1910 / 95 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Apr 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Auf den Bericht vom 9. März d. J. will Ich der gemeinde Essen auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) hiermit das Recht verleihen, das in den Gemarkungen Hinsel und Holthausen, der Gemeinde Ueberruhr, sowie in der Gemarkung Bergerhausen, Gemeinde Rellinghausen, im Landkreise Essen belegene Grundeigentum, welches zur Erweiterung des Wasserwerks der Stadt Essen und zur Anlegung einer Schutzzone nach Maßgabe des landes⸗ polizeilich genehmigten Profekts erforderlich ist, im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. 1 Ueber⸗ sichtsplan folgt zurück. 8

Berlin, den 16. März 1910. Wilhe

von Breitenbach. von Arnim.

von Trott zu Solz.

m R. von Moltke

schaft, Domänen und Forsten, des Innern und der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegen⸗ heiten.

““

Justizministerium.

Dem Amtsgerichtsrat Dr. Rubel in Eisleben ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension erteilt.

Versetzt sind: der Landgerichtsrat Dr. Weber in Frank furt a. M. als Amtsgerichtsrat an das Amtsgericht daselbst, die Amtsgerichtsräte: Jung in Höchst a. M. nach Düren, Dr. Hartmann in Mülheim a. Rh. nach Cöln, Dr. Rein⸗ hold in Remscheid nach Elberfeld, die Amtsrichter: Hillen⸗ kamp in Duisburg als Landrichter an das Landgericht daselbst, Dr. Haymann in Frankfurt a. M. als Landrichter an Landgericht daselbst und Dr. Conze in Wipperfürth nach Cöln.

Der Staatsanwalt Kroeber in Kreuzburg i. O.⸗S. ist

das

nach

n Notar, Justizrat Dr. Ottmann in Freienwalde a. O. ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt erteilt. Der Rechtsanwalt Dr. Wolff in Wanne, Amtsgerichts⸗ bezirk Gelsenkirchen, ist zum Notar ernannt.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Rechtsanwälte Justizrat Dr. Winkelmann aus Hamm bei dem Amtsgericht in Charlottenburg, Justizrat Obuch in Graudenz bei dem Amtsgericht daselbst, Wachsmuth aus Hannover bei dem Oberlandesgericht in Celle, Georg Levy II. vom Landgericht II bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Lückerath aus Düsseldorf bei dem Amtsgericht in Goch, der frühere Rechtsanwalt Dr. Beheim⸗Schwarzbach bei dem Landgericht I in Berlin, die Gerichtsassessoren Kieserling und Stücker bei dem Oberlandesgericht in Hamm, Dr. Freundlich und Dr. Zilligus bei dem Land⸗ gericht I in Berlin, Chrometzka außer bei dem Amtsgericht in Charlottenburg zugleich bei dem Landgericht III in Berlin, Vilmar bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Göttingen, Lückhoff bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Cöln, Senckel bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Wiesbaden, Braun bei dem Amtsgericht in Schwedt a. O. und Steinhaus bei dem Amtsgericht in Gelsenkirchen mit dem Wohnsitz in Wanne.

Der Landgerichtsrat Dr. Fock in Magdeburg und der Rechtsanwalt und Notar, Geheime Justizrat Schulze Ostrowo sind gestorben. 11*““

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und

Medizinalangelegenheiten. 5*

Dem Realgymnasialdirektor Dr. Graz in Goldap ist die Direktion des Realgymnasiums daselbst übertragen worden.

MNichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. April.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ S und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß für Steuer

und Steuerwesen 2 vie Zoll⸗ und wesen hielten heute Sitzungen. 1“

n 1. April bis zum Schlusse des z 1910 sind nach dem „Zentralblatt für ich“ folgende Einnahmen des Deutschen

usw., sowie Einnahmen

Au 1 Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung und der Reichseisenbahnverwaltung zur Anschreibung gelangt: Zölle 699 181 243 (gegen das Vorjahr + 115 383 800 ℳ),

Tabaksteuer 12 327 561 (+ 1126 245 ℳ), Zigaretten⸗ steuer 22 014 513 4 893 523 ℳ), Zuckersteuer 157 088 904 (+ 5259 931 ℳ), Salzsteuer 58 778 233 949 007 ℳ), Branntweinsteuer: a. Verbrauchsabgabe 67 205 607 (— 67 205607 ℳ), b. Betriebsauflage 16439497 (+̃ 16 439 497 ℳ), c. Maischbottichsteuer 12 030 120 (s— 27 765 960 ℳ), d. Verbrauchsabgabe und Zuschlag aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1909 115 643 598 (— 13 388 404 ℳ), e. Brennsteuer 2 168 037 (— 4313 290 ℳ), Essigsäure⸗ verbrauchsabgabe 381 371 (—- 381 371 ℳ), Schaumwein⸗ steuer 12 654 306 6 757 372 ℳ), Leuchtmittelsteuer 10 245 29 ℳ% 10 245269 ℳ), Zündwarensteuer 9 081 232 9 081 232 ℳ), Brausteuer und Ueber⸗ gangsabgabe von Bier 83 129 357 (+¼᷑ 30 658 648 ℳ), Spielkartenstempel 1 943 774 (+ 34 186 ℳ), Wechsel⸗ stempelsteuer 18 551 591 2 145 625 ℳ), Reichs⸗ stempelabgaben: A. von Wertpapieren 37 741 916 (+ 10 224 056 ℳ), B. von Gewinnanteilschein⸗ und Zinsbogen 3 177 920 (*½ 3177 920 ℳ), C. pon Kauf⸗ und sonstigen Anschaffungsgeschäften 21 865 571 9 794 820 ℳ), D. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien 30 351 983 (+ 1141 183 ℳ), b. für Privatlotterien 12 256 737 (+ 1644 567 ℳ), E. von Frachturkunden 15 326 773 (+ 1005 042 ℳ), F. von Personenfahrkarten 19 158 155 (+ 1163 234 ℳ), G. von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge 2 363 141 (+ 471 301 ℳ), H. ü

‿ᷣ-

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n

glieder von Aufsichtsräten 4 743 673 (+△ 1 463 102 ℳ), J. von Schecks 3 039 470 (+ 3 039 470 ℳ), K. von Grund⸗ stücksübertragungen 24 895 493 (+ 24 895 493 ℳ), Erbschafts⸗ steuer 37 240 176 (+ 7 981 016 ℳ), Statistische Gebühr 1 613 328 (+ 138 723 ℳ), Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung 667 873 767 (* 44 684 472 ℳ), Reichseisen⸗ bahnverwaltung 123 819 000 (+½ 7 463 000 ℳ).

