1910 / 86 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Apr 1910 18:00:01 GMT) scan diff

8 E114“ 1u14““ der Dr. Liebknecht, mit Inwendung si 1b gedroht. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Wahlrechtsdemon⸗ strationen neben diesem einen Zweck auch noch einen anderen Zweck verfolgen. Sie stellen die Vorübung dar für die Mobilmachung der Massen, für die Anwendung dieser stärkeren Mittel, die ihrer Natur nach nur revolutionär sein, im politischen Massenstreik bestehen können. Ich glaube, die Herren, die diese Drohung hier aussprechen, sind sich der vollen Verantwortung. da nicht bewußt. Solche revolutionären Versuche müssen mit der vollen Autorität des Staates, mit der ganzen Schärfe der Staatsautorität, nötigen⸗ falls mit dem Schwert unterdrückt werden. (Großer Lärm und Zurufe von den Sozialdemokraten; Glocke des Präasidenten, Präsident von Kröcher: Herr von Zedlitz hat jetzt das Wort! Erneute Zwischen⸗ rufe. Präsident von Kröcher: Ich hitte, die Zwischenrufe in dieser Form zu unterlassen.) Ich werde mich dem Präsidenten gegenüber dadurch dankbar erweisen, daß ich kurz bin und mich mit den Sozzal⸗ demokraten nicht weiter befasse. Auch meine Freunde sehen keinen Anlaß, jetzt von der Stellungnahme, die sie bei der dritten Lesung für richtig gehalten haben, abzugehen. Sie werden in der Mehrzahl mit den wenigen Ausnahmen wie damals gegen die Vorlage stimmen, und zwar jetzt auch gegen jeden Paragraphen, während wir das vorige Mal, um unseren grundsätzlichen Standpunkt für das Dreiklassensystem zu dokumentieren, für den § 6, trotz be für uns nicht annehmbaren Form, gestimmt haben. Die große Mehrzahl meiner Freunde steht auf dem Standpunkt, daß die öffent⸗ liche Wahl der geheimen Wahl vorzuziehen sei. Andere sind der Meinung, daß die geheime Wahl nur dann nutzbringend und ganbar ist, überhaupt nur zugelassen werden kann, wenn die schweren Miß⸗ stände, die das Dreiklassenwahlsystem jetzt zeitigt, beseitigt werden, ferner wenn die den staatserhaltenden Parteien abträglichen Wirkungen nach Möglichkeit abgeschwächt werden. In letzterer Be⸗ ziehung kommt vor allem in Betracht die Aufrechterhaltung der Drittelung in den Urwahlbezirken durch die Beschlüsse der zweiten und dritten Lesung. Diese müßte jedenfalls aufgegeben werden, denn sie führt zu einer Begünstigung nicht nur des Zentrums, sondern vor allem der Polen und der Sozialdemokraten, entspricht daher den Inter⸗ essen einer staatserhaltenden Politik durchaus nicht. Unsere Be⸗ denken werden wesentlich verschärft durch die Zusammensetzung der Majorität, von der jene Beschlüsse gefaßt sind. Wir legen Wert darauf, daß das Dreiklassenwahlrecht möglichst fest fundamentiert wird gegen den Ansturm von seiten der Anhänger des Reichstags⸗ wahlrechts. Dies kann aber nur geschehen, wenn das Zentrum inner⸗ lich mit den jetzigen Beschlüssen sympathisiert und nicht die erste Gelegenheit abwartet, um wieder eine Aenderung zu treffen. Die Vorlage würde, wenn sie mit solcher Mehrheit Gesetz werden sollte, nur eine Etappe auf dem Wege zum Reichstagswahlrecht sein. Der Riß, der aus Anlaß der Reichsfinanzreform zwischen den bürger⸗ lichen Parteien entstanden ist, würde nur noch tiefer werden, und mit dem harten Parteigegensatz zwischen rechts und links würden wir nur die Geschäfte der Sozialdemokraten machen. Das ist doch wahrhaftig nicht die Aufgabe staatserhaltender Politik. Heute liegt der Schwerpunkt der Entscheidung bald bei den Konser⸗ vativen, bald beim Zentrum, bald bei den Mittelparteien. In dem Augenblick, wo ein so tiefer Riß zwischen rechts und links entsteht, wo ein Zusammenwirken zwischen Nationalliberalen und Konser⸗ vativen nicht mehr möglich ist, werden die Konservativen in der Regel auf das Zentrum angewiesen sein. Der Schwerpunkt wird von den Konserdativen auf das Zentrum überrücken. Im Interesse des ganzen Staates, im Interesse des konfessionellen Friedens sind vir nicht in der Lage, den Beschlüssen unsere Zustimmung zu geben, unsererseits eine solche Vorlage zu unterstützen. Wir nicht die mindeste Veranlassung, die große Ver⸗ antwortung derjenigen, die die Vorlage angenommen haben oder noch annehmen werden, durch unsere Zustimmung in irgend einer Weise zu erleichtern. Wir erwarten aber, daß die anderen Faktoren der Gesetz⸗ gebung, das Herrenhaus und die Regierung, sich der Verantwortung, die sie tragen, voll bewußt sein werden. 5 Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich würde nicht das Wort ergriffen haben, wenn mich nicht der Abg. Herold dazu nötigte. Daß die Ein⸗ richtung der Drittelung in Urwahlbezirken seit 20 Jahren besteht, ist kein Beweis für ihre Güte; es ist auch Herrn Herold nicht un⸗ bekannt, daß gerade diese Drittelung zu den lebhaftesten Angriffen egen das jetzige Wahlrecht Anlaß gegeben hat. Die Unstimmig⸗ eiten, die sie hervorgebracht at, sind so groß, daß behauptet wurde, das Wabhlrecht in Preußen sei ganz sinnlos. Be⸗ merkenswert war die Offenheit, mit der Herr Herold selbst seine letzten Gedanken ausspricht bezw. verschweigt. Er sprach von der Drittelung in Urwahlbezirken, während ich davon sprach, daß diese in Verbi mit der Maximierung eine Entrechtung der Industrie darstellt. meinen Ausführungen war es nicht zweifelhaft, daß ich nicht von der nationalliberalen Partei gesprochen habe, sondern begüterte Unternehmertum im Westen, das einen großen Teil unserer Steuer⸗ und sozialen Lasten trägt und dieselbe Berück⸗ sichtigung in den parlamentarischen Körperschaften verlangen kann, die die Großgrundbesitzer des Ostens auf Grund ihrer sczialen Ste hier finden. Wenn diese Unternehmer über⸗ wiegend naticnalliberal sind, so macht dies ihrer Intelligenz alle Ehre. Jedenfalls wird cs verdenken können, ö1n- sie in dem Zentrum ni ade ihre geeignete Vertretung sehen. Die Partei 2— die Verantwortung für ihre Beschlüsse Daß wir nicht mitmachen, kann sie uns nicht verdenken. G entr.): Der Dr. Friedberg hat mir Unauf⸗ org weil ich bei Anführung der Drittelung die nicht erwähnt hätte. Die Marximierung ist jetzt doch tlich abgeschwächt worden, indem die urspruüngliche auf 10 000 erhöht worden ist, daß ich wirklich daß der Friedberg darauf noch ein so ver egen würde. Nach der Erhöhung der Summe auf 10 000 wird die Wirh dieser Maßregel demnächst gleich null sein. Die statistischen Berechnungen, welche in der Begründung stehen, sprechen daß die Maximierung in der früheren Höhe auch nur von wesentlichem Einfluß sein würde. Wesentlich größer ist allerdings der Einfluß der Drittelung in den Urwahlbezirken. Die nationalliberale

