—üö
Qualität
gering
mittel⸗ Verkaufte
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner
Menge
niedrigster ℳ
höchster
niedrigster höchster niedrigster höchster Doppelzentner ℳ: ℳ ℳ ℳ &
Außerdem wurden am Markttage Verkaufs⸗ (Spalte 1)
ch nach überschläglicher wert Schätzung verkauft zentner 1 dem Doppelzentner (Preis unbekannt)
Am vorigen Markttage
ℳ ℳ
Hirschberg i. Schl.
Ratibor ..
Geldern. .
Reut ..
St. Wendel
Kaufbeuren.
ö. Winnenden.. e—; eE1111““; 16 Friedland i. Mecklb. .. 5 Chateau⸗Salins .
— S
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. Die verkaufte M wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. . Henerkung Strich Sba 8 für anfne hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daßl entsprechender
bbe 1. Imn 191l1l14l.
Noch: Hafer. 1 14,40 14,60 15,00 15,00 düa Peas 14,00 14,60 15,00 15,50 15,50 16,00 14,20 14,20 15,20 15,20 Eeüche⸗ 881 16,00 16,00 14,80 14,80 15,80 15,80 14,00 14,40 14,80 15,00 14,90 15,20 15,40 15,60 14,00 14,00 — nt 16,00 16,00
15,00 15,60
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14,30 14,30
Kalserliches Statistisches Amt. van der Boroht. 8g
8
Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
293 14,67 3 003 14,30 14,20 920 15,33 15,00 1 323 14,70 14,70 160 16,00 16,00 242 15,14 14,97
903 15,24 14,91 196 14,00 13,60 192 16,00 16,50 12 870 14,30 15,00
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Preußischer Landtag. Herrenhaus. 16. Sitzung vom 16. Juni 1910, Vormittags 10 ½ Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Vor Eintritt in die Tagesordnung erhält das Wort Graf von Hoensbroech: Es wird den Empfindungen des hohen auses entsprechen, wenn aucs an dieser Stelle, wie gestern im anderen ause, dem schmerzlichen Bedauern Ausdruck gegeben wird über das schwere Unglüch, das im Rheinlande durch das ehe herein⸗ ebrochen ist, und das g viele Opfer gefordert hat. Die chäden mehren sich na den Zeitungsnachrichten fast von Tag zu Tag, und wenn auch erwartet werden darf, deß diejenigen Schäben, die an staatlichen Einrichtungen und provinziellen Anlagen eingetreten sind, baldigst wieder verwischt werden, so bleibt doch eine ve Summe von Schäden übrig, welche die armen Bewohner an Hab und Gut getroffen hat. Die gestrigen Verhandlungen im Ab⸗ geordnetenhause haben die Zustimmung der Königlichen Staats⸗ regierung na der Richtung hin gefunden, daß von seiten der Königlichen Staatsregierung alles daran gesetzt werde, um auch mit staatlichen Mitteln * schnell dort einzugreifen, wo es notwendig erscheint. Selbstredend wird die Privatwohltätigkeit ja ihrerseits auch zur Stelle sein, aber die Organisation der 1“ ist ja immer ein weiterer Weg, und es t dringend zu wünschen, daß Staatsmittel sofort zur Verfügung estellt werden können, mit denen wenigstens über die erste Rot und über den ersten Jammer hinweggeholfen werden kann. Ich danke dem Herrn Minister dafür, daß er gestern im anderen Hause in so bereitwilliger Weise diese Unterstützung in Aussicht ge⸗ stellt hat, und ich darf wohl auch im Namen dieses Hauses aus⸗ sprechen, daß wir ebenfalls die Erwartung hegen, daß in dieser Weise vorgegangen werde, wie es gestern von seiten des Herrn Vertreters Ve geir,sölichen Staatsregierung ausgesprochen worden ist. (Allseitiger eifall. 11““ 8 11““ Minister des Innern von Moltke: 6“ Meine Herren! Ich benutze gern die Gelegenheit, in diesem hohen Hause nochmals die große Teilnahme der Königlichen Staats⸗ regierung an den schweren Schädigungen der Bewohner des Ahrtals durch das Unwetter der letzten Tage auszusprechen. Ich kann nur wiederholen, daß die Königliche Staatsregierung in demselben Maße, wie es von ihr bei anderen derartigen Katastrophen geschehen ist, nichts unterlassen wird, um die erste Hilfe zu bringen und mit den Provinzialbehörden zu überlegen, wie die Schäden gemeinsam behoben werden können. Der Oberpräsident trifft noch heute in Berlin ein. Ich werde mit ihm das Nähere verabreden. Wie es bei solchen
Katastrophen oft der Fall ist, läßt sich im ersten Augenblick die
ganze Größe des Schadens nicht genau feststellen und übersehen. Aber
ich glaube, daß inzwischen der Regierungspräsident und der Ober⸗ präsident Gelegenheit gefunden haben, durch eigene Anschauung einen zuverlässigen Ueberblick zu gewinnen. Ich werde bemüht sein, mit ihnen das zu tun, was vonnöten ist. (Bravo!)
Alsdann tritt das Haus in die Tagesordnung ein.
Zunächst wird eine Reihe von Petitionen, die von Kommissionen als zur Beratung im Plenum nicht geeignet er⸗ achtet worden sind, für erledigt erklärt.
Darauf erstattet Herr Dr. von Burgsdorff namens der Eisenbahnkommission mündlichen Bericht über den vom anderen Hause unverändert angenommenen Entwurf eines Eisenbahnanleihegesetzes. Die Eisenbahnkommission empfiehlt, die Vorlage unverändert zu genehmigen.