Die zur Reichskasse gelangte Isteinnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen usw. und der Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen: Zölle 658 448 033 (+ 117 308 261 ℳ), Tabaksteuer 11 734 037 (+ 1000 080 ℳ), Zigarettensteuer 19 292 310 (+ 3612 403 ℳ), Zucker⸗ steuer 149 204 832 (+ 5 043 706 ℳ), Salzsteuer 58 022 929 (+¼ 404 200 ℳ), Branntweinsteuer: a. Ver⸗ brauchsabgabe 1 192 554 (+ 1 192 554 ℳ), b. Betriebs⸗ auflage 16 439 497 (+ 16 439 497 ℳ), c. Maischbottich⸗ steuer 9 512 281 (— 20 244 644 ℳ), d. Verbrauchs⸗ abgabe und Zuschlag aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1909. 151 578 736 (◻ 43 590 350 ℳ), e. Brennsteuer 2 168 037 (— 4 313 290 ℳ), Essigsäureverbrauchsabgabe 156 958 (+△ 156 958 ℳ), Schaumweinsteuer 9 108 667 (+ 3568 841 ℳ), Leuchtmittelsteuer 6 309 686 (+ 6 309 686 ℳ), Zündwaren⸗ steuer 4 273 970 (+ 4 273 970 ℳ), Brausteuer und Ueber⸗ gangsabgabe von Bier 63 225 144 (+ 15 167 619 ℳ), Spielkartenstempel 1 866 930 (+ 87 800 ℳ), Wechselstempel⸗ steuer 18 551 591 (+ 2 145 626 ℳ), Reichsstempelabgaben: A. von Wertpapieren 36 987 078 (+ 10 017 290 ℳ), B. von Gewinnanteilschein⸗ u. Zinsbogen 2 983 323 (+ 2 983 323 ℳ), C. von Kauf⸗ und sonstigen Anschaffungsgeschäften 21 423 417 (+‿ 9 597 413 ℳ), D. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien 30 351 983 1 141 183 ℳ), b. für Privatlotterien 12 098 901 (+ 1 626 628 ℳ), E. von Frachturkunden 15 020 238 (— 984 942 ℳ), F. von Personenfahrkarten 18 774 992 (— 1 140 012 ℳ), G. von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge 2 315 878 (+ 461 875 ℳ), H. von Ver⸗ gütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten 4 648 799 (s— 1 433 839 ℳ), J. von Schecks 2 978 681 (+ 2978 681 ℳ), K. von Grundstücksübertragungen 24396 713 (+ 24396 713 ℳ), Erbschaftssteuer 37 240 176 (+ 7 981 016 ℳ), Statistische

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1.“

Der siamesische Gesandte Phya Srid Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationssekreäär Luang Bhinish Virajkich die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Regierungsassessor Kleffel in Liegnitz ist dem König⸗ lichen Oberpräsidium in Breslau, der Regierungsassessor Wittekind aus Düren der Königlichen Regierung in Breslau, der Regierungsassessor Graf von Degenfeld⸗ Schonburg in Reichendach der Königlichen Regierung in Stade zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen, der neuernannte Regierungsassessor von Reden aus Cassel dem Land⸗ rat des Kreises Zabrze, der neuernannte Regierungsassessor Steuer aus Oppeln dem Landrat des Kreises Herrschaft Schmalkalden und der neuernannte Regierungsassessor von Versen aus Stettin dem Landrat des Kreises Fulda zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Die Regierungsreferendare Dr, jur. Fiebrantz aus Danzig, Deloch aus Oppeln und Dr. jur. Hesse Edler von Hessenthal aus Merseburg haben die zweite Staatsprüfung

EH

für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

6 8 8 8

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Saaten⸗ stand im Deutschen Reich um die Mitte des Monats April 1910 veröffentlicht.

Baden. Die Budgetkommission der Zweiten Kammer hat

7 II55 „9 w1 z88 , 8 22 gestern, „W. T. B.“ zufolge, einstimmig die Forderung von 150 000 für die Umwandlung von Eisenbahnwagen dritter in solche vierter Klasse abgelehnt.

Mecklenburg⸗Schwerin. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern von einem Prinzen entbunden worden. ““ 6“ g

g. von Vergütungen an Mit⸗

Oesterreich⸗Ungarn.

Bei der fortgesetzten Verhandlung des österreichischen Abgeordnetenhauses über die Anleihevorlage be⸗ gründete der Landesverteidigungsminister von Georgi die Notwendigkeit der militärischen Ausgaben in der kritischen Periode des Winters 1908 09 und erklärte, „W. T. B.“ zufolge:

„Wir haben keinen Krieg gehabt, weil unser maßgebendster Faktor

en Krieg haben wollte und weil wir uns durch unser achtung⸗ G ndes Auftreten den Frieden erzwungen haben.“ Der Minister legte ziffernmäßig dar, welch; großen Segen die militärischen Be⸗ stellungen für Industrie, Gewerbe und Arbeiterschaft, namentli angesichts der ungünstigen industriellen Konjunkturen, bedeuteten, lich die großen Opfer an Menschen und Geld hervor, die ein Krieg ver⸗ ursacht haben würde, und wies darauf hin, daß die Wehrmacht mit verhältnismäßig geringen Mitteln bedeutend gehoben worden sei.