Partei in Verbi mit der freikonservativen Partei bemüht sich darum, en Charakter des bestehenden Wahl⸗ sostems nicht nur nicht abzuschwächen, sondern zu stärken, das Dreiklassenwahlsyvstem in bezug auf die Bevorzugung des Besitzes in seiner jetzigen Gestaltung noch plutokratischer zu machen. Nur dann glauben sie eine ausreichende Vertretung finden zu können, wenn sie den

er 2s E

Schwerpunkt in die ersten Klassen legen. Es steht auch fest, daß jetzt bei der Drittelung im Urwahlbezirke in der ersten Klasse 3,82 %, in der zweiten 13,87 % wählen. Diese Zahlen sind nach Ansicht der Nationalliberalen und Freikonservativen noch zu groß, deshalb soll die Drittelung in den Urwahlbezirken fallen. Das tt emme Forderung, die so von allen modernen Anforderungen ab⸗ ict, dasß mwir ihr unmöglich zustimmen können. Der Abg. von hat h.Ahees-. an daß durch die Spaltung der dadurch, daß die Freikonservativen und National⸗

sih von den übrigen bürgerlichen Parteien trennten,

Kis in der Parteikonstellation herbeigeführt würde.

RNi igeführt wird, so bedauern und beklagen

können doch nicht verlangen, daß um diesen Riß zu beseitigen, sich vollständig der unterwersen und daß die Staatsregierung vor dieser schen und ihre eigene Vorlage preisgeben soll. Die der Kardinalpunkt, um den es sich hier handelt. nicht wollen, dann muß die Minorität sich der Wollen Sie das nicht, dann können Sie der

