dann, erzogen ist; dann muß man auch an den all⸗ mählichen Abbau dieser Erziehungspolitik herantreten. die deutsche Industrie müssen im An Der Staatssekret

Der deutsche slande besser är hat sich weitläufig en ausgesprochen, aber der Schifffahrtsabgaben. rechtigten Wünschen nachzukommen? Wie über die ob das Reich chtigkeit ins Gesicht des preußischen Wahl⸗ wir hierauf eingehende Trusts

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bringen, der Bundesrat wird sie vielmehr, wenn sie angenommen werden sollte, ruhig zu den Akten legen. Eine Reihe von Re⸗ solutionen sind dazu bestimmt, Mittelstandsfreundlichkeit zu be⸗ kunden; es fragt sich nur, was Mittelstandsfreundlichkeit ist. Der Resolution wegen Einschränkung des Flaschenbierhandels z. B. können wir nicht zustimmen. Die Resolution der Sozialdemokraten für die Arbeiter in der Glasindustrie erscheint in reduzierter Fassung; eine Anzahl früher von ihnen erhobener hygienischer Forderungen sind diesmal fortgefallen. Die Verhältnisse der Glasindustrie sind derart, daß man diese nicht unter besondere Schutzbestimmungen zu stellen braucht; die Forderung der achtstündigen Arbeitszeit ist daher für uns nicht diskutabel. Wollen Sie die Produktion derart verteuern, so werden Sie Hunderttausende deutscher Arbeiter brotlos machen, zumal die amerikanischen Glasblasemaschinen, die als Wunderwerke bezeichnet werden, immer mehr Verbreitung finden. Die Fabrikanten selbst sorgen schon dafür, daß die Arbeiter nicht auf die Straße fliegen. Wir wollen die Arbeitszeit systematisch verkürzen, am liebsten in Uebereinstimmung mit den betreffenden ausländischen Industrien. Abg. Hoch (Soz.): Die diesjährige Diskussion unterscheidet sich insofern von den früheren, als die Handelspolitik einen breiteren Raum darin einnimmt. Bezeichnenderweise sind es jetzt dieselben Herren, die über die Folgen dieser Politik klagen, die für diese Politik in erster Linie mit die Verantwortung tragen. Durch diese Politik ist die Ver⸗ einbarung von Handelsverträgen erschwert worden; und da ist es doch ein starkes Stück, 2% erade diese Herren jetzt Klage und Anklage er⸗ heben. Gerade die utzzollpolitik hat die deutschen Industrien be⸗ nachteiligt. Die Kartelle haben eine unheilvolle Tätigkeit entwickelt; aber sie sind das naturnotwendige Ergebnis der kapitalistischen Entwicklung. Das Großkapital hat sich eben zur Wahrung seiner Interessen zu gewaltigen Verbänden sa ani denge chleese Wir haben heute 500 Riesenbetriebe mit einer Millionenzahl von Arbeitern. Die paar Berliner Großbanken arbeiten mit Tausenden von Millionen, die in alle Industriezweige hineinreichen und deren ganze Beschäftigung be⸗ einflussen. Diese kleine Gruppe der Mächtigsten beherrscht das ganze Wirtschaftsleben, und es ist doch selbstverständlich, daß sie nicht für die Interessen der Allgemeinheit, sondern für ihre eigenen sorgt. Gegen die Trusts und Syndikate erklärt der Staatssekretär kein Mittel zu wissen. In Amerika besteht das Antitrustgesetz, und das Bundes⸗ ericht hat voriges Jahr das Gebaren der Standard Oil Company ür ungesetzlich erklärt. Aber diese Entscheidung wird von den Beteiligten nicht tragisch genommen; die Trustgewaltigen lächeln darüber. Bei uns dürfte man in diesen Kreisen genau so denken. Gewiß, die Gesamtheit hat ein Interesse an der Kontrolle, aber die Regierung, die Fühlung mit dem Zentralverband hat, kann das Interesse der Gesamtheit nicht wahrnehmen. Das einzige Mittel der Abhilfe ist, daß die