86 Bekanntmachung,
betreffend Versendung von Paketen während der Osterzeit.
Ddie Versendung mehrerer Pakete mit einer Postpaket⸗ adresse ist für die Zeit vom 20. bis einschl. 27. März weder im inneren deutschen Verkehr noch im Verkehr mit dem Aus⸗ land — ausgenommen Argentinien — gestattet. Nach Argentinien können auch in dieser Zeit mehrere, jedoch höchstens 3 Pakete, mit einer Postpaketndrose versandt werden.
Berlin W., den 3. März 1910. 8 Der Staatssekretär des Reichspostamts 1
In Vertretung: “ Kobelt.
Das fünfte Heft des achtzehnten Bandes der im Reichs⸗ amt des Innern herausgegebenen „Entscheidungen des Ober⸗Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs“ ist im Verlage von L. Friederichsen u. Co. in Hamburg erschienen und zum Preise von 3,00 ℳ zu beziehen.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Geheimen Oberbaurat und vortragenden Rat im Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen Sarre zum Präsidenten der Königlichen Eisenbahndirektion in Kattowitz, den bisherigen Provinzialschulrat Romeiks zum Ge⸗ Regierungsrat und vortragenden Rat im Ministerium er Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten und en Direktor des Realgymnasiums in Barmen Dr. Max Gerhard Michaelis zum Gymnasialdirektor zu ernennen sowie dem Ersten Bürgermeister der Stadt Altona Bernhard Schnackenburg den Titel als Oberbürgermeister und dem Fabrikanten Philemon Ritter in Berlin den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
peianntmachung. .“ Auf Grund der durch Artikel IV der Allerhöchsten Konzessionsurkunde vom 2. März 1908 mir erteilten Ermächti⸗ gung wird die Frist, welche der Kerkerbachbahn Aktiengesell⸗ schaft für den Erwerb, Ausbau und die Inbetrieb⸗ nahme der Roll⸗ und Seilbahn von Heckholzhausen nach Obertiefenbach gesetzt ist, zufolge eines begründeten Antrages der Gesellschaft bis zum 1. Oktober 1911 ver⸗ Berlin, den 3. März 1910. 8 Der Minister der öffentlichen Arbeiten. Im Auftrage: Teßmar. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
„Der Titel Hegemeister wurde verliehen den Förstern im Regierungsbezirk Königsberg: Behring zu Perentienen, Oberförsterei Gertlauken, Fiehn zu Bischdorf, Oberförsterei Fecfesborf Hohnfeldt zu Neu⸗Sielkeim, Oberförsterei Greiben, Schaul zu Schwentoje, Oberförsterei Neusternberg, Schulz zu Schmolainen, Oberförsterei Wichertshof.
8
Die Oberförsterstellen Lauenau im Regierungsbez irk Hannover und Hadamar im Regierungsbezirk Wiesbaden sind zum 1. Juli 1910 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum
April eingehen. 8 “ Ministerium für Handel und Gewerbe.
Der Regierungsassessor Kunhardt von Schmidt in Minden ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiterversicherung Regierungsbezirk Minden und
der Gerichtsassessor Grotefend in Halle a. S. zum stell⸗ vertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts 8 die Arbeiter⸗ versicherung im Eisenbahndirektionsbezirk Halle a. S. ernannt worden. ““ 8
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und 8 Medizinalangelegenheiten.
Dem Gymnasialdirektor Dr. Michaelis ist die Direktion des Prinz Heinrichs⸗Gymnasiums in Schöneberg bei Berlin übertragen worden.
Dem Dozenten der Akademie für praktische Medizin und Direktor der städtischen Augenklinik Dr. med. Gustav Pfalz in Düsseldorf ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
Bekanntmachung 1“
Von der Königlich preußischen Geologischen Landesanstalt sind nachfolgende geologisch⸗agronomische Karten (als Lehrfelder für die landwirtschaftlichen Chate bearbeitet) nebst zugehörigen Bohrkarten und Erläuterungsheften veröffentlicht:
Arendsee, Provinz Sachsen..
Berent in Westpreußen.
Feafstaht in Posen.
Greifswald in Pommern. Perfase in Westfalen. auenburg in Pommern.
Neustadt am Rübenberge.
Soest in Westfalen.
Sprottau in Schlesien.
Treptow a. Rega. „ „Sämtliche Karten sind durch die Vertriebsstelle der genannten Anstalt, Berlin N. 4, Invalidenstraße 44, zum Preise von 1,50 ℳ pro Exemplar (einschl. Bohrkarte und Erläuterung) zu beziehen.
Berlin, den 7. März 1910. 8
Königliche Geologische Landesanstalt 38 Beyschkag “
für die am Donnerstag, den 31. März 1910, Vormittags
11 Uhr, im Sitzungssaale des Potsdamer Bahnhofs in
Berlin stattfindende 34. außerordentliche Sitzung des
die Bezirke der Königlichen Eisenbahndirektionen
n Berlin und Stettin eaen Bezirkseisenbahnrats in Berlin.
Mitteilung der Königlichen Eisenbahndirektion Berlin über die
neue E1“ des Bezirkseisenbahnrats. nnahme des für den bisherigen Bezirkseisenbahnrat bestehenden
Regulativs, betreffend den Geschäftsgange
Wahl des Verste. und seines Stellvertreters für die Dauer der Wahlperiode (§ 4 des Regulativs). “
Wahl der Mitglieder und Stellvertreter des ständigen Ausschusses.
Wahl der Mitglieder und Stellvertreter des Lan deseisenbahnrats für die Jahre 1910, 1911 und 1912.
Berlin, den 5. März 1910.
Königliche Eisenbahndirektion. Behrendt.
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee.