Graf von Mirbach⸗Sorquitten: In der Etatsdebatte hat die Frage der Einwirkung der Eisenbahneinnahmen auf unseren Gesamt⸗ etat und die Frage des Kursstandes unserer Anleihen eine 2 olle gespielt. Herr von Gwinner hat sich in diesem Hause über diese Frage in einer Weise geäußert, die in der ganzen Welt, was ich
ersönlich — ich war damals in Wien — bezeugen kann, großes Nsfehen erregt hat. Die Absichten des Herrn von Gwinner waren ewiß die allerbesten, aber die Schärfe, die seinen Ausführungen beinöbnte, war doch geeignet, unsere Finanzverwaltung draußen u diskreditieren. Herrn von Gwinner hatte ich benachrichtigt, baß ich heute auf diese Frage zurückkommen würde; ich höre aber, da er im Auslande ist. Herrn von Gwinner sind mehrfache Irrtümer untergelaufen. Die Deutsche Bank hat nicht mehr als die Hälfte ihres Aktienkapitals in Staats⸗ und Reichsanleihen angelegt, sondern nur etwa ein Viertel bis ein Drittel. Die Wirkung starker Ankäufe des Staats auf den Kurs der Anleihe ist ja zweifellos, aber auch nicht von durchschlagendem Erfolge, wie das englische Beispiel lehrt. Es müssen also andere Faktoren eine einschneidendere Bedeutung be⸗ itzen. Wir brauchen uns ja nur der Krise von 1896/97 und der⸗ sise en von 1907 zu erinnern. Die enormen ““ haben da⸗ mals die Hauptschuld daran getragen, daß der Kurs unserer Reichs⸗ und Staatspapiere so heruntergebracht wurde. Wir müssen die deutsche Reichsbank ganz so wie die französische fundieren, namentlich auch nach der Seite der Barmittel. Wenn man meint, die Bank von Frankreich sei in einer günstigeren Position, weil die an sie ge⸗ stellten Kreditansprüche viel geringer seien, so trifft das nicht zu; im März 1908 waren diese B219, sehr viel größer als diejenigen an unsere Bank; trotzdem war der höchste Dis⸗ kontsatz in Frankreich 4 ½ % gegenüber 7 ½ % bei uns. Das sind doch gewaltige Differenzen. In den letzten Monaten ist die überaus wichtige Frage des Kurses der Anleihe etwas einseitig behandelt worden. Neben der Stärkung der Reichsbank kämen no zur Hochhaltung des 1“ der Reichsbank ein entsprechendes Reichsdepositengesetz und die Ausgestaltung der Reichsbank zu einer Depositenbank mit zahlreichen Filialen in Frage. Was die Vorlage betrifft, so hebe i vor, daß Preußen, wenn das Eisenbahn⸗
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anleihekapital amortisiert ist, um 10 Milliarden reicher ist. Die Staatsbahnverwaltung und der Minister der öffentlichen Arbeiten haben die Ausbildung der Technik des Eisenbahnwesens zur höchsten Vollendung geführt; das hat sich wirtschaftlich wie finanziell bewährt. Wie die Eisenbahnverwaltung hat auch unsere Finanzverwaltung keinen Anlaß, auch die e Kritik zu scheuen.
Herr von Hertzberg bedauert, daß Pommern in der Vorlage fast ar nicht bedacht sei; am bedauerlichsten sei das Fehlen der Strecke Tempelburg — Bärwalde. Das Umsteigen in Ruhnow sei für die von Berlin nach Neustettin— Konitz reisenden Fahrgäste sehr unbequem; man solle durchgehende Züge einlegen. “
Damit schließt die Generaldiskussion.
In der Spezialdebatte tritt v
Graf von Arnim⸗Boitzenburg für ausgiebigere Berücksichtigung der Stadt Strasburg in der Uckermark bei der Ausführung der neuen Linie Fürstenwerder — Strasburg ein.
Herr von Alvens leben: Durch den Bau der Verbindung Arendsee —Geestgottberg wird die Stadt Seehausen Nachteil haben; ich bitte den Minister, den Wunsch des anderen Hauses, daß eine Stichbahn Großgarz —Seehausen gebaut werde, wohlwollend zu be⸗ handeln. Die gegen den Landrat des Kreises Osterburg entfaltete Agitation, an der aber Seehausen unschuldig sei, könne nur als geradezu unerhört charakterisiert werden.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Es ist rein menschlich, wenn ich als Chef einer Verwaltung eine Genugtuung darüber empfinde, daß meiner Verwaltung in diesem hohen Hause Anerkennung zuteil wird. Diese gebührt ja nicht mir, sondern der ganzen Verwaltung, allen die mitarbeiten, um die wirt⸗ schaftlichen und auch finanziellen Erfolge zu erzielen, die erreicht worden sind. Ich bin dem Herrn Berichterstatter wie dem Grafen Mirbach dankbar dafür, daß er dieser Auffassung Ausdruck ver⸗ liehen hat.
Was nun diese Vorlage betrifft, so ist zuzugeben, daß sie bezüglich der Zahl der Nebenbahnen geringer ausgefallen ist als in früheren Jahren; das folgt aus der finanziellen Situation und daraus, daß sie ja mit sehr erheblichen Anforderungen für Betriebsmaterial und für die weitere Ausgestaltung der Staatseisenbahnen, namentlich den Bau zweiter Gleise, belastet ist. Bei der Auswahl der Bahnen ist aber wie in früheren Jahren mit der größten Sorgfalt vorgegangen, und ihre Gruppierung ist nach der Dringlichkeit erfolgt. Das schließt keineswegs aus, daß Wünsche, wie sie von den Herren Vorrednern ausgesprochen worden sind, in näherer oder fernerer Zeit ihre Be⸗ friedigung finden werden. Die Wünsche sind heute noch sehr zahl⸗ reich, man könnte sie fast zahllos nennen, da noch überaus viele An⸗ träge auf den Bau von staatlichen Bahnen vorliegen. Das hohe Haus kann überzeugt sein, daß ich bestrebt sein werde, diese Wünsche, wie sie vorgebracht werden, je nach der Finanzlage zu prüfen und nach Kräften zu fördern. (Bravo!) 1
Die Vorlage wird darauf angenommen.
