“
Nichtamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 27. Mai.
Seine Majestät der Kaiser und König leiden an einem Furunkel in der Gegend des rechten Handgelenks und sind deshalb genötigt, die Hand zu schonen.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse fün Handel und Verkehr und für Justizwesen sowie der Aus⸗ chuß für Justizwesen Sitzungen. 111“
Das Königliche Staatsministerium trat gestern zu einer Sitzung zusammen. 8 — ₰ 11 8 Frankreich. . Im Ministerrat erklärte gestern, „W. T. B.“ zufoeze, der Kriegsminister Brun, daß die Reservisten, die am 23. d. M. in Nimes gemeutert hätten, vorgestern exerziert hätten, ohne daß etwas vorgekommen sei; der Gesundheitszustand sei gut. Die Meuterei sei einerseits darauf zurückzuführen, daß zahlreiche Raservisten geglaubt hätten, man würde sie in Nimes lassen, statt] sie ins Lager zu schicken, andererseits auf die Gegenwart einicher Hitz⸗ köpfe, die noch von dem Wahlkamyf aufgeregt gewesenr seien. Seitens der Militärbehörde würde die Untersuchung fortgesetzt; die Rädelsführer sollten vor ein Kriegsgericht gestellt, die anderen Schuldigen disziplinarisch bestraft werden.
Das Präsidium der Reichsduma hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, die Gesetzesvorlage über Finnland noch vor den Sommerferien auf die Tagesordnung zu setzen. — Der finnische Landtag hat, obiger Quelle zufolge, en von der Grundgesetzkommission redigierten Text eines Bitt⸗ gesuchs um Wahrung der Grundgesetze Finnlands und Auf⸗ hebung oder Abänderung der in den letzten Jahren im Wider⸗ pruch mit den Grundgesetzen getroffenen Maßnahmen an⸗ enommen, ferner ein Bittgesuch, das Lotsenamt nicht dem Marineministerium unterzuordnen. “ Italien.
In der Deputiertenkammer richtete gestern Cabrini eine Anfrage an die Regierung über den Stand des Arbeitsmarktes im Baugewerbe in Deutschland.
8 Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erwiderte der Unterstaats⸗ sekretär im Auswärtigen Amt Fürst di Scalea, die italienische Regierung sei der Ent vicklung dieser Krise mit Aufmerksamkkeit gefolgt und habe am 20. Mirz ein Communiqus veröffentlichen lassen, um
ie italienischen zeitn eiligen Auswanderer in Kenntnis zu setzen, daß sie vermeiden sollten, in Deutschland in einen Konkurrenz⸗ kampf sich einzulassen, wodurch sie die Feindseligkeitz der Ausständigen hervorrufen würden. In den ersten Tagen des April sei ein zweites Communigué veröffentlicht worden, in dem bekanntgegeben wurde, daß die Verhältnisse auf dem Markte noch immer ernst seien; auch sei eine Depesche in demselben Sinne an die Präfekten der Provinzen geschickt worden.
Cabrini zollte dem
1
der Abg.
Vorgehen der Regierung Beifall.
Türkei. Wie die Konstantinopeler Blätter melden, hat der Minister des Innern alle Gouverneure verständigt, daß der Aufstand
in Albanien als beendet betrachtet werden könne.
Koloniales.
Aus Deutsch⸗Ostafrika meldet, „W. T. B.“ zufolge, der stellvertretende Gouverneur, daß es der zur Verfolgung des Häuptlings Lukarra in Ruanda entsandten Askariabteilung nicht gelungen ist, der Mörder des Paters Loupias habhaft zu werden. Diese flohen teilweise in Höhlen, teilweise in das Gebiet der belgischen Congokolonie. Beim Eindringen in die Höhlen wurde der Leutnant Falkenstein von der Kaiserlichen Schutztruppe am Knie leicht verwundet; er ist aber wahrscheinlich schhon wieder dienstfähig. Bei der Verfolgung der Täter, bei der ein Askari schwer verwundet wurde, leisteten die belgischen Behörden bereitwillig Unterstützung. Nachdem die militärische Unternehmung gegen den Häuptling Lukarra, an der sich auch die Eingeborenen eifrig beteiligten, beendet ist, sind die Truppen und Polizei bis auf 40 Mann, die auf dem Mruhengeriposten belassen wurden, zurückgezogen v11ö1“¹“ “
Parlamentarische Nachrichten.
Auf der Seeen; für die heutige (72.) Sitzung des
b Hauses der 2 bgeordneten, welcher der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. von Bethmann
Hollweg, der Justizminister Dr. Beseler und der Minister
des Innern von Moltke beiwohnten, stand die Beratung des
vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten
Gesetzentwurfs zur Abänderung der Vorschriften über die Wahlen zum Hause der Abgeordneten.
Der Präsident von Kröcher eröffnete die Generaldiskussion unnd erteilte das Wort zunächst dem Präsidenten des Staats⸗ ministeriums, Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.
Nach diesem sprach der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa skons.), dam wieder der Präsident des Staatsministeriums und bei Schluß des Blattes der Abg. Herold (Zentr.).
8
Das Mitglied des Herrenhauses Dr. Kersten, Ober⸗ bürgermeister der Stadt Thorn, ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, am 26. d. M. daselbst gestorben.
“
2₰
e
1
tätigen
Tausende au aber kein Zwei auch als Mita⸗ Mitarbeit ist, vie bessere diesmalhe Zählweise hat aber die neuen Ergebnise sich mit den früberen nur Lösen wir nämüich von den angehörigen ab, Frauen vorhanden:
1) mithelfende F 2) Berufstätige o Dienstmädchen 1I 1 bis 3 zusanmen 2 und 3 zusammen
3
wollen.
nommen 8 als die Zahl der Dienstboten sogar absolut abgenommen hat. Scharen , die früher anderen Berufen (besonders den Kontorberufen in den Im übrigen aber ist uns die anscheinend so stürmische unahme der Frauenarbeit unter den 1 b keine Vermehrung der Fr eine Tatsache, die als eines der wichtigsten Ergebnisse der Berufs⸗ zählung bezeichnet werden darf. 2
von
Verschiebung,
Eisenba den Schaden aus.
heitsamt nachricht
ne esetzgebung (Preußen.) 8 otsdam.) A⸗ aracken.
(Gibraltar.)