8 Offiziere, Fähnriche usw. Berlin, 5. 8 Küentzle, Oberlt. im 5. Bad. Feldart. Regt. Nr. 76, in das Trier. Feldart. Regt. Nr. 44 versetzt. Oldenburg, 7. März. v. Goßler, Gen. der Inf. und Gouverneur von Mainz, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit der gesetzlichen Pension zur Disp. und gleichzeitig à la suite des Kaißer Franz Garde⸗Gren. Rgts. Kr 2 gestellt. Graf v. Schlieffen, Gen. Lt. und Kommandeur der 5. Div., zum Gouverneur von Mainz ernannt. Waenker v. Dankenschweil, Gen. Lt. und Kommandeur der 31. Div., in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit der 5 Pension zur Disp. gestellt.
Nachweisung der beim Sanitätskorps eingetretenen Veränderungen. Durch Verfügung des Generalstabs⸗ arztes der Armee. Mit Wahrnehmung offener Assistenzarztstellen sind beauftragt worden: 3
am 26. Januar: Lange, Unterarzt beim 3. Magdeburg. Inf. Regt. Nr. 66,
am 29. Januar: Peeck, Unterarzt beim Großherzogl. Mecklen⸗ burg. Feldart. Regt. Nr. 60,
am 2. Februar: Gabe, Unterarzt beim Feldart. Regt. Prinz August von Preußen (I1. Litthau.) Nr. 1, v. Döhren, Unterarzt beim Niederrhein. Füs. Regt. Nr. 39, Dr. Dreist, Unterarzt beim 5. Thüring. Inf. Regt. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen),
am 8. Februar: Dr. Glasewald, Unterarzt beim 1. Masur. Inf. Regt. Nr. 146, dieser nach erfolgter Versetzung zu diesem Regt., Dautwiz, Unterarzt beim 1. Westpreuß. Feldart Regt. Nr. 35,
am 14. Februar: Grabowski, Unterarzt beim Gren. Regt. Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburg.) Nr. 12,
am 19. Februar: Dr. Holm, Unterarzt beim 6. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 149, Scharnke, Unterarzt beim 5. Westfäl. Inf. Regt. Nr. 53, dieser nach erfolgter Versetzung zu diesem Regt., Schultze, Unterarzt beim Inf. Regt. Freiherr Hiller von Gaertringen 8 Posen.) Nr. 59, Gröning, Unterarzt beim 5. Hannov. Inf. Regt.
r. 18
am 8Ho Buchholz, Unterarzt beim Inf. Regt. Graf Werder (4. Rhein.) Nr. 30. 8
Nachstehende Studierende der Kaiser Wilhelms⸗Akademie für das militärärztliche Bildungswesen sind mit dem 1. März 1910 zu Unter⸗ ärzten des aktiven Dieststandes ernannt worden: Stahl beim Feldart. Regt. von Scharnhorst 6g Hanmno⸗ Nr. 10, Zillmer beim Inf. Regt. Hamburg (2. Hanseat.) Nr. 76, Sergeois (Bruno) beim
üs. Regt. Prinz Heinrich von Preußen ( See 95,
ergeois (Erich) beim Feldart. Regt. General⸗Feldzeugmeister (1. Brandenburg.) Nr. 3, Frhr. v. Maltzahn beim Mansfelder Feldart. Regt. Nr. 75, Siegfried beim 9. Rhein. Inf. Regt. Nr. 160, Dausel beim 2. Kurhess. Feldart. Regt. Nr. 47, Stricker beim Inf. Regt. von Horn (3. Rhein.) Nr. 29, Bartholomaeus beim Füs. Regt. von Gersdorff (Kurhess.) Nr. 80, Kanter beim 2. Kurhes. Pnf. Reg. Nr. 82, Gutzeit beim 10. Rhein. Inf. Regt. Nr. 161, Lieschke beim Minden. Feldart. Regt. Nr. 58, Remus beim Inf. Regt. Freiherr von Sparr (3. Westfäl.) Nr. 16, Kirschner beim Inf. Regt. von Courbisre (2. Posen.) Nr. 19, Baumbach beim 1. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 97, Lorenz beim Oldenburg. Inf. Reg. Nr. 91, Klemm beim 2. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 99, Schmidt beim Colberg. Gren. Regt. Graf Gneisenau (2. Pomm.) Nr. 9, Kolepke beim Gren. Regt. König Friedrich III. (2. Schles.) Nr. 11, Geschke beim Füs. Regt. Graf Roon (Ostpreuß.) Nr. 33, Rütz beim Infanterieregiment Graf Bose (1. Thüring.) Nr. 31, v. 1b beim 1. Badischen Leibgrenadierregiment Nr. 109, Anders beim Gren. Regt. König Wilhelm I. (2. Westpreuß.) Nr. 7, Schultz beim 2. Bad. Gren. Regt. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, Hafemann beim 5. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 148, Becker beim 5. Hannov. Inf. Regt. Nr. 165, Jesse beim Füs. Regt. Königin (Schleswig⸗Holstein.) Nr. 86, Hilspach beim Gren. Regt. Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburg.) Nr. 12, Span genberg beim 9. Bad. Inf. Regt. Nr. 170, Hiltmann beim Inf. Regt. von Voigts⸗Rhetz (3. Hannov.) Nr. 79, Sünder beim Infanterieregiment Prinz Friedrich der Niederlande (2. West⸗ fälischen) Nr. 15, Thieme beim 4. Oberschles. Inf. Regt. Nr. 63, OQßwald beim 5. Thüring. Inf. 18 Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), Rentz beim Inf. Regt. Freiherr Hiller von Gaertringen (4. Posen.) Nr. 59, Gunderloch beim 2. Nassau. Inf. Regt. Nr. 88, Prümers beim Füs. Regt. von Steinmetz (Westpreuß.) Nr. 37, Körner beim Inf. Regt. Herzog Karl von Mecklenburg⸗Strelitz (6. Ostpreuß.) Nr. 43, Scholz⸗Sadebeck beim Gren. Regt. König Friedrich I. (4. Ostpreuß.) Nr. 5, Walther beim 3. Lothring. Inf. Regt. Nr. 135, Krause beim 3. Lothring. Feldart. Regt. Nr. 69, Wolff beim 3. Unterelsäss. Inf. Regt. Nr. 138, Osterland beim 1. Nassau. Inf. Regt. Nr. 87, Müller beim 4. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 140, Thielebein beim 3. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 129. 3 Beamte der Militärverwaltung.
