1910 / 91 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Apr 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Musik.

Komische Oper. Claude Debussys Musikdrama „Pelleas und Melisande“, das demnächst gelegentlich eines Gesamtgastspiels der Komischen Oper in Bremen aufgeführt werden soll, wurde am Sonnabend nach ängerer Pause in neuer Einstudierung gegeben. Die eigentümliche Stimmungsmusik, die Debussy der mystischen Maeterlinckschen Bühnen⸗ dichtung beigegeben hat, wird sich immer nur an einen kleinen Kreis von Anhängern des Komponisten wenden, der die Melodie gänzlich verschmäht und die Singstimme nur im Sprechgesang verwendet. Man darf immerhin neugierig sein, zu erfahren, welchen Eindruck das Werk in anderen Städten hervorrufen wird. Eins wird abeg wohl überall zugestanden werden: die Vorzüglichkeit der Aufführung in der Komischen Oper. Die herrlichen Lefflerschen Bühnenbilder, die allmählich aus nächtlichen Nebeln aufzuleuchten und wieder zu zerfließen scheinen, sind hrer Wirkung gewiß. Aber auch die Leistungen der Mitwirkenden, an erster Stelle Rudolf Hofbauers gesanglich wie darstellerisch gleich vollendeter Golo, Bert Deetjens poetische Melisande, Karl Armsteks Arkel, Jean Nadolovitchs Pelleas usw. dürften die ihnen gebührende Anerkennung finden. Die Aufführung stand unter der sicheren und temperamerktvollen musikalischen Leitung des Kapellmeisters Meyrowitz und fand lebhaften Beifall.

ö“ 1

Im Königlichen Opernhause geht morgen, Mittwoch, „Die Fledermaus“ in bekannter Besetzung der Hauptrollen (Hempel, Dietrich, Artöt, Philipp, Bronsgeest, Sommer c.) unter der musikalischen Leitung des Kapellmeisters Dr. Besl in Szene. Zur Feier des hundertsten Geburtstages von Robert Schumann wird im Königlichen Opernhause am 8. Juni d. J. „Manfred“ von Byron, Musik von R. Schumann, neueinstudiert, in Szene gehen. Herr Lindner vom Königlichen Schauspielhause ist als Vertreter der Titel⸗ rolle in Aussicht genommen.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen K. Nie⸗ manns Lustspiel „Wie die Alten sungen“ aufgeführt. Die Hökerin Hanne spielt Frau Schramm, den Fürsten Leopold von Anhalt Herr Molenar; außerdem wirken noch mit: die Herren Vollmer, Werrack, Kraußneck, Vallentin, Oberländer, Eichholz sowie die Damen Abich, Steinsieck und Hausner. 8 . In der Kaiser Friedrich⸗Gedächtniskirche (Händel⸗ straße, Tiergarten) findet am Freitag, Abends 8 Uhr, zum Besten des Kirchenchors dieser Gemeinde ein Konzert statt. Mitwirkende sind: Frau Professor Bianca Becker⸗Samo lewska, Violine, Fräulein Käte Weber, Schülerin des Königlichen Kammersängers Julius Lieban, Sopran, der Königliche Hof⸗ und Domsänger H. Weißen⸗ born und der Organist Arthur Mönch. Den Kirchenchor leitet der Thordirektor Rudolf Fiering.

(Der Konzertbericht befindet sich in der Zweiten Beilage.)

G 1

Mannigfaltiges. Berlin, 19. April 1910.

Ueber die Witterung in Norddeutschland im Monat März 1910 berichtet das Königlich preußische Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beobachtungen: Der März war im ganzen Gebiet mild, heiter und trocken. Die Mitteltemperaturen lagen überall beträchtlich über den normalen, am meisten im Nordosten (Marggrabowa + 2,8 ⁰) und im Nordwesten (Flensburg + 2,6 °), am wenigsten im Südwesten (Trier + 0,6 °). Auf den Höhenstationen war der Temperaturüberschuß größer als in dem umgebenden Tief⸗ land (Schneekoppe + 2,4 °„ Breslau + 1,4 °;„ Brocken + 2,1 °, Magdeburg + 1,2 ⁰). Temperaturen unter 5 ° sind abgesehen vom äußersten Dften und den Gebirgen nur in der Thüringer Mulde be⸗ obachtet worden, dagegen erreichte das Maximumthermometer schon Werte von beträchtlicher Höhe, in Trier stieg es bis auf 18⁰°. Eistage traten, außer in den höheren Lagen, bloß noch in den östlichsten Landesteilen und auch hier nur vereinzelt auf; die Zahl der Frosttage war im Westen geringer als 10, nach Osten hin stieg sie bis über 20. Die Bewölkung blieb überall, stellenweise erheblich, unter der normalen; dementsprechend war die Sonnenscheindauer fast überall zu groß, in Kolberg und Rostock um etwa ½, in Aachen und Kiel um mehr als die Hälfte der normalen. Nur in Schlesien, Posen und dem Rheingau wurde der Mittelwert nicht ganz erreicht. Die Nieder⸗ schlagsmengen waren ebenfalls verhältnismäßig gering, allein auf der Schneekoppe und in Hannover wurde der langjährige Mittelwert für März überschritten, sonst blieben die gemessenen Höhen überall unter ¼¾, vielfach sogar unter des normalen Wertes. Auch die Zahl der Nieder⸗ schlagstage war niedrig; Schnee fiel im Westen selten, im östlichen Binnenlande etwas häufiger. Zur Bildung einer Schneedecke kam es am Ende der zweiten Dekade sowie in den letzten Tagen des Monats; vereinzelt, besonders in Vorpommern und auf Rügen, auch am 13. und 14. Am wenigsten Niederschläge (unter 10 mm) fielen in den Tälern der Mosel, der Nahe und des Rheins zwischen Main und Lahn, ferner in der östlichen Hälfte von Schleswig⸗Holstein, in Nordwest⸗