Eine Petition des Vereins für deutsche Friedensarbeit in der Nord⸗ mark zu Tingleff um den Bau einer Eisenbahn Törsbüll. —Apenrade — Hadersleben —Landesgrenze wird auf Antrag der Eisenbahnkommission, Referent Freiherr von Schlichting, der Regierung als Material überwiesen, ebenso die Petitionen um den Bau einer Eisenbahn von Gnesen nach Schokken und um den Bau einer Nebenbahn von Gnesen über Kletzko nach einer Station (Revier oder Schokken) der Nebenbahn Posen — Janowitz. —
Eine Petition um den Bau einer Eisenbahn von Bo⸗ * o nach Kröben wird der Regierung zur Erwägung über⸗ wiesen.
Ueber die Denkschrift über die Entwicklung der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und die Nachweisungen über die zur Förderung des Baues von Klein⸗ bahnen bisher gewährten oder in Aussicht gestellten Beihilfen und über die bis zum Schluß des Etatsjahres 1908 auf⸗
ekommenen Rückeinnahmen auf Staatsbeihilfen für Klein⸗ ahnen referiert Herr Dr. von Burgsdorff und beantragt die Erledigung durch Kenntnisnahme. Das Haus beschließt ohne Debatte demgemäß.
In einmaliger Schlußberatung referiert Graf Finck von Finckenstein⸗Schönberg über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Nocarabschlu ß, und beantragt unveränderte Annahme der Vorlage. 2
Der Referent bedauert lebhaft, daß eine so wichtige Vorlage in einmaliger Schlußberatung erledigt werden müsse und wegen der Geschäftslage des Hauses nicht in einer Kommission vorberaten werden könne, weil sonst diese Vorlage, die von so vielen Kreisen lebhaft ersehnt werde, in dieser Session nicht mehr erledigt werden würde. Allerdings seien die Verhandlungen mit den Inter⸗ essenten so schwierig gewesen, daß die Regierung die Vorlage nicht früher habe einbringen können, aber das Abgeordnetenhaus hätte wohl etwas schneller arbeiten können, damit die Vorlage auch in diesem Hause noch in eine Kommission hätte kommen können. Der Referent erläutert dann den Inhalt des Entwurfs und gibt eine Uebersicht über die Verhandlungen im Abgeordnetenhause. Leider sei es nicht möglich gewesen, den Beitrag des Elbinger Deichverbandes zu den Baukosten zu ermäßigen; es sei mißlich, daß ein Beteiligter widerwillig die großen Kosten übernehmen müsse, aber nach Lage der Sache müsse man sich fügen. Auch die Frage der Entschädigung für Schäden, die durch diese Bauten entständen, hätte nicht anders gelöst werden können, als das Abgeordnetenhaus Fe scgtossen habe. Es sei aber zu wünschen, daß die Regierung die beruhigenden Erklärungen
hierüber in diesem Hause wiederhole. “
Herr Dr. Merten⸗Elbing: Die Hauptsache ist, daß dieses roße Kulturwerk endlich ausgeführt wird. Ich würde dem Minister für eine Erklärung darüber dankbar sein, in welcher Frist die Aus⸗ führungsarbeiten vorgenommen werden sollen, denn jedes Jahr der Verzögerung beschwört Gefahren für das Gut der Niederungsbewohner herauf. Die Freude an der Regulierung der Nogat wird durch einen bitteren Tropfen gestört. Die Handels⸗ und Schiffahrtsinteressenten der Nogat sind durch die Bemerkung in der Begründung der Vorlage beunruhigt, daß auf der kanalisierten Nogat Schiffahrtsabgaben er⸗ hoben werden sollen. Das kann ich nicht unwidersprochen lassen. Einmal sind Schiffahrtsabgaben nur da berechtigt, wo es sich um ein Unternehmen im Interesse der Schiffahrt handelt; im vorliegenden Falle ergibt sich aber aus der Begründung der Vorlage selbst, daß dieses Werk als ein Kulturwerk, als ein aus dem Landeskulturinteresse hervor⸗ gehendes Unternehmen, als ein Meliorationsunternehmen von der Regie⸗ rung betrachtet wird, wenn es auch eine Förderung der Schiffahrts⸗ interessen in sich schließt, insofern die seit Jahrzehnten unbenutzte Nogat kanalisiert und der Schiffahrt nutzbar gemacht werden soll. Aber es ist in der Begründung hervorgehoben, daß die Förderung der Schiffahrt nicht der Fes des Gesetzes sei, sondern die Melio⸗ ration der Ländereien. 8 kommt hinzu, 8 auch Billigkeitsgründe gegen die she der Regierung ecen er Zustand, der durch dieses Gesetz beseitigt werden soll, ist hervorgerufen durch die Maß⸗ nahmen der Regierung selbst in den Jahren 1848 bis 1853. Vorher war der Zustand so, daß die Nogat ebensoviel oder noch mehr Wasser mit sich führte als die geteilte Weichsel, sodaß die Schiffahrt sich ungehindert entfalten konnte Daran wurde erst durch den Eingriff der Regierung etwas geändert, indem die Abzweigung der und ein Kanal zwischen Nogat und Weichsel hergestellt wurde. Die Befürchtungen, die damals schon an diese Regulierung seitens der Schiffahrtsinteressenten geknüpft wurden, sind leider allzusehr in Erfüllung gegangen; die Schiffahrt hat so gut wie aufgehört, weil zu wenig T Fe der Nogat fugefübre wurde. Nun soll der alt Zustand auf anderem Wege wiederhergestellt werden. Schiffahrt sol auf der Nogat wieder ermöglicht werden, und nun geht die Begründung des Gesetzes davon aus, daß auf dieser kanalisierten Nogat Schiffahrts