Produktionsmittel, die in den Handen weniger liegen, der Gesamtheit zugeführt werden. Die Zahl der Lohnarbeiter ist auf 16,8 Millionen gewachsen. Diese Lohnarbeiter haben ein Recht, zu verlangen, daß auf sie Rücksicht genommen wird. Der Staatssekretär wäre verpflichtet, jetzt schon Stellung zu der Arbeiter⸗ frage zu nehmen. Ihm mag ein so ches Verlangen lächerlich er⸗ scheinen, uns erscheint das eine gebieterische Notwendigkeit. Wie hat die wirtschaftliche Krisis auf die Arbeiterverhältnisse eingewirkt? Der Staatssekretär ist darauf nicht eingegangen, aber der Reichs⸗ kanzler hat gemeint, daß wir die wirtschaftliche Krisis ohne gefährliche Erschütterung überwunden hätten. Eine Folge der wirtschaftlichen Krise war die Zunahme der Arbeitslosigkeit, die bis in den April vorigen Jahres angedauert hat. Der Metallarbeiterverband hat festgestellt, daß selbst die am besten ge⸗ stellten Arbeiter infolge der niedrigen Löhne und Verteuerung der Lebensmittel langsam verhungern müssen. Eine Folge dieser schäd⸗ lichen Ber haltzse ist eine Verschlechterung der Gesundheit der Arbeiter, die Abnahme der Eheschließungen von 1907 ab. 1908, wo die Krisis auf der Höhe war, ist die Zahl der Eheschließungen Wum 7,95 % bei den Arbeitern gefallen. In demselben Maße ist die Zahl der unehelichen Geburten gestiegen und die Zahl der Todesfälle. Wo bleibt die Arbeitslosenversicherung? Die herrschenden Klassen wären verpflichtet gewesen, für die Arbeiter um so mehr etwas zu tun, als sie auch in der Zeit der wirtschaft⸗ lichen Krise ein gutes Geschäft gemacht haben. 1908 erzielten die deutschen Banken einen Reingewinn von über 30 Millionen Mark. Dazu kommt, daß die Arbeitgebernachweise gegen die Arbeiter in der rücksichtslosesten Weise vorgehen. Welchen Uebermut die be⸗ sitzenden Klassen gegenüber den Arbeitern zeigen, hat die gestrige Rede des Grafen Carmer gegen das Koalitionsrecht der Landarbeiter bewiesen. Ein anderes Beispiel bildet das Vorgehen der Fabrikanten in Frankfurt. Eine große Anzahl demonstrierender Arbeiter war in der niederträchtigsten Weise niedergeschlagen worden. Es war selbst verständlich, daß die Arbeiter dazu Stellung nehmen wollten. Sie haben ihre Versammlungen abgehalten, und da haben Fabrikanten die Unverschämtheit gehabt, ihren Arbeitern den Lenc derselben zu verbieten. Eine andere Frage: Was gedenkt der Staatssekrekär zu tun, um die Arbeiter vor einer Schädigung ihres Reichstags⸗ wahlrechts durch die Unternehmer zu schützen? Wir müssen ver⸗ langen, daß einheitliche Wahlurnen für das Reich beschafft werden, deren Konstruktion das Geheimnis der Wahl sichert. Meinen die anderen Parteien es wirklich mit ihren sozialpolitischen Wünschen ehrlich? Warum haben sie denn bisher so wenig erreicht? Der Staatssekretär wird den Mittelstand so wenig retten wie alle seine Vorgänger. Ist durch die bisherigen Gesetze ein Handwerker vor dem Untergang gerettet worden? Was nützte ein Verbot der Konsum⸗ vereine und der Warenhäuser? Dann können Sie auch die großen Fabriken verbieten. Das sind alles törichte Einbildungen. Fürst Hehenge schreibt in seinen Erinnerungen: Das Gesetz über die Zwangsinnungen ist ein sehr törichtes Gesetz, aber wenn die Hand⸗ werker es haben wollen, so mögen sie es bekommen. Fär die Prirat⸗ beamten ist nicht das geringste geschehen. Die Regierung will nichts tun, und die Parteien wollen auch nichts tun, obwohl die Sache spruͤch⸗ reif ist. Man wagt es nicht, den Privatangestellten entgegenzutreten,