Mecklenburg und dem östlichen Teil der Lüneburger Heide, im west⸗ lichen Teil von Hinterpommern und Westpreußen, im Niederbarnim, im östlichen Teil der Uckermark und endlich im nördlichen Litauen. In einem Gebietsstreifen, der sich von der mittleren Rheinprovinz durch Hannover nach Rügen erstreckt, wurden 25 bis 50 mm ge⸗ messen, ebenso im Thüringer Wald und Vogtland, am Vogelsberg, Meißner, Taunus, in den Sudeten, ihrem Vorland und in ver⸗ sprengten Bezirken von Brandenburg, Posen, Schlesien, Ost⸗ und Westpreußen. 50 bis 75 mm fielen im nördlichen Teil des Eulen⸗ gebirges, im Riesen⸗ und Isergebirge, Oberharz, südlichen Teutoburger Wald und im Arnsberger Wald; über 75 mm auf den Höhen des Riesen⸗ und Isergebirges. Im ganzen übrigen Gebiet betrug die Niederschlags⸗ höhe 10 dis 25 mm. Die Witterung wurde während der ersten Dekade in Nord⸗ und Mitteldeutschland im wesentlichen durch ein Luftdruckmaximum bestimmt, das sich von Westen her langsam über Mitteleuropa ausbreitete. Dementsprechend war das Wetter ruhi und mit Ausnahme der ersten beiden Tage, an denen vielfach no

Niederschläge gefallen waren, vorwiegend trocken undeheiter. Gegen Ende der ersten Dekade nahm das Hochdruckgebiet, das sich unter⸗ dessen mit seinem Kern bis nach Rußland hinein verschoben hatte, ab, und im Westen gelegene Depressionen gewannen stärkeren Einfluß. Dies bedingte einen veränderlichen Witterungscharakter für die zweite Dekade des Monats. Zwischen dem nach Rußland verlagerten Maximum und einew neuen, westlich von England gelegenen, entstand in den ersten Tagen ein Gebiet niedrigeren Druckes, in welcher sich bald einzelne Teildepressionen ausbildeten. Bei schwachen Winden war das Wetter regnerisch und mild, fast überall wurden in dieser Zeit die höchsten Temperaturen des Monats erreicht. Da aber dann das westliche Maximum vordrängte und die nördliche der Teil⸗ depressionen nach Osten hin verschob, drehten die Winde mehr nach Norden. Infolgedessen trat bereits am 13. eine allgemeine Abkühlung ein, die stellenweise mit Schneefällen verbunden war. Mit dem 17. Fer Mitteleuropa in den Bereich einer kräftigen Depression, die im Nordwesten erschienen war und bei ihrem Fortschreiten nach Osten in Norddeutschland stürmische Winde und reichliche, am 18. und 19. vielerorts in Form von Schnee fallende Niederschläge hervorrief. Nach Abzug dieser Depression breitete sich vom Westen her wieder ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa aus, das bis auf die letzten Tage des Monats die Witterung beherrschte. Da gleich⸗ zeitig im Osten und Süden kleinere Depressionen lagen, wehten schwache Winde aus meist nördlicher Richtung. Die Witterung war im allgemeinen mild und meist trocken bei wechselnder Bewölkung. In den letzten Tagen des Monats verlagerte sich die im Osten ge⸗ legene Depression südwärts; die Folge davon war ein allgemeines Sinken der Temperatur und das Auftreten von Niederschlägen. Im Osten sowie im Binnenlande kam es dabei zur Bildung einer Schnee⸗ decke, und an vielen Stellen ist die tiefste Temperatur des Monats in diesen Tagen erreicht worden.