Durch Allerhöchsten Abschied. 23. Februar. Den Oberzahlmeistern: Wenzel vom Feldart. Regt. General⸗Feldzeug⸗ meister (2. Brandenburg.) Nr. 18, Vogt vom Gren. Regt. König Wilhelm I. (2. Westpreuß. Nr. 7), Weile vom Gren. Regt. König Friedrich III. (2. Schles.) Nr. 11, Schöps vom Niedersächf Fußart. Regt. Nr. 10, — bei ihrem Ausscheiden aus dem Dienst mitPensison der Charakter als Rechnungsrat verliehen. —
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 23. Fe⸗ bruar. Hoogestraat, Betriebsleiter bei der Munitionsfabrik, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
26. Februar. Höpfner, Feist, Zahlmeister vom 2. Garde⸗ ulan. Regt. und vom Inf. Regt. Keith (1. Oberschles.) Nr. 22, der Titel „Oberzahlmeister“ verliehen. Hoffmann, Oberzahlmstr. vom II. Bat. 1. Oberelsäss. Inf. Regts. Nr. 167, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. v
Königlich Bayerische Armee.
München, 4. März. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des König⸗ reichs Bayern Verweser, haben Sich unterm 3. d. M. Allerhöchst bewogen Pälennten⸗ nachstehende Personalveränderungen bei den Beamten der Militärverwaltung Allergnädigst zu verfügen: den Senatspräsidenten Ritter v. Habel des Bayer. Senats beim Reichsmilitärgericht mit der Wirksamkeit vom 1. April d. J. mit der esetzlichen Pension auf Ansuchen in den dauernden Ruhestand zu versetzen; den Oberstabs⸗ veteriär Schwarz beim Remontedepot Fürstenfeldbruck wegen
1“
nachgewiesener Dienstunfähigkeit auf Ansuchen in den dauernden Ruhestand zu „versetzen unter Anerkennung seiner Dienst⸗ leistung; den Militärgerichtspraktikanten Christoph, Leutnant der Res. des 6. Feldart. Regts., mit der Wirksamkeit vom 1. März d. J., zum Kriegsgerichtsrat bei der 3. Div. in etatmäß. Eigenschaft zu er⸗ nennen; den Rechnungsrat 11“ Administrator des Re⸗ montedepots Benediktbeuern, mit der Wirksamkeit vom 1. März d. J. zum Rat der Remontedepotverwalt. bei der Remonteinsp. in etatmaß. Weise zu befördern. 11“ — Reichsmilitärgericht.
ärz. Schumacher, Obersekretär, Geheimer Rechnungs⸗ rat, Conrad, Obersekretär und Kanzleidirektor, Kanzleirat, — auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 10. März.
„Aus Anlaß des gestrigen Jahrestages des Todes weiland Seiner Majestät Kaiser Wilhelms I. legte Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz im Namen Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin und in seinem eigenen Namen im Mausoleum zu Charlottenburg Kränze nieder.
„Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß füͤr Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für das Landheer und die Festungen sowie der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.
8 L2. 8 1““ 1u“
Der hiesige Kaiserlich russische Botschafter Graf von der Osten⸗Sacken hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Botschaftsrat von Scheb die Geschäfte der Woisehe
T. B.“ ist S. M. S. „Sperber“ ranzösisch⸗Congo) eingetroffen und anana und Boma (Congostaat)
Laut Meldung des „W. am 7. März in Libreville ( geht heute von dort nach in See.
S. M. S. „Iltis“ ist gestern in Tsingtau eingetroffen.
Helgoland, 10. März. Seine Majestät der Kaiser
und Ranigctraf W W. zufolge, gestern nachmittag auf
dem Linienschiff „Deutschland“ vor Helgoland ein und landete an der Gemeindebrücke. Nach der Besichtigung der Hafen⸗ anlagen und nach einem Vortrag über die Schutzbauten erfolgte die Auffahrt durch den Tunnel und ein Rundgang auf dem Oberlande bis zur Kommandantur. Gegen 6 Uhr trat Seine Majestät mit der „Deutschland“ die Fahrt nach Bremerhaven
an, woselbst diese Nachts 12 ⁴ Uhr eintraf und auf der Reede vor Anker ging.
Hessen.