der Versicherung

darum verschiebt Wan. die gesetzliche Regelung. Wollte man nit

ge wart bis alle Zweifel gelöst sind,

1

8 9

lund seiner politischen Freunde auf sozialpolitischem Gebiete zu er⸗

können wir bis zum Mimemertsing warten. Die Zögerung 9 Regierung ist einfach eine Verhöhnung der Pripatbeamten. hie Parteien verlangen zwar eine gesetzliche? kegelung dieser Frage shon in dieser Session, aber sie sind ganz zufrieden, wenn die Re⸗ jerung ihre Wünsche nicht erfüllt. Nach den Erfahrungen bei der gmnanzreform ö sie nur ernstlich zu wollen, die Regierung ürde sich dann schon fügen. Mit Recht hat Graf Posadowsky

nüsfeiner ekannten Rede von der Heuchelei gesprochen, die bei den

zeuten herrscht, die den sozialen Fortschritt im Munde führen. Geht hame ühr o weit, daß man den ländlichen Arbeitern nicht ünmal das Koalitionsrecht in Preußen gewähren will, das in anderen putschen Staaten ohne Schaden der Landwirtschaft bereits besteht. Auf die vom Reichstage gewünschte Zusammenstellung der in den einzelnen Bundesstaaten über die Rechtsverhältnisse der ländlichen üibeiter bestehenden Vorschriften warten wir seit einigen Jahren ver⸗ seblich. Handelt es sich um den Schutz der Industrie, z. B. der Faltindustrie, dann ist die Regierung gleich bei der u“ Die Ar⸗ beiter aber müssen Schutzbestimmungen und andere Errungenschaften der Regierung und den Parteien erst nach langen Kämpfen Seeen. Auf den guten Willen der Herrschenden können sie sich nicht verlassen, sondern nur auf ihre eigene Kraft.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Delbrück:

Meine Herren! Ich fürchte, es wird mir beim besten Willen nicht gelingen, die volle Zufriedenheit des geehrten Herrn Vorredners

ingen. (Sehr richtig! rechts.) Und es wird mir auch nicht gelingen, die mancherlei schiefen Vorstellungen aus der Welt zu schaffen über die Regierung und ihre Ziele, die sich wie ein roter zaden durch die Ausführungen des Herrn Vorredners hindurch⸗ gezogen haben. Aber, meine Herren, ein Mißverständnis möchte ich aufklären. Der Herr Vorredner hat mir zum Vorwurf gemacht, daß ich im Laufe der Debatte die sozialpolitischen Fragen bisher nicht behandelt habe, und er hat aus den beiden Reden, die ich in den letzten Tagen gehalten habe, herausgehört, daß es nicht in meiner Absicht gelegen habe, bei Beratung meines Etats auf diese Fragen enzugehen. Meine Herren, das ist ein Irrtum. Wenn der Herr Abg. Hoch die Güte haben will, die Stenogramme der letzten Reden durch⸗ zulesen, wird er finden, daß ich gesagt habe, ich hoffe, daß ich zur Erörterung dieser Fragen es handelt sich nicht bloß um Arbeiter⸗, sondern auch um Mittelstandsfragen im Laufe der Debatte noch Gelegenheit haben werde. Diese Disposition meinerseits war auch vollstüändig begründet, ich kann doch eigentlich hier nicht dogma⸗ lische Vorträge über Soztialpolitik halten, solange mir nicht aus dem Hause die erforderlichen Anregungen gegeben werden. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Die hat Herr Fischer schon ge⸗ geben!) Nachdem aus dem Hause heraus nur eine Partei, nämlich die Ihrige, über sozialpolitische Fragen gesprochen hatte, und . ich ganz speziell noch aus der Mitte des Hauses Anregungen über diese Dinge glaubte erwarten zu können (hört, hört! bei den Sozial⸗ demokraten), war es vollkommen richtig, wenn ich mit der Behandlung dieser Fragen zögerte, bis ich in die Lage gekommen war, auch hier meinen Ausführungen einen gewissen Aufbau zu geben. Denn es ist für Sie und für mich gleich ermüdend, wenn ich hier wie ein Frage⸗ und Antwortkasten benutzt werde und eine Unzahl von Fragen anorganisch nebeneinander beantworten muß. (Heiterkeit.)