Tierseuchen im — Desgl. in
3* 2 12
It e . Vierteljahr. —
“ 16 b
Hes Kaiserlichen Gesund
— oolgenden Inhalt: Personal⸗ 4 1.4,1-ung der Volkskrankheiten. — 4 11.— Desgl. gegen Cholera. — 4 9 Weinuntersuchungszeugnisse. — 4 1. — Zahnpflege. — ( eg.⸗Bez. 4 ½ Bauten. (Bayern.) Kranken⸗ Inh atätsdienst in den Kolonien. 4(Neu⸗Seeland.) Nahrungsmittel. he, 15. Mai. — Desgl. im Auslande. Desgl. in der Präsidentschaft
8*
Op Rei
Bombay, 1908/⁄. Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen.
(Preußen.) — Vereinen,
Auslan des. —
— De sgleichen ijeutschen Stadt⸗ und
Kong zres usw. XV. Internatheon Vermischtes. (E Heutss Reich.) Geschä amts, 1909. —— Stockholm War — (Aegyptren.) 20 St 1 WochaEntabelle Er die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und meshr Einwoern. — Desgleichen
u. Jandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, (Vereinigte Staaten von Amerika.) ygiene und Demographie. — sbericht des Reichsversicherungs⸗ der Städte Elberfeld, Wiesbaden, (Sesterreich.) Konservierungsmittel. 1909. — Geschenkliste.
Kongreß für
blichkeit ꝛc. 1908. — blichkeit in 20 Städten,
in größeren Städten des äusern deutscher Großstädte.
Eunkungen in Kranken udbezirken. — Witterung.
tatistik und Volkswirtschaft.
ie Frauencheit im Deutschen Reiche nach der Berufs⸗
„Die bis je zählung vom 1
Arbeiterfreund son dem
Dr. Böhmer
zählung von 1907. 1 vorliegenden Ergebnisse der Berufs⸗ und Betriebs⸗ Juni 1907 werden in der Vierteljahrsschrift „Der Direktor des bremischen Statistischen Amts
einer eingehenden Besprechung unterzogen, in der
besonders die Pführungen über die Frauenarbeit beachtenswert sind.
Die allgemein Ansicht geht dahin,
ewaltige Zungr einschließlich r berufstätiger 8. Männer.
daß die Berufszählung eine ne der Frauenarbeit im allgemeinen nachgewiesen habe. Dienstboten wurden nicht weniger als 9,5 Millionen uen ermittelt, gegen 18,5 Millionen berufstätiger
DieFrauen stellen also heute unzweifelhaft einen außer⸗
ordentlich v;. Faktor unseres nationalen Erwerbslebens dar. Rein
ziffernmäßig
Jahre 1895, i Zählung des
scint auch eine starke Vermehrung eingetreten zu sein. Denn die Gesat
zahl der berufstätigen Frauen im Hauptberuf betrug im die vorletzte Berufszählung stattfand, 5264 393, bei der
res 1907 dagegen 8 243 498. Dies ergibt bei der ersteren
Zählung 20 % bei der letz eren 26,4 % der gesamten weiblichen Be⸗ 98
völkerung.
22*
ritte diese Vermehrung in demselben Verhältnisse fort,
so würde in X Tat eine völlige Verschiebung in der Struktur unseres
rung nur eine
banenehas einer anderen
Familienaneh
Nehmen sir
stets fi
wir insbesondere X
der Betrieb is ohne diese Mitarbeit oft geradezu unmöglich.
Landwirt wir d landwirtschaftche
in der Zeit de Bestellung die Fra des Bäckers,
sein, die Fra verkauft im Lder
sonstige Vernndte,
Das war frher
Mitarbeit de Familienglieder infolge der größeren
d
.
cheinbare. rt der Zählung bei
werkers, der er- Laden es D ten en, daß die Familienangehörigen dieses Mannes,
zahlte Arbeitkräfte verursachen, heute intenf Aber in der Art der Zählung der mithelfenden eine vlige dn
die Neigung vor, diese Familienmitglieder zum haupts zuzurechnen, verschwanden. sorgfältigeren Vorbereitun Berufstätige migezühlt.
amilienangehörige
eintreten. In Wirkklichkeit ist aber diese Vermeh⸗ t Sie beruht nämlich zum großen Teil auf den sogenannten mithelfenden örigen. die Familie eines kleinen Landwirts, eines Hand⸗ den hat, eines kleinen Detalllisten, so werden Ehefrauen, in seinem Geschäft mittätig sind. Ja, Beim ie Frau bei der Pflege des Viehes und bei allen i Verrichtungen, die im Hause vorgenommen werden, und Ernte auch auf dem Felde mittätig des Schlächters, des Grünkramhändlers n usw. Auch alle arbeitsfähigen Kinder, Eltern und die mit der Familie zusammenleben, tun dasselbe. im wesentlichen ebenso wie heute, wenn auch die 5 Ausgaben, die be⸗ iver geworden sein mag. Familienglieder ist erung eingetreten. Bei früheren Zählungen herrschte Mitarbeit zu ignorieren und die mithelfenden großen Teil den Angehörigen des Famitlien⸗ sie aus der Zahl der Berufes⸗ aber wurden sie infolge einer der Zählung fast durchweg als Zesonders war dies in der Landwirtschaft
wodurch 1907
der Fall, währeid im Handwerk und im Kleinhandel sicher noch viele ch siesmal unter die s fl, daß alle diese beitende Berücksichtigung finden müssen, denn ihre
Angehörigen geraten sind. Es ist mithelfenden Familienangehörigen
schlechthin unentbehrlich. Die Wirkung gehabt, daß die 1 schlecht vergleichen lassen. Berufstätigen die mithelfenden Familien⸗ so ergibt sich folgendes: Es waren berufstätige
wir gesehen haben,
1895
158 944 105 449 313 957 6 578 350 5 419 406
1907 weibl. Pers. 1895 1907 44 10,2 15,6 16,2 5,0 40 25,0 30,4 20,6 202.
in Proz. aller
1 hne Mithelfende 3
Wir haben in diesen Ggsamtzahlen die Dienstmädchen den berufs⸗
Wollen
amilie im V hat.
Mädchen
ewandt.
8IZA11“
tätigen Frauen hinzugerechnet, was ohne Zweifel nötig ist, wenn wir uns ein Bild über die, 3 .Nun zeigt unsere elste Gesamtsumme, bei der wir auch die mithelfenden Familienangehötigen berücksichtigt haben, eine Zunahme der Zahl der weiblichen “ von 25,0 auf 30,4 % aller weib⸗ lichen Personen. —
Zunahme der auf fast das Dreifache diese Kategorie bei den wurde. von den Mithelfenden, Das ist in unserer zweiten Summe
ss ,daß die Zah
die Gesamtarbeit des weiblichen Geschlechts machen
Wir haben cher ausgeführt, und ein Blick auf die große
Zahl der mitselfenden weiblichen Fam ienangeboniges
bestätizt die Richtigkeit dieser Ausführung, daß 8 iden Zählungen verschieden gezählt wir also ein richtiges Bild gewinnen so müssen wir die das Ergebnis verfälfchen, absehen.
m und hier zeigt l der berufstätigen Frauen I“ der t zu⸗, sondern sogar abge⸗
erhältnis nich 22. Verschiebung insofern eingetreten,
Es ist nur eine
Dienstmädchen wurden, haben sich also
Städten) zu⸗
Händen zerronnen. Nur eine Frauenarbeit ist eingetreten, —
Zur Arbeiterbewegung.