Die Zweite Kammer hat in ihrer gestrigen Nachmittags⸗ sitzung, „W. T. B.“ zufolge, den Kommissionsantrag auf Er⸗ höhung der Einkommensteuer um 15 Prozent und der Vermögenssteuer um 20 Pfennige pro 1000 ℳ Hehmm 9 1
Oesterreich⸗Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte in der gestrigen Sitzung die erste Lesung der Finanzvorlage fort.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ betonte der Finanzminister Dr. von Bilinski, daß die Regierung angesichts des entschiedenen Widerstands des Hauses die geplante Biersteuererhöhung habe fallen lassen und einen neuen Finanzplan eingebracht hätte. Seitdem einige Landtage die Biersteuer erhöhten, werde mehrfach die Notwendigkeit der Gessbun zugegeben. Die Regierung werde abwarten, ob sich das Haus in dieser Richtung äußern werde, doch würden ohne Er höhung der Biersteuer den Ländern größere Summen nicht überwiesen werden können. Gegenüber der Behauptung des Abg. Renner, daß die Regierung jeden Tag etwas anderes von ihrem Finanzprogramm aufgebe, erklärte der Finanzminister, daß die Regierung bei dem Programm, das sie vorgelegt hat, bleibe und dafür im Ausschusse kämpfen werde. Der Minister wandte sich dann gegen
die Behauptung, ö das Defizit nur fingiert sei, und daß es seine
Bedeckung in den erhöhten Erträgnissen des Zollgefälles finde. Diese Erhöhung, die auf die schlechte Ernte, auf die hohen Getreidepreise und die dadurch notwendig gewordene Weizeneinfuhr aus Rußland zurückzuführen sei, werde zum großen Teil durch die Ueberschreitungen
des Kriegsministeriums, das doch das Gros seiner Ausgaben für den
Getreideeinkauf verwende, aufgewogen. Auch durch Ersparnisse könne das Defizit nicht beseitigt werden. Daß die Lage der österreichischen Finanzen keine günstige sei, ergebe sich auch aus der in den letzten Tagen eingebrachten Kreditvorlage. Hierbei betonte der Minister, daß er der von dem Abg. Renner in der letzten Sitzung des Hauses eäͤußerten Anschauung, daß Oesterreich schon bankrott sei, nicht zu⸗ Fegair, Wenn man bedenke, daß die Einnahmen und Ausgaben rund fünf Milliarden betragen, 97 sei ein Ausfall von 70 Millionen demgegenüber verhältnismäßig klein, so schwer es auch den Steuer⸗ trägern falle, diesen Ausfall zu bedecken. Schuld an der gegenwärtigen Finanzlage seien die absteigende Konjunktur und die erhöhten Heeres⸗ und Marineforderungen im Zusammenhang mit den durch die jüngsten politischen Verwicklungen notwendig werdenden Ausgaben, die mangels vorliegender Delegationsbeschlüsse aus den Kassenbeständen durch Vorschüsse gedeckt worden wären, deren Rückzahlung jetzt dringend erforderlich sei. Hinsichtlich der Marineforderungen erklärte der Finanzminister, daß die der Marineverwaltung geleisteten Vorschüsse nicht für den Bau von Dreadnoughts, über die so viel gesprochen werde, sondern nur für die schon im Bau befindlichen Schiffe und deren Ausrüstung bestimmt wären. Zur Stär⸗ kung der sehr erschöpften Kassenbestände sowie deshalb, weil der gegenwärtige Zeitpunkt für die Durchführung der beabsichtigten Kreditoperationen besonders günstig sei, appellierte der Minister an das Haus, die eingereichte Regierungs⸗ vorlage rasch 88 erledigen, weil die Regierung sonst genötigt wäre, zu kurzfristigen Obligationen mit höheren Zinsen zu greifen. Der Minister betonte unter Würdigung der von der Rothschildgruppe bei den Rentenemissionen geleisteten Dienste den Erfolg der jüngsten Rentenbegebung durch die Postsparkasse, durch welche kleine Kapitalisten herangezogen und der Staatskredit demokratisiert werde, und bat schließlich, die Finanzvorlage möglichst schnell behufs gründlicher Be⸗ ratung dem Ausschuß zuzuwesen.
8
— Der Bürgermeister von Wien Dr. Karl Lueger ist, einer Depesche des „W. T. B.“ zufolge, heute früh nach längerem Leiden gestorben.
Großbritannien und Irland.
Die Fecfordernisse des Marinebudgets für 1910/11 beziffern sich, nach einer Meldung des „W. T. B.“, auf 40 603,700 Pfd. Sterl. gegen 35 142 700 Pfb. Sterl. im Jahre 1909/10. Der Mehrbetrag ist hauptsächlich verursacht durch die Erhöhung des Schiffbauprogramms, die das Parlament im letzten Jahre bewilligt hat.
Für Neubauten werden 13 279 830 Pfd. Sterl. verlangt gegen 8,885 194 im Jahre 1909/10. Von diesen sind 11 850 790 Pfd. Ekerl. für den Weiterbau bereits in Angriff genommener Schiffe bestimmt, und 1429 040 Pfd. Sterl. als erste Raten für den Bau von Schiffen nach dem neuen Programm, nämlich von fünf Linienschiffen, fünf eschützten Kreuzern, zwanzig Torpedobootszerstörern und einer Anzahl von Unterseebooten, die 750 000 Pfd. Sterl. kosten sollen, und von zwei Schwimmdocks, die jedes Kriegsschiff auf⸗ zunehmen vermögen, und die bis 1911 fertiggestellt werden sollen. Das eine dieser Docks ist für Portsmouth, das andere für Medway bestimmt. Der Personalbestand wird um 3000 Mann erhöht werden, und es ist Vorsorge für ein neues Trockendock in Portsmouth ge⸗ troffen. Mit dem 31. März 1910 werden folgende Schiffe vollendet und für den Dienst verfügbar sein: Linien⸗ schiffl, zwei nicht geschützte Kreuzer, neun Torpedoboots⸗ zerstörer, sechs Küstentorpedobootszerstörer und 16 Unterseeboote, Am 1. April 1910 werden im Bau begriffen sein: Sieben Linien⸗ schiffe, drei Panzerkreuzer, neun geschützte Kreuzer, zwei nicht geschützte Kreuzer, 37 Torpedobootszerstörer, neun Unterseeboote, von denen ein Linienschiff, ein Panzerkreuzer, ein nicht Kreuzer, fünf ge⸗ schützte Kreuzer, N ha. eth. 0690 ttörer und 4 Unterseeboote voraussichtlich am 31. März 1911 fertiggestellt sein werden.
— Im Oberhause gab gestern Lord Rosebery die Erklärung ab, wenn das Haus seinen am 24. Februar an⸗ gekündigten Vorschlag, sich als Komitee zu konstituieren, um die besten Mittel einer Reform seiner gegenwärtigen Organi⸗ sation zu erwägen, annähme, würde er folgende Resolutionen einbringen:
1) Eine starke, aktionsfähige zweite Kammer ist nicht nur ein integrierender Bestandteil der Verfassung, sondern ist für das Wohl des Staates und das parlamentarische Gleichgewicht ein notwendiges Erfordernis. F
2) Eine solche Kammer kann am besten durch eine Reform und Neukonstituierung des Oberhauses gewonnen werden.