Interessenten und unter beruhigenden Zusicherungen der Staats⸗ regierung beseitigt wurde. Dafür sollen die Schiftahrtsinteressenten Schiffahrtsabgaben leisten. Ich glaube nicht, daß dies in Billigkeit liegt. Es wurde damals die Zußgerung gegeben, daß die Schiffahrt ungehindert sein, daß auf sie Rücksicht genommen werden er Jetzt wird diese Zusicherung erfüllt; aber leider wird di reude darüber durch die in Aussicht stehenden Schiffahrtsabgaben getrübt. Ich möchte die Regierung bitten, davon Abstand zu meümhen 8 und beruhigende Erklärungen abzugeben. “
Minister für Landwirtschaft ꝛec. von Arnim:
Ich bin dem Herrn Berichterstatter dankbar für die freundliche Kritik, die er an dem Gesetzentwurf geübt hat. Nur in einem Punkte schien er mir doch einen leisen Tadel in seine Kritik ein⸗ zuflechten. Er meinte, die Königliche Staatsregierung wäre wohl etwas hart mit dem Elbinger Deichverband umgegangen. Meine Herren, das ganze Weichselregulierungsunternehmen ist ein einheit⸗ liches Werk, das in drei Etappen durchgeführt worden ist resp. werden wird, einmal durch das Gesetz von 1888, dann durch das Gesetz von 1900 und schließlich durch die gegenwärtige Vorlage. (Zuruf.) Es ist ein einheitliches Werk, dessen Wirkung und dessen Kosten einheit⸗ lich beurteilt werden müssen. Wie stellen sich nun die Beiträge der verschiedenen Deichverbände? Meine Herren, der Elbinger Deich⸗ verband hat eine Fläche von 36 000 ha mit einem Grundsteuerrein⸗ ertrag von 35,13 ℳ pro Hektar, der Marienburger Deichverband hat eine Fläche von 68 000 ha — nicht ganz doppelt so viel mit einem geringeren Grundsteuerreinertrag, nämlich von nur 28,13 ℳ pro Hektar. Demgegenüber stellen sich nun die Bei⸗ träge, die zu dem Gesamtwerke auf Grund der drei Gesetze seitens der Deichverbände aufzubringen sind, folgendermaßen: Der Elbinger Deichverband hätte aufzubringen im ganzen 3 430 000 ℳ — ich nenne nur die runden Zahlen —, der Marienburger Deichverband, der nicht halb so groß ist und einen geringen Grundsteuerreinertrag hat, 7 470 000 ℳ, also über doppelt soviel. Meine Herren, daraus ergibt sich schon, daß der Elbinger Deichverband nicht in ungerecht⸗ fertigter Weise zu hoch belastet worden ist. Außerdem bleibt dem Marienburger Deichverband die Last der Erhaltung der Deiche an der Weichsel, dem Elbinger Deichverband wird eigentlich fast jede Deich⸗ last genommen. Seine Deiche liegen zum Teil am Haff, sind dort aber verhältnismäßig niedrig und erfordern nur verhältnismäßig niedrige Unterhaltungskosten. Die Hauptdeiche liegen an der Nogat, das waren Deiche, die stark gefährdet waren und immer erhebliche Unterhaltungskosten beanspruchten. Diese Deiche werden jetzt voll⸗
mehr. Die Unterhaltungskosten hierfür werden dem Elbinger Deich⸗ verband also genommen. 8
geführt haben wird, um 30 ₰ höher ist als die Mehrlast, die dem Marien⸗ burger Deichverband durch das letzte Gesetz auferlegt wird, so ist das doch nur eine scheinbare Erhöhung. Es ist bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt, daß für den Elbinger Deichverband die gesamten
Deichunterhaltungslasten an der Nogat in Zukunft fortfallen werden,
ogat nach Norden verschoben
abgaben erhoben werden für die Wiederherstellung des Zustandes, der seit Jahrhunderten bestand und seinerzeit unter dem Widerspruch der
ständig in Schlaf gelegt, bedürfen also keiner Unterhaltungskosten
Wenn scheinbar — und das ist ja auch in der Begründung aus⸗ die Mehrlast, die der Elbinger Deichverband zu tragen
Fer also ganz erhebliche Ersparnisse machen wird, die diesen Mehr⸗ Unag wahrscheinlich weit übersteigen werden.
Dann hat der Herr Vorredner sich darüber beklagt, daß in der ggat Schiffahrtsabgaben in Aussicht genommen werden. Meine derren, das entspricht im allgemeinen den Beschlüssen, die bezüglich r Schiffahrtsabgaben in beiden Häusern gefaßt worden sind. Es undelt sich hier um eine ganz erhebliche Verbesserung in der Schiff⸗ übrt, und zwar nicht nur um eine Verbesserung des gegenwärtigen
astandes, sondern auch um eine Verbesserung des früheren Zustandes, uf den der Herr Vorredner Bezug genommen hat. Aus diesen Pründen ist die Erhebung einer Schiffahrtsabgabe durchaus gerecht⸗ nigt. Ich glaube nicht, daß sie so hoch sein wird, daß der Elbinger kandel damit irgendwie geschädigt werden wird.
Damit schließt die allgemeine Besprechung.