Die ausständigen Steinbrucharbeiter in Méry⸗sur⸗
ine ven Tele önsignale.
Oise (vgl. Nr. 121 d. Bl.) zerschnitten, wie „W. T. B.“ meldet,
graphen⸗ und Telephondrähte und zerstörten mehrere Streckenwärter besserten unter militärischem Schutz
.. ehh⸗er
Die Einführung des Reichsgesetzes über den
Unterstü
— Am 1. April 1910 ist wälzung auf armenrechtlichem der Freiwilligkeit, das eine übergegangen zu
atte, ist man
tzungswohnsitz in Elsaß⸗Lothringen.
in Elsaß⸗Lothringen eine völlige Um⸗
Gebiete eingetreten. Von dem System
deale Seite, aber auch schwere Mängel dem Zustande, daß jedem Hilfs⸗
ze Hilfe von der öffentlichen Armenpflege gewährt
werden muß; es muß in Zukunft in jeder, auch in der kleinsten Gemeinde ein Organ für die Ausübung der Armenpflege geschaffen werden, und die für die Armenpflege erforderlichen Aufwendungen sind vom Gesetz als Pflichtausgaben der Armenverbände bezeichnet worden. Die Armenpflege wird für eine soziale und rechtliche Ver⸗ pflichtung der Allgemeinheit erklärt und dem Armen ein Anspruch auf Unterstützung nach Maßgabe seines Bedürfnisses gesichert. Man darf diesen Uebergang zum neuen Zustand als einen bedeutenden kulturellen Fortschritt verzeichnen, und auch die noch immer vorhandenen Gegner der Neuerung werden sehr bald ihre Segnungen verspüren.
Wie alles Neue wird auch das neue Armenrecht sich nicht von heute auf morgen einleben. Es werden vielmehr den Armenverbänden insbesondere den mittleren und kleineren Gemeinden, recht erhebliche Schwierigkeiten, nicht bloß finanzieller Art, aus der Anwendung und Handhabung des für Elsaß⸗Lothringen neuen Gesetzes erwachsen; namentlich in der Uebergangszeit werden sowohl in der Auslegung ge⸗ setzlicher Bestimmungen als auch in Organisations⸗ und anderen prak⸗ tischen Fragen stets neue Zweifel auftauchen. Diese Erwägungen haben den Gedanken eines engeren Zusammenschlusses der Armenverbände Elsaß⸗Lothringens in dem am 18. Februar 1910 gegründeten „Elsaß⸗Lothringischen Verband für Armenpflege und Wohltätigkeit⸗ wachgerufen, dessen Aufgabe es in erster Linie sein soll, den Uebergan in den neuen Zustand zu erleichtern. Dieser Erfolg soll u. a. erreicht werden durch Abhaltung von Versammlungen, Vorträgen und Kursen durch die Schaffung einer oder mehrerer Rechtsauskunftstellen sowie vor allem auch durch ein einheitliches Verbandsorgan (Elsaß⸗ lothringische Blätter für Frmens ne), das alle die Armenpflege interessierenden Fragen in Form kleinerer und größerer Aufsätze be⸗ handeln, wichtige Entscheidungen der Schiedsämter und Gerichte Mitteilungen uüber Einrichtungen der Armenpflege usw. bringen soll.
Eine weitere Wirkung der neuen Gesetzgebung wird sein, daß in der Folgezeit das zum Leben Unentbehrliche va von der öffentlichen Armenpflege gewährt werden muß, während bisher die Privatwohl⸗ tätigkeit vielfach diese Aufgabe miterfüllt hat. Dadurch wird eine wesentliche Entlastung der Privatwohltätigkeit eintreten zu Gunsten ihrer eigentlichen Ffhabe der vorbeugenden und ergänzenden Armenpflege.
Kunst und Wissenschaft.
Die physikalisch⸗mathematische Klasse der König⸗ lichen Akademie der Wissenschaften hielt am 12. Mai unter dem Vorsitz des Herrn Schwendener eine Sitzung, in der Herr Branca eine Arbeit des Prof. Dr. Bücking in Straßburg: „Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammensetzung“ überreichte. Die mit Unterstützung der Akademie gemachte Untersuchung aller vukanischen Vor⸗ kommen der Rhön ist damit zum Abschluß gekommen. Es werden hier die Verbreitung der Basalte und Phonolithe sowie ihre chemische Zu⸗ sammensetzung dargelegt. Die geologische Uebersichtskarte der Rhön in 1:100 000 kann jetzt nicht erscheinen, da die Beschaffung einer geeigneten, das ganze Gebiet umfassenden topographischen Unter⸗ lage Schwierigkeiten macht. — Herr Orth legte eine Mitteilung der Herren Dr. Julius Wohlgem uth und Dr. Michael Strich vor: „Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft.“ In einem I. Teil wird der Nachweis geführt, daß es in der Milch ein peptolytisches Ferment giebt, welches vom Magensaft wenig angegriffen wird, dagegen außerordentlich empfindlich ist gegen Temperaturen maßig hohen Grades. Es ist nicht unwahr⸗ scheinlich, daß in ihm die Erklärung der besseren Verdaulichkeit unge⸗ kochter Milch zu suchen ist. Der II. Teil beantwortet die Frage, woher die in der Milch enthaltenen Fermente stammen, für das eine, die Diastase, dahin, daß zwar auch ein Uebertritt aus dem Blute statt⸗ haben kann, daß sie aber im wesentlichen ein Produkt der Milchdrüse ist. — Herr Mu nk überreichte den Tome II der Pravaux de 1'Association de l'Institut Marey. Paris 1910.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen abgehaltenen Sitzung der philosophisch⸗histo⸗ rischen Klasse las Herr Dressel über eine bisher unbekannte Silbermünze des Arsakiden Mithradates III. Aus einem unter dem Partherkönig Orodes I. umgeprägten Tetradrachmon des Berliner Münzkabinetts läßt sich mit Hilfe einiger ähn⸗ lichen Stücke die erste sichere Prägung des parthischen Prätendenten Mithradates III. wiederherstellen und damit auch sein Bildnis gewinnen. Die dürftigen Nachrichten über Mithradates werden geprüft. Durch die neue Münze werden diese zum Teil er⸗ gänzt und die bisherigen Zuteilungen an Mithradates umgeworfen. — Herr Erman legte den von den Herren H. Schäfer und H. Junker erstatteten Bericht über die von der Akademie in den Wintern 1908/09 und 1909/10 nach Nubien entsendete Expedition vor.