Nachdem das Haus die Anleihevorlage in zweiter Lesung angenommen hatte, schlug der Präsident vor, die Sitzung bis 6 Uhr Abends zu vertagen. Hiergegen protestierten die Slavische Union und die Sozialdemokraten. Ein Antrag, das Haus möge sich auf heute vertagen, wurde jedoch abge⸗ lehnt und die nächste Sitzung auf 6 Uhr Abends anberaumt. Nach deren Eröffnung protestierten Sozialdemokraten und Tschechen durch Pfui⸗ und Abzugsrufe gegen das Vorgehen des Präsidenten, dem sie Bruch der Geschäftsordnung vor⸗ warfen. Tschechisch⸗Radikale und tschechische Agrarier ver⸗ langten das Wort zur Geschäftsordnung, um so das Eintreten in die Tagesordnung zu verhindern. Der Präsident wies die gegen ihn erhobenen Angriffe zurück mit der Erklärung, die Einberufung der neuen Sitzung bezwecke lediglich, die dritte Lesung der Anleiheporlage vorzunehmen. Um einer Geschäfts⸗ ordnungsdebatte vorzubeugen, beantragte er jedoch Schluß der

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hat in der heutigen Anleihevorlage i E111A“

Das Abgeordnetenhaus obiger Quelle zufolge, die Lesung angenommen.

Rußland.

Das Unterrichtsministerium hat im Gesetzesvorlage über Privatschulen „W. T. B.“ zufolge, u. a. angeordnet wird, daß in Privat⸗ schulen alle Fächer mit Ausnahme der Religion und der Muttersprache in russischer Sprache vorgetragen werden müssen In nichtrussischer Sprache dürfen in Mittel⸗ und Volksschulen alle Fächer, ausgenommen Russisch, Geschichte und Geographie gelehrt werden, falls die Schule nur für Kinder eröffnet wird, die eine und dieselbe nichtrussische Sprache reden. Nichtchristen und Sektierer dürfen Schulen nur für ihre eigenen Religions⸗ genossen eröffnen.

Die Reichs duma hat gestern, obiger Quelle zufolge ohne Debatte die Vorlage angenommen, die 10 Millionen für das Elementarschulwesen bewilligt, außer den für diesen Zweck im Etat des Ministeriums für Volksaufklärung eingestellten 4 Millionen, nachdem der Referent darauf hin⸗ gewiesen hatte, daß im Jahre 1920 der Plan der allgemeinen Volksbildung Verwirklichung finden werde. 8* sich das Haus bis zum 9. Mai. .

Ministerrat

1 at eine eingebracht, in der,

Türkei. 1“

8 Nach einem heute ausgegebenen Bulletin find, wie das „W. T. B.“ meldet, beim Sultan Symptome von leichten Masern festgestellt worden, die seit einiger Zeit im Palast aufgetaucht sind. Der allgemeine Zustand des Sultans ist nicht besorgniserregend.

Asien.

dte der Vereinigten Staaten in Peking hat, B.“ zufolge, dem Staatsdepartement in Washington telegraphisch mitgeteilt, daß er in der Annahme weiterer ernster Ruhestörungen in Hunan den Kommandanten der amerikanischen Flotte in Amoy ersucht habe, wenn notwendig, Beistand zu leisten, und zugleich seinen ernsten Besorgnissen Ausdruck gegeben, daß die Unruhen sich weiter ausbreiten. Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, hat auch der englische Gesandte seiner Regierung gemeldet, daß die Unruhen in Tschangscha und an anderen Punkten der Provinz Hunan wiederaufzuleben scheinen

Der Gesandte M 2 7—

Koloniales.

Für den zu Anfang Oktober dieses

Jahres unter dem Vorsitz t des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg im ude in Berlin tagenden Deutschen Kolonial⸗

0 ist eine eigene Sektion für Tropenmedizin d. agiene gebildet, zu deren Obmann der Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin, Geheime Obermedizinal⸗ rat, Professor Dr. Gaffky gewählt ist. Für die über drei Tage sich erstrecken en Verhandlungen sind nach den Beratungen des vor⸗ bereitenden Ausschusses der Sektion, dem eine Reihe von Tropenärzten angehört, vorläufig die folgenden Verhandlungsgegenstände in Aussicht genommen. Am ersten Tage soll die Schlafkrankheit besprochen werden, die durch ihre verheerenden Wirkungen im Innern Afrikas seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich gelenkt hat, und deren Erforschung, wie für die Zukunft ganz