den Riß zwischen den Parteien in Urwahlbezirken haben sich mit 127 Stimmen

und für die Regierungs⸗

Müglteter tes Hauses gestimmt

.Dr. Friedberg (nl.): Wir haben allerdings die Maximierung aber ei it wirksamere Maßregel vorgeschlagen, nämlich die Erhöhung der Dreimarkmänner auf 5 ℳ. a⸗ durch wäre eine ürsere Besetzung der oberen Klassen herbei⸗ eführt worden. Der Antrag ist aber von dem Abg. Fon und seinen Freunden niedergestimmt worden. Wenn der Vorredner auf die Begründung der Vorlage verwies, so ist darauf zu erwidern, daß die Rechnung der Vorlage sich auf den Durchschnitt bezieht, und daß die Maximierung genau so sprunghaft wirkt, wie die Drittelung in den Urwahlbezirken selbst. Abg. Dr. Bell⸗Essen (Zentr.): Der Abg. Friedberg sucht die Sache so darzustellen, als ob seine Partei Anträge gestellt hätte, die geeignet seien, den plutokratischen Charakter des jetzigen Wahlsystems abzu⸗ schwächen. Der plutokratische Charakter des Dreiklassenwahlsystems kann durch nichts anderes abgeschwächt werden als durch die Drittelung in den Urwahlb zirken Iund es ist charakteristisch, daß Sie (links) noch in letzter Stunde Ihren ganzen Vorstoß gegen diese Dri erichtet haben. Demgegenüber hat mein Fraktionsfreund Herold schon zutreffend darauf hingewiesen, daß nur zwei Parteien die Drittelung ändern wollen, während die übrigen darin einig sind, die Drittelung in Urwahlbezirken aufrecht zu erhalten. Ich möchte als Vertreter eines industriellen Bezirkes entschieden Verwahrung dagegen einlegen, daß Industrie und Nationalliberalismus identisch sind. Kollege Friedberg hat gesagt, der Abg. Herold habe mit großer Offenheit die Absichten des Zentrums enthüllt. Noch viel offener hat die „Rheinisch⸗ Westfälische Zeitung“ die Absichten der nationalliberalen Partei enthüllt. (Zuruf: Ist gar nicht nationalliberal!) Herr Schmieding steht ihr doch sehr nabe. Sie hat als 22 der Groß⸗ industrie und der hinter ihr stehenden Nationalliberalen ausgeführt, daß die Nationalliberalen gegen die Drittelung vorgehen müßten, daß die Gefahr bestehe, die paar Mandate, die sie im Westen haben, noch zu verlieren, wenn die bisberige Drittelung der Urwahl⸗ bezirke beibehalten werde. Das ist der krasseste Parteistandpunkt. Die Nationalliberalen haben allen Versuchen, in den Ge⸗ meinden bei den Gemeindewahlen das plutokratische Prinzip abzu⸗ schwächen, widerstrebt und den Machtstandpunkt vertreten. In Cre⸗ feld wurde denn auch mit dürren Worten von jener Seite gesagt, wir halten es für unsere Pflicht, unsere liberale Mehrheit für uns zu sichern. Das Haus und die Regierung haben keine Veranlassung, zum Schutze einer bestimmten Partei eine Aenderung des Wahlgesetzes herbeizuführen. (Zustimmung im Zentrum und bei den Sozial⸗ demokraten.) Ich freue mich, daß in dieser Beziehung die Sozial⸗ demokraten meiner Meinung sind. Also das Fazit ist: das Zentrum ist (Zuruf links: Trumpf!) Nein, die Nationalliberalen möchten gern Trumpf sein. (Widerspruch bei den Nationalliberalen.) Sie wollen den Grundsatz betätigen: eg vor Wahlrecht. Abg. Schiffer (nl.): Das war eine Rede, w standpunkt darstellen sollte und keine Parteirede war! 2 war uns eine Ueberraschung vom Zentrum; ob aber der Z des Abg. Bell erreicht wird, ist mir zweifelhaft. Die 2 des Abg. Bell und die Ausführungen des Abg. Herold waren auf den Satz gestimmt: „Wer recht behalten will und hat nur eine Zunge, behält auch recht!“ Die ewige Wiederholung des Satzes, daß die Drittelung im Urwahlbezirk das beste Mittel gegen die plutokratische Wirkung des Wahlrechts sei, macht den Satz noch nicht richtig, denn er scheitert an den Zahlen der Statistik, die unwiderleglich beweist, daß die Wirkung des Gesetzes von 1893, das diese Drittelung einführte, nicht mehr als 3 ½ % Verschiebung von der zweiten in die erste Klasse gewesen ist, und daß sich dieser Prozentsatz noch um 1 % vermindert, wenn man die Wirkung des § 23 des Einkommensteuergesetzes abzieht. Es ist auch niemals der Versuch gemacht worden, diese Statistik zu widerlegen, sondern nur, sie tot zu schweigen. Warum widerlegen Sie nicht die Statistik der Regierung? Die Gesamt⸗ wirkung von nur 1 % kommt daher, daß die Wirkung eine ungleichmäßige und sprunghafte war. Sie (zum Zentrum) ver⸗ teidigen sie, nicht weil sie antiplutokratisch ist, sondern weil sie den großen Städten des Westens zugute kommt, wo sie mit einer großen Menge von Prozenten zu Buch schlägt. Im übrigen hat die Regierung selbst mit Nachdruck die Drittelung in den Urwahlbezirken aufgegeben, weil sie eine Wirkung kaum mehr habe. Nun wagen Sie es, uns vorzuwerfen, daß wir das plutokratische Wahlrecht noch verschärfen wollen. Warum wollen Sie denn nicht von den 5 wieder auf die 4 eee. Weil das im ganzen Lande wirken würde. Die Wahlrechtsvorlage in der beschlossenen Form liegt im wesentlichen im Interesse des Zentrums, das behauptet, daß es bei dieser Sache unparteiisch sei! Abg. Leinert (Soz.): Das Zentrum ist um die Begründung seiner Stellungnahme nicht verlegen. Früher sagte Herr Herold, die Marimierung sei wertvoller, als die Minimierung, heute erklärt er die Maximierung für bedeutungslos. Wenn es sich um die Belastung des Volkes handelt, drückt das Zentrum der Regierung den Daumen ins Auge; wenn es sich um Volksrechte handelt, dann greift es nicht zu, dann verlangt es im Gegenteil für die herrschenden Klasen immer noch mehr. Die Verbindung der geheimen mit der indirekten Wahl wußte Aushöhlung der geheimen Wahl. Eine geheime von den Konservativen dem Volke geschenkt wird, wo die Konserva⸗ tiven sogar der Stimme sich enthalten müssen, um sie nur überhaupt ins Gesetz hineinzubringen, ist keine geheime Wabhl, ist ein Danger⸗ geschenk. Gerade gegen die Verbindung des Zentrums mit den Kon⸗ servativen richtet sich der Zorn des Volkes. Eine wirkliche Wahl⸗ reform kann nicht mit den Konservativen, sondern muß gegen die Konservativen gemacht werden. Die Aufrechterhaltung der indirekten Wahl bedeutet schwache Beteiligung der Massen an der Wahl, Unterdrückung des politischen Verständnisses. Das Volk soll in der Dummheit erhalten bleiben. Der preußische Landtag hat als Parlament ein jämmerliches Dasein geführt, ehe die Sozial⸗ demokratie eingerückt ist; eine Bedeutung im Volke als Parlament hat es nicht gehabt. Jetzt hat das preußische Volk erkannt, daß es durch die Mehrheit dieses Hauses mißhandelt wird, durch die Mehr⸗ heitsparteien, die mit ihren Ansichten noch im Mittelalter wurzeln. Daß man vom Herrenhause eine Wahlreform für das Volk erwartet, ist eine unglaubliche Satire auf die Wahlreform. Wenn die Nationalliberalen einen Weg dafür, der Bildung usw. in dem neuen Wahlrecht eine Stätte zu verschaffen, nicht finden konnten, mußten sie für das Reichstagswahlrecht eintreten; statt dessen haben sie das gleiche Wahlrecht abgelehnt und damit dahin gewirkt, daß das Zentrum den gleichen Standpunkt verlassen und sich mit den ärgsten Feinden des Volkes verbunden hat. Die Nationalliberalen und das Zentrum tragen beide die Schuld, daß dem Volke das Naturrecht, selbst zu bestimmen, wie es regiert werden will, absolut genommen ist. Und das Schlimmste ist, daß das Zentrum sich den Konservativen selbst angeboten hat. Die Nationalliberalen haben alle Volksrechte preisgegeben, sie sind bei ihrer Unzuverlässigkeit jederzeit bereit gewesen, sich mit den Volksfeinden zu verbinden. Die Kon⸗ servativen denken über ein Zusammeng mit den Liberalen anders. Hat doch der Abg. von Oldenburg vor kurzem gesagt, daß er nicht mit diesen „koddrigen“ eralen zusammenstimmen wolle. Dieselbe Unzuverlässigkeit hat nunmehr auch das Zentrum eingenommen. In 1“ haben die Nationalliberalen und das Zentrum zusammen für das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht gestimmt. Hier verleugnen beide Parteien diesen Stand⸗ punkt, den sie in Süddeutschland für gut gehalten haben, ledig⸗

ist die be⸗ Wahl, die

—: —ie

hier in Preußen sich zu wärmen. Sie buhlen unwürdig um die Gunst der preußischen Junker, für sie ist das Junkertum ein Halbgott. Trotzdem im Auslande ßen als unanständig, als Hort der Reaktion angesehen wird, ern alle bürgerlichen Parteien um die Gunst derjenigen Junker, die diese infreibest heit und Unanständigkeit Preußens herbeigeführt haben. Herr von Richthofen hat erklärt, daß man ein Parlament schaffen wolle, bei welchem ver allen Dingen die Königstreue in den Vordergrund gestellt werden müsse, damit das König⸗ tum nicht abhängig sein soll von den Parteien oder von den Parlamenten.

lich darum, um an den Sonnenstrahlen des herrschenden Junkertums

im Zirkus Busch, das bis zum Throne hinaufreichen sollte, an die Aeußerung des Sächsischen Vaterlands“ von dem Krachen der Throne. Wenn das Königtum sich lediglich auf die Junker stützen kann, dann wird es, ebenso wie die Junkerherrschaft in allernächster Zeit ge⸗ brochen sein wird, mit den Junkern zu Grunde gehen. Es wird das neue Jena kommen. Wir wollen nicht ein —— für den König, sondern ein Parlament für das Volk. Das Proletariat marschiert auf diesem Wege. Die Demonstrationen am letzten Sonntag, wo Hundert⸗ tausende von Menschen einmütig die b2v erhoben haben, um eine

rotestresolution gegen das preußische Abgeordnetenhaus anzunehmen, aben einen überwältigenden Eindruck gemacht. Wenn die Massen der Arbeiter auftreten, dann können Sie sich diesem Zug der Massen nicht entgegenstellen. Polizei und Militär werden Ihnen dabei nicht helfen. Sie können Hunderte und Tausende niederschießen, Sie können aber nicht die Millionen von Sozialdemokraten, nicht die Millionen, die das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht fordern, totschießen. An dem ungestuüͤmen Fordern der Massen werden die Machtmittel des S Staates unbedingt zerbrechen müssen. Sie haben ja keine anderen Mittel als Militarismus und Polizei. Auch gegen diese wird das preußische Volk sich das erobein, was Sie