Von den Führern durch die Königlichen Museen in Berli (herausgegeben von der Generalverwaltung) ist der die Sammlungen des Kunstgewerbemuseums behandelnde soeben in 15. Auflage in Verlag von Georg Reimer in Berlin erschienen. Er ist zum Preise von 50 ₰ in Buchhandlungen und im Museum selbst zu haben.
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Die von Professor Dr. Pamaeißh gebildete wissenschaftliche Teneriffa⸗Expedition hat, „W. T. B.“ zufolge, nach programm⸗ mäßiger Durchfuͤhrung der physiologischen und astronomischen Arbeiten im Hochgebirge des Pic von Teneriffa nunmehr ihren Abschluß ge⸗ funden. Die unter Führung von Geheimrat Zuntz⸗Berlin mit pbysio⸗ logischen Untersuchungen über Höhen⸗ und Sonnenwirkung beschäftigten deutschen, österreichischen und englischen Gelehrten sind bereits in ihre Heimat zurückgekehrt. Jetzt hat auch der französiche Astronom Mascart seine Beobachtungen im Observatorium :9, onte Guajara beendet. Die bei wolkenlosem Himmel wochenlang ohne Unterbrechung fortgesetzte Beobachtung des Halleyschen Kometen bat zu wertvollen Erge nissen geführt und namentlich vorzügliches photo⸗ graphisches Material geliefert. Zugleich mit den Franzosen kehrea auch die Mitglieder des Observatoriums in Potsdam, die sich in da letzten Wochen auf Teneriffa vor ugsweise mit Untersuchungen über Luftelektrizität beschäftigten, zurug.
der Expedition sollen demnächst veröffentlicht werden.
A. F. Die „Brandenburgia“ Gesellschaft für Heimatkunde, hielt am Mittwoch im Märkischen Provin salmusenmn ihre Menats⸗ versammlung unter Vorsitz des Geheimen Justizrats Uhles Prpfessor Dr. Pniower erfreute durch Vorlegen und Erläuterung nteressanter Gegenstände aus dem Märkischen Museun, Erinnerungen an den Hubertusburger Friedensschluß von 15. Februar 1763. Dies seinerzeit von der ganzen elt, nach da wechselvollen, überall mit größter Spannung verfolgten Eregaßsgn des siebenjährigen Krieges freudig begrüßte Ereignis hat damals
und Kunstgewerbetreibende zu Leistungen von verschiedenartigem Wert in jedem Falle aber für die Nachwelt von hohem Interesse, quch chs Kulturdenkmale angeregt. Eine seidene Tischdecke, von rotem und in weiß ausgeführter Musterung, angeblich sächsisches zeigt nach der technischen Seite ein für die Zeit vor Er Jacquard bedeutendes Können und ein geschmackvoll entwor Muster, mit Adlern an den vier Ecken, figurenreichem Mittel;ele und ebensolchen Seitenverzierungen. Auch eine gereimte Frsca ist vorhanden, die in etwas überschwenglicher Sprache Ereignis des Friedensschlusses verherrlicht. Interessanter sn 6 Kupferstiche verschiedener Herkunft und noch A Iee Auffassung und Behandlung der dem Zeichner Fere Aufgabe, auch von sehr verschiedener Größe. Zwei davon rul
füddeutschen Kupferstechern her; sie sind bemerkenswert durch — Ie⸗
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gleich mit den anderen Blättern etwas weniger „preußische“, neutralere Behandlung des Gegenstandes in Komposition schriften. Das kleinere Blatt aus Augsburg enthält die
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libernahm er die Leitung einer
Die wissenschaftlichen Ergebniße 8
aträts von Freund und Feind in anscheinend tendenzloser Gruppierung, as größere läßt Germania in Person das hochwillkommene Ereignis vegrüßen und gewährt einer langen Unterhaltung zwischen Vertretern eschiedener Nationen und Berufe über den Friedensschluß und die Zeit⸗ nze einen großen Raum. Die übrigen Blätter entbehren zumeist auch der erschriften nicht, ihre überschwengliche Verssprache ist das am wenigsten zanutende daran. Drei davon sind als von Berliner Kupferstechern meefertigt nachweisbar. Eins scheint die Absicht einer leisen mritierung Maria Theresias und August III. in Vergleich zu dem ihrer Gesellschaft lustwandelnden Friedrich II. zu verraten. Als , Krone aller sechs Blätter — zugleich auch das größte unter ünen bezeichnete Professor Pniower mit Recht den von ghodowiecki dem Ereignis gewidmeten Kupferstich. Er ist der imüige ohne Inschriftenzutat und in der Feinheit der Ausführung in andern weit überlegen. Auch der Inhalt des Bildes, die schickte Raumeintei ung und Gruppierung zeigt den bedeutenden Fnstler, der damals noch in den Anfängen seiner Entwicklung ind und gerade durch diese Leistung die Aufmerksamkeit auf sich nktr. Für das ästhetische Empfinden unserer Tage berühren nur die anthologischen Zutaten und die Darstellung des großen Königs im zewande eines römischen Imperators wenig sympathisch. Solche Ab⸗ reichungen von der Wirklichkeit streiten im Grunde auch gegen die atur des Künstlers Chodowiecki, dessen Ruhm in der Folgezeit seine Fabe getreuester Wiedergabe der Wirklichkeit begründet hat. Den Vortrag des Abends hielt Rektor Wienecke über zwei a Berlins aus dem achtzehnten und dem Be⸗ inn d 1 Jahrhunderts. Der Vortragende hat früher Ferits durch fesselnde Darstellungen aus der Entwicklungsgeschichte n Pädagogi, besonders der Berliner Volksschule, den Beifall der grandenburgia“ gefunden. Es weiß lebhaftes Interesse zu erwecken n dem langen und beschwerlichen Wege, der durchlaufen werden außte, um zu den heute befolgten Lehrmethoden, vor allem im Er⸗ enen von Lesen und Schreiben zu gelangen, die uns „ einfach scheinen, unseren Kindern jetzt so schnell und leicht e Anfangsgründe beibringen und doch vieles und mühevolles zachdenken, heißes Erkämpfen ihrer Anerkennung und bart umstrittene Besiegung von Vorurteilen erfordert haben. In diesem Sinn wünscht etor Wienecke auch die Lebensbilder von Johann Friedrich Hähn und Johann Friedrich Michaelis aufgefaßt zu sehen. Jener wurde 1n 15. August 1710 in Bayreuth geboren, besuchte das Gymnasium seiner naterstadt und studierte dann in Jena und Halle Theologie. In Jena atten die Studenten der theologischen Fakultät, dem pietistischen Geist der Zeit folgend, Armenschulen begründet, in denen sie unentgeltlich Hähn trat diesem Unternehmen bei, unterrichtete im