frikas, so auch für die Entwicklung unserer afrikanischen Schutz⸗ gebiete von größter Bedeutung ist. Es sollen die derzeitige Aus⸗ breitung der Krankheit, ihre Behandlung und ihre Bekämpfung je in einem besonderen Vortrag zur Besprechung kommen. Für den zweiten Tag ist ein Gegenstand für die Verhandlungen in Aussicht genommen, der augenblicklich auch bei uns in Deutschland wohl nicht minder Anspruch auf die Teilnahme weiter Kreise und besonders der Beteiligten hat, die Frage der Akklimatisation des Weißen in den Tropen. Nach einem zusammenfassenden Ueberblick über den allgemeinen Stand der Frage wird im besonderen auf Wohnungsbau und Wohnungsbenutzung in den Tropen eingegangen werden, weiter auf die wichtige Frage der Ernährung des Europäers in den Tropen, schließlich auf Wirkung der tropischen Sonnen⸗ bestrahlung auf den Weißen. Für die Sitzung des dritten Tages steht eine Anzahl von Einzelvorträgen auf der Tagesordnung. Sie betreffen u. a. die Aufgaben der Eingeborenengesundheits⸗ pflege in den Tropen, die Tätigkeit des Frauenvereins vom Roten Kreuz in unseren Schutzgebieten, weiter die Malaria, die Wurmkrankheiten und die bösartigen Geschwülste in den Tropen. Auch einige Fragen aus dem Gebiete der Viehseuchen werden besprochen werden. Außer diesen in den Sitzungen der Abteilung für Tropenmedizin und Tropenbvpgiene stattfindenden rein fachwissenschaftlichen Verhandlungen wird in einer allgemeinen Sitzung des Kongresses Professor Schilling, Vorsteher der Abteilung für Tropenkrankheiten am Institut für Infektionskrankheiten, über die Bedeutung der neueren Fortschritte der Tropenhygiene für unsere Kolonien sprechen. Es ist Wert darauf gelegt worden, die Verhandlungsstoffe jo aus⸗ zuwählen, daß die Fragen, die augenblicklich im Vordergrunde stehen, und deren Kenntnis von allgemeiner Wichtigkeit und Bedeutung ist, berücksichtigt wurden, und sie so zu behandeln, daß den Teilnehmern ein guter Ueberblick über die zur Erörterung kommenden Gebiete ermöglicht wird. Die Vortragenden sind fast ausschließlich Aerzte, die über eigene Erfahrungen in den Tropen verfügen. Die Beteiligung der ärztlichen Kreise an den Verhandlungen des Kon⸗ gresses verspricht um so größer zu werden, als die Deutsche tropen⸗ medizinische Gesellschaft mit Rücksicht auf den Kolonialkongreß in diesem Jahre auf eine besondere wissenschaftliche Tagung verzichtet hat.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Zweiten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (71.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth beiwohnte, stand die erste und event. zweite Be⸗ ratung der drei von den Nationalliberalen, der fortschrittlichen Volkspartei und den Parteien der Rechten eingebrachten gleichlautenden Gesetzentwürfe, betreffend die Gewährung von Beihilfen an Kriegsteilnehmer. Die Gesetz⸗ entwürfe nehmen den vom Reichstage in der vorigen Session beschlossenen, vom Bundesrat aber nicht vollzogenen Gesetzentwurf wieder auf. Daneben wird in den neuen Entwürfen zur Deckung der erforderlichen Mehrausgaben seitens der fort⸗ schrittlichen Volkspartei eine Verminderung der Branntwein liebesgabe, seitens der anderen Antragsteller die Einführung einer Wehrsteuer vorgeschlagen und die Vorlegung ent sprechender Gesetzentwürfe verlangt. Darüber hinaus fordert ein älterer, schon am 9. Dezember 1909 eingebrachter Antrag Bassermann die Einbringung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Gewährung Ehrensoldes an alle Inhaber des Eisernen

Sitzung und Einberufung der nächsten Sitzung auf heute 10 Uhr, womit sich das Haus einverstanden erklärte. 8

Kreuzes.

Hierauf vertagte

von Liebert (Rp.): Die Tatsache, daß 5 Anträge gestellt and und von sämtlichen bürgerlichen Parteien unterzeichnet sind, ist hn Zeichen dafür, welches Interesse der Deutsche Reichstag daran b. daß den alten Veteranen eine auskömmliche Sicherung für vr Alter zugewendet wird. Ich habe mit dem Abg. von Liebermann wefammen einen Antrag eingebracht, dem als dritter Name noch der zu. Grafen Oriola hinzutrat, den inzwischen der Tod dahingerafft des Gech möchte die Verdienste des Grafen Oriola um unsere Vete⸗ ber. Invaliden und Militäranwärter besonders hervorheben, weil das „Berliner Tageblatt“ die dreiste Stirn gehabt hat, die parlamen⸗ rischen Verdienste des Grafen Oriola mit hämischen Witzen herunter⸗ tar en. Wer hätte denken können, daß das stolze Deutsche Reich wan nach vierzig Jahren nicht in der Lage sein würde, seinen Peteranen den schuldigen Ehrensold zu gewähren. Damals schwammen virim Milliardensegen, und es wurde der Invalidenfonds mit 561 Millionen Mark gegründet. Jetzt aber stehen wir vor dieser schwierigen sind vellen Lage. Einmal hat sich die damals angestellte. Wahr⸗ llichkeitsrechnung als nicht stichhaltig erwiesen, und zweitens ist belastet worden mit einer Menge von Ausgaben, die Wir müssen

finanz kwentlich dem allgemeinen Pensionsfonds zur Last fielen. o auf Mittel und Wege zur Abhilfe sinnen.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen Sitzung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ legenheiten von Trott zu Solz beiwohnte, die zweite atung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Interrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten im Kapitel Elementarunterrichtsw esen“ bei den Entschädigungen an Elementarlehrer und

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lehrerinnen für die Teilnahme an umtlichen Kreiskonferenzen fort. 8

Abg. Dr. Heß (Zentr.) wünscht eine Erhöhung dieser Entschädi⸗ ungen im nächsten Etat: die bisherigen Entschädigungen für Reise⸗ und Zehrungskosten reichten nicht aus.

Bei dem Fonds von 1 600 000 für die widerruf⸗ lichen Ostmarkenzulagen für die Lehrer und Lehrerinnen in den Provinzen Posen und Westpreußen tritt

Abg. Ernst (fortschr. Volksp.) dafür ein, daß den dortigen abrern nicht nur auf ihr Gehalt, sondern auch auf die Ostmarken⸗ zulage ein Zuschlag von 10 % bewilligt werde.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole): Wenn wir gegen den Ostmarkenfonds stimmen, so geschieht es nicht, weil wir den Lehrern böhere Bezüge und Zulagen mißgönnen, sondern weil unser Fonds zu

Sll führen muß. Daß das Niveau der P ed st, liegt an der Schulmethode, an dem Schulsystem. Nur für die atholischen Schulen besteht ein Lehrermangel. Die Ostmarken⸗ zlage wird den Lehrern entzogen, wenn sie mit ihrer Frau und mit hren Kindern polnisch sprechen, wenn sie mit polnischen Familien verkehren, wenn sie bei polnischen Kaufleuten ihre Einkäufe machen.

s e unwiderruflichen gemacht und allen Lehrern

Wenn diese Zulagen zu 1 - illen L Unterschied gewährt würden, so würden wir dafür stimmen. em bemerke ich, e

volitischen Zwecken benutzt wird und zu einer Korruption der Lehrer.