Nun ist mir eben gesagt, daß unter Umständen die General⸗ debatte heute geschlossen würde, und deshalb werde ich versuchen⸗ auch auf die sozialpolitischen Fragen, die bis jetzt im Laufe der Debatte gestreift sind, einzugehen. Sehr viel, meine Herren, wird nicht werden; denn ich muß sagen: ich habe auch aus den Ausführungen des letzten Herrn Vorredners sehr viele zu beantwortende, wichtige sozialpolitische Fragen nicht herausgehört. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Namentlich habe ich nicht gefunden, daß die zahlreichen sozialpolitischen Wünsche, die in Form von Resolutionen aus dem Hause an uns herangetreten sind, derartig besprochen und begründet worden wären, daß ich in der Lage wäre, darauf zu replizieren und meinerseits den Standpunkt der ver⸗ bündeten Regierungen klarzulegen. Und es kann von keiner Regierung verlangt werden, daß sie Anträge, deren Motive sie nicht kennt, im voraus bekämpft.

Nun, meine Herren, ist aber auch der Vorwurf unbegründet, ich meinerseits der Bedeutung der Scozialpolitik hier im Hause und draußen in der Welt in meinen bisherigen Aus⸗ führungen keine hinreichende Berücksichtigung hätte zuteil werden lassen. Ich habe in meiner ersten Rede zu meinem Etat meines Erachtens eingehend darzulegen versucht, daß die Sozialpolitik, wie sie die verbündeten Regierungen seit beinahe einem Menschenalter treiben, noch eine Fülle von ungelösten Aufgaben bietet, und daß keine Regierung, möge sie vertreten werden durch einen Freund der rechten oder der linken Seite dieses Hauses, sich dem Gewichte dieser Aufgaben werde entziehen können. Ich habe keinen Zweifel darüber gelassen, daß ich bestrebt sein würde, diesen Aufgaben gerecht zu werden, so wie meine Vorgänger es getan haben. Hier kommt aber nun der Punkt, der uns und den weitaus größten Teil dieses Hauses von der äußersten Linken scheidet. Sie verlangen einen jähen Sprung in neue Verhältnisse; wir sind bestrebt, in ruhiger Entwicklung allmählich diejenigen Forderungen zu erfüllen, welche erfüllbar sind unter Wahrung aller berechtigten Interessen ich glaube, so hat ein Redner aus Ihren Reihen neulich die Sozialpolitik des Herrn Grafen Posadowsky begründet. Eine deutsche Regierung kann nicht die einseitigen Interessen einer einzelnen Klasse schützen, sondern eine Regierung, die sich ihrer Pflichten bewußt ist, muß dafür sorgen, daß die verschiedenen mit einander Ulidierenden Interessen nach Möglichkeit berücksichtigt werden: denn ꝛur so, meine Herren, kommen wir zum Neuen auf dem Wege der vwolution; im anderen Falle kommen wir auf die Revolution, die ir eben zu vermeiden bestrebt sind. (Lebhafte Zustimmung rechts. -Abg. Ledebour: Die Arbeiterschutzgesetze sind schon Revolution ⁷) Sie wissen ganz genau, daß ich Revolution nicht in dem Sinne gemeint habe, daß nun mit scharfen Waffen gefochten werden müsse, sondern ich habe Revolution gemeint im Sinne eines rapiden Um⸗ sturzes von einem System zum andern, im Gegensatz zu einer lang⸗ samen und verständigen Entwicklung, die den bestehenden Interessen⸗ wie den neu hinzutretenden Interessen gleichmäßig gerecht zu werden bestrebt ist.