mterrichteten. 1 1 osen und Rechnen und legte hierbei den Grund zu seiner späteren Nach beendetem Studium
usgezeichneten pädagogischen Schulung. verebich er die Stelle eines Hauslehrers im Hause von Hohenthal und fand dabei Zeit und Gelegenheit genug zu weiterer pädagogischer Betätigung in der Dorfschule. Seine gleichzeitige schriftstellerische Sitigkeit und die hierbei bekundeten gesunden, pädagogischen Gedanken nkten die Aufmerksamkeit des Abtes Steinmetz im Kloster Borge di Magdeburg auf ihn. Das hatte 1736 seine Berufung ils Scholasticus an die altberühmte Klosterschule zur Folge. — zier leitete Hahn den Unterricht der Gymnasiasten und der zeminaristen und brachte eine eigenartige Idee des Abtes zur Aus⸗ säbrung, die Bedienten der jungen im Kloster unterrichteten Adligen, ie häufig Langeweile hatten, zu Lehrern auszubilden, damit sie künftig uuf den Gütern ihrer Herren die Schulstellen übernehmen konnten. Diese Einrichtung gefiel König Friedrich Wilhelm I. ganz besonders. die Regierung wurde auf Hähn aufmerksam, und da dieser in den 13 Jahren seiner schulamtlichen Tätigkeit in Borge, in der er auch als Inspektor der Dorfschulen des Distriktes gewirkt hatte, diese Klosterdorfschulen erstaunlich in die Höhe gebracht batte, wurde er 1749 nach Berlin als Präzeptor des Prinzen Friedrich Vilhelm, nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm II., berufen. Offiziell belleidete er die Stelle eines L im Regiment Gensdarmes Nr. 10. Hähns Tätigkeitstrie genügten indessen diese Aemter nicht. Er suchte und fand Gelegenheit, sich u betätigen, unterrichtete freiwillig : Landschulmeister⸗ und Küsterseminar und verzichtete schließlich (1753) auf seine Feldpredigerstelle, zumal er sich von der Beförderung bergangen glaubte. Als Inspektor der mit dem Seminar vereinigten Kealschule, deren Dienst er sich ganz widmete, hat Hähn dann bis 1759 mit großem Segen gewirkt. In diesem Jahre berief ihn der Lönig zum Generals uperintendenten der Altmark, welche Stelle Hähn 1163 mit der des Abtes vom Kloster Borge vertauschte. Hier hatte er auf einen friedlichen Lebensabend gehofft, es kam jedoch anders nfolge beständiger Streitigkeiten mit dem Konvent des Klosters. gei der bekannten Abneigung des Königs gegen Pietisterei war es ein Leichtes, ihn gegen Hähn einzunehmen. Müde der wiederholten, wohl in falschem Licht ihm vorgetragenen Beschwerden, entschied der König endlich: „Hähn ist ein pietistischer Pero, er ist zu entlassen!“ Das geschah 1772; aber zugleich erhielt hihn als quasi Verbannung das Amt des Generalsuperintendenten von Ostfriesland und zugleich des Direktors des Gymnasiums zu Aurich. Dort ist er am 4. Junt 1789 gestorben. — Sehr verschieden giervon gestaltete sich der Lebensgang von Johann Friedrich Michaelis. der 8. Mai d. J. war die 100. Wiederkehr des Todestages dieses Mannes, der am Schluß seines Lebens Berliner Bürgerschul⸗ lehrer und zugleich Leiter des Seminars für Lehrer an nideren Stadtschulen war. Am 25. November 1762 in Berlin il Sohn des Parochialschullehrers Chr. Michaelis geboren, besuchte n nach Absolvierung der von seinem Vater geleiteten Schule die mit der Realschule verbundene „große deutsche“ Schule und trat wohl⸗ vorbereit 1780 in das kurmärkische Lehrer⸗ und Küsterseminar ein. Von hier zwei Jahre später mit den besten Zeugnissen Sn Parochialschule in der heutigen Luisen⸗ südt (damals Cöllnische Vorstadt). Seine Bemühungen, die herunter⸗ zekkommene Schule zu heben, waren von Erfolg gekrönt, sodaß sie in renigen Jahren schon zu den bedeutendsten Schulen Berlins gehörte. Michaelis stand ihr bis zu seinem Tode vor. Trug ihm dieser Ffolg auch allseitige Anerkennung ein, so ist der Segen von Michaelis; Wirksamkeit doch wesentlich an anderer Stelle zu suhen. Er ist zunächst der Verfasser einer Reihe praktischer Schulbücher, die sich lange in den Berliner Schulen erhalten und zum Teil viele Auffägen erlebt haben. 1791 erschien sein „Berlinisches echenbuch für Kinder, junge Leute und Liebhaber des Rechnens“, dem 1792 eine „Vollständige Anleitung zum Rechnen“ folgte. Sein Felbuch für Garnisonschuben“, 1798 erschienen, fand den Beifall des Königs, der die ganze erste Auflage von 1000 Stück kaufen und sie 9 Verteilung an die Soldatenschulen überweisen ließ, auch dem Uerasser in einem schmeichelhaften Kabinettsschreiben ankte. Richelis, „Brandenburg⸗Preußische Regententafel“ hat 10 Auf⸗ Fa. erlebt und ist das Vorbild unserer heutigen Geschichts⸗ * ellen geworden. Zur ersten hundertjährigen Jubelfeier der Sehastiankirche 1796 schrieb M. eine Denkschrift. Sehr bedeu⸗ dungspoll war seine 1809 erschienene „Fibel oder erste Vorübung zum es weil sie eine warme Empfehlung der Einführung der Lautier⸗ bc. ode an Stelle der bisher zumeist angewandten Buchstabier⸗ üsode bei Erlernung des Lesens enthielt. Zahlreich endlich sind die 8 ütze, die der klare Kopf und die gewandte Feder Michaelis' in Blas enkwürdigkeiten der Mark Brandenburg', in den „Berlinischen und in der „Vossischen Zeitung“ erscheinen ließ. Sie
—
auch anderweit pädagogisch in der Realschule und im
ttern“