Schulen in Posen ein niedriges

Einer früheren Bemerkung des Abg. Ernst gegenüber bemerke daß man in Posen Simultanschulwesens nicht

wünscht. 8—

Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Abg. von Jazdzewski hat heute im wesentlichen das wiederholt, was wir Jasdz 8 I“ Möü-r. 1aa . von ihm in jedem Jahre bei diesem Titel gehört Im Auf⸗

ine Erweiterung des Der

aben. trage des Herrn Ministers habe ich wiederum seine Behauptung, daß

Ostmarkenzulage ein Korruptionsfonds sei, als unbegründet zurück⸗ uweisen. Die Zulage hat die Aufgabe, den Beamten und Lehrern, die in den gemischtsprachigen Landesteilen vorhanden sind, ihr seiner ganzen Natur nach besonders schweres Amt zu erleichtern und sie zu ermuntern, auszuharren in den besonderen Schwierigkeiten, die sie dort zu überwinden haben. Der Minister kann den Lehrern zur dafür danken, daß sie sich bemühen, die deutsche Sprache so weit zu fördern, wie es nach Lage der Verhältnisse möglich ist. Es ist den Lehrern nicht verwehrt, mit ihren Frauen polnisch zu sprechen, sondern die Ostmarkenzulage ist nur in solchen Fällen zurückgezogen vorden, in denen nicht einmal die eigenen Kinder des Lehrers das Deutsche so weit beherrschen, wie es von ihnen verlangt wird. Daraus geht hervor, daß der Lehrer den Aufgaben seines Amtes nicht gewachsen ist.

Abg Ernst (fortschr. Volksp.) bemerkt gegenüber dem Abg. Dr. von Jazdzewski, daß die Simultanschulen in der Provinz Posen ssch sehr gut bewährt hätten, wo nicht die Agitation den Frieden stoöre. Die konfessionelle Schule bringe es mit sich, daß zahlreiche Zwergschulen beständen, in denen vielfach nur 10 Kinder seien. Es wäre das Natürliche, wenn diese Schulen für die Minderheit mit anderen Schulen zusammengelegt würden.

Der Fonds wird gegen die Stimmen des Zentrums und der Polen bewilligt. 8

Zu dem Fonds von 6,3 Millionen für Pensionen für Lehrer und Lehrerinnen bemerkt 1

Abg. Volger (freikons.), daß nach der Erhöhung der Lehrer⸗ gebälter auch die Pensionen entsprechend erhöht werden müßten, weil die Teuerungsverhältnisse die ausgeschiedenen Lehrer ebenso beträfen, wie die noch im Amte befindlichen. Es müsse auch in Preußen der Kardinalsatz gelten, daß erhöhte Gehälter erhöhte Pensionen zur Folge hbaben, auch für die Altpensionäre.

Abg. Dr. Schepp (fortschr. Volksp.): Der Ministerialdirektor hat im vorigen Jahre eine Erhöhung der Pensionen der Alt⸗ pensionäre zugesagt. Der Fonds für die Unterstützungen für aus⸗ geschiedene Lehrer und Lehrerinnen, aus dem Zuschüsse zu den Pensionen gewährt werden, ist allerdings in diesem Jahre um 148 500 auf 1 048 500 erhöht worden. Der Finanzminister hat das Be⸗ dürfnis für erhöhte Unterstützungen anerkannt. Das System der Unterstützungen ist allerdings immer mißlich, denn es ist für niemand angenehm, solche Unterstützung erbitten zu müssen. Es bezieht daher nur ein geringer Teil der Pensionäre solche Unter⸗ stůtzungen. Geschädigt sind die pensionierten Lehrer gegenüber anderen Beamten dadurch, daß ihnen die Dienstwohnung viel zu niedrig als Teil des pensionsfähigen Gehalts angerechnet wird. Tatsächlich sind die Lehrerpensionen in Preußen zu niedrig. Im Königreich Sachsen hat man allen Pensionären einen bestimmten Prozentsatz der Pension als Zuschuß dazu gegeben. Wenn bei uns selbst der Finanzminister das Bedürfnis anerkennt, sollte sich auch ein Weg finden, den Lehrern zu helfen. Ich bitte den Minister, den pensionierten Lehrern mit größerem Wohlwollen entgegenzu⸗ kommen.

Kommissar des Finanzministeriums, Geheimer Oberfinanzrat Löhlein erwidert, daß diese Frage auf Grund mehrerer Petitionen das Haus beschäftigen werde; er gehe deshalb sachlich augenblicklich nicht darauf ein. Uebrigens habe der Finanzminister nicht allgemein das Bedürfnis anerkannt, sondern gesagt, das man wohl nicht für alle Pensionäre das Bedürfnis anerkennen könne, daß aber da, wo ein Bedürfnis vorliege, durch Zuschüsse aus dem Unterstützungsfonds ge⸗ holfen werde. 8

(Schluß des Blattes.)

dann

Unn

Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Kolonial⸗ und Konsulargerichts hofs nebst Begründung zugegangen.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung der Vorschriften über die Wohnungsgeldzuschüsse und Mietsent schädigungen nebst Begründung yporgelegt worden.