3) Die notwendige Vorbedingung für eine solche Reform und Neukonstituierung ist die Annahme des Grundsatzes, daß der Besitz der Peerswürde an sich nicht länger das Recht gibt, dem Oberhause als stimmberechtigtes Mitglied anzugehören.
Das Unterhaus hat gestern, obiger Quelle zufolge, nach dreitägiger Debatte einstimmig die im Budget festgelegte Effektivstärke der Armee bewilligt. Auf eine im Laufe der Sitzung von dem Abgeordneten Byles an den Ersten Lord der Admiralität Mac Kenna gerichtete Anfrage, ob die Er⸗ klärung des deutschen Reichskanzlers in der Reichstags⸗ sitzung am 5. d. M. bezüglich der englisch⸗deutschen Beziehungen das dem Parlament vorzulegende Flottenbudget in einschränkender Weise beeinflussen würde, erwiderte dieser:
Der freundliche Ton der Rede des deutschen Reichskanzlers wird herzlich erwidert; aber ich muß darauf hinweisen, daß unsere Flotten⸗ budgets nicht auf die Annahme basiert werden, daß andere Nationen beabsichtigen, uns gegenüber unfreundlich zu sein, oder daß wir beabsichtigen, gegen sie unfreundlich zu sein. Sie werden aufgestellt, um den Stand unserer Seemacht zu erhalten, und hängen von den tatsächlichen Flottenausgaben anderer Mächte ab. 8 nichts davon, 8s irgendwelche öffentlichen Erklärungen deutscher Minister irgendeine bsicht angedeutet hätten, die gesetzlich festgelegten Ausgaben
deutschen Flottenprogramms abzuändern. v“
Frankreich.
Der König Eduard ist, „W. T. B.“ abend von Paris in Biarritz eingetroffen.
In dem gestern abgehaltenen Ministerrat machte der Justizminister Barthou Mitteilung von der Verhaftung des Liquidators Duez. Der Ministerrat billigte das Dekret, wonach Finanzinspektoren zur Verfügung des Untersuchungs⸗ richters gestellt werden, um ihn in der Klarstellung der Tätig⸗ keit der Liquidatoren zu unterstützen.
Die Senatskommission für die Untersuchung der Liquidation der Güter der aufgelösten Kongregationen be⸗ schäftigte sich gestern mit der Angelegenheit Duez. Die Kommission gab nach dem Bericht des „W. T. B.“ der Ansicht Ausdruck, daß das Gericht damit, daß es 148 Liquidationen nur drei Liquidatoren übertragen hätte, einen schweren Fehler begangen habe. Es wurden dann Anträge angenommen, 8 denen entersucht werden soll, unter welchen Umständen und dur wessen Fürsprache Duez zum Liquidator ernannt und in seinem Amte erhalten wurde. Ferner soll die Regierung aufgefordert werden, festzustellen, ob die Zahlungen der Liquidatoren regel⸗ mäßig erfolgen und welche Verwendung die einzelnen Gelder
finden. Rußland.
Wie das „W. T. B.“ meldet, hat der Finanzminister Kokowtzow im gestrigen Ministerrat beantragt, die Zucker⸗ produktion für 1910/11 auf 82 Millionen Pud festzusetzen.
8
Spanien.
Der Ministerpräsident Canalejas und der General Marina hatten, „W. T. B.“ zufolge, gestern eine längere Besprechung über die Politik, die zur Sicherung der Ruhe und des Friedens in Marokko zu befolgen sei.
Bulgarien.
Die Sobranje hat gestern, wie das „W. T. B.“ meldet, mit Akklamation die von den Anhängern der Regierung ein⸗ gebrachten Dringlichkeitsanträge auf Einleitung einer Unter⸗ suchung gegen mehrere Minister des früheren Stambulowschen Regimes wegen des von diesen begangenen
zufolge, gestern
Amtsmißbrauchs angenommen.
Norwegen.
Das Storthing hat, wie das „W. T. B.“ berichtet, in der gestrigen Sitzung mit 97 gegen 24 Stimmen beschlossen,
den Abgeordneten für die Session eine Remuneration von 3000 Kronen sowie eine Reisevergütung der Ferien zu bewilligen. 8 Amerika. v Wie der „New York Herald“ meldet, sind die Zoll⸗ tarifunterhandlungen der canadischen Regierung mit der amerikanischen Tarifbehörde beendet, ohne daß eine Einigung erzielt worden ist. Afrika. Nach Meldungen des „W. T. B.“ sind im Laufe der
estrigen Nacht Vorposten einer französischen mobilen von etwa 800 Leuten der Zaer, die zum Teil be⸗
ritten waren, angegeifan worden. Der Ueberfall wurde ohne Verluste auf französischer Seite abgeschlagen.
Auf Anordnung Mulay Hafids sind Mulay Kebir alle diejenigen seiner e deren er unbedingt benötigt, entzogen worden. Die Maßregel wird auf die Besorgnis zurück⸗ geführt, daß Mulay Kebir zu große Macht erlangen könnte.
Parlamentarische Nachrichten.
Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Der Reichstag setzte in 8— heutigen (689 Sitzung, welcher der Staatssekretär des Reichspostamts raetke bei⸗ wohnte, die Spezialberatung des Etats der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung mit dem Titel „Gehalt des Staatssekretärs 44 000 ℳ“ fort.