dandelten zumeist methodisch⸗pädagogt 1 pädagogische Fragen. Die bedeutendsten vünte brachte die bodisc ge 88 hc Nr. 125, 126, 127 ꝛc. Ultes rgangs 1802 über die Hlwviersche Methode. Durch die dühundung des „Seminars für Lehrer an niederen Stadtschulen“ ervo hat sich Michaelis für alle Zeiten hohes Verdienst vecven denn von da erst schrieb sich die Abhilfe des bestehenden 8 Mangels an Lehrern in Berlin. Merkwürdigerweise war das * onsistorium der Verwirklichung des seit lange von Michaelis nfänten Unternehmens feindlich und verbot die Eröffnung des Köni uts. Hier aber bewährte sich die freundliche Meinung, die der veach 8 on Michaelis “ hatte. Auf Grund eines Immediat⸗ suches an den Kabinettsrat Beyme trug dieser dem König den
Plan von Michaelis vor. Der König gab sofort die Zustimmung, und am 2. Februar 1804 erfolgte in anerkennenden Worten durch Kabinettsorder die Genehmigung. Das Seminar hat 25 Jahre bestanden. Aus ihm ist eine Reihe hochverdienter Lehrer und Schulvorsteher hervorgegangen. An ihm haben, so lange sie lebten, Michgelis und mit und nach ihm die gleichgesinnten Kollegen Buge, Köbbicke, Kupsch, Schubert an dem Seminar „unentgeltlich gewirkt. Das ideale Streben Michaelis', seine un⸗ eigennützigkeit und Schaffensfreudigkeit wirkten vorbildlich. Die hohe Geltung, in der er stand, kam in den schweren Kriegszeiten auch den Bürgern der Luisenstadt zugute. In den Zeiten der französischen Besetzung bildete Michaelis mit dem Bürgervertreter, späteren Stadtverordneten Haseloff ein Einquartierungsbureau, das wesent⸗ lich zur Verständigung zwischen den französischen Gewalthabern und der Bürgerschaft beitrug, weil Michaelis die französische Sprache beherrschte und andererseits Ansehen und Vertrauen bei der Bürgerschaft besaß. Dennoch entging Michaelis bald nachher dem schweren Verdacht nicht, mit den Franzosen vaterlandsfeindlich paktiert zu haben. Aus der von Michaelis selbst erbetenen strengen Unter⸗ suchung ging er glänzend gerechtfertigt hervor. Bei seinem auf einer Besuchsreise in Prenzlau erfolgten Tode bezeugten die ihm von seinen Mitbürgern, Kollegen und Schülern gewidmeten Nachrufe in der „Vossischen Zeitung“ seine hohe Berufstreue, seinen Bürgersinn und seine Gemeinnützigkeit.
An den Daͤnk für die von dem Vortragenden empfangenen Ein⸗ drücke von zwei durch treue und bedeutende Tätigkeit für die Schule ausgezeichneten Männern schloß der Vorsitzende, Geheimrat Uhles, auf seinen Beziehungen zum Deutschen Fischereiverein fußend, einige interessante Mirtteilungen über die in Friedrichshagen ein⸗ gerichtete Fischerschule. Welche Bewandtnis es mit dieser die Vorbildung einer Volksschule voraussetzende Schule im Anschluß an die in Friedrichshagen bestehende wisenscaftlihe Anstalt für Fisch⸗ zucht hat, erläuterte der Redner ausfü⸗ örlich an einem Beispiel, das für die Versammlung viel Neues und Ueberraschendes bot: Es ist bekannt, daß noch bis vor etwa 10 Jahren über die Naturgeschichte des Aales, über die Art seiner Fortpflanzung Unsicherheit herrschte. Jetzt ist man durch sorgfältige Beobachtung darüber vollständig im klaren, daß der Aal gleich allen anderen Fischen laicht, ja, man kennt seine Gewohn⸗ heiten und weiß, daß er seine Laichplätze an geeigneten Plätzen am Ufer wählt, von wo die jungen Aale erst bei Erlangung einer ge⸗ wissen Größe das Wasser aufsuchen. Nun sind die englischen Ge⸗ wässer besonders reich an Aalen, teils wegen natürlicher Verhältnisse, teils wegen der von der deutschen, den Aal sehr schätzenden Ge⸗ schmacksrichtung durchaus abweichenden englischen Geschmacksrichtung. Das hat auf den Gedanken gebracht, ob sich zur Bevölkerung unserer an Aalen ziemlich armen Gewässer mit dem schmack⸗ haften, leider allzu teuren Fis Aalbrut aus England einführen lassen könne. Es wurden vor einigen Jahren schon Sachverständige zum Studium der Frage nach England geschickt. Sie kamen mit der Nachricht zurück, daß sich große Mengen von Aalbrut in England kaufen lassen, die Frage sei nur, ob sie den Transport nach Deutschland aushalten werde. Es wurde der Verlach gemacht, der anfangs viele Verluste an Aalbrut brachte. Allmähli aber hat man alle Schwierigkeiten überwunden, und ist das Gelingen des Transports, namentlich dank dem Entgegenkommen des Ham⸗ burger Senats, so sicher geworden, daß man im vorigen Jahr es wagen durfte, Aalbrut den deutschen Fischzüchtern anzubieten. Daß man den Bedarf daran nicht überschätzt hatte, bewiesen die von allen Seiten eingehenden Bestellungen. Sie haben zur Folge gehabt, daß der Fischereiverein im vorigen ahre 7 Millionen junger britischer Aale über ganz Deutschland verbreitet hat. In diesem Jahre hat man auch in den norddeutschen, im besonderen den mecklenburgischen Ge⸗ wässern und an der Seeküste Aalbrut zu ee e e angefangen und hofft bei neu auftretender Nachfrage aus dieser Quelle eine Million junger Aale zu gewinnen, die man etwas größer werden lassen kann und die sich dann auch in der bräunlichen Farbe von der durchsichtig weißen englischen Aalbrut unterscheiden. Es besteht bei Ausführung dieser volkswirtschaftlich sicher willkommen zu heißenden Maßnahme aber eine erhebliche Schwierigkeit: Die Erwerber der Aalbrut wollen eine Bürgschaft dafür, daß sich männliche und weibliche Aale in den Sendungen in angemessenem Verhältnis befinden. Das Geschlecht festzustellen, ist indessen bei den jungen Aalen 18 schwierig. Doch ist man in Friedrichshagen auch über diese Schwierigkeit herausgekommen. Nun handelt es sich lediglich nach darum, Personal für das Erkennungs⸗ und Sortierungsgeschäft anzulernen, und das ist u. a. eine der vielseitigen Aufgaben, zu deren Lösung die jungen Fischer in der Fachschule für Fischer zu Friedrichs⸗ hagen angelernt werden. Die mit dieser Schule bisher erzielten Er⸗ 88 se sind in hohem Grade befriedigend. Die jungen Leute zeigen viel Eifer und Verständnis, und es darf gehofft werden, daß in naher Zeit zum Vorteil der deutschen Fischzucht eine große Anzahl biologisch eschulter Fischer ausgebildet sein wird, fähig, auch Schädlichkeit und