Ferner ist dem Abgeordnetenhause eine Nachweisung der staatseigenen, an Arbeiter vermieteten Häuser

+₰

im Bereiche der staatlichen Salinenverwaltung Preußens (mit Aus Gemeinschaftswerke) nebst Erläuterung und einigen Skizzen zugegangen. Für die insgesamt vorhandenen 4872 staats⸗ eigenen Arbeiterwohnungen betragen nach der Nachweisung die Anlage⸗ bezw. Erwerbskosten 20447891 ℳ, im Durchschnitt für jede Wohnung danach 4197 ℳ, während der Gesamtbetrag der jährlichen Mietseinnahmen sich auf 785 317,80 und die Reinverzinsung des gesamten Anlage⸗ bezw. Erwerbskapitals sich auf 3,13 Prozent stellt.

Hütten⸗ und

Berg⸗, H. Ausnahme der

1910. dem Märzheft der vom Kaiserlichen Statistischen Amt

herausgegebenen „Monatlichen Nachweise über den auswärtigen Handel

Deutschlands“ betrug die Einfuhr im Märzd. J. 4 515 902 t und 19 220 Stück (darunter 19 167 Vormonat hat sie zu⸗, gegen den März v. J. Ausfuhr im März betrug 4 216 274 t und 736 S8 Gegen den Vormonat und den März v. J. hat sie erheblich zu⸗ genommen.

Die Gesamteinfuhr belief sich im 1. Vierteljahr 1910 auf 12 401 092 t und 44 751 Stück (44 647 Pferde) gegen 11 956 987 t und 35 317 Stück (35 248 Pferde) im gleichen Abschnitte des Vor⸗ jahres. 17 von 19 Tarifabschnitten zeigen eine verstärkte Zufuhr, namentlich Erzeugnisse der Landwirtschaft, chemische Erzeugnisse, unedle Metalle (besonders Eisen), Steinwaren. Ein starker Rückgang zeigt sich bei Erzen, ein geringerer bei Brennstoffen.

Die Gesamtausfuhr erreichte im 1. Vierteljahr 1910 11 661 477 t und 2101 Stück (1980 Pferde) gegen 10 571 981 t und 1903 Stück (1821 Pferde) im gleichen Abschnitt des Vorjahrs. Bei 18 von 19 Abschnitten ist eine Zunahme des Absatzes zu ver⸗ zeichnen, die größte bei mineralischen und fossilen Rohstoffen, ferner bei chemischen Erzeugnissen, unedlen Metallen (Eisen + rund 190 000 t).

Die Einfuhr hatte im 1. Vierteljahr ohne Edelmetalle und Wertpapiere einen Wert von 2,1 Milliarden Mark gegen fast 2 Milliarden im Vorjahre, die Ausfuhr einen solchen von 1,7 Mil⸗ liarde Mark gegen 1,5 Milliarde im Vorjahre. Die Märzeinfuhr erscheint mit 0,7, die Märzausfuhr mit 0,6

im Spezialhandel Gegen den

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enommen. Die

Zur Arbeiterbewegung. id der Baugeschäfte von Berlin und den m, wie hiesige Blätter melden, in seiner gestern abend thause abgehaltenen Generalversammlung ein⸗ n Schiedsspruch des Einigungsamts des Be⸗ erichts an. (Vgl. Nr. 94 d. Bl.) Von den rganisationen, den Verbänden der Maurer, Zimmerer, Bauhilfsarbeiter und dem christlichen Verbande, lagen Er⸗ klärungen vor, sie ebenfalls dem Schiedsspruch zuge⸗ stimmt hätten. Dem Einigungsamt des Gewerbegerichts werden heute, Sonnabend, offiziell diese Entschlüsse mitgeteilt werden. Der Friede im Berliner Baugewerbe ist somit gesichert. Die Einigungsverhandlungen zur Beilegung des seit längerer Zeit währenden Ausstandes bei der Firma Hugo Linder, Deltawerk, in Solingen sind, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, daran gescheitert,

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die Arbeiterorganisationen die Entlassung der Arbeitswilligen forderten, die Firma es aber ablehnte, die Arbeiter, die ihr während des Streiks geholfen hätten, zu entlassen. 8 Die Arbeiter der Staatsbahnwerkstätte in der Pariser Vorstadt Batignolles traten, „W. T. B.“ zufolge, in den Ausstand, weil eine ihnen versprochene Zulage nicht bezahlt und die in Aussicht gestellte Lohnerhöhung nicht mit Bestimmtheit zugesichert worden ist. In Gijön (Provinz Oviedo) sind, wie „W. T. B. meldet, die Bäcker in den Ausstand getreten. Zu ihrem Ersatz sind Militär⸗ bäcker beordert worden. b 8 Die Lohnbewegung der belgischen Bergarbeiter (vgl. Nr. 94 d. Bl.) ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, jetzt auch auf das Lütticher Kohlenbecken, zumal auf den Bezirk Herve, über⸗ getreten. Den Zechen sind vielfach Forderungen auf Lohnerhöhung überreicht worden. Die Belegschaft der Zeche Corbeau trat trotz des Angebots einer fünfprozentigen Lohnerhöhung unter der Forderung

einer zehnprozentigen in den Ausstand. (Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Der amerikanische Humorist Mark Twain ist vorgestern im Alter von 75 Jahren nach längerer Krankheit auf seiner Besitzung in Redding im Staate Connecticut an Herzasthma gestorben. Seltsam⸗ bizarr wie seine Kunst, war auch sein Leben. Samuel Clemens, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war als armer Leute Kind in Florida in Missouri geboren; noch ein Knabe, mußte er als Druckerlehrling und Setzer sein Brot verdienen; mit 17 Jahren nahm er Dienste auf einem Mississippidampfer, um Lotse zu werden. Bald vertauschte er aber die Peilstange mit der Schaufel des Goldgräbers: endlich wurde er Redakteur in Virginia City und erntete bald die ersten Erfolge seiner humoristischen Begabung Zwei große Reisen nach Europa schilderte er in den beiden Werken „The innocents abroad“ und „A tramp abroad“, die seinen Ruf begründeten und schnell in weite Kreise trugen. Ihnen reihten sich in rascher Folge Erzählungen, Humoresken und Skizzen an, die ihren Weg durch alle Kulturländer und Mark Twain zu einem der bekanntesten Schriftsteller machten. Auch in Deutschland fanden besonders seine kleineren Humoresken und Skizzen einen großen Leserkreis, dem sie namentlich durch eine Auswahl in Meyers Volksbüchern und in der Reclamschen Sammlung zugänglich gemacht worden waren. Mark Twain kann als Begründer und hervor⸗ ragendster Vertreter jener besonderen Art der humoristischen Darstellung gekten, die man mit Recht als amerikanisch bezeichnet. Bizarre Ein⸗ fälle, drastische Komik, absichtliche Uebertreibung bis zur Verzerrun der Wahrheit sind ihre charakteristischen Eigenschaften. Was namentli

der Deutsche als unerläßliche Beigabe, ja als tiefsten Kern des Humors.