Die Vorlage wird in der Einzelberatung ohne weitere debatte angenommen. 1
† zu dem Gesetzentwurf, betreffend die öffentlichen geuerversicherungsanstalten, erstattet temmissionsverhandlung, bedauernd, daß die Porlags so spät vom nderen Hause eingegangen sei, daß eine schriftliche Berichterstattung iitmäöglich gewesen sei. Die Kommission habe sich jedoch unter diese anngzlage nicht gebeugt, sondern den Gesetzentwurf in allen Einzel⸗ eiten durchgearbeitet. Sie könne nach sorgfältiger Prüfung dem Hause fehlen, dem Entwurf in der von dem Hause der Abgeordneten be⸗ Uüfenen Fassung die Zustimmung zu erteilen. Eine Reihe von Be⸗ enken fei in der Kommission durch die Ce gge der Regierung geitigt worden; es wäre erwünscht, wenn diese Erklärungen im Hause iedecholt würden. Auf eine weitere Anfrage des Referenten mcllärt der 8
Minister des Innern von Moltke:
Die überaus eingehenden und sachlichen Ausführungen des Herrn fferenten überheben mich des Eingehens auf Einzelheiten der Vor⸗ age. Der Herr Referent hat aber eine bestimmte Frage gestellt und rinscht eine Erklärung der Staatsregierung über dieselbe. Er hat cfrggt, ob die städtischen Anstalten, bei denen die Versicherung auf inen Teil des Kommunalbezirks beschränkt war, ihre Versicherung üdehnen können. Diese Frage ist zu bejahen. Der Weg dazu ist lbstverständlich der der Satzungsänderung. Im übrigen kann ich die haltlich von dem Herrn Referenten mitgeteilten Erklärungen der küniglichen Staatsregierung aus der Kommission hier nur ausdrücklich biderholen und werde mich an sie gebunden halten.
Herr Dr. von Dziembowski: Nichts wirkt so erschlaffend euf die Elastizität der Selbstverwaltung ein, wie starre Vorschriften. in der Kommission viel in dieser Beziehung gebessert vorden. Aber die neue Vorschrift, wonach die öffentlichen Feuer⸗ jietäten einen gewissen Bestandteil ihres Vermögens, bis zu einem giertel, in Reichs⸗ und Staatspapieren anlegen sollen, wird in der Praxis zu mancherlei Schwierigkeiten führen. Ich möchte den Ninister bitten, bei der Prüfung der zu genehmigenden neuen Fatngen der einzelnen Sozietäten den Beteiligten im Rahmen des pesetzs möglichst große Freiheit zu lassen.
Minister des Innern von Moltke:
Der Herr Referent hat schon darauf hingewiesen, daß bei segelung des Reichsgesetzes über den Versicherungsvertrag die Absicht estand, den Gegenstand der Vorlage mit in das Gebiet der Reichs⸗ gesetzzebung einzubeziehen, wenigstens soweit es sich um die privat⸗ rchtliche Materie handelt. Dabei bestand gerade die Gefahr, aß die berechtigten Eigentümlichkeiten der vielgestaltigen Ent⸗ ickung unseres öffentlichen Feuersozietätswesens in Mitleiden⸗ chaft gerieten. Wir haben deshalb den Gegenstand in 1s Gebiet der landesgesetzlichen Regelung herübergezogen nit aus der Erwägung heraus, daß wir die Entwicklung, wie sie sich sittorisch gestaltet hat, möglichst schonen und in die Selbstverwaltung, wweit es irgend vermeidlich ist, nicht eingreifen wollen. Ich glaube, aß die Bestimmungen unserer Vorlage diesen Gedanken auch durchweg um Ausdruck bringen. Die paar Bedenken, die in der Richtung noch orlagen, sind durch die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses in einer ir die Königliche Staatsregierung durchaus annehmbaten Weise be⸗ oben worden, sodaß ich nur bitten kann, die Vorlage, wie sie jetzt staltet ist, unverändert anzunehmen. Ich will aber gern dem Herrn Vorredner die Versicherung abgeben, daß wir auch bei der Aus⸗ ührung des Gesetzes und bei der Gestaltung der Satzungen der inzelnen Sozietäten von demselben Gesichtspunkte ausgehen wollen nd daß wir in die bestehenden berechtigten Eigentümlichkeiten, soweit ngend möglich, nicht eingreifen werden.
Herr Delbrück: Ich möchte meiner lebhaften Freude nrüiber Ausdruck geben, daß in das Gesetz eine Bestimmung üfgenommen ist, durch die den öffentlichen Feuerversicherungs⸗ zstalten die Pflicht auferlegt ist, ihr Vermögen in Höhe von 2 % in Staatsanleihen anzulegen. Es wird damit ein Weg be⸗ schitten, der in seiner Weiterverfolgung zweifelsohne zur Hebung des nlehhekurses führen muß. war leider durch eine anderweitige Lizung als Mitglied der Immediatkommission für die Reform der ineren Verwaltung verhindert, die Rede des Herrn von Gwinner zu bören, ich will auch heute nicht auf die von Herrn von Gwinner an⸗ 11. Etatsfragen eingehen. Ich möchte aber feststellen, daß eine goße Anzahl meiner Berufsgenossen keineswegs in allen Punkten nit Herrn von Gwinner uübereinstimmt. Herr von Gwinner hat ar die Nachahmung des Systems bei der Begebung der französischen Uienbahnobligationen hingewiesen. Durch die Anordnungen des inanzministers ist bei uns aber nicht nur in jedem Orte, der eine disenbahnstation hat, sondern auch in den entlegensten Dörfern Ge⸗ ggenheit gegeben, auf die bequemste Art, z. C. durch den Brief⸗ niger, Buchschuldforderungen an das Reich und an den preußischen Etaat zu erwerben. In keinem Lande der Welt ist dies den Uinwohnern so leicht gemacht. Die Regierung hat in dieser beziehung alles getan, was überhaupt getan werden kann. Herr ien Gwinner hat mit Recht darauf hingewiesen, daß, wenn z. B. 2 einem Jahre eine 200⸗Millionen⸗Anleihe aufgenommen werden l und 40 Millionen getilgt werden müssen, es nicht praktisch ist, sese Summe zu salvieren und nur 160. Millionen aufzunehmen, undern er behauptet mit Recht, daß es praktisch ist, 200 Millionen laleihen zu verkaufen und dann allmählich im Laufe des Jahres 0 Millionen zurückzukaufen. Diesem Wunsch ist indessen wenigstens riweise schon seit Jahren Rechnung getragen. Ich weiß ans meiner Tätigkeit als Mitglied der Staatsschuldenkommission, 8 bereits in den letzten Jahren ein erheblicher Teil der lilgungsquote im offenen Markt durch die Seehandlung aufgekauft t, und ich behalte mir vor, anzuregen, daß in künftigen trichten der Staatsschuldenkommission ausdruͤcklich jedesmal ggagt wird, wieviel von den zu tilgenden Beträgen getilgt sind urch Rückkauf auf offenem Markt und wieviel aus Abschreibung 1G bewilligten Kredit. Aber alle diese Mittel gehören zu den kleinen Nitteln zur Hebung des Anleihekredits. An wirklich großen Mitteln gibt es nur zwei, die Einschränkung in der Ausgabe von Anleihen d zweitens die Fee des Käuferkreises oder mit anderen Vorten: die Verminderung des Angebots und die Erhöhung der iicfrage Das erste Mittel läßt sich bei den großen Bedürf⸗ tissn leider nur in beschränktem Maße durchführen. Es bleibt