Nun, meine Herren, wenn im Laufe unserer Debatten die Sozial⸗ politik nicht nden Raum eingenommen hat, den die Herren erwartet haben, so hat das seinen Grund doch auch in äußerlichen Momenten. Es ist seit Eröffnung des Reichstags keine Woche vergangen, in der

es

daß

zu erscheinen, und es haben uns fast ausschließlich sozialpolitische Fragen beschäftigt. Ferner hat uns im Laufe der vorigen Woche eine ganze Reihe von sozialpolitischen Gesetzen beschäftigt, die hier ein⸗ gehend besprochen worden sind, und in denen die Ansätze zu vielfacher Weiterentwicklung und zur Lösung von Problemen liegen, deren bisher Herr zu werden, uns nicht gelungen ist. 1

Meine Herren, es ist Ihnen vorgelegt das Gesetz über die Stellenvermittlung. In diesem Gesetz ist der Versuch gemacht, die⸗ jenigen Schäden, welche sich etwa auf dem Gebiete der nichtgewerbs⸗ mäßigen Stellenvermittlung und des Arbeitsnachweises entwickeln könnten, zu beseitigen, und zwar in einer Form, die nicht in die Koalitions⸗ freiheit der Arbeiter eingreift. Denn ich kann immer nur wiederholen: wenn ich mich gegen die Wünsche, diesen Bestrebungen auf dem Ge⸗ biete des Arbeitsnachweises im Wege einer Beschränkung der Koalitions⸗ freiheit des Arbeitgebers entgegenzutreten, gesträubt habe, habe ich das nur getan, weil ich der Auffassung war, daß keine Regierung und kein Reichstag ein Gesetz verabschieden kann, daß die Koalitionsfreiheit des einen Teiles beschränkt und des anderen Teiles nicht beschränkt; sondern, wenn wir zu Beschränkungen kommen, dann müssen die Beschränkungen beiden Teilen auferlegt werden. Das ist der Grund gewesen, weshalb ich mich und weshalb sich meine Herren Amtsvorgänger gesträubt haben, Anregungen zuzustimmen, die zu einer Beschränkung der Koalitionsfreiheit führen müssen.

Anders liegt es mit der Regelung des Arbeitgeber⸗ und Arbeit⸗ nehmernachweises, wie er in dem Gesetzentwurf über die Stellen⸗ vermittlung vorgesehen ist. Dort soll die Möglichkeit gegeben sein, nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise überall da, wo sie sich zu Be⸗ strebungen oder Handlungen auswachsen, die mit dem geltenden Recht und den guten Sitten unvereinbar sind, im Wege des Reglements und der polizeilichen Aufsicht zu fassen.

Es ist Ihnen, meine Herren, ferner erneut das Arbeitskammer⸗ gesetz vorgelegt worden. Gewiß, ich will zugeben, daß dieses Arbeitskammergesetz weder Ihre Wünsche alle erfüllt, noch die Wünsche, die man zum Teil auf anderen Seiten dieses hohen Hauses hat. Aber dieses Gesetz legt erstens einmal prinzipiell den Grundsatz fest, daß unter allen Umständen Stellen ge⸗ schaffen werden können, wo unter einem unparteiischen Vorsitzenden auf paritätischer Grundlage die Streitigkeiten, die zwischen Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern bestehen, erörtert und geschlichtet werden könneu. Ist das kein Fortschritt auf dem Gebiet der Sozialpolitik? Ist das nicht ein Versuch, die Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern abzuschwächen dadurch, daß man versucht, die Gegen⸗ sätze auszugleichen, anstatt sie zu vertiefen? (Sehr richtig! rechts.)

In diesem Gesetz ist ferner vorgesehen die Förderung des Tarif⸗ vertrages durch die Arbeitskammern. Das ist auch ein viel wichtigerer Schritt, als Sie auf den ersten Blick glauben; denn nicht die formale Seite der Regelung des Tarisvertragswesens macht uns Schwierig⸗ keiten, sondern Schwierigkeiten macht uns die Abneigung vieler gegen den Tarifvertrag, die vielfach mißverständliche Vorstellung von den Vorteilen und Nachteilen des Tarifvertrags. Wenn wir eine Stelle schaffen, die geeignet ist, diese Anschauungen über den Tarifvertrag zu reformieren und zu klären, wenn wir eine Stelle haben, die gegebenenfalls die Tarifverträge fördern kann, wo die Verhältnisse ein Eingreifen der Organisationen nicht ge⸗ statten, so ist das zweifellos ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Wenn wir diese Stelle schaffen, so können wir uns vorläufig der schwierigen juristischen und theoretischen Erörterungen entschlagen, die uns nie⸗ mals erspart bleiben, wenn wir an eine juristische Regelung des Tarif⸗ vertrags herangehen. Ich halte diese Frage heute nicht für reif und will infolgedessen nicht darauf eingehen. Um so notwendiger ist es aber, daß wir eine Stelle haben, wo materiell der Gedanke des Tarifvertrags propagiert und weiter entwickelt werden kann.