schätzt, daß er aus einem warmen, mitfühlenden Herzen quelle, daß er „gemütvoll“ sei, fehlt seiner amerikanischen Abart fast gänzlich, und auch bei Mark Twain wird man nur ganz selten gemütvolle Saiten leise anklingen hören. Unübertroffen aber ist sein Scharfblick für die lächerlichen Schwächen des Menschengeschlechts, sein Reichtum an tollen Einfällen und seine Kunst, komische Situationen sowohl packend mit wenigen Strichen, als auch in behaglicher Breite fesselnd zu schildern. Was seiner bizarren, meist negativ gerichteten Kunst höheren inneren Wert verleiht, ist der Umstand, daß er seinen Witz im Grunde nur gegen wirklich Lächerliches kehrte. v

Die Ausgrabungen an der Stätte des alten Ostia, die die italienische Regierung z. 3. ausführen läßt, haben schon jetzt so reiche und mannigfache Funde gezeitigt und so interessante Ein⸗ blicke in die antike Stadtbaukunst erschlossen, daß man sie in mancher Hinsicht an Wichtigkeit neben die Ausgrabungen in Pompeji stellen kann. Professor Luciani hat sich jüngst in der „Tribuna“ über die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen geäußert. Was sie be⸗ sonders bemerkenswert macht, ist, daß man zwei Städte, die übereinanderliegen, aufdecken konnte. In der oberen Schicht das Ostia aus der Zeit des Hadrian und etwa 2 ½ m tiefer das ältere Ostia aus der republikanischen Zeit. Die Neuanlage der

je 8 Blatt Abbildungen in Kunstdruckausstattung.

Stadt in der Kaiserzeit wurde durch die wachsende Breite, durch die Erhöhung des Flußbettes des Tiber gehoten. Der steigende Wasser⸗ spiegel drohte die eigentliche Wohnstadt von der Sreicherstadt abzuschneiden. Aus den bisherigen Ausgrabungen geht hervor, daß die Neuanlage der Stadt von einem einzigen Archi⸗ tekten großzügig nach einheitlichem Plane durchgeführt wurde. Die Anlage des Straßennetzes und die Raumabmessungen muten beinahe amerikanisch an. Sie erfolgte in rechtwinkligen Häuserblocks und in langen, bis 20 m breiten Straßenzügen. er Tiber trennte die Stadt in zwei Teile: auf dem einen Ufer die Wohnhäuser der Kaufherren und der Gewerbetreibenden,

dem anderen die großen Speicher, die vornehmlich dem Getreide⸗ andel dienten. Unter den ausgegrabenen Gegenständen befinden sich außer Getreidefässern bis zu einem Fassungsgehalt von 30 Amphoren aus den Speichern, auch zahlreiche Gebrauchs⸗ und Kunstgegen⸗ stände aus den Patrizierhäusern ferner Grabdenkmäler, In⸗ schriften u. a. m. Interessant ist die Beobachtung, daß bei den Neubauten in der Kaiserzeit die alten Bauwerke und In⸗ schriften augenscheinlich nach Möglichkeit geschont wurden. Die Gegenüberstellung der Ausgrabungsergebnisse von Ostia und von Pompeji gewinnt noch an Reiz, wenn man bedenkt, daß es sich bei Pompeji um den üppigen Sommersitz der reichen Römer, in Ostia um einen Mittelpunkt von Handel und Arbeit handelte. 8

Literatur.

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Anselm Feuerbach⸗Werk. 10 Lieferungen in gr. 4 mit Mit biographischer Würdigung von H. Uhde⸗Bernays. Preis der Lieferung 2,50 ℳ, bei Hanfstaengl,¹ Die eben erschienene erste Lieferung dieser Publikation, die in einheitlicher Weise der edlen Kunst Anselm Feuerbachs, wie sie aus seinen besten Gemälden und Handzeichnungen zu uns spricht, ein volkstümliches Denkmal setzen soll, berechtigt zu den schönsten Erwartungen. Die vornehme Ausstattung verleiht einzelnen Wiedergaben eine feierliche Neben

bachs bekanntem Selbstbildnis begegnen wir

idealen Iphigeniegestalten am Meeresgestade,

Madonna, der Amazonenschlacht und mehreren

in Faksimilenachbildung. Schönheit der F

besteht in der wunderbaren Verschmelzung antiken

Geistes, in dem feierlichen Ernst seines Vortrags 1

seiner Bilder büßt auch in den Reproduktionen nicht viel

zum großen Teil auf zeichnerischen Werten beruht.

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au preiswerte Werk kann erzieherisch nur Gutes wirken und man muß ihm die weiteste Verbreitung wünschen.