rankheiten der Wassertiere zu erkennen, in jedem Falle aber Fühlung mit der wissenschaftlichen Zentrale ec. zum Zweck etwa eiliger Beratung aufrechtzuerhalten. Der edner schloß an diese Darlegungen noch einige weitere, den Aal im besonderen betreffende Mitteilungen. Es ist zu hoffen, daß der jetzt im Großhandel 60—70 ₰, im Kleinhandel aber 1,20 — 1,40 ℳ das Pfund kostende Sisc in absehbarer Zeit billiger werden wird, wenn die jetzt mit ihm bevölkerten deutschen Gewässer ihre heran⸗ gewachsenen Aale hergeben werden. Augenblicklich werden noch viel Aale, um dem deutschen Bedarf zu genügen, aus der Türkei, aus Tunis, selbst aus Marokko eingeführt. Junge männ⸗ liche Aalbrut kann in 4 Jahren bis zu einem Gewicht von 4 — 500 g heranwachsen, weibliche Aale, die stets viel größer und stärker werden als männliche, die kaum jemals eine größere Länge als 50 cm erreichen, verlangen eine längere Zeit der Ausbildung. Die weiblichen Aale⸗ sind nach der wirtschaftlichen Seite unter allen Umständen den männlichen vorzuziehen. Geheim⸗ rat Uhles schloß mit der dringenden Empfehlung an seine Zuhörer⸗ schaft, der Friedrichshagener Anstalt ein Besuch zu machen, sie gehöre zu 88 interessanten Sehenswürdigkeiten der Nachbarschaft von Berlin.
Die unter der Aufsicht ihres des bekannten Ornithologen Feee von Berlepsch stehende staatlich autorisierte Versuchs⸗ und Musterstation für Vogelschutz auf Schloß Seebhach, Kreis Langensalza (Leiter Fergih Schwabe) hat soeben ihren zweiten Jahresbericht April 1909 — 1910) erstattet. Danach haben sich die Arbeiten der Station im 8 sowohl ihrer Zahl wie nach ihrem Inhalte bedeutend verme rt. Es waren 1421 Eingänge zu verzeichnen. Auch der persönliche Verkehr ist in stetem Wachsen begriffen. Während des letzten Jahres besuchten 529 Personen die Station. Auch das Ausland, namentlich Amerika, hat durch seine Andubon⸗Societies Verbindung mit Seebach gesucht und den Vogelschutz nach in Vorbilde auf⸗ genommen. Besonderes Interesse ie dort getroffenen Schutzmaßnahmen zeigte auch Oesterreich. Die beste Zeit für die Belicht gung der Station orherige Anmeldung) ist in der Zeit von Mitte November bis Mitte April, wo sich an den entlaubten Gehölzen deren Schnitt und Behandlung am besten erkennen und die Nester der Freibrüter am leichtesten finden lassen. Wegen der damit verbundenen Störungen können vom 1. Mai bis 1. August künftig Besucher in größerer Zahl überhaupt nicht mehr zugelassen werden; auch Einzelpersonen ist in dieser Zeit das Betreten der Schutzgehege untersagt. Die in Seebach veranstalteten Lehrkurse haben sich eines wachsenden Zuspruchs zu erfreuen gehabt. Im verflossenen Jahr wurden ihrer 7 abgehalten. Bisher haben an ihnen 105 Per⸗ sonen teilgenommen, unter ihnen viele Lehrer. Die Winzer ver⸗ schiedener Weinbaugebiete haben neuerdings auch den Vogelschutz in den Bereich ihrer Abwehr gegen Heu⸗ und Sauerwurm gezogen, ebenso muß besonders hervorgehoben werden, daß die Obstzüchter neuerdings dem Vogelschutz auch ein besonderes Interesse entgegenbringen. Der Leiter der Station hat an verschiedenen Orten im Berichts⸗
rträge über Vogelschutz gehalten.
würde diesem erwachsen, wenn gelänge, seine dort bisher nur versuchsweise eingeleitete Tätigkeit auf die Militär⸗ schießstände auszudehnen. Sind doch diese Gelände für manche Gegend der einzige Platz, auf dem es möglich sein würde, die rohe Zerstörungswut wüncher Menschen abzuhalten. Ein Versuch in dieser Richtung ist in Harburg a. E. gemacht worden. Zunehmende Bereitwilligkeit, die Berlepschschen Schutzmaßnahmen praktisch zu er⸗ proben, zeigt sich neuerdings bei den Verwaltungen größerer Schmuck- anlagen unb auch hier und da bei den Eisenbahnverwaltungen. Leider ist festzustellen, daß der Bepflanzung der Eisenbahnböschungen mit Schutzgesträuch die Unterbeamten wenig Liebe entgegenbringen, weil sie dadurch den von ihnen benutzten Graswuchs eingeschränkt sehen. Die klimatischen Verhältnisse des Berichts⸗ jahres waren der Vogelwelt wenig günstig. Das kalte und feuchte Frühjahr hat der Brut viel Schaden gebracht, sodaß die ersten Bruten durchweg eine um ein Drittel geringere Kopfzahl als die Norm enthielten. Die dann folgende Dürre und der naßkalte Hochsommer waren auch für die weiteren Bruten recht ungünstig, wie sie auch das Gedeihen der neu angelegten Schutz⸗ gehölze beeinträchtigten. Für den positiven Nutzen der nach See⸗ bachschem Muster eingerichteten Vogelschutzanlagen lagen auch im Berichtsjahr zahlreiche Beweise vor. So ist bei Bessungen im Groß⸗ herzogtum Hessen die Kiefernblattwespe, in der Oberförsterei Chorin die Nonne, der Maikäfer, Rüsselkäfer und Eichenwickler, im Parkwald Willigrad bei Schwerin der Eichenwickler durch Vögel beseitigt worden. In der Rheinpfalz haben die Meisen, obwohl sie sich im Sommer nicht in die kahlen Weinberge bannen ließen, im Winter die Wäͤlder verlassen und als fleißigste Sammler der Traubenwickler⸗ puppen gewirkt. Auch behaarte Raupen werden nach neueren Beobachtungen nicht nur vom Kuckuck, sondern auch vom Star und in ihrem Jugendzustande besonders von Meisen gefressen. Die Ver suche mit den verschiedenen Nisthöhlen und ⸗kästen wurden fortgesetzt und haben mehrfach zu Verbesserungen geführt.