Es ist ferner in diesem Gesetz vorgesehen die Förde⸗ rung des Arbeitsnachweises auch auf der Grundlage des Tarifvertrags. Auch das wird ein Mittel sein, die Schwierig⸗ keiten, die auf diesem Gebiete bestehen, zu lösen und die Verhältnisse dem Ziele entgegenzuführen, das von einem großen Teile dieses hohen Hauses erstrebt und im Gegensatz zu mir und den ver⸗ bündeten Regierungen heute schon für erreichbar angesehen wird, nämlich die obligatorische Einführung eines paritätischen Arbeits⸗ nachweises.

Meine Herren, es ist Ihnen ferner vorgelegt worden ein großer Teil derjenigen Bestimmungen, über die sich die Regierung mit der Mehrheit dieses hohen Hauses im vorigen Jahre geeinigt hatte, betreffend Abänderungen der Gewerbeordnung. Es ist Ihnen wieder vorgelegt das Hausarbeitergesetz, ebenfalls ein Gesetz, das Ansätze zu einer sozialpolitischen Entwickelung auf einem Gebiete bringt, das sich bisher der Gesetzgebung und ihrer Einwirkung versagt hatte mit Rücksicht auf die außerordentlich große Schwierigkeit, die sich der Regelung dieser Materie entgegenstellte. Man wird also beim besten Willen nicht behaupten können, daß die jetzige Regierung und speziell ich ohne Interesse, ohne Verständnis an den sozialpolitischen Fragen vorbeigehen. Wenn ich das wollte, hätte ich dieses dornenvolle Amt nicht auf mich genommen; aber ich bin der Ansicht, daß diese sozialpolitischen Fragen nur gelöst werden können im Zusammenhang mit unserem ganzen Wirtschaftsleben, im Zusammenhang mit der Gruppierung dieses Hauses, im Zusammenhang mit den politischen Verhältnissen, in denen und mit denen zu arbeiten wir genötigt sind. (Sehr richtig! rechts.) 1

Meine Herren, ich habe damit in großen Zügen eine Reihe von Momenten erörtert, wo wir grundsätzlich sozialpolitisch weiter kommen sollen und wollen durch die Entwürfe, die sich in Ihren Händen be⸗ finden und die wir in den letzten Tagen besprochen haben.

Daneben geht eine zweite Kategorie von Forderungen einher, die uns ebenfalls seit Jahrzehnten beschäftigt hat, und die uns weiter beschäftigen wird, die aber auch nur mit einer gewissen Behutsamkeit gelöst werden kann. Das sind Forderungen, die gerichtet sind auf Verbesserung der Arbeitsstätten, auf die Verhütung der Unfall gefahren, auf die Beschränkung der Arbeitszeit. Das sind auch Dinge, die man nicht, ohne unser ganzes Wirtschaftsleben zu zerstören, von heute auf morgen lösen kann; das sind Dinge, die allmählich entwickelt werden müssen; das sind Forderungen, die man nicht abstrakt erfüllen kann, sondern nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse, in die alle diese Forderungen ein⸗ greifen.