—Felicitas Rose: Die Eiks von Eichen. Roman aus einer Kleinstadt. Preis 3,50 ℳ. eutsches Verlagshaus Bong u. Co. Es ist der Werdegang des Jüngsten der Eiks von Eichen, der uns in diesem Buch geschildert wird. sehen den scheuen, zarten, liebebedürftigen Bertold an der Hand seiner jung verwitweten Mutter ins großvaterliche Haus, in den „Eichenborn“, den alten Herrensitz der Eiks, einkehren. Die vom Schicksal schwer geschlagene Frau muß Schritt für Schritt die alte Heimaterde zurückerobern, die sie einst gegen des strengen Vaters Willen preisgab, als sie dem Künstler Malcroix heimlich in die Welt hinaus folgte. Sie tut es durch Demut und Geduld, ihre Hoffnung und ihre Liebe aber ruhen in ihrem einzigen Kinde. Den ehrlos gewordenen Namen ihres Mannes vertauscht sie mit dem nach außen hin starken und ehrlichen, wenn auch gefürchteten derer von Eik, der aber, wie sie später er⸗ fährt, auch seine geheimen Schatten ägt. Franziska Malcroix ist die uneheliche Tochter ihres Vaters. So ist es ein dunkles Gewebe offner und geheimer Schuld, das sich um den Eichenborn schlingt, als der junge Bertold seine Schwelle betritt. In dem Knaben vereinigen sich der heftige Jähzorn der Eiks, das musikalische Genie des Vaters mit der Gefühlstiefe der Mutter, und so wird der seiner Kindheit zu einem dornenvollen. Aber die tausend Schmerzen lehren ihn Ueberwindung und vertiefen sein Gemüt, bis endlich das Härteste, das ihn trifft, der Tod der Mutter und der Verlust seiner Liebeshoffnung, den Künstler in ihm zur herrlichsten Blüte entwickeln. „Mußte man wirklich einen solchen Dornenweg des Entsagens gehen, wenn man zu dieser Höhe klimmen wollte?“ fragt seine Seele. Und die Antwort bleibt nicht aus: „Denn jene unter den Zuhörern, welchen Frau Musika zur Seherin wurde, tief Verschlossenes offenbarend, sie fühlten jetzt mit dem Künstler den en des Leides. Sie schritten mit ihm durch Höhen und Tiefen und sahen mit leidgeschärften Augen, daß blumenumstan Wege sich im Sumpf verirren, und nur ein schmaler, rar und einsamer Weg hinaufführt ins lichte Kinderland, ins Hochland. Der Künstler Bertold Malcroix hat seines Vaters Namen wieder zu Ehren gebracht, der junge Eik von Eichen kehrt in die Heimat zurück, um verloren geglaubte Liebe wieder zu finden und vereint mit Lieselotte Windemuth, das Gold, welches im Eichenborn lag, von allen Schlacken zu läutern.“ Reicht auch das Buch an dichterischem Gehalt und Eigenart nicht voll an Felicitas Roses „Heideschulmeister Awe Karsten“ heran, so ist uns doch auch

gegeben, in dem echtes und reines Empfinden künst⸗ ruck gefunden hat.

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Theater und Musik

Lessingtheater.

Spielzeit würdig zu beschließen, hat das Lessingtheater wieder einen Ibsen⸗Zyklus angesetzt, der dreizehn Abende umfassen wird und gestern mit dem „Bund der Jugend“ begann. Man kennt die prächtige Aufführung von früher her und konnte sich auch gestern wieder an der Frische und Natürlichkeit des Zusammenspiels erfreuen. Nur eine Rolle war neu besetzt, eine Hauptrolle freilich, diejenige des früher von Bassermann gespielten Rechtsanwalts Stens⸗ gard. Heinz Monnard, der hier das Erbe Bassermanns an⸗ getreten hat, gibt den dreisten, den Mantel nach dem Winde drehenden Prahler schlichter, lustspielmäßiger als sein Vorgänger, der bei dem Charakter schon den Keim erkennen ließ, der dem älteren Ibsen erst in der Figur Hjalmar Ekdals heranreifte. Die anderen Rollen waren in den altbewährten Händen. Herrn Sauers fein ge⸗ zeichneter Kammerherr, Reichers verschmitzter Lundestad, Rickelts 8 häbiger Spekulant Monsen, Stielers gerader, ehrlicher Fieldbo, die Herren Marx, Forest, Ziener, die Damen Eberty, Orloff seien be⸗ sonders hervorgehoben. Es war ein anregender Abend.

Um die

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonntag, die erste Wiederholung von „Poia“, Oper in drei Akten von A. Nevin, mit der gleichen Besetzung wie am Erstaufführungsabend statt. Nachmittags (2 ½ Uhr) geht „Die Fledermaus“ in Szene, mit den Damen Hempel, Dietrich, Parbs, Wichgraf, den Herren Philipp, Bronsgeest, Sommer, Vollmer, Dahn und Schöffel in den Haupt⸗ rollen besetzt. Am Montag wird „Der Prophet“, mit den Herren Berger, Hoffmann, Knüpfer, Sommer, Bachmann, den Damen Goetze und Denera in den Hauptrollen, gegeben.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen K. Nie⸗ manns Lustspiel „Wie die Alten sungen“ aufgeführt. Die Hökerin Hanne spielt Frau Schramm, den Fürsten Leopold Herr Molenar. Am Montag wird H. Sudermanns Schauspiel „Strandkinder“ in der bekannten Besetzung wiederholt. Das Königliche Schauspiel⸗ haus plant für die nächste Spielzeit einen umfassenden historischen Lustspielzyklus. Die betreffenden Neueinstudierungen werden schon jetzt in Angriff genommen, so wird am Mittwoch, den 17. d. M. zunächst Bauernfelds Lustspiel „Bürgerlich und Romantisch“, neu einstudiert, aufgeführt.

Im Neuen Königlichen Operntheater geht morgen, „Der deutsche König“, Schauspiel von E. von Wildenbruch, mit Herrn Staegemann in der Titelrolle in Szene. Außer ihm sind in den Hauptrollen die Herren Sommerstorff, Geisendörfer, Werrack, Lindner, Nesper, Pohl, Zeisler, Patry sowie die Damen Butze, Lindner, Ressel und von Arnauld beschäftigt.