Die sogenannten Marskanäle sind zum ersten Male von Professor Pereival Lowell auf der von ihm begründeten Flagstaff⸗Sternwarte in Arizona photographiert worden. Jetzt ist es ihm durch Verbesserung seiner Methode gelungen, auf dem Mars die ersten Anzeichen des herein⸗ brechenden Winters auf photographischem Wege festzulegen, ebenso wie interessante Einzelheiten auf den Planeten „Jupiter“ und „Saturn“. Professor Percival Lowell wird in einem Vortrage am Sonn⸗ abend, den 23. April, Abends 8 ½ Uhr, im „Verein von Freunden der Treptower Sternwarte“ diese Selbstbildnisse der Planeten vorzeigen. Das Thema des Vortrags lautet: „The portraits of the planets painted by themselves“, und ist in deutscher Ueber⸗ tragung an der Kasse der Sternwarte erhältlich, sodaß ein jeder, der auch nicht der englischen Sprache mächtig ist, der Vorführung der Lichtbilder mit Verständnis folgen kann. Eintrittskarten sind schon von heute ab für 1, 2 und 3 bei Bote u. Bock sowie an der Kasse der Treptower Sternwarte zu haben.

Im Zirkus Busch geht die Spielzeit auch ihrem Ende ent⸗ gegen, aber ungeachtet dessen befinden sich alle Darbietungen nach wie vor auf der Höhe, und mit unvermindertem Eifer wird die „Manege⸗ arbeit“ ausgeführt. Eine große Anziehungskraft übt noch am Schluß der Saison u. a. der bekannte Dompteur Henricksen mit seinen Tigerdressuren aus. Die von ihm vorgeführten Tiere, wahre Pracht⸗ exemplare, folgen dem Blick und Zuruf ihres Herrn und Meisters und lassen trotz ihres Fauchens und Zähnefletschens bei den Zuschauern kaum das Gefühl der Beunruhigung für die Gefährdung des mutigen Tier⸗ bändigers aufkommen. Anders freilich bei der zum Schluß erfolgenden Einzelvorführung des nur widerwillig gehorchenden bengalischen Tigers „Cesar“, der Herrn Henricksen bereits vor einigen Monaten angegriffen und schwer verletzt hat. Aber auch dieser wilde Geselle, der größte, schönste und stärkste der ganzen Gruppe, wird durch das energische, ruhig⸗besonnene Auftreten des Dompteurs bezwungen, dem jedes⸗ mal rauschender Beifall gezollt wird. In friedlicheren Bahnen bewegen sich im Verlaufe des Abends die equestrischen Vorführungen, die gleichfalls die Macht des menschlichen Willens über den tierischen Instinkt zum Ausdruck bringen. Unter diesen sind die auf 12 Pferden gerittene Schulquadrille, die graziöse Reiterfamilie Proserpi und vor

allem die exakten Freiheitsdres8suren Ernst Schumanns sowie die Darbietungen der Reitkünstler Fillis (Therese, James⸗Leon jun. und Heinrich) hervorzuheben. Bei den letztgenannten berühren namentlich ihr schlichtes, natürliches Auftreten und die sichere, ruhig⸗ vornehme Führung der Pferde außerordentlich sympathisch. Daß es dazwischen an mehr oder minder witzigen Clownscherzen nicht fehlt, bedarf kaum der Erwähnung. Auch das den Abschluß der abendlichen Vorstellungen bildende glanz⸗ und prachtvolle Manegeschaustück „Marja“, mit seinen wildbewegten Szenen, eingeschalteten Tänzen und russischen Nationalgesängen erfreut in alter Frische Auge und Ohr, 1. nach jeder Richtung hin allen berechtigten Anforderungen des Publikums bis zuletzt Rechnung getragen ist. ““

8

Erfurt, 18. April. (W. T. B.) Wie jetzt bekannt wird, hatte der Ballon“,Erfurt“, der gestern in Arnstadt auf⸗ gestiegen war, gestern nachmittag in der Nähe von Bitterfeld eine sehr schwierige Landung. Zwei Insassen des Ballons wurden aus der Gondel geschleudert, ohne nennenswerte Ver⸗ letzungen davonzutragen. Der Führer des Ballons, Direktor Her⸗ mann aus Erfurt, erlitt einen doppelten Beinbruch.

Cöln, 18. April. (W. T. B.) Die lenkbaren Luftschiffe „M. 1“ und „P. 2“ stiegen heute vormittag um 10 Uhr 45 Minuten bezw. 11 Uhr 10 Minuten auf, machten einen Abstecher in die Eifel bis Euskirchen und kehrten nach schöner Fahrt um 2 ½ Uhr Nach⸗ mittags zurück. „Z. 2“„ stieg um 10 Uhr 55 Minuten auf, war um 1 Uhr 35 Minuten über Düren, fuhr nach Aachen, wo er eine halbe Stunde kreuzte, besuchte Vaals in Holland, kehrte dort um, war um 3 Uhr 25 Minuten über Jülich, kreuzte gegen 5 Uhr wieder in großer Höhe über Cöln und landete nach längerem Manöverieren um 7 Uhr Abends vor der Halle.