Es hat vorhin einer der Herren Redner aus dem Hause darauf hingewiesen, was die Beschränkung der Arbeitszeit für Eingriffe in

unter Umständen bringt nicht allein für die Arbeitgeber,

sondern vielmehr für die Arbeitnehmer. Auch auf diesem

Gebiete können wir nicht mit einem Sprunge vorwärts gehen, sondern

müssen allmählich vorwärts gehen, und wir werden namentlich die

Frage der Maximalarbeitszeit nach meiner Auffassung niemals auf.

der Grundlage regeln können, daß das Gesetz eine Maximalarbeitszeit

festlegt, es sei denn, daß sanitäre Gründe nach dieser Richtung einen

Zwang auf den Gesetzgeber ausüben. Darüber hinaus ist die Frage

der Arbeitszeit zweifellos eine Frage der freien Vereinbarung zwischen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, je nachdem die Verhältnisse der Kon⸗

junktur liegen. Je mehr wir nach dieser Richtung dazu übergehen,

einen Zwang zu üben, um so schwerer wird es uns einmal werden,

über schwierige Konjunkturverhältnisse hinwegzukommen.

Meine Herren, damit komme ich auf die Aeußerungen, die ich

getan habe über die Widerstandsfähigkeit unseres Wirtschaftslebens im

Laufe des letzten Niederganges unserer wirtschaftlichen Verhältnisse.

Ich habe dabei darauf hingewiesen, daß unser Wirtschaftsleben auch

auf dem Gebiete des Arbeitsmarktes eine Widerstandsfähigkeit gezeigt

habe, die andere Länder in gleichem Verhältnis nicht gezeigt hätten.

Damit ist aber doch nicht gesagt, daß mir jedes Verständnis

dafür abginge, wie schwer eine zurückgehende Konjunktur auf dem Ar⸗

beiter laste. Im Gegenteil, meine Herren, ich habe darauf hin⸗

gewiesen, daß diese Widerstandsfähigkeit unserer Industrie es

ermöglicht habe, von erheblichen Lohnreduktionen abzusehen, und daß sie

wesentlich dazu beigetragen habe, dem Gespenst der Arbeitslosigkeit, das

ja mit jeder weichenden Konjunktur bei uns eintritt, einen Teil seiner

Schrecken zu nehmen. Es ist mir nicht eingefallen, zu verkennen, daß auch die letzte Tiefkonjunktur auf diesem Gebiete Schwierig⸗

keiten gebracht hat. Aber ich kann für meine Person nun auch schon eine ganze Reihe von Jahren zurückdenken. Es ist nicht das erste Mal, das ich genötigt gewesen bin, mich mit dem Problem der Arbeitslosigkeit zu beschäftigen, und ich kann Ihnen versichern: ich habe den Eindruck, wir sind über die letzten Schwierigkeiten in dieser Beziehung leichter hinweggekommen als in den früheren Jahren, unter allen Umständenbesser hinweggekommen als die großen Kultur⸗ länder, die mit uns auf dem industriellen Gebiete konkurrieren. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Nun hat der Herr Abgeordnete bemängelt, daß wir nicht ge⸗ nügendes getan hätten in bezug auf die Lösung der Frage der Ar⸗ beitslosigkeit beziehungsweise der Arbeitslosenversicherung. Ja, meine Herren, das ist auch eins von den Problemen, was man nicht aus der freien Hand heraus lösen kann. Die Ansätze, die auf dem Gebiete der Fürsorge für die Arbeitslosen von seiten der Kommunen gemacht sind, werden uns allmählich auf den Weg führen, auf dem diese Frage vielleicht der Lösung entgegengeführt werden kann. Daß das Reich oder die Einzelstaaten diese Frage generell für das ganze Reich regeln sollten (sehr richtig! rechts), das ist eine Aufgabe, die kein Gesetzgeber und keine gesetz⸗ gebende Körperschaft heute zu lösen in der Lage ist. Aber wenn wir auf Grund des Gesetzes über den Arbeitsnachweis und die Stellenvermittlung dahin kommen, das Arbeitsnachweiswesen aus⸗ zubauen, dann werden wir nicht bloß die Möglichkeit schaffen, vor⸗ übergehende Schwankungen im Arbeitsmarkte auszugleichen, sondern wir werden auch unsere Erfahrungen erweitern, die uns eventuell später die Möglichkeit geben können, auf dem Gebiete der Arbeits⸗ losigkeit gesetzgeberisch einzugreifen. Heute, meine Herren, ist die Sache nicht reif, und der tut Unrecht, der einer Regierung den Vor⸗ wurf des bösen Willens macht, weil sie sich an dieses zurzeit un⸗ lösbare Problem nicht heranwagt. (Sehr richtig! rechts.)