Abg. Zubeil (Soz.): Die Postverwaltung hat in rücksichtslosester Weise Hilfsarbeiter, die sich mit 2,50 ℳ täglich begnügen müssen, lediglich um zu sparen, auf die Straße gesetzt. Brutaler kann auch der selbstsüchtigste Peide. nicht vorgehen. In einem Bezirk traf dieses Los 30 Hilfsarbeiter, sodaß 315 Stunden täglicher Dienst mehr von den übrigbleibenden Beamten und Arbeitern werden müssen. In demselben Bezirk hat man im etzten Jahre die Stellen für obere und mittlere Beamte auffallend vermehrt. Die Beamten griffen zur Selbsthilfe und veranstalteten am 18. April 1909 eine große Versammlung in Berlin. Dort wurden sehr herbe, aber zutreffende. Worte der Kritik gegen die Ver⸗ waltung und gegen die Parteien, die ihr das Sparsystem predigen, laut. Das paßte wiederum dem obersten Chef der Verwaltung nicht, und er ging zu Maßregelungen über. Der Oberpostassistent . der die „Deutsche Postzeitung“ redigiert, wurde wegen seiner angeb⸗ lichen „Hetze“ im Disziplinarverfa hren auf Entlassung aus 8. Amte verklagt. Er soll der konservativen Seite näherstehen als einer anderen, aber er ist der Verwaltung unbequem geworden, und man wollte in ihm auch den Postassistentenverband treffen. Zollitsch hat 21 Jahre tadelloser Dienstzeit hinter sich; die Disziplinar⸗ kammer hat ihn zur Strafversetzung unter Verminderung des Diensteinkommens um ⅛ und in die baren Auslagen des Ver⸗ fahrens verurteilt. Mit diesem Urteil nnß sich der Staats⸗ sekretär vorläufig begnügen. Noch rücksichtsloser geht der Staats⸗ sekretär gegen die Arbeiter und ihre Organisationen vor. Da kann er direkt eingreifen, wie es B des Telegraphenarbeiters Vallentin geschehen it. Auch dieser Arbeiter hat 6 Jahre seinen zur vollsten Zufriedenheit getan. Er wurde im Sep⸗
1909 plötzlich entlassen; zwei Zeitungsartikel, von
einer eine Sympathieerklärung für Zollitsch ent⸗ waren die Ursache. Die Behörde verlangte von ihm, zu erklären, daß er die beiden Artikel in der „Telegraphie“ nicht ge⸗ lesen habe. Er kam dieser Aufforderung nach. Als er aber eine Ver⸗ sammlung einberief, die sich über die Notwendigkeit von Lohn⸗ aufbesserungen unterhalten wollte, wurde er aufgefordert, die Versamm⸗ lung rückgängig zu machen. Er weigerte sich dessen, weil er nur Beauftragter des Arbeiterausschusses sei. Die Versammlung fand statt; Vallentin referierte. 2 Tage darauf wurde er auf das Telegraphenbauamt berufen und von ihm verlangt, er solle seine Ausführungen widerrufen. Die Arbeiter hätten ausreichende Anfanglöhne und Hätten keinen Grund zur Klage. Jeder, der auf seine Chre etwas hält, wird eine solche Zumutung entrüstet zurückweisen; Vallentin sollte sich sozusagen selbst kastrieren und zum Schurken an seinen Arbeitskollegen werden. Auf seine Ablehnung wurde ihm gekündigt. Die Postbehörde geht aber noch weiter, sie züchtet Spitzel und dirigiert sie in die Arbeiter⸗ versammlungen. In einer solchen, die im Oktober in Stettin statt⸗ fand, teilte ein Arbeiter mit, er sei von der Oberpostdirektion auf⸗ gefordert worden, hinzugehen, genau zuzuhören und der Behörde mitzu⸗ teilen, was gesprochen sei und wer gesprochen habe. Dem Mann ist die Schamröte ins Gesicht gestiegen und er gab der Wahrheit die Ehre, indem er aussprach, zu welchen unsauberen Zwecken ihn die Behörde her⸗ geschickt habe. CRI1“.“ erklärte, daß der Redner solchen Ausdruck nicht gebrauchen dürfe.) Ich war bisher immer der Mei⸗ nung, daß man eine solche Handlungsweise so bezeichnen dürfe. (Der Präsident wiederholte seine Rüge.) Dann wird die Verwaltung ja selbst wissen, was sie mit diesem Ausdruck zu machen gedenkt.
(Schluß des Blattes.)
Die
Dienst tember denen hielt,
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Deutsche Holzarbeiterverband in Berlin hat, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, in der Nacht zum Mittwoch mit großer Mehrheit beschlossen, den zwischen den Vertretern der Arbeitgeber
Gewerkverein und christl. Gewerkschaft) abgeschlossenen neuen Tarifvertrag auf drei Jahre anzunehmen. Der neue Ver⸗ trag läuft am 15. Februar 1913 ab. Durch diesen Beschluß ist der Friede gesichert, denn in 22 anderen Städten ist ebenfalls ein neuer Tarifvertrag schon zu stande ge⸗ kommen. Für das Berliner Lohngebiet gelten folgende Haupt⸗ bestimmungen; „Der Vertrag gilt für alle Betriebe Groß⸗Berlins. Die wöchentliche Arbeitszeit heträgt 51 Stunden. Die vertrag schließenden Parteien erkennen sowohl Lohn⸗ wie Akkordarbeit nebeneinander als ortsüblich an. Wo bisher ausschließlich in Lohn gearbeitet wurde, bleibt die Lohnarbeit bestehen. Lohn⸗ und Akkordsätze werden vom 1. Oktober ab um 5 v. H. erhöht. Wo günstigere Bedingungen bestehen, behalten diese Geltung. Mindeft⸗ abschlagszahlung an Akkordarbeiter wöchentlich 27 ℳ für solche, die in den letzten 6 Wochen durchschnittlich 28 ℳ wöchentlich ver⸗ dienten; bei 33 ℳ. Akkordverdienst 30 ℳ; bei 36 ℳ gleich 33 ℳ usw. Kündigungsfriste sind beiderseits ausgeschlossen. Akkordarbeiter sind verpflichtet die übernommenen Arbeiten fertig zu stellen.é Bei außertariflichen Arbeiten wird der vereinbarte Lohn garantiert. Bei Minderleistungsfähigkeit kann der Akkord aufgehoben werden. In allen Betrieben sind Lohnbücher einzu⸗ führen. Der paritätische Arbeitsnachweis in der Gormannstraße 13, ist in erster Linie zu benutzen. Zivilrechtliche Ansprüche an die beiderseitigen Verbände sollen aus diesem Vertrag nicht erhoben werden können.“ Die Arbeitgeber im Berliner Holz⸗ gewerbe haben gestern abend in einer Generalversammlung den von der Tarifkommisston vereinbarten Tarifvertrag grundsätzlich ange⸗ nommen. Zurückgestellt wurden nur drei Punkte, die sich auf Arbeits⸗ nachweis und Schlichtungskommission beziehen. In diesen Punkten sollen . die Parteien über eine andere Fassung einigen. Am Diens⸗ tag soll dann in einer neuen Versammlung der gesamte Vertrag an⸗ genommen werden.