Roosevelt wurde, wie „W. T. B.“ meldet, zum Ehren doktor der Rechte an der Universität Cam bridge promoviert.
Bauwesen.
Im Architektenverein wird am Montag, Abends 7 ½ Uhr, der Professor Dr.⸗Ing. Otto Blum in Hannover einen Vortrag über den Wettbewerb Groß⸗Berlin halten. Ausstellungsnachrichten.
Der Deutsche Verein für Ton⸗, Zement⸗ und Kalkindustrie ver⸗
anstaltet vom 2. bis 18. Juli d. J. eine größere Fachausstellung für die gesamte Bauindustrie, Feinkeramik und für die in ihren Be⸗ trieben nötigen Maschinen, Apparate und Geräte unter dem Titel „2. Ton⸗, Zement⸗ und Kalkindustrie⸗Ausstellnung 1910“ in Baumschulenweg⸗Berlin. Das Protektorat über die Aus⸗ stellung hat Seine Königliche Hoheit der Prinz Auhast Wilhelm von Preußen übernommen. Die Eröffnung der stellung findet am 2. Juli, Vormittags 11 Uhr, statt. “
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand im Staate Missouri.
Nach dem Staatenstandsberichte des Landwirtschaftsamts des Staats Missouri vom 9. Mai 1910 hat die mit Frost und Schnee verbundene kalte Welle in der Zeit vom 17. bis zum 26. April Schaden namentlich im Stande des Obstes angerichtet. Der übrige Teil des Monats April wies einen den Feldfrüchten abträglichen Mangel an Regen auf. 1
Winterweizen. Die Prozente des Normalstandes, die so⸗ Qualitätszahl, werden für den 1. Mai 1910 mit 70,5 gegen
7,5 am 1. April 1910 und 85,1 am 1. Mai im Durchschnitt der letzten acht Jahre angegeben. Von einer Anbaufläche von 1 923 887 Acres zu 40 468 a sind rund 18 % ausgewintert worden; es sind zurzeit bestanden 1 575 663 Acres. Am besten hat sich der Weizen im südlichen Teile des Staates gehalten. Im mittleren Teile wird nur noch eine Ernte erwartet, die weniger Ertrag geben wird als seit langen Jahren. Mais. Während am 1. Mai vorigen Jahres noch nicht ein Viertel der Maisländereien be⸗ pflanzt war, ist am 1. Mai d. J. beinahe die Hälfte der Anbau⸗ fläche bestellt gewesen. Die kalte Welle hat aber den Saaten Schaden zugefügt, sodaß rund 23 % der Saatarbeit neu geschafft werden muß. — Teier⸗ Die Qualitätszahl wird mit 83,6 gegen 82 im Vorjahre gemeldet. Als Anbaufläche werden 768 518 Acres, rund 10 % mehr als im Vorjahre, angegeben. Klee. Die Qualitäts⸗ zahl war am 1. Mai 1910 9 gegen 73,6 im Vorjahre. Die Qualitätszahlen für den 1. Mai 1910 werden für Alfalfa auf 82,2, für Timothy auf 82,8 und für die Michen auf 80 angegeben. Den Wiesen hat die Kälte beträchtlichen Schaden zugefügt. Flachs wird nur in wenigen Bezirken an⸗ ebaut. Seine Qualität wird auf 73,7 gegen 78,7 im Vorjahre ge⸗- schätzt. — Baumwolle. Die Anbaufläche hatte sich um 2,2 ⁄% egen den 1. Mai 1909 Frraeee Ein nicht geringer Teil der Stauden hat durch die Kälte gel
ersetzt werden. — Wassermelonen und Cantaloupes sind durch die Kälte fast ausnahmslos zugrunde gegangen. „Obst. Im Norden des Staates ist fast alles erfroren. Der hauptsächlichste Obst⸗ distrikt, der im Süden des Staates liegt, scheint aber nur geringen Frostschaden erlitten zu haben. Die Qualitätszahlen für den 1. ai 1910 lauten für Aepfel 34,4, für Pfirsiche 22,2 für sonstiges Klein⸗
obst 30,5.
Seit dem 1. Mai 1910 sind in Missouri nicht unbeträchtliche Ueberschwemmungen eingetreten. Der hierdurch dem Saatenstande zugeffgte Schaden läßt sich 8— nicht übersehen.
ergleicht man mit den ngaben des staatlichen Amtes die der Bundesbehörde in Washington, die ebenfalls am 9. Mai 1910 bekannt gegeben wurden, so zeigt ich wiederum ein Optimismus der Zentrale So wird von ihr bezüglich des Winterweizens in Missouri di Qualitätszahl für den 1. Mai 1910 auf 73 und die verbliebene An baufläche auf 1 821 000 Acres geschätzt. 8
Die Börsen sind nur zu gern der guten Meinung der Zentrale gefolgt und haben die Heäena h ihres Berichts mit einem merk⸗ lichen Preisabfall für Weizen egrüßt. Man hatte in Händlerkreisen eine geringere Qualitätszahl für den Winterweizen der ganzen Union, aber eine größere Anbaufläche erwartet. Da letztere das Wichtigere, weil weniger Veränderliche ist, so dürfte auf einen dauernden und beträchtlichen Tiefstand der Winterweizenpreise so lange nicht zu rechnen sein, a die Ungewißheit über den sich zweifellos zurzeit gut anlassenden Saatenstand des Sommerweizens noch andauert. Heute aber läßt sich schon sagen, daß der Winter⸗ weizen nicht dazu beitragen wird, daß Amerika auf dem Weizenwelt⸗ markt in der nächsten Campagne eine Rolle spielen wird. Nur ein ehr reicher Ertrag an Sommerfrucht könnte ihm zu einer solchen
olle verhelfen. (Bericht des Kaiserlichen Konsuls in St. Louis, Mo., vom 10. Mai 1910.)
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Verdingungen im Auslande.
Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim Reichs⸗ und taatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen
werden.
Niederlande.
4. Juni 1910. Vereeniging Landbouwbelang in Dinteloord (Provinz Nordbrabant): Lieferung von 30 000 kg geeeeen Chili⸗ salpeter. Die Bedingungen sind für eine 5 Cents riefmarke bei dem Schriftführer erhältlich. . 6. Juni 1910. Landbouwvereeniging in Emmercompascuum
Ein neues Feld
(Provinz Drenthe): Lieferung des erforderlichen Chilisalpeters, Thomas⸗
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tten und muß durch Nachpflanzungen