Wiesbaden, 18. April. (W. T. B.) Heute vormittag wurde hier in Gegenwart von etwa 600 Aerzten des In⸗ und Auslandes der 27. Kongreß für innere Medizin unter dem Vorsitz des Professors Dr. Kraus⸗Berlin eröffnet.

Budapest, 18. April. (W. T. B.) In der Ortschaft eeee im Udvarhelyer Komitat sind 192 Häuser samt Nebengebäuden niedergebrannt. Der Schaden ist sehr be⸗ deutend. Das Feuer entstand infolge Unvorsichtigkeit spielender Kinder.

Paris, 18. April. (W. T. B.) Die Bewohner von Ville⸗ neuve⸗le⸗Roi bei Paris, die seit Jahren vergeblich die Errichtung eines Bahnhofs fordern, veranstalteten gestern unter Führung des Deputierten Argelies eine Kundgebung, indem sie das Bahngleis besetzten und zwei Schnellzüge durch Schwenken roter Fahnen zum Anhalten zwangen. Sie überreichten sodann den Lokomotivführern Schriftstücke, in denen die Forderung auf Errichtung eines Bahnhofs begründet wird, und ersuchten sie, die Petitionen dem Direktor der Orléansbahnen zu übergeben.

Paris, 19. April. (W. T. B.) Im Ministerium des Aus⸗ wärtigen wurde gestern unter dem Vorsitz des Ministers Pichon die Internationale Konferenz zur Unterdrückun des Mädchenhandels und gegen die Verbreitung der Schmutz⸗ literatur eröffnet.

Douai, 19. April. (W. T. B.) Gestern nachmittag stürzte der Aviatiker Breguet dadurch, daß sein Flugapparat umkippte, aus einer Höhe von zwanzig Metern herab und trug schwere Wunden am Kopfe und sonstige Verletzungen davon. Der Unfall ist auf das Versagen des Motors Srrüchusanehn

Nizza, 18. April. (W. T. B.) Rougier ist bei einem Fluge über das Meer aus einer Höhe von fünfzehn Metern abgestürzt. Der Aviatiker hat bei dem Sturze am Gesicht Verletzungen davongetragen, der Flugapparat ist verloren.

Satoralja⸗Ujhely, 18. April. (W. T. B.) Siebzehn Frauen aus den Ortschaften Felsoeberecki und Karos wollten sich zum Jahrmarkt hierher begeben. Als sie auf einer Fähre über den Bodrog fuhren, schlug diese um und 15 Frauen ertranken.

Quebec, 18. April. (W. T. B.) In der Nähe von Lataque ing auf einen Arbeitszug der National Transcontinental

ailway ein Bergsturz nieder. Fünfundzwanzig Arbeiter wurden getötet. 1“

Nichtamtlichen in der Ersten und

Zweiten Beilage.)

rsaem. .

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 102. Abonnementsvorstellung. Die Fleder⸗ maus. Komische Operette mit Tanz in drei Akten von Meilhac und Halévy. Bearbeitet von C. Haffner und Richard Genée. Musik von Johann Strauß. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Regie: Herr Regisseur Braunschweig. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag:

stellungen.

Lessingtheater. 8 Tantris der Narr. Donnerstag: Das Konzert. Die

Ibsen⸗Zyklus. Erste Der Bund der Jugend.

Parkett 50 resp. 40 ℳ, II. Rang 25 resp. 20 ℳ; auf Wunsch auch Teilabonnements auf die erste Hälfte von 7 oder die zweite Hälfte von 6 Vor⸗ Der Verkauf ist eröffnet.

Mittwoch, Abends 8 Uhr: Garten. Kantstr. 12.) eschiedene Frau.

(13 Vorstellungen.) von Victor Lon.

Vorstellung. Neu einstudiert: Frau

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Mittwoch, Abends 8 Uhr: Operette in drei Akten Musik von Leo Fall.

Donnerstag und folgende Tage: Die geschiedene

Lustspielhaus. (Friedrichstr. 236.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Das Leutnantsmündel. Schwank in drei Akten von Leo Walter Stein.

Birkus Busch. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr⸗ Außerordentlicher Galaabend. Max Grigory⸗ Truppe. Dompteur Henricksen mit seinen 10 wilden Tigern. (Völlig unerreichte konkurrenz⸗ lose Dressur.) Therese Fillis, James Leon Fillis jun., Heinrich Fillis in ihren Pro⸗ duktionen der hohen Schule. Die Hassans. Ferner: Herr Ernst Schumann, Original⸗ dressuren. Reiterfamilie Proserpi. Zwerg⸗ clown François als Kunstreiter. igerl⸗ clown Alfr. Daniels. Um 9 Uhr: Die russische

sst zweifelhaft.

werden, die entweder einen allgemeinen Kassenvertrag oder

Schauspielhaus. 102. Abonnementsvorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von EX“ Regie: Herr Eggeling. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 103. Abonnementsvor⸗ stellung. (Gewöhnliche Preise.) Mignon. Oper in drei Mien von Ambroise Thomas. Text mit Be⸗ nutzung des Goetheschen Romans „Wilhelm Meisters Lekrjahre⸗ von Michel Carré und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 103. Abonnementsvorstellung. Strandkinder. Ein Schauspiel in vier Akten von Hermann Sudermann. Anfang 7 ½ Uhr.