Nun, meine Herren, ist eine Reihe von anderen Fragen auf diesem Gebiete gestreift worden. Es ist gefragt worden: was wird aus dem Reichsberggesetz? Meine Herren, die Stellung der ver⸗ bündeten Regierungen zum Erlaß eines Reichsberggesetzes, das heißt zur Ausdehnung der Kompetenz des Reichs auf das Gebiet der Berg⸗ gesetzgebung, ist in diesem hohen Hause so oft Gegenstand von Erklärungen und Erörterungen gewesen, daß ich mich darauf beschränken kann, zu er⸗ klären: die verbündeten Regierungen stehen noch auf dem Standpunkt, den sie bisher stets vertreten haben, daß es nicht angezeigt erscheint, diese Angelegenheit in den Bereich der Reichsgesetz⸗ gebung zu ziehen. Damit wäre formell diese Frage abgetan. Aber es hat einer der Herren Redner der Linken ich glaube, es war der Herr Abg. Carstens an mich die Frage gestellt, wie ich denn zur Frage der Arbeiterkontrolleure im Bergbau stünde. Ich darf den Herrn Abg. Carstens vielleicht darauf hinweisen, daß es mir nach harten Kämpfen gelungen ist, im vergangenen Jahre in Preußen ein Gesetz zu verabschieden, daß die Arbeiterkontrolleure im Bergbau in Preußen im weitesten Umfange eingeführt hat (sehr richtig! rechty), und mein Herr Amtsvorgänger hat aus Anlaß der Erörterungen über diese Frage im vergangenen Jahre gesagt, er werde bereit sein, die Regierungen der Bundesstaaten zu fragen, inwieweit sie ihrerseits, den Verhältnissen ihres Landes entsprechend, geneigt seien, denselben Weg zu betreten. Nun, meine Herren, es ist inzwischen meines Wissens in Bayern ein entsprechender Gesetz⸗ entwurf verabschiedet. (Zuruf links: War schon vorher!) Verabschiedet nicht, Herr Gothein, es war bloß ver⸗ gelegt. Ich glaube in diesem Punkte annähernd genau Bescheid zu wissen. (Heiterkeit.) Ebenso ist in Sachsen, soviel ich weiß, den gesetzgebenden Körperschaften ein entsprechender Gesetzentwurf vor⸗ gelegt und, soviel ich weiß, schweben auch in den Reichslanden Er⸗ örterungen über die gleiche Frage. Es ist also auch auf. diesem Gebiet das geschehen, was geschehen konnte, sofern man grundsätzlich auf dem Standpunkt steht, daß das Reich nicht berufen ist, regulierend in diese Dinge einzugreifen.

Meine Herren, es sind dann in den Anträgen ich glaube, auch einer der Redner hat es gestreift Forderungen gestellt auf dem Gebiete des Knappschaftswesens. Das sind Forderungen, die immer wiederkehren und die nach meiner Auffassung auf einer Un⸗ kenntnis der bestehenden Verhältnisse beruhen. Die Verhältnisse der Knappschaftskassen in den verschiedenen Bundesstaaten, in den einzelnen Teilen der einzelnen Bundesstaaten sind so verschieden, daß sie zu einer gleichmäßigen reichsgesetzlichen Regelung nicht reif sind. Das ist der Grund, warum man in Preußen mit einer gewissen Behutsamkeit an die Regelung dieser Verhältnisse herangetreten ist. Aber, meine Herren, die Regelung, die in Preußen in Angriff genommen ist, wird zu einer allmählichen Sanierung der Knappschaftskassen zunächst in Preußen führen. Mit dieser Sanierung kommen wir dem Ziele einer gleich⸗ mäßigen Regelung für den Umfang wo möglich des ganzen Deutschen

ich nicht einige Tage die Ehre gehabt hätte, in diesem hohen Hause

die wirtschaftlichen Verhältnisse bietet, was für Eingriffe sie

Reichs sehr nahe. Auch dafür sind schon die Ansätze vorhanden, in⸗