also nur das andere Mittel. Ich habe im Jahre 1904 in den „Preußischen Jahrbüchern“ in einem kleinen Aufsatze berechnet, daß der gesamte Besitzstand der Berliner Großbanken an Staatspapieren auf 30 bis 40 Mill. Mark zu schätzen war, ich schätze ihn heute auf 200 bis 300 Mill. Mark. Sie sehen also in den letzten sechs Jahren einen erheblichen Fortschritt, der auf die wiederholten und sehr dankens⸗ werten Anregungen des Herrn Finanzministers und wohl auch auf die Verhandlungen bei der Bankenquete zurückzuführen ist. Auf diesem Wege müssen wir weiter fortschreiten. Unsere Aktien⸗ banken in Deutschland besitzen ein Kapital von ungefähr 12 Milliarden. Wenn man die englischen Verhältnisse auf unsere Verhältnisse über⸗
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trägt. müßten sie 1 ½ Milliarde Staatspapiere besitzen, während sie tatsächlich kaum den vierten Teil Fessen werden. Ich bin keineswegs dafür, daß diese Materie für die Banken gesetzlich geregelt wird, aber ich hoffe, daß die Banken als die Leiter unseres metss aftlichen Lebens immer daran denken werden, welche heilige Pflicht ihnen in dieser Richtung auferlegt wird. Die Banken handeln, indem sie Staatspapiere kaufen, nicht allein im Staatsinteresse, sondern auch im Interesse ihrer eigenen Liquidität und im Interesse der ichen Liquidität des ganzen Landes. Gegen die Liquidität der Staatspapiere wird eingewandt, daß sie im Falle eines Krieges nicht zu verkaufen sind. Ich weiß aber sicher, daß im Kriegsfalle Ein⸗ richtungen getroffen werden, die die leichte und schnelle Lombardierung der Staatspapiere im ganzen Lande gewährleisten. Wenn die Banken mit gutem Beispiel vorangehen, so zweifle ich nicht daran, daß die Sparkassen und die Versicherungsgesellschaften dem guten Beispiel folgen werden. Nötigenfalls wird der in diesem Gesetze eingeführte Zwang auch auf andere Gesellschaften ausgedehnt werden müssen. Der Entschluß der Gesellschaften würde wesentlich erleichtert, wenn die Bestimmung des § 261 des Handels⸗ gesetzbuches über die Aufstellung der Bilanz dahin abgeändert würde, daß Staatsanleihen auch dann, wenn der Anschaffungspreis den Börsenpreis übersteigt, nach dem Anschaffungspreis angesetzt werden dürfen, aber nur für den Fall, daß auf der anderen Seite der Bilanz Reservefonds vorhanden sind, deren Mindesthöhe der Differenz zwischen Börsenpreis und Anschaffungspreis entspricht. Hoffentlich gelingt es durch dieses Gesetz, den ersten Schritt auf dem Wege zur Hebung des Kurses der Staatsanleihen zu machen.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ich kann es mir nicht versagen, dem Herrn Vor⸗ redner meinen lebhaftesten Dank dafür auszusprechen, daß er mit seiner hervorragenden Sachkenntnis, seiner reichen Erfahrung auf diesem Gebiet so nachdrücklich die Bestrebungen unterstützt hat, die ich seit Jahr und Tag hier unausgesetzt vertreten habe, immer unter⸗ stützt von diesem Hohen Hause, aber nicht immer in gleicher Weise von dem anderen Hause. Ich danke dem Herrn Vorredner ins⸗ besondere dafür, daß er anerkannt hat, daß die Finanzverwaltung auf diesem Gebiete getan hat, was möglich war. Meine Herren, wir nehmen jeden Rat, der uns in dieser Richtung erteilt wird, gern an, und wir haben uns bemüht, durch die Ausgestaltung der Seehandlung und die Ausgestaltung des Staatsschuldbuchverkehrs und sonst auf ver⸗ schiedene Weise den Kurs der Staatspapiere zu heben, so weit es mit solchen Mitteln überhaupt möglich ist. Ich darf in dieser Beziehung namentlich auf den einen Punkt hinweisen, den auch der Herr Vorredner berührt hat. Er hat ganz mit Recht darauf hingewiesen, daß es für die Hebung des Kurses der Reichs⸗ und Staatspapiere meist wirksamer ist, wenn wir die etwa 50 Millionen, die wir alljährlich auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen tilgen müssen, nicht auf offene Kredite abschreiben, sondern effektiv in diesem Betrag der Staatsschuld⸗ verschreibungen am Markte ankaufen, um auf diese Weise wieder als Käufer am offenen Markte zu erscheinen. Ich habe kürzlich schon im Abgeordnetenhause gesagt, daß ich bereits vor zwei Jahren die See⸗ handlung mit entsprechender Ermächtigung versehen habe, und daß diese seit zwei Jahren in dem Sinne tätig ist, den der Herr Vor⸗ redner mit Recht als richtig bezeichnet hat. Ich darf hinzufügen, daß die Seehandlung nicht nur die Bestände, die zur Staatsschulden⸗ tilgung bestimmt sind, zum Teil zum effektiven Ankauf verwendet hat, sondern weit darüber hinaus aus eigenen Mitteln Ankäufe bewirkt hat, um wirklich einen ständigen Abnehmer am Markte dar⸗ stellen zu können. Im Jahre 1909 hat die Seehandlung für nicht weniger als 197 Millionen 3 % ige Staatspapiere am offenen Markte wieder aufgenommen und im Jahre 1908 176 Millionen. Also die Seehandlung hat, wie ich glaube, getan, was auf diesem Gebiete zu tun möglich war. Aber der Herr Vorredner hat voll⸗ kommen recht: alle diese Mittel sind verhältnismäßig klein und können einen entsprechenden Einfluß auf die Kursgestaltung nicht ausüben. Eine wahre Besserung ist nur möglich einmal durch eine andere Gewöhnung unseres Publikums und zweitens durch gesetz⸗ geberische Vorschriften, wie sie hier in Frage stehen.