Neues Operntheater. Sonntag: 208. Billettreserve⸗ satz. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der deutsche König. Schauspiel in fünf Akten von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Judith.

Donnerstag: Die Braut von Messina.

Freitag: Der Widerspenstigen Zähmung.

Sonnabend: Die Braut von Messina.

Kammerspiele.

Mittwoch, Abends 8 Uhr: Gawàn.

Donnerstag: Gawan. ö

Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten Male: Sumurün. 8

Sonnabend: Gawan.

Taifun. 6“ Donnerstag und folgende Tage:

Neues Schauspielhaus. Mittwoch, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Die Räuber. (Sondervorstellung für die Vereinigung „Klassisches Theater“.) Abends: Die Hochzeit der Soberde. Hierauf: Wie er ihren Mann belog. (Gastspiel Agnes Sorma.)

Donnerstag: Die Frau im Fenster. Hierauf: Mirandolina. (Gastspiel Agnes Sorma.)

Freitag: Ernst sein. (Bunbury.)

Sonnabend: Die Hochzeit der Sobeide. Hierauf: Wie er ihren Mann belog. (Gastspiel Agnes Sorma.) 1

Komische Oper. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Tiefland. 11““ Donnerstag: Zigeunerliebe. Feitag, Der Wildschütz. onnabend: Zigeunerliebe.

Schillertheater. 0. (Wallnertheater.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Goldene Herzen. Volksstück in 4 Akten von C. Karlweis.

Donnerstag: Die Katakomben. 8

Freitag: Goldfische. .“

Charlottenburg. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Goldfische. Lustspiel in 4 Akten von Franz von

Schönthan und Gustav Kadelburg. Donnerstag: Hans Lange. Freitag: Hans Lange.

Donnerstag und folgende Tage: Das Leutnants⸗ mündel.

Residenztheater. (Direktion: Richard Alexander.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Das Nachtlicht. Schwank in drei Akten von Miguel Zamacols.

Donnerstag und folgende Tage: Das Nachtlicht.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Die Dorfkomtesse. Operette in 3 Akten von Pordes⸗Milo und E. Urban. Musik von R. Danziger. (Oskar Braun g. G., Helene Ballot, Käthe Herold, Arnold Rieck, Viktor 8

onnerstag: e Dollarprinzessin. in drei Akten von Leo Fall. ge

Freitag: Die Dorfkomtesse.

Sonnabend: Die Dollarprinzessin.

Operette

Trianonthenter. (Georgenstraße, nahe Bahnhof Friedrichstr.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Theodore & Cie. Schwank in 3 Akten von D. Armont und N. Nancey, deutsch von Erich Motz.

Donnerstag und folgende Tage: Theodore & Cie.

Hebbeltheater. (Königgrätzer Straße 57/58.) Mittwoch, Abends 8 ¼ Uhr: Das Nesthäkchen.

Komödie in drei Akten von Edouard Giraud. 8

Donnerstag: Das Nesthäkchen. Freitag: Frau Warrens Gewerbe. Sonnabend: Das Nesthäkchen.

1 b 8

Pantomime Marja. 1114““ Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Freda von Janson mit Hrn. Ober⸗ leutnant Albrecht Grafen zu Eulenburg (Schloß Gerdauen Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungsassessor Dr. Nikolaus Schwarz (Hamburg).

Gestorben: Hr. Geheimer Regierungsrat Karl von Jecklin (Berlin). Hr. Hermann von Arnswaldt⸗ Hardenbostel (Berlin). Hr. Horst von Reibni (Königsberg i. Pr.). Hr. Bürgermeister un Oberleutnant a. D. Hugo Frhr. von Wüllen⸗ weber (Korschenbroich).

. Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Dyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Elf Beilagen 1

(einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichen⸗ beilage Nr. 30),

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent⸗

lichen Anzeigers (einschließlich der unter

Nr. 2 veröffentlichten Bekanntmachungen),

betreffend Kommanditgesellschaften auf Aktien

und Aktiengesellschaften, für die Woche vom

11. bis 16. April 1910.

.

ziehung bis zum 1. 91 end 1 Als der Zolltarif beraten wurde, ist man von dieser Voraussetzung aus⸗

Versicherungsgesetzgebung überhaupt.