ihm vorenthalten haben. ; 8

Abg. Herold (Zentr.): Mir ist der Vorwurf gemacht worden, ich wäre nicht darauf eingegangen, daß der Minister des Innern seinen Standpunkt gelnderk hätte⸗ : habe ausdrücklich angeführt, daß der Minister des Innern ich bitte zu unterscheiden, ich sage nicht: die Königliche Staatsregierung in der Debatte seinen Stand⸗ punkt von heute auf morgen geändert hat. Für uns ist bei der Beurteilung der Frage der Drittelung in den Urwahlbezirken nicht im geringsten der Standpunkt maßgebend, ob oder welche Partei dadurch gewinnt oder verliert. Wir haben uns bemüht, die pluto⸗ kratische Wirkung des Wahlrechts L“ Und wenn wir unsern Antrag auf der Fünfmarkmänner fallen gelassen haben, so E es, um die Maximierung zu retten, gegen die sonst die Konservativen gestimmt hätten. ““ Minister des Innern von Moltke: 1“ Meine Herren! In den Worten des Herrn Abg. Herold wie auch anderweit begegne ich der Auffassung, als wenn in meinen Worten vom 16 März dieses Jahres ein Gegensatz gefunden würde zu der Erklärung, die der Herr Präsident des Staatsministeriums an dem⸗ selben Tage abgegeben hatte. Das ist durchaus nicht der Fall. Der Herr Präsident des Staatsministeriums hat erklärt, daß die Königliche Staatsregierung den von Ihnen gewünschten grundlegenden Prinzipien bezüglich der direkten und geheimen Wahl unter gewissen Voraus⸗ setzungen zustimmen würde, daß er sich aber bezüglich aller einzelnen übrigen Punkte, die in der Vorlage enthalten waren, nicht für gebunden erklären könne. Ein derartiger anderer Punkt war die Drittelungsfrage, undd da habe ich, und zwar nicht für meine Person, wie ich erklärt habe, sondern ermächtigt vom Staatsministerium, aus⸗ gesprochen, daß die breiterer Grundlage unterstützen würde, wenn ein solcher Antrag zur Annahme gelangte. So liegt die Sache tatsächlich. Ein Gegensatz zwischen dem Herrn Reichskanzler und mir besteht nicht. (Bravo! bei den Nationalliberalen.) Darauf wird ein Schlußantrag angenommen. Persönlich bemerkt b ““ Abg. Dr. Hirsch⸗Essen (nl.): In der Großindustrie wird, gleich⸗ viel ob sie konservativ,

behaltung der Drittelung . dung mit der Marimierung als gleichbedeutend angesehen mit der Verschließung

der Türe des Parlaments. drei ersten Paragraphen gegen die Stimmen der Linken, der

nommen. Zu § 4 erhält das Wort der

hofen⸗Mertschütz (kons.), der aufs Wort verzichtet.

Auf Antrag des Abg. von Arnim (kons.) wird die Be⸗ sprechung über diesen Paragraphen darauf geschlossen. Zum Wort ist noch der Abg. Ströbel (Soz.) gemeldet.

Abg. Ströbel (Soz., zur Geschäftsordnung): Die Annahme des Schlußantrags ist geschäftsordnungswidrig. Die Debatte kann nicht geschlossen werden, bevor sie nicht eröffnet ist, es hat aber noch kein Redner gesprochen. ¹

Präsident von Kröcher: * halte den Beschluß für richtig, sonst würde ich nicht so verfahren

Zu § 6 erhält das Wort der

Abg. Freiherr von Richthofen (kons.): Ich verzichte. 1

Ein Schlußantrag des Abg. von Arnim wird hierauf angenommen.

Abg. Hirsch (Soz.,

sordnung): Ich muß vor dem w. ier im Hause Komödie gespielt wird (Glocke des Präsidenten. Präsident von Kröcher: Komödie spielen wir hier nicht. Zurufe von den Sozialdemokraten: Doch!) Der Abg. von Arnim sieht die Rednerliste nach, und sobald zu irgend einem Paragraphen ein Sozialdemokrat gemeldet ist, springt er vor mit einem Schlußantrag. So macht man die Vertreter des Volkes mundtot.

Präsident von Kröcher: Abgeordnete springen hier im Hause nicht vor.

Zu § 8 erhält das Wort Abg. von Pappenheim (kons.): dieses Paragraphen.

Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Zum Worte gemeldet ist noch der Abg. Dr. Liebk

Abg. Dr. Liebknecht (Soz., zur Geschäftsordnung): konstatiere vor dem ganzen Lande, daß dieses sogenannte hohe Ha (Lärm. Glocke des Präsidenten. Präsident von Kröcher: J dem „sogenannt“ liegt eine Beleidigung des Hauses, ich rufe Sie zur Ordnung.) Ich konstatiere, daß dieses hohe Haus nicht einmal zwei Stunden Zeit hat für die dritte Lesung dieser wichtigen Vor⸗ lage. Es ist nicht erlaubt, hier von einer Komödie zu reden. Es ist keine Komödie, sondern ein schnödes Verbrechen.

Präsident von Kröcher: Ich bedaure, aber ich kann mir nicht helfen, ich rufe Sie zur Ordnung.

Der § 8 und der Rest des Gesetzes werden angenommen.

Vor der Gesamtabstimmung über das Gesetz im ganzen erhält das Wort

Abg. Ströbel (Soz., zur Geschäftsordnung): Ich mache den Präsidenten und das Haus darauf aufmerksam, daß geschäftsordnungs⸗ widrig vorgegangen ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß auch Präsidenten des Hauses die Geschäftsordnung nicht kannten. Nach § 54 der Geschäftsordnung ist meine Auffassung richtig. Ein Schluß⸗ e. kann selbstverständlich nur nach Eröffnung Besprechung gestellt werden, da eine nichteröffnete Besprechung nicht geschlossen werden kann. Ich befinde mich mit meiner Auffassung in Uebereinstimmung mit Plate. Es muß ein Redner zum Wort ge⸗ kommen sein, sich nicht nur formell gemeldet haben, um einem anderen Redner das Wort abzuschneiden. Im September 1862 beabsichtigte man eine Bestimmung . treffen, wonach die Besprechung nicht ge⸗ chlossen werden kann, ehe nicht ein Redner das Wort erhalten hätte.

enn auch der Antrag seinerzeit nicht angenommen wurde, so war der Berichterstatter der Kommission doch mit seiner rechtlichen Begründung vollständig einverstanden, insbesondere, daß durch die geschäftliche

Zur Geschäft Lande feststellen, in welcher Weise h

Ich empfehle die Annahme

Es gab aber Zeiten, wo das preußische Junkertum anders dachte.

316 nm Ich hoffe, daß 2 an einem luß fest⸗ mird, der mit ciner so gläng ajorität gefaßt worden ist.