Ich freue mich besonders über den warmen Appell, den der Herr Vorredner an die Banken gerichtet hat, auch ihrerseits bei ihren eigenen Effekten und bei ihrem Publikum in höherem Maße Fürsorge für die Reichs⸗ und Staatspapiere auszuüben. Manchmal mußte es wirklich scheinen, als ob die Finanzverwaltung hier ganz allein für Sonderinteressen kämpfte, während sie doch nur für die Interessen der Allgemeinheit eintrat. Die Verluste, die jetzt das Publikum an unseren Staatspapieren erlitten hat, schreien gen Himmel. Wir haben für die Interessen des großen Publikums und für die Interessen der Staatsfinanzen gefochten, als wir immer darauf hinwiesen, daß endlich Wandel geschaffen werden müßte. Ich hoffe, daß auf Grund solcher Reden, wie wir sie eben gehört haben, allmählich in weite Kreise der Bevölkerung das Gefühl eindringt: tua res agitur, es handelt sich um deine Interessen, nicht um Sonder⸗ interessen der Finanzverwaltung.
Sodann möchte ich auch gleich noch einen weiteren Punkt be⸗ rühren. Herr Delbrück sagte mit Recht: es ist dem Gedanken, daß die Banken und das Publikum sich in stärkerem Maße mit Reichs⸗ und Staatspapieren versehen mögen, der Einwand entgegengesetzt worden, daß es schwer sein würde, im Ernstfalle die Staatspapiere zu verkaufen. Dieser Schwierigkeit sind wir uns bewußt gewesen, und dieser Schwierigkeit wird, wenn ein solcher Fall eintreten sollte, ebenso begegnet werden, wie das früher, im Jahre 1866 und 1870, geschehen ist, indem staatliche Darlehenskassen überall im Lande errichtet werden, bei denen die Staatspapiere lombardiert werden können. Das Publikum würde also nicht genötigt sein, die Staats⸗ papiere mit großem Schaden zu verkaufen.
Aber Herr Delbrück hat vollständig recht, das sind nur Palliativ⸗ mittel, die nicht von entscheidender Bedeutung sind. Entscheidend muß eine bessere Gewöhnung unseres Publikums sein, und da möchte ich noch eins hinzufügen: Es gibt kaum ein Publikum, das wie unseres so geneigt ist, die Qualität des Papieres zurückzusetzen gegenüber den Gewinnchancen. (Sehr richtig!) Wenn man namentlich auch Leute, die gar keine Geschäftserfahrung
haben, zu einem kommen sieht, um um Rat zu fragen, was sie tun.
sollen, so sieht man sich wirklich einem Abgrund von Unkenntnis gegenüber. Die einzelne Witwe, der pensionierte Beamte, kaufen amerikanische Eisenbahnobligationen, bei denen sie noch nicht einmal wissen, wo die Eisenbahnen liegen — solche Dinge sind mir in meiner Praxis mehrfach vorgekommen. Anstatt ganz sichere Staatspapiere zu kaufen, kaufen sie um eines angeblich höheren Gewinnes wegen Papiere, die nur eine geringe Sicherheit bieten. Ich habe kürzlich einen Artikel im „Deutschen Oekonomisten“ gefunden, den ich bitte, zum Vortrage bringen zu dürfen — er ist nicht sehr lang. Da heißt es über unsere Staatsanleihen:
„Es ist eine höchst auffällige Erscheinung, daß die Anleihe⸗ papiere des Deutschen Reicheés und der deutschen Bundesstaaten an⸗ dauernd einen so niedrigen Kursstand einnehmen. Seit Jahren werden allerlei Mittel erörtert und versucht, um diesem Uebelstande abzuhelfen, aber alles war vergeblich — ein Beweis, daß die wahre Ursache nicht erkannt wurde und ihr deshalb auch nicht entgegen⸗ getreten werden konnte.