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsa

9

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 19. April

5

Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

88

Qualität

gering

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Verkaufte

mittel gut Men ge

niedrigster höchster niedrigster höchster niedrigster höchster

Doppelzentner

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nach überschläglicher Schätzung verkauft dem Doppelzentner

(Preis unbekannt)

Am vorigen Markttage

Durch⸗ wert schnitts⸗ preis

Verkaufs⸗

19,50 20,50

Breslan.. Strehlen i. Schl. Löwenberg i. Schl 116““ Aalen.

Meßkirch

Babenhausen Illertissen Aalen. Geislingen .

8

9* 18 Iox6 Strehlen i. Schl. Grünberg i. Schl Löwenberg i. Schl. IIö““ 16e6“ Illertissen Aalen... Riedlingen

W“ 1““ 6 1 .Braugerste Strehlen i. Schl.. 1 8 Löwenberg i. Schl.. M“ ths 3 Illertissen u Aalen..

Riedlingen.

88

Breslau. Strehlen i. Schl..

Grünberg i. Schl..

Löwenberg i. Schl.

Evvö“

1““

Illertissen . 8 . Riedlingen ... Meßkirch..

Bemerkungen.

16 . .

14,00 14,60 14,70

Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,

Berlin, den 19. April 91310. 8

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß ent

Weizen. 21,50 21,60 21,50 22,50 22,10 22,10 22,30 21,50 21,50 22,50 22,50 21,20 21,20 22,20 22,20

Kernen (euthülster Spelz, Dinkel, Fesen 22,60 22,40 1 22,70 882 22,80 21,20 22,60

22,50

20,50 22,50

20,50

20,60 21,50 21,90

15,20 15,10 14,80 14,80 14,70 14,80

14,80 13,60 14,40 14,40 14,30 14,60 15,50 15,60 15,60 15,00

14,00 15,00 15,00 14,00 18,00 16,40

13,40 14,00 14,50 13,50 13,50

15,80 14,40

14,40 14,50 13,50 13,50

16,20 14,60

15,30 14,80 16,20 14,40 14,40 15,70 15,20 15,60 16,00

14,20 14,40

14,20 14,00 14,70 14,60 14,70 15,20

14,70 14,40

14,30 14,20 14,70 14,80 15,20 15,40

14,60 14,80

14,70] 15,00 15,00 16,40

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

21,50 22,00 21,00 21,00

22,00 21,20 22,20 22,60 23,49 22,48 22,25 22,01 21,97 14,71 14,40

14,60 16,00

16,08 18,00

14,96

14 50 13,20

16,80 14,46

1 296 14,40

14 26 14,20

11. 4. 114 1 ½4

1 445 14.90 580 15,26 169 15,36

14,87 V 15,06 14,64

Der Durchschnittspreis wird aus den v Fi berechnet.

prechender Bericht fehlt.

ͤ“ Sitzung vom 18. April 1910, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Ent⸗ wurfs einer Reichsversicherungsordnung. Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Dr. Spahn (SZentr.) fortfahrend: Bei der Ausdehnung der Versicherungspflicht auf das Gesinde, die nicht ständigen Arbeiter

und die Heimarbeiter gewinnt auch die Arztfrage ein viel ernsteres

Gesicht als bisher. An dieser Frage sind nicht nur die versicherten Pesenes sondern auch die nichtversicherten erheblich interessiert. b die Vorlage eine befriedigende Lösung der Arztfrage bringt, Der Entwurf geht davon aus, daß der Kranke nur von einem Arzt behandelt werden soll, der in einem Vertrags⸗ verhältnis zur Krankenkasse steht. Es sollen Ausschüsse gewählt

einen besonderen Kassenvertrag abzuschließen haben. Es wird auch ein Einigungsamt vorgesehen. Abgelehnt hat der Entwurf die Herab⸗

setzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre für den Bezug der

Invalidenrente. Die Hinterbliebenenversicherung lehnt sich an die Invalidenversicherung an. Aufgefallen ist mir, daß der Ent⸗ wurf nicht die Bestimmung trifft, daß das Gesetz in dieser Be⸗ Januar 1910 rückwirkende Kraft haben soll.

gegangen. Ich glaube, man wird darauf zurückkommen müssen. Die Witwen⸗ und Waisenrente soll nur für die Hinterbliebenen ehemaliger Invalidenversicherter gelten. Der verstorbene Ernährer muß zur Zeit seines Todes invalidenberechtigt gewesen sein, die Witwe muß

invalide sein, die Kinder erhalten die Rente bis zum 15. Jahre. Uneheliche Kinder sind beim Tode der versicherten Mutter, auch wenn

der Vater noch lebt, zur Waisenrente berechtigt, dagegen haben ehe⸗ liche Kinder, deren Vater noch lebt, in der Regel keinen Anspruch auf Waisenbezüge. Die Mittel werden ähnlich denen der Invaliden⸗ und Altersrenten aufgebracht. Die Reichszuschüsse betragen für jede Witwenrente 50, für jede Waisenrente 25 jährlich. Die Invaliden⸗ rente würde bei einem Versicherten, der seit dem 15. Lebensjahre Marken geklebt hat, 290,40 ℳ, die Witwenrente 122,40 ℳ, die Waisenrente für 1 Kind 61,20 betragen. Mit allen diesen Fragen, insbesondere auch mit der Frage der Zuständigkeit des Reichsversiche⸗

rungsamts wird die Kommission sich eingehend zu beschäftigen haben. Wir hegen die bestimmte Hoffnung, daß wir mit diesem Entwurf,

wenn er Gesetz werden sollte, einen bedeutsamen Schritt vorwärts tun werden. Für Deutschland ist dieses Gesetz eine der bedeutsamsten

Aufgaben, die jemals dem Deutschen Reichstage gestellt worden sind.