Die Arbeiter der Adlerbrauerei in Cöln (vgl. Nr. 58 d. Bl.) nahmen, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mitteilt, gestern vormittag die Arbeit einmütig wieder auf, nachdem in der vorgestrigen Verhandlung die Zusicherung gegeben wurde, daß die angeführten Mißstände beseitigt werden, daß Freitag, längstens Montag, in die Tarifverhandlungen eingetreten werde, um einen Ausgleich den anderen Städten gegenüber zu schaffen, und daß auf keinen der an dem Ausstand beteiligten Ar⸗ beiter irgend ein Druck ausgeübt werden soll. .
Ungefähr 120 Arbeiter der Pianofortefabrik von August Förster in Löbau baben, wie der „Voss. Ztg.“ aus Görlitz tele⸗ Vephiert wird, die Arbeit eingestellt, weil ihnen ihre Forderungen:
erkürzung der Arbeitszeit, Lohnerhöhung um 10 v. H. und Wieder⸗ einstellung der entlassenen Arbeiter nicht bewilligt wurden.
Gestern fand in London, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Kon⸗
ferenz des Bergarbeiterverbandes von Großbritannien
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und Arbeitnehmer (Deutscher Holzarbeiterverband, irsch⸗Dunckerscher
statt, die sich mit der Frage der Unterstützung der Bergleute von Südwales in ihren Streitigkeiten mit den Bergwerksbesitzern be⸗ schäftigte. Es wurde beschlossen, die Entscheidung zu vertagen, bis die Vertreter des Verbands sich mit dem Exekutivkomitee der Berg⸗ leute über die Herbeiführung einer Einigung beraten haben.
Kunst und Wissenschaft.
Wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, hat der Unterausschu der Marinekommission des Kongresses beschlossen, den Nordpolfahre Peary nicht auszuzeichnen, bis er weitere Beweise für die Erreichun des Nordpols vorgelegt habe. 8
Literatur.
Die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart hat eine neue billige Ausgabe der „Briese Helmuth von Moltkes an seine Braut und Frau“ in einem Bande veranstaltet. Das prächtige Buch läßt den Leser tiefe Blicke ins Innenleben des wortkargen Mannes tun. Nicht der Feldherr, sondern der edle, charakterfeste, im tiefsten Wesen bescheidene, in frommer Selbstzucht arbeitende, von warmer Menschenliebe beseelte Mensch kommt in diesen Briefen zu Wort. Die ersten fallen in das Jahr 1841, die letzten in das Todes⸗ jahr der Gattin, in das Jahr 1868. Innerhalb dieser Zeit vollzog sich die Entwicklung Moltkes aus bescheidenen Anfängen zum ruhm⸗ gekrönten Feldherrn. Dem Leser dieser Briefe wird sich ein Vergleich mit denen Bismarcks aufdrängen, er ist für die Charakteristik der beiden großen Mitbegründer der Einheit auch in hohem Grade bezeichnend. So verschieden beide Naturen waren, so vers ieden ist deren Ausdruck auch in ihren Briefen. In Bismarcks Briefen überwiegt das Temperament, das scharfe Urteil, während in denen Moltkes eine fast leidenschaftslose Wiedergabe der Geschehnisse auffällt, ein Sinn auch für das b“ und ein gewisser Hang, zu belehren und zu dozieren. Was bei beiden aber menschlich 52 wohltuend berührt, ist die Tiefe des Gemüts, die Wärme des Gefühls, die wohl die Mehrzahl der Leser weder bei dem „eisernen Kanzler“ noch bei dem „Schlachtendenker“ zu finden vermuteten. Der Verlag hat sich mit dieser billigen Ausgabe (5 ℳ), die in einer reichbemessenen Auswahl alles Wichtige in durchaus würdiger Ausstattung enthält, ein unstreitiges Verdienst erworben, das hoffentlich durch eine weite Verbreitung des Buches Anerkennung und Lohn finden wird. —— Im Verlage der Universitätsbuchhandlung von Carl Winter in Heidelberg sind zwei Bücher von J. M. Stowasser erschienen: Griechenlyrik in deutsche Verse übertragen und Röm erlyrik in deutsche Verse übertragen (geb. 5 ℳ). — In den beiden von dem Verlag sene eschmackvoll ausgestatteten Bänden steckt eine jahrelange, mit großem Fleiß, mit augenscheinlicher Liebe und auch nicht ohne Geschick geleistete Arbeit; dennoch dürften diese Uebertra ungen kaum den von dem Verfasser erhofften Beifall finden. Das nteresse für das klassische Altertum ist ja augenblicklich durch mancherlei moderne Strömungen überhaupt zurückgedrängt und leider zu sehr auf den Kreis derjenigen beschränkt, die sich mit ihm beruflich zu beschäftigen haben. Dazu kommt, was diese Bücher besonders anlangt, noch mancherlei, was ihnen wenig günstig sein dürfte. Die moderne Lyrik ist der des klassischen Altertums an Tiefe des Gefühls und Stoffreich⸗ tum so gewaltig überlegen, daß das allgemeine Interesse an dieser schon deshalb zurücktreten muß. Das gilt sowohl für die griechische, trotz ihrer Formenschönheit und ihrer Ursprünglichkeit, wie für die römische, die, obwohl abgeleitet, dem modernen Empfinden zwar näher, seinem modernen Ausdruck aber so sehr nachsteht, daß ihr gegenüber das kulturgeschichtliche ö stärker ist als