Ich erinnere an die Vorfahren der märkischen Junker, an das „Pfui“

Bemerkung des Präsidenten die Debatte nicht eröffnet wird, sondern

Königliche Staatsregierung eine Drittelung auf

nationalliberal oder fortschrittlich ist, die Bei⸗ in den Urwahlbezirken in Verbindung mit

Darauf werden die Beschlüsse der dritten Lesung zu den Nationalliberalen und der Freikonservativen unverändert ange⸗ *

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Abg. Freiherr von Richt⸗

fälle.

. ist eigenartig, er entspricht wahrscheinlich dem

ein Prrtum, und ich trug sie dann wieder ein. Inzwischen hatte ich den Sozialdemokraten gesagt, es seien andere Herren nicht gemeldet,

Unwahrheit nicht nachweisen. I behalten, ob ich verzichten würde oder nicht.

nur durch eine Rede. Man hat damals der gegeben, daß das Haus so viel Takt beo meldeten Redner nicht zu täuschen. Darin

Menschenverstand.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Die Geschäftsordnung verbietet nicht, bei seiner n Komn richt 1 Satz fort⸗ Sein Inhalt pöht dahin, daß das Haus

önnte und deshalb auch

die Debatte sofort zu schließen. Der Abg. Ströbel hat Verlesung aus dem damaligen Kommissionsbericht einen gelassen, der entscheidend ist. in bestimmten Fällen das Bedürfnis haben zi Macht haben müsse, eine Abstimmung ohne Besprechung zu be⸗

Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.): Abstimmung zu schreiten ohne Debatte, so verstehe ich eigentlich nicht warum die en die ganze Sache so inszeniert haben. Wenn Sie glaubten, sofort Schluß machen zu können, sehe ich nicht ein warum sich Freiherr von-Richthofen melder und dann aufs Wort verzichtet. Es scheint Ihnen selbst doch nicht ganz wohl zu sein bei Ihrer Auslegung der Geschäftsordnung. Das Vorgehen war dem Ernst der Sache nicht angemessen. Ich muß dagegen im Namen meiner politischen Freunde aufs allerenergischste protestieren.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich stimme mit dem Abg. Dr. Porsch darin überein, daß die Beschwerdeführer mit ihrer Re⸗ tsauffassung schließlich im Irrtum sind. Aber auch meine politischen Freunde billigen es nicht, wenn in dieser Weise von der Mehrheit vorgegangen Der Abg. Liebknecht hätte aber seinen Vorwurf nicht gegen B52 Hene, ö“ sollen, sondern nur gegen die Konservativen und

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wir hatten uns sämtlich zum -, gemeldet, bevor eine Wortmeldung von den Konservativen orlag.

Präsident von Kröcher: Ich möchte zu diesem Punkt eine ge⸗ schäftsordnungsmäßige Zwischenbemerkung machen. Nach der Ge⸗ schäftsordnung können sich eigentlich Redner erst zum Worte melden nachdem die Debatte eröffnet ist. Allerdings haben wir dies hier nicht strikte durchgeführt.

Abg. Dr. Liebknecht: Nach der Praxis des Hauses waren wir also diejenigen, die zuerst zum Worte gemeldet waren. Allerdings ermöglicht es die Anordnung der Rednerliste nach der Stärke der Parteien den Konservativen, trotz späterer Wortmeldung früher als wir das Wort zu erhalten. Aber sie hatten gar nicht die Absicht, das Wort zu ergreifen. Ein solches Verfahren widerspricht jeder Loyalität. Juristisch würde hier eine Scheinerklärung vorliegen, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als den guten Sitten widersprechend nichtig wäre. Diese Vorlage geht mit einer Vergewaltigung der Mehrheit des Volkes behaftet ins Herrenhaus. 8

Präsident von Kröcher: Wegen dieser letzten Worte rufe ich

Sie zur Ordnung.

Abg. von Pappen heim (kons.): Wir hatten uns klar gemacht, daß lenderungen jetzt kaum wünschenswert sind, und eine weitere Diskussion ein praktisches Resultat nicht haben werde. Wir wollten daher nur in der Generaldiskussion eine kurze Erklärung abgeben und bei den einzelnen Paragraphen nur sprechen, wenn es zu Widerlegungen not⸗ wendig erschien. Ich hatte deshalb dem Schriftführer, der die Redner⸗ liste führte, den Auftrag erteilt, für jeden Paragraphen die von mir bezeich⸗ neten Herren zum Wort zu melden. Wir haben dann, da die Debatte neue Momente nicht ergab, auf das Wort verzichtet. Die Behauptun wir hätten den Sozialdemokraten das Wort abgeschnitten, widerspri t der Tatsache, daß die fünf Sozialdemokraten unsere Zeit länger und unnötiger in Anspruch genommen haben als das ganze übrige Haus. Wir haben sie mit größter Nachsicht reden lassen. 8

„Abg. Freiherr von Richthofen: Ich bestreite, daß ich mich lediglich zum Wort gemeldet habe, um dann zu verzichten. Ich hatte mich auch zu § 10 gemeldet, zu dem gar kein Sozialdemokrat gemeldet war. Es ist Usus, daß man sich meldet und von der Debatte es ab⸗ hängig sein läßt, ob man das Wort nimmt oder nicht. Der Vor⸗ wurf, ich hätte mich lediglich formell zum Wort gemeldet, ist unrichtig das konstatiere ich vor dem Lande; ich konstatiere weiter, daß Herr Ströbel den wichtigen Satz aus dem Kommentar weggelassen hat. Das durfte er nicht tun, sonst kommt man auf den Gedanken, er hätte geglaubt, wir würden nicht nachsehen, und er könnte etwas vor dem Lande konstatieren, was in der Geschäftsordnung nicht steht. Unser Verfahren ist formell richtig gewesen, und auch materiell sind

die Vorwürfe gegen uns unbegründet.

Abg. Ströbel (Soz.): Daß ich den Satz weggelassen habe, war leider Zufall, ich hatte im Augenblick nicht die Zeit, den ganzen langen Passus im Kommentar durchzusehen, und habe ihn nur oberflächlich gelesen. Der Satz sagt übrigens nichts Neues und bezieht sich auf Ausnahme⸗ älle. Wir haben ebenso das Recht, gehöort zu werden, wie die Konservativen, die nur halb soviel Wähler haben wie wir (Präsident von Kröcher bittet, im Rahmen der Geschäftsordnung zu bleiben.) Ich habe nur Herrn von Pappenheim geant⸗ wortet, der meinte, daß wir bei Gott genug geredet hätten. Nach Ihrer Meinung haben wir natürlich viel zu viel geredet. Sie hätten diesen Wechselbalg gern gemacht, ohne daß geredet werde, damit das Volk nicht merke, wie man sein Recht schändet. (Präsident von Kröcher: Für diesen Ausspruch rufe ich Sie zur Ordnung.) Herr Papvenheim will dem Schriftführer einen Auftrag erteilt haben: der Ausdruck To 8 H von Pappenheim auch sonst anschlägt. Fitden vhase ums Wort, die Beamten des Präsidiums sind nicht dazu da, Ihre (zu den Konservativen) Aufträge zu erhalten, sondern die Interessen des ganzen Hauses wahrzunehmen. Als ich mich zu § 4 meldete, wurde mir gesagt, es sei überhaupt niemand gemeldet, ich sei der erste. Ich stelle fest, nicht nur vor dem Hause, sondern vor dem ganzen Lande, daß hier gegenüber der Minderheit eine schnöde Vergewaltigung verübt ist. (Präsident von Kröcher: Für den Ausdruck „schnöde Vergewaltigung“ rufe ich Sie zur Ord⸗ nung.)