Abg. Schickert (dkons.): Nachdem beim Zolltarifgesetz das Ver⸗ sprechen der Einführung einer Witwen⸗ und Waisenversicherung ge⸗ geben worden ist, sind wir bereit, ernstlich an der Einlösung dieses Versprechens mitzuarbeiten. Es wird ja zu erwarten sein, daß die Leistungen dieser Versicherung von manchen Seiten ebenso als un⸗ befriedigend hingestellt werden wie die bisherigen Leistungen der Trotz der Wahrscheinlichkeit, Mehrbelastung neue Unzufriedenheit er⸗

daß die erforderliche

wecken wird, müssen wir unsererseits das Möglichste tun, die An⸗ gelegenheit zur Erledigung zu bringen, und wir stimmen deshalb der Einsetzung einer Kommission zu. Gegen die Konstruktion der Reichsversicherungsordnung ist der Vorwurf der Unübersichtlichkeit erhoben worden; hier wird die Praxis sich aber schon zu helfen wissen. Anderseits sind die klare Ausdrucksweise und der logische Aufbau des Entwurfs anzuerkennen. Wichtiger sind die sachlichen Veränderungen, die der Entwurf bringt. Hier begrüßen wir es mit Genugtuung, daß der Plan der Verschmelzung der drei Versicherungszweige aufgegeben worden ist. Mit dem auf dem Gebiete der Vereinfachung tatsächlich in dem Entwurf Erreichten wird man sich zufrieden geben müssen. Neu einbezogen werden sollen in die Versicherung 7 Millionen landwirtschaftlicher Arbeiter, was eine Mehr⸗ belastung von etwa 80 Millionen bedeutet. Bisher schon ist frei⸗ willig oder vertraglich vieles von dem geleistet worden, was jetzt unter die Form gesetzlicher Verpflichtung gebracht werden soll; von den ländlichen Arbeitgebern wird ein hoher Prozentsatz der Beiträge getragen, die den Arbeitnehmern gesetzlich zur Last fallen sollen. Für eine Reihe kleinerer Existenzen wird anderseits die Mehrbelastung sehr schwer zu tragen sein. Trotzdem müssen wir den Vorschlägen der Vorlage in dieser Richtung zustimmen. Ob die Haus⸗ und Wandergewerbetreibenden, die städtischen Dienst⸗ boten ebenfalls der Landkrankenkasse zuzuweisen sind, darüber wird die Kommission ihr Urteil abzugeben haben. Hinsichtlich der Hal⸗ bierung der Krankenkassenbeiträge und der anderweiten Verteilung der Sitze in den Krankenkassenvorständen sind die Beteiligten bekannt⸗ lich verschiedener Meinung; ob wir ihr zustimmen können, wird erst zu entscheiden sein, wenn festgestellt ist, wie namentlich das Hand⸗ werk bei der Neuordnung fahren würde. An sich halten wir den Vorschlag zur Vermeidung von Differenzen und Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern für wohl erwägenswert. Ein un⸗ erfreuliches Kapitel ist die Arztfrage. Die obligatorische Einführung der freien Arztwahl, wie sie die Aerzteschaft verlangt, kann in manchen Städten von guter Wirkung sein; auf der anderen Seite steht der Widerstand der Krankenkassen, die nicht in die Rolle untergeordneter Hilfsorgane zurückgedrängt werden wollen. Ob der von dem Entwurf gewählte Weg der richtige ist, wird erst in der Kommission gründlich zu prüfen sein, namentlich auch in bezug auf die Rückwirkung auf das platte Land. Dasselbe gilt von der in § 405 vorgesehenen Bestimmung, die den Apothekern gewisse Ver⸗ pflichtungen gegenüber den Krankenkassen auferlegt. Die Hinter⸗ bliebenenrente ist mit Rücksicht auf die Finanzlage nur mäßig aus⸗ gefallen; man wird sich damit abzufinden haben; hauptsächlich aus dem gleichen Grunde ist von der Herabsetzung des Berechtigungs⸗ alters für die Altersrente abgesehen worden. Verschiedene meiner politischen Freunde wünschen dringend die Ausdehnung der Invalidenversicherungspflicht auf die Hausgewerbetreibenden. Erwünscht wäre auch, die freiwillige Versicherung aus⸗ zudehnen, namentlich kleineren gewerblichen Existenzen ein Mittel für die bessere Sicherung ihrer Angehörigen zu gewähren. Was die Unfallversicherung betrifft, so ziehen wir den Wert der Be⸗ stimmung, die das Rechtsmittel des Rekurses an das Reichs⸗ versicherungͤsamt durch das der Revision ersetzt und damit das Reichsversicherungsamt entlasten will, in Zweifel; mindestens müssen