das ästhetische. Die großen grecicha Tragiker haben die Zeiten überdauert, die bedeutenden griechis en Lyriker sind in ihr verblaßt und Rom hat wirklich große ichter überhaupt nicht hervorgebracht. Ferner: gerade eine Haupt⸗ zierde dieser alten Lyrik, ihr eigenartiger Formreichtum erschwert es unserer Zeit, sie wirklich zu genießen. Gegen die alten Versmaße sträubt sich die deutsche Sprache und jede freie Uebertragung bleibt ein Notbehelf. Der Herausgeber der vorliegenden Bücher hat sich, wie das vor ihm schon andere mit mehr oder weniger Glück versucht haben, in seinen Uebertragungen mannigfacher der deutschen Sprache naturgemäßerer Vers⸗ maße, vielfach sogar des Reimes bedient. Unter den zahlreichen Uebertragungen in den beiden Bänden sind einige, die wie deutsche Gedichte anmuten; in vielen ist aber die große Schwierigkeit, die der Er⸗ füllung des Wunsches, möglichst wörtlich zu verdeutschen und doch etwas zustande zu bringen, nicht über⸗ wunden. a alle, die sich ernstlich mit der alten klassischen Literatur beschäftigen, selbstverständlich zu den Originalen greifen und da der größte Teil der antiken Lyrik weitere Kreise ästhetisch nicht mehr fesselt, hätte der Verfasser vielleicht besser nur eine kleine ge ichtete Auswahl aus seinen Uebertragungen der Oeffentlichkeit übergeben. Eine solche hätte vielleicht auch Primanern humanistischer Gymnasien in die Hand gegeben werden können; die vorliegende Sammlung ist dazu wegen des Inhalts vieler Gedichte, namentlich der Römerlyrik, nicht geeignet.
— Kurt Fram: „Die Hagestolze“. Humoristischer Roman. Mit Vollbildern von Fr. v. Bayros. S. Schottlaenders Schlesische Verlagsanstalt Berlin W. — Die Hagestolze ist eine junge schöne Amerikanerin, eine geschiedene, lebenslustige Frau. Der Held des Buches umwirbt sie in 9 Kapiteln und erobert sie im zehnten. Er benimmt sic für seine 38 Jahre erstaunlich kindisch, und seine Freunde sowie seine Abenteuer sie- von zweifelhafter Art. Er würzt seine Geschichte mit etwas schlüpfrigen Bemerkungen, ist aber im Grunde ein so „guter Kerl“, daß man ihm die Amerikanerin herzlich gönnt. Das Buch hat einen angenehmen Druck und ist bei bescheidenen An⸗ sprüchen etwa als Reiselektüre zu gebrauchen.
— Unter dem Titel „Der Staatsbürger“ erscheint vom zweiten Quartal d. J. ab im Verlage Fr. Wilh. Grunow Leipzig⸗ Berlin, eine Halbmonatsschrift für politische Bildung, herausgegeben und geleitet von dem Münchener Privatdozent für Nationalökonomie Dr. Hanns Dorn. Als Mitherausgeber zeichnen der Leipziger Schuldirektor, Professor Dr. E. Groth und der Bayerische Regierungsdirektor Dr. L. Wappes. Eine Reihe hervorragender Professoren der Staatswissenschaften, höhere Verwaltungsbeamte und Schulmänner haben ihre Mitarbeit zugesagt. Die ersten Hefte werden u. a. Beiträge enthalten von Joseph Kohler, Karl Lamprecht, eefee von Hoffmann⸗Posen, Professor Biermer⸗Gießen u. a.
ie Zeitschrift soll nicht nur den Fragen des staatsbürger⸗ lichen Unterrichts ihre Aufmerksamkeit widmen, sondern das ganze Gebiet der Rechts⸗, Staats⸗ und Whietscafüswisen chaften unter dem Gesichtspunkte staatsbürgerlicher Bildung in ihr Arbeitsbereich ziehen. Neben einer eingehenden Gesetzes⸗, Parlaments⸗, Kongreß⸗ und Städtechronik wird die Zeitschrift in einer umfassenden Biblio⸗ raphie fortlaufend über die gesamte deutschsprachliche Buch⸗ und eitschriftenliteratur ihres Arbeitsgebiets unterrichten. Sie will so nicht auf den staatsbürgerlichen Bildungszweck beschränkt bleiben, sondern allen im öffentlichen Leben tätigen Persönlichkeiten ein Hilfs⸗ mittel für amtliche und politische Arbeit werden. Der Abonnements⸗ preis soll vierteljährlich 2 ℳ betragen.
Verkehrsanstalten. “
Die Zollinhaltserklärungen zu Postpaketsendungen nach Serbien müssen von jetzt ab in französischer Sprache ausgestellt werden und folgende Angaben enthalten: 1) Namen und Vornamen des Empfängers und Bestimmungsort, 2) Nummer der Pakete, 3) Art, Beschaffenheit, Handelsbezeichnung, Menge und Wert der Waren sowie Roh⸗ und Reingewicht der Pakete, 4) Ort und Tag der Ausstellung, Namen des Absenders, 5) Ursprungsort der Waren. Un⸗ enaue Angaben über die Art und Beschaffenheit der Waren haben sreng Strafen gegen den Empfänger zur Folge; dieser kann jedoch die ngaben bis zur Verzollung vervollständigen. 1 .
Die Verzollung in Serbien erfolgt künftig in Anwesenheit des Empfängers oder seines Beauftragten. Wünscht der Ab⸗ sender, daß eine Sendung durch Vermittlung der serbischen Postverwaltung verzollt werde, so hat er dies auf der Sendung und der Begleitadresse e anzugeben. Die serbische Postver⸗ waltung macht darauf aufmerksam, daß in solchem Falle die Ver⸗
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