Abg. Dr. Liebknecht: Auch bei § 8 war niemand zum Wort gemeldet. Die Wortmeldungen waren überhaupt nicht ernstlich gemeint gewesen. Die Art, wie Herr von Richthofen sich rechtfertigt, wird im Volke Hohngelächter erregen. Wenn uns hier im Hause das Wort abgeschnitten wird, so werden wir in das Land hinausgehen und das Volk aufklären.

Abg. Dr. Friedberg: In gewissen Ausnahmefällen kann allerdings eine Debatte nicht stattfinden, aber es muß eine gewisse communis opinio des Hauses oder mindestens der größeren Parteien darüber vorhanden sein. Wenn Herr von Pappenheim noch einen Schritt weiter ginge und der Ansicht wäre, daß schon eine oder zwei größere Parteien, wenn sie die Majorität haben, so verfahren können, so würde das gegenüber einer starken Minorität die Verhandlungen in diesem Hause überhaupt tot machen können. 1

8 Abg. Itschert (Zentr.): Ich führe heute als Schriftführer die Rednerliste. Es wurde mir von den Konservativen gesagt, sie würden

nicht sprechen, und ich strich deshalb wieder die Namen. Das war

Mz Wir

also zu einer Zeit, wo ich irrtümlich annahm, daß die Konservativ nicht sprechen wollten. Von den Sozialdemokraten hat übrigens kein einziger mir seine Meldung geschäftsordnungsmäßig schriftlich gegeben, während die Konservativen sich schriftlich gemeldet hatten.

Abg. Freiherr von Richthofen: Nan kann einen Auftrag in höflicher oder unhöflicher Form erteilen. Herr von Pappenheim hat sich sehr höflich an den Schriftführer mit dem Ersuchen gewandt, die Namen auf die Rednerliste zu setzen. Herr Liebknecht kann mir eine hatte mich gemeldet mir vor⸗ b - 8. abe dann ver⸗ zichtet, weil keine Anträge gestellt wurden. Herr Liebknecht meint, meine v würden Hohngelächter erregen. Wenn man ver⸗ nünftigen. Leuten im Lande von dieser Debatte genau Mitteilung macht, würde bei ihnen mehr Hohn darüber sein, daß man die wichtigste

Stelle aus einem Kommentar wegläßt.

Erwartung Ausdruck 9 würde, um die ge⸗ n. hat man sich zwar geirrt. ch appelliere hier auch nicht an Ihren Takt, sondern 8 den Facdas

Wenn es möglich ist, zur

abe.

Als ich meinen Namen s jeder⸗ schreiben wollte, sagte der br heiflläbich⸗ daß er es für Herr von Pappenheim hat dem Schriftführer einen Auftrag erteilt. Hier liegt ein dunkler Punkt vor. Ich kann mir nicht vor⸗ B daß die Schriftführer gewohnt sind, von den Konserbativen Aufträge entgegenzunehmen, und daß der Schriftführer ohne jede Ver⸗ ständigung die Wortmeldungen wieder gestrichen hat. Es dürfte wirklich ein Auftrag vorgelegen haben, die Wortmeldungen wieder zu streichen. In Wahrheit dürften also die Herren von vornherein die Absicht gehabt haben, ein solches Manöver auszuführen. Uns kann allerdings b Sv sein, als daß Sie noch in letzter Stunde sich 9 8 8 Serr⸗ in der gesamten anständigen öffentlichen Meinung

Abg. Dr. Müller⸗Berlin (fortschr. Volksp.): Im Volke wird der Findeug nicht zu verwischen sein, daß es sich um eine brutale Knebelung der Minderheit handelt. Das, Zentrum hätte unter Reichensperger, Windt⸗ horst, Mallinckrodt, als es in der Minderheit war, energisch gegen eine solche Knebelung protestiert. Da ist es schier nicht begreiflich c nicht ein Zentsumsmann zu diesem Rechtsbruch das Wert ergreift. Ich stelle das vor der⸗Oeffentlichkeit fest und weise darauf hin, daß das beutige Zentrum seinen früheren Führern nicht mehr entspricht.

Abg. Strosser (kons.): Ich hatte mich auch zum Wort ge⸗

meldet, und der Schriftführer hat mich gestrichen, ohne daß ich etwas davon wußte. Wenn der Müller-Berlin von einer brutalen Knebelung der Minderheit spricht, so muß ich gestehen, daß ich von ihm nach seiner Vergangenheit eigentlich nicht gewöhnt bin daß er für die Sozialdemokratie derartig eintritt. Daß hier die Minderheit noch niemals geknebelt ist, haben gerade die Sozialdemokraten und Freisinnigen in all den Jahren erfahren. Die Majorität hat die Herren in der liberalsten Weise zu Worte kommen lassen. Die Sozialdemokraten machen von der Redefreiheit hier im Hause einen Gebrauch, wie keine andere Partei, und oft in ungehöriger Weise. Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Ich muß die Ausführungen des Abg. Müller⸗Berlin 115 meine Freunde auf das allerentschiedenste zurückweisen. Ich kann ihm in keiner Weise das Recht zuerkennen uns die Grundsätze der Männer vorzuhalten, die vor uns hier ge⸗ wesen sind. Die heutige Beratung ist die vierte Beratung und hat verfassungsmäßig nur den Zweck der nochmaligen Abstimmung über die Vorlage. Alle Parteien meinen, daß Anträge jetzt nicht mehr zu stellen seien, und deshalb war es ausreichend, wenn die Parteien in der Generaldebatte grundsätzlich Stellung nahmen. Die Sozialdemokraten haben dabei zweimal das Wort erhalten. Ihre Ausführungen haben die Beschlußfassung sachlich nicht gefördert sondern bestanden im wesentlichen nur aus den schon bis zum Ueber⸗ druß gehörten Beschimpfungen der Zentrumspartei. Da sahen meine Freunde in der Spezialberatung kein Bedürfnis mehr, die Debatte fortgehen zu lassen.

Abg. Schulze⸗Pelkum: Die Abgg. Leinert und Liebknecht wollten mir ihre Wortmeldungen schriftlich 9 ich erklärte ihnen aber, sie so zur Kenntnis zu nehmen. Eine schriftliche Meldung ist nicht nötig. Herr von Pappenheim hat mir vor der Sitzung den Auftrag gegeben (Lautes Gelächter links) lassen Sie mich doch aus⸗ sprechen —, dem diensttuenden Schriftführer die Wortmeldung zu geben. Herr Itschert war noch nicht da, und ich tat es als stell⸗ vertretender Schriftführer. Herr von Pappenheim hat mir also den Auftrag nicht als Schriftführer, sondern als Privatmann gegeben.