wir verlangen, daß das künftige Oberversicherungsamt stärker mit richterlichen Kräften besetzt wird. Von den Laienbeisitzern sollte

eventuell ganz abgesehen werden. Haben wir sonach gegen den Ent⸗ wurf nicht unwesentliche Bedenken, so wird er hoffenlich doch in der Kommission so gestaltet werden können, daß wir unsere Zustimmung aussprechen und damit zum Wohle der minderbemittelten Klassen der deutschen Bevölkerung beitragen können. 8 Abg. Horn⸗Reuß (nl.): Daß ein Entwurf von diesem Riesen⸗ umfang nicht ohne weiteres durchweg auf Beifall stoßen kann, ist wohl von vornherein klar gewesen. Immerhin hat es mich ge⸗ wundert, daß ein Werk, dessen Zustandekommen von so vielen Seiten so ungestüm seit langem gefordert worden ist, so starke Kritik erfahren hat. An Stelle der Verschmelzung der drei Versicherungs⸗ zweige bringt er eine Zusammenfassung der drei Gesetze und eine Ausdehnung des Wirkungskreises der Kranken⸗ und der Invaliden⸗ versicherung in Verbindung mit Reformen im einzelnen. Für die Ausdehnung des Versicherungsbereiches kommen zunächst die landwirt schaftlichen Arbeiter in Betracht. Hier hat sich einiger Widerstand bemerkbar gemacht, der von der noch in stärkerem Maße auf dem Lande vorhandenen Naturalwirtschaft und dem dort noch fort⸗ bestehenden patriarchalischen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausging, woneben noch auf den Mangel an Aerzten auf dem Lande hingewiesen wurde. Anderseits ist aber dieser Zweig der Krankenversicherung in einzelnen Staaten bereits landes gesetzlich geregelt, so in Schwarzburg⸗Sondershausen. Dort war zur Zeit der Einführung die Zahl der Aerzte auf den Kopf der Bevölkerung noch nicht so groß, wie sie heute in Ost preußen und Pommern ist; was also für Schwarzburg⸗Sondershausen möglich war, muß jetzt auch für jene Provinzen möglich sein. Aehnlich liegen die Verhältnisse bezüglich der Krankenversicherung. Zur Erleichterung der Durchführung auf dem Lande sind mancherlei Bestimmungen vorgesehen. Ob der Entwurf nicht zu weit geht, ob insbesondere der Wegfall des Krankengeldes bei Gewährung einer Invaliden⸗ oder Unfalljahresrente angängig ist, erscheint zweifelhaft. In der Kommission wird auch zu erwägen sein, ob die Bestimmung auszudehnen wäre, nach der die Versicherungsträger in Zukunft nicht mehr berechtigt, sondern verpflichtet sein sollen, das Krankengeld zu gewähren, wenn der Arzt es für nötig hält. Einverstanden sind meine Freunde mit der Einbeziehung der landwirtschaft lichen Arbeiter. Den Augschluß aller Personen mit über 2000 Einkommen von der Versicherungspflicht halten wir nicht für sozial. Es würden darunter die Handwerksmeister und die kleineren landwirtschaftlichen Unternehmer leiden, sowie auch diejenigen, die bis dahin versicherungspflichtig waren. Man sollte auch diese minderbemittelten Kreise der Wohltat der Arbeiterversicherung teilhaftig machen. Der Arzt wird voraus⸗ sichtlich kein Bedenken tragen, gegen ein zu vereinbarendes Honorar solche Personen mit höherem Einkommen mit zu behandeln. Die schwersten Bedenken haben wir dagegen, daß alle neuen Versicherungs⸗ pflichtigen den Landkrankenkassen zugewiesen werden sollen. Hier muß Vorsorge getroffen werden, daß nicht von vornherein finanzielle Schwierigkeiten für diese Kassen entstehen. Die Betriebskrankenkassen wünschen wir in möglichst weitem Umfange aufrecht erhalten zu fässen In den Ortskrankenkassen haben, wie kein Mensch bestreiten kann, die Sozialdemokraten schon jetzt die Oberhand. Mit den Betriebs⸗ und Innungskrankenkassen wüͤrde es ebenso kommen. Deswegen ist auch der Vorschlag des Entwurfs, der auf eine Verschiebung der Ge⸗ walten innerhalb der Krankenkassenvorstände abzielt, die Halbierung,