„Bei der Bewertung der deutschen Staatspapiere kommt das Moment der Sicherheit der Kapitalsanlage gar nicht in Betracht, denn niemand zweifelt daran, daß diese im vollsten Maße vorhanden ist. Auch kann man nicht sagen, daß in Deutschland zu wenig Kapital vorhanden wäre, um die Staatsanleihen aufnehmen zu können, denn fort und fort werden große Summen an das Ausland hingegeben, zu Bedingungen sogar, welche hinter dem übernommenen Risiko wesentlich zurückbleiben. Und fort und fort stürzt unser Kapitalistenpublikum sich auf Werte aller Art, namentlich Aktien, zu meist phantastischen Preisen. Und hier liegt die Wurzel des erwähnten Uebelstandes: unser Publikum ist zu spekulativ erzogen und gewöhnt, und dieser spekulative Zug beherrscht alle Kreise und Klassen bis herab zu den Besitzern von nur wenigen tausend Mark. Wer tausend Mark verfügbar hat, trägt sie zum Bankier und kauft für zehntausend Mark Aktien und der Besitzer von zehntausend Mark spekuliert mit Hunderttausend. In den Bankbilanzen ist die Rubrik „Debitoren durch Effekten gedeckt“ hierfür bezeichnend. Die bei den Banken und Bankiers hinterlegten Depositen finden in dieser Art ihre Verwendung, sie dienen zum großen Teil zum Ankauf spekulativer Papiere für Leute, die darauf nur eine kleine Anzahlung leisten.“
Dann wird das in diesem Sinne weiter fortgeführt und auch hier wiederum darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, im Wege des Gesetzes ständige Abnehmer für unsere Staatspapiere zu schaffen, wie wir das schon mit dem Entwurfe vom Jahre 1906 für die Spar⸗ kassen unsererseits angestrebt hatten. 8
Nun, meine Herren, dieser Neigung des Publikums, andere Papiere als die ganz sicheren Staatspapiere zu kaufen, wird ja in einer Weise Rechnung getragen durch die enormen Massen von Papieren, die alljährlich an den Markt strömen, daß die großen Summen, um die es sich dabei handelt, geradezn erstaunlich sind. Die Frage, in welchem Maße andere als Staatspapiere von unserem Markte aufgenommen werden, ist ja präzise zu beantworten außerordentlich schwer; denn naturgemäß können beispielsweise die an unserer Börse zuge⸗ lassenen Papiere an sich noch nicht maßgebend sein, weil ja zwischen den zuge⸗ lassenen und den effektiv in den Verkehr gekommenen Papieren ein großer Unterschied besteht. Wir sind also nicht in der Lage, eine absolut zu⸗ verlässige Statistik zu geben, indessen hat sich die Reichsbank bei der Bankenquete der Mühe unterzogen, auf Grund der Stempelsteuer⸗ erträge eine Berechnung der Effekten aufzustellen, die zwar auch noch Fehlerquellen enthält, aber doch einen festeren Anhalt für eine Schätzung ergibt, und aus der hervorgeht, daß im Jahre 1905/06, ab⸗ gesehen von den Staatsanleihen nicht weniger als für 2425 Millionen inländische Papiere an den Markt gelangt sind; dazu treten an ausländischen Papieren noch 828 Millionen, so daß sich in diesem Jahre eine Belastung des Marktes mit rund 3200 Millionen ergibt. Im Jahre 1906/07 sind 3 Milliarden inländische Papiere und 333 Millionen ausländische Papiere, insgesamt 3,3 Milliarden, an den Markt gelangt. Aehnlich sind die Zahlen für 1907/08 mit 2,6 Milliarden und für 1908/09 mit 3,2 Milliarden. Für die letzte Tabelle ist eine andere Berechnung vor⸗ genommen: während früher die Rechnung für das Rechnungsjahr aufgestellt wurde, gilt die letzte Tabelle für das Kalenderjahr. Da ergibt es sich, daß das für drei Vierteljahre, vom Januar bis Sep⸗ tember 1909, eine Belastung unseres Marktes von rund 3 ½ Milliarden ausmacht, ungerechnet die Deutschen Reichs⸗ und Staatsanleihen.
Meine Herren, wie bei einer so enormen Belastung des Marktes die Unterbringung der Staatspapiere immer stärkere Schwierigkeiten machen muß, ist klar. Ich möchte nur noch kurz darauf hinweisen, welche fremden Papiere seit dem 1. April 1910 an der hiesigen Börse zugelassen sind; es sind das: 5 % Denver und Rio Grande, 4 % ige Oesterreichische Kronenrente, Kopenhagener Stadtanleihe, Finnländische Hypothekenpfandbriefe, Mexikanische Nationalbonds, Marokkanische Staatsanleihe, Moskau⸗Kiew⸗Woronesch⸗Obligationen, Bagdadbahn⸗ anleihe, Ungarische Kronenrente, Japanische Staatsanleihe, Oester⸗ reichische Länderbank, kurzum, das Publikum findet für alle seine Wünsche ein reiches Feld der Betätigung.
Meine Herren, nun ist es auf der einen Seite sicher, daß, wenn wir in Zukunft, wie wir hoffen, mit einer steigenden wirtschaftlichen Entwicklung zu rechnen haben, diese naturgemäß die Kapitalkräfte des Landes in noch höherem Maße in Anspruch nehmen wird. Ferner ist leider zu befürchten, daß auch in Zukunft unser Markt durch ander⸗ weite Papiere in starkem Maße in Anspruch genommen wird. Dem⸗ gegenüber gibt es aber als Hilfsmittel in der Tat nur die beiden, welche der Herr Vorredner bereits anzuführen die Güte hatte. Da ist zunächst die Einschränkung der Inanspruchnahme des Marktes durch Reichs⸗ und Staatsanleihen. Ich habe schon hervorgehoben, daß wir vom Jahre 1906, wo wir 7 373 000 000 ℳ Schulden hatten, bis zum Jahre 1910 auf 9 421 000 000 ℳ Schulden gestiegen sind, daß wir also in vier Jahren mehr als 2 Milliarden Schulden aufgenommen haben. Nun haben wir allerdings diese Schulden auf⸗ genommen einem dringenden Bedürfnis der Eisenbahn zufolge, um dieses Unternehmen auszugestalten, um die notwendigen Betriebsmittel zu beschaffen, um weitere Bahnen auszubauen, ferner für die Aus⸗ gestaltung unseres Kanalnetzes, für die Aufrechterhaltung unserer Ost⸗ markenpolitik in Westpreußen und Posen, alles Leistungen, die ent⸗ weder ganz oder zum Teil rentabel sind. Für den Druck auf den Markt macht das ja aber nichts aus, ob die Anleihen später zins⸗ bringend sind oder nicht, ob sie wirtschaftlich investiert sind oder nicht. Jedenfalls läßt diese enorme Belastung des Marktes es als notwendig
erscheinen, über das durchaus erforderliche Maß des Erforderlichen
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