Abg. Dr. Müller⸗Berlin (fortschr. Volksp.): Ich habe nicht als Anwalt der Sozialdemokratie für eine Partei gesprochen, sondern lediglich gegen die Knebelung der Minderheit Einspruch erhoben. Es ist keine Ueberhebung, wenn ich an die großen Führer des Fentrume⸗ enptharst Zö“ usw. erinnere, die für das

echt gekämpft haben. Es ist zu bedaue ß ihre Partei heaes ge achf st.h uern, daß ihre Partei heute Bei der Gesamtabstimmung wird nun die Vorlage unver⸗ ändert nach den Beschlüssen vom 16. März mit den Stimmen des Zentrums und der Konservativen angenommen.

Darauf wird die Beratung des Etats der Eisenbahn⸗ verwaltung und zwar die allgemeine Besprechung über die wirtschaftliche Seite des Eisenbahnetats und alle die Personen⸗ und Gütertarife betreffenden Fragen im Anschluß an die Einnahmetitel aus dem Personen⸗ und Gepäckverkehr und aus dem Güterverkehr fortgesetzt. Die Einnahme aus dem Personen⸗ und Gepäckverkehr ist auf 577 020 000 (37 987 000 mehr als im Vorjahre), die Einnahme aus dem Güterverkehr auf 1 332 740 000 (48 276 000 mehr als im Vorjahre) veranschlagt. Gleichzeitig sind zur Debatte gestellt die Verhandlungen des Eisenbahnrats im Jahre 1909 und der Betriebsbericht der vereinigten preußischen und hessischen Staatseisenbahnen für 1908, deren Erledigung durch Kenntnis⸗ nahme die Budgetkommission beantragt.

Abg. Graf von Moltke (freikons.) kommt in allgemeinen Ausfüh⸗ rungen auf die bedrängte Lage der einheimischen Produktion in Industrie und Landwirtschaft zu sprechen, die sich bei der steigenden Tendenz sich durch Zölle Feefche noch verschärfe. sei verhältnismäßig arm, und es komme darauf an, dur gemesse Gestaltung der Tarife Produktion und Konfum im zu nähern. Die Herabsetzung der Tarife würde für die ersten Jahre wohl Ausfälle bringen, aber für die Zukunft schwere Nachteile vermeiden. Man müsse damit den Volkswohlstand heben, und hierzu müsse die Verwaltung hilfreiche Hand bieten. Im einzelnen möge man, wie eine Eingabe des Stahlwerksverbandes es verlange, bei Beförderung von Frachten den kürzesten Weg nehmen und damit die Tarifgebühren nach Bemessung der Entfernungen ermäßigen. Die Tätigkeit des jetzigen Eisenbahnministers sei durchaus anzuerkennen, es heiße bei ihm mit Recht: Mit Volldampf voraus! Es möge ihm gelingen, auf dem Gebiet des Tarifwesens den nötigen Einfluß zu gewinnen, um hier Reformen durchzusetzen und so unsere heimische Produktion in dem immer schwerer drohenden Konkurrenzkampf mit dem Ausland zu stärken. In den letzten 25 Jahren seien die Tarife erheblich besser ge⸗ worden, hoffentlich würden sich weitere Verbesserungen ermöglichen lassen. Auch der Ausbau unseres Eisenbahnnetzes e sich günstig estaltet; seine Größe habe sich in 25 Jahren verdoppelt, das heiße: ie sei mehr gestiegen, als es dem Anwachsen der Bevölkerung entspreche. Das deute auf ein Anwachsen unserer Bedürfnisse und unserer Produktion. Er könne sich denken, daß der Papierkorb des Eisenbahnministers sehr groß sei; er möchte aber doch dem Minister die Anregung geben, in den Wartesälen, die mit allerhand schönen und unschönen Sachen ausgeschmückt seien, eine Ankündigung auf⸗ zuhängen, in der auf den Nutzen des Staatsschuldbuches hingewiesen würde. Wenn das zur Wirklichkeit werden sollte, dann würde er versprechen, als erster dieser Anregung zu folgen, und sich in das Staatsschuldbuch eintragen lassen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Die Tarifpolitik der Staatseisenbahn soll be⸗ zwecken in Uebereinstimmung mit der Zoll⸗ und Handelspolitik des Reichs die Förderung der industriellen und landwirtschaftlichen Tätig⸗ keit durch Erleichterung des Bezuges der Roh⸗ und Hilfsstoffe und durch Beschaffung der Möglichkeit erweiterten Absatzes; ferner soll sie die Möglichkeit gewähren, gegen fremden Wettbewerb im Inland und Ausland eine Stütze zu bieten. Diese Politik der Staatseisenbahnen ist zu allen Zeiten befolgt worden; sie tritt in den letzten Jahren nicht so scharf in die Erscheinung, weil die Staatseisenbahnen außer stande gewesen sind, mit größeren Tarifermäßigungen vorzugehen und durch diese die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Diese Politik ist

meldungen dntgeg Lenommen Abg. Dr. Liebknecht:

Deutschland

Schriftführer Abg. Schulze⸗Pelkum erklärt, daß er schon vor

vom Landeseisenbahnrat, vom Staatsministerium und auch von diesem

Beginn der Debatte für seine Freunde, die Konservativen, die Wort⸗

11A“ 2 .“ 46 I E“ ö 8

Der Herr Vorredner, dessen Ausführungen und Anregungen ich nicht in meinem großen Papierkorb ohne weiteres verschwinden werden (Heiterkeit) war der Meinung, daß das Grundübel des Tarif⸗ wesens der Staatseisenbahnen in einer zu starken Fiskalität liege. In Verbindung hiermit war er der Auffassung, daß es den Staats⸗ eisenbahnen an genügender Selbständigkeit fehle. Meine Herren, ich bitte zu erwägen, ob diese Auffassung in der Tat zutreffend ist, ob nicht die glänzende wirtschaftliche Entwicklung Preußens und Deutsch⸗ lands in den letzten Jahrzehnten dafür spricht, daß auch die Tarif⸗ politik der Staatseisenbahnen ihren Teil zu dieser Entwicklung bei⸗ getragen hat. Ich gebe zu, daß wir durch die Rücksicht auf die all⸗ gemeinen Staatsfinanzen in uaserer⸗-Tarifeölitke-gewisse Fesseln haben. Ich meine aber, es ist zu allen Zeiten anerkannt, daß die Tarifpolitik der Staatseisenbahnen auf die Lage der Staatsfinanzen mit ent⸗ scheidende Rücksicht zu nehmen hat. (Sehr richtig!) Nun ist in den letzten 1 ½ Jahrzehnten von den Staatseisenbahnen manche weit⸗ greifende Tarifmaßnahme in Wirksamkeit gesetzt worden, deren wohl⸗ tätige Wirkungen sich auch heute noch äußern, ohne daß sie besonders in die Erscheinung treten. (Sehr richtig!) Die Tarif⸗ politik der Staatseisenbahnen muß ja im 1— wesentlichen darauf abzielen, das festgefügte System ihres Normaltarifs dadurch zu ergänzen, daß sie durch Gewährung von Ausnahmetarifen sich den Bedürfnissen des Landes anpaßt. Und diese Ausnahme⸗ tarifierung ist eine viel weiter gehende, als gemeinhin angenommen wird. (Sehr richtig!) Es werden 24 % aller Güter, die auf den preußischen Staatseisenbahnen befördert werden, zu unregelmäßig gebildeten Ausnahmetarifen befördert.

Die Auffassung, daß wir nur auf dem Wege der Ausnahmetarife nachhelfen müssen, hat ja ein hochverehrter Fraktionskollege des Herrn Grafen von Moltke auch hier sehr präzise ausgesprochen. Mir liegt eine Aeußerung des Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz aus dem Jahre 1904 vor, wo er wörtlich sagte:

Der Weg, den wir in den letzten 10 his 12 Jahren gegangen sind, immer mehr sogenannte Ausnahmetarife, in Wirklichkeit vom Tarifschema abweichende Tarife zu konstruieren, das ist der richtige Weg, auf dem fortgeschritten werden muß; damit allein läßt sich die Tarifpolitik in volle Uebereinstimmung bringen mit den wechselnden Bedürfnissen ꝛc.

Es liegen aber, abgesehen von der Finanzfrage, große Schwierigkeiten vor, die sich von Jahr zu Jahr mehren, im Wege der Ausnahme⸗ tarifierung einzugreifen, weil jedes Vorgehen der Staatsbahnen im ganzen Staatseisenbahnbereich die dringlichsten und lebhaftesten Be⸗ rufungen hervorruft. Ich erinnere nur daran, daß wir im Jahre 1905 im Interesse des Siegerlandes mit weitgreifenden Tarifermäßigungen für Kohlen, Koks und Erze vorgingen. Die Ausnahmetarife wurden streng begrenzt, und ihr Zweck, eine Notlage im Siegerland zu be⸗ seitigen, war vollkommen klar gestellt, und doch hat die Gewährung dieser Ausnahmetarife eine solche Fülle von Anträgen aus dem ge⸗ samten Staatseisenbahnbereich heraufbeschworen, daß Jahre vergangen sind, um alle diese Fragen zu prüfen und ihrer Erledigung zuzuführen. Das liegt im Wesen der Zeit, daß es außerordentlich schwer ist, ein einzelnes Verkehrsgebiet besonders zu berücksichtigen. Herr Graf Moltke ist anscheinend anderer Auffassung. Er meinte, unter Bezugnahme auf die Entschließung der Königlichen Staatsregierung gehende Rücksichten zu nehmen. Uns stehen die wirtschaftlichen instanz und der Landeseisenbahnrat als Berater für den Minister. In diesen wirtschaftlichen Körperschaften wird von einem berufenen eine sehr sorgfältige Prüfung darüber angestellt, auf welcher Seite die überwiegenden Interessen liegen. Die Prüfung ist, wie Sie wissen, in einzelnen Fällen außerordentlich schwer. Der Minister wird vor die Entscheidung gestellt, ob er den Beschluß des ihm beigegebene

einer mir vorliegenden Statistik der Minister in 96 % aller Fäll e dem Landeseisenbahnrat beigetreten ist, und daß diese seine Entscheidung auch im Lande fast immer als richtig anerkannt wurde, weil sie eben durch den Landeseisenbahnrat gestützt war.

Aber auch in den Zeiten, in denen wir in der Tarifpolitik still zu stehen scheinen, bilden wir unsere Tarife dauernd fort. Der all⸗ gemeine deutsche Gütertarif erfährt alljährlich bedeutsame Ver⸗ änderungen und Ergänzungen, und zwar fast durchgängig im Sinne der Ermäßigung. Alle Veränderungen dieser Tarife werden aber nicht vom grünen Tisch aus verfügt, sondern nach Anhörung der ständigen Tarifkommission und des Ausschusses der Verkehrsinteressenten an⸗

der Fortentwicklung unseres Tarifwesens fast die erste Stelle in der ganzen Tätigkeit des Eisenbahnministers einzuräumen ist, und ich wende dieser Seite meines großen Ressorts meine ganz besondere Aufmerk⸗ samkeit und Liebe zu, weil ich mehrere Jahrzehnte, als ich im Außen⸗ dienst tätig war, mich vorzugsweise mit der Behandlung von Tarif⸗ fragen habe beschäftigen können.

Herr Graf Moltke richtete an mich die Frage, ob die staats⸗ wissenschaftlichen Kurse sich auch über Tarif⸗ und Transportwesen verbreiteten. Wir lassen in Berlin sowie in Breslau in Ver⸗ bindung mit den Universitäten und in Cöln solche Kurse von ersten Sachverständigen lesen. Sie umfassen gleichmäßig das gesamte Tarifwesen und das Verkehrs⸗ und Transportwesen und beruhen auf streng wissenschaftlicher Grundlage, haben aber deshalb einen be⸗ sonderen Wert, weil die Dozenten Fachmänner ersten Ranges sind. Wir verpflichten unsere jungen administrativen Beamten, aber auch die höheren Techniker, diesen Kursen beizuwohnen.

Was die Anregung anbetrifft, einen Anschlag wegen Be⸗ nutzung des Staatsschuldbuchs in den Wartesälen der Bahnhöfe anzubringen, so darf ich mir vorbehalten, sie des näheren zu prüfen. Da sich meine Auffassung mit der des Herrn Grafen Moltke durch⸗ aus deckt, daß es in eminentem Maße nützlich und wünschenswert wäre, die Anlagen im Staatsschuldbuch weiter einzubürgern, so scheint mir diese Anregung wohl erwägenswert.

Die Wünsche, die Herr Graf Moltke speziell bezüglich der Ent⸗ wicklung des Eisenbahnnetzes in Schleswig⸗Holstein äußerte, darf ich dahin beantworten, daß die Entwicklung des Eisenbahnnetzes in Schleswig⸗Holstein in den letzten Jahrzehnten sehr bedeutsam gewesen ist, und daß gerade dem Bau von Querbahnen besondere Aufmerksam⸗ keit zugewendet worden ist; ich darf namentlich an die große Quer⸗

hohen Hause gebilligt. 8

bahn von Kiel über Rendsburg nach Husum erinnern.

mit großem Interesse gefolgt bin ich kann versichern, daß sie

wegen der Kanalisierung der Mosel, wir wären heute geneigt, zu weit

Körperschaften zur Seite, der Bezirkseisenbahnrat für die Lokal.

Kreise von Interessenten und hervorragenden Männern des Staates

Beirats genehmigen soll oder nicht. Ich darf bemerken, daß nach

geordnet. Ich bin mit dem Herrn Grafen Moltke der Meinung, daß .